Schutzkonzept Haus für Kinder Vergissmeinnicht

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Schutzkonzept Haus für Kinder Vergissmeinnicht
Schutzkonzept
    Haus für Kinder Vergissmeinnicht

Diakonie Oberbayern   Haus für Kinder Vergissmeinnicht Gottlob-Weiler-Str. 26/28a 83052 Bruckmühl
                                                                                  Stand März 2021

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition von Gewalt und Übergriffen

       2.1 Wann ist ein Verhalten für uns übergriffig?

       2.2 Durch wen kann psychische/physische/sexuelle Gewalt ausgeübt werden?

3. Risikoanalyse

       3.1 In welchen Situationen sind die Kinder in unserem Haus
           besonders gefährdet?

       3.2 Gibt es im Haus besondere räumliche Gefahrenzonen?

4. Verhaltenskodex

       4.1 Zwischen MitarbeiterInnen und Kindern

       4.2 Zwischen den Kindern

       4.3 Zwischen den Erwachsenen/Eltern und Kindern

5. Präventive Maßnahmen zur Verhinderung von Gewalt und Grenzüberschreitung

       5.1 Stärkung der Kinder in ihren Rechten

       5.2 Partizipation

       5.3 Konzept der sexuellen Bildung

       5.4 Beschwerdeverfahren

       5.5 Fortbildungen

       5.6 Neueinstellungen/Einarbeitungsphase

6. Interventionsmaßnahmen

       6.1 Wie verhalte ich mich, wenn ich eine „unangebrachte“ Situation beobachte oder ein
           Kind mir von einem Übergriff berichtet?

       6.2 Interventionsmaßnahmen des Trägers

       6.3 Gibt es Vorerfahrungen in unserem Haus mit sexualisierter Gewalt?

       6.4 Gibt es klar definierte Zuständigkeiten? Werden diese tatsächlich
           ausgeführt oder gibt es informelle Strukturen?

Zusammenfassung

Erklärung

Literaturverzeichnis

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1. Einleitung
Im Haus für Kinder Vergissmeinnicht, der Diakonie Oberbayern, begleiten wir Kinder
von 0 bis 6 Jahren. Im Rahmen des Schutzauftrags gemäß §8a, §45, §72a und §79a
des SGB VIII haben sich Träger und Fachkräfte dazu verpflichtet, sich für den aktiven
Schutz der uns anvertrauten Kindern einzusetzen und diesem nachzukommen (vgl.
SGB VIII).

Das vorliegende Schutzkonzept soll einen Rahmen geben und allen beteiligten
Akteure unserer Kindertagesstätte Orientierung geben. Es setzt sich vorwiegend mit
der sexuellen Grenzüberschreitung (unter anderem Nähe und Distanz) und der
Prävention und Intervention sexueller Übergriffe oder Missbrauch auseinander.
Selbstverständlich   können       die     Definitionen,  Verhaltenskodex      und
Präventionsmaßnahmen alle auch auf die physische und psychische Gewalt bezogen
werden.

2. Definition von Gewalt und Übergriffen
Unter sexueller Gewalt versteht man sexuelle Handlungen vor und an Kindern und
Jugendlichen, bei denen der Täter oder die Täterin eine Macht- und Autoritätsposition
ausnutzt, um eigene Bedürfnisse zu befriedigen. Sexueller Missbrauch umfasst ein
breites Spektrum einmaliger und wiederholter sexueller Handlungen ohne
Körperkontakt bis hin zu invasiver, penetrierender Gewalt, die sich über Jahre hin
erstrecken kann. 1

Gerade in Kindertagesstätten besteht immer ein Machtgefälle, beispielsweise
zwischen älteren und jüngeren Kindern oder Erwachsenen und Kindern. Durch den
bewussten und reflektierten Umgang damit verhindern wir Übergriffe durch ein
Machtgefälle.

Im Folgenden Schutzkonzept wird unsere Vorgehensweise                                mit       einem
Machtmissbrauch und dessen Vorbeugung erläutert.

Zudem wird auch das Thema der physischen und psychischen Gewalt besprochen.
Diese kann ebenfalls von Erwachsenen aber auch von Kindern ausgeführt werden.

2.1 Wann ist ein Verhalten für uns übergriffig?
Ein Verhalten ist dann für uns übergriffig, wenn

       ein NEIN nicht akzeptiert wird,

1Heynen Susann (2011): Sexueller Missbrauch. In: Ehlert, Funk, Stecklina (Hrsg.): Wörterbuch
Soziale Arbeit und Geschlecht. Weinheim und München. S. 373
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   ein Zwang besteht,
      ein Machtverhältnis ausgenutzt wird,
      körperliche Distanzlosigkeit geschieht,
      jemand zu (sexuellen) Handlungen gezwungen wird,
      unsittliche Berührungen stattfinden,
      Mobbing und Ausübung psychischen Druckes (Erpressung, Drohung, etc.)
       geschieht,
      Körperlicher Gewalt im Allgemeinen angedroht oder ausgeübt wird

2.2 Durch wen kann psychische/physische/sexuelle Gewalt
ausgeübt werden?
Sexuelle Gewalt kann von Personen ausgeübt werden, die mit den Schutzbefohlenen
in Kontakt kommen:

          Freunde
          Familie
          Fachkräfte
          Andere Kinder
          Alle (fremden) Personen, die sich im Haus befinden

3. Risikoanalyse
Im Folgenden setzen wir uns mit den verschiedenen Gegebenheiten des Hauses für
Kinder    Vergissmeinnicht      auseinander,     die   sexualisierte Gewalt oder
Grenzverletzungen begünstigen können. In jedem Haus gibt es Räumlichkeiten, die
Übergriffe ermöglichen können. Auch bietet der Betreuungsalltag in unserer
Einrichtung immer wieder Momente, in denen Kinder besonders verletzlich sind. Je
bewusster wir uns dieser Gefahrenquellen sind und je offener wir damit umgehen,
desto geringer ist das Risiko für die uns anvertrauten Kinder.

3.1 In welchen Situationen sind die Kinder in unserem Haus
besonders gefährdet?
Als pädagogische Fachkräfte geben wir den Kindern emotionale und körperliche Nähe
und Sicherheit, die für das Wohlbefinden des Kindes elementar wichtig sind. Hier gilt
es die richtige Balance zu finden. Besonders gefährdete Situationen im pädagogischen
Alltag sind oder sein könnten:

      Aufenthalt im Kinderbad (Sauberkeitserziehung und Wickeln),
      Umziehsituationen von Kindern,
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   Mittagsschlaf,
      Ausflüge,
      Einzelsituationen zwischen pädagogischen MitarbeiterInnen und Kindern,
      Vertretungssituationen,      HospitantInnen    und    neue   MitarbeiterInnen,
       Praktikanten und neue KollegInnen dürfen nach individueller Absprache mit der
       Kitaleitung, intime Situationen (wickeln) übernehmen, nachdem sie diese vorher
       begleitet haben,
      Alle Situationen in denen sich (fremde) Personen im Haus befinden.

3.2 Gibt es im Haus besondere räumliche Gefahrenzonen?
      Kinderbäder, Personal- und Besuchertoiletten,
      Uneinsichtige Bereiche des Gartens,
      Abstellräume, Keller und Gartenhäuschen,
      Uneinsichtige Nebenräume (Schlafräume, Turnhallennebenraum, Gruppen-
       nebenräume),
      Einzelne Bereiche der Gruppenräume (uneinsichtige Ecken, Kuschelecken).

4. Verhaltenskodex
Grundsätzlich gilt für alle Beteiligten, dass sie die Grenzen auf Einhaltung der
Intimsphäre des jeweils Anderen achten.

Es gibt folgende Hausregeln in unserer Kita, die für Kinder und Mitarbeitende gelten:

      Wir sagen dem pädagogischen Personal wo wir sind.
      Wir alle achten auf Körperhygiene.
      Stopp heißt Stopp.
      Wir achten aufeinander.

4.1 Zwischen MitarbeiterInnen und Kindern
Wir als Fachkräfte geben den Kindern Nähe, wenn diese gewünscht wird und achten
darauf, dass dieser Körperkontakt von den Bedürfnissen des Kindes geleitet wird.
Trotzdem achten wir die Grenzen der MitarbeiterInnen und weisen die Kinder darauf
hin, wenn diese überschritten werden, z. B. Kind fasst PädagogIn ins Gesicht etc..

Die Kinder werden mit Ihrem Namen angesprochen, es werden keine Kosenamen
verwendet Ausnahme: Wenn das Kind wünscht mit seinem Spitznamen angesprochen
zu werden. Vor intimen Situationen, wie z. B. das Wickeln, werden die Kinder gefragt
wer sie begleiten soll. Die Kinder sollen ihren Alltag weitestgehend mitbestimmen
dürfen, damit unser Machtverhältnis nicht ausgenutzt werden kann. Gerade im
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Kleinkindalter werden Intimsituationen sprachlich begleitet, damit das Kind den
nächsten Schritt kennt und ihn nicht als übergriffig erlebt. Außerdem ist uns wichtig,
dass professionelle Grenzen nicht überschritten werden, weshalb Fachkräfte keine
Kinder küssen. Wir sorgen zudem für eine gute Transparenz, indem wir die Türen nach
Möglichkeit im Tagesablauf ab und zu offenlassen.

Wir sorgen für eine gute Transparenz, indem wir die Türen ab und zu offenlassen (im
Tagesablauf nicht immer möglich). Die Fachkräfte küssen keine Kinder.

Für fotografische Aufnahmen verwenden wir ausschließlich die Kameras der Kita oder
die Kita-Handys. Dabei achten wir darauf, dass keine unbekleideten Kinder fotografiert
werden. Unseren Alltag machen wir stets transparent, durch das Aushängen der
Wochenpläne und die Tür- und Angelgespräche mit den Eltern.

4.2 Zwischen den Kindern
Grundsätzlich gilt für alle Beteiligten, dass sie auf die Intimsphäre des jeweils anderen
achten. Wir thematisieren mit den Kindern regelmäßig das Thema „Nähe und Distanz“
und stärken sie in ihrem Recht „Nein“ zu sagen (vgl. UN-Kinderrechtskonvention,
Kinderrechte). Wir gehen wertschätzend mit der Sexualentwicklung der Kinder um und
akzeptieren „Doktorspiele“, wenn diese nicht gegen den Willen eines Kindes
stattfinden und Grenzen festgelegt wurden (diese legt jedes Kind individuell für sich
fest). Die Emotionen der Kinder werden wahrgenommen und gemeinsam reflektiert.
Uns ist es wichtig, Kinder in ihrer Entwicklung zu einer selbstständigen Persönlichkeit
zu begleiten. Hierzu gehört auch das Spielen ohne Aufsicht. Wir im Team beachten
dabei aber den Entwicklungsstand, das Sozialverhalten und mögliche
Machtverhältnisse zwischen den Kindern. Gewalt wird bei uns weder psychisch noch
physisch geduldet. Dies machen wir den Kindern durch regelmäßige Gespräche (vor
allem nach Konfliktsituationen) bewusst und behandeln die Themen „Mobbing“ und
„körperliche Gewalt“ auch regelmäßig bei Projekten oder im Alltag wie beispielsweise
beim Vorlesen von Kinderbüchern.

4.3 Zwischen den Erwachsenen/Eltern und Kindern
Wir achten darauf, dass nur pädagogisches Personal oder Kinder die Bäder betreten.
Falls dies beobachtet wird, sprechen wir die Besucher aktiv darauf an. Sollten Eltern
ihr Kind wickeln wollen, steht ihnen im Haupthaus hierfür die Toilette im Erdgeschoss
zur Verfügung. Wir wahren den Datenschutz und geben bei Übergriffen nicht die
Namen der beteiligten Kinder an die betroffenen Eltern weiter. Um den Schutz der
Kinder zu gewährleisten, dürfen keine Fremden unser Haus betreten. Eltern und
andere Abholpersonen gelangen nur mit einer Eingangskontrolle an der
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Gegensprechanlage ins Haus. Sollte es notwendig sein, dass sich Dritte, wie z. B.
Handwerker im Haus aufhalten, lassen wir diese nicht alleine im Haus zurück.

Unser Schutzkonzept liegt zur Ansicht aus und wird fortlaufend aktualisiert, die Eltern
werden darüber informiert. Kinder sollen sich nicht unbekleidet in einsehbaren
Bereichen aufhalten. Jedes Kind muss sich bei mindestens einer Fachkraft
verabschieden, abholberechtigte Personen sollen ihren Personalausweis bereithalten.
Kinder werden auch nur an abholberechtige Personen mitgeben, wenn es vorab von
den Erziehungsberechtigten kommuniziert wurde.

Sollten wir Grund zur Annahme von körperlicher und/ oder geistiger Misshandlung
haben, wird dies umgehend mit der jeweilig anderen Partei besprochen. Weitere
Informationen dazu finden Sie unter 5.4 Beschwerdeverfahren.

Wir achten bei Eltern auf die Trennung von beruflichen und privaten Kontakten,
beispielsweise ist das Babysitten von Familien der Einrichtung nicht erlaubt. Wir
Siezen Eltern und deren Abholberechtigte. Außerdem wird auf einen respektvollen
Umgang und Sprachgebrauch miteinander geachtet.

5. Präventive Maßnahmen zur Verhinderung von Gewalt und
Grenzüberschreitung
Präventionsmaßnahmen dienen zur Vorbeugung sexualisierter Gewalt                   und
Grenzüberschreitungen an Kindern. Diese werden im Folgenden geschildert.

5.1 Stärkung der Kinder in ihren Rechten
Damit Kinder ihre Rechte wahrnehmen und vertreten können, müssen sie diese erst
einmal kennenlernen. Hierzu zählen unter anderem diese wesentlichen Aussagen:

      Dein Körper gehört dir!
      Vertraue deinem Gefühl!
      Du hast das Recht NEIN zu sagen!
      „Schlechte“ Geheimnisse darfst du weitererzählen!
      Du hast das Recht auf Hilfe!
      Du kannst über alles reden!

Diese Grundaussagen bringen wir allen Kindern in pädagogischen Angeboten und vor
allem im pädagogischen Alltag näher.

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5.2 Partizipation
Ein wichtiger Bestandteil der Vorbeugung sexualisierter Gewalt oder
Grenzverletzungen      ist   die      Partizipation von     Kindern.    Durch    eine
entwicklungsangemessene Beteiligung der Kinder in Entscheidungsprozesse erlernen
die Kinder ihre Gefühle und Bedürfnisse zu artikulieren. Dies erzeugt eine offene und
vertrauensvolle Atmosphäre, die es den Kindern erlaubt, offen Situationen
anzusprechen. Grenzüberschreitungen werden so bewusster wahrgenommen und die
Verbalisierung wird erleichtert (vgl. Diakonie Deutschland, 2014). Die Kinder können
beispielsweise bei der Gestaltung des Tages mitwirken, entscheiden mit wem sie was
spielen möchten etc.. In der Zukunft möchten wir die sogenannten Kinderkonferenzen
einführen und uns intensiver mit dem Thema Partizipation in der Kita beschäftigen.

5.3 Konzept der sexuellen Bildung
Das Konzept der sexuellen Bildung wurde erstmals 2020 erarbeitet und liegt ebenfalls
für die Eltern aus (siehe Konzept der sexuellen Bildung Haus für Kinder
Vergissmeinnicht).

5.4 Beschwerdeverfahren
Eine beschwerdefreundliche Kultur ist geprägt von wertschätzendem Umgang aller
Beteiligten und einem professionellen Selbstverständnis, das Fehler als Bestandteil
der alltäglichen Berufspraxis begreift (vgl. Erzbischöfliches Ordinariat 2015). Kritische
Impulse werden in unserem Haus zugelassen und sind erwünscht.

Im Rahmen von Erzählkreisen oder bei ihren Bezugspersonen erhalten die Kinder die
Möglichkeit sich anzuvertrauen. Wenn Kinder eine Beschwerde gegenüber den
MitarbeiterInnen äußern, geben die MitarbeiterInnen diese Beschwerde ins Team
weiter und gemeinsam wird nach einer Lösung gesucht. Die Beschwerde des Kindes
wird dokumentiert.

Beschwerden können auch in Form des jährlichen Elternfragebogens zur Zufriedenheit
eingereicht werden. In den monatlichen stattfindenden Supervisionen und im
alltäglichen   Gespräch,    sowie    den      zweimal    jährlich  stattfindenden
Personalentwicklungsgesprächen bietet sich die Möglichkeit zur Beschwerde, sowie
der (eigenen) Reflexion und bewussten Auseinandersetzung mit dem Thema. Denn
Achtsamkeit beginnt im Umgang mit sich selbst.

Wir gehen achtsam mit Beschwerden, sei es von Kindern, Eltern oder MitarbeiterInnen
um, nehmen sie ernst und handeln besonnen und zeitnah.

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5.5 Fortbildungen
Unser Träger bietet in Zusammenarbeit mit DWRO-Consult in regelmäßigen
Abständen Fortbildungen zum Thema Kindeswohlgefährdung §8a an. Diese
Fortbildung ist für alle neuen MitarbeiterInnen verbindlich.

5.6 Neueinstellungen/Einarbeitungsphase
In allen Vorstellungsgesprächen werden Bewerber und Bewerberinnen darüber
informiert, dass wir uns als Träger aktiv mit Thema „Schutz vor sexueller Gewalt in
Einrichtungen“ auseinandersetzen. Weiterhin werden die Bewerber und
Bewerberinnen dazu befragt, wo Kinder im Kita-Alltag ihrer Meinung nach gefährdet
sein können und welche Ideen sie haben, um Kinder vor sexuellen Übergriffen zu
schützen. Im Anschluss werden durch die Kitaleitung hierzu Beispiele zum
Verhaltenskodex der jeweiligen Einrichtung genannt, z.B. ein Kollege/ eine Kollegin
geht nicht alleine mit Kindern in nicht einsehbare Räume. Neue KollegInnen reichen
vor Arbeitsantritt ein erweitertes Führungszeugnis ein und erhalten das Schutzkonzept
unserer Einrichtung am ersten Arbeitstag. Durch ihre Unterschrift bestätigen sie, diese
gelesen zu haben und die Inhalte umzusetzen.

Neue Mitarbeitende dürfen erst nach einer individuell abgesprochenen
Eingewöhnungszeit mit den Kindern zum Wickeln oder auf die Toilette gehen.
KurzzeitpraktikantInnen und externe Vertretungsdienste übernehmen diese Aufgabe
grundsätzlich nicht.

6. Interventionsmaßnahmen

6.1 Wie verhalte ich mich, wenn ich eine unangebrachte
Situation beobachte oder ein Kind mir von einem Übergriff
berichtet?
Grundsätzlich ist jede/r MitarbeiterIn dafür verantwortlich einer unangemessenen
Situation entgegenzuwirken und es zu melden.

Wenn ein/e MitarbeiterIn eine Situation beobachtet, die „komisch“ erscheint, wird diese
Person direkt darauf angesprochen und sie lässt sich die Situation erklären. Wenn
diese Erklärung plausibel erscheint, wird der Vorfall noch einmal anonymisiert einer/m
anderen/m KollegIn geschildert. „Ich habe da heute beobachtet, dass …. Es wurde wie
folgt erklärt …. Ist das für Dich schlüssig?“ Kann diese Situation nicht mit einem Dritten
besprochen werden, wird die Leitung über den Vorfall informiert. Diese entscheidet
dann, wie weiter zu verfahren ist (vgl. Kindertageszentrum Reimarplatz, 2014). Wenn
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Kinder sich uns anvertrauen, hören wir zu und zeigen Verständnis. Wir stellen keine
Suggestionsfragen, um zu verhindern, dass die Erinnerung der Kinder überlagert wird.
Im direkten Anschluss dokumentieren wir die Aussagen der Kinder so wörtlich wie
möglich, damit keine wichtigen Details vergessen werden. Im Anschluss wird die
Leitung hinzugezogen und das weitere Vorgehen besprochen.

6.2 Interventionsmaßnahmen des Trägers
Wichtigste Regel: Schutz des Kindes!
Das Handeln bei einem Verdacht von sexueller Gewalt in der Kita stellt immer eine
Herausforderung dar. Situationen sind nicht immer eindeutig und da sich der Verdacht
auch auf eine Kollegin oder einen Kollegen richten kann, erschwert dies oft das
Handeln. Wichtig ist es deshalb Ruhe zu bewahren, Fakten zu sammeln und besonnen
zu handeln.

Werden sexuelle Übergriffe direkt beobachtet sind diese sofort zu unterbinden, werden
diese im Nachgang durch spontane Äußerungen des Kindes oder durch Erzählung der
Eltern bekannt, ist dafür Sorge zu tragen, dass keine weiteren Übergriffe geschehen.

Bei Spontanerzählungen durch welche das Kind im Mittelpunkt steht, ist es wichtig,
dass sich das Kind ernst genommen fühlt und ihm vermittelt wird, dass man ihm glaubt.
Wenn es zu einem Gespräch mit dem Kind kommt, sind ausschließlich offene Fragen
zu verwenden, z.B. Wer? Wo? Was? Wann? Wie? Das Kind darf nicht „ausgefragt“
werden, suggestive Fragen sind unbedingt zu vermeiden. Sämtliche Informationen aus
solchen Gesprächen sind sofort, wenn möglich wörtlich, zu dokumentieren. Erst nach
der Dokumentation werden diese Informationen dann umgehend an die Kitaleitung
weitergegeben. Diese schaltet die Geschäftsbereichsleitung ein. Hier wird das weitere
Vorgehen besprochen und entschieden, ob eine Meldung gemäß §47 SGBIII an die
Fachaufsicht erfolgen muss.

Wenn Eltern oder Kollegen einen Verdacht äußern, ist es ebenfalls wichtig, diesen
ernst zu nehmen und den Eindruck zu vermitteln, dass man ihnen glaubt. Sämtliche
Informationen aus solchen Gesprächen sind sofort, wenn möglich wörtlich, zu
dokumentieren. Erst nach der Dokumentation werden diese Informationen dann
umgehend      an    die   Kitaleitung  weitergegeben.    Diese    schaltet     die
Geschäftsbereichsleitung ein. Hier wird das weitere Vorgehen besprochen und
entschieden, ob eine Meldung gemäß §47 SGBIII an die Fachaufsicht erfolgen muss.

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6.3 Gibt es Vorerfahrungen                       in   unserem         Haus       mit
sexualisierter Gewalt?
In unserem Haus gibt es keine Vorerfahrungen mit sexualisierter Gewalt an Kindern.

6.4 Gibt es klar definierte Zuständigkeiten? Werden diese
tatsächlich ausgeführt oder gibt es informelle Strukturen?
Es gibt bei der Jugendhilfe Oberbayern klar geregelte Zuständigkeiten bei Verdacht
auf Kindeswohlgefährdungen. Hierzu zählt auch der Bereich der sexuellen Gewalt.
Besteht ein Verdacht auf sexuelle Gewalt durch Personen außerhalb der Kita, erfolgt
im Rahmen des §8a SGB VIII eine Gefährdungseinschätzung mit der zuständigen
ISEF (insofern erfahrene Fachkraft) in der über das weitere Vorgehen (z.B.
Elterngespräch, Meldung etc.) entschieden wird. Wichtig ist hierbei, dass die üblichen
Dokumentationsraster, z.B. Erst- und Gefährdungseinschätzung geführt werden.

Besteht ein Verdacht auf sexuelle Gewaltanwendung durch Fachpersonal oder
sexuelle Übergriffe durch andere Kinder der Kindertagesstätte, handelt es sich in der
Regel um ein meldepflichtiges Vorkommnis gem. §47 SGB VIII. Werden
Beobachtungen durch einen Mitarbeitenden gemacht, informiert dieser umgehend die
Kitaleitung bzw. bei Abwesenheit deren Vertretung. Diese schaltet die
Geschäftsbereichsleitung ein. Hier wird das weitere Vorgehen besprochen und
entschieden ob eine Meldung gemäß §47 SGB VIII an die Fachaufsicht erfolgen muss.

Zusammenfassung
Eltern vertrauen uns ihr kostbares Gut, ihr Kind an. Wir sind uns der großen
Verantwortung, die wir damit eingehen, sehr bewusst. An dieser Stelle geht es um
mehr, als dass professionelle Fachkräfte sich liebevoll um die Erziehung und Bildung
Ihres Kindes kümmern. Es geht darum, dass Ihr Kind die Kita als einen sicheren Ort
erlebt, an dem es sich ohne Angst vor Übergriffen frei entfalten kann.

Unser Schutzkonzept wird in regelmäßigen Abständen überarbeitet und auf
Vollständigkeit geprüft.

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Literaturverzeichnis

Bundesministerium für Familie, Senioren,         Frauen    und    Jugend    (2012):   Das
Bundeskinderschutzgesetz in Kürze. Berlin.

Diakonie Deutschland (2014): Grenzen achten – sicheren Ort geben. Prävention und
Intervention. Arbeitshilfe für Kirche und Diakonie bei sexualisierter Gewalt. Berlin.

Erzbischöfliches Ordinariat Berlin (2015): Arbeitshilfe Institutionelles Schutzkonzept zur
Prävention von sexualisierter Gewalt in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Berlin.

Kindertageszentrum Reinmarplatz (2015): Risikoanalyse zum Schutz vor sexueller Gewalt im
Kindertageszentrum Reinmarplatz.

Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (2013): Handbuch
Schutzkonzepte sexueller Missbrauch. Befragungen zum Umsetzungsstand der
Empfehlungen des Runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch“. Berlin.

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Erklärung
Hiermit versichere ich, dass ich mich an das Schutzkonzept des Hauses für Kinder
Vergissmeinnicht halte und Verstöße dagegen umgehend anspreche.

Bruckmühl, den _____________

Name ______________________ Unterschrift ___________________________

                                                                              13
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