Stellungnahme von Peter Smits et al zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Stellungnahme von Peter Smits et al zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes 1. Allgemein Am 13. Oktober hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes veröffentlicht. Der Entwurf setzt die DSM- Richtlinie (EU) 2019/790 und die Online-SatCab-Richtlinie (EU) 2019/789 in deutsches Recht um. Wir bedanken uns für die Möglichkeit der Stellungnahme und den offenen Gesetzgebungsprozess. Für unsere junge Branche der Content-Creator ist es eine spannende Erfahrung und diese Stellungnahme die erstmalige Nutzung der offiziellen Werkzeuge zur Beteiligung an der Gesetzgebung. Diese Stellungnahme wird von 48 Content-Creatorn unterstützt, gemeinsam erreichen wir über 43 Millionen Abonnenten auf Youtube, über 20 Millionen Follower auf Instagram, über elf Millionen Follower auf Twitter, über sechs Millionen Follower auf Twitch und über acht Millionen Follower auf Tik Tok. Wir benutzen Upload-Plattformen, um unsere Werke zu präsentieren und viele von uns konnten so kleine und mittelständische Unternehmen aufbauen, die seit über zehn Jahren wachsen. Eine vollständige Liste der unterzeichnenden Content-Creator hängt an. Wir begrüßen den Entwurf des BMJV zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes. Das BMJV setzt die kritisch zu bewertenden und öffentlich hart diskutierten EU-Vorgaben im vorliegenden Gesetzentwurf im Rahmen der Möglichkeiten aus unserer Sicht insgesamt gut um. Allerdings sehen wir einige Aspekte des Gesetzentwurfes kritisch und möchten im Folgenden dazu Stellung nehmen. Vorab möchten wir darauf hinweisen, dass Content-Creator zeitgleich Nutzer und Inhaber von Urheberrechten, also Kreative und Unternehmen der Kulturwirtschaft, sind. In der Begründung zum Referentenentwurf heißt es unter A. Allgemeiner Teil I.2.a) „Die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen stand im Zentrum der rechtspolitischen Debatte um die DSM-RL: Die Inhaber von Urheberrechten, also Kreative und die Unternehmen der Kulturwirtschaft, hatten gefordert, fair an der Wertschöpfung beteiligt zu werden, die auf diesen Plattformen erzielt wird. [...] Die Nutzer hatten verlangt, dass ihre Meinungs-, Kunst und Kommunikationsfreiheiten gewahrt bleiben, und Befürchtungen gegen ein strukturelles „Overblocking“ artikuliert.“ Hier wird eine Abgrenzung zwischen Inhabern von Urheberrechten und Nutzern von Upload-Plattformen geschaffen, die nicht der gelebten Praxis entspricht. Wir Content- Creator haben sowohl als Nutzer von Upload-Plattformen aber auch als Inhaber von Urheberrechten, als Kreative und als Unternehmen der Kulturwirtschaft gegen den damaligen Artikel 13 (danach: Artikel 17) protestiert. Content-Creator sind ein 1
relevanter Teil der deutschen Kultur und wir bitten das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz darum, dies im Referentenentwurf widerzuspiegeln. Wir lehnen automatisierte Systeme, die Uploads auf Urheberrechtsverletzung überprüfen, grundsätzlich ab, da solche automatisierten Systeme hochgeladene Werke inhaltlich nicht verstehen können und sie somit nicht dafür geeignet sind, fehlerfrei Verletzungen von Urheberrecht zu erkennen. Durch ihren Einsatz wird es zu Fehleinschätzungen und damit zur Unterdrückung eigentlich legaler Werke kommen. Wir erkennen jedoch an, dass der Referentenentwurf aufgrund der EU- Vorgaben nicht ganz ohne automatisierte Überprüfungssysteme auskommen kann. 2. Artikel 3 § 4: Vertragliche Nutzungsrechte In Artikel 3 Paragraph 4 Absatz 2 Satz 1 wird geregelt, dass Dienstanbieter (Upload- Plattformen wie z.B. Youtube) nur dann „bestmögliche Anstrengungen“ unternehmen müssen, um vertragliche Nutzungsrechte für die öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke zu erwerben, wenn es um Inhalte geht, die der Dienstanbieter „typischerweise öffentlich wiedergibt“. Youtube gibt typischerweise Videos öffentlich wieder, Instagram zum Beispiel Bilder. Das ist die technische Seite. Inhaltlich übertragen Youtube und Twitch üblicherweise keine Sportveranstaltungen, Instagram keine Kinofilme und Twitter keine Live-Konzerte. Dank Artikel 3 Paragraph 4 Absatz 2 1. sind die Plattformen nicht dazu verpflichtet, für solche Inhalte Nutzungsrechte für die öffentliche Wiedergabe erwerben zu müssen. Das ist aus unserer Sicht eine extrem wichtige Einschränkung, die wir sehr begrüßen. Andere Länder (z.B. Frankreich) haben diese Einschränkung bei ihrer nationalen Umsetzung bisher nicht beachtet. Das führt in diesen Ländern dazu, dass Dienstanbieter gesetzlich dazu verpflichtet sind, für nahezu alle Inhalte Nutzungsrechte für die öffentliche Wiedergabe erwerben zu müssen. Upload-Filter müssten z.B. erkennen, ob in einem Video im Hintergrund urheberrechtlich geschützte Texte und Bilder zu sehen sind. Ohne die Einschränkung auf Inhalte, die Dienstanbieter „typischerweise öffentlich“ wiedergeben, würde man von Dienstanbietern das Unmögliche verlangen, wodurch es zu massiven Einschränkungen der Inhalte auf den Plattformen kommen würde. Durch die Unsicherheit entstünde massives Overblocking mithilfe der von uns stark abgelehnten Upload-Filter. 3. Artikel 3 § 6: Maschinell überprüfbare gesetzlich erlaubte Nutzung In Artikel 3 Paragraph 6 wird die öffentliche Wiedergabe eines winzigen Ausschnittes von urheberrechtlich geschützten Werken und Teilen von Werken durch den Nutzer eines Dienstanbieters zu nicht kommerziellen Zwecken oder zur Erzielung nicht erheblicher Einnahmen erlaubt. Unter den genannten Voraussetzung wäre es dank Artikel 3 Paragraph 6 legal bis zu 20 Sekunden eines Films, bis zu 20 Sekunden einer Tonspur, bis zu 1 000 Zeichen eines Textes und ein Bild bis zu 250 Kilobyte zu nutzen, ohne für die Nutzung eine Lizenz erwerben zu müssen, da die Nutzung über die Dienstanbieter gegenüber den Rechteinhabern vergolten wird. Wir Content- Creator unterstützen diese Regelung ausdrücklich. 2
Diese sogenannte “Legalisierung der Memes” zeigt, dass das BMJV Politik nah an der Realität betreibt. Was unsere Kultur ausmacht, entwickelt sich immer weiter, auch durch die Digitalisierung. Memes sind seit vielen Jahren Teil unserer Kultur und werden durch diesen Referentenentwurf endlich anerkannt. Wir Content-Creator begrüßen besonders den Zusatz der “nicht erheblichen Einnahmen“. Durch vorherige Entwürfe wären wir von diesem Teil des digitalen Lebens ausgeschlossen worden. So sehen wir Hoffnung, teilnehmen zu können. Allerdings sollten „nicht erhebliche Einnahmen“ genauer definiert werden, damit weniger Probleme bei der Überprüfbarkeit entstehen. Die vom BMJV veröffentlichte Grafik zum Ablauf eines Uploads zeigt, dass die geringfügige Nutzung genauso automatisiert festgestellt werden soll, wie die Abgleichung mit einer Referenz-Datenbank: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_Urheberrecht_Grafik- Wiedergabe-Verguetung.pdf?__blob=publicationFile&v=1 Hier wünschen wir uns mehr Klarheit im Referentenentwurf, wie die Erzielung „nicht erheblicher Einnahmen“ zu verstehen ist und automatisiert überprüft werden kann. 4. Artikel 3 § 8: Kennzeichnung erlaubter Nutzungen In Artikel 3 Paragraph 8 wird der Prozess des Uploads eines Werkes bei Upload- Plattformen geklärt. Falls während des Uploads durch automatisierte Prozesse festgestellt wird, dass das Werk urheberrechtlich geschütztes Material enthält, kann der Nutzer das Werk als vertraglich oder gesetzlich erlaubt kennzeichnen (Flagging). Der Rechteinhaber und der Nutzer können Stellungnahmen einreichen und die 3
Plattform muss entscheiden, wer Recht hat. Bis zur Klärung bleibt der Inhalt mit Ausnahmen online. Aus unserer Sicht ist der Paragraph 8 nicht weitgehend genug. Er bezieht sich lediglich auf den Moment des Uploads, nicht auf die Zeit danach. Wir halten es für sinnvoller, wenn die in Paragraph 8 erläuterten Verpflichtungen der Plattformen auch nach und nicht nur während eines Uploads gelten. Laut Referentenentwurf wäre es bspw. Dienstanbietern bei einem Sperrverlangen zwei Wochen nach dem Upload erlaubt, das Werk ohne die in Paragraph 8 besprochenen Prozesse (Flagging) offline zu nehmen. Das wäre besonders fatal, wenn es sich um ein unbegründetes Sperrverlangen handeln würde. Lizenzrechte verändern sich ständig. Der Kanal PietSmiet hat über 25.000 Videos auf Youtube und täglich erhalten wir mehrere Benachrichtigungen über Claims von anderen Firmen, die zum Zeitpunkt des Uploads einvernehmlich geklärt waren. Es kam in der Vergangenheit zu Missbrauch der bereits bestehenden Claiming-Systeme bei Youtube von angeblichen Rechteinhabern, um z.B. negative Berichterstattung zu unterdrücken. Aus unserer Sicht sollte Flagging und der darauffolgende Prozess der Schlichtung auch bei bereits hochgeladenen Werken zur Anwendung kommen, um diesem Missbrauch entgegen zu wirken. Artikel 3 § 12: Sperrung oder Entfernung bei offensichtlich unzutreffender Kennzeichnung als erlaubte Nutzung In Artikel 3 Paragraph 12 wird geregelt, dass Plattformen Inhalte sperren müssen – egal ob sie vom Nutzer als legal geflagged wurden, wenn sie “offensichtlich” unerlaubt sind bzw. das Flagging “offensichtlich unzutreffend” ist. Der Referentenentwurf sieht diesen Fall gegeben, wenn ein vom Nutzer hochgeladener Inhalt zu mindestens 90 Prozent mit den vom Rechteinhaber zur Verfügung gestellten Informationen übereinstimmt. Es gibt dabei zwei Lesarten: Geht es darum, dass der hochgeladene Inhalt mindestens 90% eines geschützten Werkes enthält oder geht es darum, dass der Inhalt ausschließlich aus mindestens 90% eines geschützten Werkes besteht? Der vorliegende Referentenentwurf ist dahingehend zu ungenau. Unabhängig von der Lesart lehnen wir eine solche Grenze grundsätzlich ab. Es sollte immer Fallentscheidungen geben und nicht ab einer Grenze pauschal geblockt werden. Werke, die 100% eines anderen urheberrechtlich geschützten Werkes enthalten, können legal sein, z.B. als Zitat. Genauso können Werke, die zu über 90% aus einem anderen urheberrechtlich geschützten Werk bestehen, legal sein, zum Beispiel als Pastiche. Unserer Meinung nach darf es in Deutschland kein Gesetz geben, dass Upload- Plattformen verpflichtet, legale Werke zu sperren. Das ist genau das Overblocking durch Upload-Filter, vor dem wir in der Debatte um Artikel 17 gewarnt haben. Wir empfehlen daher die komplette Streichung von Paragraph 12. 5. Artikel 2 § 51: Kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung Artikel 2 Paragraph 51 beschreibt Kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung (Extended Collective Licensing). Dadurch wird Verwertungsgesellschaften unter 4
bestimmten Voraussetzungen das Recht eingeräumt, Lizenzen zu Werken zu verkaufen, deren Urheber den Verwertungsgesellschaften dazu kein Recht gegeben haben. Diese Regelung ist aus unserer Sicht sehr kritisch. Sie würde dazu führen, dass wir proaktiv im Auge behalten müssten, welche Verwertungsgesellschaft welche Werke von uns im Zuge einer kollektiven Lizenz anbieten möchte, um dann bei jeder einzelnen Verwertungsgesellschaft zu widersprechen (Opt-Out). Auch wir Content- Creator sind Urheber und Kreative, wie oben dargestellt. Die Rechte an unseren Inhalten sollten bei uns liegen. Herzlichen Dank an jede Person, die diese Stellungnahme gelesen hat. Wir würden uns über einen direkten Dialog mit dem BMJV freuen. Ansprechpartner: Peter Smits, business@pietsmiet.de Unterzeichner: Aaron Troschke - 1,1M 233k Alexander Straub - 321k 135k 66k Anni The Duck - 715k 669k 192k 535k Barbara Sofie - 1,2M 1,1M Betty Taube-Günter - 1M Bonjwa - 25k 129k Bullshit TV - 1,8M 103k 111k Dalia Mya - 253k 1,4M 5,6M David Henrichs - 32k Dhalucard - 456k 67k 83k 303k Dilara Duman - 383k 62k DoktorFroid - 712k 20k 23k 156 Einfach Marci - 270k 207k Felix von der Laden - 3,2M 2,5M 2M Flo Varion - 1,4M 252k 50k 10k 211k GermanLetsPlay - 3,4M 602k 1,5M 137k 308k Gronkh - 4,9M 939k 1,3M 1,2M Held der Steine - 433k 88k Izzi - 1,3M 1M 904k 197k 5
Jodie Calussi - 516k 703k 188k 128k Jonas & David von 2 Bored Guys - 583k 44k Jonas Ems - 2,8M 1,3M 45k 317k KranCafter - 839k 222k 279k 14k Kuchen TV - 952k 141k 201k Kuhlewu - 397k 187k 83k 184k Lara Loft - 172k 158k 73k 240k LeFloid - 3M 666k 1,1M Luisa Crashion - 487k 205k 135k Marti Fischer - 609k 105k 68k Marvin Wildhage - 136k 23k Max Knabe - 2M 686k 617k 730k 252k Maxim Markow - 631k 159k 131k 328k MiiMii - 849k 123k 260k 21k Nia - 191k 114k 61k Pandorya - 546k 286k 396k 216k PietSmiet - 2,4M 529k 599k Rewi - 3,2M 2M 1,4M 1,3M 89k Rezo - 1,7M 1M 419k 1,3M Simon Will - 881k 436k 615k SpaceFrogs - 1,2M 62k 149k Robin Blase - 209k 49k 47k 18k Sturmwaffel - 1,7M 1M 782k 313k 128k Taddl - 1,1M 1,8M 1,5M 337k Tilo Jung - 414k 38k 130k Toni Pirosa - 256k 261k 64k 90k Valentina Vapaux - 135k 81k Vik - 978k 1,3M 1,5M 352k Wilke Zierden - 252k 340k 51k 6
Sie können auch lesen