Steigender Ölpreis verleiht Biomasseheizungen Flügel

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Steigender Ölpreis verleiht Biomasseheizungen Flügel

Klimaschutzfragen, die Sicherung der Energieversorgung sowie die derzeitige Entwicklung
am fossilen Rohstoffmarkt haben die Nachfrag nach alternativen Brennstoffen kräftig
angeheizt. Die von Experten prognostizierten, stark steigenden Öl- und Gaspreise sind längst
keine skurrilen Geschichten mehr und haben im Bereich der Wärmebereitstellung die
Bedingungen zu Gunsten von Biomasseheizungen geändert. Der Land- und Forstwirt ist der
mit Abstand wichtigste Biomasseanbieter, und damit gleichzeitig der wichtigste Akteur bei
der Realisierung einer verstärkten Nutzung erneuerbarer Energieträger. Die hohen
Rohölpreise weit jenseits der 100 $ pro Barrel Grenze wirken wie ein Interventionssystem für
agrarische Produkte. Zukünftig werden neben Scheitholz, Hackschnitzel und Pellets auch
alternative agrarische Brennstoffe, wie z.B. Miscanthus, Pappeln, Weiden, Heupellets,
Strohpellets energetisch verwertet werden.

Kosten der Brennstoffbereitstellung

Zur Berechnung der Brennstoffkosten werden bei den Biomasseheizsystemen die
tatsächlichen Produktionskosten des Landwirtes und bei den Ölheizungen Marktpreise
herangezogen. Tabelle 1 zeigt die Kosten der Energiepflanzenproduktion sowie deren
Energieträgerkosten. Die dargestellten Kosten sind zugleich Mindestpreise, welche der
Energiewirt für den jeweiligen Brennstoff am Markt erzielen muss, wenn er kostendeckend
arbeiten möchte. In der Regel wird der Verkaufspreis höher sein, da auch entsprechende
Betriebsgewinne lukriert werden müssen. Am günstigsten zu produzieren ist, neben Stroh als
Nebenprodukt, Miscanthus-Häckselgut. Pappelhackgut aus Kurzumtriebsplantagen ist
günstiger zu erzeugen als Waldhackgut und daher besonders für waldlose Betriebe geeignet.
Für die bevorzugte Verwendung von Waldhackgut spricht aber dennoch, dass der Rohstoff
als (un)erwünschtes Nebenprodukt bei der Waldbewirtschaftung anfällt und keine zur
Produktion von Futter- und Nahrungsmitteln benötigen Flächen in Anspruch nimmt. Hohe
Produktionskosten und geringe Erträge machen den Einsatz von Energiekorn und
Getreideganzpflanzen äußerst unrentabel. Die Diskussion um die energetische Verwertung
von Getreide ist nur aufgrund der damaligen geringen Marktpreise, welche weit unter den
Produktionskosten gelegen sind, entfacht.

Zur Erhöhung der Energiedichte sowie zur besseren Transport-, Lager- und Handelsfähigkeit
empfiehlt sich die Pelletierung. Diese verursacht aber zusätzlich hohe Kosten. Bei kleineren
Pelletieranlagen ist mit zusätzlichen Kosten von 80 bis 100 € pro t Pellets zu kalkulieren.
Zudem ist die Pelletierung sehr energieintensiv. Für eine t Pellets werden rund 150 kWh
Strom benötigt. Die steigenden Energiepreise werden sich deshalb künftig auch auf die
Pelletsproduktion auswirken.
Tabelle 1: Kosten der Energiepflanzenproduktion

                                                                                                    Waldhackgut****
                                                                     Pappelhackgut

                                                                                                                      pflanzenballen
                                       Strohballen***

                                                                                                                      Getreideganz-

                                                                                                                                                  Heizöl EL*****
                                                                                     Heuballen***
                                                        Miscanthus

                                                                                                                                       Getreide
Produktionskosten*
                                            31               55           60            64            71                110            183        748
(€/t)
Energieträgerkosten**
                                       0,79              1,25        1,68            1,57           1,98               2,76            4,36       8,9
(Cent/kWh)
* basierend auf einer Vollkostenrechnung: variable Kosten (Treibstoff, Reparatur) plus fixe Kosten (Afa, Lohn, Pacht)
**potenziell erreichbarer Energieertrag, der nichts über den Wirkungsgrad aussagt
*** keine Pacht- und Versicherungskosten, da Heu aus Naturschutz- und Brachflächen und Stroh als Nebenprodukt
****teilmechanisierte Produktion, 16 €/Srm, Umrechnung: 1 Srm=4,3 t
*****keine Produktionskosten sondern Marktpreis (0,89 Cent/Liter), Heizwert: 10 kWh/Liter
Feuchte: Stroh, Heu, Getreide, Miscanthus jeweils 15 %; Pappel- und Waldhackgut 20 – 25 %

Pellets sind nicht gleich Pellets

Agrarische Brennstoffe sowie Agropellets weisen im Gegensatz zu Wald-, Pappelhackgut und
den herkömmlichen Holzpellets deutlich ungünstigere Brennstoffeigenschaften auf –
geringerer Heizwert, höherer Aschegehalt, hoher Mineralstoffanteil, schlechteres
Ascheschmelzverhalten. Des Weiteren kommt es bei der Verwendung von Agropellets in
bereits bestehenden Pelletsheizungen zu einer starken Erhöhung von CO-, NOX- und
Staubemissionen. Ein Dauerbetrieb mit agrarischen Brennstoffen ist in handelsüblichen und
bestehenden Holzfeuerungsanlagen daher nicht möglich. Relativ problemlos kann jedoch
Miscanthus verfeuert werden. Um einen guten Ausbrand zu erzielen sowie die störungsfreie
Funktionalität der Anlage zu gewährleisten sind bei agrarischen Brennstoffen entsprechende
Optimierungsmaßnahmen auf Brennstoff- und Feuerungsseite erforderlich, welche sich
jedoch auf der Investitionsseite niederschlagen. Es gibt bereits einige renommierte Anbieter
am Heizungsmarkt, vorwiegend im Bereich Miscanthus- und Energiekornheizung, welche
spezielle Feuerungsanlagen entwickelt haben, mit denen eine Verbrennung, unter
Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte, problemlos möglich ist. Zahlreiche andere Anbieter
arbeiten derzeit eifrig an der Entwicklung von neuen Kesseltechnologien für die Verfeuerung
von agrarischen Brennstoffen.

Steigender Ölpreis verleiht Biomasseheizungen Flügel - Einsparung von bis zu 12.000 €
gegenüber dem fossilen Konkurrenten Öl sind durchaus möglich
Die jährlichen Heizungskosten setzen sich aus den annuitätisch verteilten Investitionskosten,
Brennstoffkosten und Wartungs- und Instandhaltungskosten zusammen. Die Berechnungen
unterstellen bei den Hackgut- und Holzpelletsheizungen eine praxisnahe Nutzungsdauer von
20 Jahren. Bei den alternativen Feuerungsanlagen wurde aufgrund der
Brennstoffproblematik eine 15jährige Nutzungsdauer angesetzt. Eine längere Nutzungsdauer
bringt neben ökonomischen Vorteilen auch ökologische Nachteile mit sich. Ältere Anlagen
entsprechen nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik und haben schlechtere
Emissionswerte      und     Wirkungsgrade.      Gerade      bei    den      kapitalintensiven
Biomasseheizsystemen hat die ND massive Auswirken auf die Wirtschaftlichkeit. Eine
Reduktion der ND von 20 auf 15 Jahre bei einer Hackgutheizung mittlerer Größe erhöht die
jährlichen Gesamtkosten um über 300 €. Damit könnte man jährlich 15 Srm Hackgut
zukaufen oder 19 Srm produzieren. Die derzeitig, stark steigenden Heizölpreise begünstigen
den Einsatz von Biomasseheizungen (siehe Abbildung 1). Bei einem Ölpreis von 0,89 Cent/
Liter (Tendenz steigend) sind, ab einer Heizlast von 20 kW, alle Biomasseheizsysteme voll
konkurrenzfähig. Nachdenklich stimmt auch, dass keine Förderungen berücksichtigt wurden.
Auch ohne deren Berücksichtigung können bereits im kleinsten Leistungsbereich bis zu 1.000
€ pro Jahr eingespart werden (siehe Abbildung 2). Im größeren Leistungsbereich sind
Einsparungen bis zu 11.900 € pro Jahr möglich. Nur im kleinsten Leistungsbereich sind
Agropellets- und Energiekornheizungen nicht konkurrenzfähig gegenüber Ölheizungen.

Die Dauer, bis sich die höheren Investitionskosten der Biomasseheizung gegenüber einer
Ölheizung amortisieren, variiert je nach Ölpreis, Heizlast und Heizsystem zwischen 1 und 23
Jahren. Im kleinen Leistungsbereich von 15 kW rechnen sich Holzheizungen (inkl. Pappel)
nach 4 bis 8 Jahren, während die Amortisationsdauer bei Agropelletsheizungen über 15
Jahre beträgt. Ab einem Leistungsbereich von 30 kW beträgt die Amortisationsdauer bei
Agropelletsheizungen nur mehr zwischen 4 und 7 Jahre. Holzheizungen rechnen sich
hingegen bereits nach 1 bis 3 Jahren.
Abbildung 1: Wirtschaftlichkeit von 30 kW Biomasseheizungen in Abhängigkeit des Ölpreisniveaus

                                       7.000

                                                    Heizölpreis 2008: 1,09 Cent/Liter
                                       6.000
   jährliche Gesamtkosten in €

                                       5.000
                                                                                                                                     Instandhaltung &
                                                    Heizölpreis 2006: 0,69 Cent/Liter
                                                                                                                                     Wartung
                                       4.000                                                                                         Brennstoff

                                                                                                                                     Investition**
                                       3.000

                                       2.000

                                       1.000

                                          0

*Heizölpreis: 0,89 Cent/Liter
**annuitätisch verteilte Investitionskosten (Kessel, Zubehör, Raumaustragung, Lagerraum); Zinssatz 2,2 % real; ND 15 bzw. 20 Jahre

  Abbildung 2: Jährliche Kostenersparnis gegenüber dem fossiellen Referenzsystem Heizöl in Abhängigkeit der
  Heizlast - Heizölpreis: 0,89 Cent/Liter

                                       12.000
                                                                                                                                     15 kW Heizlast
                                       10.000                                                                                        (22.500 kWh/a)
            jährliche Ersparnis in €

                                        8.000                                                                                        30 kW Heizlast
                                                                                                                                     (45.000 kWh/a)

                                        6.000
                                                                                                                                     50 kW Heizlast
                                                                                                                                     (75.000 kWh/a)
                                         4.000
                                                                                                                                     80 kW Heizlast
                                         2.000                                                                                       (120.000 kWh/a)

                                                0                                                                                    100 kW Heizlast
                                                                                                                                     (150.000 kWh/a)
                                        -2.000
Kostenvergleich unterschiedlicher Biomasseheizungen

Die günstigste biogene Lösung ist die Verfeuerung von Scheitholz, welche nicht explizit
dargestellt wurde. Traditionelle Scheitholzheizungen werden künftig einen Rückgang am
Markt erleiden, da am Heizungsmarkt bevorzugt Heizsysteme mit einem ähnlich hohen
Servicegrad wie Ölheizungen nachgefragt werden. Der tägliche Gang in den Keller um
Brennholz nachzulegen kann nicht gerade als komfortabel bezeichnet werden. Hackgut- und
Pelletsheizungen sind hingegen ähnlich komfortabel wie Ölheizungen. Die geringsten
Wärmegestehungskosten entstehen durch die Verfeuerung von Pappel-, Wald- und
Miscanthushackgut. Auffallend sind die hohen Lagerkosten bei der Miscanthusheizung. Mit
einer Schüttdichte von 120 kg/m³ beansprucht der Rohstoff Miscanthus doppelt so viel Platz
als Holzkackgut bzw. fünf-sechsmal so viel Platz als Pellets. Die Wärmebereitstellung mittels
Holz- und Agropellets ist die etwas teurere Variante. Die Herstellung von Pellets empfiehlt
sich nur, wenn der Brennstoff am Markt veräußerst werden soll. Ein- und
Mehrfamilienhäuser verfügen meist nicht über die notwendigen Lagerkapazitäten um
Hackgut einzulagern. Für die Wärmebereitstellung an landwirtschaftlichen Betrieben bzw.
für den Betrieb von Mikronetzen können Agropellets nicht empfohlen werden. Relativ
kostspielig     ist    die      Energiebereitstellung        mittels   Energiekorn       und
Getreideganzpflanzenpellets. Als sinnvoll kann nur die energetische Verwertung von
wertlosen, krankheitsbefallenden Getreide erachtet werden. Mit zunehmender
Anlagengröße sinken die Kosten je kWh Nutzenergie, da einerseits die Investitionskosten
nicht proportional mit der Heizlast steigen und andererseits die Brennstoffkosten an
Bedeutung gewinnen. Ab einem Leistungsbereich von 30 kW bestimmen die
Brennstoffkosten die jährlichen Gesamtkosten und diese sind bei biomassebefeuerten
wesentlich günstiger als bei fossil befeuerten Anlagen. Daher gilt: Je größer die Heizlast
desto bestimmender sind die Brennstoffkosten und desto preiswerter werden Biomasse-
Heizsysteme. Dieses Ergebnis spricht besonders für die stärkere Forcierung von effizienten
Mikro- und Nahwärmenetzen.

Fazit:

Die Scheu vor den hohen Investitionskosten ist der Biomasseheizungskiller Nummer eins. Die
Entscheidung für oder gegen ein Heizsystem darf jedoch nicht auf Basis von
Anfangsinvestitionen – Lagerraum, Heizsystem, größere Umbauarbeiten – getroffen werden.
Speziell im höheren Heizlastbereich werden die jährlichen Gesamtkosten im Wesentlichen
von den Brennstoffkosten bestimmt. Bei einem Ölpreis von 1 €/Liter sind in allen
Leistungsbereichen alle Biomasseheizsysteme günstiger als Ölheizungen und das ohne
Berücksichtigung von Förderungen. Das Argument, dass Biomasse-Heizsysteme nur im
großen Leistungsbereich effizient zu betreiben sind gilt längst nicht mehr. Zu den derzeitigen
und künftigen Bedingungen ist selbst die Pelletierung von Agrarrohstoffen voll
konkurrenzfähig. Diese könnte sich vor allem bei der betriebsexternen Vermarktung als
sinnvoll erweisen. Steigende Energiepreise heizen die Nachfrage nach Brennstoffen aus der
Land- und Forstwirtschaft an, weswegen in Zukunft nicht nur in Wäldern, sondern auch auf
Äckern und Wiesen Brennstoffe für den wachsenden Bioenergiemarkt produziert werden
müssen. Damit tun sich neue Chancen für die Land- und Forstwirtschaft auf.
Tabelle 2: Kosten der Wärmebereitstellung unterschiedlicher Biomasseheizungen

                                                                                                                                                                                                                          pflanzenpellets
                                         Pappelhackgut

                                                                                                                                                                                                                          Getreideganz-
                                                                                                      Pappelpellets
                                                               Waldhackgut

                                                                                                                                                                    Miscanthus-
                                                                                                                                                Strohpellets

                                                                                                                                                                                                       Energiekorn
                                                                                   Miscanthus

                                                                                                                            Holzpellets

                                                                                                                                                                                    Heupellets
                                                                                                                                                                      pellets
Biomasse-
Heizsysteme 50 kW

Investitionskosten                     26.410                 26.410              35.852             20.870                20.870              26.012               26.012         26.012             26.252               26.012
 -    Heizsystem*                       18.170                 18.170              21.612             16.470                16.470              21.612               21.612         21.612             21.612              21.612
 -    Lagerraum**                      8.204                  8.240               14.240             4.440                 4.400               4.400                4.400          4.400              4.640               4.400

Jährliche Gesamtkosten der Wärmebereitstellung in €
Kapitalkosten***                         1.447                 1.447               2.264              1.195                 1.195               1.889                 1.889         1.889              1.898                  1.889
 -    Heizsystem                          1.133                 1.133               1.721              1.027                 1.027               1.721                 1.721         1.721              1.721                  1.721
 -    Lagerraum                             314                   314                 543                168                   168                 168                   168           168                178                    168
Brennstoffkosten                         1.778                 2.010               1.357              3.740                 3.933               3.470                 3.642         4.180              4.418                  5.408
Investitions- und
Wartungskosten                                    529                 529                 633                  463                 463                  584               584              584                585                  584

Gesamtkosten                             3.754                 3.987               4.254              5.398                 5.591               5.943                 6.114         6.653              6.901                  7.881
Gesamtkosten Cent/kWh                         5,01                 5,32                5,67                7,20                  7,45                7,92                8,15           8,87               9,20               10,51
Ranking                                                  1.                  2.                 3.                    4.                  5.                   6.             7.                 8.                  9.              10.
*inkludiert: Heizkessel, Elektronik, Raumaustragung, Heizkreisregelung, Montage; Preise variieren in der Praxis je nach Hersteller und Ausführung
**Brennstofflager für Jahresvorrat, Annahme: bis 40 m³ je 96 €/m³ (Kellerlager), ab 40 m³ je 40 €/m³ (Außenlager); die Lagerkosten können je nach Ausführung erheblich schwanken,
auf landwirtschaftlichen Betrieben können oft leerstehende Gebäude und Hochsilos kostengünstig benutzt werden
***annuitätisch verteile Investitionskosten, Zinssatz 2,2 % real, ND Heizung 20 bzw. 15 Jahre, ND Lagerraum 50 Jahre, Betrachtungszeitraum 20 Jahre
Autor:

Mag. Thomas Loibnegger

         Wegener Center for Climate and Global Change

         University of Graz (WegCenter/UniGraz)
         Leechgasse 25, A-8010 Graz, Austria

         phone: +43-316-380-8468
         eMail: thomas.loibnegger@uni-graz.at
         web: www.wegcenter.at
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