Schnecken, Kerzen und Spiegel - FORSCHUNG

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FORSCHUNG
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                                                    Norbert Neuß

         Schnecken, Kerzen und Spiegel
                            Die Themen von Vorschulkindern in drei Bildern

2- bis 5-Jährige beschäftigen sich       Die pädagogisch-empirisch ausge-            schiedene Blumentöpfe, die auf der Ter-
u. a. mit drei Entwicklungsthemen:       richtete Anthropologie wird als eine        rasse stehen. In jedem Topf wächst eine
der Erweiterung des Aktionsradius,       hilfreiche Begleittheorie benutzt,          andere Blume. »Du bist Zeloli, du Max,
dem Entwickeln eines Bewusstseins        weil es ihr darum geht, die Eigenar-        du bist Zanti und du Sandra.« Sie fragt:
                                                                                     »Wer ist der Kleinste?« Sie antwortet:
für zukünftige Herausforderungen         ten der Ich- und Weltaneignung von
                                                                                     »Zanti ist der Kleinste.« Sie zeigt: »Du
und dem Erkennen der eigenen             Kindern als spezifische Seinsweise
                                                                                     bist der Kleinste und ihr seid die Größ-
Identität. Hier ein Versuch, diese       des Menschen zu erkennen. Es geht           ten: Rundi und Zeloli.« Antonia summt
Themen über Symbole und den              also dabei darum, den »Perspektiven         eine Melodie und holt etwas: »Dann zei-
Selbstausdruck von Kindern aus der       von Kindern« (vgl. Neuß 1999), so           ge ich euch mal meinen Futterkasten«.
Kinderperspektive zu erschließen.        schwer dies auch sein mag, näherzu-         Antonia holt Glaskugeln aus der Holz-
                                         kommen. Dabei rücken ihre alltägli-         schachtel und legt je eine der bunten Glas-
                                         chen Tätigkeiten in den Blick. Wo-          kugeln in jeden Blumentopf. Die Kugeln
                                                                                     reichen aber nicht aus: »Tut mir leid, ich

E
        s gibt unterschiedliche Wege,    für interessieren sie sich? Was be-
        sich der Erlebnisweise der 2-    rührt sie? Wie verarbeiten sie dies?1       habe nichts mehr.« Antonia spricht dia-
                                                                                     logähnlich mit den Blumen. »Für dich
        bis 5-Jährigen anzunähern.       Einen Zugang zur Perspektive von
                                                                                     habe ich nichts mehr. Tut mir leid.« Sie
Neben der entwicklungspsychologi-        Kindern bietet die Beschreibung und         sammelt einige Kugeln ein und verteilt
schen Herangehensweise, die die so-      Analyse des kindlichen Selbstaus-           die Kugeln weiter. Sie spricht die Blu-
zialen, emotionalen und vor allem die    drucks (Holodynski 1993, S. 76).            men an: »Danke schön« – als würde sie
kognitiven Fähigkeiten von Vorschul-     Damit sind die Formen und Inhalte           die Kugeln nicht nehmen, sondern be-
kindern auf der Grundlage der Piaget-    der kindspezifischen ästhetischen           kommen. Antonia summt wieder. »Du
schen Theorien deutet, finden sich       Produkte gemeint, die wesentlich            hast noch nicht.« Wieder bekommt eine
psychoanalytische, sozialisatorische,    über individuelle Aneignungsfor-            Blume eine Kugel …
phänomenologisch-anthropologische        men, psychische Befindlichkeiten
und bildungstheoretische Sichtwei-       und die psychische Selbststeuerung          In einer solchen Szene sind verschie-
sen. Jede Sichtweise bringt ihre spe-    aufschlussreiche Informationen ver-         denste symbolische Elemente enthal-
zifischen Erkenntnisse hervor. In die-   mitteln können.                             ten: Spiel, Fantasie und Imagination,
sem Text möchte ich eine phänome-        Weiterhin können dokumentierte All-         Nachahmung und Umformung, Han-
nologisch-anthropologische Sicht mit     tagsbeobachtungen eine Hilfe zur            deln und Gestikulieren, Sprechen und
einer entwicklungsorientierten ver-      Beschreibung von thematischen Inte-         Summen. Aber irgendwie treffen die-
binden und sie durch eine akteursbe-     ressen, vorrangigen Tätigkeiten, emo-       se Begriffe nicht die Stimmung und
zogene Perspektive fundieren. Ak-        tionalen Bedürfnissen oder strukturie-      die Themen, die sich in der Szene
teursbezogene Perspektiven in der        renden Handlungsabläufen sein. Der-         auch noch aktualisieren. Mir als au-
Kinderforschung versuchen, die Er-       artige Alltagsbeschreibungen können         ßen stehendem Beobachter vermittelt
lebnis-, Ausdrucks- und Tätigkeits-      Auskunft über Themen, Tätigkeiten           sich eine äußerst harmonische Stim-
weisen von Kindern erkenntnistheo-       und Selbstbildungsprozesse geben            mung des Versunkenseins und »Bei-
retisch und forschungspraktisch in       (Neuß 2007, S. 124-158). Dass aber          sich-Seins« meiner Tochter. Dabei
den Blick zu nehmen – im Gegensatz       das Beschreiben alltäglicher Szenen         scheint die Größe der Blumen und
zur strukturbezogenen Kindheitsfor-      alles andere als eindeutig ist, macht       das »persönliche Verhältnis« zu ih-
schung, die z. B. das »Kind« als So-     folgende Beobachtung deutlich:              nen ebenso von Bedeutung zu sein
zialstatus und kulturelles Muster im                                                 wie eben auch ihre liebevolle Versor-
historischen Wandel beschreibt (vgl.     Meine Tochter Antonia (fast vier) spricht   gung und die sie begleitenden höfli-
Honig/Leu/Nissen 1996).                  in hoher Stimmlage und zeigt auf ver-       chen Erklärungen. Diese Einzelsze-
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                   20/2007/1                                                                                                 5

ne stimmt uns auf die Verwoben-                                                               in Form von geschichteten, so-
heit von Ausdrucks- und Tätig-                                                                zialen Kontexten gemacht wer-
keitsweisen, Themen und Selbst-                                                               den. ( vgl. Baacke 1999, S. 230).
bildungsprozessen ein. Um nun                                                                 Das Kind beginnt sein Leben in
aber nicht nur auf Einzelfälle                                                                der Familie (ökologisches Zen-
einzugehen, habe ich mich bei                                                                 trum). Seine sprachlichen und
dem Herausarbeiten der Themen                                                                 körperlichen Erfahrungen fin-
der Kinder nicht nur auf Alltags-                                                             den überwiegend in der Familie
beobachtungen gestützt, sondern                                                               statt, daher gehört die Familie zu
auch auf Ergebnisse meiner Stu-                                                               seinem unmittelbaren Aktions-
die zur symbolischen Verarbei-                                                                und Erlebnisbereich. Mit der
tung von Fernseherlebnissen                                                                   körperlichen und motorischen
(vgl. Neuß 1999). Weiterhin flie- Abb. 1: Kind im Zentrum einer Steinschnecke am Strand Entwicklung wird das Kind
ßen in diesen Artikel anthropo-                                                               Stück für Stück fähig, zunächst
logische Grundüberlegungen                                                                    in Begleitung und dann mehr
ein, die helfen, die Aneignungs-                                                              und mehr auch allein seinen öko-
perspektive und die Ausdrucks-                                                                logischen Nahraum (die Woh-
weisen im Kinderalltag zu deu-                                                                nung, den Garten, die Spielstra-
ten. Denn die zuvor beschriebe-                                                               ße, den nahen Spielplatz usw.)
ne Szene fordert auch dazu he-                                                                selbstständig zu erschließen. Be-
raus, die speziellen Lernformen                                                               gleitung benötigt das Kind dort,
in der frühen Kindheit im Zu-                                                                 wo es einen relevanten sozialen
sammenhang mit den lebens-                                                                    Lebensbereich (z. B. Kindergar-
geschichtlichen oder entwick-                                                                 ten, Sporthalle, Freizeitangebo-
lungsbedingten Themen zu deu-                                                                 te o. Ä.) aufsuchen möchte. Die-
ten. In den Selbstbildungspro-                                                                se partiellen Institutionen (öko-
zessen von Vorschulkindern                                                                    logischen Ausschnitte) sind
spielen ästhetische, motorische,                                                              durch eingeschränkte räumliche
assoziative, sinnlich-körperliche,                                                            und funktionale Merkmale ge-
fantasiebezogene und emotiona- Abb. 2: Schematische Zuordnung vier sozialökologischer For- kennzeichnet. Während die Fa-
le Aspekte eine wichtige Rolle, men unter Einbeziehung von Bronfenbrenners Systemkate- milie ihrem Kind im Vorschul-
                                   gorien. Aus: Baacke 2004, S. 113. Abdruck mit freundlicher
die in temporeichen, unvorher- Genehmigung der Verlagsgruppe Beltz, Weinheim und Basel. alter nach und nach mehr Selbst-
sehbaren, egozentrischen, un-                                                                 ständigkeit und Autonomie zu-
strukturierten, magischen, spontanen man an den Spuren im Sand erkennt, trauen muss, fordern Institutionen wie
und experimentierenden Aneignungs- sind schon viele vor ihm den Weg der Kindergarten oder die Gleichalt-
prozessen zusammenwirken. Insge- vom Zentrum zum äußeren Rand ge- rigen vom Kind eine Integrationsfä-
samt möchte ich »nur« drei Bilder laufen. Symbolisch wird es an der higkeit und eine Anpassung an beste-
symbolisch auslegen und ihre Bezie- Stelle, wo man diesen Weg im über- hende Regeln. Zur ökologischen Pe-
hung zu einigen Themen von Vor- tragenen Sinne als Lebensweg deu- ripherie gehört der kulturell-gesell-
schulkindern verdeutlichen.              tet, der immer weiter vom Zentrum schaftliche Rahmen, den u. a. die Le-
                                         wegführt, neue Erfahrungen ermög- bensverhältnisse und die Weltanschau-
                                         licht, neue Kreise zieht. Nun mag das ungen bestimmen sowie weitere Ins-
     Schnecken – Symbol für              dem einen oder anderen vielleicht zu titutionen. Zwischen den einzelnen
           Dezentrierung                 spirituell klingen. Daher möchte ich gesellschaftlichen Bereichen beste-
                                         diesem Bild ein Modell hinzufügen hen zahlreiche Wechselbeziehungen.
Zunächst möchte ich darauf hinwei- (s. Abb. 2), welches in seiner Ur- Zentral ist aber, dass der Prozess der
sen, dass die hier gezeigten Bilder sprungsform von Uri Bronfenbrenner Erweiterung der räumlichen Erfah-
nicht als Abbilder missverstanden (1980) entwickelt wurde. Es be- rungsmöglichkeiten mit dem allmäh-
werden dürfen, sondern als symboli- schreibt die Sozialökologie der kind- lich einsetzenden psychischen Pro-
sche Illustrationen. Wie ist das zu lichen Entwicklung und integriert die zess der Ablösung einhergeht. Die
verstehen? Zunächst sieht man auf sozialen, physischen und handlungs- Spirale wird also einerseits als Sym-
Abb. 1 ein Kind, das offensichtlich typischen Aspekte des Aufwachsens. bol für den Lebensweg des Einzel-
an einem Sandstrand im Zentrum ei- Eine zentrale Annahme ist dabei, dass nen betrachtet, sie ist aber anderer-
ner großen Steinschnecke steht. Wie die Umwelterfahrungen des Kindes seits auch ein Symbol für die zuneh-
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mende räumliche und emotionale           welt des Kindes liegt. Anders gesagt:    rerseits das Vertrauen auf Geborgen-
»Entfernung« vom ökologischen Zen-       Da Übergangsobjekte nicht fanta-         heit und Liebe nicht zu verlieren. Sehr
trum, also der Familie bzw. primärer     siert, sondern real sind, kann man sie   anschaulich wurde dies von Erich
Bezugspersonen. Mit diesem »Bild«        nicht allein der Innenwelt des Kin-      Fromm beschrieben: Um »Freiheit als
sind verschiedene Themen verbun-         des zurechnen. Kennzeichnend ist         Wachstum des Selbst« zu erfahren,
den, die für Kinder im Alter von 2       sowohl das Gegenständliche als auch      muss sich jedes Kind irgendwann als
bis 5 Jahren relevant werden.            die dem Gegenstand zugeordnete un-       »Ich« von dem »Du« (der Eltern)
                                         sichtbare Bedeutung. Ihre Funktion       trennen. »Dieser Prozess bringt eine
Themen »Alleinsein» und                  liegt in der Unterstützung des Ablö-     Reihe von Versagungen und Verbo-
»Trennung«                               seprozesses des Kindes von der Mut-      ten mit sich, wodurch die Rolle der
Verlassensein oder -werden ist ein       ter bzw. von der Familie. »Das Ob-       Mutter sich verändert. Sie wird zu
Thema, mit dem sich Kinder in viel-      jekt repräsentiert den Übergang des      einer Person, die nun Dinge vom
fältigster Form auseinandersetzen.       Kindes aus einer Phase der engsten       Kind verlangt, welche seinen Wün-
Auch Sabine Jörg beschreibt das Ver-     Verbundenheit mit der Mutter in eine     schen entgegenstehen, und erscheint
lassensein als das erste große Gefühl,   andere, in der es mit der Mutter als     ihm jetzt oft als eine feindselige und
die erste große Angst des Kindes.        ein Phänomen außerhalb seines            gefährliche Person. Dieser Antagonis-
»Frühkindliche Verlassensängste sind     Selbst in Beziehung steht« (Winni-       mus, der einen Teil des Erziehungs-
eine Hypothek, an der manche Men-        cott 1973, S. 25). Durch Kuscheltie-     prozesses – wenn auch keineswegs die
schen ihr Leben lang tragen. Über-       re o. Ä. werden diese Prozesse er-       ganze Erziehung – ausmacht, spielt
triebenes Sicherheitsbedürfnis, De-      leichtert und dem sich ablösenden        eine wichtige Rolle dabei, dass das
pression und Abhängigkeit ergeben        Kind mehr Autonomie und Bewe-            Kind lernt, schärfer zwischen dem
sich aus dem Mangel an angstfreien       gungsspielraum ermöglicht.               ›Ich‹ und dem ›Du‹ zu unterscheiden«
Entfaltungsmöglichkeiten.« (Jörg                                                  (Fromm 1985, S. 155). Bei diesem In-
1994, S. 190). Medien- und Märchen-      Thema »Gewissheit, Sicherheit            dividuationsprozess strebt das Kind
geschichten wie König der Löwen          und Geborgenheit haben«                  nach Freiheit und Unabhängigkeit.
oder Hänsel und Gretel bieten das        Kuscheltiere sind mehr als ein Spiel-    Um beides zu erlangen, muss es sich
symbolische Material, um mit diesen      zeug. Mit ihnen kann familiärer          von den primären Bindungen (vgl.
Grundängsten umzugehen. Bezogen          Schutz, Geborgenheit, Wärme und          Hüther 2003) lösen und eigene Ori-
auf das vorgestellte Foto und das        Sicherheit verbunden sein. Kinder        entierungen und Sicherheiten finden.
Modell ist »Dezentrierung« das zen-      können ihm Geheimnisse erzählen          Wachsende Distanz zu den primären
trale Thema. Das Kind verlässt mehr      oder es als stummen Vertrauten bei       Bindungen ist die Voraussetzung für
und mehr das ökologische Zentrum         sich haben. Dieser »Vertraute« stellt    die eigene Freiheit. Individualität ist
und geht eigenständig »seinen Weg«       die symbolische Verbindung nach          nicht in Einheit mit den Eltern mög-
in die Welt hinaus. Bei der Bearbei-     Hause her, erinnert die Kinder an au-    lich. Der Prozess der Individuation ist
tung dieses Themas sind den Vor-         ßerfamiliären Orten, z. B. im Kinder-    – nach Fromm – ein dialektischer,
schulkindern auch die »Kuscheltiere«     garten, an die familiäre Verlässlich-    denn mit der Loslösung ist zwar das
behilflich. Ob Hase, Bär, Ente oder      keit. Diese Gewissheit ermöglicht es     Wachstum des Selbst verbunden, je-
Maus – jedes Vorschulkind hat einen      Kindern nach und nach, die eigene        doch tritt gleichzeitig eine zunehmen-
besonders geschätzten Vertrauten.        Selbstständigkeit zu entdecken und       de Vereinsamung ein. Ungehorsam ist
Dieses Phänomen ist bei Vorschulkin-     zu erweitern.                            ein notwendiger Entwicklungsschritt
dern schon sehr früh zu beobachten.                                               zur Selbstständigkeit und Ausbildung
Irgendwann wird Eltern deutlich, dass    Thema »Loslösung des Kindes von          von Ich-Identität. Der Prozess der
dieses eine Kuscheltier für ihr Kind     seinen Eltern«                           Freiheit wird aber begleitet vom Ge-
von besonderer Bedeutung ist, weil       Kinder im Vorschulalter erleben die      fühl der Schuld, denn Entwicklung
es »beseelt« ist. Mit ihm schläft das    Spannung, sich nach und nach von         des Selbst entsteht immer nur im Wi-
Kind besser ein und es hat scheinbar     den Eltern zu lösen, eine eigene Iden-   derstand zu den Bedürfnissen, Nor-
die Fähigkeit zu trösten. Die Bedeu-     tität aufzubauen und damit auch die      men und wohlgemeinten erzieheri-
tung von Kuscheltieren, Teddybären       symbiotische Nähe zu ihnen immer         schen Lenkungen der »liebenden«
und Schmusekissen hat der psycho-        mehr zu verlassen. Jeder Schritt zu-     Eltern. Dabei kommt es zu folgendem
analytische Forscher Donald W. Win-      nehmender Autonomie stellt auch          identitätsbezogenen Grundkonflikt:
nicott (1973) untersucht. Winnicott      eine Entfernung von den Eltern her.      gestaltet sein (so bin ich – Selbstbild),
bezeichnet sie als Übergangsobjekte      Die eigene Position zu finden, bedeu-    gestaltet werden (so soll ich sein oder
mit einer eigenen Realität, die im       tet für Kinder, sich einerseits etwas    werden – Anforderungen anderer) und
Übergang von Außenwelt und Innen-        zu trauen bzw. zuzutrauen und ande-      selbst gestalten (was will ich? – Wün-
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sche). Bei diesem Prozess kommt es        werden« sind auch immer mehr An-          Papa ist. Sicher ist nur: Er muss viel
schon weit vor der Pubertät zu äuße-      forderungen der Umwelt (z. B. mehr        älter sein. Außerdem wird die Konti-
ren Streitigkeiten und inneren Kon-       Selbstständigkeit, Rationalität und       nuität der vielen weiteren eigenen
flikten, die von den Eltern viel Ver-     Kontrolle der Emotionalität usw.)         Lebensjahre erkennbar. Mit dem Be-
ständnis, Einfühlungsvermögen und         verbunden (Schorb/Theunert 1993,          wusstsein des eigenen Wachstums
vor allem Geduld erfordern.               S. 140). Hierzu möchte ich ein wei-       steigt auch das Bewusstsein der kom-
                                          teres kleines Foto symbolisch deuten.     menden Aufgaben und Herausforde-
Thema »Kleinsein und Großwerden«          Bei Abb. 3 handelt es sich um eine        rungen. Diese entwicklungsbeding-
Petri hat das Thema des »Kleinseins       kreative Gestaltung, bei der mithilfe     ten Aufgaben wurden von Robert J.
und Großwerdens« mit dem Begriff          von Knete, Smarties und Wattestäb-        Havighurst als »Entwicklungsaufga-
der »Gulliver-Erfahrung« (Petri 1989,     chen meines Sohnes ein Geburtstags-       ben« bezeichnet. Eine Entwicklungs-
S. 66) beschrieben. Für Kinder glie-      kuchen (für mich) hergestellt wurde.      aufgabe ist eine Aufgabe, die sich in
dert sich danach die Welt in Kleine und                                             einer bestimmten Lebensperiode
Große, in Zwerge und Riesen, in                                                     stellt und die erfolgreich bewältigt
Mächtige und Ohnmächtige. Mit die-                                                  werden muss. Das Konzept der Ent-
ser Perspektive, die durch Erziehungs-                                              wicklungsaufgaben verbindet folg-
stile und den Umgang mit dem ein-                                                   lich Individuum und Umwelt, indem
zelnen Kind stärker oder schwächer                                                  es kulturelle Anforderungen mit in-
ausfallen kann, sind auch Gefühle von                                               dividueller Leistungsfähigkeit in Be-
Ängstlichkeit und Bedrohung verbun-                                                 ziehung setzt, und es räumt zugleich
den. So entsteht der Wunsch, die ei-                                                dabei dem Individuum eine aktive
gene Kleinheit zu überwinden, schnell                                               Rolle bei der Gestaltung der eigenen
groß zu werden, um die damit wahr-                                                  Entwicklung ein. Im Gegensatz zu
genommenen Privilegien (mehr zu                                                     den meisten Entwicklungsbegriffen
dürfen oder zu können) auch zu ge-                                                  erklärt es Entwicklung nicht nur als
nießen. Mit dem Erleben des Klein-                                                  Resultat vergangener Ereignisse, son-
seins stehen auch häufig Macht- oder                                                dern aus vorweggenommenen zu-
Größenfantasien in Verbindung, die                                                  künftigen Geschehnissen. Eine wei-
das natürliche Wachstum in fantasti-                                                tere zentrale Idee des Entwicklungs-
scher Weise überwinden. Gleichzei-        Abb. 3: Ein Geburtstagskuchen             aufgabenkonzepts beruht darauf, dass
tig kann das schmerzlich erlebte                                                    Entwicklung als Lernprozess verstan-
»Kleinsein« auch Ängste bezüglich         Dies ist ein Ritual, das er aus der Fa-   den wird, der sich über die gesamte
des Großwerdens hervorrufen. Das          milie oder auch aus dem Kindergar-        Lebensspanne erstreckt und zum Er-
Bild der »Schnecke« sensibilisiert ei-    ten kennt. Es handelt sich also um die    werb von Fertigkeiten und Kompe-
nerseits für Entwicklungsthemen in        Umsetzung eines »konventionellen          tenzen führt, die zur zufriedenstellen-
der frühen Kindheit und weist ande-       Symbols«, welches auf originelle Wei-     den Bewältigung des Lebens in einer
rerseits Bezüge zu den alltäglichen Tä-   se umgestaltet bzw. neu gestaltet wur-    Gesellschaft notwendig sind. Mit
tigkeiten auf. Viele Kinder im Vor-       de. Etwas anders formuliert erkennt       dem Begriff der Entwicklungsaufga-
schulalter entwickeln nämlich eine        man daran den Prozess der Enkultu-        be ist eine eigentätige Konstruktions-
große Leidenschaft im Sammeln, Ver-       ration. Dabei handelt es sich um den      leistung des sich bildenden Subjekts
sorgen und Betrachten von lebendigen      Prozess, bei dem Heranwachsende           verbunden. Entwicklungsaufgaben
Schnecken oder anderen Tieren.            die Traditionen einer Kultur oder ei-     beziehen sich auf Altersbereiche mit
                                          ner sozialen Gruppe (hier der Fami-       jeweils spezifischen Themen und
                                          lie) erlernen und verinnerlichen. Von     Aufgaben. Der frühen Kindheit wer-
     Kerzen – Symbole für                 besonderer Bedeutung ist dabei das        den folgende Entwicklungsaufgaben
       Lebenszeit und                     Erlernen der Sprache und sonstiger        zugeschrieben.2
     zukünftige Aufgaben                  konventioneller Symbole. Interessant       Geburt bis 2 Jahre: Anhänglich-
                                          ist nun die auffällig hohe Anzahl von        keit (social attachment), Objekt-
Was wird in der Schule auf mich zu-       Kerzen auf dem Kuchen. Während               permanenz, sensomotorische Intel-
kommen? Werde ich die Erwartun-           bei meinem Sohn bisher maximal 4             ligenz, schlichte Kausalität, moto-
gen und Aufgaben bewältigen kön-          Kerzen auf dem Kuchen brannten,              rische Funktionen, Aufbau emotio-
nen? Bei Fragen dieses Themas ist         wird an den vielen Kerzen deutlich,          naler Beziehungen, Neugier und
das Bewusstsein der eigenen Zukunft       dass eine ungenaue zahlenmäßige              Kontrolle impulsiver Regungen,
entscheidend, denn mit dem »Groß-         Vorstellung davon besteht, wie alt           Selbstregulation.
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  2 bis 4 Jahre: Selbstkontrolle (vor    nen und thematisieren Vorschulkin-      Beim Spiegelstadium in Lacans
   allem motorisch), Sprachentwick-       der auf ihre eigene Weise. Oftmals      Theorie handelt es sich also zunächst
   lung, Fantasie und Spiel, Verfeine-    ohne die emotionale Reichweite zu       um eine psychologische Entwick-
   rung motorischer Funktionen,           erkennen, wird die »theoretische Fra-   lungsphase, in der die Entwicklung
   wachsende Selbstkontrolle körper-      ge« nach dem Tod von Eltern oder        des Ichs zeitlich verortet wird. Das
   licher und seelischer Bedürfnisse,     Großeltern angesprochen. Auch ist es    Selbsterkennen im Spiegel wird als
   befristete Ablösung von den pri-       zumeist weniger das Bewusstsein der     erster Ausdruck eines eigenen und
   mären Bezugspersonen.                  eigenen Endlichkeit, sondern viel-      abgegrenzten kategorialen Selbst ver-
 5 bis 7 Jahre: Geschlechtsrollen-       mehr die Verwunderung und die Su-       standen. Mit dieser Kompetenz sind
   identifikation, einfache moralische    che nach Erklärungen, die hier be-      aber weitere Fähigkeiten verbunden,
   Unterscheidungen treffen, konkre-      schäftigen. Kinder
   te Operationen, Spiel in Gruppen,      werden auch im All-
   Denkvollzüge in Abhängigkeit           tag unvorbereitet
   von konkreten Operationen und          und spontan mit der-
   Orientierung an sozialen Regeln.       artigen Themen kon-
Die Bearbeitung von Entwicklungs-         frontiert. Sie sehen
aufgaben lässt sich in den vielfältigs-   einen aus dem Nest
ten symbolischen Ausdrucks- und           gefallenen toten Vo-
Aneignungsweisen von Kindern fin-         gel, einen überfahre-
den. Natürlich lassen sich zu diesen      nen Igel oder ein to-
Aufgaben noch vielfältige Lernanfor-      tes Insekt und fragen
derungen hinzufügen, wie z. B. zu-        nach Begründungen
nehmende Selbstständigkeit (Vor-          oder Erklärungen.
schulkinder wollen viele Dinge, die       Bei der Verarbeitung
sie noch nicht beherrschen, selbst        können Mythen und
machen) oder die moralische Ent-          Märchen helfen, die
wicklung.                                 diese fortwährend wiederkehrenden       wie z. B. die Entwicklung von Em-
                                          seelischen Spannungsmuster sym-         pathie. Mit dem sich entwickelnden
Thema »Gerechtigkeit und                  bolisch thematisieren (vgl. Bettel-     Bewusstsein ist auch die identitäts-
moralisches Handeln«                      heim 1980).                             bezogene Entwicklungsaufgabe ver-
Kinder wachsen in eine Kultur hinein,                                             bunden, ein autobiographisches Ge-
in der sie sich auch mit den dort be-                                             dächtnis zu entwickeln (Keller 2004,
stehenden Wert- und Normvorstellun-             Spiegel – Symbol für              S. 21). Selbsterkennen, Erinnern und
gen auseinandersetzen müssen. In der             das Erkennen der                 Entwicklung eines Selbstkonzepts
Auseinandersetzung mit ihrer Um-                 eigenen Identität                gehen hier miteinander einher und
welt erlernen und entwickeln Kinder                                               zeigen in dieser Lebensphase am
das Empfinden für Unrecht und Ge-         Mit dem Spiegel und dem Blick in        deutlichsten die Verschränkung von
rechtigkeit. »Je ausschließlicher und     den Spiegel sind unweigerlich die       Lernen und biografischen Erfahrun-
einfacher die Bindung an Bezugsper-       Reflexion und das Bewusstsein der       gen. Ein solches identitätsbezogenes
sonen ist, desto enger schließen sich     eigenen Identität verbunden. Mit dem    Thema ist die Frage nach der eige-
die Moralvorstellungen des heran-         ersten Schritt dazu ist das sogenann-   nen Geschlechtlichkeit.
wachsenden Kindes an die der Be-          te Selbsterkennnen im Spiegel ge-
zugspersonen an. Mit zunehmender          meint und findet im Alter zwischen      Thema »Geschlechtsidentität«
Differenzierung des Feldes der Be-        dem 6. und 18. Lebensmonat statt.       Kinder entwickeln im Alter von 2 bis
zugspersonen, -gruppen und -instan-       Aufgrund dieser Funktion wird das       3 Jahren eine Vorstellung der Ge-
zen (Religion, Philosophie, Politik,      Spiegelbild bzw. die Metapher des       schlechtsidentität bei sich und zuneh-
Literatur, Medien) erweitern sich auch    Spiegelbildes häufig auch für das zu    mend auch bei anderen. Mit dem Er-
die sittlichen Orientierungen und ver-    Bewusstsein kommende Individuum         kennen der eigenen Geschlechtlich-
stärken sich die Möglichkeiten für eine   benutzt. In seinem viel beachteten      keit sind Fragen nach den damit zu-
eigenständige Moral.«3                    Artikel »Das Spiegelstadium als Bild-   sammenhängenden Rollenerwartun-
                                          ner der Ichfunktion« hat z. B. auch     gen, das Entwickeln eines Schamge-
Thema »Tod und Sterben«                   Jacques Lacan (1991) den Begriff des    fühls und das Interesse am anderen
Dass zum Leben eben auch das The-         Spiegels als ein Zu-sich-selbst-Ver-    Geschlecht verbunden. Die damit
ma »Tod und Sterben« gehört, erken-       halten des Subjekts hervorgehoben.      verbundenen Erwartungen, Verhal-
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tensweisen, Beziehungen und Äußer-             zunehmend bewusster werdenden                            Hüther, Gerald: Kinder brauchen Wurzeln. Zum
lichkeiten werden zunehmend in so-             Gefühle beginnt bereits im Vorschul-                     Verhältnis von Bindung und Bildung. 2003.
                                                                                                        www.homeschooling.de/huether.pdf
zialen Situationen und Spielen the-            alter. Der gefaltete Zettel und der
                                                                                                        Jörg, Sabine: Entwicklungspsychologische Voraus-
matisiert. Dazu eine Schulhofszene:            Spielablauf kann wie ein »Blick in den                   setzungen der Medienrezeption bei Kindern. In:
                                               Spiegel« gedeutet werden, bei dem der                    Deutsches Jugendinstitut (Hrsg.): Medienerziehung
                                                                                                        im Kindergarten – Teil 1. Pädagogische Grundla-
Zwei Mädchen, beide 7 Jahre, gehen auf         Junge unweigerlich mit gruppen- oder                     gen. Opladen: Leske u. Budrich 1994, S. 188-217.
zwei Jungen zu, die auf einer Bank sit-        altersspezifischen Themen konfron-                       Kelle, Helga; Breidenstein, Georg: Kinder als Ak-
zen. Eines der Mädchen hält einen gefal-       tiert wird, die eine innere und äußere                   teure. Ethnographische Ansätze in der Kindheits-
teten Zettel in der Hand und fordert den       Stellungnahme herausfordern.                             forschung. In: Zeitschrift für Sozialisationsforschung
Jungen auf, etwas zu tun. Auf der geknick-                                                              und Erziehungssoziologie, 16/1996/-, S. 47-67.
ten Fläche steht »Drücken«. Der Junge                                                                   Keller, Heidi: Die Bedeutung der frühen Jahre.
                                                                                                        Entwicklungsaufgaben der Kleinkindzeit. In: Horst-
drückt mit einem Finger auf den Zettel. Die                                                             kemper, Marianne; Scheunpflug, Annette; Walper,
Mädchen kichern. Nun wird der Zettel                      ANMERKUNGEN
                                                                                                        Sabine u. a. (Hrsg.): Aufwachsen. Die Entwicklung
aufgefaltet und es steht in der oberen Hälf-   1 Als theoretisches Modell beziehe ich mich hier auf
                                                                                                        von Kindern und Jugendlichen (Jahresheft Schüler
te »Junge« und darunter »Mädchen«. In                                                                   2004). Seelze: Friedrich 2004, S. 18-22.
                                                 interaktionistische Ansätze, wie sie z. B. von
der unteren Hälfte steht »Küssen«, »Dis-         Hurrelmann (1983) mit dem des produktiv-reali-         Lacan, Jacques: Das Spiegelstadium als Bildner
                                                 tätsverarbeitenden Subjekts beschrieben wurden.        der Ichfunktion. In: Lacan, Jacques: Das Werk
ko«, »Verabredung« und »Seks«. Der Jun-                                                                 (Schriften 1). Weinheim: Quadriga 1991.
                                               2 Oerter 1998, S. 124 und Digitale Bibliothek Band
ge muss nun wählen: »Junge« oder »Mäd-           65: dtv-Wörterbuch Pädagogik, S. 719.                  Mietzel, Gerd: Wege in die Entwicklungspsychologie.
chen«. Er sagt »Junge«. Das Mädchen rea-       3 Vgl. Wörterbucheintrag »Moral«. Digitale Biblio-       Kindheit und Jugend. Weinheim: Beltz 1995.
giert empört: »Jungen dürfen nur Mäd-            thek Band 65: dtv-Wörterbuch Pädagogik, S. 1525.
                                                                                                        Neuß, Norbert: Symbolische Verarbeitung von
chen« sagen. Der Junge sagt »Mädchen«.                                                                  Fernseherlebnissen in Kinderzeichnungen. Eine
Nun muss er sich aus den 4 Wahlmög-                                                                     empirische Studie mit Vorschulkindern. München:
                                                                                                        KoPäd 1999.
lichkeiten eine aussuchen. Er antwortet:
                                                                 LITERATUR                              Neuß, Norbert (Hrsg.): Ästhetik der Kinder. Inter-
»Küssen«. Jetzt wird der Zettel gewen-
                                                                                                        disziplinäre Beiträge zur ästhetischen Erfahrung
det und es sind Zahlen von 1 bis 5 zu se-      Baacke, Dieter: Die 0- bis 5jährigen. Einführung         von Kindern. Frankfurt a. M.: Gemeinschaftswerk
hen. Unter jeder Zahl ist ein farbiger         in die Probleme der frühen Kindheit. Weinheim:           der Ev. Publizistik 1999.
Punkt. Er soll eine Kombination aus Far-       Beltz 1999.                                              Neuß, Norbert: Bildung und Lerngeschichten im
be und Zahl nennen. Er entscheidet sich        Baacke, Dieter: Die 6- bis 12jährigen. Einführung        Kindergarten. Konzepte – Methoden – Beispiele.
                                               in Probleme des Kindesalters. 3. Aufl. Weinheim und      Berlin: Cornelsen 2007.
für »2« und »blau«. Das Mädchen schaut
                                               Basel: Verlagsgruppe Beltz 2004.                         Oerter, Rolf; Montada, Leo (Hrsg.): Entwicklungs-
auf der Rückseite nach: Lauthals verkün-
                                               Bettelheim, Bruno: Kinder brauchen Märchen.              psychologie. Weinheim: PVU 1998.
det sie: »Der Rico will die Daniele küs-       Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1980.                Petri, Horst: Erziehungsgewalt. Frankfurt a. M.:
sen«. Alle Umstehenden lachen. Der Jun-        Bollnow, Otto Friedrich: Existenzphilosophie und         Fischer Tb 1989.
ge lacht auch, tippt sich aber mit dem Fin-    Pädagogik. Stuttgart: Kohlhammer 1959.                   Piaget, Jean: Meine Theorie der geistigen Entwick-
ger an den Kopf. Nun geht das Spiel mit        Bronfenbrenner, Uri: Die Ökologie der menschli-          lung. Frankfurt a. M.: Fischer Tb 1981.
dem anderen Jungen weiter.                     chen Entwicklung. Stuttgart: Klett-Cotta 1980.           Schäfer, Gerd E. (Hrsg.): Bildung beginnt mit der
                                               Doehlemann, Martin: Von Kindern lernen. Zur              Geburt. Ein offener Bildungsplan für Kindertages-
Bei diesem Spiel gehen die Kinder              Position des Kindes in der Welt der Erwachsenen.         einrichtungen. Weinheim: Beltz 2005.
                                               Weinheim: Juventa 1979.                                  Schäfer, Gerd E.: Bildungsprozesse im Kindesal-
aktiv mit einem Thema um, das sie
                                               Dornes, Martin: Die frühe Kindheit. Entwicklungs-        ter. Selbstbildung, Erfahrung und Lernen in der frü-
peinlich berührt und das für sie auf-          psychologie der ersten Lebensjahre. Frankfurt            hen Kindheit. Weinheim: Juventa 1995.
grund ihrer Unerfahrenheit eine ge-            a. M.: Fischer Taschenbuch-Verlag 2001.                  Schorb, Bernd; Theunert, Helga: Kinder nutzen Car-
wisse Brisanz hat. Mit jemandem                Fatke, Reinhard (Hrsg.): Ausdrucksformen des             toons zur Orientierung. In: Theunert, H. (Hrsg.) »Ein-
                                               Kinderlebens. Phantasie, Spiel, Wünsche, Freund-         same Wölfe« und »Schöne Bräute«. Was Mädchen und
befreundet sein, eine Freundin oder            schaft, Lügen. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 1994.           Jungen in Cartoons finden. München: R. Fischer
einen Freund haben, jemanden küs-              Fromm, Erich: Freiheit als Wachstum des Selbst.          (BLM-Schriftenreihe Bd. 26) 1993, S. 139-147.
sen, sich verlieben oder sich verab-           In: Fink, Rainer (Hrsg.): Erich Fromm Lesebuch.          Winnicott, Donald W.: Vom Spiel zur Kreativität.
                                               München: dtv 1985, S. 153-163.                           Stuttgart: Klett 1973.
reden, sind aufregende Themen, die
                                               Havighurst, Robert J.: Developmental tasks and
in diesem Alter durch unterschied-             education. 3. Auflage. New York: McKay 1972.
lichste Formen des Spiels bearbeitet           Holodynski, Manfred: Individualisierung im Vor-
werden. Gerd E. Schäfer hebt in die-           schulalter. In: Zentrum für Kindheits- und Jugend-                       DER AUTOR
                                               forschung (Hrsg.): Wandlungen der Kindheit. Theo-
sem Zusammenhang hervor, dass der              retische Überlegungen zum Strukturwandel der
Erwerb der Geschlechtsidentität nicht          Kindheit heute. Opladen: Leske u. Budrich 1993,              Norbert Neuß, Dr.
einfach ein Prozess der Übernahme              S. 49-76.                                                    phil., ist Professor
von Modellen sei: »Identitätsbildung,          Honig, Michael-Sebastian; Leu, Hans Rudolf; Nis-             für Medienpäd-
                                               sen, Ursula (Hrsg.): Kinder und Kindheit. Sozio-             agogik und »Me-
wie Bildung überhaupt, trägt Züge              kulturelle Muster – sozialisationstheoretische Per-
                                                                                                            thoden der Sozia-
des Spiels« (Schäfer 1995, S. 195).            spektiven. Weinheim.: Juventa 1996.
                                               Hurrelmann, Klaus: Das Modell des produktiv re-
                                                                                                            len Arbeit« an der
Diese selbstständige Bearbeitung der                                                                        Fachhochschule Hildesheim/Holz-
                                               alitätsverarbeitenden Subjekts in der Sozialisations-
eigenen Geschlechtsrollenidentität,            forschung. In: Zeitschrift für Sozialisationsforschung       minden/Göttingen in Holzminden.
der eigenen Körperlichkeit und der             und Erziehungssoziologie, 3/1983/1, S. 91-103.
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