Saison 2019 / 2020 BASF-Kulturprogramm - Kammermusik
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Saison 2019 / 2020 BASF-Kulturprogramm Kammermusik Sophie Gent, Violine Théotime Langlois de Swarte, Violine Fanny Paccoud, Viola Keiko Gomi, Violoncello Ludovic Coutineau, Kontrabass Evolène Kiener, Fagott Jean Rondeau, Cembalo & Leitung Freitag, 06. Dezember 2019, 20.00 BASF-Feierabendhaus
Programm Johann Christoph Bach Wilhelm Friedemann Bach (1642 – 1703) (1710 – 1784) Choral „Wer Gott vertraut, hat wohl gebaut“ Sinfonie d-Moll Falck 65 Adagio Allegro e forte Johann Christian Bach (zugeschrieben) (1735 – 1782) Johann Sebastian Bach Konzert für Cembalo, Streicher und B.c. f-Moll Allegro di molto Konzert für Cembalo, Streichorchester und B.c. Nr. 1 Andante d-Moll BWV 1052 Prestissimo Allegro Adagio Allegro Johann Sebastian Bach (1685 – 1750) 2. Teil: ca. 35 min Konzert für Cembalo, Streichorchester und B.c. Nr. 5 f-Moll BWV 1056 Ohne Tempoangabe Largo Presto 1. Teil: ca. 40 min Pause 3
Jean Rondeau Seine Engagements – ob als Kammermusiker oder Solist – führen Rondeau regelmäßig in die großen Kon- Zweifelsfrei ist Jean Rondeau einer jener jungen zerthäuser Europas, sowie Nord- und Südamerikas Künstler, die in der Welt der klassischen Musik ge- und Asiens. Er ist Gründungsmitglied des Barock- konnt die Beziehung zu ihrem Publikum auf den Kopf ensembles Quatuor Nevermind und Mitgründer des stellen. Ohne dabei auch nur den geringsten musika- Ensembles Jasmin Toccata, ein Aufeinandertreffen lischen Kompromiss eingehend, sondern vielmehr mit der Welt des Barock mit jener der orientalischen einer akribischen Ehrlichkeit gegenüber der Partitur, Modalität. demonstriert der französische Cembalist eine einmalige Art und Weise des Cembalospiels. Sein Publikum be- Jean Rondeau arbeitet mit Ensembles wie Les geistert er mit einer beispiellosen Virtuosität und weiß Violons du Roy, Kammerorchester Basel, Stuttgarter dabei die Musikliebhaber in seinen Bann zu ziehen – Kammerorchester, Orchestre National de Lille und durch seine starke Präsenz, die jeglichen Manieris- dem hr-Sinfonieorchester zusammen und gastiert in mus entbehrt. Konzerthäusern wie Barbican Center London, Théâtre des Champs-Élysées Paris, Elbphilharmonie Hamburg Bereits vor seinem Studium am Pariser Konserva- und Alte Oper Frankfurt. Im März 2019 debütierte torium hatte Rondeau zehn Jahre Cembalounterricht Rondeau in der Carnegie Hall in New York. bei Blandine Verlet. Neben Cembalo studierte er außerdem Generalbass, Orgel, Klavier, Jazz und Sein Debüt als Filmkomponist feierte Rondeau Improvisation, Komposition sowie Dirigat. Nachdem 2016 mit dem Soundtrack für Christian Schwochows er am Conservatoire National Supérieur de Musique Film „Paula“ über die Malerin Paula Modersohn-Becker. in Paris mit Auszeichnung abschloss, setzte er seine Studien an der Guildhall School of Music and Drama in London fort. Sophie Gent Mit gerade einmal 21 Jahren war Jean Rondeau Nach dem Studium der klassischen Violine bei Paul einer der jüngsten Gewinner des internationalen Wright vertiefte Sophie Gent zwischen 1999 und 2005 Cembalowettbewerbs des Musica Antiqua Festivals ihre Kenntnisse der barocken Violine bei Ryo Terakado 2012 in Brügge sowie Träger des European Union in La Haye. Als Solistin und Kammermusikerin spielt Baroque Orchestra Development Trust Awards, der Sophie Gent mit renommierten Ensembles wie dem an die vielversprechendsten jungen Künstler in der Ricercar Consort, Masques, Arcangelo, Ensemble Europäischen Union vergeben wird. Er gewann den Pygmalion, Il Gardellino, L’Armonia Sonora, Capriccio Zweiten Preis des Cembalowettbewerbs des Prague Stravagante, L’orchestre du Collegium Vocale Gent, Spring International Music Festivals, in dem er auch La Petite Bande und dem Bach Concentus. Ihre den Preis für die beste Interpretation eines für den Wett- Kenntnisse gibt Gent an junge Musiker an der Early bewerb komponierten Werks bekam. 2013 ernannten Music Academy in Vannes, an der Abbaye aux Dames ihn die Radios Francophones Publiques zum „Jungen in Saintes sowie dem Conservatoire d’Amsterdam Solisten 2014“ und im Januar 2015 verliehen ihm die weiter. Sophie Gent spielt seit 2014 eine Violine von Victoires de la musique classique den Titel „Offenba- Jacob Stainer aus dem Jahr 1676. rung des Jahres“ in der Kategorie Instrumentalsolist. 4 5
Théotime Langlois de Swarte Keiko Gomi Théotime Langlois de Swartes Repertoire reicht Die Cellistin Keiko Gomi studierte an der Kyoto vom 17. Jahrhundert bis zur zeitgenössischen Musik. University of Arts and Music bei Noboru Kamimura, Er tritt in renommierten Konzertsälen auf wie Berliner Momoo Kishibe und Midori Kugota und wurde 2004 Philharmonie, Musikverein Wien, Shanghai National von der Kyoto Music Corporation für ihre musika- Art Center oder Walt Disney Hall Los Angeles. Nach lischen Leistungen geehrt. Ab 2007 studierte sie an der seinem Studium am Conservatoire National Supérieur École Normale de Musique de Paris modernes Cello de Musique et de Danse in Paris bei Michaël Hentz, bei Paul Julian und Barockcello bei Ageet Zweistra gründete er mit dem Cembalisten Justin Taylor das und David Simpson. Keiko Gomi wurde mit zahlreichen Ensemble Le Consort, das mit Künstlern wie Eva Preisen ausgezeichnet, darunter der Aoyama Music Zaicik, Véronique Gens und Victor Julien-Lafferière Award of Kyoto. Mit dem Nagaoka Chamber Ensemble, zusammenarbeitet. Die Aufnahmen des Ensembles dem Ensemble Jacacept und dem Kyoto Chamber wurden 2019 mit dem Choc Classica und einem Orchestra ist sie in Konzertsälen weltweit zu hören. Diapason d’Or ausgezeichnet. Außerdem spielt der Geiger regelmäßig mit William Christie und Les Arts Florissants sowie dem Ensemble Jupiter um Thomas Ludovic Coutineau Dunford, Bruno Philippe, Léa Desandre und Thibault Ludovic Coutineau studierte Kontrabass am Conser- Garcia. vatoire de Poitiers. Bereits während seiner Ausbildung beschäftigte er sich mit der Kunst der Improvisation und arbeitete in diesem Bereich unter anderem mit Fanny Paccoud Claude Magne und Jackie Taffanel zusammen. Zur Als Absolventin des Conservatoire de Strasbourg gleichen Zeit entdeckte er den historischen Bass im konzentrierte sich Fanny Paccoud zunächst auf die Jeune Orchestre Atlantique. Coutineau schloss seine Kammermusik und die Komposition. Seit 1999 inter- Ausbildung bei Richard Myron am Conservatoire de pretiert sie mit dem Pianisten Michael Gaech ein breites Paris ab. Er spielt in vielen Barockensembles wie dem Repertoire von Mozart bis Schönberg. Sie war auch Ensemble Amarillis, Les Ambassadeurs, Le Concert Teil verschiedenster Produktionen und Aufnahmen d‘Astrée, Les Cris de Paris, Opera Fuoco, Ensemble wie „Forever Valley“ von Gérard Pesson, „Momo“ von Consonance und La Simphonie du Marais. Fasziniert Pascal Dusapin, „Ai confini dell’oscurità“ von Claudio vom Instrumentenbau, hat sich Coutineau zusätzlich Gabriele, „Veillée“ und „Le Petit Chaperon Rouge“ zum Bogenmacher ausbilden lassen und ist Mitbe- von Georges Aperghis. Als Geigerin und Bratschistin gründer einer Firma zur Herstellung von Darmsaiten. spielt Fanny Paccoud in zahlreichen auf alte Musik spezialisierten Ensembles wie Concert Spirituel, Ensemble Amarillis, English Baroque Soloists, Concert Brisé, Ensemble Pygmalion oder Ambassadeurs. 2002 gründet sie mit der Violinistin Alice Piérot und der Cellistin Elena Andreyev das Trio Anpapié. 6 7
Evolène Kiener eine Blüte des Gesangbuchdrucks. Bereits 1539 legte Valentin Schumann ein neues evangelisches Gesang- Seit ihrem fünften Lebensjahr spielte die Französin buch vor, aus katholischer Sicht ein Sakrileg, denn im Evolène Kiener verschiedene Blasinstrumente wie protestantischen Gottesdienst wirkten nun Männer, Blockflöte, Klarinette und Fagott. Am Conservatoire Frauen und Kinder muttersprachlich singend mit. National Supérieur de Musique et de Danse in Paris studierte sie Fagott bei Giorgio Mandolesi. Seitdem In Johann Sebastians Hauptwirkungsort Leipzig ist sie als Kammermusikerin und Orchestermusikerin beispielsweise entstand eine lebhafte Kultur der international gefragt. Evolène Kiener tritt mit Musikern Kirchenmusikpflege, mit aktiver Teilnahme von Schülern, wie Raphaël Pichon und dem Ensemble Pygmalion, Studenten, Schulmeistern, Kantoren, Stadtpfeifern William Christie und Les Arts Florrisants, Skip Sempe und freiwilligen Sängern aus den Reihen der musizie- und Jean Rondeau auf. Außerdem gibt sie regelmäßig renden Bürger. Um den Bedarf an musikkundigem Meisterklassen und unterrichtet in Saint Maur des Nachwuchs zu decken, wurden Kinder an Landes- Fossés bei Paris. schulen oder an der Thomasschule in Leipzig ausge- bildet und erhielten Gesangs- und Instrumentalunter- richt. In den Gymnasien und Lateinschulen wurde die Zum Programm Ausübung von Musik – auch von Instrumentalmusik – gepflegt. Zwischen Reformation und Säkularisierung erblühte in Mitteldeutschland die Dynastie der weitverzweigten Nach dem Besuch von Lateinschule, Gymnasium Musikerfamilie Bach, deren Geschichte auch eine oder Thomasschule traten viele junge Männer in die Chronik des deutschen Bürgertums ist. Die Bach- Universität ein. Dort blieben sie auch weiterhin musi- Dynastie vermochte in Zeiten der Einbettung des kalisch tätig und nutzten ihre alten Verbindungen. Die Musiklebens in die Stadtgesellschaft oder an Höfen Organisation des öffentlichen Musiklebens innerhalb zu blühen und zu glänzen – als Kantoren, städtische der Stadt verantwortete der Thomaskantor, der be- Musiker oder höfische Kapellmeister dienten ihre kanntlich zwischen 1723 und 1750 Johann Sebastian Mitglieder öffentlichen Auftraggebern. Bach hieß. Seit dem Thomaskantor Sethus Calvisius (1594–1615) war das Amt des Thomaskantors mit Religionswirren ließen den ersten Bach im 16. Jahr- dem des Akademischen Musikdirektors verbunden, hundert Zuflucht in Thüringen suchen – 171 Mitglieder ihm unterstand also auch die Universitätsmusik. Ent- der Familie kann Klaus-Rüdiger Mai in seinem Buch sprechend gestaltete auch der für die evangelische über die Familie Bach nachweisen, viele von ihnen Kirchenmusik des 17. Jahrhunderts außerordentlich ergriffen den Musikerberuf, der zu Beginn noch als wichtige Thomaskantor in der Paulinerkirche die echter, in Zünften organisierter Handwerksberuf aus- kirchenmusikalischen Aufführungen an hohen kirch- geübt wurde. lichen, universitären und städtischen Festtagen. Die Blütezeit der Familie Bach ist eng verbunden mit Dabei wirkten neben Studenten auch Thomaner und Martin Luther, dessen Wertschätzung der Musik zur Stadtpfeifer mit. Die Kooperation von Musikern ver- wirkungsvollen Unterstützung der Wortverkündung schiedener Institutionen war in einer Stadt wie Leipzig der Kirchenmusik größeres Gewicht verlieh. Es folgte selbstverständlich und bewährte sich über lange Zeit. 8 9
Johann Christoph Bach Aus dieser zweiten Ehe Bachs gingen 13 Kinder hervor, von denen sieben im Kindesalter verstarben. In der protestantischen Kirchenmusik gewinnt das Von den sieben Kindern aus der ersten Ehe seines liturgische Orgelspiel an Bedeutung, welches geist- Vaters erreichten nur Catharina Dorothea und Wilhelm liche Lieder in Choralpräludien, Choralfugen, Choral- Friedemann, Carl Philipp Emanuel sowie Johann variationen oder Choralfantasien verarbeitet. Namen Gottfried Bernhard das Erwachsenenalter. wie Scheidt, Pachelbel oder Buxtehude verbinden wir noch heute mit ihren kunstvollen Choralbear- Auf die Ausbildung seiner Söhne hatte Johann beitungen, neben denen dennoch die Kunst des Sebastian großen Wert gelegt. Alle genossen eine improvisierten Vortrags zu erwähnen ist. Der Organist umfassende Schulbildung und nahmen danach ein verarbeitet die Melodie des Chorals, den so genannten Universitätsstudium auf. Johann Christian erhielt wie „cantus firmus“, aus dem Stegreif, aber nach festen seine älteren Geschwister seinen ersten Musik- und Regeln – eine hohe Kunst. Vor diesem Hintergrund ist Klavierunterricht beim Vater, der allerdings starb, der Choral „Wer Gott vertraut, hat wohl gebaut“ von als Johann Christian nicht einmal 15 Jahre alt war. Johann Christoph Bach (1642 – 1703) zu hören, der, Sein älterer Halbbruder, der in Berlin als Cembalist in Arnstadt geboren, 1663 daselbst als Organist an des Königs sehr erfolgreiche Carl Philipp Emanuel der Schlosskapelle wurde und 1665 an die Georgen- Bach, war es, der dann die Erziehung und Ausbil- kirche in Eisenach berufen wurde, wo er auch als dung des jungen Musikers übernahm. Und in Berlin Cembalist an der Hofkapelle wirkte. Die Bachsche muss Johann Christian auf ganz neue musikalische Familienchronik nennt ihn den „großen und aus- Eindrücke gestoßen sein. Das höfisch geprägte drückenden Componisten“. In seinem vierstimmigen, Musikleben pflegte galante Musik, sein Halbbruder 41 Takte umfassenden Orgelchoral schreitet der cantus Carl Philipp Emanuel gehörte zu den berühmtesten firmus in der Oberstimme in langsamen Notenwerten „Clavieristen“ Europas, hatte stilbildende Komposi- voran, während die Begleitung in bewegteren Viertel- tionen für das Instrument geschaffen und war in seiner noten hinzutritt. Die Residenzstadt Eisenach ist auch Zeit weit berühmter als sein Vater. Von seinem Halb- der Geburtsort Johann Sebastian Bachs, der dort bruder im Clavierspiel – was damals Cembalo-Spiel seine Kindheit verbrachte und bei Johann Christoph, bedeutete – unterwiesen, entwickelte sich Johann einem Cousin seines Vaters, lernte, der den Knaben Christian in Berlin zu einem anerkannten Musiker. Um mit Kirchen- und Orgelmusik vertraut machte. sich musikalisch weiterzubilden und wohl auch auf der Suche nach einem Förderer reiste der Zwanzig- jährige 1754 oder 1755 nach Italien: Aus dieser Zeit Johann Christian Bach stammt das Konzert für Cembalo, Streicher und B.c. f-Moll, welches ursprünglich für eine Komposition des In das bereits skizzierte, lebhafte und vielfältige ältesten Bach-Sohns Wilhelm Friedemann gehalten Musikleben der vom Wirkungsort Johann Christophs wurde. (und dem Geburtsort seines Vaters) etwa 200 km entfernten Stadt Leipzig wird 1735 Johann Christian Was für ein Kontrast zur Choralkomposition Johann Bach als jüngster Sohn Johann Sebastians und seiner Christophs. Mit großer Geste setzt der erste Satz zweiten Ehefrau Anna Magdalena hineingeboren. ein, die mitreißende aufwärts gerichtete Melodie 10 11
der Streicher setzen die drängenden Akkorde des Sinfonia zur Kantate „Ich steh mit einem Fuß im Cembalos ins rechte Licht. Es entspinnt sich ein Grabe“ erhalten, dort für Solo-Oboe und Streicher Wechselspiel, aus dem das Cembalo solistisch pizzicato – was als eine sehr passende alternative heraustritt und seine melodischen wie virtuosen Orchestrierung erscheint, zeigt sie doch wie gesang- Möglichkeiten prächtig präsentiert. Sehr interessant lich und süß das Cembalo empfunden werden kann. ist in dieser Komposition zu beobachten, wie geschickt Im schwungvollen 3/8 Takt setzt das motorische die Streicher gesetzt sind, um mit ihrer dynamischen Presto einen kontrastierenden Schlusspunkt. Flexibilität die Einschränkungen des Cembalos in Das Konzert in d-Moll ist wohl etwas früher ent- eben diesem Bereich zu kompensieren. Möglich, dass standen als das in f-Moll, obwohl die Bachwerkver- Johann Christian dieses Werk als eine Art Empfeh- zeichnisnummern dies nicht nahelegen: Bach schrieb lung für seine Kontakte in Italien komponierte. In Graf um 1738 zunächst das Konzert in g-Moll BWV 1058 Agostino Litta jedenfalls fand er einen einflussreichen und ein Fragment BWV 1059. Auf anderem Papier Förderer, der ihm ein Studium bei dem bedeutenden folgten die übrigen sechs Konzerte. Die Lagen wurden Pädagogen und Musiktheoretiker Padre Martini er- später in umgekehrter Reihenfolge gebunden, sodass möglichte. Allein, dass Johann Christian 1757 zum die heutige Zählung abweicht. katholischen Glauben konvertierte, mag ein Schlag für die Familie Bach gewesen sein. 1760 war er zweiter Wie bereits angedeutet, war keines der Konzerte Organist am Mailänder Dom und machte sich als ein originales Cembalokonzert. Auch hier bearbeitete Opernkomponist einen Namen. Bekanntlich zog es Bach ein früheres Werk für Violine, deren Solopart er den Musiker aber nach England, was ihm neben dem für das Tasteninstrument arrangierte. Der erste Satz „Mailänder“ auch den Beinamen des „Londoner Bach“ stellt ein eingängiges Thema mit einem daktylischen einbrachte. Rhythmus aus raschen Sechzehntel und Achtelnoten vor, dessen weiteres Kennzeichen ein Quintsprung mit Synkope ist. Ritornellartig kehrt dieses Thema Johann Sebastian Bach zwischen den Einwürfen des Solisten immer wieder zurück. Der zweite Satz beginnt eindringlich im Uni- Ebenfalls in f-Moll steht das kleine, aber feine sono mit Tonwiederholungen gebrochener Akkorde Cembalokonzert Nr. 5 von Johann Sebastian Bach, und eindringlichen Seufzermotiven. Es überrascht das wohl zwischen 1733 und 1746 in Leipzig gemein- kaum, dass Bach, als er diesen Satz in seinem Kan- sam mit sechs weiteren Konzerten für das Tasten- tantenschaffen wieder aufgreift, diesem die Paulus- instrument entstand. Aufgeführt wurde es in einer Worte „Wir müssen durch viel Trübsal in das Reich wöchentlichen Konzertreihe im Café Zimmermann – Gottes eingehen“ unterlegt. Der Finalsatz ist von gemeinsam mit dem Collegium musicum, in welchem typisch barocken Anapästrhythmen geprägt und lebt die Studierenden der Universität Leipzig musizierten. vom beherzten Wettstreit zwischen Solo- und Tutti- Vorlage für die Ecksätze ist ein Violinkonzert in g-Moll. passagen. Der rasante Solopart des Cembalos ist Der zweite Satz Largo gehört ganz und gar dem von virtuosen Läufen und den Bariolagen der ur- Cembalo und stellt dessen seidig-glänzenden Klang sprünglichen Solo-Violinstimme charakterisiert. in den Mittelpunkt. Dieser Mittelsatz ist auch als 12 13
Wilhelm Friedemann Bach Sinfonia lautet: Sinfonia â 2 Travers: 2 Violini, Viola et Basso di W. F. Bach. Man nimmt heute an, dass das Der 1710 in Weimar geborene Wilhelm Friedemann Werk um oder nach 1740 in Dresden entstand und für ist der älteste Sohn Johann Sebastian Bachs. Seine den liturgischen Gebrauch bestimmt war. Jugend spiegelt die Wanderschaft seines Vaters wider, Heike Fricke erhielt er doch seine Schulausbildung an der luthe- rischen Lateinschule in Köthen und an der Leipziger Thomasschule. Mit 19 Jahren wechselte er an die Leipziger Universität, wo er neben Jura auch Philo- sophie und Mathematik studierte. Intensiven Musik- unterricht hatte er, wie es in der Familie üblich war, bereits in seiner Kindheit vom Vater erhalten. Das heute noch erhaltene „Clavier-Büchlein vor Wilhelm Friedemann Bach“ enthält Klavierstücke, davon sind einige Frühfassungen der später zusammengestellten Konzerteinführung Sammlungen „Wohltemperiertes Klavier“ und „Inven- tionen und Sinfonien“ (Originaltitel: „Aufrichtige An- 06. Dezember 2019, 19.00, Kammermusiksaal leitungen“). Volker Hagedorn: „Bachs Welt“ Sein zweites Instrument wurde die Violine: Geigen- unterricht erhielt er unter anderem beim berühmten Johann Gottlieb Graun. Johann Nikolaus Forkel schreibt über ihn: „Der älteste, Wilh. Friedemann, Veranstaltungshinweis kam in der Originalität aller seiner Gedanken seinem Vater am nächsten. Alle seine Melodien sind anders 07. Dezember 2019, 20.00, Cinema Paradiso & Arte gewendet als die Melodien anderer Componisten, und doch nicht nur äußerst natürlich, sondern zugleich Jean Rondeau, Cembalo außerordentlich sein und zierlich. Fein vorgetragen, Thomas Dunford, Laute wie er selbst sie vortrug, müssen sie nothwendig Keyvan Chemirani, Schlagzeug jeden Kenner entzücken.“ „Jasmin Toccata“. Barock trifft Orient Seiner Entscheidung, im April 1746 das Amt des Musikdirektors und Organists in der Liebfrauenkirche zu Halle anzunehmen – eine Stelle, die in vieler Hinsicht der des Vaters in Leipzig entsprach – verdankte er den Beinamen „Hallescher Bach“. Seine zweisätzige Sinfonia in d-Moll gehört zu einer acht Musikstücke um- fassenden Gruppe mehrsätziger Werke für Streicher, die oft mit Oboen, Fagott und einem Paar Hörnern verstärkt sind. Die Überschrift des Autografs der 14
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