Saison 2019 / 2020 BASF-Kulturprogramm - Kammermusik

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Saison 2019 / 2020 BASF-Kulturprogramm - Kammermusik
Saison 2019 / 2020
 BASF-Kulturprogramm

Kammermusik

Sophie Gent, Violine
Théotime Langlois de Swarte, Violine
Fanny Paccoud, Viola
Keiko Gomi, Violoncello
Ludovic Coutineau, Kontrabass
Evolène Kiener, Fagott
Jean Rondeau, Cembalo & Leitung

Freitag, 06. Dezember 2019, 20.00
BASF-Feierabendhaus
Programm

Johann Christoph Bach                                  Wilhelm Friedemann Bach
(1642 – 1703)                                          (1710 – 1784)

Choral „Wer Gott vertraut, hat wohl gebaut“            Sinfonie d-Moll Falck 65
                                                       Adagio
                                                       Allegro e forte
Johann Christian Bach (zugeschrieben)
(1735 – 1782)
                                                       Johann Sebastian Bach
Konzert für Cembalo, Streicher und B.c. f-Moll
Allegro di molto                                       Konzert für Cembalo, Streichorchester und B.c. Nr. 1
Andante                                                d-Moll BWV 1052
Prestissimo                                            Allegro
                                                       Adagio
                                                       Allegro
Johann Sebastian Bach
(1685 – 1750)
                                                       2. Teil: ca. 35 min
Konzert für Cembalo, Streichorchester und B.c. Nr. 5
f-Moll BWV 1056
Ohne Tempoangabe
Largo
Presto

1. Teil: ca. 40 min

Pause

                                                                                                          3
Jean Rondeau                                                   Seine Engagements – ob als Kammermusiker oder
                                                             Solist – führen Rondeau regelmäßig in die großen Kon-
   Zweifelsfrei ist Jean Rondeau einer jener jungen
                                                             zerthäuser Europas, sowie Nord- und Südamerikas
Künstler, die in der Welt der klassischen Musik ge-
                                                             und Asiens. Er ist Gründungsmitglied des Barock-
konnt die Beziehung zu ihrem Publikum auf den Kopf
                                                             ensembles Quatuor Nevermind und Mitgründer des
stellen. Ohne dabei auch nur den geringsten musika-
                                                             Ensembles Jasmin Toccata, ein Aufeinandertreffen
lischen Kompromiss eingehend, sondern vielmehr mit
                                                             der Welt des Barock mit jener der orientalischen
einer akribischen Ehrlichkeit gegenüber der Partitur,
                                                             Modalität.
demonstriert der französische Cembalist eine einmalige
Art und Weise des Cembalospiels. Sein Publikum be-             Jean Rondeau arbeitet mit Ensembles wie Les
geistert er mit einer beispiellosen Virtuosität und weiß     Violons du Roy, Kammerorchester Basel, Stuttgarter
dabei die Musikliebhaber in seinen Bann zu ziehen –          Kammerorchester, Orchestre National de Lille und
durch seine starke Präsenz, die jeglichen Manieris-          dem hr-Sinfonieorchester zusammen und gastiert in
mus entbehrt.                                                Konzerthäusern wie Barbican Center London, Théâtre
                                                             des Champs-Élysées Paris, Elbphilharmonie Hamburg
  Bereits vor seinem Studium am Pariser Konserva-
                                                             und Alte Oper Frankfurt. Im März 2019 debütierte
torium hatte Rondeau zehn Jahre Cembalounterricht
                                                             Rondeau in der Carnegie Hall in New York.
bei Blandine Verlet. Neben Cembalo studierte er
außerdem Generalbass, Orgel, Klavier, Jazz und                  Sein Debüt als Filmkomponist feierte Rondeau
Improvisation, Komposition sowie Dirigat. Nachdem            2016 mit dem Soundtrack für Christian Schwochows
er am Conservatoire National Supérieur de Musique            Film „Paula“ über die Malerin Paula Modersohn-Becker.
in Paris mit Auszeichnung abschloss, setzte er seine
Studien an der Guildhall School of Music and Drama
in London fort.                                              Sophie Gent
  Mit gerade einmal 21 Jahren war Jean Rondeau                 Nach dem Studium der klassischen Violine bei Paul
einer der jüngsten Gewinner des internationalen              Wright vertiefte Sophie Gent zwischen 1999 und 2005
Cembalowettbewerbs des Musica Antiqua Festivals              ihre Kenntnisse der barocken Violine bei Ryo Terakado
2012 in Brügge sowie Träger des European Union               in La Haye. Als Solistin und Kammermusikerin spielt
Baroque Orchestra Development Trust Awards, der              Sophie Gent mit renommierten Ensembles wie dem
an die vielversprechendsten jungen Künstler in der           Ricercar Consort, Masques, Arcangelo, Ensemble
Europäischen Union vergeben wird. Er gewann den              Pygmalion, Il Gardellino, L’Armonia Sonora, Capriccio
Zweiten Preis des Cembalowettbewerbs des Prague              Stravagante, L’orchestre du Collegium Vocale Gent,
Spring International Music Festivals, in dem er auch         La Petite Bande und dem Bach Concentus. Ihre
den Preis für die beste Interpretation eines für den Wett-   Kenntnisse gibt Gent an junge Musiker an der Early
bewerb komponierten Werks bekam. 2013 ernannten              Music Academy in Vannes, an der Abbaye aux Dames
ihn die Radios Francophones Publiques zum „Jungen            in Saintes sowie dem Conservatoire d’Amsterdam
Solisten 2014“ und im Januar 2015 verliehen ihm die          weiter. Sophie Gent spielt seit 2014 eine Violine von
Victoires de la musique classique den Titel „Offenba-        Jacob Stainer aus dem Jahr 1676.
rung des Jahres“ in der Kategorie Instrumentalsolist.

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Théotime Langlois de Swarte                                Keiko Gomi
  Théotime Langlois de Swartes Repertoire reicht              Die Cellistin Keiko Gomi studierte an der Kyoto
vom 17. Jahrhundert bis zur zeitgenössischen Musik.        University of Arts and Music bei Noboru Kamimura,
Er tritt in renommierten Konzertsälen auf wie Berliner     Momoo Kishibe und Midori Kugota und wurde 2004
Philharmonie, Musikverein Wien, Shanghai National          von der Kyoto Music Corporation für ihre musika-
Art Center oder Walt Disney Hall Los Angeles. Nach         lischen Leistungen geehrt. Ab 2007 studierte sie an der
seinem Studium am Conservatoire National Supérieur         École Normale de Musique de Paris modernes Cello
de Musique et de Danse in Paris bei Michaël Hentz,         bei Paul Julian und Barockcello bei Ageet Zweistra
gründete er mit dem Cembalisten Justin Taylor das          und David Simpson. Keiko Gomi wurde mit zahlreichen
Ensemble Le Consort, das mit Künstlern wie Eva             Preisen ausgezeichnet, darunter der Aoyama Music
Zaicik, Véronique Gens und Victor Julien-Lafferière        Award of Kyoto. Mit dem Nagaoka Chamber Ensemble,
zusammenarbeitet. Die Aufnahmen des Ensembles              dem Ensemble Jacacept und dem Kyoto Chamber
wurden 2019 mit dem Choc Classica und einem                Orchestra ist sie in Konzertsälen weltweit zu hören.
Diapason d’Or ausgezeichnet. Außerdem spielt der
Geiger regelmäßig mit William Christie und Les Arts
Florissants sowie dem Ensemble Jupiter um Thomas           Ludovic Coutineau
Dunford, Bruno Philippe, Léa Desandre und Thibault
                                                             Ludovic Coutineau studierte Kontrabass am Conser-
Garcia.
                                                           vatoire de Poitiers. Bereits während seiner Ausbildung
                                                           beschäftigte er sich mit der Kunst der Improvisation
                                                           und arbeitete in diesem Bereich unter anderem mit
Fanny Paccoud                                              Claude Magne und Jackie Taffanel zusammen. Zur
  Als Absolventin des Conservatoire de Strasbourg          gleichen Zeit entdeckte er den historischen Bass im
konzentrierte sich Fanny Paccoud zunächst auf die          Jeune Orchestre Atlantique. Coutineau schloss seine
Kammermusik und die Komposition. Seit 1999 inter-          Ausbildung bei Richard Myron am Conservatoire de
pretiert sie mit dem Pianisten Michael Gaech ein breites   Paris ab. Er spielt in vielen Barockensembles wie dem
Repertoire von Mozart bis Schönberg. Sie war auch          Ensemble Amarillis, Les Ambassadeurs, Le Concert
Teil verschiedenster Produktionen und Aufnahmen            d‘Astrée, Les Cris de Paris, Opera Fuoco, Ensemble
wie „Forever Valley“ von Gérard Pesson, „Momo“ von         Consonance und La Simphonie du Marais. Fasziniert
Pascal Dusapin, „Ai confini dell’oscurità“ von Claudio     vom Instrumentenbau, hat sich Coutineau zusätzlich
Gabriele, „Veillée“ und „Le Petit Chaperon Rouge“          zum Bogenmacher ausbilden lassen und ist Mitbe-
von Georges Aperghis. Als Geigerin und Bratschistin        gründer einer Firma zur Herstellung von Darmsaiten.
spielt Fanny Paccoud in zahlreichen auf alte Musik
spezialisierten Ensembles wie Concert Spirituel,
Ensemble Amarillis, English Baroque Soloists, Concert
Brisé, Ensemble Pygmalion oder Ambassadeurs.
2002 gründet sie mit der Violinistin Alice Piérot und
der Cellistin Elena Andreyev das Trio Anpapié.

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Evolène Kiener                                             eine Blüte des Gesangbuchdrucks. Bereits 1539 legte
                                                           Valentin Schumann ein neues evangelisches Gesang-
   Seit ihrem fünften Lebensjahr spielte die Französin
                                                           buch vor, aus katholischer Sicht ein Sakrileg, denn im
Evolène Kiener verschiedene Blasinstrumente wie
                                                           protestantischen Gottesdienst wirkten nun Männer,
Blockflöte, Klarinette und Fagott. Am Conservatoire
                                                           Frauen und Kinder muttersprachlich singend mit.
National Supérieur de Musique et de Danse in Paris
studierte sie Fagott bei Giorgio Mandolesi. Seitdem           In Johann Sebastians Hauptwirkungsort Leipzig
ist sie als Kammermusikerin und Orchestermusikerin         beispielsweise entstand eine lebhafte Kultur der
international gefragt. Evolène Kiener tritt mit Musikern   Kirchenmusikpflege, mit aktiver Teilnahme von Schülern,
wie Raphaël Pichon und dem Ensemble Pygmalion,             Studenten, Schulmeistern, Kantoren, Stadtpfeifern
William Christie und Les Arts Florrisants, Skip Sempe      und freiwilligen Sängern aus den Reihen der musizie-
und Jean Rondeau auf. Außerdem gibt sie regelmäßig         renden Bürger. Um den Bedarf an musikkundigem
Meisterklassen und unterrichtet in Saint Maur des          Nachwuchs zu decken, wurden Kinder an Landes-
Fossés bei Paris.                                          schulen oder an der Thomasschule in Leipzig ausge-
                                                           bildet und erhielten Gesangs- und Instrumentalunter-
                                                           richt. In den Gymnasien und Lateinschulen wurde die
Zum Programm                                               Ausübung von Musik – auch von Instrumentalmusik –
                                                           gepflegt.
   Zwischen Reformation und Säkularisierung erblühte
in Mitteldeutschland die Dynastie der weitverzweigten         Nach dem Besuch von Lateinschule, Gymnasium
Musikerfamilie Bach, deren Geschichte auch eine            oder Thomasschule traten viele junge Männer in die
Chronik des deutschen Bürgertums ist. Die Bach-            Universität ein. Dort blieben sie auch weiterhin musi-
Dynastie vermochte in Zeiten der Einbettung des            kalisch tätig und nutzten ihre alten Verbindungen. Die
Musiklebens in die Stadtgesellschaft oder an Höfen         Organisation des öffentlichen Musiklebens innerhalb
zu blühen und zu glänzen – als Kantoren, städtische        der Stadt verantwortete der Thomaskantor, der be-
Musiker oder höfische Kapellmeister dienten ihre           kanntlich zwischen 1723 und 1750 Johann Sebastian
Mitglieder öffentlichen Auftraggebern.                     Bach hieß. Seit dem Thomaskantor Sethus Calvisius
                                                           (1594–1615) war das Amt des Thomaskantors mit
  Religionswirren ließen den ersten Bach im 16. Jahr-      dem des Akademischen Musikdirektors verbunden,
hundert Zuflucht in Thüringen suchen – 171 Mitglieder      ihm unterstand also auch die Universitätsmusik. Ent-
der Familie kann Klaus-Rüdiger Mai in seinem Buch          sprechend gestaltete auch der für die evangelische
über die Familie Bach nachweisen, viele von ihnen          Kirchenmusik des 17. Jahrhunderts außerordentlich
ergriffen den Musikerberuf, der zu Beginn noch als         wichtige Thomaskantor in der Paulinerkirche die
echter, in Zünften organisierter Handwerksberuf aus-       kirchenmusikalischen Aufführungen an hohen kirch-
geübt wurde.                                               lichen, universitären und städtischen Festtagen.
  Die Blütezeit der Familie Bach ist eng verbunden mit     Dabei wirkten neben Studenten auch Thomaner und
Martin Luther, dessen Wertschätzung der Musik zur          Stadtpfeifer mit. Die Kooperation von Musikern ver-
wirkungsvollen Unterstützung der Wortverkündung            schiedener Institutionen war in einer Stadt wie Leipzig
der Kirchenmusik größeres Gewicht verlieh. Es folgte       selbstverständlich und bewährte sich über lange Zeit.

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Johann Christoph Bach                                   Aus dieser zweiten Ehe Bachs gingen 13 Kinder
                                                        hervor, von denen sieben im Kindesalter verstarben.
   In der protestantischen Kirchenmusik gewinnt das
                                                        Von den sieben Kindern aus der ersten Ehe seines
liturgische Orgelspiel an Bedeutung, welches geist-
                                                        Vaters erreichten nur Catharina Dorothea und Wilhelm
liche Lieder in Choralpräludien, Choralfugen, Choral-
                                                        Friedemann, Carl Philipp Emanuel sowie Johann
variationen oder Choralfantasien verarbeitet. Namen
                                                        Gottfried Bernhard das Erwachsenenalter.
wie Scheidt, Pachelbel oder Buxtehude verbinden
wir noch heute mit ihren kunstvollen Choralbear-           Auf die Ausbildung seiner Söhne hatte Johann
beitungen, neben denen dennoch die Kunst des            Sebastian großen Wert gelegt. Alle genossen eine
improvisierten Vortrags zu erwähnen ist. Der Organist   umfassende Schulbildung und nahmen danach ein
verarbeitet die Melodie des Chorals, den so genannten   Universitätsstudium auf. Johann Christian erhielt wie
„cantus firmus“, aus dem Stegreif, aber nach festen     seine älteren Geschwister seinen ersten Musik- und
Regeln – eine hohe Kunst. Vor diesem Hintergrund ist    Klavierunterricht beim Vater, der allerdings starb,
der Choral „Wer Gott vertraut, hat wohl gebaut“ von     als Johann Christian nicht einmal 15 Jahre alt war.
Johann Christoph Bach (1642 – 1703) zu hören, der,      Sein älterer Halbbruder, der in Berlin als Cembalist
in Arnstadt geboren, 1663 daselbst als Organist an      des Königs sehr erfolgreiche Carl Philipp Emanuel
der Schlosskapelle wurde und 1665 an die Georgen-       Bach, war es, der dann die Erziehung und Ausbil-
kirche in Eisenach berufen wurde, wo er auch als        dung des jungen Musikers übernahm. Und in Berlin
Cembalist an der Hofkapelle wirkte. Die Bachsche        muss Johann Christian auf ganz neue musikalische
Familienchronik nennt ihn den „großen und aus-          Eindrücke gestoßen sein. Das höfisch geprägte
drückenden Componisten“. In seinem vierstimmigen,       Musikleben pflegte galante Musik, sein Halbbruder
41 Takte umfassenden Orgelchoral schreitet der cantus   Carl Philipp Emanuel gehörte zu den berühmtesten
firmus in der Oberstimme in langsamen Notenwerten       „Clavieristen“ Europas, hatte stilbildende Komposi-
voran, während die Begleitung in bewegteren Viertel-    tionen für das Instrument geschaffen und war in seiner
noten hinzutritt. Die Residenzstadt Eisenach ist auch   Zeit weit berühmter als sein Vater. Von seinem Halb-
der Geburtsort Johann Sebastian Bachs, der dort         bruder im Clavierspiel – was damals Cembalo-Spiel
seine Kindheit verbrachte und bei Johann Christoph,     bedeutete – unterwiesen, entwickelte sich Johann
einem Cousin seines Vaters, lernte, der den Knaben      Christian in Berlin zu einem anerkannten Musiker. Um
mit Kirchen- und Orgelmusik vertraut machte.            sich musikalisch weiterzubilden und wohl auch auf
                                                        der Suche nach einem Förderer reiste der Zwanzig-
                                                        jährige 1754 oder 1755 nach Italien: Aus dieser Zeit
Johann Christian Bach                                   stammt das Konzert für Cembalo, Streicher und B.c.
                                                        f-Moll, welches ursprünglich für eine Komposition des
  In das bereits skizzierte, lebhafte und vielfältige   ältesten Bach-Sohns Wilhelm Friedemann gehalten
Musikleben der vom Wirkungsort Johann Christophs        wurde.
(und dem Geburtsort seines Vaters) etwa 200 km
entfernten Stadt Leipzig wird 1735 Johann Christian       Was für ein Kontrast zur Choralkomposition Johann
Bach als jüngster Sohn Johann Sebastians und seiner     Christophs. Mit großer Geste setzt der erste Satz
zweiten Ehefrau Anna Magdalena hineingeboren.           ein, die mitreißende aufwärts gerichtete Melodie

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der Streicher setzen die drängenden Akkorde des             Sinfonia zur Kantate „Ich steh mit einem Fuß im
Cembalos ins rechte Licht. Es entspinnt sich ein            Grabe“ erhalten, dort für Solo-Oboe und Streicher
Wechselspiel, aus dem das Cembalo solistisch                pizzicato – was als eine sehr passende alternative
heraustritt und seine melodischen wie virtuosen             Orchestrierung erscheint, zeigt sie doch wie gesang-
Möglichkeiten prächtig präsentiert. Sehr interessant        lich und süß das Cembalo empfunden werden kann.
ist in dieser Komposition zu beobachten, wie geschickt      Im schwungvollen 3/8 Takt setzt das motorische
die Streicher gesetzt sind, um mit ihrer dynamischen        Presto einen kontrastierenden Schlusspunkt.
Flexibilität die Einschränkungen des Cembalos in
                                                              Das Konzert in d-Moll ist wohl etwas früher ent-
eben diesem Bereich zu kompensieren. Möglich, dass
                                                            standen als das in f-Moll, obwohl die Bachwerkver-
Johann Christian dieses Werk als eine Art Empfeh-
                                                            zeichnisnummern dies nicht nahelegen: Bach schrieb
lung für seine Kontakte in Italien komponierte. In Graf
                                                            um 1738 zunächst das Konzert in g-Moll BWV 1058
Agostino Litta jedenfalls fand er einen einflussreichen
                                                            und ein Fragment BWV 1059. Auf anderem Papier
Förderer, der ihm ein Studium bei dem bedeutenden
                                                            folgten die übrigen sechs Konzerte. Die Lagen wurden
Pädagogen und Musiktheoretiker Padre Martini er-
                                                            später in umgekehrter Reihenfolge gebunden, sodass
möglichte. Allein, dass Johann Christian 1757 zum
                                                            die heutige Zählung abweicht.
katholischen Glauben konvertierte, mag ein Schlag
für die Familie Bach gewesen sein. 1760 war er zweiter        Wie bereits angedeutet, war keines der Konzerte
Organist am Mailänder Dom und machte sich als               ein originales Cembalokonzert. Auch hier bearbeitete
Opernkomponist einen Namen. Bekanntlich zog es              Bach ein früheres Werk für Violine, deren Solopart er
den Musiker aber nach England, was ihm neben dem            für das Tasteninstrument arrangierte. Der erste Satz
„Mailänder“ auch den Beinamen des „Londoner Bach“           stellt ein eingängiges Thema mit einem daktylischen
einbrachte.                                                 Rhythmus aus raschen Sechzehntel und Achtelnoten
                                                            vor, dessen weiteres Kennzeichen ein Quintsprung
                                                            mit Synkope ist. Ritornellartig kehrt dieses Thema
Johann Sebastian Bach                                       zwischen den Einwürfen des Solisten immer wieder
                                                            zurück. Der zweite Satz beginnt eindringlich im Uni-
  Ebenfalls in f-Moll steht das kleine, aber feine          sono mit Tonwiederholungen gebrochener Akkorde
Cembalokonzert Nr. 5 von Johann Sebastian Bach,             und eindringlichen Seufzermotiven. Es überrascht
das wohl zwischen 1733 und 1746 in Leipzig gemein-          kaum, dass Bach, als er diesen Satz in seinem Kan-
sam mit sechs weiteren Konzerten für das Tasten-            tantenschaffen wieder aufgreift, diesem die Paulus-
instrument entstand. Aufgeführt wurde es in einer           Worte „Wir müssen durch viel Trübsal in das Reich
wöchentlichen Konzertreihe im Café Zimmermann –             Gottes eingehen“ unterlegt. Der Finalsatz ist von
gemeinsam mit dem Collegium musicum, in welchem             typisch barocken Anapästrhythmen geprägt und lebt
die Studierenden der Universität Leipzig musizierten.       vom beherzten Wettstreit zwischen Solo- und Tutti-
Vorlage für die Ecksätze ist ein Violinkonzert in g-Moll.   passagen. Der rasante Solopart des Cembalos ist
Der zweite Satz Largo gehört ganz und gar dem               von virtuosen Läufen und den Bariolagen der ur-
Cembalo und stellt dessen seidig-glänzenden Klang           sprünglichen Solo-Violinstimme charakterisiert.
in den Mittelpunkt. Dieser Mittelsatz ist auch als

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Wilhelm Friedemann Bach                                     Sinfonia lautet: Sinfonia â 2 Travers: 2 Violini, Viola et
                                                            Basso di W. F. Bach. Man nimmt heute an, dass das
   Der 1710 in Weimar geborene Wilhelm Friedemann
                                                            Werk um oder nach 1740 in Dresden entstand und für
ist der älteste Sohn Johann Sebastian Bachs. Seine
                                                            den liturgischen Gebrauch bestimmt war.
Jugend spiegelt die Wanderschaft seines Vaters wider,
                                                                                                         Heike Fricke
erhielt er doch seine Schulausbildung an der luthe-
rischen Lateinschule in Köthen und an der Leipziger
Thomasschule. Mit 19 Jahren wechselte er an die
Leipziger Universität, wo er neben Jura auch Philo-
sophie und Mathematik studierte. Intensiven Musik-
unterricht hatte er, wie es in der Familie üblich war,
bereits in seiner Kindheit vom Vater erhalten. Das
heute noch erhaltene „Clavier-Büchlein vor Wilhelm
Friedemann Bach“ enthält Klavierstücke, davon sind
einige Frühfassungen der später zusammengestellten          Konzerteinführung
Sammlungen „Wohltemperiertes Klavier“ und „Inven-
tionen und Sinfonien“ (Originaltitel: „Aufrichtige An-      06. Dezember 2019, 19.00, Kammermusiksaal
leitungen“).                                                Volker Hagedorn: „Bachs Welt“
  Sein zweites Instrument wurde die Violine: Geigen-
unterricht erhielt er unter anderem beim berühmten
Johann Gottlieb Graun. Johann Nikolaus Forkel
schreibt über ihn: „Der älteste, Wilh. Friedemann,          Veranstaltungshinweis
kam in der Originalität aller seiner Gedanken seinem
Vater am nächsten. Alle seine Melodien sind anders          07. Dezember 2019, 20.00, Cinema Paradiso & Arte
gewendet als die Melodien anderer Componisten,
und doch nicht nur äußerst natürlich, sondern zugleich      Jean Rondeau, Cembalo
außerordentlich sein und zierlich. Fein vorgetragen,        Thomas Dunford, Laute
wie er selbst sie vortrug, müssen sie nothwendig            Keyvan Chemirani, Schlagzeug
jeden Kenner entzücken.“                                    „Jasmin Toccata“. Barock trifft Orient
  Seiner Entscheidung, im April 1746 das Amt des
Musikdirektors und Organists in der Liebfrauenkirche
zu Halle anzunehmen – eine Stelle, die in vieler Hinsicht
der des Vaters in Leipzig entsprach – verdankte er
den Beinamen „Hallescher Bach“. Seine zweisätzige
Sinfonia in d-Moll gehört zu einer acht Musikstücke um-
fassenden Gruppe mehrsätziger Werke für Streicher,
die oft mit Oboen, Fagott und einem Paar Hörnern
verstärkt sind. Die Überschrift des Autografs der

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BASF SE
FHG/TC – Z 24 · Kunst & Kultur
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