SOZIALHILFE-GRUNDSATZGESETZ - Analyse - Interessenvertretung. Service. Kompetenz - Login

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SWÖ-aktuell 2/2019

                     Analyse
                     SOZIALHILFE-
                     GRUNDSATZGESETZ

                               Interessenvertretung. Service. Kompetenz.
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Inhaltsverzeichnis

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Vorwort                                                                                            3

1. Einleitung: Entwurf für ein Sozialhilfe-Grundsatzgesetz
   vom 28. November 2018                                                                           4

2. Gegenüberstellung: Entwurf Sozialhilfe-Grundsatzgesetz,
   Art 15a B-VG Vereinbarung und Bundesländerregelungen                                            5
         Gesetzliche Grundlage                                                                     5
         § 1 Zielsetzung                                                                           7
         § 2 Bedarfsbereiche                                                                       8
         § 3 Allgemeine Grundsätze                                                                10
         § 4 Ausschluss von der Bezugsberechtigung                                                12
         §§ 5 bis 7 Leistungen der Sozialhilfe                                                    15
         § 9 Wirksames Kontrollsystem und Sanktionen                                              27

    Sozialhilfe-Statistikgesetz                                                                   29

Impressum
SWÖ-AKTUELL 2/2019, Stand: 15. Jänner 2019
Sozialwirtschaft Österreich - Verband der österreichischen Sozial- und Gesundheitsunternehmen
Apollogasse 4/8, 1070 Wien; Telefon: 01/353 44 80, Mail: office@swoe.at, Website: www.swoe.at
Verfasserin: Maria Lenglachner, Redaktion: Walter Marschitz, Maria Lenglachner

                                                              2
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Vorwort

Bis zur Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) im Jahr 2010 gab es für die Hilfe im Fall
von Armut die unterschiedlichsten Regelungen in den verschiedenen Sozialhilfegesetzen der Bundesländer.
Durch die Einigung auf die Vereinbarung nach Art 15a B-VG über eine bundesweite bedarfsorientierte
Mindestsicherung und deren Umsetzung in den Bundesländern bis Oktober 2011, wurden erstmals die
Grundvoraussetzungen für den Bezug einer bedarfsorientierten Mindestsicherung auf einem bundesweit
einheitlichen Mindestniveau festgelegt.

Seit dem Außerkrafttreten der Art 15a-Vereinbarung mit Ende 2016 ist aber wieder ein starkes
Auseinanderdriften der Bestimmungen zwischen den Bundesländern festzustellen. An dieser Stelle setzt die
Bundesregierung mit ihrem bereits im Regierungsprogramm angekündigten Vorhaben der Realisierung einer
Mindestsicherung NEU an. Im Vordergrund steht die Zielsetzung einer österreichweit einheitlichen Regelung.
Diese soll über ein neues Sozialhilfe-Grundsatzgesetz erreicht werden, das Ende November 2018 in
Begutachtung geschickt wurde.

Die vorliegende Publikation soll helfen, den Überblick über die verschiedenen Regelungen und die aktuellen
legistischen Entwicklungen im Bereich der bedarfsorientierten Mindestsicherung zu bewahren. Sie analysiert
den am Tisch liegenden Gesetzesentwurf, indem sie einerseits die darin enthaltenen Regelungen vorstellt
und diese andererseits den bisherigen Regelwerken gegenüberstellt und die sich daraus ergebenden
Änderungen herausarbeitet. Konkret wird dabei auf die Vereinbarung nach Art 15a B-VG Bezug genommen,
die zwar bereits außer Kraft getreten ist, hinsichtlich zentraler Begrifflichkeiten, die auch im Entwurf des
Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes Niederschlag finden, nach wie vor aber eine wichtige Basis bildet. Darüber
hinaus wird auch ein Bezug zu den wichtigsten Regelungen auf Bundesländerebene hergestellt. Angesichts
der sich teilweise sehr stark unterscheidenden Landesbestimmungen können aus diesem Vergleich jedoch
nur allgemeine Tendenzen abgeleitet werden. Die relevanten Daten für die Analyse wurden dabei den
einschlägigen Gesetzen und Verordnungen entnommen.

Als größte Interessenvertretung der sozialen Dienstleistungsanbieter in Österreich hofft die Sozialwirtschaft
Österreich, dass die Sozialgesetzgebung auf Bundes- und Länderebene durch fairere Rahmenbedingungen
und Regelungen den Menschen in Österreich ein menschenwürdiges Leben sicherstellt.

Mit ihren Analysen möchte die Sozialwirtschaft Österreich fachliche Grundlagen für die inhaltliche Diskussion
und damit einen Beitrag zu einem qualitätsvollen (sozial)politischen Diskurs in Österreich liefern. Die
Sozialwirtschaft Österreich enthält sich in diesen Publikationen aber bewusst einer inhaltlichen Bewertung.
Diese geschieht vielmehr im Rahmen des jeweiligen Begutachtungsverfahrens bzw. der entsprechenden
öffentlichen Debatte. Weitere Unterlagen zur bedarfsorientierten Mindestsicherung sind jedoch auf unserer
Website www.swoe.at zum Download bereitgestellt.

Maria Lenglachner                       Walter Marschitz                 Erich Fenninger
Generalsekretärin                       Geschäftsführer                  Vorstandsvorsitzender

                                                      3
1. Einleitung: Entwurf für ein Sozialhilfe-Grundsatzgesetz
   vom 28. November 2018

Für den Zeitraum von 1. Dezember 2010 bis 31. Dezember 2016 legten Bund und Länder in einer
Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG 1 bundesweit einheitliche Standards für die Bedarfsorientierte
Mindestsicherung fest. Diese Art 15a-Vereinbarung ersetzte grundsätzlich die bis dahin in den
Bundesländern unterschiedlich geregelten Sozialhilfegesetze. Insbesondere wurde die vormalige „offene“
Sozialhilfe, die an Privathaushalte geleitet wird, aus den Sozialhilfegesetzen herausgenommen. Die
„stationäre“ Sozialhilfe, die sich vorwiegend auf die Unterstützung von pflegedürftigen Menschen in Heimen
bezieht, wird in den meisten Ländern hingegen nach wie vor in gesonderten Sozialhilfegesetzen und nicht in
den Mindestsicherungsgesetzen geregelt. Lediglich in Kärnten, Tirol und Vorarlberg sind sowohl die offene
als auch die stationäre Sozialhilfe im jeweiligen Mindestsicherungsgesetz erfasst.

Seit dem Auslaufen der Art 15a-Vereinbarung mit Ende 2016 konnten die Bundeländer aber wieder
gesonderte Regelungen im Bereich des Armenwesens treffen, ohne sich an bundeseinheitlich vorgegebene
Mindeststandards halten zu müssen. Eine Möglichkeit, die die Bundesländer insbesondere 2017 auch in
Anspruch nahmen. Seither driften die Regelungen zur Mindestsicherung zwischen den Bundesländern
wieder zunehmend auseinander.

Bereits im Regierungsprogramm für 2017 – 2022 2 hat die Bundesregierung daher eine Neuregelung der
Sozialhilfe und eine österreichweite Vereinheitlichung durch eine Mindestsicherung NEU in Form eines
neuen Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes angekündigt. Um „unkontrollierte Zuwanderungswellen“ und
„Zuwanderung in den Sozialstaat“ zu stoppen, solle künftig bei den Leistungsansprüchen und -höhen stärker
zwischen Menschen, die bereits in das Sozialsystem eingezahlt haben und Menschen, die sich erst seit
Kurzem in Österreich aufhalten, differenziert werden. Ein weiterer Fokus müsse auf der raschen (Re-
)Integration in den Arbeitsmarkt liegen. Für junge Erwachsene sei ein eigenes Sozialhilferecht geplant. Im
Wesentlichen wurden für die Mindestsicherung NEU vorgesehen:

       die Möglichkeit von Sachleistungen
       eine grundsätzliche Arbeits- und Teilhabepflicht für Leistungsbezieher/innen ab 15
       strenge Kontrollen und Kürzungen bzw. vollständige Sperren bei Pflichtverletzungen (insbes. der
        Arbeits-, Teilhabe-, Mitwirkungspflichten)
       für den Abgleich zwischen den verschiedenen Sozialleistungen soll eine Transparenzdatenbank ins
        Leben gerufen werden
       starke Einschnitte waren bei den Leistungsansprüchen und -höhen geplant. So wurde an eine
        Leistungsdeckelung auf max. € 1.500,- pro Bedarfsgemeinschaft gedacht. Außerdem sollte eine
        Wartefrist verankert werden. Demgemäß hätten künftig nur Menschen einen Anspruch auf
        Mindestsicherung, die in den letzten sechs Jahren mind. fünf Jahre legal in Österreich gelebt haben.
        Noch weiter sollten die Kürzungen für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte gehen. Für
        diese Gruppe wurde eine Kürzung der Geldleistungen auf € 365,- vorgesehen. Hinzu kommen – bei
        Einhaltung der abgeschlossenen Integrationsvereinbarung – ein Integrationsbonus in der Höhe von €
        155,- und variabel € 40,- bis € 80,- für sonstige Ausgaben.
       Für ausländische Bezieher/innen wurde zudem eine obligatorische Rücksiedlungsberatung in das
        Heimat- bzw. Herkunftsland vorgesehen.

Dieses legistische Vorhaben wurde nun auch tatsächlich auf den Weg gebracht. Mit Ende November 2018
wurde ein Entwurf für ein Sozialhilfe-Grundsatzgesetz in Begutachtung geschickt 3, in dem der Großteil der

1
  BGBl I 96/2010 vom 2. Dezember 2010
2
  „Zusammen. Für unser Österreich. Regierungsprogramm 2017 – 2022“, unter
https://www.bundeskanzleramt.gv.at/regierungsdokumente [abgerufen am 20.12.2017]
3
  https://www.ris.bka.gv.at/Begut/ [Dokumentennummer: BEGUT_COO_2026_100_2_1587910]
                                                     4
geplanten Maßnahmen aus dem Regierungsprogramm Niederschlag findet. Die wesentlichsten Änderungen,
die sich daraus im Vergleich zum Status quo ergeben, werden in diesem Papier zusammengefasst.

Zu erwähnen sind an dieser Stelle auch mehrerer Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes und des
Europäischen Gerichtshofes zu den unterschiedlichen Mindestsicherungsgesetzen einzelner Bundesländer:
     Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zum Vorarlberger Mindestsicherungsgesetz 4: weitgehende
       Bestätigung der Verfassungsmäßigkeit.
     Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zum NÖ Mindestsicherungsgesetz 5: Wartefrist und
       Deckelung bzw. die geringere Leistungshöhe für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte
       wurden wegen fehlender sachlicher Rechtfertigung aufgehoben. Konkret hielt der
       Verfassungsgerichtshof fest, dass das Abstellen auf eine bestimmte Aufenthaltsdauer im Inland
       (geringere Leistungshöhe, wenn nicht mindestens fünf der vergangenen sechs Jahr in Österreich
       verbracht wurden) und die Deckelung des Mindeststandards (pro Haushalt mit € 1.500,-) gegen den
       Gleichheitsgrundsatz des Art 1 B-VG und das Internationale Übereinkommen über die Beseitigung
       aller Formen rassischer Diskriminierung verstoßen und somit als verfassungswidrig aufzuheben und
       in der Folge nicht mehr anzuwenden sind.
     Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum OÖ Mindestsicherungsgesetz6: Die Sonderregelung, dass
       Flüchtlinge mit befristetem Aufenthaltsrecht geringere Sozialhilfeleistungen erhalten als
       InländerInnen und Flüchtlinge mit dauerhaftem Aufenthaltsrecht ist nicht mit dem Unionsrecht
       vereinbar und wurde daher aufgehoben.
     Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zum Burgenländischen Mindestsicherungsgesetz 7: Analog
       zum VfGH-Erkenntnis für NÖ wurden auch die – ähnlich zum NÖ Mindestsicherungsgesetz
       gestalteten – Bestimmungen für die Deckelung der Mindestsicherung mit € 1.500,- pro Haushalt
       (unabhängig von der Haushaltsgröße) und zur Verankerung einer Wartefrist (geringere Leistungen
       für jene, die sich innerhalb der letzten sechs Jahre nicht mindestens fünf Jahre in Österreich
       aufgehalten haben) wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz als verfassungswidrig
       aufgehoben.
     Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zum OÖ Mindestsicherungsgesetz 8: Die Regelung zur
       Deckelung der Mindestsicherung widerspricht nicht dem Gleichheitsgrundsatz und ist demgemäß
       nicht verfassungswidrig. Als verfassungswidrig aufgehoben wurde jedoch die Bestimmung, dass in
       die Berechnung des Deckels auch ein fiktiver Mindeststandard für jene Personen in der
       Hausgemeinschaft einzubeziehen ist, die gar keinen Antrag gestellt oder keinen Leistungsanspruch
       haben.

Insbesondere hinsichtlich der Wartefrist, der Deckelung der Leistungen und der geringeren Leistungshöhen
für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte fanden die Erkenntnisse bereits Niederschlag im nun
vorliegenden Entwurf für ein Sozialhilfe-Grundsatzgesetz.

4
  VfGH Erkenntnis vom 12.12.2017, V 101/2017-11
5
  VfGH Erkenntnis vom 07.03.2018, G 136/2017-19 ua.*
6
  EuGH 21.11.2018, C-713/17, Ayubi
7
  VfGH Erkenntnis vom 01.12.2018, G 308/2018-8
8
  VfGH Erkenntnis vom 11.12.2018, G 156/2018-28*
                                                       5
2. Gegenüberstellung: Entwurf Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, Art 15a B-
   VG Vereinbarung und Bundesländerregelungen

                                                  Gesetzliche Grundlage
Gemäß Art. 12 Abs. 1 Z 1 B-VG kommt dem Bund im Armenwesen (und damit auch bei der Sozialhilfe bzw.
Mindestsicherung) die Kompetenz zur Grundsatzgesetzgebung zu, während die Ausführungsgesetzgebung
und die Vollziehung Länderkompetenz ist. In Grundsatzgesetzen kann der Bund allgemeine, grundsätzliche
Regelungen treffen, an die die Landesgesetzgeber gebunden sind. Eine unmittelbare Rechtsgrundlage stellen
die Bestimmungen in den Grundsatzgesetzen für die Vollziehung der Länder jedoch nicht dar und es leiten
sich daraus auch keine Rechte und Pflichten für Einzelne ab. In ihren Ausführungsgesetzen dürfen die Länder
allerdings nicht den Bestimmungen von Grundsatzgesetzen widersprechen. Stellt der Bund keine Grundsätze
auf, sind die Länder in der Regelung des Armenwesens im Wesentlichen frei. 9

Trotz der mittlerweile vielfach abweichenden Landesregelungen bildet die Vereinbarung zwischen dem Bund
und den Ländern gem. Art 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BGBl I
96/2010) vom 2. Dezember 2010 nach wie vor die Basis für ein umfassendes Verständnis der grundlegenden
Begrifflichkeiten und Regelungen in den Landesgesetzen. In Grundzügen baut nun auch der Entwurf für ein
Sozialhilfe-Grundsatzgesetz darauf auf. Dieses zielt grundsätzlich auf eine stärkere Harmonisierung der
verschiedenen Sozialhilfesysteme der Länder und bundesweit einheitlicher Standards ab. Als konkrete Ziele
werden genannt (aus der Wirkungsorientierten Folgenabschätzung zum Gesetzesentwurf, S. 1):

          Neugestaltung und bundesweite Harmonisierung der Mindestsicherung/offenen Sozialhilfe
          Stärkere Integration von SozialhilfebezieherInnen in den Arbeitsmarkt
          Dämpfung der Zuwanderung in das österreichische Sozialsystem
          Verbesserung und Neuausrichtung der Statistik zur Sozialhilfe

Das Inkrafttreten ist für 1. April 2019 geplant (§ 10 Abs 2 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz), eine interne
Evaluierung, die durch die Erstellung der neuen Sozialhilfestatistik erfolgen soll, für 2024 vorgesehen (aus
der Wirkungsorientierten Folgenabschätzung zum Entwurf Gesetzesentwurf, S. 3). Die Ausführungsgesetze
der Bundesländer sind innerhalb von 6 Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes zu erlassen und in
Kraft zu setzen. Dabei haben die Ausführungsgesetze angemessene Übergangsbestimmungen vorzusehen.
Die Überführung sämtlicher LeistungsbezieherInnen in den neuen Rechtsrahmen hat innerhalb eines
Übergangszeitraums, der spätestens mit 1. April 2021 endet, zu erfolgen. Leistungszuerkennungen, die auf
früheren Rechtslagen basieren, treten dann außer Kraft und die Anspruchsvoraussetzungen sind nach
Maßgabe der neuen Rechtslage zu prüfen (§ 10 Abs 2 und 3 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz). Durch den
Übergangszeitraum soll der Landesgesetzgebung eine möglichst schrittweise bzw. gleitende Umstellung
bisheriger Leistungsbezüge auf die neue Rechtslage ermöglicht werden (aus den Erläuterungen zu § 10).

Die nachstehende Zusammenfassung bezieht sich auf die Regelungen im vorliegenden Entwurf, die
Vorgaben aus der ehemaligen Vereinbarung gem. Art 15a B-VG sowie die Bestimmungen in den jeweiligen
Landesgesetzen zur Mindestsicherung. Weitere Rechtsquellen wurden grundsätzlich nicht berücksichtigt.

9
    vgl. Binder/Trauner (2014): Öffentliches Recht – Grundlagen, 3. Aufl., Rz. 394 f.
                                                               6
§ 1 Zielsetzung

§ 1 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz

      Beitrag zur Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhalts und Befriedigung des Wohnbedarfs der
       Bezugsberechtigten: Es wird auf den weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des
       Gesetzgebers bei der Beurteilung sozialer Bedarfslagen und der Ausgestaltung daran anknüpfender
       sozialer Maßnahmen verwiesen. Der Gesetzgeber sei – unter Hinweis auf die ständige
       Rechtsprechung – zu Mindestsicherungs- bzw. Sozialhilfeleistungen nicht verpflichtet, wenn diese
       rechtspolitisch unerwünschte Ziele fördern würden. Den Ländern stehe es aber weiterhin frei, über
       das Grundsatzgesetz hinausgehende Zielsetzungen (z.B. die Vermeidung und Bekämpfung von Armut
       und sozialer Ausschließung oder die Unterstützung für ein möglichst selbst bestimmtes Leben und
       eine soziale Teilhabe in ihren Landesgesetzen) zu verankern, sofern die Wirksamkeit der
       Zielsetzungen des Bundesgesetzes nicht beeinträchtig wird (aus den Erläuterungen zu § 1).
      Unterstützung integrationspolitische und fremdenpolizeilicher Ziele: hier soll das Bundesgesetz
       auch Nebenzielen aus der Integrationspolitik bzw. fremdenpolizeilichen Zielen dienen, wobei
       Letzteren nicht die Gewährung von Sozialhilfe, sondern deren Leistungsausschluss dienlich sein soll
       (aus den Erläuterungen zu § 1 Z 2).
      insbesondere weitest mögliche Förderung der (Wieder-)Eingliederung von Bezugsberechtigten in das
       Erwerbsleben und der optimalen Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes

Art 15a-Vereinbarung

      Bekämpfung und Vermeidung von Armut und sozialer Ausschließung und
      Förderung einer dauerhaften (Wieder-)Eingliederung der Bezieher/innen in das Erwerbsleben

Länderregelungen

      alle Bundesländer: Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung
      die dauerhafte (Wieder-)Eingliederung in das Erwerbsleben haben nur Burgenland, Salzburg,
       Steiermark, Tirol und Wien explizit als Zielsetzung in ihre Landesgesetze übernommen

Neuerungen

      Die Vermeidung und Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung werden im Entwurf nicht
       explizit als Ziel genannt – wobei das Regierungsprogramm die Bekämpfung von Armut durch das
       Grundsatzgesetz des Bundes noch als Zielsetzung festhält.
      Neu ist die Nennung von integrationspolitischen und fremdenpolizeilichen Zielen als Nebenziele des
       Grundsatzgesetzes.
      Zentrale Zielsetzung ist weiterhin die (Wieder)Eingliederung in das Erwerbsleben, wobei jedoch im
       Gegensatz zur Art. 15a-Vereinbarung die Dauerhaftigkeit nicht mehr vorkommt. Eine Neuerung ist
       auch die Verknüpfung der Förderung der (Wieder-)Eingliederung in das Erwerbsleben mit einer
       optimalen Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes.

                                                    7
§ 2 Bedarfsbereiche

§ 2 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz

      Gewährung von Geld- oder Sachleistungen zur Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhalts und
       Befriedigung des Wohnbedarfs
      Sozialhilfeleistungen, die weder zur Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhalts noch zur
       Befriedigung des Wohnbedarfs beitragen, sind nicht von dem Grundsatzgesetz erfasst. Auch soziale
       Leistungen, die einem Sonderbedarf (z.B. bei Behinderung oder Pflegebedarf) gewidmet sind,
       bleiben von dem Gesetz unberührt (aus den Erläuterungen zu § 2).
      Die Einbeziehung der SozialhilfebezieherInnen in die Krankenversicherung bleibt aufrecht. Explizit
       ausgeführt wird zudem, dass von dem Grundsatzgesetz nur Leistungen im Rahmen der „offenen
       Sozialhilfe“ erfasst sind. Nicht zur Anwendung kommen soll das Gesetz aber bei
       Unterstützungsleistungen aus der „stationären Sozialhilfe“ (d.h. bei der Deckung der Kosten von
       Heimaufenthalten von pflegebedürftigen Personen) (aus den Erläuterungen zu § 2).
      Legaldefinition des allgemeinen Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs:

Allgemeiner Lebensunterhalt: (Art. 2 Abs 2)
    = der regelmäßig wiederkehrende Aufwand für
       o Nahrung,
       o Bekleidung,
       o Körperpflege sowie
       o sonstige persönliche Bedürfnisse (aus den Erläuterungen zu § 2: weiterer, nicht explizit genannter
           Aufwand wie z.B. angemessene soziale und kulturelle Teilhabe - die nähere Konkretisierung des
           allgemeinen Lebensunterhaltes obliegt dem Landesgesetzgeber).

Wohnbedarf: (Art. 2 Abs. 3)
  = der für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderliche regelmäßig
  wiederkehrende Aufwand für
     o Miete,
     o Hausrat,
     o Heizung,
     o Storm und
     o sonstige allgemeine Betriebskosten und Abgaben (aus den Erläuterungen zu § 2: auch hier ist die
         nähere Konkretisierung dem Landesgesetzgeber überlassen, sodass z.B. auch Leistungen für
         Haushaltsversicherungen und sonstige wohnungsbezogene Kosten übernommen werden können;
         nicht davon erfasst sind jedoch Ausgaben für SAT-TV, Internet und Telefon da diese nicht dem
         Wohnbedarf sondern dem allgemeinen Lebensunterhalt dienen).

      Sozialhilfeleistungen werden für die Befriedigung eines ausreichenden und zweckmäßigen, das Maß
       des Notwendigen aber nicht überschreitenden Wohnbedarfs gewährt (§ 5 Abs 1). Die
       Wohnbedarfsleistungen dürfen also das Maß des Notwendigen nicht übersteigen, wobei als
       Beurteilungsmaßstab für die Notwendigkeit ein bescheidener ortsüblicher Arbeitnehmerhaushalt, in
       dem keine Leistungen der Sozialhilfe bezogen werden, herangezogen wird (aus den Erläuterungen zu
       § 5 Abs 1).

Art 15a-Vereinbarung

      durch pauschalierte Geldleistungen sind die Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfes
       (außerhalb von stationären Einrichtungen) sowie die bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung
       erforderlichen Leistungen zu gewährleisten (Art 2 Abs 1).

                                                     8
   jenen Personen, die den Lebensunterhalt, den Wohnbedarf und die notwendigen Leistungen im Fall
       von Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht abdecken können, gewähren die Länder die
       erforderlichen Leistungen der BMS (Art 9)
      Legaldefinition des allgemeinen Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs (Art 3):

Lebensunterhalt: (Art 3 Abs 1)
   = der regelmäßig wiederkehrende Aufwand für
      o Nahrung,
      o Bekleidung,
      o Körperpflege,
      o Hausrat,
      o Heizung,
      o Strom und
      o andere persönliche Bedürfnisse (z.B. angemessene soziale und kulturelle Teilhabe)

Wohnbedarf: (Art 3 Abs 2)
  = der für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderliche regelmäßig
  wiederkehrende Aufwand für
     o Miete,
     o allgemeine Betriebskosten und
     o sonstige Abgaben (z.B. Kanal- oder Abfallgebühren).

Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung: (Art 3 Abs 3)
   = alle Sachleistungen und Vergünstigungen, die Ausgleichszulagenbezieher/innen der
   Pensionsversicherung aus der gesetzlichen Krankenversicherung zukommen

      Für Sonderbedarfe können die Länder zusätzliche Geld- oder Sachleistungen zumindest auf
       Grundlage des Privatrechts gewähren.

Länderregelungen

      explizite Bemühungspflicht nur in OÖ geregelt
      Im Wesentlichen analog zur Art 15a-Vereinbarung - mit Sonderregelungen für sonstige Leistungen:
       direkt in den Mindestsicherungs-Gesetzen sind in allen Bundesländern außer im Burgenland und der
       Steiermark zusätzliche Leistungen ohne Rechtsanspruch vorgesehen. Art der Leistungen aber sehr
       unterschiedlich.
       Beispielsweise in
       o Oberösterreich: Hilfe zur Arbeit
       o Salzburg: Hilfe für Sonderbedarfe, Hilfe zur Arbeit und Koordinierte Hilfeplanung
       o Tirol: Hilfe zur Erziehung und Erwerbsbefähigung, Hilfe zur Arbeit, Hilfeplan, Hilfe zur Betreuung
          und Pflege und Zusatzleistungen zur Vermeidung von besonderen Härtefällen
       o Vorarlberg: Hilfe in besonderen Lebenslagen, Hilfe zur Deckung von Sonderbedarfen, Leistungen
          für hilfs- und schutzbedürftige Fremde
       o Wien: Förderungen, Beschäftigungsbonus plus, Beratungs- und Betreuungsangebote zur
          Wohnungssicherung, Mietbeihilfe

Neuerungen

      Anstelle der Sicherung des Lebensunterhalts (und des Wohnbedarfs) wird die Unterstützung des
       allgemeinen Lebensunterhalts (und die Befriedigung des Wohnbedarfs) festgeschrieben.
      Hausrat, Heizung und Strom fallen nicht mehr unter den Lebensunterhalt, sondern unter den
       Wohnbedarf. Es gibt keine Erläuterung dazu. Unter Umständen ist es zu dieser Verschiebung

                                                     9
gekommen, weil die Leistungshöhe für den Wohnbedarf von den Ländern an die lokalen Verhältnisse
       angepasst werden darf und dies auch für Hausrat, Heizung und Strom möglich sein soll.
      Im Gesetz selbst wird weder die Krankenversicherung, noch die Einschränkung auf die offene
       Sozialhilfe geregelt. Der Geltungsbereich des Gesetzes wird erst in den Erläuterungen wirklich
       deutlich.
      Der Umfang (insbesondere die Qualität) der Wohnbedarfsdeckung wird unterschiedlich festgelegt.
       Einerseits gibt es die Legaldefinition in § 2 Abs 3 („Gewährleistung einer angemessenen
       Wohnsituation“), andererseits wird in § 5 Abs 1 bei den Bestimmungen zu den monatlichen
       Leistungen der Sozialhilfe von der „Befriedigung eines ausreichenden und zweckmäßigen, das Maß
       des Notwendigen aber nicht überschreitenden Wohnbedarfs“ gesprochen. Eine angemessene
       Wohnsituation ist großzügiger zu verstehen, als ein ausreichender, das Maß des Notwendigen nicht
       überschreitender Wohnbedarf. Eine nähere Definition der „Notwendigkeit“ findet sich darüber
       hinaus lediglich in den Erläuterungen, nicht aber direkt im Gesetzesentwurf.

                                      § 3 Allgemeine Grundsätze

§ 3 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz

      Sozialhilfeleistungen, die gänzlich oder teilweise, direkt oder indirekt der Unterstützung des
       allgemeinen Lebensunterhalts oder der Wohnversorgung dienen, dürfen nur nach Maßgabe des
       Grundgesetzes gewährt werden (§ 3 Abs 1).
      sachliche Voraussetzungen und Bemühungspflicht: Sozialhilfeleistungen sind nur von einer sozialen
       Notlage betroffenen Personen zu gewähren, sofern sie sich auch in angemessener und zumutbarer
       Weise um eine Abwendung, Milderung oder Überwindung dieser Notlage bemühen (§ 3 Abs 2).
      Subsidiaritätsprinzip: Sozialhilfeleistungen sind nur in dem Ausmaß zu gewähren, in dem eine
       Bedarfsdeckung durch eigene Mittel oder durch den dem Bezugsberechtigten zustehende und
       einbringliche Leistungen Dritter nicht möglich ist (§ 3 Abs 3).
      Sofern das Grundsatzgesetz keine Ausnahmen vorsieht, ist der Leistungsbezug von der dauerhaften
       Bereitschaft zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft und von aktiven, arbeitsmarktbezogenen
       Leistungen der Bezugsberechtigten abhängig zu machen (§ 3 Abs 4).
      Sachleistungen: Sozialhilfeleistungen sind vorrangig in Form von Sachleistungen zu gewähren, sofern
       durch sie eine höhere Effizienz der Leistungsziele zu erwarten ist. Wohnbedarfsleistungen sind
       jedenfalls in Form von Sozialleistungen zu erbringen, es sei denn dies wäre im Einzelfall
       unwirtschaftlich oder unzweckmäßig (§ 3 Abs 5). Auch die unmittelbare Bezahlung entgeltlicher
       Sachleistungen an Dritte (z.B. allgemeine Wohnkosten an den Wohnungsvermieter, Stromkosten,
       Anschaffungskosten für Hausrat) gilt als Sachleistung (aus den Erläuterungen zu § 3 Abs 5).
      Bedarfszeitraum ist der tatsächliche und rechtmäßige Aufenthalt im Inland, frühestens jedoch ab
       dem Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung. Befristung der Leistungen mit längstens zwölf
       Monaten, eine neuerliche Zuerkennung von befristeten Leistungen ist aber – bei Vorliegen der
       Anspruchsvoraussetzungen – zulässig. Die Zuständigkeit für die Gewährung der Leistungen liegt bei
       jenem Bundesland, in dem der Antragsteller seinen Hauptwohnsitz und tatsächlichen dauernden
       Aufenthalt hat (§ 3 Abs 6). Eine Ortsabwesenheit von bis zu zwei Wochen soll jedoch noch nicht zu
       einem Anspruchsverlust führen. Die näheren Kriterien zur Bestimmung des tatsächlichen Aufenthalts
       sind von den Landesgesetzgebern festzulegen. Die 12-Monatsbefristung dient der regelmäßigen
       Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen durch die Behörden (aus den Erläuterungen zu § 3 Abs
       6).

                                                    10
Art. 15a-Vereinbarung

    Die Verpflichtungen aus der 15a-Vereinbarung stellen bundesweite Mindeststandards (mit
     Rechtsanspruch) dar, die die Länder nicht unterschreiten dürfen. Die Gewährung weitergehender
     Leistungen oder günstigerer Bedingungen durch Bund oder die Länder ist aber zulässig. Das zum
     Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vereinbarung bestehende haushaltsbezogene Leistungsniveau darf
     durch die Umsetzung der 15a-Vereinbarung aber nicht verschlechtert werden
     (Verschlechterungsverbot - Art 2 Abs 4).
    Subsidiaritätsprinzip: Die Leistungen der BMS stehen nur zu, wenn durch eigene Mittel oder
     Leistungen Dritter (z.B. Lohn, Gehalt, Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Krankengeld, Pension,
     Unterhalt) eine ausreichende Deckung des jeweiligen Bedarfes nicht möglich ist und Bereitschaft
     zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft vorliegt (Art 2 Abs 2).
    Einsatz der Arbeitskraft bei arbeitsfähigen Personen:
     o Abhängigkeit der BMS-Leistungen von der Bereitschaft zum Einsatz ihrer Arbeitskraft (außer die
        Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung ist ihnen gesetzlich untersagt),
     o die persönliche und familiäre Situation der ansuchenden Person ist zu berücksichtigen,
     o hinsichtlich Arbeitsfähigkeit und Zumutbarkeit werden die Kriterien wie beim Bezug von
        Notstandshilfe bzw. Arbeitslosengeld herangezogen,
     o Länder und AMS treffen Vorkehrungen für eine einheitliche Feststellung und Beurteilung der
        Arbeitsfähigkeit (gegenseitige Anerkennung von Gutachten); erforderlichenfalls
        Ergänzungsgutachten zur ganzheitlichen Beurteilung des Status der betreffenden Person durch
        Perspektivenabklärung, Erhebung einer Kompetenzbilanz und Sozialanamnese (Art 17)
    Ausnahmen bei der Arbeitswilligkeit: (Art 14 Abs 3)
     o Diese darf nicht verlangt werden von Personen, die
     o das Regelpensionsalter nach ASVG erreicht haben,
     o Betreuungspflichten gegenüber Kindern haben, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet
        haben und keiner Beschäftigung nachgehen können, weil es keine geeigneten
        Betreuungsmöglichkeiten gibt,
     o pflegebedürftige Angehörige (Pflegegeldbezieher/innen von mind. Stufe 3) überwiegend
        betreuen,
     o Sterbebegleitung oder Begleitung von schwersterkrankten Kindern leisten,
     o in einer bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnen und zielstrebig verfolgten
        Erwerbs- und Schulausbildung stehen.
    durch pauschalierte Geldleistungen sind die Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfes
     (außerhalb von stationären Einrichtungen) sowie die bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung
     erforderlichen Leistungen zu gewährleisten. Sofern nichts Anderes bestimmt ist, bestehen auf diese
     Leistungen Rechtsansprüche (Art 2 Abs 1). Die Auszahlung der pauschalierten, monatlichen
     Geldleistungen erfolgt durch die Länder. Nur ausnahmsweise Ersatz durch Sachleistungen (per
     Bescheid), wenn die Zielsetzung der BMS besser erreicht werden kann.
    Werden Leistungen der BMS erbracht, sind auch die jeweils erforderliche Beratung und Betreuung
     zur Vermeidung und Überwindung sozialer Notlagen und zur nachhaltigen sozialen Stabilisierung zu
     gewährleisten. Bei arbeitsfähigen Personen zählen dazu auch Maßnahmen zur weitest möglichen
     und dauerhaften (Wieder-)Eingliederung in das Erwerbsleben (Art 2 Abs 3).
    Die Länderzuständigkeit richtet sich nach dem Hauptwohnsitz (bzw. in Ermangelung dessen nach
     dem gewöhnlichen Aufenthaltsort) (Art 9 Abs 2).

Länderregelungen

      in allen Bundesländern ist der Leistungsbezug entweder an den Hauptwohnsitz oder an einen
       (gewöhnlichen/tatsächlichen) Aufenthalt geknüpft (Wien: Lebensmittelpunkt und tatsächlicher
       Aufenthalt)
      in allen Bundesländern sind grundsätzlich Geldleistungen aber auch Sachleistungen möglich (im
       Regelfall wenn zweckmäßige, wirtschaftliche und sparsame Verwendung der Geldleistungen nicht
                                                  11
gewährleistet ist bzw. der Mindestsicherung dadurch besser entsprochen wird); im Detail aber
       unterschiedliche Regelungen: zB
       o in Kärnten, Oberösterreich und Salzburg auch Hilfe zur Arbeit anstelle der Mindestsicherung
          möglich
       o in der Steiermark vermehrt Sachleistungen für Asylberechtigte
       o in Tirol Unterteilung der Leistung in Grundleistung und sonstige Leistungen (nur Lebensunterhalt
          als pauschalierte Geldleistung; für die Wohnkosten gibt es regionale Staffelung und Deckelung
          bzw. Deckung in Form von Sachleistung)
       o in Vorarlberg Unterteilung in Kern- und Sonderleistungen
       o in Wien Legaldefinition für Sachleistungen – sind insbes. bei Deckung der Wohnkosten und des
          Energiebedarfs zulässig

Neuerungen

      Für den Leistungsbezug werden nun eine dauerhafte Bereitschaft zum Einsatz der eigenen
       Arbeitskraft und aktive, arbeitsmarktbezogene Leistungen vorausgesetzt. Offen bleibt, was darunter
       zu verstehen ist und wie diese nachgewiesen bzw. überprüft werden sollen.
      Bisher gab es keine Bemühungspflicht in der Art 15a-Vereinbarung. Viele Länder haben diese jedoch
       in ihren Mindestsicherungsgesetzen verankert.
      Ein Vorrang von Sachleistungen gab es bisher nicht (in der Regel sind pauschalierte Geldleistungen
       vorgesehen und nur unter bestimmten Voraussetzungen ist auch die Gewährung von Sachleistungen
       möglich).
      Für den Leistungsbezug ist nun der Hauptwohnsitz und tatsächliche dauernde Aufenthalt in einem
       Bundesland Voraussetzung (Kumulativbestimmung „und“). Die Bundesländer sahen in der Regel eine
       Alternativregelung vor („oder“).
      Es ist kein Rechtsanspruch mehr im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz verankert.
      Es sind keine Beratungs- und Betreuungsleistungen mehr vorgesehen.

                             § 4 Ausschluss von der Bezugsberechtigung

§ 4 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz

      Im Vordergrund steht die Reduktion bestehender Anreize für Fremde aufgrund möglicher
       Sozialleistungsansprüche nach Österreich zu migrieren (aus den Erläuterungen zu § 4).
      Anspruchsberechtigte: ausschließlich (§ 4 Abs 1)
       o österreichische Staatsbürger
       o Asylberechtigte
       o Fremde, mit seit mindestens fünf Jahren tatsächlichem dauernden, rechtmäßigem Aufenthalt im
          Bundesgebiet. Davor Gleichstellung zwischen EW-BürgerInnen und ÖsterreicherInnen nur wenn
          ein Leistungsausschluss gegen Unionsrecht verstoßen würde und dies im Einzelfall von der
          zuständigen Fremdenbehörde festgestellt wurde.
      Keinen Anspruch: (§ 4 Abs 2) unabhängig von der Dauer ihres tatsächlichen Aufenthalts im Inland
       auszuschließende Personen (aus den Erläuterungen zu § 4 Abs 2)
       o Personen ohne tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet
       o AsylwerberInnen
       o ausreisepflichtige Fremde - zur Durchsetzung des fremdenpolizeilichen Interesses einer
          Ausreisepflicht (aus den Erläuterungen zu § 4 Abs 2)

                                                   12
   Ausschluss von der Sozialhilfe bzw. eingeschränkter Anspruch:
       o subsidiär Schutzberechtigte haben lediglich Anspruch auf Kernleistungen der Sozialhilfe in Höhe
          der Grundversorgung (§ 4 Abs 3 und 4). Dadurch soll der Anreiz für nicht asylberechtigte Fremde
          verringert werden, aufgrund etwaiger Sozialleistungsansprüche nach Österreich zu migrieren (aus
          den Erläuterungen zu § 4 Abs 3). Mit der Bestimmung des § 4 Abs 4 wird für die
          Landesgesetzgebung eine gesetzliche Obergrenze definiert aber keine neue Rechtsgrundlage für
          die Leistungsgewährung geschaffen. Vielmehr wird den Bundesländern die Möglichkeit
          eingeräumt, auch niedrigere Sachleistungen für diese Personengruppe vorzusehen (aus den
          Erläuterungen zu § 4 Abs 4).
       o Ausschluss von den Sozialhilfeleistungen wegen - einer oder mehrere mit Vorsatz begangener
          gerichtlich strafbarer Handlungen - zu einer Freiheitsstrafe von zumindest sechs Monaten
          verurteilte Personen für einen der Freiheitsstrafe entsprechenden Zeitraum (§ 4 Abs 3). Dadurch
          soll eine adäquate öffentliche Sanktionswirkung bei bedingter Nachsicht der gesamten oder eines
          Teiles der Strafe gewährleistet werden (aus den Erläuterungen zu § 4 Abs 3).
      ergänzende Regelungen zum temporären oder dauerhaften Leistungsausschluss durch die
       Landesgesetzgeber sind möglich (§ 4 Abs 5). Die Bundesländer können also in ihren Landesgesetzen
       auch ergänzende bzw. weitergehende Leistungsausschlüsse vorsehen (aus den Erläuterungen zu § 4
       Abs 5).

Art 15a-Vereinbarung

      Einen Rechtsanspruch haben alle Personen für die Dauer ihres gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland,
       die die Bedarfsbereiche (s. oben) nicht decken können (Art 4 Abs 1). Aber nur sofern es sich um
       Personen mit dauerhaftem Aufenthaltstitel im Inland handelt (Einschränkung durch Art 4 Abs 3).
       Dies sind jedenfalls:
       o österreichische Staatsbürger (inkl. Familienangehörige)
       o Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte
       o EU-/EWR-Bürger/innen und Schweizer (inkl. Familienangehöriger), sofern sie durch die Leistungen
          nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren
       o Personen mit Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG“ oder „Daueraufenthalt-Familienangehörige“
       o Personen mit Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung
      Keinen dauerhaften Aufenthaltstitel im oben genannten Sinne haben:
       o nichterwerbstätige EU-/EWR-Bürger/innen und Schweizer und deren Familienangehörige in den
          jeweils ersten drei Monaten ihres Aufenthaltes
       o Asylwerber/innen
       o Personen, die aufgrund eines Reisevisums oder ohne Sichtvermerk (Touristen/innen) einreisen
          durften

                                                   13
   Übersicht Anspruchsgruppen: 10

     Personengruppe                                   Anspruch auf Mindestsicherung
     EWR-Bürger/innen als Arbeitnehmer/innen          Ja.
                                                      Geringfügige Beschäftigung reicht, solange das
                                                      Beschäftigungsausmaß zumindest 5,5
                                                      Wochenstunden beträgt.
     EWR-Bürger/innen (ohne                           problematisch, bei einem Aufenthalt von weniger als
     Arbeitnehmer/inneneigenschaft)                   5 Jahren in Ö müssen für den rechtmäßigen
                                                      Aufenthalt ausreichende Existenzmittel
                                                      nachgewiesen werden (= Anmeldebescheinigung);
                                                      ABER: jedenfalls keine BMS in den ersten 3 Monaten
                                                      des Aufenthalts
     Drittstaatsangehörige allgemein                  o Aufenthalt in Ö weniger als 5 Jahre: nein
                                                      o Aufenthalt und Erwerbstätigkeit in Ö länger als 5
                                                         Jahre: ja, bei Vorliegen des Aufenthaltstitels
                                                         „Daueraufenthalt-EU“
     Drittstaatsangehörige als Angehörige von         Ja, wenn sie zur Kernfamilie gehören (= Ehegatten
     Österreichern/innen oder EWR-Bürger/innen        und minderjährige Kinder)
     Asylwerber/innen                                 Nein
     Anerkannte Flüchtlinge                           Ja
     Subsidiär Schutzberechtigte                      Ja

        Leistungszugang und Verfahren (Art 14): Die Länder haben den Leistungszugang zu gewährleisten
         durch:
         o Verfahrensrecht: Erleichterung des Leistungszugangs durch
            - Möglichkeit der Antragseinbringung bei allen geeigneten Stellen,
            - großzügige Regelung für zur Antragstellung berechtigte bzw. zur Vertretung befugte Personen,
            - ausdrückliche Verankerung von Informations- und Anleitungspflichten.
         o Verfahrensbeschleunigung: Rasche Entscheidung durch
            - ausdrückliche Verankerung von Mitwirkungspflichten und möglicher Sanktionen bei
               Nichteinhaltung,
            - Verkürzung der Entscheidungspflicht auf höchstens drei Monate (erste Instanz),
            - Maßnahmen zur Gewährleistung einer effektiven Soforthilfe.
         o Verbesserung von Rechtssicherheit und Rechtsschutz: Hohe Rechtssicherheit und effektiver
            Rechtsschutz durch
            - verpflichtende Schriftform der Erledigungen (zumindest mit Bescheid in erster Instanz bei
               Leistungseinschränkungen),
            - ausdrückliche Regelungen über Leistungseinstellung oder -neubemessung,
            - Ausschluss der Möglichkeit eines Berufungsverzichts und der aufschiebenden Wirkung von
               Berufungen in Leistungsangelegenheiten.
         o Dezentrale, niedrigschwellige und bedarfsgerechte Beratungs- und Betreuungsangebote für
            Leistungsbezieher/innen zur möglichst ganzheitlichen Erfassung der Problemlagen der Menschen.

10
  vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz: „Bedarfsorientierten Mindestsicherung Fragen
und Antworten Fakten statt Mythen“ (2016), S. 14, unter
https://www.sozialministerium.at/site/Service_Medien/Infomaterial/Downloads/Infobroschuere_Bedarfsorientierte_Mi
ndestsicherung [abgerufen am 14.02.2017]
                                                       14
Länderregelungen

      weitestgehend gleich wie in der Art 15a-Vereinbarung (mit Ausnahme einzelner Personengruppen
       wie StudentInnen, Opfer von Menschenhandel/Prostitutionshandel etc.)
      Subsidiär Schutzberechtigte in der Regel ausgenommen (fallen in die Grundversorgung – erhalten
       aber in einzelnen Bundesländer auch Ergänzungsleistungen aus Mindestsicherung)

Neuerungen

      Der Neuregelung liegt die Annahme zugrunde, dass ein bestehender Anreiz für Fremde, aufgrund
       von Sozialleistungsansprüchen nach Österreich zu migrieren, reduziert werden muss.
      Im Vergleich zur Art 15a-Vereinbarung sieht der Entwurf eine deutliche Verschlechterung für
       subsidiär Schutzberechtigte (Leistungsausschluss) vor. Seit Auslaufen der Art 15a-Vereinbarung
       haben viele Bundesländer eine Neuregelung für subsidiär Schutzberechtigte getroffen, die teilweise
       aber besser war als die nunmehrige Bestimmung im Entwurf für das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz.
       Eine Besserregelung ist durch diese Regelung nun nicht mehr möglich, wohingegen der Entwurf
       weitere Ausschlussbestimmungen durch die Landesgesetzgebung zulässt.
      Auch für bestimmte StraftäterInnen sieht der Entwurf eine Schlechterstellung (nämlich Ausschluss
       von den Leistungen für einen bestimmten Zeitraum) vor, die bisher weder in der Art 15a-
       Vereinbarung noch in den Bundesländern vorgesehen war, nunmehr aber verpflichtend anzuwenden
       wäre und somit in allen Bundesländern für diese Personengruppe eine Verschlechterung bringen
       würde. In den Erläuterungen wird als Motivation für diese Regelung angeführt „für den Fall einer
       bedingten Nachsicht der gesamten oder eines Teiles der Strafe eine adäquate öffentliche
       Sanktionswirkung zu gewährleisten“.
      Im Vergleich zur Art. 15a-Vereinbarung sind keine Bestimmungen zum Leistungszugang und
       Verfahrensrecht vorgesehen (z.B. Regelungen zur Antragstellung, zur Entscheidungspflicht der
       Behörden, zur Rechtssicherheit und zum Rechtsschutz, niedrigschwellige und bedarfsgerechte
       Beratungs- und Betreuungsangebote).

                                  §§ 5 bis 7 Leistungen der Sozialhilfe

§ 5 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz

      Zielsetzung der Neuregelung ist die Vermeidung unerwünschter Anreize für den Arbeitsmarkt (aus
       den Erläuterungen zu § 5).
      Sachleistungen oder monatlich, zwölf Mal im Jahr gebührende pauschale Geldleistungen zur
       Unterstützung des Lebensunterhalts und zur Befriedigung des Wohnbedarfs (§ 4 Abs 1). Hinsichtlich
       des Wohnbedarfs dürfen die Leistungen das Maß des Notwendigen nicht übersteigen (beachte hier
       auch die Ausführungen zum Wohnbedarf weiter oben). Ein 13. oder 14. Monatsbezug wird mit dem
       Argument der Vermeidung einer Gleichstellung mit unselbständiger Erwerbsarbeit ausgeschlossen
       (aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 1).
      Festlegung von degressiv abgestuften Sozialhilfeleistungen pro Bedarfs- bzw. Haushaltsgemeinschaft
       durch die Landesgesetzgebung (§ 4 Abs 2). Die degressive Gestaltung wird mit den geringeren
       Wohnkosten und teilweise auch mit zu erwartenden geringeren Lebenserhaltungskosten
       argumentiert (aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 2). Als Festsetzung eines fiktiven bzw. tatsächlichen
       Mindest- oder Durchschnittsbedarfs dürfen die Sätze jedoch nicht verstanden werden. Vielmehr
       obliegt die Deckung des tatsächlichen Bedarfs Minderjähriger stets den zum Unterhalt verpflichteten
       Personen, die sich entsprechend einzuschränken haben. Ein Ausgleich der Mehrbelastung im
       allgemeinen Lebensunterhalts erfolgt durch die Familienbeihilfe, die vom Anrechnungsgrundsatz

                                                    15
ausgenommen wird und die soziale Basisleistung zur Unterstützung des Unterhalts Minderjähriger
    darstellt. Darüber hinausgehende Leistungen können die Landesgesetzgeber zwar grundsätzlich
    gewähren, aber – aus integrations- und arbeitsmarktpolitischen Gründen – nur bis zu einer
    begrenzten Höhe (aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 2).
   Vorgabe von Höchstsätzen pro Person und Monat für die Sozialhilfeleistungen. Die Summe der
    Leistungen darf diese Höchstsätze nicht übersteigen. Ausgangsbasis für die Sätze ist der Netto-
    Ausgleichszulagenrichtsatz für Alleinstehende. (§ 4 Abs 2). Durch diese Definition von Höchstsätzen
    wird den Ländern die Gewährung von geringeren Leistungen eingeräumt. Darüber hinaus dürfen die
    Länder den Leistungsbezug auch an weitere Voraussetzungen knüpfen (aus den Erläuterungen zu §
    5).
   Vorgesehene Höchstsätze für Lebens- und Wohnbedarf:

Mindeststandards (MS) NEU                Prozentsätze und   Lebensbedarf       Wohnbedarf
                                         Mindeststandards   max. 75 %          max. 25 %
Alleinstehende und                       100 %              keine vorgegebene Unterteilung mehr
Alleinerziehende                         2018: € 863,04
                                         2019: € 885,47
Volljährige Personen   die ersten zwei   Je 70 %
im gemeinsamen         Personen          2018: € 604,13
Haushalt                                 2019: € 619,83
                       ab der dritten    Je 45 %
                       Person            2018: € 388,37
                                         2019: € 398,46
Minderjährige          erstes Kind       25 %
Personen mit                             2018: € 215,76
zumind. einer                            2019: € 221,37
volljährigen Person    zweites Kind      15 %
im gemeins.                              2018: € 129,46
Haushalt                                 2019: € 132,82
                       ab dem dritten    5%
                       Kind              2018: € 43,15
                                         2019: € 44,27

   Hinsichtlich der unterschiedlichen Mindeststandardsätze für Kinder hat der Landesgesetzgeber
    sicherzustellen, dass die Summe aller Sozialhilfeleistungen für Minderjährige in einer
    Haushaltsgemeinschaft gleichmäßig auf alle Minderjährigen in dieser Haushaltsgemeinschaft
    aufgeteilt wird (§ 4 Abs 3).
   Neu hinzu kommt ein (degressiv gestaffelter) Zuschlag für die Kinder von alleinerziehenden Personen
    (Alleinerzieherbonus) und (voll- und minderjährige) Menschen mit Behinderungen (§ 4 Abs 2 Z. 4
    und 5). Durch die Mehrleistung für Alleinerzieher wird der besonderen Lebenssituation und den
    höheren finanziellen Belastungen von Alleinerzieher-Haushalten Rechnung getragen. Als
    Alleinerziehend werden „Personen, die mit minderjährigen, aber nicht mit anderen volljährigen
    Personen in Haushaltsgemeinschaft leben“ definiert (aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 2):

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Zuschläge NEU                                  Prozentsätze und
                                                                     Mindeststandards
                      Alleinerziehende        erste minderjährige    12 %
                      (Alleinerzieherbonus)   Person                 2018: € 103,56
                                                                     2019: € 106,26
                                              zweite minderjährige   9%
                                              Person                 2018: € 77,67
                                                                     2019: € 79,69
                                              dritte minderjährige   6%
                                              Person                 2018: € 51,78
                                                                     2019: € 53,13
                                              jede weitere           Je 3 %
                                              minderjährige Person   2018: € 25,89
                                                                     2019: € 26,56
                      Menschen mit            pro Person             18 %
                      Behinderungen (voll-                           2018: € 155,35
                      und minderjährige)                             2019: € 159,38

   Die Landesgesetzgebung hat sicherzustellen, dass die Summe aller Geldleistungen für volljährige
    Bezugsberechtigte innerhalb einer Haushaltsgemeinschaft gleichmäßig auf alle Bezugsberechtigten
    aufgeteilt wird. Gleichzeitig darf die Summe der Geldleistungen pro Haushaltsgemeinschaft 175 %
    des Mindeststandards für Alleinstehende (= € 1.510,32/Basis 2018; € 1.549,57/Basis 2019) nicht
    übersteigen. Wird diese Grenze überschritten, ist eine anteilige Kürzung der Leistung pro Person in
    dem Ausmaß vorzunehmen, dass es zu keiner Überschreitung kommt. Dabei darf der Mindestbetrag
    zur Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhalts pro volljährigem Bezugsberechtigten einer
    Haushaltsgemeinschaft nicht weniger als 20 % des Mindeststandards für Alleinstehende (= €
    172,61/Basis 2018; € 177,09/Basis 2019) (§ 5 Abs 4). Durch diese Regelungen soll der Anreiz zur
    Bildung von gewillkürten Haushaltsgemeinschaften (unter Inkaufnahme eines eingeschränkten
    Lebens- und Wohnstandards) unter volljährigen Personen zur Generierung systemwidrig hoher
    Geldbeträge verringert werden. Den Landesgesetzgebern wird aber das Recht eingeräumt, über die
    angeführte Betragsgrenze hinaus Sachleistungen zu gewähren (aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 4).
   Sachleistungen sind im wertentsprechenden Ausmaß auf Geldleistungen anzurechnen und werden
    nicht zusätzlich gewährt (§ 5 Abs 5 S 1 und Erläuterungen zu § 5 Abs 5 S 1).
   Wohnkostenpauschale: Die Landesgesetze können vorsehen, dass auf Antrag oder von Amts wegen
    der gesamte Wohnbedarf anstelle von Geldleistungen in Form von Sachleistungen erbracht werden
    kann (§ 5 Abs 5 S 2). Diese sind kostenunabhängig mit einem Pauschalbetrag im Ausmaß von 40 %
    auf die für Volljährige jeweils geltenden Mindeststandards anzurechnen, wobei eine Obergrenze bei
    130 % der einer Haushaltsgemeinschaft aus den zu gewährenden Mindeststandards zustehenden
    Geld- und Sachleistungen eingezogen wird (§ 5 Abs 5 S 2 und 3). Hintergrund für diese Regelung ist,
    dass die Bundesländer die Möglichkeit haben sollen, ortsbedingt höhere Wohnkosten angemessen
    berücksichtigen zu können. Grundvoraussetzung für diese Variante ist jedoch, dass die
    Wohnbedarfsleistungen ausschließlich in Form von Sachleistungen erbracht werden (aus den
    Erläuterungen zu Abs 5 Satz 2).
   Arbeitsqualifizierungsbonus: Sozialhilfeempfängern kommt eine Erwerbs- und
    Mitwirkungsobliegenheit hinsichtlich Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen (inklusive Sprachkurse
    und Integrationsmaßnahmen) zu (aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 6 bis 8). Dementsprechend wird
    festgelegt, dass die Höchstsätze für Alleinstehende/-erziehende und in Haushaltsgemeinschaft
    lebende volljährige Personen (Menschen mit Behinderung ausgenommen) einen monatlichen
    Mindestanteil in der Höhe von 35 % inkludieren, dessen Gewährung von der Vermittelbarkeit am
    österreichischen Arbeitsmarkt abhängt (§ 5 Abs 6). Dieser Bonus soll auch einen Anreiz für
    unqualifizierte Personen schaffen, ihre eingeschränkte Vermittelbarkeit durch eigene Integrations-
    bzw. Qualifizierungsleistungen zu verbessern und grundlegende Basiskompetenzen für den
    Arbeitsmarkt zu erwerben (aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 6).
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Arbeitsqualifizierungsbonus
                                                   (auf Basis der Werte von 2018)
          Alleinstehende und                       100 % (mit Bonus): € 863,04 (2018)
          Alleinerziehende                         65 % (ohne Bonus): € 560,98
                                                   100 % (mit Bonus): € 885,47 (2019)
                                                   65 % (ohne Bonus): € 575,56
          Volljährige Personen   die ersten zwei   Je 70 % (mit Bonus): € 604,13 (2018)
          im gemeinsamen         Personen          35 % (ohne Bonus): € 302,06
          Haushalt                                 Je 70 % (mit Bonus): € 619,83 (2019)
                                                   35 % (ohne Bonus): € 309,91
                                 ab der dritten    Je 45 % (mit Bonus): € 388,37 (2018)
                                 Person            10 % (ohne Bonus): € 86,30
                                                   Je 45 % (mit Bonus): € 398,46 (2019)
                                                   10 % (ohne Bonus): € 88,55

   Eine abschließende Aufzählung führt Personen an, von denen aus besonderen sozialen Rücksichten
    kein Arbeitskrafteinsatz oder keine arbeitsmarktbezogene Leistung verlangt werden darf (aus den
    Erläuterungen zu § 5 Abs 6). Keine Vermittelbarkeit und dauerhafte Bereitschaft zum Einsatz der
    Arbeitskraft wird gefordert bei (§ 5 Abs 6)
    o Erreichung des Regelpensionsalters
    o Kinderbetreuungspflichten (wenn das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet wurde und keine
       geeignete Betreuungsmöglichkeit vorhanden ist)
    o überwiegender Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger mit mindestens Pflegestufe 3
    o Sterbebegleitung oder Begleitung von schwerstkranken Kindern
    o vor dem 18. Lebensjahr begonnener und zielstrebig verfolgter Erwerbs- oder Schulausbildung
    o Ableistung des Grundwehr- oder Zivildienstes
    o Invalidität
    o Vorliegen vergleichbar gewichtiger, besonders berücksichtigungswürdiger sozialer Gründe, die
       den Einsatz der Arbeitskraft verhindern (wesentlich für das Vorliegen dieses
       Ausnahmetatbestandes ist die zwingende Vorgabe, dass es sich um soziale Gründe handeln muss,
       die wertungsmäßig den anderen in der Auflistung genannten Tatbeständen entsprechen z.B. die
       Ableistung eines Freiwilligen Sozialjahres; kein besonders berücksichtigungswürdiger Grund ist die
       Teilnahme an berufsqualifizierenden Weiterbildungsmaßnahmen zur erfolgreichen
       Wiedereingliederung in das Erwerbsleben – aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 6)
   Eine Vermittelbarkeit am österreichischen Arbeitsmarkt ist anzunehmen, wenn
    o ein österreichischer Pflichtschulabschluss vorliegt (§ 5 Abs 8) oder
    o die Deutschkenntnisse zumindest das Sprachniveau B1 oder die Englischkenntnisse zumindest das
       Sprachniveau C1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erreichen und
    o der Abschluss von beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen oder (alternativ – aus den
       Erläuterungen zu § 5 Abs 7) eine unterzeichnete Integrationserklärung bzw. -vereinbarung nach
       dem IntG sowie ein abgeschlossener Werte- und Orientierungskurs nachgewiesen werden
       können (§ 5 Abs 7).
   Der Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse ist zu erbringen durch (§ 5 Abs 7):
    o einen österreichischen oder gleichwertigen Pflichtschulabschluss mit Deutsch als primärer
       Unterrichtssprache
    o ein aktuelles Zertifikat des Österreichischen Integrationsfonds bzw. von anerkannten
       Bildungseinrichtungen (private Zertifizierungen sind nicht ausreichend – aus den Erläuterungen zu
       § 5 Abs 7) oder
    o durch persönliche Vorsprache vor der Behörde. Die Behörde kann aber bei Offensichtlichkeit des
       Vorliegens eines entsprechenden Sprachniveaus auf einen Nachweis verzichten (aus den
       Erläuterungen zu § 5 Abs 7).
   Personen mit eingeschränkter Vermittelbarkeit (insbesondere aufgrund mangelhafter
    Sprachkenntnisse oder Schuld-/Ausbildung) sind die Höchstsätze der Mindeststandards nur abzüglich
                                                   18
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