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Inhaltsverzeichnis Seite Vorwort 3 1. Einleitung: Entwurf für ein Sozialhilfe-Grundsatzgesetz vom 28. November 2018 4 2. Gegenüberstellung: Entwurf Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, Art 15a B-VG Vereinbarung und Bundesländerregelungen 5 Gesetzliche Grundlage 5 § 1 Zielsetzung 7 § 2 Bedarfsbereiche 8 § 3 Allgemeine Grundsätze 10 § 4 Ausschluss von der Bezugsberechtigung 12 §§ 5 bis 7 Leistungen der Sozialhilfe 15 § 9 Wirksames Kontrollsystem und Sanktionen 27 Sozialhilfe-Statistikgesetz 29 Impressum SWÖ-AKTUELL 2/2019, Stand: 15. Jänner 2019 Sozialwirtschaft Österreich - Verband der österreichischen Sozial- und Gesundheitsunternehmen Apollogasse 4/8, 1070 Wien; Telefon: 01/353 44 80, Mail: office@swoe.at, Website: www.swoe.at Verfasserin: Maria Lenglachner, Redaktion: Walter Marschitz, Maria Lenglachner 2
Vorwort Bis zur Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) im Jahr 2010 gab es für die Hilfe im Fall von Armut die unterschiedlichsten Regelungen in den verschiedenen Sozialhilfegesetzen der Bundesländer. Durch die Einigung auf die Vereinbarung nach Art 15a B-VG über eine bundesweite bedarfsorientierte Mindestsicherung und deren Umsetzung in den Bundesländern bis Oktober 2011, wurden erstmals die Grundvoraussetzungen für den Bezug einer bedarfsorientierten Mindestsicherung auf einem bundesweit einheitlichen Mindestniveau festgelegt. Seit dem Außerkrafttreten der Art 15a-Vereinbarung mit Ende 2016 ist aber wieder ein starkes Auseinanderdriften der Bestimmungen zwischen den Bundesländern festzustellen. An dieser Stelle setzt die Bundesregierung mit ihrem bereits im Regierungsprogramm angekündigten Vorhaben der Realisierung einer Mindestsicherung NEU an. Im Vordergrund steht die Zielsetzung einer österreichweit einheitlichen Regelung. Diese soll über ein neues Sozialhilfe-Grundsatzgesetz erreicht werden, das Ende November 2018 in Begutachtung geschickt wurde. Die vorliegende Publikation soll helfen, den Überblick über die verschiedenen Regelungen und die aktuellen legistischen Entwicklungen im Bereich der bedarfsorientierten Mindestsicherung zu bewahren. Sie analysiert den am Tisch liegenden Gesetzesentwurf, indem sie einerseits die darin enthaltenen Regelungen vorstellt und diese andererseits den bisherigen Regelwerken gegenüberstellt und die sich daraus ergebenden Änderungen herausarbeitet. Konkret wird dabei auf die Vereinbarung nach Art 15a B-VG Bezug genommen, die zwar bereits außer Kraft getreten ist, hinsichtlich zentraler Begrifflichkeiten, die auch im Entwurf des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes Niederschlag finden, nach wie vor aber eine wichtige Basis bildet. Darüber hinaus wird auch ein Bezug zu den wichtigsten Regelungen auf Bundesländerebene hergestellt. Angesichts der sich teilweise sehr stark unterscheidenden Landesbestimmungen können aus diesem Vergleich jedoch nur allgemeine Tendenzen abgeleitet werden. Die relevanten Daten für die Analyse wurden dabei den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen entnommen. Als größte Interessenvertretung der sozialen Dienstleistungsanbieter in Österreich hofft die Sozialwirtschaft Österreich, dass die Sozialgesetzgebung auf Bundes- und Länderebene durch fairere Rahmenbedingungen und Regelungen den Menschen in Österreich ein menschenwürdiges Leben sicherstellt. Mit ihren Analysen möchte die Sozialwirtschaft Österreich fachliche Grundlagen für die inhaltliche Diskussion und damit einen Beitrag zu einem qualitätsvollen (sozial)politischen Diskurs in Österreich liefern. Die Sozialwirtschaft Österreich enthält sich in diesen Publikationen aber bewusst einer inhaltlichen Bewertung. Diese geschieht vielmehr im Rahmen des jeweiligen Begutachtungsverfahrens bzw. der entsprechenden öffentlichen Debatte. Weitere Unterlagen zur bedarfsorientierten Mindestsicherung sind jedoch auf unserer Website www.swoe.at zum Download bereitgestellt. Maria Lenglachner Walter Marschitz Erich Fenninger Generalsekretärin Geschäftsführer Vorstandsvorsitzender 3
1. Einleitung: Entwurf für ein Sozialhilfe-Grundsatzgesetz vom 28. November 2018 Für den Zeitraum von 1. Dezember 2010 bis 31. Dezember 2016 legten Bund und Länder in einer Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG 1 bundesweit einheitliche Standards für die Bedarfsorientierte Mindestsicherung fest. Diese Art 15a-Vereinbarung ersetzte grundsätzlich die bis dahin in den Bundesländern unterschiedlich geregelten Sozialhilfegesetze. Insbesondere wurde die vormalige „offene“ Sozialhilfe, die an Privathaushalte geleitet wird, aus den Sozialhilfegesetzen herausgenommen. Die „stationäre“ Sozialhilfe, die sich vorwiegend auf die Unterstützung von pflegedürftigen Menschen in Heimen bezieht, wird in den meisten Ländern hingegen nach wie vor in gesonderten Sozialhilfegesetzen und nicht in den Mindestsicherungsgesetzen geregelt. Lediglich in Kärnten, Tirol und Vorarlberg sind sowohl die offene als auch die stationäre Sozialhilfe im jeweiligen Mindestsicherungsgesetz erfasst. Seit dem Auslaufen der Art 15a-Vereinbarung mit Ende 2016 konnten die Bundeländer aber wieder gesonderte Regelungen im Bereich des Armenwesens treffen, ohne sich an bundeseinheitlich vorgegebene Mindeststandards halten zu müssen. Eine Möglichkeit, die die Bundesländer insbesondere 2017 auch in Anspruch nahmen. Seither driften die Regelungen zur Mindestsicherung zwischen den Bundesländern wieder zunehmend auseinander. Bereits im Regierungsprogramm für 2017 – 2022 2 hat die Bundesregierung daher eine Neuregelung der Sozialhilfe und eine österreichweite Vereinheitlichung durch eine Mindestsicherung NEU in Form eines neuen Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes angekündigt. Um „unkontrollierte Zuwanderungswellen“ und „Zuwanderung in den Sozialstaat“ zu stoppen, solle künftig bei den Leistungsansprüchen und -höhen stärker zwischen Menschen, die bereits in das Sozialsystem eingezahlt haben und Menschen, die sich erst seit Kurzem in Österreich aufhalten, differenziert werden. Ein weiterer Fokus müsse auf der raschen (Re- )Integration in den Arbeitsmarkt liegen. Für junge Erwachsene sei ein eigenes Sozialhilferecht geplant. Im Wesentlichen wurden für die Mindestsicherung NEU vorgesehen: die Möglichkeit von Sachleistungen eine grundsätzliche Arbeits- und Teilhabepflicht für Leistungsbezieher/innen ab 15 strenge Kontrollen und Kürzungen bzw. vollständige Sperren bei Pflichtverletzungen (insbes. der Arbeits-, Teilhabe-, Mitwirkungspflichten) für den Abgleich zwischen den verschiedenen Sozialleistungen soll eine Transparenzdatenbank ins Leben gerufen werden starke Einschnitte waren bei den Leistungsansprüchen und -höhen geplant. So wurde an eine Leistungsdeckelung auf max. € 1.500,- pro Bedarfsgemeinschaft gedacht. Außerdem sollte eine Wartefrist verankert werden. Demgemäß hätten künftig nur Menschen einen Anspruch auf Mindestsicherung, die in den letzten sechs Jahren mind. fünf Jahre legal in Österreich gelebt haben. Noch weiter sollten die Kürzungen für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte gehen. Für diese Gruppe wurde eine Kürzung der Geldleistungen auf € 365,- vorgesehen. Hinzu kommen – bei Einhaltung der abgeschlossenen Integrationsvereinbarung – ein Integrationsbonus in der Höhe von € 155,- und variabel € 40,- bis € 80,- für sonstige Ausgaben. Für ausländische Bezieher/innen wurde zudem eine obligatorische Rücksiedlungsberatung in das Heimat- bzw. Herkunftsland vorgesehen. Dieses legistische Vorhaben wurde nun auch tatsächlich auf den Weg gebracht. Mit Ende November 2018 wurde ein Entwurf für ein Sozialhilfe-Grundsatzgesetz in Begutachtung geschickt 3, in dem der Großteil der 1 BGBl I 96/2010 vom 2. Dezember 2010 2 „Zusammen. Für unser Österreich. Regierungsprogramm 2017 – 2022“, unter https://www.bundeskanzleramt.gv.at/regierungsdokumente [abgerufen am 20.12.2017] 3 https://www.ris.bka.gv.at/Begut/ [Dokumentennummer: BEGUT_COO_2026_100_2_1587910] 4
geplanten Maßnahmen aus dem Regierungsprogramm Niederschlag findet. Die wesentlichsten Änderungen, die sich daraus im Vergleich zum Status quo ergeben, werden in diesem Papier zusammengefasst. Zu erwähnen sind an dieser Stelle auch mehrerer Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes zu den unterschiedlichen Mindestsicherungsgesetzen einzelner Bundesländer: Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zum Vorarlberger Mindestsicherungsgesetz 4: weitgehende Bestätigung der Verfassungsmäßigkeit. Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zum NÖ Mindestsicherungsgesetz 5: Wartefrist und Deckelung bzw. die geringere Leistungshöhe für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte wurden wegen fehlender sachlicher Rechtfertigung aufgehoben. Konkret hielt der Verfassungsgerichtshof fest, dass das Abstellen auf eine bestimmte Aufenthaltsdauer im Inland (geringere Leistungshöhe, wenn nicht mindestens fünf der vergangenen sechs Jahr in Österreich verbracht wurden) und die Deckelung des Mindeststandards (pro Haushalt mit € 1.500,-) gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 1 B-VG und das Internationale Übereinkommen über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung verstoßen und somit als verfassungswidrig aufzuheben und in der Folge nicht mehr anzuwenden sind. Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum OÖ Mindestsicherungsgesetz6: Die Sonderregelung, dass Flüchtlinge mit befristetem Aufenthaltsrecht geringere Sozialhilfeleistungen erhalten als InländerInnen und Flüchtlinge mit dauerhaftem Aufenthaltsrecht ist nicht mit dem Unionsrecht vereinbar und wurde daher aufgehoben. Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zum Burgenländischen Mindestsicherungsgesetz 7: Analog zum VfGH-Erkenntnis für NÖ wurden auch die – ähnlich zum NÖ Mindestsicherungsgesetz gestalteten – Bestimmungen für die Deckelung der Mindestsicherung mit € 1.500,- pro Haushalt (unabhängig von der Haushaltsgröße) und zur Verankerung einer Wartefrist (geringere Leistungen für jene, die sich innerhalb der letzten sechs Jahre nicht mindestens fünf Jahre in Österreich aufgehalten haben) wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz als verfassungswidrig aufgehoben. Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zum OÖ Mindestsicherungsgesetz 8: Die Regelung zur Deckelung der Mindestsicherung widerspricht nicht dem Gleichheitsgrundsatz und ist demgemäß nicht verfassungswidrig. Als verfassungswidrig aufgehoben wurde jedoch die Bestimmung, dass in die Berechnung des Deckels auch ein fiktiver Mindeststandard für jene Personen in der Hausgemeinschaft einzubeziehen ist, die gar keinen Antrag gestellt oder keinen Leistungsanspruch haben. Insbesondere hinsichtlich der Wartefrist, der Deckelung der Leistungen und der geringeren Leistungshöhen für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte fanden die Erkenntnisse bereits Niederschlag im nun vorliegenden Entwurf für ein Sozialhilfe-Grundsatzgesetz. 4 VfGH Erkenntnis vom 12.12.2017, V 101/2017-11 5 VfGH Erkenntnis vom 07.03.2018, G 136/2017-19 ua.* 6 EuGH 21.11.2018, C-713/17, Ayubi 7 VfGH Erkenntnis vom 01.12.2018, G 308/2018-8 8 VfGH Erkenntnis vom 11.12.2018, G 156/2018-28* 5
2. Gegenüberstellung: Entwurf Sozialhilfe-Grundsatzgesetz, Art 15a B- VG Vereinbarung und Bundesländerregelungen Gesetzliche Grundlage Gemäß Art. 12 Abs. 1 Z 1 B-VG kommt dem Bund im Armenwesen (und damit auch bei der Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung) die Kompetenz zur Grundsatzgesetzgebung zu, während die Ausführungsgesetzgebung und die Vollziehung Länderkompetenz ist. In Grundsatzgesetzen kann der Bund allgemeine, grundsätzliche Regelungen treffen, an die die Landesgesetzgeber gebunden sind. Eine unmittelbare Rechtsgrundlage stellen die Bestimmungen in den Grundsatzgesetzen für die Vollziehung der Länder jedoch nicht dar und es leiten sich daraus auch keine Rechte und Pflichten für Einzelne ab. In ihren Ausführungsgesetzen dürfen die Länder allerdings nicht den Bestimmungen von Grundsatzgesetzen widersprechen. Stellt der Bund keine Grundsätze auf, sind die Länder in der Regelung des Armenwesens im Wesentlichen frei. 9 Trotz der mittlerweile vielfach abweichenden Landesregelungen bildet die Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gem. Art 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BGBl I 96/2010) vom 2. Dezember 2010 nach wie vor die Basis für ein umfassendes Verständnis der grundlegenden Begrifflichkeiten und Regelungen in den Landesgesetzen. In Grundzügen baut nun auch der Entwurf für ein Sozialhilfe-Grundsatzgesetz darauf auf. Dieses zielt grundsätzlich auf eine stärkere Harmonisierung der verschiedenen Sozialhilfesysteme der Länder und bundesweit einheitlicher Standards ab. Als konkrete Ziele werden genannt (aus der Wirkungsorientierten Folgenabschätzung zum Gesetzesentwurf, S. 1): Neugestaltung und bundesweite Harmonisierung der Mindestsicherung/offenen Sozialhilfe Stärkere Integration von SozialhilfebezieherInnen in den Arbeitsmarkt Dämpfung der Zuwanderung in das österreichische Sozialsystem Verbesserung und Neuausrichtung der Statistik zur Sozialhilfe Das Inkrafttreten ist für 1. April 2019 geplant (§ 10 Abs 2 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz), eine interne Evaluierung, die durch die Erstellung der neuen Sozialhilfestatistik erfolgen soll, für 2024 vorgesehen (aus der Wirkungsorientierten Folgenabschätzung zum Entwurf Gesetzesentwurf, S. 3). Die Ausführungsgesetze der Bundesländer sind innerhalb von 6 Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes zu erlassen und in Kraft zu setzen. Dabei haben die Ausführungsgesetze angemessene Übergangsbestimmungen vorzusehen. Die Überführung sämtlicher LeistungsbezieherInnen in den neuen Rechtsrahmen hat innerhalb eines Übergangszeitraums, der spätestens mit 1. April 2021 endet, zu erfolgen. Leistungszuerkennungen, die auf früheren Rechtslagen basieren, treten dann außer Kraft und die Anspruchsvoraussetzungen sind nach Maßgabe der neuen Rechtslage zu prüfen (§ 10 Abs 2 und 3 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz). Durch den Übergangszeitraum soll der Landesgesetzgebung eine möglichst schrittweise bzw. gleitende Umstellung bisheriger Leistungsbezüge auf die neue Rechtslage ermöglicht werden (aus den Erläuterungen zu § 10). Die nachstehende Zusammenfassung bezieht sich auf die Regelungen im vorliegenden Entwurf, die Vorgaben aus der ehemaligen Vereinbarung gem. Art 15a B-VG sowie die Bestimmungen in den jeweiligen Landesgesetzen zur Mindestsicherung. Weitere Rechtsquellen wurden grundsätzlich nicht berücksichtigt. 9 vgl. Binder/Trauner (2014): Öffentliches Recht – Grundlagen, 3. Aufl., Rz. 394 f. 6
§ 1 Zielsetzung § 1 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz Beitrag zur Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhalts und Befriedigung des Wohnbedarfs der Bezugsberechtigten: Es wird auf den weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Beurteilung sozialer Bedarfslagen und der Ausgestaltung daran anknüpfender sozialer Maßnahmen verwiesen. Der Gesetzgeber sei – unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung – zu Mindestsicherungs- bzw. Sozialhilfeleistungen nicht verpflichtet, wenn diese rechtspolitisch unerwünschte Ziele fördern würden. Den Ländern stehe es aber weiterhin frei, über das Grundsatzgesetz hinausgehende Zielsetzungen (z.B. die Vermeidung und Bekämpfung von Armut und sozialer Ausschließung oder die Unterstützung für ein möglichst selbst bestimmtes Leben und eine soziale Teilhabe in ihren Landesgesetzen) zu verankern, sofern die Wirksamkeit der Zielsetzungen des Bundesgesetzes nicht beeinträchtig wird (aus den Erläuterungen zu § 1). Unterstützung integrationspolitische und fremdenpolizeilicher Ziele: hier soll das Bundesgesetz auch Nebenzielen aus der Integrationspolitik bzw. fremdenpolizeilichen Zielen dienen, wobei Letzteren nicht die Gewährung von Sozialhilfe, sondern deren Leistungsausschluss dienlich sein soll (aus den Erläuterungen zu § 1 Z 2). insbesondere weitest mögliche Förderung der (Wieder-)Eingliederung von Bezugsberechtigten in das Erwerbsleben und der optimalen Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes Art 15a-Vereinbarung Bekämpfung und Vermeidung von Armut und sozialer Ausschließung und Förderung einer dauerhaften (Wieder-)Eingliederung der Bezieher/innen in das Erwerbsleben Länderregelungen alle Bundesländer: Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung die dauerhafte (Wieder-)Eingliederung in das Erwerbsleben haben nur Burgenland, Salzburg, Steiermark, Tirol und Wien explizit als Zielsetzung in ihre Landesgesetze übernommen Neuerungen Die Vermeidung und Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung werden im Entwurf nicht explizit als Ziel genannt – wobei das Regierungsprogramm die Bekämpfung von Armut durch das Grundsatzgesetz des Bundes noch als Zielsetzung festhält. Neu ist die Nennung von integrationspolitischen und fremdenpolizeilichen Zielen als Nebenziele des Grundsatzgesetzes. Zentrale Zielsetzung ist weiterhin die (Wieder)Eingliederung in das Erwerbsleben, wobei jedoch im Gegensatz zur Art. 15a-Vereinbarung die Dauerhaftigkeit nicht mehr vorkommt. Eine Neuerung ist auch die Verknüpfung der Förderung der (Wieder-)Eingliederung in das Erwerbsleben mit einer optimalen Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarktes. 7
§ 2 Bedarfsbereiche § 2 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz Gewährung von Geld- oder Sachleistungen zur Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhalts und Befriedigung des Wohnbedarfs Sozialhilfeleistungen, die weder zur Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhalts noch zur Befriedigung des Wohnbedarfs beitragen, sind nicht von dem Grundsatzgesetz erfasst. Auch soziale Leistungen, die einem Sonderbedarf (z.B. bei Behinderung oder Pflegebedarf) gewidmet sind, bleiben von dem Gesetz unberührt (aus den Erläuterungen zu § 2). Die Einbeziehung der SozialhilfebezieherInnen in die Krankenversicherung bleibt aufrecht. Explizit ausgeführt wird zudem, dass von dem Grundsatzgesetz nur Leistungen im Rahmen der „offenen Sozialhilfe“ erfasst sind. Nicht zur Anwendung kommen soll das Gesetz aber bei Unterstützungsleistungen aus der „stationären Sozialhilfe“ (d.h. bei der Deckung der Kosten von Heimaufenthalten von pflegebedürftigen Personen) (aus den Erläuterungen zu § 2). Legaldefinition des allgemeinen Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs: Allgemeiner Lebensunterhalt: (Art. 2 Abs 2) = der regelmäßig wiederkehrende Aufwand für o Nahrung, o Bekleidung, o Körperpflege sowie o sonstige persönliche Bedürfnisse (aus den Erläuterungen zu § 2: weiterer, nicht explizit genannter Aufwand wie z.B. angemessene soziale und kulturelle Teilhabe - die nähere Konkretisierung des allgemeinen Lebensunterhaltes obliegt dem Landesgesetzgeber). Wohnbedarf: (Art. 2 Abs. 3) = der für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderliche regelmäßig wiederkehrende Aufwand für o Miete, o Hausrat, o Heizung, o Storm und o sonstige allgemeine Betriebskosten und Abgaben (aus den Erläuterungen zu § 2: auch hier ist die nähere Konkretisierung dem Landesgesetzgeber überlassen, sodass z.B. auch Leistungen für Haushaltsversicherungen und sonstige wohnungsbezogene Kosten übernommen werden können; nicht davon erfasst sind jedoch Ausgaben für SAT-TV, Internet und Telefon da diese nicht dem Wohnbedarf sondern dem allgemeinen Lebensunterhalt dienen). Sozialhilfeleistungen werden für die Befriedigung eines ausreichenden und zweckmäßigen, das Maß des Notwendigen aber nicht überschreitenden Wohnbedarfs gewährt (§ 5 Abs 1). Die Wohnbedarfsleistungen dürfen also das Maß des Notwendigen nicht übersteigen, wobei als Beurteilungsmaßstab für die Notwendigkeit ein bescheidener ortsüblicher Arbeitnehmerhaushalt, in dem keine Leistungen der Sozialhilfe bezogen werden, herangezogen wird (aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 1). Art 15a-Vereinbarung durch pauschalierte Geldleistungen sind die Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfes (außerhalb von stationären Einrichtungen) sowie die bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung erforderlichen Leistungen zu gewährleisten (Art 2 Abs 1). 8
jenen Personen, die den Lebensunterhalt, den Wohnbedarf und die notwendigen Leistungen im Fall von Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht abdecken können, gewähren die Länder die erforderlichen Leistungen der BMS (Art 9) Legaldefinition des allgemeinen Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs (Art 3): Lebensunterhalt: (Art 3 Abs 1) = der regelmäßig wiederkehrende Aufwand für o Nahrung, o Bekleidung, o Körperpflege, o Hausrat, o Heizung, o Strom und o andere persönliche Bedürfnisse (z.B. angemessene soziale und kulturelle Teilhabe) Wohnbedarf: (Art 3 Abs 2) = der für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderliche regelmäßig wiederkehrende Aufwand für o Miete, o allgemeine Betriebskosten und o sonstige Abgaben (z.B. Kanal- oder Abfallgebühren). Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung: (Art 3 Abs 3) = alle Sachleistungen und Vergünstigungen, die Ausgleichszulagenbezieher/innen der Pensionsversicherung aus der gesetzlichen Krankenversicherung zukommen Für Sonderbedarfe können die Länder zusätzliche Geld- oder Sachleistungen zumindest auf Grundlage des Privatrechts gewähren. Länderregelungen explizite Bemühungspflicht nur in OÖ geregelt Im Wesentlichen analog zur Art 15a-Vereinbarung - mit Sonderregelungen für sonstige Leistungen: direkt in den Mindestsicherungs-Gesetzen sind in allen Bundesländern außer im Burgenland und der Steiermark zusätzliche Leistungen ohne Rechtsanspruch vorgesehen. Art der Leistungen aber sehr unterschiedlich. Beispielsweise in o Oberösterreich: Hilfe zur Arbeit o Salzburg: Hilfe für Sonderbedarfe, Hilfe zur Arbeit und Koordinierte Hilfeplanung o Tirol: Hilfe zur Erziehung und Erwerbsbefähigung, Hilfe zur Arbeit, Hilfeplan, Hilfe zur Betreuung und Pflege und Zusatzleistungen zur Vermeidung von besonderen Härtefällen o Vorarlberg: Hilfe in besonderen Lebenslagen, Hilfe zur Deckung von Sonderbedarfen, Leistungen für hilfs- und schutzbedürftige Fremde o Wien: Förderungen, Beschäftigungsbonus plus, Beratungs- und Betreuungsangebote zur Wohnungssicherung, Mietbeihilfe Neuerungen Anstelle der Sicherung des Lebensunterhalts (und des Wohnbedarfs) wird die Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhalts (und die Befriedigung des Wohnbedarfs) festgeschrieben. Hausrat, Heizung und Strom fallen nicht mehr unter den Lebensunterhalt, sondern unter den Wohnbedarf. Es gibt keine Erläuterung dazu. Unter Umständen ist es zu dieser Verschiebung 9
gekommen, weil die Leistungshöhe für den Wohnbedarf von den Ländern an die lokalen Verhältnisse angepasst werden darf und dies auch für Hausrat, Heizung und Strom möglich sein soll. Im Gesetz selbst wird weder die Krankenversicherung, noch die Einschränkung auf die offene Sozialhilfe geregelt. Der Geltungsbereich des Gesetzes wird erst in den Erläuterungen wirklich deutlich. Der Umfang (insbesondere die Qualität) der Wohnbedarfsdeckung wird unterschiedlich festgelegt. Einerseits gibt es die Legaldefinition in § 2 Abs 3 („Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation“), andererseits wird in § 5 Abs 1 bei den Bestimmungen zu den monatlichen Leistungen der Sozialhilfe von der „Befriedigung eines ausreichenden und zweckmäßigen, das Maß des Notwendigen aber nicht überschreitenden Wohnbedarfs“ gesprochen. Eine angemessene Wohnsituation ist großzügiger zu verstehen, als ein ausreichender, das Maß des Notwendigen nicht überschreitender Wohnbedarf. Eine nähere Definition der „Notwendigkeit“ findet sich darüber hinaus lediglich in den Erläuterungen, nicht aber direkt im Gesetzesentwurf. § 3 Allgemeine Grundsätze § 3 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz Sozialhilfeleistungen, die gänzlich oder teilweise, direkt oder indirekt der Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhalts oder der Wohnversorgung dienen, dürfen nur nach Maßgabe des Grundgesetzes gewährt werden (§ 3 Abs 1). sachliche Voraussetzungen und Bemühungspflicht: Sozialhilfeleistungen sind nur von einer sozialen Notlage betroffenen Personen zu gewähren, sofern sie sich auch in angemessener und zumutbarer Weise um eine Abwendung, Milderung oder Überwindung dieser Notlage bemühen (§ 3 Abs 2). Subsidiaritätsprinzip: Sozialhilfeleistungen sind nur in dem Ausmaß zu gewähren, in dem eine Bedarfsdeckung durch eigene Mittel oder durch den dem Bezugsberechtigten zustehende und einbringliche Leistungen Dritter nicht möglich ist (§ 3 Abs 3). Sofern das Grundsatzgesetz keine Ausnahmen vorsieht, ist der Leistungsbezug von der dauerhaften Bereitschaft zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft und von aktiven, arbeitsmarktbezogenen Leistungen der Bezugsberechtigten abhängig zu machen (§ 3 Abs 4). Sachleistungen: Sozialhilfeleistungen sind vorrangig in Form von Sachleistungen zu gewähren, sofern durch sie eine höhere Effizienz der Leistungsziele zu erwarten ist. Wohnbedarfsleistungen sind jedenfalls in Form von Sozialleistungen zu erbringen, es sei denn dies wäre im Einzelfall unwirtschaftlich oder unzweckmäßig (§ 3 Abs 5). Auch die unmittelbare Bezahlung entgeltlicher Sachleistungen an Dritte (z.B. allgemeine Wohnkosten an den Wohnungsvermieter, Stromkosten, Anschaffungskosten für Hausrat) gilt als Sachleistung (aus den Erläuterungen zu § 3 Abs 5). Bedarfszeitraum ist der tatsächliche und rechtmäßige Aufenthalt im Inland, frühestens jedoch ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung. Befristung der Leistungen mit längstens zwölf Monaten, eine neuerliche Zuerkennung von befristeten Leistungen ist aber – bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen – zulässig. Die Zuständigkeit für die Gewährung der Leistungen liegt bei jenem Bundesland, in dem der Antragsteller seinen Hauptwohnsitz und tatsächlichen dauernden Aufenthalt hat (§ 3 Abs 6). Eine Ortsabwesenheit von bis zu zwei Wochen soll jedoch noch nicht zu einem Anspruchsverlust führen. Die näheren Kriterien zur Bestimmung des tatsächlichen Aufenthalts sind von den Landesgesetzgebern festzulegen. Die 12-Monatsbefristung dient der regelmäßigen Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen durch die Behörden (aus den Erläuterungen zu § 3 Abs 6). 10
Art. 15a-Vereinbarung Die Verpflichtungen aus der 15a-Vereinbarung stellen bundesweite Mindeststandards (mit Rechtsanspruch) dar, die die Länder nicht unterschreiten dürfen. Die Gewährung weitergehender Leistungen oder günstigerer Bedingungen durch Bund oder die Länder ist aber zulässig. Das zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vereinbarung bestehende haushaltsbezogene Leistungsniveau darf durch die Umsetzung der 15a-Vereinbarung aber nicht verschlechtert werden (Verschlechterungsverbot - Art 2 Abs 4). Subsidiaritätsprinzip: Die Leistungen der BMS stehen nur zu, wenn durch eigene Mittel oder Leistungen Dritter (z.B. Lohn, Gehalt, Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Krankengeld, Pension, Unterhalt) eine ausreichende Deckung des jeweiligen Bedarfes nicht möglich ist und Bereitschaft zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft vorliegt (Art 2 Abs 2). Einsatz der Arbeitskraft bei arbeitsfähigen Personen: o Abhängigkeit der BMS-Leistungen von der Bereitschaft zum Einsatz ihrer Arbeitskraft (außer die Aufnahme und Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung ist ihnen gesetzlich untersagt), o die persönliche und familiäre Situation der ansuchenden Person ist zu berücksichtigen, o hinsichtlich Arbeitsfähigkeit und Zumutbarkeit werden die Kriterien wie beim Bezug von Notstandshilfe bzw. Arbeitslosengeld herangezogen, o Länder und AMS treffen Vorkehrungen für eine einheitliche Feststellung und Beurteilung der Arbeitsfähigkeit (gegenseitige Anerkennung von Gutachten); erforderlichenfalls Ergänzungsgutachten zur ganzheitlichen Beurteilung des Status der betreffenden Person durch Perspektivenabklärung, Erhebung einer Kompetenzbilanz und Sozialanamnese (Art 17) Ausnahmen bei der Arbeitswilligkeit: (Art 14 Abs 3) o Diese darf nicht verlangt werden von Personen, die o das Regelpensionsalter nach ASVG erreicht haben, o Betreuungspflichten gegenüber Kindern haben, die das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben und keiner Beschäftigung nachgehen können, weil es keine geeigneten Betreuungsmöglichkeiten gibt, o pflegebedürftige Angehörige (Pflegegeldbezieher/innen von mind. Stufe 3) überwiegend betreuen, o Sterbebegleitung oder Begleitung von schwersterkrankten Kindern leisten, o in einer bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnen und zielstrebig verfolgten Erwerbs- und Schulausbildung stehen. durch pauschalierte Geldleistungen sind die Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfes (außerhalb von stationären Einrichtungen) sowie die bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung erforderlichen Leistungen zu gewährleisten. Sofern nichts Anderes bestimmt ist, bestehen auf diese Leistungen Rechtsansprüche (Art 2 Abs 1). Die Auszahlung der pauschalierten, monatlichen Geldleistungen erfolgt durch die Länder. Nur ausnahmsweise Ersatz durch Sachleistungen (per Bescheid), wenn die Zielsetzung der BMS besser erreicht werden kann. Werden Leistungen der BMS erbracht, sind auch die jeweils erforderliche Beratung und Betreuung zur Vermeidung und Überwindung sozialer Notlagen und zur nachhaltigen sozialen Stabilisierung zu gewährleisten. Bei arbeitsfähigen Personen zählen dazu auch Maßnahmen zur weitest möglichen und dauerhaften (Wieder-)Eingliederung in das Erwerbsleben (Art 2 Abs 3). Die Länderzuständigkeit richtet sich nach dem Hauptwohnsitz (bzw. in Ermangelung dessen nach dem gewöhnlichen Aufenthaltsort) (Art 9 Abs 2). Länderregelungen in allen Bundesländern ist der Leistungsbezug entweder an den Hauptwohnsitz oder an einen (gewöhnlichen/tatsächlichen) Aufenthalt geknüpft (Wien: Lebensmittelpunkt und tatsächlicher Aufenthalt) in allen Bundesländern sind grundsätzlich Geldleistungen aber auch Sachleistungen möglich (im Regelfall wenn zweckmäßige, wirtschaftliche und sparsame Verwendung der Geldleistungen nicht 11
gewährleistet ist bzw. der Mindestsicherung dadurch besser entsprochen wird); im Detail aber unterschiedliche Regelungen: zB o in Kärnten, Oberösterreich und Salzburg auch Hilfe zur Arbeit anstelle der Mindestsicherung möglich o in der Steiermark vermehrt Sachleistungen für Asylberechtigte o in Tirol Unterteilung der Leistung in Grundleistung und sonstige Leistungen (nur Lebensunterhalt als pauschalierte Geldleistung; für die Wohnkosten gibt es regionale Staffelung und Deckelung bzw. Deckung in Form von Sachleistung) o in Vorarlberg Unterteilung in Kern- und Sonderleistungen o in Wien Legaldefinition für Sachleistungen – sind insbes. bei Deckung der Wohnkosten und des Energiebedarfs zulässig Neuerungen Für den Leistungsbezug werden nun eine dauerhafte Bereitschaft zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft und aktive, arbeitsmarktbezogene Leistungen vorausgesetzt. Offen bleibt, was darunter zu verstehen ist und wie diese nachgewiesen bzw. überprüft werden sollen. Bisher gab es keine Bemühungspflicht in der Art 15a-Vereinbarung. Viele Länder haben diese jedoch in ihren Mindestsicherungsgesetzen verankert. Ein Vorrang von Sachleistungen gab es bisher nicht (in der Regel sind pauschalierte Geldleistungen vorgesehen und nur unter bestimmten Voraussetzungen ist auch die Gewährung von Sachleistungen möglich). Für den Leistungsbezug ist nun der Hauptwohnsitz und tatsächliche dauernde Aufenthalt in einem Bundesland Voraussetzung (Kumulativbestimmung „und“). Die Bundesländer sahen in der Regel eine Alternativregelung vor („oder“). Es ist kein Rechtsanspruch mehr im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz verankert. Es sind keine Beratungs- und Betreuungsleistungen mehr vorgesehen. § 4 Ausschluss von der Bezugsberechtigung § 4 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz Im Vordergrund steht die Reduktion bestehender Anreize für Fremde aufgrund möglicher Sozialleistungsansprüche nach Österreich zu migrieren (aus den Erläuterungen zu § 4). Anspruchsberechtigte: ausschließlich (§ 4 Abs 1) o österreichische Staatsbürger o Asylberechtigte o Fremde, mit seit mindestens fünf Jahren tatsächlichem dauernden, rechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet. Davor Gleichstellung zwischen EW-BürgerInnen und ÖsterreicherInnen nur wenn ein Leistungsausschluss gegen Unionsrecht verstoßen würde und dies im Einzelfall von der zuständigen Fremdenbehörde festgestellt wurde. Keinen Anspruch: (§ 4 Abs 2) unabhängig von der Dauer ihres tatsächlichen Aufenthalts im Inland auszuschließende Personen (aus den Erläuterungen zu § 4 Abs 2) o Personen ohne tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet o AsylwerberInnen o ausreisepflichtige Fremde - zur Durchsetzung des fremdenpolizeilichen Interesses einer Ausreisepflicht (aus den Erläuterungen zu § 4 Abs 2) 12
Ausschluss von der Sozialhilfe bzw. eingeschränkter Anspruch: o subsidiär Schutzberechtigte haben lediglich Anspruch auf Kernleistungen der Sozialhilfe in Höhe der Grundversorgung (§ 4 Abs 3 und 4). Dadurch soll der Anreiz für nicht asylberechtigte Fremde verringert werden, aufgrund etwaiger Sozialleistungsansprüche nach Österreich zu migrieren (aus den Erläuterungen zu § 4 Abs 3). Mit der Bestimmung des § 4 Abs 4 wird für die Landesgesetzgebung eine gesetzliche Obergrenze definiert aber keine neue Rechtsgrundlage für die Leistungsgewährung geschaffen. Vielmehr wird den Bundesländern die Möglichkeit eingeräumt, auch niedrigere Sachleistungen für diese Personengruppe vorzusehen (aus den Erläuterungen zu § 4 Abs 4). o Ausschluss von den Sozialhilfeleistungen wegen - einer oder mehrere mit Vorsatz begangener gerichtlich strafbarer Handlungen - zu einer Freiheitsstrafe von zumindest sechs Monaten verurteilte Personen für einen der Freiheitsstrafe entsprechenden Zeitraum (§ 4 Abs 3). Dadurch soll eine adäquate öffentliche Sanktionswirkung bei bedingter Nachsicht der gesamten oder eines Teiles der Strafe gewährleistet werden (aus den Erläuterungen zu § 4 Abs 3). ergänzende Regelungen zum temporären oder dauerhaften Leistungsausschluss durch die Landesgesetzgeber sind möglich (§ 4 Abs 5). Die Bundesländer können also in ihren Landesgesetzen auch ergänzende bzw. weitergehende Leistungsausschlüsse vorsehen (aus den Erläuterungen zu § 4 Abs 5). Art 15a-Vereinbarung Einen Rechtsanspruch haben alle Personen für die Dauer ihres gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland, die die Bedarfsbereiche (s. oben) nicht decken können (Art 4 Abs 1). Aber nur sofern es sich um Personen mit dauerhaftem Aufenthaltstitel im Inland handelt (Einschränkung durch Art 4 Abs 3). Dies sind jedenfalls: o österreichische Staatsbürger (inkl. Familienangehörige) o Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte o EU-/EWR-Bürger/innen und Schweizer (inkl. Familienangehöriger), sofern sie durch die Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren o Personen mit Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG“ oder „Daueraufenthalt-Familienangehörige“ o Personen mit Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung Keinen dauerhaften Aufenthaltstitel im oben genannten Sinne haben: o nichterwerbstätige EU-/EWR-Bürger/innen und Schweizer und deren Familienangehörige in den jeweils ersten drei Monaten ihres Aufenthaltes o Asylwerber/innen o Personen, die aufgrund eines Reisevisums oder ohne Sichtvermerk (Touristen/innen) einreisen durften 13
Übersicht Anspruchsgruppen: 10 Personengruppe Anspruch auf Mindestsicherung EWR-Bürger/innen als Arbeitnehmer/innen Ja. Geringfügige Beschäftigung reicht, solange das Beschäftigungsausmaß zumindest 5,5 Wochenstunden beträgt. EWR-Bürger/innen (ohne problematisch, bei einem Aufenthalt von weniger als Arbeitnehmer/inneneigenschaft) 5 Jahren in Ö müssen für den rechtmäßigen Aufenthalt ausreichende Existenzmittel nachgewiesen werden (= Anmeldebescheinigung); ABER: jedenfalls keine BMS in den ersten 3 Monaten des Aufenthalts Drittstaatsangehörige allgemein o Aufenthalt in Ö weniger als 5 Jahre: nein o Aufenthalt und Erwerbstätigkeit in Ö länger als 5 Jahre: ja, bei Vorliegen des Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt-EU“ Drittstaatsangehörige als Angehörige von Ja, wenn sie zur Kernfamilie gehören (= Ehegatten Österreichern/innen oder EWR-Bürger/innen und minderjährige Kinder) Asylwerber/innen Nein Anerkannte Flüchtlinge Ja Subsidiär Schutzberechtigte Ja Leistungszugang und Verfahren (Art 14): Die Länder haben den Leistungszugang zu gewährleisten durch: o Verfahrensrecht: Erleichterung des Leistungszugangs durch - Möglichkeit der Antragseinbringung bei allen geeigneten Stellen, - großzügige Regelung für zur Antragstellung berechtigte bzw. zur Vertretung befugte Personen, - ausdrückliche Verankerung von Informations- und Anleitungspflichten. o Verfahrensbeschleunigung: Rasche Entscheidung durch - ausdrückliche Verankerung von Mitwirkungspflichten und möglicher Sanktionen bei Nichteinhaltung, - Verkürzung der Entscheidungspflicht auf höchstens drei Monate (erste Instanz), - Maßnahmen zur Gewährleistung einer effektiven Soforthilfe. o Verbesserung von Rechtssicherheit und Rechtsschutz: Hohe Rechtssicherheit und effektiver Rechtsschutz durch - verpflichtende Schriftform der Erledigungen (zumindest mit Bescheid in erster Instanz bei Leistungseinschränkungen), - ausdrückliche Regelungen über Leistungseinstellung oder -neubemessung, - Ausschluss der Möglichkeit eines Berufungsverzichts und der aufschiebenden Wirkung von Berufungen in Leistungsangelegenheiten. o Dezentrale, niedrigschwellige und bedarfsgerechte Beratungs- und Betreuungsangebote für Leistungsbezieher/innen zur möglichst ganzheitlichen Erfassung der Problemlagen der Menschen. 10 vgl. Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz: „Bedarfsorientierten Mindestsicherung Fragen und Antworten Fakten statt Mythen“ (2016), S. 14, unter https://www.sozialministerium.at/site/Service_Medien/Infomaterial/Downloads/Infobroschuere_Bedarfsorientierte_Mi ndestsicherung [abgerufen am 14.02.2017] 14
Länderregelungen weitestgehend gleich wie in der Art 15a-Vereinbarung (mit Ausnahme einzelner Personengruppen wie StudentInnen, Opfer von Menschenhandel/Prostitutionshandel etc.) Subsidiär Schutzberechtigte in der Regel ausgenommen (fallen in die Grundversorgung – erhalten aber in einzelnen Bundesländer auch Ergänzungsleistungen aus Mindestsicherung) Neuerungen Der Neuregelung liegt die Annahme zugrunde, dass ein bestehender Anreiz für Fremde, aufgrund von Sozialleistungsansprüchen nach Österreich zu migrieren, reduziert werden muss. Im Vergleich zur Art 15a-Vereinbarung sieht der Entwurf eine deutliche Verschlechterung für subsidiär Schutzberechtigte (Leistungsausschluss) vor. Seit Auslaufen der Art 15a-Vereinbarung haben viele Bundesländer eine Neuregelung für subsidiär Schutzberechtigte getroffen, die teilweise aber besser war als die nunmehrige Bestimmung im Entwurf für das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz. Eine Besserregelung ist durch diese Regelung nun nicht mehr möglich, wohingegen der Entwurf weitere Ausschlussbestimmungen durch die Landesgesetzgebung zulässt. Auch für bestimmte StraftäterInnen sieht der Entwurf eine Schlechterstellung (nämlich Ausschluss von den Leistungen für einen bestimmten Zeitraum) vor, die bisher weder in der Art 15a- Vereinbarung noch in den Bundesländern vorgesehen war, nunmehr aber verpflichtend anzuwenden wäre und somit in allen Bundesländern für diese Personengruppe eine Verschlechterung bringen würde. In den Erläuterungen wird als Motivation für diese Regelung angeführt „für den Fall einer bedingten Nachsicht der gesamten oder eines Teiles der Strafe eine adäquate öffentliche Sanktionswirkung zu gewährleisten“. Im Vergleich zur Art. 15a-Vereinbarung sind keine Bestimmungen zum Leistungszugang und Verfahrensrecht vorgesehen (z.B. Regelungen zur Antragstellung, zur Entscheidungspflicht der Behörden, zur Rechtssicherheit und zum Rechtsschutz, niedrigschwellige und bedarfsgerechte Beratungs- und Betreuungsangebote). §§ 5 bis 7 Leistungen der Sozialhilfe § 5 Sozialhilfe-Grundsatzgesetz Zielsetzung der Neuregelung ist die Vermeidung unerwünschter Anreize für den Arbeitsmarkt (aus den Erläuterungen zu § 5). Sachleistungen oder monatlich, zwölf Mal im Jahr gebührende pauschale Geldleistungen zur Unterstützung des Lebensunterhalts und zur Befriedigung des Wohnbedarfs (§ 4 Abs 1). Hinsichtlich des Wohnbedarfs dürfen die Leistungen das Maß des Notwendigen nicht übersteigen (beachte hier auch die Ausführungen zum Wohnbedarf weiter oben). Ein 13. oder 14. Monatsbezug wird mit dem Argument der Vermeidung einer Gleichstellung mit unselbständiger Erwerbsarbeit ausgeschlossen (aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 1). Festlegung von degressiv abgestuften Sozialhilfeleistungen pro Bedarfs- bzw. Haushaltsgemeinschaft durch die Landesgesetzgebung (§ 4 Abs 2). Die degressive Gestaltung wird mit den geringeren Wohnkosten und teilweise auch mit zu erwartenden geringeren Lebenserhaltungskosten argumentiert (aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 2). Als Festsetzung eines fiktiven bzw. tatsächlichen Mindest- oder Durchschnittsbedarfs dürfen die Sätze jedoch nicht verstanden werden. Vielmehr obliegt die Deckung des tatsächlichen Bedarfs Minderjähriger stets den zum Unterhalt verpflichteten Personen, die sich entsprechend einzuschränken haben. Ein Ausgleich der Mehrbelastung im allgemeinen Lebensunterhalts erfolgt durch die Familienbeihilfe, die vom Anrechnungsgrundsatz 15
ausgenommen wird und die soziale Basisleistung zur Unterstützung des Unterhalts Minderjähriger darstellt. Darüber hinausgehende Leistungen können die Landesgesetzgeber zwar grundsätzlich gewähren, aber – aus integrations- und arbeitsmarktpolitischen Gründen – nur bis zu einer begrenzten Höhe (aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 2). Vorgabe von Höchstsätzen pro Person und Monat für die Sozialhilfeleistungen. Die Summe der Leistungen darf diese Höchstsätze nicht übersteigen. Ausgangsbasis für die Sätze ist der Netto- Ausgleichszulagenrichtsatz für Alleinstehende. (§ 4 Abs 2). Durch diese Definition von Höchstsätzen wird den Ländern die Gewährung von geringeren Leistungen eingeräumt. Darüber hinaus dürfen die Länder den Leistungsbezug auch an weitere Voraussetzungen knüpfen (aus den Erläuterungen zu § 5). Vorgesehene Höchstsätze für Lebens- und Wohnbedarf: Mindeststandards (MS) NEU Prozentsätze und Lebensbedarf Wohnbedarf Mindeststandards max. 75 % max. 25 % Alleinstehende und 100 % keine vorgegebene Unterteilung mehr Alleinerziehende 2018: € 863,04 2019: € 885,47 Volljährige Personen die ersten zwei Je 70 % im gemeinsamen Personen 2018: € 604,13 Haushalt 2019: € 619,83 ab der dritten Je 45 % Person 2018: € 388,37 2019: € 398,46 Minderjährige erstes Kind 25 % Personen mit 2018: € 215,76 zumind. einer 2019: € 221,37 volljährigen Person zweites Kind 15 % im gemeins. 2018: € 129,46 Haushalt 2019: € 132,82 ab dem dritten 5% Kind 2018: € 43,15 2019: € 44,27 Hinsichtlich der unterschiedlichen Mindeststandardsätze für Kinder hat der Landesgesetzgeber sicherzustellen, dass die Summe aller Sozialhilfeleistungen für Minderjährige in einer Haushaltsgemeinschaft gleichmäßig auf alle Minderjährigen in dieser Haushaltsgemeinschaft aufgeteilt wird (§ 4 Abs 3). Neu hinzu kommt ein (degressiv gestaffelter) Zuschlag für die Kinder von alleinerziehenden Personen (Alleinerzieherbonus) und (voll- und minderjährige) Menschen mit Behinderungen (§ 4 Abs 2 Z. 4 und 5). Durch die Mehrleistung für Alleinerzieher wird der besonderen Lebenssituation und den höheren finanziellen Belastungen von Alleinerzieher-Haushalten Rechnung getragen. Als Alleinerziehend werden „Personen, die mit minderjährigen, aber nicht mit anderen volljährigen Personen in Haushaltsgemeinschaft leben“ definiert (aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 2): 16
Zuschläge NEU Prozentsätze und Mindeststandards Alleinerziehende erste minderjährige 12 % (Alleinerzieherbonus) Person 2018: € 103,56 2019: € 106,26 zweite minderjährige 9% Person 2018: € 77,67 2019: € 79,69 dritte minderjährige 6% Person 2018: € 51,78 2019: € 53,13 jede weitere Je 3 % minderjährige Person 2018: € 25,89 2019: € 26,56 Menschen mit pro Person 18 % Behinderungen (voll- 2018: € 155,35 und minderjährige) 2019: € 159,38 Die Landesgesetzgebung hat sicherzustellen, dass die Summe aller Geldleistungen für volljährige Bezugsberechtigte innerhalb einer Haushaltsgemeinschaft gleichmäßig auf alle Bezugsberechtigten aufgeteilt wird. Gleichzeitig darf die Summe der Geldleistungen pro Haushaltsgemeinschaft 175 % des Mindeststandards für Alleinstehende (= € 1.510,32/Basis 2018; € 1.549,57/Basis 2019) nicht übersteigen. Wird diese Grenze überschritten, ist eine anteilige Kürzung der Leistung pro Person in dem Ausmaß vorzunehmen, dass es zu keiner Überschreitung kommt. Dabei darf der Mindestbetrag zur Unterstützung des allgemeinen Lebensunterhalts pro volljährigem Bezugsberechtigten einer Haushaltsgemeinschaft nicht weniger als 20 % des Mindeststandards für Alleinstehende (= € 172,61/Basis 2018; € 177,09/Basis 2019) (§ 5 Abs 4). Durch diese Regelungen soll der Anreiz zur Bildung von gewillkürten Haushaltsgemeinschaften (unter Inkaufnahme eines eingeschränkten Lebens- und Wohnstandards) unter volljährigen Personen zur Generierung systemwidrig hoher Geldbeträge verringert werden. Den Landesgesetzgebern wird aber das Recht eingeräumt, über die angeführte Betragsgrenze hinaus Sachleistungen zu gewähren (aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 4). Sachleistungen sind im wertentsprechenden Ausmaß auf Geldleistungen anzurechnen und werden nicht zusätzlich gewährt (§ 5 Abs 5 S 1 und Erläuterungen zu § 5 Abs 5 S 1). Wohnkostenpauschale: Die Landesgesetze können vorsehen, dass auf Antrag oder von Amts wegen der gesamte Wohnbedarf anstelle von Geldleistungen in Form von Sachleistungen erbracht werden kann (§ 5 Abs 5 S 2). Diese sind kostenunabhängig mit einem Pauschalbetrag im Ausmaß von 40 % auf die für Volljährige jeweils geltenden Mindeststandards anzurechnen, wobei eine Obergrenze bei 130 % der einer Haushaltsgemeinschaft aus den zu gewährenden Mindeststandards zustehenden Geld- und Sachleistungen eingezogen wird (§ 5 Abs 5 S 2 und 3). Hintergrund für diese Regelung ist, dass die Bundesländer die Möglichkeit haben sollen, ortsbedingt höhere Wohnkosten angemessen berücksichtigen zu können. Grundvoraussetzung für diese Variante ist jedoch, dass die Wohnbedarfsleistungen ausschließlich in Form von Sachleistungen erbracht werden (aus den Erläuterungen zu Abs 5 Satz 2). Arbeitsqualifizierungsbonus: Sozialhilfeempfängern kommt eine Erwerbs- und Mitwirkungsobliegenheit hinsichtlich Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen (inklusive Sprachkurse und Integrationsmaßnahmen) zu (aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 6 bis 8). Dementsprechend wird festgelegt, dass die Höchstsätze für Alleinstehende/-erziehende und in Haushaltsgemeinschaft lebende volljährige Personen (Menschen mit Behinderung ausgenommen) einen monatlichen Mindestanteil in der Höhe von 35 % inkludieren, dessen Gewährung von der Vermittelbarkeit am österreichischen Arbeitsmarkt abhängt (§ 5 Abs 6). Dieser Bonus soll auch einen Anreiz für unqualifizierte Personen schaffen, ihre eingeschränkte Vermittelbarkeit durch eigene Integrations- bzw. Qualifizierungsleistungen zu verbessern und grundlegende Basiskompetenzen für den Arbeitsmarkt zu erwerben (aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 6). 17
Arbeitsqualifizierungsbonus (auf Basis der Werte von 2018) Alleinstehende und 100 % (mit Bonus): € 863,04 (2018) Alleinerziehende 65 % (ohne Bonus): € 560,98 100 % (mit Bonus): € 885,47 (2019) 65 % (ohne Bonus): € 575,56 Volljährige Personen die ersten zwei Je 70 % (mit Bonus): € 604,13 (2018) im gemeinsamen Personen 35 % (ohne Bonus): € 302,06 Haushalt Je 70 % (mit Bonus): € 619,83 (2019) 35 % (ohne Bonus): € 309,91 ab der dritten Je 45 % (mit Bonus): € 388,37 (2018) Person 10 % (ohne Bonus): € 86,30 Je 45 % (mit Bonus): € 398,46 (2019) 10 % (ohne Bonus): € 88,55 Eine abschließende Aufzählung führt Personen an, von denen aus besonderen sozialen Rücksichten kein Arbeitskrafteinsatz oder keine arbeitsmarktbezogene Leistung verlangt werden darf (aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 6). Keine Vermittelbarkeit und dauerhafte Bereitschaft zum Einsatz der Arbeitskraft wird gefordert bei (§ 5 Abs 6) o Erreichung des Regelpensionsalters o Kinderbetreuungspflichten (wenn das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet wurde und keine geeignete Betreuungsmöglichkeit vorhanden ist) o überwiegender Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger mit mindestens Pflegestufe 3 o Sterbebegleitung oder Begleitung von schwerstkranken Kindern o vor dem 18. Lebensjahr begonnener und zielstrebig verfolgter Erwerbs- oder Schulausbildung o Ableistung des Grundwehr- oder Zivildienstes o Invalidität o Vorliegen vergleichbar gewichtiger, besonders berücksichtigungswürdiger sozialer Gründe, die den Einsatz der Arbeitskraft verhindern (wesentlich für das Vorliegen dieses Ausnahmetatbestandes ist die zwingende Vorgabe, dass es sich um soziale Gründe handeln muss, die wertungsmäßig den anderen in der Auflistung genannten Tatbeständen entsprechen z.B. die Ableistung eines Freiwilligen Sozialjahres; kein besonders berücksichtigungswürdiger Grund ist die Teilnahme an berufsqualifizierenden Weiterbildungsmaßnahmen zur erfolgreichen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben – aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 6) Eine Vermittelbarkeit am österreichischen Arbeitsmarkt ist anzunehmen, wenn o ein österreichischer Pflichtschulabschluss vorliegt (§ 5 Abs 8) oder o die Deutschkenntnisse zumindest das Sprachniveau B1 oder die Englischkenntnisse zumindest das Sprachniveau C1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erreichen und o der Abschluss von beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen oder (alternativ – aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 7) eine unterzeichnete Integrationserklärung bzw. -vereinbarung nach dem IntG sowie ein abgeschlossener Werte- und Orientierungskurs nachgewiesen werden können (§ 5 Abs 7). Der Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse ist zu erbringen durch (§ 5 Abs 7): o einen österreichischen oder gleichwertigen Pflichtschulabschluss mit Deutsch als primärer Unterrichtssprache o ein aktuelles Zertifikat des Österreichischen Integrationsfonds bzw. von anerkannten Bildungseinrichtungen (private Zertifizierungen sind nicht ausreichend – aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 7) oder o durch persönliche Vorsprache vor der Behörde. Die Behörde kann aber bei Offensichtlichkeit des Vorliegens eines entsprechenden Sprachniveaus auf einen Nachweis verzichten (aus den Erläuterungen zu § 5 Abs 7). Personen mit eingeschränkter Vermittelbarkeit (insbesondere aufgrund mangelhafter Sprachkenntnisse oder Schuld-/Ausbildung) sind die Höchstsätze der Mindeststandards nur abzüglich 18
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