Steuerwegweiser für den Ruhestand - Hessen.de
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Vorwort Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger Rentnerinnen, Rentner, Pensionä- Fällen zu prüfen, ob Sie eine Steu- rinnen und Pensionäre haben meist ererklärung abgeben und Steuern viele arbeitsreiche Jahrzehnte erlebt, zahlen müssen. Diese Broschüre will in denen sie die Grundlagen für die Ihnen dabei in leicht verständlicher finanzielle Absicherung im Alter ge- Form eine Hilfe sein. legt haben. Diese finanzielle Sicher- heit ist keine Selbstverständlichkeit, Mir liegt besonders am Herzen, dass wie die Diskussionen um die Zukunft Seniorinnen und Senioren nicht der gesetzlichen Rentenversiche- mehr Steuern zahlen als gesetzlich rung und die Notwendigkeit einer verlangt. Diese Broschüre gibt Ihnen zusätzlichen privaten Altersvorsorge einen Überblick über die geltenden zeigen. Regelungen und legt dar, welche Steuererleichterungen für Sie im Ru- Genauso wichtig ist die Frage, wel- hestand in Betracht kommen. che Steuern auf Renten und Pensio- nen zu entrichten sind und was da- Bei Zweifelsfragen helfen Ihnen die nach am Ende „netto“ übrig bleibt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Grundsätzlich gilt: Viele Bezieher den hessischen Finanzämtern gerne von Alterseinkünften müssen keine weiter. Steuern zahlen. Steuerliche Pflichten können sich insbesondere bei Rent- nerinnen und Rentnern ergeben, die neben der Rente zusätzliche Ein- Mit freundlichen Grüßen künfte, z. B. aus Erwerbstätigkeit, ei- ner Werkspension oder aus Vermie- tung und Verpachtung erzielen bzw. deren Ehegatten eigene Einkünfte Dr. Thomas Schäfer haben. Ich empfehle Ihnen, in diesen Hessischer Finanzminister 2
Einleitung Die für die Besteuerung von Versor- Zur weiteren Information dienen die gungsleistungen maßgebenden Re- in dieser Broschüre vorhandenen gelungen sind vielfältig und nicht im- Fundstellen jeweils am Ende der Ab- mer leicht verständlich. Um hier eine handlungen. Sie geben an, an wel- Hilfestellung zu geben, ist der Inhalt cher Stelle die betreffenden Rege- der Broschüre nach Steuerarten und lungen in den Steuergesetzen und den unterschiedlichen Altersbezü- Verwaltungsanweisungen zu finden gen gegliedert. Rechtlich anspruchs- sind. volle Abhandlungen werden mit Bei- spielen zusätzlich erläutert. Leider kann diese Broschüre nicht auf alle Fragen und steuerlichen Be- Allgemeine Informationen sind kurz- sonderheiten abschließend einge- gefasst; übliche Begriffe wie „Wer- hen. Sie erhebt daher auch keinen bungskosten“, „Sonderausgaben“ Anspruch auf Vollständigkeit. Für oder „außergewöhnliche Belastun- eventuelle weitere Fragen stehen gen“ werden nicht besonders erläu- Ihnen die Bearbeiterinnen und Be- tert. arbeiter Ihres Finanzamts gerne zur Verfügung. Wer über solche Begriffe Näheres erfahren möchte, findet ausführliche Den Ausführungen in dieser Bro- Erläuterungen in der „Anleitung zur schüre liegt die ab dem Jahr 2016 Einkommensteuererklärung”, die mit geltende Rechtslage zugrunde. den Erklärungsvordrucken erhältlich oder auf www.finanzen.hessen.de unter der Rubrik “Steuern/Vordru- cke“ verfügbar ist. 3
Inhaltsverzeichnis Einkommensteuer, Lohnsteuer Seite 1 Besteuerung der Renten 6 1.1 Warum sind Renten steuerpflichtig? 6 1.2 Steuerpflichtige und steuerbefreite Renten 7 1.3 Nachgelagerte Besteuerung 8 1.4 Besteuerung mit dem Ertragsanteil 11 1.5 Renten-Sonderfälle 12 1.6 Kindererziehungsleistungen 14 1.7 Werbungskosten 14 2 Besteuerung der Pensionen 15 2.1 Grundsätzliches 15 2.2 Versorgungsfreibetrag 15 3 Gemeinsame Regelungen für Alterseinkünfte 19 3.1 Abfindungen, Vorruhestandsleistungen und Altersteilzeit 19 3.1.1 Abfindungen wegen Auflösung eines Dienstverhältnisses 19 3.1.2 Kapitalabfindungen von Renten- und Pensionsansprüchen 19 3.1.3 Vorruhestandsleistungen 19 3.1.4 Altersteilzeit 20 3.1.5 Freibetrag für Veräußerungsgewinne 21 3.2 Altersentlastungsbetrag 22 3.3 Steuerliche Erleichterungen bei Nebenbeschäftigungen 24 4
Seite 3.4 Sonderausgaben/außergewöhnliche Belastungen/ 26 Steuerermäßigungen 3.4.1 Krankheitskosten 28 3.4.2 Kurkosten 28 3.4.3 Bestattungskosten 29 3.4.4 Aufwendungen wegen Pflegebedürftigkeit 30 3.4.5 Sonderregelungen für behinderte Menschen 31 3.4.6 Hinterbliebenen-Pauschbetrag 31 3.4.7 Steuerermäßigung bei Aufwendungen für 32 haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse sowie für Dienst- oder Handwerkerleistungen 3.5 Verpflichtung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung 34 Erbschaft- und Schenkungsteuer 36 Weitere Publikationen des Hessischen Ministeriums 37 der Finanzen Anmerkung zur Verwendung 38 5
Einkommensteuer, Lohnsteuer 1 Besteuerung der Renten 1.1 Warum sind Renten steuerpflichtig? Die Ansicht, dass Rentnerinnen und in der Beitragsphase steuerfrei ge- Rentner überhaupt keine Steuern zu blieben ist, wird beim Zufluss der zahlen hätten, ist immer noch weit Rente steuerpflichtig. Ob tatsächlich verbreitet. Viele sehen in der Renten- eine Steuerbelastung eintritt, hängt zahlung nur den Rückfluss der früher aber davon ab, ob die steuerpflich- gezahlten Versicherungsbeiträge. tigen Einkünfte die allgemeinen und persönlichen Freibeträge, z. B. den Grundfreibetrag zur Steuerfreistel- Hintergrund für die Besteuerung der lung des persönlichen Existenzmini- Renten ist, dass ein Großteil der mums, übersteigen. erbrachten Rentenversicherungsbei- träge während der Beitragszahlungs- Auf lange Sicht werden Rentenversi- dauer steuerfrei gestellt war. So wird cherungsbeiträge in vollem Umfang der Arbeitgeberanteil zur gesetzli- steuerfrei gestellt und die auf den chen Rentenversicherung ausschließ- steuerfreien Beiträgen beruhenden lich steuerfrei erbracht und hat zur Renten im Gegenzug in vollem Um- Hälfte zum Erwerb der derzeitigen fang besteuert. Hierfür gilt eine lang- Rentenansprüche in der gesetzlichen fristige, bis ins Jahr 2040 reichende Rentenversicherung beigetragen. Mit Übergangsregelung. dem Sonderausgabenabzug für Vor- sorgeaufwendungen wurden bereits Zur Sicherstellung der Besteuerung bisher die Arbeitnehmerbeiträge zur von Renten übermitteln die renten- gesetzlichen Rentenversicherung oder zahlenden Stellen grundsätzlich jähr- Beiträge zu berufsständischen Versor- lich die Höhe der Rentenbezüge für gungswerken in erheblichem Umfang jede Rentnerin und jeden Rentner steuerfrei gestellt. Seit dem Jahr 2005 an die Finanzverwaltung. Die Träger werden Renten daher „nachgelagert“ der gesetzlichen Rentenversicherung besteuert. stellen Ihnen auf einmaligen Antrag jährlich wiederkehrend die an die Die nachgelagerte Besteuerung Finanzverwaltung übermittelten Daten funktioniert nach dem Prinzip: Was zur Verfügung. 6
1.2 Steuerpflichtige und steuerbefreite Renten Nachgelagert besteuert (Kapitel 1.3) Altersvorsorgeprodukten (sog. Riester- werden die Renten (einschließlich Er- Renten aus geförderten Altersvorsor- werbsminderungsrenten und Hinter- geverträgen sowie auf steuerfreien bliebenenrenten) aus Beiträgen beruhende Leistungen – der gesetzlichen Rentenversiche- aus betrieblicher Altersversorgung) rung, unterliegen in vollem Umfang der Besteuerung. – der Deutschen Rentenversiche- rung Knappschaft-Bahn-See, Steuerfrei sind hingegen die – der landwirtschaftlichen Alters- – Renten aus der gesetzlichen Un- kasse, fallversicherung, – berufsständischen Versorgungs- – Versorgungsbezüge der Wehr- einrichtungen, dienst-, Kriegs- und Zivildienst – zertifizierten, besonders auf die geschädigten und ihrer Hinter- Altersvorsorge oder die Absi- bliebenen, cherung der Erwerbsminderung – Wiedergutmachungsrenten. ausgerichteten privaten Vorsorge- verträgen (Basisrente-Alter oder Basisrente-Erwerbsminderung). Alle anderen Renten werden grund- Wo geregelt? sätzlich wie bisher mit dem Ertrags- § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a und anteil (Kapitel 1.4) besteuert. Nr. 5 Einkommensteuergesetz, § 3 Nr. 1a, Nr. 6 und Nr. 8 Einkom- Ausnahme: Renten und andere Leis- mensteuergesetz tungen aus besonders geförderten 7
1.3 Nachgelagerte Besteuerung Für Renten, die bis zum Ablauf des rung. Liegt der Rentenbeginn in ei- Jahres 2005 begonnen haben, unter- nem späteren Jahr, steigt der steuer- liegt der Jahresbetrag der Rente mit pflichtige Anteil entsprechend einer einem Anteil von 50 % der Besteue- gesetzlich vorgegebenen Tabelle an: Jahr des Besteuerungs- Jahr des Besteuerungs- Rentenbeginns anteil in v.H. Rentenbeginns anteil in v.H. bis 2005 50 2023 83 ab 2006 52 2024 84 2007 54 2025 85 2008 56 2026 86 2009 58 2027 87 2010 60 2028 88 2011 62 2029 89 2012 64 2030 90 2013 66 2031 91 2014 68 2032 92 2015 70 2033 93 2016 72 2034 94 2017 74 2035 95 2018 76 2036 96 2019 78 2037 97 2020 80 2038 98 2021 81 2039 99 2022 82 2040 100 Die steuerfreien Zuschüsse zur Kran- Unter dem Jahr des Rentenbeginns kenversicherung in der gesetzlichen ist das Jahr zu verstehen, ab dem die Rentenversicherung gehören nicht Rente – ggf. nach rückwirkender Zu- zum Jahresbetrag der Rente; die billigung – tatsächlich bewilligt wird einbehaltenen Kranken- und Pflege- (siehe Rentenbescheid). Auf den versicherungsbeiträge mindern den Zeitpunkt des Rentenantrags oder Jahresbetrag der Rente nicht. Sie der Zahlung kommt es nicht an. sind aber im Rahmen des Sonder- ausgabenabzugs zu berücksichtigen Wird bei rückwirkender Zubilligung (Kapitel 3.4). einer Rente der Rentenanspruch 8
rückwirkend ganz oder teilweise mit Rente vor 2005 begonnen hat, gilt Sozialleistungen (z. B. Krankengeld, das Jahr 2005) wird der ermittelte Arbeitslosengeld I oder II) verrech- steuerfreie Teil der Rente dauerhaft net, gilt die Rente schon mit dem Be- festgeschrieben. zug der Sozialleistung als ausgezahlt und ist deshalb insoweit bereits im Erhöht sich später die Rente auf- Jahr, für das die Verrechnung erfolgt, grund einer regelmäßigen Renten- zu versteuern. anpassung, ist der Erhöhungsbetrag in vollem Umfang steuerpflichtig. Im Jahr, das dem Jahr des Renten- beginns folgt (für Personen, deren Beispiel: Ein Rentner bezieht im Jahr 2005 eine Rente aus der gesetzlichen Renten- versicherung, die bereits im Jahr 2000 begonnen hatte, mit einem Jahres- betrag von 12.000 Euro. Im Jahr 2014 erhöht sich der Jahresbetrag der Rente um 50 Euro, im Jahr 2015 um weitere 100 Euro. Steuerpflichtiger Teil der Rente im Jahr 2005: 50% von 12.000 Euro = 6.000 Euro Steuerfreier Teil der Rente (festgeschrieben) 6.000 Euro Jahresbetrag der Rente 2016 12.150 Euro abzgl. steuerfreier Teil der Rente – 6.000 Euro (berechnet aus dem Jahr 2005) steuerpflichtiger Teil der Rente im Jahr 2016 6.150 Euro Ändert sich der Jahresbetrag der Auch die Rentenerhöhung durch die Rente aus anderen Gründen als ei- Einführung der sog. „Mütterrente“ ner regelmäßigen Rentenanpassung zum 1. Juli 2014 führt zu einer Neu- (z. B. Rentenkürzung wegen Anrech- berechnung des steuerfreien Teils nung anderer Einkünfte, Wegfall ei- der Rente. Bei einer Neuberechnung ner Witwenrente bei Wiederheirat) bleiben Rentenerhöhungen seit der wird der steuerfreie Anteil der Rente ersten Festschreibung des steuer- neu berechnet. freien Teils der Rente außer Betracht. 9
Besonderheiten bei nachfolgenden Renten: Folgen Renten aus derselben Versi- rente des Verstorbenen), ist für die cherung einander unmittelbar nach Bestimmung des steuerpflichtigen (z. B. eine Altersrente folgt auf eine Anteils der neuen Rente der Renten- Erwerbsminderungsrente oder eine beginn der vorhergehenden Rente Witwenrente folgt auf eine Alters- maßgeblich. Beispiel: Ein Rentner bezieht ab dem Jahr 2000 Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Der steuerpflichtige Anteil beträgt 50 %. Ab 2014 erhält der Rentner Altersrente. Der steuerpflichtige Anteil der Al- tersrente beträgt 50%, weil als Jahr des Rentenbeginns auch für die Alters- rente das Jahr 2000 (Beginn der Erwerbsminderungsrente) gilt. Liegt zwischen Renten aus derselben wird zur Ermittlung des maßgebli- Versicherung ein Zeitraum, in dem chen Rentenbeginns für die neue kein Rentenanspruch besteht (z. B. an Rente der tatsächliche Beginn der eine Erwerbsminderungsrente schließt neuen Rente fiktiv um die Laufzeit sich zunächst wieder eine Phase der der vorhergehenden Rente in die Erwerbstätigkeit und anschließend Vergangenheit verlagert. erst der Bezug der Altersrente an), Beispiel: Ein Rentner bezieht ab dem Jahr 2000 eine Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese endet nach einer Laufzeit von 10 Jahren. Ab 2016 bezieht der Rentner Altersrente. Der maßgebliche fiktive Rentenbeginn liegt im Jahr 2006 (Rentenbeginn im Jahr 2016 abzgl. 10 Jahre Laufzeit der vorangegangenen Rente), der steuerpflichtige Teil der Altersrente beträgt 52%. Renten aus der betrieblichen Alters- (Riester-Renten), soweit sie auf geför- versorgung, soweit sie auf steuer- derten Beiträgen beruhen, sind in befreiten Beiträgen beruhen, und vollem Umfang steuerpflichtig. Renten aus Altersvorsorgeverträgen 10
1.4 Besteuerung mit dem Ertragsanteil Die Besteuerung des Ertragsanteils Die steuerpflichtigen Ertragsanteile kommt nur noch zur Anwendung, sind ab 2005 gesetzlich deutlich wenn die Rente nicht nachgelagert abgesenkt worden. Die Tabellen- zu besteuern ist, z. B. für Renten aus werte beruhen auf einer typisierten privaten Rentenversicherungen mit Verzinsung des Rentenkapitalwerts Kapitalwahlrecht, Kaufpreisrenten mit 3 % nach der durchschnittlichen oder Renten aus der umlagefinan- Lebenserwartung bei Rentenbeginn zierten Zusatzversorgung im öffentli- und gelten uneingeschränkt auch für chen Dienst (VBL), soweit diese nicht Renten, die vor 2005 begonnen ha- auf steuerfreien Beiträgen beruhen. ben. Bei Beginn der Bei Beginn der Rente vollendetes Ertragsanteil Rente vollendetes Ertragsanteil Lebensjahr des in v.H. Lebensjahr des in v.H. Rentenberechtigten Rentenberechtigten 0 bis 1 59 42 36 2 bis 3 58 43 bis 44 35 4 bis 5 57 45 34 6 bis 8 56 46 bis 47 33 9 bis 10 55 48 32 11 bis 12 54 49 31 13 bis 14 53 50 30 15 bis 16 52 51 bis 52 29 17 bis 18 51 53 28 19 bis 20 50 54 27 21 bis 22 49 55 bis 56 26 23 bis 24 48 57 25 25 bis 26 47 58 24 27 46 59 23 28 bis 29 45 60 bis 61 22 30 bis 31 44 62 21 32 43 63 20 33 bis 34 42 64 19 35 41 65 bis 66 18 36 bis 37 40 67 17 38 39 68 16 39 bis 40 38 69 bis 70 15 41 37 71 14 11
Bei Beginn der Bei Beginn der Rente vollendetes Ertragsanteil Rente vollendetes Ertragsanteil Lebensjahr des in v.H. Lebensjahr des in v.H. Rentenberechtigten Rentenberechtigten 72 bis 73 13 83 bis 84 6 74 12 85 bis 87 5 75 11 88 bis 91 4 76 bis 77 10 92 bis 93 3 78 bis 79 9 94 bis 96 2 80 8 ab 97 1 81 bis 82 7 Das in der Tabelle angegebene Le- versicherungsrechtlich die Renten- bensalter bezieht sich auf den Be- leistung beginnt. Auf den Zeitpunkt ginn der Rente. Hierunter ist der des Rentenantrags oder der Zahlung Zeitpunkt zu verstehen, von dem an kommt es insoweit nicht an. 1.5 Renten-Sonderfälle Bei Renten, die grundsätzlich mit Wo geregelt? dem Ertragsanteil zu besteuern sind und deren Laufzeit begrenzt ist (z. § 55 Einkommensteuer-Durchfüh- B. Unfall- oder Berufsunfähigkeits- rungsverordnung renten aus privaten Versicherungen, R 22.4 Abs. 4 und 5 Einkommen- Waisenrenten), kann zur Berech- steuer-Richtlinien nung des E rtragsanteils nicht die für lebenslängliche Renten geltende Tabelle (Kapitel 1.3) angewendet werden, sondern es gilt eine „Spezi- altabelle”, die sich nach der Laufzeit dieser abgekürzten Rente richtet: 12
Der Ertragsanteil Der Ertragsanteil Beschränkung ist der Tabelle Beschränkung ist der Tabelle der Laufzeit zu Kapitel 1.4 der Laufzeit zu Kapitel 1.4 auf … Jahre ab Der zu entnehmen, auf … Jahre ab Der zu entnehmen, Beginn des Ertrags- wenn der Ren- Beginn des Ertrags- wenn der Ren- Rentenbezugs anteil tenberechtigte Rentenbezugs anteil tenberechtigte (ab 1.1.1955, beträgt zu Beginn des (ab 1.1.1955, beträgt zu Beginn des falls die Rente vorbehalt- Rentenbezugs falls die Rente vorbehalt- Rentenbezugs vor diesem lich der (ggf. vor dem vor diesem lich der (ggf. vor dem Zeitpunkt Spalte 3 1.1.1955) Zeitpunkt Spalte 3 1.1.1955) zu laufen … v. H. das …te Lebens- zu laufen … v. H. das …te Lebens- begonnen hat) jahr vollendet begonnen hat) jahr vollendet hatte hatte Spalte 1 Spalte 2 Spalte 3 Spalte 1 Spalte 2 Spalte 3 1 0 entfällt 34 34 46 2 1 entfällt 35-36 35 45 3 2 97 37 36 43 4 4 92 38 37 42 5 5 88 39 38 41 6 7 83 40-41 39 39 7 8 81 42 40 38 8 9 80 43-44 41 36 9 10 78 45 42 35 10 12 75 46-47 43 33 11 13 74 48 44 32 12 14 72 49-50 45 30 13 15 71 51-52 46 28 14-15 16 69 53 47 27 16-17 18 67 54-55 48 25 18 19 65 56-57 49 23 19 20 64 58-59 50 21 20 21 63 60-61 51 19 21 22 62 62-63 52 17 22 23 60 64-65 53 15 23 24 59 66-67 54 13 24 25 58 68-69 55 11 25 26 57 70-71 56 9 26 27 55 72-74 57 6 27 28 54 75-76 58 4 28 29 53 77-79 59 2 29-30 30 51 ab 80 Der Ertragsanteil ist immer der 31 31 50 Tabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buch- 32 32 49 stabe a Doppelbuchstabe bb 33 33 48 EStG (vgl. zu 1.4) zu entnehmen. 13
1.6 Kindererziehungsleistungen Bei Leistungen, die Mütter für Zeiten in besonders schwierigen Zeiten der Kindererziehung erhalten, sind (Weltwirtschaftskrise, Kriegs- und zwei Fallgruppen zu unterscheiden: Nachkriegszeit) ausgesetzt waren. a) Die Kindererziehungsleistungen b) Für Mütter der Geburtsjahrgänge ab für Mütter, die vor dem 1.1.1921 1921 erhöhen die anzurechnenden geboren sind, werden unabhän- Kindererziehungszeiten die Renten- gig von einem Rentenanspruch bemessungsgrundlage. In diesem gewährt. Gleichwohl erfolgt die Fall wirken sich die Kinder erzie- Auszahlung der Kindererziehungs hungsleistungen rentensteigernd leistungen im Regelfall zusammen aus und sind als unselbständiger mit der Rente. Für diese Geburtsjahr- Bestandteil der Rente einkom- gänge sind die Kindererziehungs- mensteuerpflichtig (Kapitel 1.3). leistungen einkommensteuerfrei. Damit sollen auch die außeror- dentlichen Belastungen gewür- Wo geregelt? digt werden, denen die älteren § 3 Nr. 67 Einkommensteuergesetz Mütter bei der Kindererziehung 1.7 Werbungskosten Soweit im Zusammenhang mit der Wo geregelt? Rente keine höheren Aufwendungen angefallen sind (z. B. Kosten für die §§ 9, 9a Satz 1 Nr. 3 Einkommen- Rentenberatung), nimmt das Finanz- steuergesetz amt automatisch einen pauschalen Abzug von 102 Euro jährlich vor. 14
2 Besteuerung der Pensionen 2.1 Grundsätzliches Versorgungsbezüge von Beamten, Die Versteuerung von Versorgungs- Richtern und Soldaten bzw. deren bezügen erfolgt im Lohnsteuerab- Hinterbliebenen sind grundsätzlich in zugsverfahren. Der Lohnsteuerabzug voller Höhe als Arbeitslohn zu versteu- wird auf der Grundlage der elektro- ern. Der Versorgungsfreibetrag und nischen Lohnsteuerabzugsmerkmale der Zuschlag zum Versorgungsfrei- (ELStAM) durchgeführt. Die persön- betrag mildern die vergleichsweise lichen Lohnsteuerabzugsmerkmale höhere Steuerbelastung der Pensio- einschließlich zu berücksichtigender nen gegenüber den Renten ab. Freibeträge werden dem Arbeitge- ber in einer Datenbank der Finanz- Auch die von privaten Arbeitgebern verwaltung zum Abruf zur Verfügung gezahlten „Betriebsrenten” oder gestellt. „Werkspensionen” sind steuerrecht- lich häufig als Versorgungsbezüge zu Der Arbeitgeber ist bereits seit 2005 behandeln. Als Versorgungsbezüge verpflichtet, die Lohndaten auf elekt- werden solche Leistungen behandelt, ronischem Weg an die Finanzverwal- die nicht von einer Pensionskasse, ei- tung zu übermitteln. nem Pensionsfonds oder aufgrund ei- Die Arbeitnehmer/Versorgungsemp- ner Direktversicherung, sondern vom fänger erhalten von ihrem Arbeitge- Arbeitgeber selbst oder einer Unter- ber einen Ausdruck der elektroni- stützungskasse erbracht werden. schen Lohnsteuerbescheinigung. 2.2 Versorgungsfreibetrag Für Versorgungsbezüge, die bis zum nehmer-Pauschbetrags wird ein Zu- Ablauf des Jahres 2005 begonnen schlag zum Versorgungsfreibetrag haben, wird ein Versorgungsfreibe- von 900 Euro gewährt. trag in Höhe von 40 %, höchstens 3000 Euro, gewährt. Wenn keine höheren Werbungskos- ten angefallen sind, gilt ein Werbungs- Anstelle des früher auch für Versor- kostenpauschbetrag von 102 Euro gungsbezüge geltenden Arbeit- (wie bei Renten). 15
Da ab 2006 beginnende Renten 2006 beginnen, auch der Versor- schrittweise in größerem Umfang gungsfreibetrag und der Zuschlag der Besteuerung unterliegen, wer- zum Versorgungsfreibetrag schritt- den für Versorgungsbezüge, die ab weise zurückgeführt. Versorgungsfreibetrag Zuschlag Jahr des zum Versorgungs- Versorgungs- in v.H. der Höchstbetrag freibetrag beginns Versorgungsbezüge in Euro in Euro bis 2005 40,0 3.000 900 ab 2006 38,4 2.880 864 2007 36,8 2.760 828 2008 35,2 2.640 792 2009 33,6 2.520 756 2010 32,0 2.400 720 2011 30,4 2.280 684 2012 28,8 2.160 648 2013 27,2 2.040 612 2014 25,6 1.920 576 2015 24,0 1.800 540 2016 22,4 1.680 504 2017 20,8 1.560 468 2018 19,2 1.440 432 2019 17,6 1.320 396 2020 16,0 1.200 360 2021 15,2 1.140 342 2022 14,4 1.080 324 2023 13,6 1.020 306 2024 12,8 960 288 2025 12,0 900 270 2026 11,2 840 252 2027 10,4 780 234 2028 9,6 720 216 2029 8,8 660 198 2030 8,0 600 180 2031 7,2 540 162 2032 6,4 480 144 2033 5,6 420 126 2034 4,8 360 108 2035 4,0 300 90 2036 3,2 240 72 2037 2,4 180 54 2038 1,6 120 36 2039 0,8 60 18 2040 0,0 0 0 16
Bei mehreren Versorgungsbezügen bemessen nach dem Beginn des ers- bestimmen sich der Prozentsatz, der ten Versorgungsbezugs begrenzt. Höchstbetrag und der Zuschlag nach dem Beginn des einzelnen Versor- Für Hinterbliebenenbezüge, die einem gungsbezugs. Die Summe aus den Versorgungsbezug folgen, ist der so ermittelten Freibeträgen ist auf Versorgungsbeginn des Verstorbe- den Höchstbetrag und den Zuschlag nen maßgeblich. Beispiel: Der Steuerpflichtige A erhält seit 2005 monatliche Versorgungsbezüge i.H.v. 500 €. Ab dem Januar 2016 kommt noch ein zweiter Versorgungsbezug i.H.v. 300 € im Monat hinzu. Der zu berücksichtigende Versorgungsfreibetrag ermittelt sich wie folgt: 1. Versorgungsbezug 1 500 € x 12 Monate = Jahresbetrag 6.000 € x 40 v.H. = Versorgungsfreibetrag 2.400 € (geringer als Höchstbetrag von 3.000 €) + Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag 900 € = Versorgungsfreibetrag 1 + Zuschlag 1 3.300 € 2. Versorgungsbezug 2 300 € x 12 Monate = Jahresbetrag 3.600 € x 22,4 v.H. = Versorgungsfreibetrag 806 € (geringer als Höchstbetrag von 1.680 €) + Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag 504 € = Versorgungsfreibetrag 2 + Zuschlag 2 1.310 € 3. Summe Versorgungsfreibetrag 1 + 2 und Zuschlag 1 + 2 4.610 € maximal zu berücksichtigen: Höchstbetrag nach dem Beginn des Versorgungsbezugs 1 3.000 € + Zuschlag nach Beginn des Versorgungsbezugs 1 900 € = Summe 3.900 € 17
Bemessungsgrundlage für den Ver- talabfindungen von Versorgungsan- sorgungsfreibetrag ist das Zwölffache sprüchen. des ersten vollen Monatsbezugs (bzw. des Bezugs für Januar 2005 Grundsätzlich werden der Versor- bei früherem Versorgungsbeginn) gungsfreibetrag, der Zuschlag zum zuzüglich voraussichtlicher Sonder- Versorgungsfreibetrag und der Wer- zahlungen. bungskostenpauschbetrag für Ver- sorgungsbezüge bereits vom Arbeit- Der so ermittelte Versorgungsfrei- geber im Lohnsteuerabzugsverfahren betrag gilt grundsätzlich für die ge- berücksichtigt. samte Laufzeit. Bei regelmäßigen Anpassungen des Versorgungs- Die Gesamtbetrachtung mehrerer bezugs verändert sich der einmal Versorgungsbezüge von unterschied- ermittelte Versorgungsfreibetrag lichen Arbeitgebern kann allerdings also nicht. Andere Änderungen des erst im Einkommensteuer-Veranla- Versorgungsbezugs (z. B. Kürzung gungsverfahren erfolgen. wegen anderer Einnahmen) führen dagegen zur Neuberechnung des Versorgungsfreibetrags. Wo geregelt? Der Jahresbetrag des Versorgungs- § 19 Abs. 1 Nr. 2 Einkommen- freibetrags und des Zuschlags zum steuergesetz Versorgungsfreibetrag mindert sich § 19 Abs. 2 Einkommensteuergesetz für jeden Monat, für den keine Ver- §§ 9, 9a Nr. 1 b Einkommen- sorgungsbezüge gezahlt werden, steuergesetz um ein Zwölftel. Dies gilt nicht für Sterbegeldzahlungen und bei Kapi- R 19.8 Lohnsteuer-Richtlinien 18
3 Gemeinsame Regelungen für Alterseinkünfte 3.1 Abfindungen, Vorruhestandsleistungen und Altersteilzeit 3.1.1 Abfindungen wegen Auflösung eines Dienstverhältnisses Abfindungen des Arbeitgebers we- nisses sind steuerpflichtig, können gen der Auflösung des Dienstverhält- aber ermäßigt besteuert werden. 3.1.2 Kapitalabfindungen von Renten- und Pensionsansprüchen In bestimmten Fällen kann zur Abgel- wirte, der Beamten- oder Soldaten- tung von Renten- oder Pensionsan- versorgung können steuerfrei sein. sprüchen ein einmaliger Kapitalbe- trag gezahlt werden (z. B. Beitrags- Dies gilt auch für entsprechende Leis- erstattungen, wenn kein Rentenan- tungen aus einem berufsständischen spruch erreicht wird, Abfindung von Versorgungswerk. Kapitalabfindungen Witwenrenten bei Wiederheirat). für Betriebsrenten oder Werkspensi- Solche Kapitalabfindungen im Rahmen onen sind hingegen nicht steuerbe- der gesetzlichen Rentenversiche- freit, können aber ermäßigt besteu- rung, der Alterssicherung der Land- ert werden. 3.1.3 Vorruhestandsleistungen In Zeiten angespannter Konjunktur Die ermäßigte Besteuerung (wie z. verpflichten sich Arbeitgeber häufig, B. bei den Abfindungen gegen Ein- Vorruhestandsleistungen an Arbeit- malbetrag) gilt für laufende Vorruhe- nehmer zu zahlen, wenn sie vorzeitig standsleistungen grundsätzlich nicht. in den Ruhestand treten. Diese Leis- tungen gehören zum steuerpflichti- gen Arbeitslohn. Bei Arbeitnehmern im Vorruhestand, die das 63. Lebensjahr vollendet ha- Wo geregelt? ben, werden die Vorruhestandsleis- tungen um den Versorgungsfreibetrag, § 3 Nr. 3 Einkommensteuergesetz den Zuschlag zum Versorgungsfreibe- § 34 Einkommensteuergesetz trag und den Werbungskostenpausch- R 19.8 Lohnsteuer-Richtlinien betrag gemindert (Kapitel 2.2). 19
3.1.4 Altersteilzeit Viele ältere Arbeitnehmerinnen und ren vom Arbeitgeber berücksichtigt Arbeitnehmer haben das Angebot ih- werden kann, kann es im Veranla- res Arbeitgebers genutzt, durch eine gungsverfahren zu Steuernachzah- Altersteilzeitvereinbarung im Sinne des lungen kommen. Bevor Sie sich für Altersteilzeitgesetzes oder nach den Altersteilzeit entscheiden, sollten Sie beamtenrechtlichen Regelungen bis sich deshalb informieren, ob neben zum Renteneintritt/Pensionierung die Ihren monatlichen Lohnsteuerabzü- Arbeitszeit zu reduzieren, oft im Rah- gen bei der Einkommensteuerfest- men sogenannter Blockmodelle, bei setzung noch zusätzliche Steuerbe- denen die gesamte Dauer der Alters- lastungen entstehen. teilzeit in eine Arbeitsphase und eine Freistellungsphase aufgeteilt wird. Der während der Freistellungsphase bezogene Arbeitslohn ist kein Ver- Neben dem dann entsprechend ver- sorgungsbezug, sondern Arbeits- minderten Arbeitslohn erhält der Ar- lohn aus einem aktiven Dienstver- beitnehmer zusätzlich Aufstockungsbe- hältnis. Die steuerlichen Freibeträge träge, die steuerfrei bleiben. Allerdings für Versorgungsbezüge finden daher unterliegen die Aufstockungsbeträge keine Anwendung. dem sogenannten Progressionsvorbe- halt, d. h. der Steuersatz bei der Einkom- mensteuerfestsetzung wird so bemes- sen, als seien die Aufstockungsbeträge Wo geregelt? steuerpflichtig. Dieser erhöhte Steuer- § 3 Nr. 28 Einkommensteuergesetz satz wird auf das zu versteuernde Ein- kommen (ohne Aufstockungsbeträge) § 32b Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe g Ein- angewandt. kommensteuergesetz R 3.28 Lohnsteuer-Richtlinien Weil der Progressionsvorbehalt nicht H 3.28 Lohnsteuer-Hinweise schon im Lohnsteuerabzugsverfah- 20
3.1.5 Freibetrag für Veräußerungsgewinne Gewerbliche Veräußerungsgewinne Auch die Leistungspflicht einer pri- gehören nach § 16 Einkommensteu- vaten Versicherung, deren Versiche- ergesetz zu den Einkünften aus Ge- rungsbedingungen an einen Grad werbebetrieb. der Berufsunfähigkeit von mindes- tens 50 Prozent oder an eine Min- Betriebsinhaber, die das 55. Lebens derung der Erwerbsfähigkeit wegen jahr vollendet haben oder die im so- Krankheit oder Behinderung auf we- zialversicherungsrechtlichen Sinne niger als sechs Stunden täglich an- dauernd berufsunfähig sind, erhal- knüpfen, kann als Nachweis dienen. ten auf Antrag einmalig einen Frei- betrag von 45.000 Euro. Die vorstehenden Ausführungen Der Freibetrag ermäßigt sich um den gelten entsprechend bei Gewinnen, Betrag, um den der Veräußerungs- die bei der Veräußerung eines land- gewinn 136.000 Euro übersteigt. Im und forstwirtschaftlichen Betriebs Falle eines Veräußerungsgewinns sowie bei der Veräußerung eines der von 181.000 Euro und mehr ist der selbständigen Arbeit dienenden Ver- Freibetrag „aufgezehrt“ und wirkt mögens erzielt werden. sich steuerlich nicht mehr aus. Zum Nachweis der dauernden Berufs- unfähigkeit reicht die Vorlage eines Bescheids des Rentenversicherungs- trägers aus, aus dem die Berufsunfä- Wo geregelt? higkeit oder Erwerbsunfähigkeit im §§ 14, 16 Abs. 4 und 18 Abs. 3 Ein- Sinne der gesetzlichen Rentenversi- kommensteuergesetz cherung hervorgeht. Der Nachweis R 16 Abs. 14 Einkommensteuer- kann auch durch eine amtsärztliche Richtlinien Bescheinigung erbracht werden. 21
3.2 Altersentlastungsbetrag Viele Seniorinnen und Senioren üben Summe der Einkünfte (außer Renten, auch im Ruhestand noch eine kleine Versorgungsbezüge und abgeltend Nebenbeschäftigung aus oder erzie- besteuerte Kapitalerträge) der Be- len weitere Einkünfte (z. B. Zins- oder rechnung zugrunde gelegt. Für Per- Mieteinnahmen). Zur steuerlichen Ent- sonen, die bereits im Jahr 2005 oder lastung dieser zusätzlichen Einkünfte früher 65 Jahre alt geworden sind steht allen Seniorinnen und Senioren (also die Geburtsjahrgänge bis ein- ab dem Jahr, in dem sie 65 Jahre alt schließlich 1940), beträgt der Alters- werden, ein Altersentlastungsbetrag entlastungsbetrag 40 Prozent von zu. dieser Ausgangsgröße, höchstens jedoch 1.900 Euro. Das Finanzamt berücksichtigt den Altersentlastungsbetrag bei der Ein- Für spätere Geburtsjahrgänge ver- kommensteuerveranlagung automa- ringern sich der Prozentsatz und tisch; es ist kein besonderer Antrag der Höchstbetrag entsprechend der erforderlich. Dabei wird die positive nachstehenden gesetzlichen Tabelle: Das auf die Alters- Das auf die Alters- Vollendung entlastungs- Höchst- Vollendung entlastungs- Höchst- des 64. Lebens- betrag betrag des 64. Lebens- betrag betrag jahres folgende in v.H. der in Euro jahres folgende in v.H. der in Euro Kalenderjahr Einkünfte Kalenderjahr Einkünfte 2005 40,0 1 900 2023 13,6 646 2006 38,4 1 824 2024 12,8 608 2007 36,8 1 748 2025 12,0 570 2008 35,2 1 672 2026 11,2 532 2009 33,6 1 596 2027 10,4 494 2010 32,0 1 520 2028 9,6 456 2011 30,4 1 444 2029 8,8 418 2012 28,8 1 368 2030 8,0 380 2013 27,2 1 292 2031 7,2 342 2014 25,6 1 216 2032 6,4 304 2015 24,0 1 140 2033 5,6 266 2016 22,4 1 064 2034 4,8 228 2017 20,8 988 2035 4,0 190 2018 19,2 912 2036 3,2 152 2019 17,6 836 2037 2,4 114 2020 16,0 760 2038 1,6 76 2021 15,2 722 2039 0,8 38 2022 14,4 684 2040 0,0 0 22
Beispiel: Die Rentnerin A (geboren am 17. Februar 1944) erzielt 2016 folgende Einkünfte: Renteneinkünfte 9.100 € Einkünfte aus Kapitalvermögen 1.200 € (nach Abzug des Sparer-Pauschbetrages) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 4.300 € Summe der Einkünfte 14.600 € Der Altersentlastungsbetrag steht A seit 2009 zu, weil sie am 17. Februar 2009 ihr 65. Lebensjahr vollendet hat. Der Altersentlastungsbetrag begünstigt die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (4.300 Euro). Begünstigt sind auch die Einkünfte aus Kapitalvermögen (1.200 Euro). Deren Besteuerung ist zwar grundsätzlich durch den Kapitalertragsteuerabzug abgegolten (= Abgeltung- steuer). Die Kapitaleinkünfte werden aber auf Antrag im Rahmen einer Günsti- gerprüfung den anderen Einkünften hinzugerechnet und mit dem individuellen Steuersatz versteuert, wenn dieser Steuersatz niedriger ist als die Abgeltung- steuer von 25 Prozent. Bei dieser Günstigerprüfung wird auch der Altersentlastungsbetrag für die Ka- pitaleinkünfte berücksichtigt. Erfolgt kein Antrag auf Günstigerprüfung in der Steuererklärung, bleiben die Kapitaleinkünfte bei der Berechnung des Alters- entlastungsbetrags und des zu versteuernden Einkommens unberücksichtigt. Sie sollten daher ggf. mit Hilfe Ihres steuerlichen Beraters prüfen, welche Alter- native für Sie steuerlich günstiger ist. Stattdessen können Sie auch die Günsti- gerprüfung für Ihre Kapitaleinkünfte in der Steuererklärung beantragen und dem Finanzamt die Prüfung überlassen. So ermittelt sich der Altersentlastungsbetrag (bei Einbezug der Kapitaleinkünfte): Positive Summe der begünstigten Einkünfte = 5.500 € (4.300 € + 1.200 €) davon 33,6 Prozent = 1.848 € maximal Höchstbetrag = 1.596 € Sind beide Ehegatten 65 Jahre oder der Einkommensteuerveranlagung älter, sind die vorstehenden Berech- außer Betracht bleiben. nungen für jeden Ehegatten getrennt anzuwenden. Wo geregelt? § 24a Einkommensteuergesetz Auf pauschal versteuerten Arbeitslohn R 24a Einkommensteuer- (z. B. aus einem geringfügigen Beschäf- Richtlinien tigungsverhältnis) findet der Altersent- lastungsbetrag keine Anwendung, weil §§ 2 Abs. 5b, 32d Abs. 6 Einkom- mensteuergesetz pauschal versteuerte Einnahmen bei 23
3.3 Steuerliche Erleichterungen bei Nebenbeschäftigungen Weiteres Dienstverhältnis mit Lohnsteuerklasse VI Betriebliche Zusatzrenten von einem In diesem Fall wird die einbehaltene früheren Arbeitgeber unterliegen Lohnsteuer im Rahmen einer Einkom- grundsätzlich dem Lohnsteuerabzug. mensteuerveranlagung erstattet. Die Versteuerung von Versorgungs- bezügen erfolgt im Lohnsteuerab- Es besteht jedoch die Möglichkeit, zugsverfahren. Der Lohnsteuerabzug den Lohnsteuerabzug für die Neben- wird auf der Grundlage der elektro- beschäftigung durch die Übertragung nischen Lohnsteuerabzugsmerkmale der in der Eingangsstufe des ersten (ELStAM) durchgeführt. Dienstverhältnisses enthaltenen Frei- beträge auf das nach Steuerklasse Die persönlichen Lohnsteuerabzugs- VI abgerechnete Dienstverhältnis zu merkmale einschließlich zu berück- vermeiden. Bei dem ersten Dienstver- sichtigender Freibeträge werden dem hältnis wird ein entsprechender Betrag Arbeitgeber in einer Datenbank der zum Arbeitslohn hinzugerechnet. Finanzverwaltung zum Abruf zur Ver- fügung gestellt. Durch die Übertragung der Freibe- Bei der Besteuerung von Zusatzren- träge wird der Lohnsteuerabzug für ten fällt oft keine Lohnsteuer an, weil die Nebeneinkünfte und damit eine die Betriebsrente niedriger ist als der Rückerstattung zu viel einbehaltener Betrag, bis zu dem nach der Steuer- Lohnsteuer im Veranlagungsverfah- klasse des ersten Dienstverhältnisses ren ganz oder teilweise vermieden. (z. B. Steuerklasse I oder III) keine Trotzdem besteht die Verpflichtung Lohnsteuer zu erheben ist (Eingangs- zur Abgabe einer Einkommensteuer- betrag). erklärung. Wird zusätzlich noch Arbeitslohn aus Die Übertragung der Freibeträge einer Nebenbeschäftigung erzielt, kann mit dem Vordruck „Antrag unterliegt dieser Arbeitslohn regel- auf Lohnsteuer-Ermäßigung“ beim mäßig voll dem Lohnsteuerabzug, Wohnsitzfinanzamt beantragt wer- weil für das zweite Dienstverhältnis den. Dem Nebenarbeitgeber ist mit- die Steuerklasse VI gilt. Der Lohn- zuteilen, ob und in welcher Höhe ein steuerabzug erfolgt hierbei im lau- übertragener Freibetrag abgerufen fenden Jahr auch dann, wenn nach werden soll. Ablauf des Jahres keine Einkommen- steuer festzusetzen ist, weil das zu Der Antragsvordruck ist beim Finanz- versteuernde Einkommen insgesamt amt oder auf www.finanzen.hessen. unter dem steuerlichen Grundfreibe- de unter der Rubrik „Steuern/Vordru- trag liegt. cke“ erhältlich. 24
Pauschalversteuerung Im „Normalfall“ ermittelt der Arbeit- lichkeit, stattdessen die Lohnsteuer geber die Lohnsteuer anhand der EDV pauschal mit einem gesetzlich vor- oder der Lohnsteuertabelle nach den geschriebenen Prozentsatz an das persönlichen Lohnsteuerabzugsmerk- Finanzamt – in bestimmten Fällen an malen (z. B. Steuerklasse, Freibetrag). die Deutsche Rentenversicherung Der Arbeitgeber hat aber unter be- Knappschaft-Bahn-See/Minijob-Zen- stimmten Voraussetzungen die Mög- trale – abzuführen. Pauschsteuersatz 25 % bei kurzfristigen Beschäftigungen wenn der Arbeitnehmer kurzfristig 12 Euro betragen. Nimmt der Ar- (nicht mehr als 18 zusammenhän- beitgeber bereits für eine andere gende Arbeitstage) beschäftigt wird Beschäftigung des Arbeitnehmers und entweder der Arbeitslohn durch- den Lohnsteuerabzug auf Grundlage schnittlich 68 Euro pro Arbeitstag der persönlichen Lohnsteuerabzugs- nicht übersteigt oder die Beschäfti- merkmale vor, ist eine Lohnsteuer- gung zu einem unvorhersehbaren pauschalierung für eine weitere Tä- Zeitpunkt sofort erforderlich wird. tigkeit bei demselben Arbeitgeber In diesen Fällen darf der durchschnitt- nicht möglich. liche Stundenlohn nicht mehr als Pauschsteuersatz 2 % (einheitliche Pauschsteuer) bei geringfügigen Beschäftigungen („Mini-Jobs“) wenn der Arbeitslohn regelmäßig beiträge zur Rentenversicherung 450 Euro im Monat nicht übersteigt entrichtet. und der Arbeitgeber hierfür Pauschal- Pauschsteuersatz 20 % bei geringfügigen Beschäftigungen („Mini-Jobs“) wenn der Arbeitslohn regelmäßig Nähere Informationen hierzu können 450 Euro im Monat nicht übersteigt Sie dem vom Hessischen Finanzmi- und der Arbeitgeber hierfür keine nisterium herausgegebenen „Steu- Pauschalbeiträge zur Rentenversi- ertipp bei Aushilfsarbeit von Schüle- cherung entrichtet, (z B. weil der rinnen, Schülern und Studierenden” Arbeitnehmer mehrere „Mini-Jobs“ entnehmen, dessen Ausführungen ausübt, die zusammengerechnet die auch für Nebenbeschäftigungen von 450-Euro-Grenze übersteigen und Seniorinnen und Senioren Gültigkeit somit insgesamt der regulären Sozi- haben und der Ihnen im Internet auf alversicherungspflicht unterliegen). www.finanzen.hessen.de unter der Rubrik „Presse/Publikationen“ zum Abruf bereit steht. 25
Bitte bedenken Sie auch, dass bei Ne- Wo geregelt? benbeschäftigungen bestimmte Hin- zuverdienstgrenzen zu beachten sind, § 39a, § 40, § 40a Einkommen- deren Überschreiten zu einer Kürzung steuergesetz der Rente/Versorgung führen kann. Zu steuerlichen Erleichterungen bei bestimmten nebenberuflichen Tätig- Nähere Informationen hierzu erteilt der Rentenversicherungsträger oder keiten im Dienst gemeinnütziger, die jeweilige Versorgungsdienststelle. kirchlicher oder staatlicher Arbeit- geber oder Auftraggeber erhalten Der pauschal besteuerte Arbeitslohn Sie nähere Informationen im „Steu- bleibt bei der Einkommensteuerver- erwegweiser für gemeinnützige Ver- anlagung außer Betracht. Die pau- eine und Übungsleiter/innen“, der schale Lohnsteuer kann nicht auf die auf www.finanzen.hessen.de unter Einkommensteuer angerechnet wer- der Rubrik „Presse/Publikationen“ den. zum Abruf bereit steht. 3.4 Sonderausgaben/außergewöhnliche Belastungen/ Steuerermäßigungen Als Sonderausgaben sind z. B. der Ei- Werden diese Aufwendungen nicht genanteil zur Krankenversicherung, ersetzt (z. B. durch eine Versiche- Kirchensteuerzahlungen, Spenden rung), kommt eine Steuerminderung für gemeinnützige Zwecke und Bei- durch den Abzug sogenannter au- träge an politische Parteien abzugs- ßergewöhnlicher Belastungen in Be- fähig. Der Sonderausgabenabzug ist tracht. teilweise auf gesetzliche Höchstbe- träge beschränkt. Außergewöhnliche Belastungen wir- ken sich grundsätzlich steuerlich nur Neben den Sonderausgaben entste- dann aus, wenn die Aufwendungen ei- hen Seniorinnen und Senioren häu- nen bestimmten Prozentsatz der Ein- fig Aufwendungen, die besondere künfte (die „zumutbare Belastung”) Belastungen hervorrufen wie z. B. überschreiten. Ausnahme: Abzugs- Krankheitskosten oder Kurkosten. beträge der Kapitel 3.4.5 bis 3.4.7. 26
Die zumutbare Belastung ist nach folgendem Schema zu ermitteln: Die zumutbare Belastung beträgt bei einem Gesamtbetrag bis über über der Einkünfte 15.340 € 15.340 € 51.130 € bis 51.130 € a) bei Anwendung des Grundtarifs 5% 6% 7% (z. B. ledige, getrennt lebende, geschiedene oder verwitwete Steuerpflichtige) b) bei Anwendung des Splittingtarifs 4% 5% 6% (z. B. Eheleute/eingetragene Lebenspartner) des Gesamtbetrags der Einkünfte Bitte beachten Sie: Abgeltend besteuerte Kapitalerträge werden bei der Berechnung der zumutbaren Belastung nicht berücksichtigt. Beispiel Einem Rentnerehepaar (Gesamtbetrag der Einkünfte 20.000 Euro) entste- hen Kurkosten in Höhe von 650 Euro und Krankheitskosten in Höhe von 500 Euro. Die zumutbare Belastung beläuft sich auf 1.000 Euro (5% von 20.000 Euro), mithin sind 150 Euro Kur- und Krankheitskosten (1.150 Euro - 1.000 Euro) als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Wo geregelt? § 10 Einkommensteuergesetz §§ 2 Abs. 5b, 33 Abs. 3 Einkommen- steuergesetz 27
Im Folgenden sind einige außergewöhnliche Belastungen dargestellt, die für Seniorinnen und Senioren von besonderer Bedeutung sein können. 3.4.1 Krankheitskosten Hierzu gehören vor allem die Kosten laufenden Verbrauch bestimmter der ärztlichen oder zahnärztlichen Medikamente bedingt, reicht eine Behandlung, die Behandlung durch einmalige Verordnung aus. Aufwen- einen zugelassenen Heilpraktiker, dungen, die durch Diätverpflegung die Krankenhauskosten, die Kosten entstehen, können nicht als außerge- für Hilfsgeräte wie Einlagen, Brillen, wöhnliche Belastungen berücksich- Hörgeräte usw. sowie die Aufwen- tigt werden. dungen für Arzneimittel oder Zahn- ersatz. Wo geregelt? § 33 Einkommensteuergesetz Die Notwendigkeit von Arzneimitteln § 64 Einkommensteuer-Durch- muss jedoch grundsätzlich durch führungsverordnung eine ärztliche Verordnung nachge- wiesen werden. Bei einer länger R 33.4 Abs. 1 Einkommensteuer- Richtlinien dauernden Krankheit, die einen 3.4.2 Kurkosten Aufwendungen für eine Kur sind nach Abzugsfähige Kosten sind beispiels- Anrechnung von Leistungen Dritter (z. weise Aufwendungen für Arztbesu- B. der Krankenkasse) unter bestimm- che, Anwendungen, Unterkunft, Ver- ten Voraussetzungen abzugsfähig: pflegung (in Höhe der tatsächlichen Kosten nach Abzug einer Haushalts- Die Notwendigkeit der Kur ist durch ersparnis von 20%) und Fahrtkosten ein vor Antritt der Kur ausgestelltes zum Kurort (in Höhe der Kosten für amtsärztliches Gutachten oder die öffentliche Verkehrsmittel). ärztliche Bescheinigung eines Medi- zinischen Dienstes der Krankenversi- cherung nachzuweisen. Bei einer Vorsorgekur ist auch die Gefahr einer durch die Kur abzuwen- Wo geregelt? denden Krankheit zu bescheinigen § 33 Einkommensteuergesetz und bei einer Klimakur der medizi- nisch angezeigte Kurort und die vo- § 64 Einkommensteuer-Durch- raussichtliche Kurdauer. führungsverordnung 28
3.4.3 Bestattungskosten Bestattungskosten für Angehörige Die Aufwendungen müssen notwen- sind als außergewöhnliche Belastun- dig und angemessen sein. Die Kos- gen abzugsfähig, soweit der Wert ten für Trauerkleidung und für die des Nachlasses des Verstorbenen Bewirtung der Trauergäste werden und Versicherungsleistungen anläss- nicht anerkannt. Beihilfen von dritter lich des Todesfalls nicht ausreichen, Seite vermindern die berücksichti- um die Bestattungskosten zu decken. gungsfähigen Aufwendungen. Beispiel Kosten der Grabstätte 1.750 € Kaufpreis Sarg 550 € Blumen, Kränze 280 € Todesanzeigen 490 € Gebühren 50 € sonstige Kosten 55 € Summe der Aufwendungen 3.175 € abzüglich Versicherungsleistungen 950 € verbleibende Kosten 2.225 € abzüglich Sparbuchguthaben und Bargeld des Erblassers 1.000 € als außergewöhnliche Belastungen kommen in Betracht 1.225 € Dieser Betrag vermindert sich noch um die zumutbare Belastung. Fallen Aufwendungen verteilt in absehbare Aufwendungen zusam- mehreren Kalenderjahren an (z. B. mengefasst im selben Kalenderjahr Kosten für das Grabdenkmal und die zu tätigen. Einfassung fallen erst im Jahr nach der Bestattung an), wird für jedes Ka- Wo geregelt? lenderjahr gesondert die zumutbare H 33.1 – 33.4 (Bestattungskosten) Belastung berücksichtigt. Deshalb Einkommensteuer-Hinweise kann es steuerlich günstiger sein, 29
3.4.4 Aufwendungen wegen Pflegebedürftigkeit Seniorinnen und Senioren, für die ein abgezogen werden, wenn sie von ei- bestimmter Schweregrad der Pflege- nem anerkannten Pflegedienst nach bedürftigkeit (Pflegestufe) oder bei § 89 Elftes Buch Sozialgesetzbuch ge- denen eine erhebliche Einschrän- sondert in Rechnung gestellt werden. kung der Alltagskompetenz nach § 45a Elftes Buch Sozialgesetzbuch Besteht Anspruch auf einen Pausch- festgestellt wurde, können die tat- betrag für behinderte Menschen sächlichen Aufwendungen für die Be- (Kapitel 3.4.5), kann der Steuerpflich- schäftigung einer ambulanten Pflege- tige entweder den Pauschbetrag oder kraft oder für die Heimunterbringung die ggf. höheren tatsächlichen pfle- als außergewöhnliche Belastungen gebedingten Aufwendungen geltend geltend machen. Die Aufwendungen machen. sind allerdings um die Leistungen der Die Inanspruchnahme des Pausch- sozialen und/oder einer privaten Pfle- betrags kann im Einzelfall güns- geversicherung (z. B. Pflegegeld) und tiger sein, auch wenn dieser die tat- um die zumutbare Belastung zu min- sächlichen pflegebedingten Auf- dern. wendungen unterschreitet, denn der Pauschbetrag wird nicht um die zu- Ist der private Haushalt wegen der Hei- mutbare Belastung gemindert. munterbringung aufgelöst worden, sind die berücksichtigungsfähigen Eltern, auf die der Behinderten-Pausch- Aufwendungen für das Pflegeheim betrag ihres Kindes übertragen wor- um eine jährliche Haushaltsersparnis den ist, können zusätzlich ihre eige- von 8.652 Euro zu kürzen. Zu den Pfle- nen Aufwendungen für die Pflege des gekosten zählen auch die Kosten einer behinderten Kindes geltend machen, Inanspruchnahme von Pflegediens- weil der übertragene Pauschbetrag ten, von Einrichtungen der Tages- nur die Aufwendungen des Kindes oder Nachtpflege, der Kurzzeitpflege abgilt. oder von nach Landesrecht anerkann- ten niedrigschwelligen Betreuungs- angeboten. Kosten für die ambulante Pflege von Wo geregelt? Personen, für die keine Pflegestufe § 33 Einkommensteuergesetz oder Einschränkung der Alltagskom- R 33.3 und R 33b Abs. 2 Ein- petenz festgestellt worden ist, können kommensteuer-Richtlinien als außergewöhnliche Belastungen 30
3.4.5 Sonderregelungen für behinderte Menschen Behinderte Menschen können einen Behinderte Menschen, für die das Ver- pauschalen Abzugsbetrag bean- sorgungsamt das Merkzeichen „Bl“ spruchen, wenn sie ihre Aufwendun- (blind) oder „H“ (hilflos) im Bescheid gen nicht im Einzelnen nachweisen oder Schwerbehindertenausweis aus- wollen. Dies gilt generell für alle be- gewiesen hat oder die als Schwerst- hinderten Personen, deren Grad der pflegebedürftige in die Pflegestufe III Behinderung auf mindestens 50 fest- eingestuft sind, erhalten einen Pausch- gestellt ist und unter zusätzlichen Vo- betrag von 3.700 Euro jährlich. raussetzungen auch für diejenigen Nähere Erläuterungen finden Sie in mit einem Grad der Behinderung dem vom Hessischen Ministerium zwischen 25 und 45. der Finanzen herausgegebenen „Steuerwegweiser für Menschen mit Der Pauschbetrag ist nach dem Grad Behinderung“, der Ihnen im Internet der Behinderung gestaffelt. Er be- auf www.finanzen.hessen.de unter trägt bei einem Grad der Behinde- der Rubrik „Presse/Publikationen“ rung von: zum Abruf bereit steht. 25 und 30 310 € Wo geregelt? 35 und 40 430 € 45 und 50 570 € § 33b Abs. 1 bis 3 und Abs. 5 Ein- 55 und 60 720 € kommensteuergesetz 65 und 70 890 € § 65 Einkommensteuer-Durch- 75 und 80 1.060 € führungsverordnung 85 und 90 1.230 € R 33b Einkommensteuer- 95 und 100 1.420 € Richtlinien 3.4.6 Hinterbliebenen-Pauschbetrag Personen, die Hinterbliebenenbezüge Zudem ist es erforderlich, dass die Hin- erhalten (z. B. Kriegerwitwen, Hinter- terbliebenenbezüge nach bestimmten bliebene eines an den Folgen eines im Einkommensteuergesetz ausdrück- Dienstunfalls verstorbenen Beamten), lich genannten Vorschriften geleistet können in ihrer Einkommensteuererklä- werden (z. B. nach dem Bundesversor- rung einen Hinterbliebenen-Pauschbe- gungsgesetz oder den Vorschriften über trag in Höhe von 370 Euro beantragen. die gesetzliche Unfallversicherung). Ein Hinterbliebener muss dem Finanz- amt durch amtliche Unterlagen nach- Wo geregelt? weisen, dass er von den Versorgungs- § 33b Abs. 4 Einkommensteuer- behörden als Hinterbliebener aner- gesetz kannt worden ist. 31
3.4.7 Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse sowie für Dienst- oder Handwerker- leistungen Seniorinnen und Senioren, die in Besondere Voraussetzungen, wie z. B. ihrem Haushalt eine Person zur Ver- Krankheit oder Alter des Steuer- richtung haushaltsnaher Tätigkeiten pflichtigen müssen nicht erfüllt sein. (z. B. Gartenpflege, hauswirtschaft- Die Steuerermäßigung erfolgt auf liche Arbeiten oder Krankenpflege) Antrag und nur insoweit, als die Auf- beschäftigen oder entsprechende wendungen nicht bereits vorrangig als Dienstleistungen in Anspruch neh- Betriebsausgaben, Werbungskosten men, können hierfür eine Steuerer- oder außergewöhnliche Belastungen mäßigung erhalten. zu berücksichtigen sind. Die Leistung muss in einem in der Europäischen Die Steuerermäßigung mindert un- Union oder dem Europäischen Wirt- mittelbar die tarifliche Einkommen- schaftsraum liegenden Haushalt des steuer und beträgt jeweils in % der Steuerpflichtigen oder bei Pflege- und Aufwendungen: Betreuungsleistungen im Haushalt der gepflegten oder betreuten Person aus- 20%, maximal 510 Euro geübt oder erbracht werden. Leistun- bei einer geringfügigen Be- gen außerhalb des Haushalts (z. B. von schäftigung i. S. d. § 8a des Wäschereien) sind nicht zu berücksich- Vierten Buches Sozialgesetz- tigen. buch („Mini-Job“), 20%, maximal 4.000 Euro Eine Inanspruchnahme der Steuerer- bei sozialversicherungspflich- mäßigungen ist außerdem möglich, tigen Beschäftigungsverhält- wenn sich der eigenständige und nissen (kein „Mini-Job“) oder abgeschlossene Haushalt in einem bei Erbringung durch selb- Heim oder Altenwohnstift befindet. ständige Dienstleister oder Auch ohne eigenen Haushalt sind Dienstleistungsagenturen, Aufwendungen wegen der Unter- bringung in einem Heim oder zur 20%, maximal 1.200 Euro dauernden Pflege begünstigt, soweit für die Inanspruchnahme von sie auf Dienstleistungen entfallen, Handwerkerleistungen für Re- die mit denen einer Hilfe im Haus- novierungs-, Erhaltungs- und halt vergleichbar sind. Das können Modernisierungsmaßnahmen beispielsweise Aufwendungen für im Haushalt des Steuerpflich- die Raumreinigung oder den Wä- tigen, sofern es sich nicht um scheservice am Unterbringungsort öffentlich geförderte Maßnah- sein. Nicht in Betracht kommen Miet- men handelt, für die zinsver- zahlungen, Aufwendungen für den billigte Darlehen oder steuer- Hausmeister, den Gärtner, sämtliche freie Zuschüsse in Anspruch Handwerkerleistungen sowie Pflege- genommen werden. und Betreuungsleistungen. 32
Begünstigt sind nur die Arbeitskos- tenversicherung gezahlt wurden,die ten, d. h. die Aufwendungen für die Höhe des Arbeitsentgelts sowie die Inanspruchnahme der haushaltsna- abgeführten Versicherungsbeiträge hen Tätigkeit bzw. der Handwerker- und die Pauschsteuer. leistung selbst, einschließlich der in Rechnung gestellten Maschinen- Bei der Inanspruchnahme selbstän- und Fahrtkosten sowie des hierauf diger Dienstleister und von Hand- entfallenden Teils der Umsatzsteuer. werkerleistungen ist Voraussetzung Materialkosten oder sonstige mitge- für den Abzug, dass der Steuerpflich- lieferte Waren bleiben außer Ansatz. tige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zah- lung auf das Konto des Leistungs- Bitte beachten Sie: Nimmt eine pfle- erbringers erfolgt ist. Barzahlungen gebedürftige Person einen Pausch- können allerdings nicht berücksich- betrag für behinderte Menschen in tigt werden. Anspruch, kann sie für ihr entstan- dene Pflegeaufwendungen keine Das Finanzamt ist berechtigt, die zusätzliche Steuerermäßigung mehr entsprechenden Belege im Einzelfall beanspruchen. anzufordern. Für die Beschäftigung einer sozialversicherungspflichtigen Gleiches gilt für Angehörige, wenn Person gelten die üblichen Nach- diese den Pflegepauschbetrag in An- weisregeln (Zahlungsnachweis). spruch nehmen. Dies gilt jedoch nicht, wenn der einem Kind zustehende Pauschbe- Weitergehende Informationen? trag für behinderte Menschen auf Auf den Internetseiten des Hessi- den Angehörigen übertragen wird schen Ministeriums der Finanzen und dieser für Pflege- und Betreu- (www.finanzen.hessen.de) steht Ih- ungsaufwendungen des Kindes auf- nen unter der Rubrik „Presse/Publi- kommt. kationen“ die Broschüre „Steuertipps für haushaltsnahe Beschäftigungs- verhältnisse, Dienstleistungen und Was ist zu tun? Handwerkerleistungen in privaten Die Steuerermäßigung wird bei der Haushalten” sowie eine umfang- Einkommensteuerveranlagung be- reiche Übersicht begünstigter und rücksichtigt. Bei geringfügigen Be- nicht begünstigter haushaltsnaher schäftigungsverhältnissen, für die Dienst- und Handwerkerleistungen das Haushaltsscheckverfahren an- in tabellarischer Form zum Abruf zur gewendet wird, dient die zum Jah- Verfügung. resende von der Deutschen Renten- versicherung Knappschaft-Bahn-See (Minijob-Zentrale) erteilte Bescheini- Wo geregelt? gung als Nachweis. Diese enthält den § 35a Einkommensteuergesetz Zeitraum, für den Beiträge zur Ren- 33
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