Rückblick auf das Jahr 2016

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Rückblick auf das Jahr 2016
Newsletter Freundeskreis Grenzhus Schlagsdorf                                                      2017/ Nr. 1

                                                             Rückblick auf das Jahr 2016

                                                             2016 war angefüllt mit Veranstaltungen,
                                                             Projekten und länderübergreifenden Ko-
                                                             operationen, die im Folgenden knapp skiz-
                                                             ziert werden. Allein die Kraft reichte nur
                                                             für einen Newsletter im vergangenen Jahr,
                                                             doch das wollen wir wieder ändern.

                               Foto: Thomas Biller, Mustin   Sonderausstellungen

          Liebe Leserinnen und Leser!
                                                             Vier spannende Sonderausstellungen
          Am 2. Dezember 2016 überreichte Birgit             konnten wir 2016 präsentieren. Am Jah-
          Hesse, Ministerin für Bildung, Wissen-             resanfang zeigten wir ein Kooperations-
          schaft und Kultur in M-V, unserem Ver-             projekt der Gleichstellungsbeauftragten
          einsvorsitzende Dr. Erik Gurgsdies einen           der Städte Lübeck und Wismar. Die Wan-
          Förderbescheid über 458.000,- Euro. In             derausstellung „25 Jahre Mauerfall – was
          den nächsten zwei Jahren sollen damit              Frauen bewegt(e)“ porträtiert 12 Frauen
          eine neue Dauerausstellung und ein barri-          mit ihren Erfahrungen und Wünschen,
          erefreier Zugang zu allen Etagen des               aber auch den unterschiedlichen Wahr-
          GRENZHUS entstehen. Dafür reicht die               nehmungen des Einigungsprozesses. Im
          Summe allerdings nicht aus, aber weitere           April/ Mai präsentierten Schüler vom
          Fördergelder sind uns in Aussicht gestellt.        Gymnasium Gadebusch ihre Ergebnisse
          Jetzt laufen die konzeptionellen und pla-          eines fächerübergreifenden Projektes zur
          nerischen Arbeiten, in Archiven wird re-           Erinnerung an die innerdeutsche Grenze
          cherchiert und ein genauer Zeitplan zur            und die deutsche Teilung. Unter fachliche
          Umsetzung der Maßnahme muss entwi-                 Begleitung von Renate R. Schürmeyer ent-
          ckelt werden.                                      standen große und kleine, aber immer
          Die Erfolge und Unterstützungen in den             anregende Kunstobjekte.
          letzten Jahren sind uns Ansporn, die neu-
          en Herausforderungen anzunehmen, weil
          sie den Museumsstandort GRENZHUS
          langfristig attraktiver machen, die päda-
          gogische Arbeit im Haus verbessern und
          damit die Erinnerung an die innerdeutsche
          Grenze im öffentlichen Gedächtnis veran-
          kern. Alles Gute für 2017 wünschen Ihnen

          Robert Paeplow       Dr. Andreas Wagner                           Ausstellungseröffnung 18 Fluchtorte
          Sprecher des         Projektleiter Grenzhus
                                                             Eine dritte Sonderausstellung widmete
          Freundeskreises
                                                             sich 18 exemplarischen DDR-Fluchtfällen,

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Rückblick auf das Jahr 2016
Newsletter Freundeskreis Grenzhus Schlagsdorf                                                   2017/ Nr. 1

          die zwischen Ratzeburger See und Boizen-           übergreifenden Aktion „Dörfer zeigen
          burg stattfanden. Aufbauend auf einem              Kunst“.
          Rechercheprojekt von zwei Hamburger                Am 24. Juli konnten wir unter dem Dach-
          Lehrern entstand die Idee, die Fluchtorte          geschoss eine wunderbare Fotoausstel-
          anhand von Fotografien aus den Ermitt-             lung mit dem Titel „Naturbegegnungen“
          lungsakten der Staatssicherheit vorzustel-         eröffnen. Mitgliedern der Gesellschaft
          len. Das Engagement des ehemaligen Leh-            Deutscher Tierfotografen haben dieses
          rers und Hamburger Künstlers Erke Kur-             Porträt der Natur im Biosphärenreservat
          mies trug ganz wesentlich zum Gelingen             Schaalsee zusammengestellt.
          des Projektes bei.                                 Am Jahresende startete das Gymnasium
                                                             Gadebusch erneut mit einem Kunstprojekt
          Kunst im GRENZHUS                                  zur Geschichte der innerdeutschen Gren-
                                                             ze, dessen Ergebnisse Anfang 2017 im
          Im Jahr 2015 erreichte das Kunstprojekt            GRENZHUS ausgestellt werden.
          „Schutzraum Erinnern“ der Künstlerin Re-
          nate R. Schürmeyer eine große öffentliche          Geschichte aktiv erfahren
          Resonanz. Am 1. März stellten wir die ge-
          druckte Dokumentation des Projektes vor.           Gemeinsam mit der Stadt Ratzeburg boten
                                                             wir in diesem Jahr erfolgreiche sieben
                                                             Radrundtouren an, an denen 190 Frauen
                                                             und Männer teilnahmen. Die breite Be-
                                                             richterstattung in Presse und Fernsehen
                                                             trug zu der sehr guten Resonanz bei. Und
                                                             gerade die Kompetenz und das Engage-
                                                             ment der Tourenbegleiter machten die
                                                             Fahrten zu einem echten Kulturerlebnis.

                               Eröffnung Plakatausstellung
          Vom 21. Juli bis zum 4. September wurde
          erstmalig der Garten hinter dem
          GRENZHUS zum Ausstellungsraum. Das
          Künstlerpaar Sabine und Christian Egel-
          haaf entwickelte die Idee zur Plakataus-
          stellung „WeiterDenken. 27 Jahre nach
          der friedlichen Revolution“. 21 Künstler
          schufen Plakate zur Frage, wie sich die                                    Abschlussbild in Dömitz
          Beziehungen zwischen Ost und West ver-             An der Grenzradtour zwischen Herrnburg
          ändert haben, wie sie sich weiterentwi-            und Dömitz vom 13. bis 17. Juli nahmen 25
          ckeln sollen und können. Mit der Ausstel-          Schüler und Erwachsene teil. Die Mi-
          lung beteiligten wir uns an der länder-            schung aus sportlicher Herausforderung
                                                             und historischer Bildung kam sehr gut an.

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Rückblick auf das Jahr 2016
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          Das GRENZHUS und das PAHLHUUS in Zar-                 Aus Anlass des 55. Jahrestages des Mau-
          rentin waren Stationen. Die Teilnehmen-               erbaus fand in Schlagsdorf am 13. August
          den pflegten den Gedenkort „Garten-                   eine landesweite Tagung statt. Spannende
          schläger-Eck“ bei Leisterförde. Schüler               Vorträge beschäftigten sich mit dem in-
          vom Gymnasium in Lübz präsentierten die               ternationalen Kontext des Mauerbaus.
          Grenzradtour auf dem Jugendgeschichts-                Eine prominent besetzte Podiumsdiskussi-
          tag am 18. November in Schwerin.                      on reflektierte über die Veränderungen
          Wolfgang May, Mitglied im Freundeskreis,              und gegenwärtigen Rahmenbedingungen
          entwickelte mehrere Fahrradtouren durch               für die Vermittlung der Teilungsgeschich-
          den ehemaligen Grenzraum, die wir nun in              te.
          unser touristisches Angebot aufnehmen.                Insgesamt konnten wir 16 unterschiedli-
          Dazu gehört auch die bereits zwei Mal                 che thematische Veranstaltungen durch-
          erprobte Tour um den Mechower See.                    führen, die von über 400 Personen be-
                                                                sucht wurden. Dazu zählen Ausstellungs-
          Öffentlich erinnern und gedenken                      eröffnungen, Vorträge, Lesungen und
                                                                Filmpräsentationen. Wir erinnerten an
          Zwei große Tagungen standen 2016 auf                  den Tod von Michael Gartenschläger vor
          dem Programm: Am 4. Juni fand bereits                 40 Jahren, hörten den syrischen Flüchtling
          zum dritten Mal der Erinnerungstag                    Hamza Al-Jazaeri mit seinem Bericht über
          „Zwangsaussiedlungen und geschleifte                  die Situation in Syrien und seine Flucht,
          Dörfer zwischen Ostsee und Elbe“ statt.               diskutierten mit ehemaligen DDR-
          Besonderen Anklang fand ein Fotoprojekt               Grenzsoldaten über die Erinnerungen an
          der Werkstattschule Rostock, das drei be-             ihren Dienst und folgten dem Biologen
          teiligte Schüler-innen vorstellten. Die Ge-           Matthias Hippke durch die Moore und
          denkveranstaltung war in Lenschow.                    Hecken des Biosphärenreservates.

                                                                Die eigene Arbeit in den Blick nehmen

                                                                Für unsere Vermittlungsarbeit suchen wir
                                                                immer wieder neue Ideen und die selbst-
                                                                kritische Reflexion. Am 24. November
                                                                konnten wir einen Workshop zur Bil-
                                                                dungsarbeit im GRENZHUS durchführen.
                                                                Externe Fachleute von der Stiftung Berli-
                                                                ner Mauer und dem Grenzlandmuseum
                                                                Eichsfeld sowie zwei Lehrer stellten ihre
                                                                Erfahrungen und Anregungen vor. Ge-
                                                                meinsam nahmen wir bestehende und
                                                                geplante Angebote im Grenzhus unter die
                    Dr. Ute Licht am Gedenkstein für Lenschow
                                                                Lupe.

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Rückblick auf das Jahr 2016
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          Begegnungs- und Lernort                      Aktivitäten nicht möglich gewesen. Wir
                                                       bedanken uns insbesondere bei der Lan-
          10.453 Besucher konnten wir 2016 ver-        desbeauftragten M-V für die Stasiunterla-
          zeichnen, darunter auch viele internatio-    gen, der Landeszentrale für politische Bil-
          nale Gäste aus Dänemark, den Niederlan-      dung M-V, dem Landkreis Nordwestmeck-
          den, Frankreich und Polen. Das Haus war      lenburg, der Bundesstiftung zur Aufarbei-
          jeden Tag in der Woche geöffnet, außer       tung der SED-Diktatur, dem Bildungsträger
          zwischen Weihnachten und Neujahr. Über       Arbeit und Leben aus Schwerin, dem Job-
          150 Führungen und Studientage fanden im      center Nordwestmecklenburg und dem
          GRENZHUS statt. Einige Schulen aus den       Internationalen Bund.
          Regionen Westmecklenburg, Herzogtum          Seit dem 1. September absolviert bei uns
          Lauenburg und Lübeck nutzen regelmäßig       Jenny Friedrich ein Freiwilliges Ökologi-
          unser Angebot. Begegnungen mit französi-     sches Jahr. Unterstützt von der Biosphä-
          schen und polnischen Schülern fanden bei     renreservatsverwaltung erhält sie vielfälti-
          uns statt.                                   ge praktische Einblicke. Dazu gehören
          Die Medienwerkstatt aus Wismar nutzte        Landschaftspflegearbeiten, Führungen im
          die Gelegenheit und drehte unter der Re-     Grenzhus oder das Nandu-Monitoring.
          gie von Wenzel Venohr den Film „Gren-        Außerdem konnten wir in diesem Jahr mit
          zen-Los“ über den Besuch von zwei Klas-      Unterstützung des Arbeitsamtes Anne
          sen im GRENZHUS, der Regionalschule          Meibauer aus Schlagsdorf beschäftigen.
          Klütz und der Stormarnschule aus Ahrens-     Sie ordnet und verzeichnet das Archiv vom
          burg. Auf einer Lehrerfortbildung themati-   GRENZHUS und brachte unser Grenzmo-
          sierten wir aktuelle Bezüge zur Geschichte   dell wieder in Schuss.
          von Fluchten. Das Kollegium des Gymnasi-                                Andreas Wagner
          ums Hagenow setzte sich auf‘s Fahrrad,
          um den ehemaligen Grenzraum und das          Grenzzwischenfall bei Wietingsbek
          GRENZHUS kennenzulernen. Eigene Erin-        1952
          nerungen an das Leben in der DDR und die
          Grenzöffnung wurden wach. Die traditio-
                                                       Mit der „Verordnung über Maßnahmen an
          nelle „Grenzwanderung“ fand dieses Jahr
                                                       der Demarkationslinie zwischen der Deut-
          nur mit den Schülern der Rostocker Werk-
                                                       schen Demokratischen Republik und den
          stattschule statt. Spannende Interviews
                                                       westlichen Besatzungszonen Deutsch-
          mit Zeitzeugen, abenteuerlichen Wande-
                                                       lands“ vom 26. Mai 1952 wurde eine fünf
          rungen und ein ambitioniertes Fotoprojekt
                                                       Kilometer breite Sperrzone entlang der
          lassen uns neugierig auf die Arbeitsergeb-
                                                       Grenze eingerichtet. Am Rand der Sperr-
          nisse warten.
                                                       zone in Richtung Westen gab es noch ei-
                                                       nen 500-Meter-Schutzstreifen sowie einen
          Unterstützung
                                                       gepflügten 10-m-Streifen, im Westen als
                                                       Todesstreifen bekannt.
          Ohne die Unterstützung von Förderern
                                                       Wietingsbek war die letzte Ortschaft auf
          und Kooperationspartnern wären diese
                                                       BRD-Gebiet zwischen Mechower und Lan-

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          kower See. Auf das Barber-Lyaschenko-        ben des Bürgermeisters Sass etwa 150 m
          Abkommen folgte im November 1945 ein         entfernt stehende Schlagbaum wurde von
          Gebietsaustausch zwischen britischer und     der Gemeinde Ziethen an der schmalsten
          sowjetischer Besatzungszone. Die neue        Stelle direkt über dem Bachverlauf errich-
          Demarkationslinie verlief am östlichen       tet.“
          Rand der Ortschaft Wietingsbek. Das Bar-     Seit dem 23.06.1952 wurde der „Ratze-
          ber-Lyaschenko-Abkommen war in diesem        burger Zipfel“ durch BGS Kräfte gesichert.
          Bereich ungenau. Was war das bewohnte        Es war u.a. ein Stützpunkt hier in Wie-
          Gebiet von Wietingsbek, gehörte das Stra-    tingsbek eingerichtet worden. Seine Stärke
          ßenwärterhaus dazu oder nicht?               lautete 1/1/7. Am 31.07. 1952 waren im
          Meine Kenntnisse habe ich von einem          Einsatz in der Zugbefehlsstelle in Bäk
          ehemaligen Grenzschützer, der dabei war.     Oberleutnant Oestmann und in Wietings-
          Er trat im Frühjahr 1952 in den BGS ein      bek Leutnant Lippert mit einer Gruppe
          und war dann Angehöriger der Grenz-          1/7.
          schutzabteilung West IV in der Waldersee-    Der BGS war damals gut ein Jahr alt. Leut-
          straße in Lübeck. Er hat Unterlagen zum      nant Lippert von der Grenzschutzabteilung
          Grenzzwischenfall gesammelt und später       West IV aus Lübeck – Walderseestraße
          dem Kreisarchiv1 übergeben. Es handelt       war bei den Besprechungen zwischen den
          sich um den späteren Präsidenten und         Briten und den Sowjets dabei, um zu über-
          Kommandeur des GSK Küste, Diethelm           setzen. Alle weiteren Deutschen waren in
          Brücker. Er wechselte im Oktober 1990 als    der Besprechung unerwünscht.
          Kommandeur an das Präsidium Ost in Ber-      Am 31.07.1952 hatte ein Beamter der Po-
          lin.                                         lizei-Inspektion Ratzeburg festgestellt, das
          In einem Bericht des Grenzschutzkom-         zwei sowjetische Offiziere die Grenze bei
          mandos West vom 03.08.1952 heißt es:         Wietingsbek besichtigten. Um 14.15 Uhr
          „Am 28.11.45 wurde durch eine gemischte      erschienen in den Häusern östlich vom
          Kommission der Besatzungsbehörden in         späteren Grenzbach drei Offiziere der
          Wietingsbek das Gebiet an der Zonen-         Volkspolizei mit vier weiteren DDR-
          grenze gegenseitig übergeben. Bei dieser     Polizisten und verboten den Bewohnern,
          Übergabe waren der Bürgermeister von         den Grenzbach zu überschreiten. Um
          Ziethen, Herr Sass, und einige Ortsbewoh-    15.30 Uhr verließen die Bewohner das
          ner, darunter der Chausseewärter Möller,     Straßenwärterhaus fluchtartig. Es handel-
          zugegen. Die gemischte Kommission über-      te sich um vier Familien mit 15 Personen,
          gab an der Straße Wietingsbek – Schlag-      so ist es den Zeitungsberichten vom 02.
          brügge am Ortsrand der Gemarkung Wie-        und 03.08.1952 zu entnehmen. Um 17:45
          tingsbek an der Stelle das Grenzgebiet, wo   Uhr hatte der stellvertretende Landrat die
          vor etwa 6 Wochen durch ostzonale Ver-       Aufstellung eines neuen Schlagbaumes
          waltungsorgane ein Erdaufwurf als Stra-      jenseits des Hauses angeordnet. Der bun-
          ßensperre errichtet worden ist. Der west-    desdeutsche Ministerialdirektor Wormit
          wärts von diesem Erdaufwurf nach Anga-       stellte fest, dass davon auszugehen sei,
                                                       dass das Straßenwärterhaus zum Westen
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              Kreisarchiv Ratzeburg, 23296.
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          gehört und man nur der Gewalt weichen                Russe protestierte und der Major erklärte,
          würde.                                               es seien bereits Maßnahmen eingeleitet
                                                               worden. Auf bundesdeutscher Seite orga-
                                                               nisierten BGS und Landespolizei den Kräf-
                                                               teeinsatz bei Normallage, dem Auftreten
                                                               starker Kräfte der Volkspolizei und dem
                                                               Auftreten von sowjetischen Soldaten. De-
                                                               tails dazu sind in der von mir studierten
                                                               Akte nicht enthalten.
                                                               Um 20.15 Uhr bezogen 15 – 18 Angehöri-
                           Foto: Wolfgang Fiedler, Ratzeburg
                                                               ge der Volkspolizei Stellung an der Chaus-
          Die Polizei Ratzeburg besetzte den Schlag-           see. Außerdem wurden drei bis vier Ange-
          baum mit 8 Mann und Hunden, um die                   hörige der sowjetischen Besatzungsmacht
          Besetzung der Häuser durch die VP zu                 erkannt.
          verhindern. Der stellvertretende Kom-                Am 02.08.1952 eskalierte die Lage dann.
          mandeur der Waldersee- Grenzschützer                 Um 06.15 Uhr kam es erneut zu einem
          Quitnat ordnete an, dass die BGS – Kräfte            Gespräch zwischen Leutnant Lippert und
          den Bach in Richtung Osten nicht über-               dem russischen Oberleutnant, in dessen
          schreiten durften.                                   Verlauf ein Ultimatum für 09.00 Uhr ge-
          Am 01.08. 1952 um 04.15 Uhr wurde der                stellt wurde. Der Schlagbaum sollte bis
          Volkspolizeiposten auf 11 Mann verstärkt,            10.00 Uhr an die alte Stelle zurückgezogen
          darunter wurden zwei VP-Offiziere er-                werden. Ein Hauptmann des BGS meldete
          kannt. Die Vertreter der britischen Besat-           dies seinem Stab und erklärte gleichzeitig,
          zungsmacht, Resident Officer Sulivan und             dass er beim Erscheinen von russischen
          sein Begleiter Buerges aus Lübeck, wurden            Militärs die eigenen Kräfte zurückzieht,
          in Ratzeburg über die Lage informiert. Bei           um es nicht auf einen Schusswechsel an-
          einem anschließenden Ortstermin wurde                kommen zu lassen.
          die Maßnahme der Verlegung des                       Es wurde vereinbart, dass das Getreide auf
          Schlagsbaumes gebilligt. Um 11.30 Uhr                der strittigen Fläche bis 10.00 Uhr geern-
          sprachen ein BGS–Leutnant und ein sowje-             tet werden durfte. Um 09.05 Uhr wurden
          tischer Oberleutnant in Wietingsbek mit-             russische Soldaten und Angehörige der VP
          einander. Beide trennten sich mit der Ver-           jeweils in Zugstärke (also 30 Mann) er-
          einbarung, erstmal nichts weiter zu veran-           kannt, MG-Stellungen wurden ausgeho-
          lassen, sondern die Meinung der Gegen-               ben. Um 10.00 Uhr kamen dann die Kräfte
          seite an die zuständigen Stellen weiter zu           nach vorn, voran 8 bis 10 sowjetische Offi-
          leiten.                                              ziere, dann 3 VP-Offiziere, ein Zug russi-
          Um 17:00 Uhr kam es dann zu einem Ge-                scher Soldaten und ein Zug VP-Angehörige
          spräch zwischen einem sowjetischen                   mit Waffen im Hüftanschlag. Da der letzte
          Oberst, der von einem Major der Volkspo-             Repräsentant der Briten in der Grenzregi-
          lizei begleitet wurde und dem BGS-                   on, Brigadier Allisson, bereits Ende 1951
          Leutnant Lippert. In dessen Verlauf der              die Stadt Ratzeburg verlassen hatte, muss-

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          te ein Vertreter aus Lübeck gerufen wer-          Befehlsebene der Besatzungsmächte alles
          den.                                              entschieden war.
          GSK West hatte zwischenzeitlich britische         Zwischen der Volkspolizei und dem BGS
          Truppen angefordert. Der russische Oberst         wurde vereinbart, dass sich beide Seiten
          akzeptierte den Resident Officer Sulivan          bis max. 40 – 50 m der Grenze nähern soll-
          aus Lübeck nicht, da der in Zivil erschienen      ten. BGS hatte auf der Straße einen Dop-
          war. So schlug die Stunde des Frontier            pelposten aufgestellt, um Neugierige zu-
          Inspection Service Captain Burges. Obwohl         rückzuweisen. Leutnant Lippert stellte in
          es auch andere Informationen über die             einem Bericht fest, dass für die vier Ge-
          britische Verhandlungsführung gibt, leite-        meinden im Ratzeburger Zipfel keine Ge-
          te wahrscheinlich Captain Burges die Ver-         fahr der Besetzung bestehen würde. Die
          handlungen auf der westlichen Seite.2             Bevölkerung beruhigte dies jedoch nicht.
          Auf der Straße kam es dann zu Verhand-            Doch die Lage beruhigte sich in den nächs-
          lungen zwischen den Briten und den Rus-           ten Tagen und Wochen. In einem Artikel in
          sen. Ein bundesdeutscher Landespolizist,          den Lauenburgischen Nachrichten vom
          der sich einmal ins Gespräch einmischte,          04.08.1952 ist vermerkt, dass durch den
          wurde vom russischen Offizier darauf hin-         Einsatz, unter anderem des BGS, die Fami-
          gewiesen, dass die Unterhaltung aus-              lien noch ihre Möbel holen, 7 Morgen Ge-
          schließlich zwischen Russen und Briten            treide abernten konnten und nur die Spät-
          geführt würde. In dem Gespräch ging es            kartoffeln auf dem Feld zurückblieben.
          um die gegenseitigen Vorwürfe. Der Russe          Woher diese Großzügigkeit kam, ist mir
          warf dem Briten vor, einseitig den Schlag-        leider nicht bekannt. Auf der Verhand-
          baum verlegt zu haben. Der Brite warf             lungsebene zwischen den Besatzungs-
          dem Russen vor, das umstrittene Haus              mächten wurde der Fall wohl schnell zu
          ohne Rücksprache betreten zu haben.               den Akten gelegt und die Grenzlinie lief
          Während des Gespräches wurde ein provi-           dann entlang dem Wasserlauf zwischen
          sorischer Schlagbaum von der VP an der            Mechower See und Lankower See, wo sie
          alten Stelle erneut errichtet, denn den           dann bis 1990 auch war. Aus dem Büro
          vorher umgesetzten Schlagbaum hatte der           des British Resident Office wurde der „un-
          Bürgermeister von Ziethen entfernt. Der           glückliche Zwischenfall“ bei Wietingsbek“
          Russe stellte fest, „wo Schlagbaum da             bedauert. Er würde aber weiter an „höchs-
          Grenze“ und damit war für ihn die Lage            ter Stelle bearbeitet“, so hieß es in einem
          klar.                                             vertraulichen Schreiben des Herrn Sullivan
          Ab 12.13 Uhr entspannte sich die Lage.            an den Landrat.3
          Briten und Russen hatten ihr Gespräch um          Es gibt ein Foto von Wolfgang Wohlfahrt,
          11.40 Uhr beendet und der BGS verringer-          das am 27.03.1957 veröffentlicht wurde.
          te die Kräfte. Man hatte sich geeinigt, die       Da stand eines der Häuser östlich des
          Grenzsituation wie vor dem 31.07.1952 zu          Grenzgrabens noch komplett. In einem
          akzeptieren, bis auf der Übergeordneten           Artikel der Lauenburgischen Nachrichten
                                                            vom 16.06.1961 wird der Abriss beschrie-
          2
           Dieter Melms-Liepen, Die Notzeit 1943-1950, S.
                                                            3
          34.                                                   Office of British Resident Lübeck vom 28.08.52
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          ben. Auf einem weiteren Foto fand ich die
          Aufschrift „Abriss 16.06.62“. Wer das ge-
          schrieben hat, entzieht sich meiner Kennt-
          nis, es gibt also noch viel zu erforschen.
          Wozu das Gebäude bis zum Abriss diente,
          ergibt sich aus den Akten nicht. Vielleicht
          hat ja das 6.Grenzregiment in Schönberg
          etwas dazu aufgeschrieben?
                                         Wolfgang May

          Ratzeburger Heimatbund errichtet
          Informationstafeln

          Die Schaffung vom „Grenzparcours“ rund
          um den Mechower See durch das Schlags-                                  Infotafel Wietingsbek

          dorfer „Grenzhus“ war der Anlass für den      Die Informationstafeln enthalten detail-
          Ratzeburger „Heimatbund und Ge-               lierte Berichte über das ungewöhnliche
          schichtsverein“, auf lauenburgischer Seite    „Barber-Lyaschenko-Abkommen“          vom
          der ehemaligen innerdeutschen Grenze          November 1945 mit dem folgenreichen
          ebenfalls verschiedene Informationstafeln     Gebietsaustausch von lauenburgischen
          aufzustellen. Unter Federführung des His-     und mecklenburgischen Grenzgebieten
          torikers Hartwig Fischer wurden in enger      durch die englische und sowjetische Be-
          Zusammenarbeit mit dem Museumsleiter          satzungsmacht. Die Betrachter erfahren,
          Dr. Wagner unter dem Motto „Gegen das         dass der wunderschöne Blick auf den Rat-
          Vergessen“ am Parkplatz „Zur Schönen          zeburger Dom und den Domsee auf die
          Aussicht“ in Ratzeburg/Bäk und in Wie-        Abholzung vom Bäker Wald durch sowjeti-
          tingsbek unmittelbar am Wanderweg um          sche Soldaten zurückzuführen ist. Die
          den Mechower See zwei großformatige           dramatischen Grenzzwischenfälle der Jah-
          Informationstafeln errichtet.                 re 1951/52 und die letzte symbolische
          An der B 208 nahe Mustin wurde am sym-        Grenzkontrolle durch den Bundesgrenz-
          bolträchtigen 12.11.2016 an der mecklen-      schutz am 31.05.1990 in Wietingsbek
          burgisch-lauenburgischen Landesgrenze         werden mit Bildern und erläuternden Tex-
          neben dem Gedenkstein zur „Deutschen          ten veranschaulicht. Die Struktur der töd-
          Einheit“ eine doppelseitige Informations-     lichen DDR-Grenzsperranlagen sowie die
          Stele eingeweiht.                             unbeschreibliche Euphorie der Grenzöff-
                                                        nung in Mustin am 12.11.1989 können
                                                        durch einen QR-Code abgerufen werden.

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                                                               sowie die gegenwärtige Erinnerungskultur
                                                               füllen den Band.
                                                               Bei der Beschreibung der IM in Schleswig-
                                                               Holstein gibt es nur einen groben Über-
                                                               blick. Die bekannten IM um den von der
                                                               Staatssicherheit erschossenen Michael
                                                               Gartenschläger fehlen und es fehlt auch
                                                               der im Kreis Herzogtum Lauenburg be-
                           Einweihung der Stele an der B 208   kannte IM Harald Wallis (Deckname). Bei
          Die nächste Informations-Stele soll zum              den IM in Dänemark wird dem Leser be-
          „Brückenfest“ am „Tag der Deutschen                  wusst gemacht, was die Hallstein Doktrin
          Einheit“ am 3.10.2017 an der Brücke in               der Bundesrepublik auch bewirkt hat. Die
          Rosenhagen/Dutzow errichtet werden.                  DDR hatte keine legalen Residenturen in
                                   Hartwig Fischer             Dänemark, keine diplomatischen Vertre-
                                                               tungen und so musste alles im Geheimen
          Neuerscheinungen                                     erfolgen. Hinzu kam die anfängliche Dis-
                                                               tanz der Dänen gegenüber den ehemali-
                                                               gen deutschen Besatzern.
          Aaron Jessen, u.a. (Hrg.), Grenzen über-
          winden: Schleswig-Holstein, Dänemark &               Gut beschrieben wird der Versuch, Gäste
          die DDR, Husum 2016, ISBN 978-3-89876-               aus Norwegen, Dänemark und Schweden
          821-4.                                               für einen Ostseeurlaub in der DDR zu wer-
                                                               ben. Dies lief primär über die „Freund-
          Der Sammelband wendet sich primär an                 schaftsgesellschaften“ in den nordischen
          Lehrkräfte, aber ich meine, auch der nicht           Ländern. Aber die Gäste hatten Ansprü-
          in diesem Metier beheimatete Leser, wird             che. Mit der Unterbringung und der Ver-
          schnell gefesselt und teilweise geschockt            pflegung klappte es nicht so wie ge-
          sein, wenn er liest, was bei einer kriegeri-         wünscht. Somit blieben die großen Touris-
          schen Auseinandersetzung im Norden, in               tenströme aus.
          Schleswig Holstein, Dänemark und den                 Der Themenkreis „Fluchtverhinderung“
          Nordbezirken der DDR zwischen 1949 und               über die Ostsee wird beleuchtet. Der
          1990 los gewesen wäre. Neben den militä-             „Langstreckenschwimmer“ wurde bereits
          rischen Plänen der NATO und des War-                 im Training beobachtet, der Kauf von Boo-
          schauer Vertrages (WV) wird der Einsatz              ten aller Art war verdächtig, zusätzlich
          von Agenten/inoffiziellen Mitarbeitern der           wirkten die „Grenzhelfer“ (Zeltplatzwarte,
          Staatssicherheit (IM) in Schleswig-Holstein          Bootsverleiher etc.) in den Ostseebädern
          und Dänemark untersucht, aber auch der               mit.
          Wettkampf der Städte Kiel und Rostock bis            Der Kalte Krieg wurde auch über den Auf-
          1976 um Segler, Geld und Besucher wird               bau abschreckender Waffensysteme ge-
          beleuchtet. Auch Beiträge über das DDR-              führt. Zwar werden Atomwaffenlagerstät-
          Grenzregime an der Ostseeküste, Fluchten             ten in Schleswig-Holstein beschrieben,
                                                               doch fehlen zur Vollständigkeit die Anga-

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Newsletter Freundeskreis Grenzhus Schlagsdorf                                               2017/ Nr. 1

          ben entsprechender Lagerstellen im Nor-        Ausbürgerung und ihre Folgen für die
          den der DDR. Die strategischen Planungen       DDR-Gesellschaft
          von Kampfhandlungen im Ernstfall ma-
          chen das mögliche Ausmaß der Zerstörun-        18. März, 11.00 Uhr, Zeitzeuge der Protes-
          gen erschreckend deutlich.                     te gegen die Biermann-Ausbürgerung:
          Wie erinnert man sich heute an die inner-      Vortrag und Gespräch mit Heiko Lietz
          deutsche Grenze? Nahezu alle Sperranla-
          gen nördlich der Elbe wurden abgerissen        Mitte März Mandy Palme/Dr. Jan Kostka –
          und dennoch finden sich unterschiedliche       Vorstellung der Publikation über die Toten
          Erinnerungsorte. Sie werden im letzten         an der innerdeutschen Grenze
          Beitrag in ihrer Entwicklung dargestellt.
          Sie alle tragen dazu bei, dieses Kapitel der   22. April, 11.00 Uhr, Lesung Thomas Rauf-
          Geschichte besser zu begreifen.                eisen, Der Tag an dem uns Vater erzählte,
          Jedes der Kapitel ist mit einer pädagogi-      dass er ein DDR-Spion war.
          schen „Handreichung“ versehen. Es sind
          Quellentexte vorhanden und Fragen, die         13. Mai, 11.00 Uhr, Eröffnung der Sonder-
          zur Diskussion gestellt werden können. Da      ausstellung „Geschleifte Dörfer“
          ebenfalls die Hinweise auf weiterführende
          Literatur nicht fehlen ist dies ein guter      19. Mai, 19.00 Uhr, Vortrag Dr. Wolf Karge
          Leitfaden zur Unterrichtsgestaltung bzw.       (Schwerin), Die ungeklärte Elbgrenze als
          zur Verbesserung des eigenen Wissens.          Instrumentalisierung im Kalten Krieg
                                         Wolfgang May
                                                         21. Mai: Internationaler Museumstag:
          Termine 1. Halbjahr 2017                       Fahrradtour zu den Spuren der innerdeut-
                                                         schen Grenze
          14. Januar, 11.00 Uhr, Eröffnung der Schü-
          lerausstellung „Die innerdeutsche Grenze       17. Juni, 11.00 Uhr, Dr. Jens Schöne (LStU
          erinnern“ mit Herrn Ingolf Litzner, Schul-     Berlin) – Der 17. Juni auf dem Lande (an-
          leiter Gymnasium Gadebusch                     gefragt)

          2. Februar, 19.00 Uhr, Film in der Diskus-     8. Juli, 11.00 Uhr, Vortrag Dr. Wolf Karge,
          sion: „Über das Meer – Die Flucht des Er-      Zur Geschichte der Stintenburg zwischen
          hard Schelter“ (D 2011, Regie: Arend           Kriegsende und Mauerbau
          Agthe)
                                                         Kontakt
          11. Februar, 11.00 Uhr, Eröffnung der          Freundeskreis Grenzhus Schlagsdorf
          Sonderausstellung „Der Mut der Wenigen.        c/o Grenzhus Schlagsdorf
          Protest-Repression-Solidarität“ über die       Neubauernweg 1
          Ausbürgerung von Wolf Biermann 1976,           19217 Schlagsdorf
          Dr. Robert Grünbaum (Bundesstiftung            Tel.: 038875/20326
          Aufarbeitung) – Die Biermann-                  Email: info@grenzhus.de

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