Scheitert "Deutsche Wohnen & Co enteignen" an ungültigen Stimmen?

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Scheitert „Deutsche Wohnen & Co
enteignen“ an ungültigen Stimmen?
Timur Husein                                                     2021-06-26T11:16:12

Gestern, am 25. Juni, endete die Sammelfrist des Volksbegehrens „Deutsche
Wohnen & Co enteignen“. Die Initiatoren mussten im Rahmen des Volksbegehrens
ca. 175.000 gültige Unterschriften sammeln, um einen Volksentscheid über
ihr Anliegen herbeizuführen. Es ist zu erwarten, dass der größte Teil der
ungültigen Unterschriften aufgrund der fehlenden deutschen Staatsbürgerschaft
der Unterstützer nicht mitgezählt wird. Denn beim Zwischenstand am 26. Mai
2021 waren von insgesamt rund 197.000 für das Volksbegehren abgegebenen
Unterschriften fast 30% ungültig. Der häufigste Grund für die Ungültigkeit ist laut der
Berliner Landesabstimmungsleiterin die fehlende deutsche Staatsangehörigkeit der
Unterschreibenden gewesen.

Also nomen est omen? Ist das Berliner Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co
enteignen“ nur für Deutsche, die in Berlin wohnen, zulässig? Die Antwort lautet:
Ja, nomen est omen. Muss das auch für die Zukunft gelten? Am Beispiel des
Volksbegehrens „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ soll aufgezeigt werden, dass
es aus rechtlicher Sicht nicht so bleiben muss.

Verfassungsrechtliche Grundlagen
Das Volksbegehren beinhaltet die rechtlich nicht bindende Aufforderung an
den Senat, alle Maßnahmen einzuleiten, die zur Überführung von Immobilien
in Gemeineigentum (konkret: Vergesellschaftung der Wohnungsbeständen von
Unternehmen mit über 3.000 Wohnungen in Berlin) erforderlich sind. Dies soll unter
anderem dauerhaft bezahlbare Mieten in den betroffenen circa 240.000 Wohnungen
ermöglichen.

Streitig ist, ob eine solche Vergesellschaftung der zu Wohnzwecken dienenden
Grundstücke und Gebäude verfassungsgemäß ist (dagegen hier und hier, dafür hier
und hier).

Unstreitig ist, dass bei einem Volksgesetzgebungsverfahren gemäß Art. 63 der
Berliner Verfassung (VvB) nur die gemäß Art. 38 Abs. 1, 39 Abs. 3 VvB zum
Abgeordnetenhaus von Berlin Wahlberechtigten teilnehmen dürfen. Das heißt, alle
Deutschen, die am Tage der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet und seit mindestens
drei Monaten in Berlin ihren Wohnsitz haben.

Berlin zählte laut Amt für Statistik Berlin-Brandenburg am 31.12.2020 circa
690.000 ausländische und ca. 2.470.000 deutsche Einwohner über 18 Jahren.
Damit sind circa 28% der Berliner Einwohner über 18 Jahren aufgrund
ihrer ausschließlich ausländischen Staatsbürgerschaft von vornherein nicht

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teilnahmeberechtigt (unabhängig von weiteren Voraussetzungen). Gleichzeitig
wohnen überdurchschnittlich viele Ausländer in Groß-Siedlungen zur Miete,
die den von einer Vergesellschaftung betroffenen Wohnungsunternehmen
gehören, so z.B. die zur Deutschen Wohnen gehörende High-Deck-Siedlung
und Thermometersiedlung. Diese ausländischen Mieter sind also von
den Mieterhöhungen der Wohnungsunternehmen und deren eventueller
Vergesellschaftung betroffen, dürfen aber über die Vergesellschaftung weder beim
Volksbegehren noch beim Volksentscheid mitbestimmen.

Verfassungsrechtliche Grundlagen für den
Ausschluss von Ausländern
Aus demokratischer Sicht ist es problematisch, dass ein so großer Teil der
Bevölkerung vom Volksgesetzgebungsverfahren ausgeschlossen ist, obwohl dieser
Teil dauerhaft in Berlin lebt und vom Ergebnis des Volksgesetzgebungsverfahren
betroffen ist. Was sind nun die verfassungsrechtlichen Grundlagen des
Ausschlusses von Ausländern am Volksgesetzgebungsverfahren? Hier kommt eine
schon etwas ältere, aber immer wieder aktuelle verfassungsrechtliche Diskussion ins
Spiel: Das Wahlrecht für Ausländer.

Ausgangspunkt ist Art. 20 Abs. 2 S. 1, 2 GG wonach alle Staatsgewalt vom Volke
ausgeht und unter anderem durch Wahlen und Abstimmungen ausgeübt wird.
Das Bundesverfassungsgericht versteht unter Staatsvolk der Bundesrepublik
Deutschland alle deutschen Staatsangehörigen nach Art. 116 Abs. 1 GG, so
dass das Wahlrecht – durch welches Staatsgewalt ausgeübt wird – auf Bundes-,
und gemäß Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG (Homogenitätsgebot) auch auf Landes- und
Gemeinde-/Kommunalebene grundsätzlich nur Deutschen zusteht (BVerfGE 83,
37 ff.; 83, 60 ff.). Diese ältere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus
dem Jahr 1990 bestätigte zuletzt höchstrichterlich der Staatsgerichtshof Bremen im
Jahre 2014 (BremStGHE 8, 234 sowie Kritik ).

Dieses Ergebnis ist grundsätzlich auch auf das Volksgesetzgebungsverfahren
in den Bundesländern anwendbar. Zwar lagen den Entscheidungen der
Bundesverfassungsgerichts und des Staatsgerichtshofs Bremen jeweils
Gesetzesentwürfe vor, die lediglich das Wahlrecht im Sinne von Art. 20 Abs. 2 S.
2 GG für Ausländer auf Kommunal- beziehungsweise Landesebene zum Inhalt
hatten. Insoweit durch das Volksgesetzgebungsverfahren aber Staatsgewalt durch
Abstimmungen im Sinne von Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG ausgeübt wird, ist es ebenso
wie das Wahlrecht den deutschen Staatsangehörigen vorbehalten.

Entscheidend ist nunmehr, durch welche Verfahrensabschnitte des
Volksgesetzgebungsverfahrens Staatsgewalt ausgeübt. Staatsgewalt bedeutet
amtliches Handeln mit Entscheidungscharakter, hingegen nicht lediglich
vorbereitende und rein beratende Tätigkeit (BVerfGE 83, 60). Stellt sich
der Verfahrensabschnitt nicht als Staatsgewalt dar, so wäre es zumindest
verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen, dieses Verfahrensabschnitt auch für
Ausländer zu öffnen.

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Die einzelnen Verfahrensabschnitte
Die Volksgesetzgebungsverfahren der Länder bestehen grundsätzlich aus drei
Stufen:

 1. Volksantrag, 2. Volksbegehren, 3. Volksentscheid.

Für die bessere Verständlichkeit fangen wir mit dem Verfahrensabschnitt an, der den
abstimmungsberechtigten Berlinern am 26. September vorgelegt wird:

Volksentscheid (3. Stufe)

Der Volksentscheid ist die rechtlich verbindliche Entscheidung des Volkes über
eine durch Teile des Volkes formulierte Abstimmungsvorlage zu einem Sachthema.
Wenn die Abstimmungsvorlage ein Gesetzesantrag ist (Art. 62 Abs. 1 S. 1 VvB)
und vom Volk angenommen wird, dann erlangt dieser Antrag Gesetzeskraft mit
Bindungswirkung wie bei einem vom Parlament beschlossenen Gesetz. Der
Volksentscheid stellt somit Ausübung von Staatsgewalt dar. Aus diesem Grund
dürfen Ausländer nicht am Volksentscheid teilnehmen.

Allerdings kann die Abstimmungsvorlage darüber hinaus darauf gerichtet sein, zu
Gegenständen der politischen Willensbildung, die das Land betreffen, sonstige
Beschlüsse zu fassen (Art. 62 Abs. 1 S. 2 VvB). Die Abstimmungsvorlage der
Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ ist ein solcher Beschluss.

Beschlussentwürfe als Abstimmungsvorlage sind in Berlin nicht unüblich. So
sagte der damalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit bereits vor dem
erfolgreichen Volksentscheid zur Offenhaltung des Flughafens Tempelhof im Jahr
2008, dass er sich an den Beschluss-Volksentscheid nicht halten werde, der den
damaligen Senat von Berlin aufforderte die Schließungsabsicht aufzugeben. So
geschah es auch, der Flughafen Tempelhof wurde geschlossen.

Der Berliner Verfassungsgerichthof stellte im Einspruchsverfahren zum
Volksentscheid Tempelhof fest, dass dem Beschluss-Volksentscheid keine
rechtliche Bindungswirkung zukommt und sich im „Bereich der politischen
Willensbildung“ bewegt (VerfGH des Landes Berlin, Beschluss v. 7.10. 2008, 86/08,
Rn. 79,80). Insofern scheint eine Teilnahme durch Ausländer zulässig, da ein
angenommener Beschluss-Volksentscheid keine Gesetzeskraft aufweist und daher
keiner demokratischen Legitimation durch das Staatsvolk bedarf. Jedoch irrt der
Verfassungsgerichtshof, wenn er ausführt, dass sich der Beschluss im „Bereich der
politischen Willensbildung“ bewegt und keine rechtliche Bindungswirkung zukommt.
Denn Staatsgewalt kann nicht nur durch staatliches rechtsverbindliches Handeln
gesetzt werden, sondern auch durch Handlungen, die nicht unmittelbar verbindliche
Wirkung aufweisen. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn das Volk zu einer
rechtlich unverbindlichen Befragung aufgerufen wird, die sich im Rahmen der
verfassungsmäßigen Vorschriften vollzieht. Denn in solch einem Fall soll das Volk
als Verfassungsorgan an der Bildung des Staatswillens mitwirken und nicht lediglich
der politische Wille des Volkes abgefragt werden (BVerfGE 8, 104 (113 f.).

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Staatswille drückt sich somit nicht nur im Entscheidungscharakter einer staatlichen
Handlung aus, sondern auch in der Form der staatlichen Handlung. Damit steht
fest, dass jeder Volksentscheid Ausübung von Staatsgewalt bedeutet, unabhängig
von der rechtlichen Bindungswirkung. Ausländer dürfen daher auch nicht an einem
Beschluss-Volksentscheid teilnehmen.

Volksbegehren (2. Stufe)

Um die Zulässigkeit der Teilnahme von Ausländern beim Volksbegehren zu
beurteilen, ist es erforderlich den grundsätzlichen Ablauf eines Volksbegehrens zu
kennen. In Berlin benötigt ein erfolgreiches Volksbegehren gemäß Art. 62 Abs. 1 S.
VvB innerhalb von vier Monaten die Unterstützung von 7% der Wahlberechtigten
(circa 175.000). Anschließend hat das Parlament die Möglichkeit, den begehrten
Gesetzes- oder Beschlussentwurf inhaltlich in seinem wesentlichen Bestand
unverändert anzunehmen (Art. 62 Abs. 4 S. 4 VvB). Der Gesetzesentwurf erlangt
dann Rechtskraft. Wenn das Parlament den Entwurf nicht annimmt, so muss
ein Volksentscheid durchgeführt werden (Art. 62 Abs. 4 S. 1 VvB). Bei einem
erfolgreichen Volksentscheid erlangt die Abstimmungsvorlage wiederum Rechtskraft.

Das Volksbegehren bereitet einen Volksentscheid also nicht lediglich vor, sondern
zielt immer auf eine rechtsverbindliche Entscheidung durch das Parlament oder
durch das Volk ab. Das Volksbegehren ist insofern Ausübung von Staatsgewalt und
somit Deutschen vorbehalten.

Volksantrag (1. Stufe)

Die 1. Stufe im Volksgesetzgebungsverfahren ist der Volksantrag (in Berlin:
Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens). Die Bundesländer verwenden für
diese 1. Stufe verschiedene Begriffe (Antrag auf Zulassung oder Einleitung oder
Durchführung eines Volksbegehrens, Volksantrag, Volksinitiative), da sich kein
einheitlicher Begriff durchgesetzt hat und rechtlich kein Zwang hierzu besteht.

Die Initiatoren müssen gemäß Art. 63 Abs. 1 S. 1 VvB insgesamt 20.000
Unterschriften innerhalb von sechs Monaten sammeln (§ 15 Abs. 2 S. 2 Berliner
Abstimmungsgesetz). Das Unterschriftenquorum des Volksantrages soll vor allem
sicherstellen, dass ein erfolgreiches Volksbegehren (2. Stufe) nicht aussichtslos
erscheint und somit dessen hoher personeller, finanzieller und organisatorischer
                           1)
Aufwand gerechtfertigt ist. Johannes Rux, Direkte Demokratie in Deutschland
– Rechtsgrundlagen und Rechtswirklichkeit der unmittelbaren Demokratie in der
Bundesrepublik Deutschland und ihren Ländern, 1. Auflage 2008, S. 42. Die
zuständige Senatsverwaltung prüft die formelle und materielle Zulässigkeit (§
17 Abs. 2 AbstG). Stellt die Senatsverwaltung einen Zulässigkeitsmangel fest,
so weist sie die Initiatoren nicht nur gemäß § 17 Abs. 4 AbstG auf die Mängel
hin, sondern sie ist nach Auffassung der Berliner Verfassungsgerichtshofs
(Beschluss v. 21.10.2020 – Az. 150/18) sogar zu einem Mängelbeseitigungsversuch
unter Beteiligung der Initiatoren verpflichtet. Initiative und Staat begeben sich
sozusagen in ein Rechtsgespräch wie ein rechtskonformes Volksbegehren möglich
gemacht werden kann. Es handelt sich also um beratende Tätigkeit. Weiterhin
sind die Initiatoren berechtigt, von sich aus den Inhalt ihres Begehrens zu ändern

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und zwar nicht nur redaktionell, sondern auch inhaltlich, soweit dadurch der
Grundcharakter oder die Zielsetzung nicht verändert wird. Dies zeigt deutlich,
dass das Volksbegehren noch inhaltlich vorbereitet wird und keine endgültige
Entscheidung gefallen ist.

Auch ein zulässiger und erfolgreicher Volksantrag zeigt keinen endgültigen
Entscheidungscharakter auf. Denn dieser Volksantrag wird in den zuständigen
Ausschüssen des Abgeordnetenhauses lediglich beraten, wobei die Initiatoren ein
Recht auf Anhörung haben (§ 17a AbstG). Es besteht für das Abgeordnetenhaus
lediglich eine Befassungspflicht ohne eine inhaltliche Bindung. Und im Gegensatz
zum Volksentscheid liegt es im Ermessen der Initiatoren, ob ein Volksbegehren
durchgeführt wird oder nicht, wenn das Abgeordnetenhaus den begehrten Entwurf
nicht annimmt (Art. 62 Abs. 3 S. 2 VvB). Auch hier liegt noch keine endgültige
Entscheidung vor.

Der Volksantrag beinhaltet insgesamt lediglich vorbereitende beziehungsweise
beratende Elemente. Damit steht die Teilnahme am Volksantrag grundsätzlich auch
Ausländern offen, da keine Staatsgewalt ausgeübt wird. Dies gilt jedenfalls für das
Berliner Volksgesetzgebungsverfahren.

Ob das auch für andere Bundesländer gilt, muss anhand der jeweiligen
Rechtsordnung, insbesondere der entsprechenden Verfassungsartikel und
des entsprechenden Ausführungsgesetzes beurteilt werden. So erlaubt
Brandenburg als bisher einziges Land die Teilnahme von Ausländern an der 1.
Stufe gemäß Art. 76 Brandenburger Verfassung. Die Rechtsvorschriften zum
Volksgesetzgebungsverfahren ähneln dem Berliner Volksgesetzgebungsverfahren,
so dass die Teilnahme von Ausländern als verfassungsgemäß zu beurteilen ist.
Anders sieht es zum Beispiel in Niedersachsen aus, wo die Unterschriften für den
Volksantrag gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 Niedersächsisches Volksabstimmungsgesetz
auf die Unterschriften für das Volksbegehren hinzugerechnet werden. In diesem Fall
scheidet ein Teilnahmerecht von Ausländern aus.

Keine Experimente
Schließlich bleibt noch die Frage, ob die landesrechtliche Öffnung des Volksantrages
für Ausländer verfassungspolitisch sinnvoll ist.

Das Ausgangsproblem beinhaltet eine massive Diskrepanz zwischen
ausländischer Wohnbevölkerung und der Deutschen in Berlin, die am
Volksgesetzgebungsverfahren teilnehmen dürfen. Diese Diskrepanz ist jedoch
nicht im jedem Bundesland vorhanden. So stellten in Brandenburg am 31.12.2020
Ausländer über 18 Jahren lediglich 4,89% (ca. 104.000) aller über 18-Jährigen
dar, das heißt über 95% der Bevölkerung über 18 Jahren waren Deutsche (circa
                                          2)
2.024.000) und damit teilnahmeberechtigt. Statistischer Bericht – A I 3 – j / 20 –
Bevölkerung im Land Brandenburg 2020, S. 8 f. Insofern ergibt sich nicht die gleiche
Notwendigkeit der Erweiterung des Teilnahmerechts von Ausländern wie in Berlin.

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Weiterhin erscheint diese Erweiterung der Partizipationsmöglichkeit für
Ausländer in ihrer tatsächlichen Wirkung relativ gering. Ein Volksantrag soll unter
anderem zeigen, ob der Inhalt der Abstimmungsvorlage politisch überhaupt
Aussicht auf Erfolg beim Volk hat. Entsprechend niedrig sind die gesetzlichen
Unterstützungsquoren bei den Volksanträgen. Ein erfolgreicher Volksantrag erfordert
zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Gesetz über das
Verfahren bei Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid lediglich die
Unterstützung von 3.000 Stimmberechtigten (0,02% aller Stimmberechtigten).
Die erforderliche Anzahl an Unterstützungsunterschriften ist so niedrig, dass
es auf den Erfolg des Volksantrags wohl nicht darauf ankommt, ob Ausländer
teilnahmeberechtigt sind oder nicht.

So niedrig der Nutzen ist, so hoch ist der verfassungsrechtliche und
verfassungspolitische Aufwand, um eine Teilnahme zu ermöglichen. Da das
Teilnahmerecht am Volksgesetzgebungsverfahren grundsätzlich an das
Wahlrecht gekoppelt und in der jeweiligen Verfassung normiert ist, bedarf es
einer Verfassungsänderung. Für eine Verfassungsänderung ist in den Ländern
in der Regel eine Zweidrittel-Mehrheit erforderlich (Art. 100 S. 1 VvB). Eine
solche Mehrheit ist aufgrund der aktuellen politischen Verhältnisse in den
Landesparlamenten sehr unwahrscheinlich.

Das Problem der mangelnden Teilhabemöglichkeit von Ausländern am
Volksgesetzgebungsverfahren lässt sich daher weder durch minimale und kaum
umsetzbare Verfassungsänderungen noch durch verfassungswidrige Erweiterungen
des Begriffes „Volk“ um die in Deutschland lebenden Ausländer lösen. Vielmehr
muss es Ziel sein, dass mehr Ausländer die deutsche Staatsbürgerschaft
annehmen, sofern sie die Voraussetzungen erfüllen – und dies wünschen. Die
Einbürgerungszahlen jedenfalls liegen in Berlin seit mehr als einem Jahrzehnt
konstant bei unter 7000 pro Jahr.

References

  • Johannes Rux, Direkte Demokratie in Deutschland – Rechtsgrundlagen
    und Rechtswirklichkeit der unmittelbaren Demokratie in der Bundesrepublik
    Deutschland und ihren Ländern, 1. Auflage 2008, S. 42.
  • Statistischer Bericht – A I 3 – j / 20 – Bevölkerung im Land Brandenburg 2020,
    S. 8 f.

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