Sanierung der Schlammlagerflächen der Kläranlage Wuppertal-Buchenhofen

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Sanierung der Schlammlagerflächen der Kläranlage Wuppertal-Buchenhofen
Sanierung der Schlammlagerflächen
              der Kläranlage Wuppertal-Buchenhofen

                       Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag (AFB)

Erstellt im Auftrag des Wupperverbandes

Biologische Station Mittlere Wupper
4 2 6 5 3 S o l i n g e n, V o g e l s a n g 2
FON:             0212-2542727
FAX:             0212-2542728
E–Mail:          info@bsmw.de
I n t e r ne t : w w w . b s m w . d e
Sanierung der Schlammlagerflächen der Kläranlage Wuppertal-Buchenhofen
SANIERUNG SCHLAMMLAGERFLÄCHEN KLÄRANLAGE W-BUCHENHOFEN – AFB 2021
                         BIOLOGISCHE STATION MITTLERE W UPPER

Titelbild:   Auf großen Teilen der ehemaligen Schlammlagerflächen der Kläranlage Wuppertal-Buchen-
             hofen wachsen heute ausgedehnte Schilfbestände. Die Flächen sind – neben einem Vorkom-
             men an einem Abgrabungsgewässer bei W-Dornap – der einzige Brutplatz des Teichrohrsän-
             gers (Acrocephalus scirpaceus), in Wuppertal (Foto: 23. Juni 2020, „Schlammlagerfläche 3“,
             Blick nach Nordwesten, T. KRÜGER).

Bearbeiter:
Thomas Krüger, Dipl.-Biol. (Biologische Station Mittlere Wupper)        Gesamtbericht, Avifauna
Markus Paster, Dipl.-Umweltwiss. (limares GmbH)                         Fischfauna
Helmut Pötzsch, Dipl.-Ing. (AKFSG/Arbeitskr. Fledertierschutz Solingen) Fledermausfauna
Frank Sonnenburg, Dipl.-Ökol. (Biologische Station Mittlere Wupper)     Herpetofauna, Flora

 BIOLOGISCHE STATION MITTLERE WUPPER, November 2021
Vogelsang 2, 42 653 Solingen
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                           BIOLOGISCHE STATION MITTLERE W UPPER
                                                       Inhaltsverzeichnis

1     Anlass und Aufgabenstellung ...............................................................................................4
2     Grundlagen ...........................................................................................................................5
2.1   Beschreibung des Untersuchungsgebietes ................................................................. 5
2.2   Beschreibung des Eingriffes ..................................................................................... 10
3     Untersuchungsmethoden und allgemeine Grundlagen .................................................... 11
3.1   Allgemeines .............................................................................................................. 11
3.2   Ermittlung planungs- bzw. projektrelevanter Arten .................................................... 12
3.3   Maßnahmen zu Vermeidung, Konfliktminderung und Funktionserhaltung ................. 13
3.4   Artbezogene Prüfung der Schädigungs- und Störungsverbote.................................. 14
3.5   Ausnahmeerfordernisse von artenschutzrechtlichen Verboten.................................. 14
3.6   Methodik zur Bestandserfassung der Avifauna (Vögel) ............................................. 14
3.7   Methodik zur Bestandserfassung der Fledermausfauna ........................................... 15
3.8   Methodik zur Bestandserfassung der Herpetofauna (Amphibien und Reptilien) ........ 18
3.9   Methodik zur Bestandserfassung der Fischfauna ...................................................... 18
4     Ergebnisse der Geländeuntersuchungen ......................................................................... 21
4.1   Grundsätzliches Flächenpotenzial, Biotope .............................................................. 21
4.2   Vorbelastungen, Beeinträchtigungen ........................................................................ 23
4.3   Avifauna (Vögel) ....................................................................................................... 23
4.4   Fledermausfauna ...................................................................................................... 27
4.5   Herpetofauna (Amphibien und Reptilien) .................................................................. 31
4.6   Fischfauna ................................................................................................................ 33
4.7   Sonstige Artengruppen ............................................................................................. 35
5     Planungsrelevante Arten – Projektbetroffenheit ............................................................... 36
5.1   Planungsrelevante Arten im Untersuchungsgebiet .................................................... 36
5.2   Projektspezifische relevante Wirkungen.................................................................... 39
5.3   Projektbetroffenheit planungsrelevanter Arten .......................................................... 39
5.3.1 Allgemeine Projektbetroffenheit planungsrelevanter Arten ........................................ 39
5.3.2 Projektbetroffenheit planungsrelevanter Arten – Konflikte mit Zugriffsverboten ......... 44
5.4   Besondere Wert- und Funktionselemente im Sinne der Eingriffsregelung ................. 45
5.5   Projektbezogene Maßnahmen zur Vermeidung, Konfliktminderung und Funktions-
      erhaltung, vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen ...................................................... 46
5.5.1 Vermeidungsmaßnahmen, Maßnahmen zur Konfliktminderung und Funktions-
      erhaltung................................................................................................................... 46
5.5.2 Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen ....................................................................... 50
5.6   Artbezogene Prüfung der Schädigungs- und Störungsverbote.................................. 60
5.6.1 Art-für-Art-Betrachtung, Prüfprotokolle ...................................................................... 60
5.6.2 Ermittlung und Darstellung der Betroffenheit der Arten (Arbeitsschritt II.1) ................ 61
5.6.3 Einbeziehen von Vermeidungsmaßnahmen und des Risikomanagements (Arbeits-
      schritt II.2) ................................................................................................................. 64
5.6.4 Prognose der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände (Arbeitsschritt II.3) ........... 69
6     Zusammenfassung ............................................................................................................ 70
7     Quellenangaben ................................................................................................................ 72
7.1   Literatur .................................................................................................................... 72
7.2   Internetlinks .............................................................................................................. 75
7.3   Bildnachweis ............................................................................................................. 75
8     Anhang, Prüfprotokolle ...................................................................................................... 76

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1            Anlass und Aufgabenstellung
Die Kläranlage Wuppertal-Buchenhofen wird seit 1906 an der Wupper unterhalb von Wupper-
tal-Sonnborn betrieben. Zur Vermeidung der Ausschwemmung von Schadstoffen (u.a. Ammo-
nium (Hauptbelastung), organische Kohlenstoffverbindungen, Schwermetalle, Arsen) in das
Grundwasser und in die Wupper wird eine umfassende Sanierung der historischen Schlamm-
lagerflächen1 der Kläranlage als erforderlich erachtet. Eine entsprechende Sanierungsunter-
suchung zur Ausgangssituation, zum Sanierungsbedarf, zu Sanierungszielen und -szenarien
liegt vor (vgl. GEOTECHNISCHES BÜRO DÜLLMANN GMBH 2015).
Die Biologische Station Mittlere Wupper hat in diesem Zusammenhang im Jahr 2018 einen
vom Wupperverband als Betreiber der Kläranlage beauftragten artenschutzrechtlichen Fach-
beitrag (AFB)2 erstellt (vgl. BSMW 2018). Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag beinhaltet die
Stufe I (ASP I) der im Rahmen der Sanierungsplanung durchzuführenden Artenschutzprüfung
(ASP), in der durch Vorprüfung des Artenspektrums und der Wirkfaktoren ermittelt wird, ob
durch die Sanierung der Schlammlagerflächen in W-Buchenhofen Konflikte mit artenschutz-
rechtlichen Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz zu erwarten sind.
Ist das der Fall, erfolgt im Rahmen der Stufe II der ASP (ASP II) für die betroffenen Arten eine
vertiefende Prüfung der Verbotstatbestände, die jeweils in einer Art-für-Art-Betrachtung unter
Aufstellung eines gegebenenfalls zur Abwendung der Konflikte erforderlichen Maßnahmen-
konzeptes durchgeführt wird. Der überwiegende Teil der ASP II ist bezüglich der betroffenen
Arten im AFB des Jahres 2018 bereits enthalten (vgl. BSMW 2018).
In vorliegendem AFB 2021 erfolgt eine Überarbeitung des in 2018 erstellten artenschutzrecht-
lichen Fachbeitrags (AFB) im Sinne einer Aktualisierung und einer konkreten ortsbezogenen
Darstellung der 2018 lediglich allgemein gefassten projektbezogenen Maßnahmen zum vor-
gezogener Ausgleich bzw. zum Risikomanagement.
Als Grundlage für den artenschutzrechtlichen Fachbeitrag 2018 dienten Geländedaten aus Er-
hebungen, die die Biologische Station Mittlere Wupper (BSMW) unabhängig von den Sanie-
rungsplanungen bereits im Jahr 2012 in der Kläranlage W-Buchenhofen zu Wirbeltieren der
Artengruppen Vögel, Fledermäuse, Reptilien, Amphibien sowie zu bemerkenswerten Pflan-
zenarten mit Schwerpunkt auf den Schlammlagerflächen durchgeführt hatte (vgl. BSMW
2013). Für den AFB von 2018 wie für vorliegenden, ergänzenden AFB wurden diese Daten in
2017 und 2020 durch Geländebegehungen abgeglichen bzw. ergänzt. Neben der konkreten
Erfassung ausgewählter Arten wurde dabei überprüft, ob nach den aktuellen örtlichen Gege-
benheiten von einer weiterhin bestehenden Aktualität der faunistischen Daten auszugehen ist,
ob also v.a. die Biotope relevanter Tierarten 2017 und 2020 in gleichem Umfang und in glei-
cher Qualität wie 2012 vorhanden sind. Ferner liegen aus mehreren Jahren Beobachtungsda-
ten der alljährlich im Januar entlang der Wupper durchgeführten Wasservogelzählungen vor.
Zum AFB von 2018 wurde 2017 außerdem eine Untersuchung der potenziellen Fischfauna der
in den Schlammlagerflächen vorhandenen offenen Stillgewässerbereiche durch das Büro
LIMARES durchgeführt. Diese Untersuchung liegt als separater Bericht vor (vgl. LIMARES 2017).
Der überwiegende Teil der Berichtsinhalte zur Fischfauna wurde darüber hinaus – geringfügig
angepasst – in den vorliegenden Bericht eingearbeitet.
Die Ergebnisse und Darstellungen zur Fledermausfauna wurden, soweit der artenschutzrecht-
lichen Betrachtung dienlich, aus BSMW (2013) übernommen.

1 Die Klärschlämme wurden seit den 1920er Jahren auf dem Werksgelände der Kläranlage Wuppertal-Buchen-
hofen in mehreren Absetzteichen sedimentiert. Die Ablagerung der Klärschlämme endete mit Inbetriebnahme einer
Verbrennungsanlage im Jahr 1976. Die dort anfallenden Aschen wurden bis 1992 ebenfalls auf dem Werksgelände
abgelagert (nach GEOTECHNISCHES BÜRO DÜLLMANN GMBH 2015).
2 Bei zulassungspflichtigen Planungen müssen die gesetzlich geschützten Arten im Rahmen einer artenschutz-

rechtlichen Prüfung nach § 44 BNatSchG betrachtet werden.
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2            Grundlagen
2.1          Beschreibung des Untersuchungsgebietes
Das für den Artenschutzrechtlichen Fachbeitrag abgegrenzte Untersuchungsgebiet (UG)
„Schlammlagerflächen Buchenhofen“ ist ca. 18,7 ha groß und liegt im südlichen Teil des Klär-
anlagengeländes W-Buchenhofen. Das Untersuchungsgebiet liegt vollständig im Bereich des
MTB-Quadranten 4708/4. Die Kläranlage wurde ab 1906 an dem alten Hofgut Buchenhofen
an der Wupper südlich bzw. unterhalb von Wuppertal-Sonnborn als gemeinsame Kläranlage
der damaligen Städte Elberfeld und Barmen errichtet. Das insgesamt ca. 30 ha große Kläran-
lagengelände nimmt heute die in Buchenhofen vergleichsweise große Aue der Wupper nahe-
zu vollständig ein3. Seit 1930 wird die Kläranlage vom Wupperverband betrieben.

Abb. 1: Das Untersuchungsgebiet zum AFB Schlammlagerflächen Buchenhofen in der Luftbild-Darstellung
aus dem Zeitraum der Geländeuntersuchungen. Die Flächenbezeichnungen der Schlammlagerflächen und
der weiteren Teilflächen des Untersuchungsgebietes werden nachfolgend beschrieben.

3 Besonders in den 1960er und 1970er Jahren wurde das Umfeld der Kläranlage Buchenhofen bzw. die Anlage
selbst stark verändert:
Die Wupper bei Buchenhofen floss ursprünglich als große, die gesamte Aue umfassende Schlinge um einen von
Osten her in das Gebiet hereinragenden Höhenrücken des Waldgebietes „Burgholz“ – die sogenannte „Evertshöhe“
– herum. Im Jahre 1966 wurde die Wupperschlinge nach einem Geländedurchstich kurzgeschlossen. Der erhaltene
westliche Teil der Evertshöhe liegt daher heute westlich der Wupper innerhalb des Kläranlagengeländes. Der durch
die Wupperbegradigung entstandene Geländeversprung wurde mit einem Stauwehr gesichert, wodurch die Wupper
im Bereich Buchenhofen heute als Staugewässer besteht. Die ehemalige Ortslage Evertsaue, durch die das neue
Flussbett verlegt wurde, fiel wüst.
Seit 1975 verläuft zudem die bei Buchenhofen vierspurige Landesstraße 74 (L 74) zwischen W-Sonnborn und
Müngsten parallel zur Wupper. Eine alte Verbindungsstraße gab die Trasse bis Kohlfurth vor, die durch bauliche
Maßnahmen erheblich verbreitert wurde. Die Wupper wurde auf längerer Strecke nach Westen verlegt, wobei vier
historische Schleifkotten an der Wupper beseitigt wurden (nach wikipedia.de).
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Abb. 2 und 3: Im Luftbild und in der Karte von 1929/1930 sind neben dem ursprünglichen Verlauf der
Wupper die Hofschaft „Buchenhofen“, die Kläranlage mit Gebäuden, dem großen, lediglich aus einem
Wupperanstau bestehenden Absetzbecken und den Schlammlagerflächen, sowie die Einzellage „Everts-
aue“ zu sehen. Die „Evertshöhe“ besteht noch als vollständig erhaltener westlicher Ausläufer des Wald-
gebietes „Burgholz“ (Luftbild und Karte aus „Der Bergische Städteatlas“, 2004).

Im Süden, Westen und Norden grenzen an das Gelände steil abfallende, mehr oder weniger
stark bewaldete Hänge an. Im Osten grenzt das Kläranlagengelände an die Wupper in ihrem
heutigen Verlauf. Die Geländehöhen schwanken zwischen 118 m NN (Wasserspiegel der
Wupper hinter dem Wehr) und 152 m NN (Evertshöhe). Das Höhenniveau des Kläranlagenge-
ländes liegt zwischen 125 m und 140 m NN (nach GEOTECHNISCHES BÜRO DÜLLMANN GMBH
2015; www. wikipedia.de).
Die Grundlagendaten zur geologischen bzw. hydrogeologischen Situation und zur Belastungs-
situation der Schlammlagerflächen durch gefährdende Stoffe aus den über Jahrzehnte aufge-
brachten Klärschlämmen4 sind der Sanierungsuntersuchung des GEOTECHNISCHEN BÜROS
DÜLLMANN GMBH (2015) zu entnehmen.
Das dem vorliegenden AFB zugrunde liegende 18,7 ha große Untersuchungsgebiet umfasst
hauptsächlich den Bereich der ehemaligen Schlammlagerflächen sowie deren unmittelbares
Umfeld. Das Untersuchungsgebiet entspricht in seiner Gesamtabgrenzung dem Untersu-
chungsgebiet der faunistischen Untersuchung durch die BSMW (2013).
Das Untersuchungsgebiet ist der Genese und dem Erscheinungsbild nach in fünf hauptsächli-
che Teilflächen zu differenzieren:
Schlammlagerfläche 1 (inkl. Aschedeponie)                                   = Teilfläche 1
Schlammlagerfläche 2                                                        = Teilfläche 2
Schlammlagerfläche 3                                                        = Teilfläche 3
Angrenzende Wald- und Betriebsflächen                                       = Teilflächen 4 und 5

Die Abgrenzungen der fünf Teilflächen des Untersuchungsgebietes sind Abbildung 1 bzw.
Karte 1 im Anhang zu entnehmen.

4Die Anlage wurde 2014 einer Gefährdungsabschätzung nach den Maßstäben des Bodenschutzrechtes unterzo-
gen. Die Klärschlämme weisen im Feststoff vor allem Belastungen mit PAK, PCB, LAS, Nonylphenol und Schwer-
metallen auf. Aus den Schlämmen finden nicht zu vernachlässigende Schadstoffeinträge in das Grundwasser statt.
Leitparameter sind dabei Ammonium und PAK (Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe). Das Überstand-
wasser auf den Klärschlämmen war relativ gering belastet (nach GEOTECHNISCHES BÜRO DÜLLMANN GMBH 2015).
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Den Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung bilden die drei heute sehr unterschiedlich
gestalteten ehemaligen Schlammlagerflächen, die vollständig durch den Eingriff des Sanie-
rungsprojektes betroffen sind. Die drei Schlammlagerflächen sind deckungsgleich mit den ent-
sprechenden drei Teilflächen des Untersuchungsgebietes. Für sie werden im vorliegenden
Bericht die bei der Untersuchung des GEOTECHNISCHEN BÜROS DÜLLMANN GMBH (2015) auf-
geführten Bezeichnungen „Schlammlagerfläche 1, 2 bzw. 3“ verwendet.
Für den AFB wurden die Abgrenzungen der drei Schlammlagerflächen (Teilflächen 1 bis 3)
durch Hinzunahme der zwischen den Flächen liegenden Dämme geringfügig gegenüber den
bei GEOTECHNISCHES BÜRO DÜLLMANN GMBH (2015) verwendeten Abgrenzungen angepasst
(vgl. Abb. 1 bzw. Karte 1 im Anhang).
Darüber hinaus umfasst die Abgrenzung zu vorliegender Untersuchung zwei weitere, voraus-
sichtlich nicht durch eingriffsbedingte Flächeninanspruchnahme betroffene Teilflächen (Teilflä-
che 4 und Teilfläche 5). Bei diesen Flächen handelt es sich um an die Schlammlagerflächen
angrenzende Wald- und Betriebsflächen.
Das heutige landschaftliche Erscheinungsbild der fünf Teilflächen lässt sich wie folgt beschrei-
ben:
Schlammlagerfläche 1 (inkl. Aschedeponie) (ca. 3,1 ha): Die Teilfläche ist bereits überdeckt
und begeh- bzw. befahrbar. Sie besteht aus drei verschiedenen Untereinheiten: 1a (ca.
1,1 ha): Eine Sedimenthalde im Vorwaldstadium; 1b (ca. 0,8 ha): Eine daran angrenzende
ebene, als Werkstoff- und Materiallager dienende Brachfläche; 1c (ca. 1,2 ha): In dieser Un-
tereinheit werden sonstige arrondierende Flächen der Schlammlagerfläche 1 zusammenge-
fasst: Breite Dämme (durch Aufschüttungen, teilweise wahrscheinlich Gesteinsmaterial aus
dem Wupperdurchstich Evertshöhe) mit teils unversiegelten Fahrwegen und Rasenflächen so-
wie Gebüsche und Neophytenfluren. Als wertvolles Landschaftselement hervorzuheben ist ein
am Nordrand der Untereinheit verlaufender Quellbach. Bei der Begehung 2020 wurde im süd-
westlichen Bereich der Teilfläche 1c ein ca. 300 m² großer, zuvor nicht vorhandener Schilfbe-
stand festgestellt.
Schlammlagerfläche 2 (ca. 3,7 ha): Die Teilfläche besteht aus einem bei vollem Einstau ca.
2,9 ha (größte Breite/Länge jeweils ca. 190 m) großen „Schlammteich“ mit je nach Wasser-
stand unterschiedlich großen, schlammigen und vegetationsarmen Verlandungszonen und –
im Nordosten – einem kleineren Schilfbereich mit Weidengebüschen. An den Untersuchungs-
terminen bestand häufig ein Verhältnis von ca. 2,6 ha Wasserfläche : ca. 0,3 ha vegetations-
freie Schlammfläche (im Nordosten der Teilfläche 2, dem Schilfbereich vorgelagert). Der
Schlammteich entsteht durch überstautes Wasser auf der Klärschlammlagerfläche und ist bei
normaler Wasserbespannung in den tieferen Bereichen ca. 1,8 m (bei 2,8 ha Wasserfläche;
nach LIMARES 2017) tief und flacht nach Nordosten hin ab, wodurch hier – wie beschrieben –
oft größere Bereiche als Schlammfläche freiliegen5. Die Teilfläche ist nicht begeh- oder be-
fahrbar. Trotz der hohen Schadstoffbelastung des Gewässergrundes ist der Schlammteich
durch hohe Dichten an Wasserinsekten ein wertvoller Brut- und Rastbiotop für Wasser und
Schilf bewohnende Vogelarten (vgl. Kap. 4.3).
Schlammlagerfläche 3 (ca. 8,1 ha): Die Teilfläche ist weitgehend vegetationsbedeckt, aber
nicht begeh- oder befahrbar. Die Teilfläche besteht aus einer großen in zwei Untereinheiten
geteilte Schlammdeponie. Die nördliche, mit ca. 5,9 ha deutlich größere Untereinheit (= 3a), ist
nahezu vollständig mit großflächigen, homogenen Schilfröhrichten bestanden (= „Schilffläche“
in BSMW (2013)), die vor allem im Westen und Norden der Fläche von Weidengebüschen und
größeren Weidengehölzen unterschiedlicher Ausdehnung durchsetzt sind. Die Schilfröhrichte
stocken auf flach mit Wasser überstautem Grund. Die Verteilung der Gehölze deckt sich etwa
mit den trockeneren Bereichen der Fläche.

5 Im Untersuchungsjahr 2012 wurde der Wasserspiegel des „Schlammteiches“ im Sommer und Herbst aufgrund

von Wartungsarbeiten sehr stark abgesenkt (vgl. Abb 5). Damit zusammen fiel u.a. ein Aktivitätsrückgang über dem
Schlammteich jagender Fledermäuse (vgl. Kap. 4.4). Auch die östlichen, mit Schilf bewachsenen Schlammdepo-
nien wiesen im Jahr 2012 einen geringeren Wasserstand auf als in den Vorjahren.
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Der südliche Abschnitt der Teilfläche (= 3b, ca. 2,2 ha) ist das durch einen Damm abgetrennte
ehemalige Flussbett der Wupper. In dieser Untereinheit ist die Deponie durch natürliche Suk-
zession inzwischen größtenteils mit Weiden und Birken bewaldet, im Westteil besteht noch
eine zusammenhängende Schilffläche mit einem kleineren Stillgewässer.
Trotz der hohen Schadstoffbelastung des Gewässergrundes ist die „Schilffläche“ ein wertvoller
Brutbiotop für Schilf und wassernahe (Weich-)Gehölze bewohnende Vogelarten. In beiden
Teilbereichen 3a und 3b sowie am Nordostrand von Fläche 2 ist seit 2012 infolge voranschrei-
tender natürlicher Sukzession eine Zunahme von Gehölzen zuungunsten offener, unbeschat-
teter Schilfröhrichte zu beobachten.
Zwischen den drei Teilflächen 1, 2 und 3 befinden sich befahrbare Dämme, deren Fläche den
jeweiligen angrenzenden Teilflächen zugeschlagen ist. Die Dämme sind dort, wo sie als offene
Säume und Hecken ausgeprägt sind, naturschutzfachlich wertvoll. In großen Teilen sind die
Dämme allerdings flächig mit invasiven Neophyten bedeckt. Als Betriebsgebäude zwischen
den Schlammlagerflächen 2 und 3b, sowie als Betonbauwerke am Rand der Schlammlager-
flächen 2 und 3b sind im Untersuchungsgebiet bauliche Einrichtungen vorhanden.
Bei Teilfläche 4 (ca. 2,6 ha) handelt es sich um einen Streifen des südlich an das Kläranla-
gengelände angrenzenden Hangwaldes des Waldgebietes „Klosterbusch“, der im Besitz des
Wupperverbandes ist. Diese Teilfläche liegt – wie alle an das Werksgelände anschließenden
Waldflächen – vollständig innerhalb eines ca. 8 ha (≙ ca. 13 % des Gesamt-NSG) großen,
westlich der Wupper liegenden Teilbereiches des NSG W-009 „Burgholz“.
Bei Teilfläche 5 (ca. 0,6 ha) handelt es sich um Betriebsflächen zwischen Schlammlagerfläche
3 und der Wupper. Vielschnitt-Rasenflächen und versiegelte betriebliche Verkehrswege sowie
flächenbegrenzende Gehölze prägen diesen Teilbereich.
Das Kläranlagengelände ist vollständig eingezäunt und somit gegen unbefugtes Betreten ge-
sichert, woraus eine hohe Störungsfreiheit v.a. für Wildtiere resultiert.

Große Flächenanteile innerhalb des Untersuchungsgebietes bzw. innerhalb der Eingriffsfläche
unterliegen als sogenannte „Gesetzlich geschützte Biotope“ (GB) nach § 30 Bundesnatur-
schutzgesetz bzw. nach § 42 Landesnaturschutzgesetz NRW besonderen gesetzlichen
Schutzbestimmungen (vgl. Karte 1 im Anhang). Es handelte sich dabei nach dem Stand von
20116 laut FIS LANUV NRW um die zwei folgenden gesetzlich geschützten Biotope:
BT-4708-0070-2011 (NCC0 – Sümpfe, Riede und Röhrichte)                         3,2796 ha
BT-4708-0071-2011 (NAC0 – Sumpf-, Moor- und Bruchwälder)                       3,2694 ha

Die beiden gesetzlich geschützten Biotope umfassen die Schilfröhrichte sowie die Bruch- und
Sumpfwälder der Schlammlagerfläche 3 (nahezu deren Gesamtfläche) sowie der Schlammla-
gerfläche 2 (kleiner Teilbereich im Nordosten der Fläche).
Im Frühjahr 2020 wurde durch das Büro HAHN bzw. den Wupperverband eine Biotopkartierung
innerhalb des Untersuchungsgebietes durchgeführt, die durch eine Drohnenbefliegung unter-
stützt wurde (SCHMITZ mündl.). Dabei ergaben sich – infolge natürlicher Gehölzsukzession –
folgende Aktualisierungen bezüglich der Flächengrößen der beiden gesetzlich geschützten
Biotope:
BT-4708-0070-2011 (NCC0 – Sümpfe, Riede und Röhrichte)                         2,4 ha
BT-4708-0071-2011 (NAC0 – Sumpf-, Moor- und Bruchwälder)                       3,8 ha

6Im Zuge einer Harmonisierung mit aktualisierten Kartierungsvorgaben wurde vom LANUV NRW in 08/2016 eine
Umcodierung aus dem zuvor gültigen GB-4708-0075 vorgenommen: Flächenabgrenzungen und fachliche Inhalte
der neu benannten gesetzlich geschützten Biotope BT-4708-0070-2011 und BT-4708-0071-2011 entsprechen dem
GB-4708-0075, in dem diese Biotope zuvor aggregiert waren, auf dem Sachstand von 2011.
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Sanierung der Schlammlagerflächen der Kläranlage Wuppertal-Buchenhofen
SANIERUNG SCHLAMMLAGERFLÄCHEN KLÄRANLAGE W-BUCHENHOFEN – AFB 2021
                        BIOLOGISCHE STATION MITTLERE W UPPER
Ausgleichsflächen für eingriffsbedingt auszugleichende Flächenanteile der nach § 30 bzw.
nach § 42 gesetzlich geschützten Biotope können deckungsgleich mit Ausgleichsflächen reali-
siert werden, die ggf. im Rahmen der vorliegenden Artenschutzprüfung zum Eingriffsausgleich
erforderlich werden, sofern es sich dabei um gleichartige Biotope handelt.

Abb. 4 (links): Schlammlagerfläche 2 „Schlammteich“. Trotz der hohen Schadstoffbelastung des Gewäs-
sergrundes ist der Schlammteich durch hohe Dichten an Wasserinsekten ein wertvoller Brut- und Rast-
biotop für Gewässer bewohnende Vogelarten, wie u.a. Zwergtaucher und Krickente. Am hinteren Rand der
Fläche ist eine Röhrichtfläche zu erkennen, die ein Brutplatz des Teichrohrsängers ist. Vorne im Bild eine
Neophytenflur (vgl. dazu Kap. 4.2) (Foto: W-Buchenhofen, 20. Mai 2014).
Abb. 5 (rechts): Schlammlagerfläche 2 „Schlammteich“: Im Untersuchungsjahr 2012 wurde der Wasser-
spiegel des „Schlammteiches“ im Sommer und Herbst aufgrund von Wartungsarbeiten sehr stark abge-
senkt, wodurch große Schlammflächen offengelegt wurden (Foto: W-Buchenhofen, 11. Oktober 2012).

Abb. 6 (links): Schlammlagerfläche 3b ist das durch einen Damm abgetrennte ehemalige Flussbett der
Wupper. Im Westteil besteht eine zusammenhängende Schilffläche mit einem kleineren Stillgewässer, die
einen wertvollen Brutplatz des Teichrohrsängers darstellt (Foto: W-Buchenhofen, 20. Mai 2014).
Abb. 7 (rechts): Schlammlagerfläche 3a („Schilffläche“) ist nahezu vollständig mit großflächigen Schilfröh-
richten bestanden, am Rand von Weidengebüschen und größeren Weidengehölzen durchsetzt, wichtiger
Brutplatz des Teichrohrsängers. Grenzlinienstrukturen im Übergang von Schilfröhrichten zu Wasser-
flächen, Grauweiden oder Hochstaudenfluren stellen Optimalhabitate für den Teichrohrsänger dar (Foto:
W-Buchenhofen, 20. Mai 2014).

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Sanierung der Schlammlagerflächen der Kläranlage Wuppertal-Buchenhofen
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2.2        Beschreibung des Eingriffes

Nach den Untersuchungsergebnissen des GEOTECHNISCHEN BÜROS DÜLLMANN GMBH (2015)
besteht – trotz der zum Teil sehr unterschiedlichen Beschaffenheit der Schlämme – für alle
drei Schlammlagerflächen Sanierungsbedarf: Aus den Schlämmen finden nicht zu vernachläs-
sigende Schadstoffeinträge in das Grundwasser statt. Die sich für Ammonium und PAK (Poly-
cyclische aromatische Kohlenwasserstoffe) als Leitparameter ergebenden Eintragsfrachten
können nicht als gering eingestuft werden. Die Grundwasserstockwerke weisen Belastungen
in einer Größenordnung auf, die eine Sanierung erfordert. Ausgenommen davon sind die
Aschen von Schlammlagerfläche 1a, die nur in geringem Umfang Schadstoffe eluieren, so
dass die von diesen Ablagerungen ausgehenden Stoffeinträge in das Grundwasser vernach-
lässigt werden können. Änderungen der von den Altablagerungen ausgehenden Stoffeinträge
in das Grundwasser sind nach Konzentrationen und Frachten in überschaubarer Zukunft (etwa
eine Generation) nicht zu erwarten.
Die Ziele des Sanierungsprojektes sind die Abwehr von Gefahren für Leben und Gesundheit
des Menschen sowie die Abwehr von Gefahren für die natürliche Umwelt, insbesondere für
das Grundwasser.
Im Gutachten des GEOTECHNISCHEN BÜROS DÜLLMANN GMBH (2015) werden drei mögliche
Sanierungsvarianten entworfen:

Variante 1: Vollständige Dekontamination Räumung der Becken, Beseitigung des Schlam-
                                         mes in der verbandseigenen Verbrennungsanlage
                                         am Standort Buchenhofen sowie externe Entsor-
                                         gung der Aschen.

Variante 2: Oberflächenabdeckung         Abdeckung der Polder mit Böden unter Einsatz
                                         von fremd angelieferten Böden und Dammbauma-
                                         terial.

Variante 3: Oberflächenabdichtung        Abdichtung der Polder mittels Kunststoffdichtungs-
                                         bahn und Drainagematte.

Die Sanierungsvarianten unterscheiden sich im Hinblick auf den technischen Aufwand, die
Ausführungszeiten und die Kosten z.T. erheblich.
Nach derzeitiger Einschätzung nimmt die Umsetzung aller Varianten relativ große Zeiträume
in Anspruch. Den höchsten Zeitbedarf hat mit über 100 Jahren die vollständige Räumung der
Polder mit begleitender Verbrennung der Schlämme (Sanierungsvariante 1). Für die beiden
anderen Varianten wird ein Zeitbedarf von 17 Jahren (Sanierungsvariante 2) bzw. 19 Jahren
(Sanierungsvariante 3) veranschlagt.
Allen beschriebenen Sanierungsvarianten gemeinsam ist die – zumindest zeitweise – vollstän-
dige eingriffsbedingte Inanspruchnahme und Umgestaltung der betroffenen Schlammlagerflä-
chen, vorrangig der offenen Schlammlagerflächen 2 und 3.
Das Untersuchungsgebiet zur vorliegenden Untersuchung ist so abgegrenzt, dass es die po-
tenziellen Wirkreichweiten des Sanierungsvorhabens abdeckt.

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3            Untersuchungsmethoden und allgemeine Grundlagen
3.1          Allgemeines
Das methodische Vorgehen zur Bearbeitung des Artenschutzrechtlichen Fachbeitrages orien-
tiert sich an den Maßgaben und Veröffentlichungen zu „Geschützten Arten in Nordrhein-
Westfalen“ (MKUNLV NRW 2015), der VV(Verwaltungsvorschrift)-Artenschutz (MKUNLV
NRW 2016), dem Planungsleitfaden Artenschutz (LANDESBETRIEB STRAßENBAU NRW 2011),
sowie an den im entsprechenden Fachinformationssystems (FIS) des Landesamts für Natur,
Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV NRW) bereitgestellten Informationen (vgl. Kap.
7.2), die den jeweils aktuellen Sachstand zu geschützten bzw. planungsrelevanten Arten in
NRW widergeben.
Die aktuellen Grundlagen zum Artenschutz in Planungs- und Zulassungsverfahren sind in KIEL
(2015) und KIEL (2018) dargestellt.
Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) hat für Nordrhein-
Westfalen eine naturschutzfachlich begründete Auswahl derjenigen geschützten Arten getrof-
fen, die bei einer Artenschutzprüfung (ASP) besonders zu berücksichtigen sind bzw. im Sinne
einer Art-für-Art-Betrachtung einzeln zu bearbeiten sind. Diese Arten werden in Nordrhein-
Westfalen „Planungsrelevante Arten“ genannt. Als planungsrelevant gelten in NRW folgende
Tier- und Pflanzenarten:
1. Arten des Anhang IV der FFH-Richtlinie (streng geschützte Arten)
2. Europäischen Vogelarten (in NRW eingeschränkt auf streng geschützte Vogelarten nach
   Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG), auf Vogelarten des Anhangs I und des Artikels 4(2)
   der EU-Vogelschutzrichtlinie, auf nach BNatSchG besonders geschützte Vogelarten7 mit
   Rote-Liste-Status der Gefährdungskategorien 1, 2, 3, R, sowie auf alle Koloniebrüter)

Eine umfassende und aktuelle Begriffsbestimmung und eine Darstellung der Auswahlkriterien
zu Tier- und Pflanzenarten, die in Nordrhein-Westfalen als „planungsrelevant“ bei Eingriffspla-
nungen zu berücksichtigen sind, liefert KIEL (2015, 2018).
Für diese sogenannten planungsrelevanten Arten gelten in besonderem Maße die im Zusam-
menhang mit Planungs- und Zulassungsverfahren in § 44 Abs. 1 BNatSchG formulierten Zu-
griffsverbote, unter denen die Verbote Nr. 3: (Verbot, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten wild
lebender Tiere aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören), sowie Nr. 2
(Verbot, wild lebende Tiere während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinte-
rungs- und Wanderungszeiten so erheblich zu stören, dass sich der Erhaltungszustand der lo-
kalen Population verschlechtert) hervorzuheben sind (vgl. KIEL 2015). Das „Tötungsverbot“
gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 gilt darüber hinaus für alle europäischen Vogelarten (vgl. KIEL 2015).

7 Streng genommen wären nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) alle europäischen und national be-
sonders geschützten Vogelarten „planungsrelevant“. Für die in NRW landesweit ungefährdeten und weit verbreitet
brütenden Vogelarten gilt nach den Auswahlkriterien des LANUV allerdings folgendes: Diese Arten befinden sich in
einem günstigen Erhaltungszustand und werden in der Regel durch die Planvorhaben nicht auf populationsrele-
vanter Ebene beeinträchtigt bzw. bedroht. Auch sind keine grundsätzlichen Beeinträchtigungen der ökologischen
Funktionen ihrer Lebensstätten zu erwarten. Dazu zählen auch Arten der sog. „Vorwarnliste“. Alle diese Arten wer-
den als nicht planungsrelevant eingestuft (nach KIEL 2015).
Für diese Arten gelten allerdings ebenfalls die artenschutzrechtlichen Verbote. Diese sollten aber im Rahmen der
artenschutzrechtlichen Prüfung nicht gesondert artspezifisch abgearbeitet werden. Diese, sowie weitere besonders
geschützte Arten, werden im Rahmen der Abarbeitung der Eingriffsregelung berücksichtigt. Dabei wird in der Regel
davon ausgegangen, dass die im Zuge der Eingriffsregelung vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen
mögliche Beeinträchtigungen faunistischer Funktionsräume sowie artspezifischer Habitat- und Biotopstrukturen
kompensieren können (nach KIEL 2015).
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Zur Prüfung der ggf. eintretenden artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände nach § 44
BNatSchG Abs. 1 für planungsrelevante Arten werden bei genehmigungspflichtigen Vorhaben
folgende Arbeitsschritte durchgeführt:
Artenschutzprüfung Stufe I (ASP I): Vorprüfung
1.        Ermittlung planungs- bzw. projektrelevanter Arten
2.        Darstellung der relevanten Wirkungen (vgl. Kapitel 5.2)
3.        Darstellung allgemeiner Vermeidungsmaßnahmen (vgl. Kapitel 5.5.1)

Artenschutzprüfung Stufe II (ASP II): Vertiefende Prüfung der Verbotstatbestände
4.        Projektbezogene Maßnahmen zur Vermeidung und Maßnahmen zur Konfliktminderung
          / Funktionserhaltung (Vermeidungsmaßnahmen, vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen,
          CEF-Maßnahmen, Maßnahmen des Risikomanagements)
5.        Ggf. artspezifische Prüfung der Störungs- und Schädigungsverbote anhand von Form-
          blättern des LANUV (LANUV NRW „Protokoll zur artenschutzrechtlichen Prüfung“, als
          Download erhältlich)
6.        Ggf. Darstellung der Befreiungserfordernisse von artenschutzrechtlichen Verboten

Die Stufe I der artenschutzrechtlichen Prüfung umfasst in der Regel die Schritte 1 und 2. Eini-
ge generelle Maßnahmen zur Vermeidung können pauschal bereits in der Stufe I formuliert
werden, wenn hierdurch Konflikte mit den Verbotstatbeständen nach § 44 Abs. 1 BNatSchG
gar nicht erst entstehen (Schritt 3). Die Schritte 4 bis 6 werden in Stufe II der artenschutzrecht-
lichen Prüfung in einer vertiefenden Art-für-Art-Betrachtung für diejenigen Arten durchgeführt,
für die artenschutzrechtliche Konflikte mit Verbotstatbeständen zu erwarten sind.
Gemäß § 44 Abs. 5 BNatSchG liegt für nach § 15 zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft
sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1, die nach den Vorschriften des Bauge-
setzbuches zulässig sind, kein Verbotstatbestand vor, soweit die ökologische Funktion der von
dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zu-
sammenhang weiterhin erfüllt wird. Dies gilt auch, wenn die in Anhang IV Buchstabe a der
Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten be-
troffen sind, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind.
Die nach § 7 Abs. 2 BNatSchG national besonders geschützten Arten sind im Gegensatz zu
den streng geschützten Arten bei Planungs- und Zulassungsvorhaben von den artenschutz-
rechtlichen Verboten freigestellt, werden jedoch im Rahmen der Eingriffsregelung berücksich-
tigt.

3.2           Ermittlung planungs- bzw. projektrelevanter Arten
Die hauptsächliche Grundlage zur Ermittlung der planungs- bzw. projektrelevanten Arten bil-
den die im Jahr 2012 zwischen April und Oktober durchgeführten systematischen Geländeun-
tersuchungen in den Grenzen des in Kap. 2 beschriebenen ca. 18,7 ha großen Untersu-
chungsgebietes (vgl. Abbildung 1 bzw. Karte 1 im Anhang). Die dabei gewonnenen Daten
wurden vor allem in den Jahren 2017 und 2020 durch weitere Geländebegehungen abgegli-
chen bzw. ergänzt.
Insgesamt wurden bei den Erhebungen 2012 folgende Artengruppen systematisch erfasst:
         Avifauna (Vögel)
         Herpetofauna (Amphibien, Reptilien)
         Fledermausfauna

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Die zur Geländeerfassung dieser Artengruppen angewandte Methodik wird in den Kapiteln 3.6
bis 3.9 beschrieben.
Darüber hinaus wurden 2012 bemerkenswerte Arten der Flora sowie aus weiteren Artengrup-
pen der Fauna, wie aus der Gruppe der Säugetiere und der Insekten, im Rahmen von Zufalls-
beobachtungen notiert. Die Darstellung der Untersuchungsergebnisse zu diesen Arten erfolgt
in Kapitel 4.7. „Sonstige Artengruppen“.
Ergänzend wurde 2017 eine Untersuchung der potenziellen Fischfauna der in den Schlamm-
lagerflächen vorhandenen offenen Stillgewässerbereiche durch das Büro LIMARES durchge-
führt (vgl. auch LIMARES 2017). Die wesentlichen Inhalte dieser Untersuchung wurden in den
vorliegenden Text eingearbeitet, wobei formale Aspekte, wie Flächenbezeichnungen ange-
passt wurden.
Des Weiteren wurde das Fundortkataster des LANUV NRW ausgewertet (vgl. @LINFOS
NRW; Landschaftsinformationssystem NRW).
Zur Ermittlung weiter potenziell vorkommender planungsrelevanter Arten im Gebiet wurde eine
Messtischblattabfrage des hier relevanten MTB-Quadranten 4708/4 im Fachinformationssys-
tem (FIS) „Geschützte Arten in Nordrhein-Westfalen“ des LANUV NRW durchgeführt.
Außerdem werden nach dem Worst-Case-Prinzip bei der Untersuchung nicht nachgewiesene,
potenziell im Untersuchungsgebiet vorkommende Arten berücksichtigt, für die aus gutachterli-
cher Sicht aufgrund der vorliegenden Habitatstrukturen und aufgrund von möglichen Erfas-
sungsdefiziten ein Vorkommen nicht ausgeschlossen werden kann. Gleiches gilt für potenziell
vorkommende Arten, zu denen es ernst zu nehmende Hinweise gibt, deren Nachweis aber
einen nicht angemessenen Untersuchungsaufwand bedeuten würde.

3.3          Maßnahmen zu Vermeidung, Konfliktminderung und Funktionserhaltung
Im Zusammenhang mit den Schädigungs- und Störungsverboten des § 44 BNatSchG (vgl.
Kap. 3.4) sind Maßnahmen zur Vermeidung der Störungen geschützter Arten festzulegen.
Dabei handelt es sich vor allem um Maßnahmen im Rahmen eines Baustellen- und Bau-
zeitenmanagements, die der Vermeidung von Individuenverlusten durch die Baufeldbefreiung
dienen. Maßnahmen zur Funktionserhaltung (vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen) sind
ebenfalls vorgesehen. Zur Umsetzung, Planung und Überwachung dieser Maßnahmen wird
die Beauftragung einer artenschutzrechtlichen Baubegleitung notwendig.
Für die im Untersuchungsgebiet festgestellten planungsrelevanten Arten, bei denen arten-
schutzrechtliche Konflikte im Zusammenhang mit § 44 Abs. 1 BNatSchG bzw. den dort formu-
lierten Zugriffsverboten auftreten könnten, sind Maßnahmen zur Vermeidung von Beeinträch-
tigungen (Vermeidungsmaßnahmen) vorzusehen, die bei der Beurteilung der Projektwirkun-
gen unmittelbar berücksichtigt werden, in direkter funktionaler Verbindung zu den gestörten
Lebensstätten stehen sowie zum Eingriffszeitpunkt wirksam sind. Dazu zählen u.a. artspezifi-
sche Bauzeitenpläne (z.B. Baufeldräumung außerhalb der Brutzeit von Vögeln, um Tötung
und Zerstörung von Nistplätzen, Störungen und/oder Beeinträchtigungen an Fortpflanzungs-
und Ruhestätten zu vermeiden) (vgl. Kap. 5.5.1).
Neben diesen, direkt an den Projektwirkungen ansetzenden Vermeidungsmaßnahmen sind im
Rahmen der ASP II für durch das Vorhaben essenziell, d.h. durch Konflikte mit Zugriffsverbo-
ten bzw. mit Verbotstatbeständen nach § 44 Abs. 1 BNatSchG betroffene Arten, gegebenen-
falls weitergehende funktionserhaltende Maßnahmen (CEF-Maßnahmen8) bzw. nach § 44
Abs. 5 BNatSchG vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen vorzusehen, die ebenfalls zum Zeit-
punkt des Eingriffs wirksam sein müssen. Ziel der Maßnahmen ist, dass die ökologische Funk-

8CEF-Maßnahmen (measures to ensure the continous ecological functionality) sind vorgezogene Ausgleichs-
maßnahmen des Artenschutzrechts zur dauerhaften Sicherung der ökologischen Funktion von Fortpflanzungs- und
Ruhestätten bzw. zur Abwendung der artenschutzrechtlichen Verbote nach § 44 BNatSchG.
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tion der vom Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammen-
hang weiterhin erfüllt werden kann (vgl. Kap. 5.5.2).

3.4        Artbezogene Prüfung der Schädigungs- und Störungsverbote
Für die planungsrelevanten Arten erfolgt eine artbezogenen Prüfung der durch das Vorhaben
möglichen Konflikte mit den Verbotstatbeständen nach § 44 Abs. 1 BNatSchG, sowie der Be-
freiungsvoraussetzungen.
Hierbei ist zu prüfen, ob durch das Vorhaben möglicherweise Fortpflanzungs- oder Ruhestät-
ten von planungsrelevanten Arten geschädigt oder zerstört werden. Dies umfasst alle Habi-
tatstrukturen, die innerhalb des Fortpflanzungsgeschehens oder während der Ruhephasen für
das dauerhafte Überleben der Art unerlässlich sind. Zu den Fortpflanzungsstätten zählen:
Balzplätze, Paarungsgebiete, Neststandorte, Eiablage- und Schlupfplätze sowie Bereiche, die
von den Jungen genutzt werden. Zu den Ruhestätten zählen: Schlaf-, Mauser- und Rastplät-
ze, Sonnplätze, Verstecke und Schutzbauten sowie Sommer- und Winterquartiere. Im Gegen-
satz zu diesen Teilhabitaten unterliegen Nahrungs- und Jagdhabitate sowie Flugrouten und
Wanderkorridore nicht unmittelbar den Artenschutzbestimmungen. Sie sind aber dann von
Bedeutung, wenn eine Fortpflanzungs- oder Ruhestätte in ihrer Funktion auf deren Erhalt an-
gewiesen ist und sie damit ebenfalls ein essenzielles Habitatelement darstellen (vgl. KIEL
2015).
Auch ist in diesem Zusammenhang die räumliche Abgrenzung der Lebensstätten von Bedeu-
tung. Bei Vögeln kann es zum einen das gesamte Brutrevier umfassen, bei Vogelarten mit
großen Revieren und weiträumig genutzten, unspezifischen Nahrungshabitaten dagegen be-
schränken sich die Schutzbestimmungen auf das Nest einschließlich einer ungestörten Ruhe-
zone (vgl. KIEL 2015).
Ergeben sich durch das Vorhaben die genannten Konflikte mit den Verbotstatbeständen nach
§ 44 Abs. 1 BNatSchG, erfolgt in Stufe II der Artenschutzprüfung (ASP II) für die derart betrof-
fenen planungsrelevanten Arten eine artbezogene Prüfung (Art-für Art-Betrachtung).

3.5        Ausnahmeerfordernisse von artenschutzrechtlichen Verboten
Ergibt die artbezogene Prüfung der Schädigungs- und Störungsverbote für die geschützten
Arten im Rahmen der ASP II, dass durch das Vorhaben trotz Vermeidungsmaßnahmen inklu-
sive vorgezogener Ausgleichsmaßnahmen die Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG zutref-
fen, ist das Vorhaben unzulässig. Dann kann das Vorhaben allenfalls als Stufe III der Arten-
schutzprüfung (ASP III) in einem artenschutzrechtlichen Ausnahmeverfahren nach § 45 Ab-
satz 7 BNatSchG verwirklicht werden (vgl. KIEL 2015, 2018). Für die förmliche Zulassung einer
Ausnahme sind in Nordrhein-Westfalen die Unteren Naturschutzbehörden bei den Kreisen und
kreisfreien Städten zuständig.

3.6        Methodik zur Bestandserfassung der Avifauna (Vögel)
Die qualitative und quantitative Geländeerfassung der Avifauna (Brutvögel) erfolgte 2012 im
Rahmen von insgesamt sechs Brutzeit-Begehungen im gesamten Untersuchungsgebiet. Die
Begehungen erfolgten hauptsächlich am frühen Vormittag (vgl. Tabelle 1). Die Begehung vom
26.06.2012 erfolgte zur Erfassung nachtaktiver Arten bis in die Dunkelheit hinein. Die Vogelar-
ten wurden hierbei visuell und akustisch erfasst, wobei das Hauptaugenmerk brütenden oder
Revierverhalten zeigenden Arten galt. Außerdem wurde während der Tagbegehungen ergän-
zend gezielt nach Rupfungen, Gewöllen und Federn gesucht. Des Weiteren wurden insbeson-
dere die Gebäude auf das Vorhandensein von Nistplätzen kontrolliert sowie potenziell im Ge-
biet vorkommende Höhlenbäume und Altnester kartiert.
Die Begehungen wurden trotz der nicht möglichen Begehbarkeit der Schlammlagerflächen 2
und 3 so angelegt, dass eine flächendeckende Erfassung aller im Untersuchungsgebiet vor-
                                                                                     14
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kommenden Arten möglich war. Berücksichtigt wurden dabei auch Feststellungen aus der
unmittelbaren Umgebung des Untersuchungsgebietes und solche von überfliegenden Arten
ohne unmittelbaren Gebietsbezug. Darüber hinaus wurden bei den Begehungen zu anderen
Fragestellungen Vogelbeobachtungen notiert.
Zur Artengruppe der Vögel wurden 2013, 2014, 2017 und 2020 ergänzende Brutzeit-Begehun-
gen im Untersuchungsgebiet durchgeführt, um zu überprüfen, ob nach den aktuellen örtlichen
Gegebenheiten von einer weiterhin bestehenden Aktualität der faunistischen Daten auszuge-
hen ist, ob also v.a. die Biotope relevanter Tierarten 2017 und 2020 in gleichem Umfang und
in gleicher Qualität wie 2012 vorhanden sind. Die Begehungen 2013 und 2014 erfolgten auf
dem gesamten Kläranlagengelände. Wertgebenden Arten wurde bei den ergänzenden Bege-
hungen besondere Aufmerksamkeit gewidmet.
Tabelle 1: Begehungstermine zu Untersuchung – Schwerpunkt Avifauna 2012 bis 2020

           Datum       Bemerkung           Datum           Bemerkung
        02.04.2012     nachmittags       08.07.2013
        30.04.2012                       20.05.2014
        16.05.2012                       13.06.2017
        12.06.2012                       23.06.2020
        21.06.2012                       24.06.2020
        26.06.2012       abends

Zur Ermittlung von Rast- und Wintervögeln wurden die aus mehreren Jahren seit 2007 vorlie-
genden Beobachtungsdaten der alljährlich im Januar durch die BSMW entlang der Wupper
durchgeführten Wasservogelzählungen (zuletzt im Januar 2021) ausgewertet. Darüber hinaus
wurden Daten ortskundiger Beobachter angefragt.
Die Angaben zum Gefährdungsstatus der Vogelarten in Nordrhein-Westfalen bzw. in der hier
relevanten Großlandschaft „Süderbergland“ (das Süderbergland umfasst das Bergische Land,
das Sauer- und das Siegerland) sind der aktuell gültigen Roten Liste der gefährdeten Brutvo-
gelarten in Nordrhein-Westfalen entnommen (vgl. GRÜNEBERG et al. 2016).
Im Dezember 2017 wurde eine Rote Liste wandernder Vogelarten Nordrhein-Westfalens mit
Bezugsjahr 2015 veröffentlicht, in der wandernde Vogelarten erstmals systematisch nach defi-
nierten Kriterien bezüglich ihrer Gefährdung als Durchzugs- bzw. Rastvögel eingestuft wurden
(vgl. SUDMANN et al. 2016). Diese Angaben werden in Tabelle 3 zusätzlich aufgeführt.

3.7          Methodik zur Bestandserfassung der Fledermausfauna
Für eine möglichst vollständige Erfassung des betroffenen Artenspektrums und der Quartier-
nutzung wurden die gewählten stichpunktartigen Untersuchungszeiträume repräsentativ über
das Jahr 2012 verteilt. Die Fledertiervorkommen wurden visuell und akustisch untersucht.
Schwerpunkt bei der Erfassung des Fledertier-Spektrums war neben Begehungen der Einsatz
von Lauschboxen, die über die gesamte Nacht Fledertierrufe registrierten und für die Bestim-
mung sicherten. Sie sollten eigentlich über die gesamte aktive Zeit der Fledertiere eines Jah-
res eingesetzt werden. Dabei gilt, dass bei Kartierungsarbeiten mit Hilfe von Ultraschalldetek-
toren eine repräsentative Erfassung aller Fledermausarten eines Gebietes wegen der unter-
schiedlichen Schallintensitäten der Rufe der einzelnen Arten nur schwer möglich ist. Daher
sollten stets auch ergänzende Methoden der Artbestimmung und der quantitativen Erfassung
von Fledermausbeständen angewandt werden (vgl. SKIBA 2003, S. 77).
Für die Kartierarbeiten standen als Untersuchungsmethoden zur Verfügung:
     Auswertung bisher vorliegender Informationen über das regional vorkommende Fledertier-
      artenspektrum.

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SANIERUNG SCHLAMMLAGERFLÄCHEN KLÄRANLAGE W-BUCHENHOFEN – AFB 2021
                         BIOLOGISCHE STATION MITTLERE W UPPER
   Sichtuntersuchung durch Absuchen von Baum-, Spalten- und Raumquartieren, sowie von
    Fledertierkästen.
   Sichtbeobachtung der nächtlichen Flugaktivitäten durch Begehungen (siehe unten).
   Erfassung der Fledertierrufe durch Ultraschalldetektoren bei Begehungen und durch
    Lauschboxen (siehe unten).
   Netzfang und Besenderung von Fledertieren (nicht durchgeführt).
   Aufsammeln von Fledertierkot und Analyse von bei der Fellpflege verschluckten Eigenhaa-
    ren (kein verwertbarer Kot vorgefunden).

Am 26.04.2012 fand eine Tagesbegehung des Geländes statt, um potentielle Standorte für
Lauschboxen zu erfassen.
Im Berichtszeitraum wurden anschließend mehrere Lauschboxen an folgenden Terminen je-
weils für eine Nacht ausgebracht, sowie Sichtbeobachtungen durchgeführt und im Folgenden
die registrierten Rufe analysiert:
29.04.2012       30.04.2012         21.05.2012      Graviditätsphase9
                 08.06.2012         03.07.2012      Laktationsphase8
                                    30.09.2012      Postlaktationsphase8

Um eine Nacht vollständig erfassen zu können, wurden die Detektoren in sogenannten Horch-
kisten mit elektronischer Uhr, die den Rufaufnahmen einen Zeitstempel jede Stunde in Klartext
aufgab, sowie einem Registriergerät für die eintreffenden Rufe, ausgestattet. Diese Registrier-
geräte nahmen nur dann auf, wenn Rufe vorhanden waren, so dass mit den vorhandenen
Ressourcen sparsam umgegangen wurde und bei der Nachkontrolle weniger "Leerlauf" zu
bearbeiten war.
Die Registriergeräte der Rufe selbst bestanden entweder aus klassischen analogen Diktier-
geräten mit Sprachaufzeichnungsfunktion (Voice-Activated System) oder aus digitalen mp3-
Playern, ebenfalls mit Sprachaufzeichnungsfunktion, aber der Möglichkeit einer direkten Auf-
zeichnung in einer WAV-Datei, die die spätere Computerauswertung stark vereinfacht.
Der Auswahl der Ultraschalldetektoren kommt für die Rufanalyse entscheidende Bedeutung
zu. Es stehen Detektoren mit drei Aufnahmetechniken zur Verfügung:
   Frequenzüberlagerungsdetektoren
   Frequenzteilerdetektoren
   Zeitdehnungsdetektoren

Verwendet wurden folgende Gerätekombinationen:
   Kombination von Detektor mit Zeitdehnungsverfahren und Detektor mit Frequenzteiler
   Netbook mit angeschlossenem USB-Ultraschall-Mikrofon hoher Wandlungsrate

Die genannten Aufnahmetechniken und Gerätekombinationen werden in BSMW (2013) detail-
liert beschrieben.
Zur Erfassung der Fledertieraktivitäten wurde als Untersuchungsmethode eine Standortwahl
der Lauschboxen getroffen, die auf der gesamten Untersuchungsfläche die Aktivitäten und
Arten in drei Schwerpunkten erfasste (vgl. Abb. 8):
1. Schwerpunkt: Schlammteich im Westen des Untersuchungsbereiches mit Messpunkten
   MP1 bis MP 5

9 Graviditätsphase   = Trächtigkeitsphase; Laktationsphase = Säugephase; Postlaktationsphase = Nachsäugephase
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