Verdienste auf einen Blick - Statistisches Bundesamt

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Verdienste auf einen Blick - Statistisches Bundesamt
Verdienste auf einen Blick

Statistisches Bundesamt
Verdienste auf einen Blick - Statistisches Bundesamt
Herausgeber                                       Fotorechte
Statistisches Bundesamt (Destatis)                Titel    © iStock.com / FatCamera

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Gestaltung                                        Seite 23 © Robert Kneschke - Fotolia.com
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Erschienen im April 2017                          Seite 35 © Africa Studio - Fotolia.com
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© Statistisches Bundesamt (Destatis), 2017
Vervielfältigung und Verbreitung, auch auszugsweise, mit Quellenangabe gestattet.

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Verdienste auf einen Blick - Statistisches Bundesamt
Inhaltsverzeichnis

            Einleitung4

            1 Wie viel verdient Deutschland?                              6

            2 Wer verdient was?                                           18

            3 Wie entwickeln sich die Verdienste?                         38

            4 Was zählt neben den laufenden Bezügen noch zum Verdienst?   42

            5 Was bleibt netto vom Bruttoverdienst?                       46

            Datenquellen                                                  48

Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017                       3
Verdienste auf einen Blick - Statistisches Bundesamt
Einleitung

Gesellschaftliche Teilhabe ist abhängig von der Höhe des Arbeits-    Neben den laufenden Bezügen leisten einige Arbeitgeber auch
verdienstes. Die Frage „Wie viel verdient Deutschland?“ ist daher    Sonderzahlungen, wie etwa Weihnachts- oder Urlaubsgeld, an
von großer Bedeutung. Mit einem Durchschnittswert darauf zu          ihre Mitarbeiter. Zudem haben Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
antworten hat wenig Aussagekraft, da der jeweilige Verdienst         nehmer die Option, Teile des Bruttoverdienstes im Rahmen einer
von sehr vielen Faktoren abhängt und in der Höhe stark differiert.   Entgeltumwandlung zu Gunsten einer betrieblichen Altersver-
Um sich dem Thema „Verdienste“ zunächst in eher allgemeiner          sorgung einzusetzen. Da dies auch Einnahmen sind, die den
Form zu nähern, werden in Kapitel 1 neben Höhe und Verteilung        Beschäftigten aktuell bzw. im Rentenalter zur Verfügung stehen,
der Verdienste auch aktuelle Themen wie Niedrig- und Mindest-        werden sie im Kapitel 4 genauer beleuchtet.
lohn dargestellt.                                                    Ein Teil des Bruttoverdienstes wird für Steuern und Sozialabga-
Die Höhe des Verdienstes wird durch mehrere Faktoren beein-          ben aufgewendet. Daher steht dem Beschäftigten nicht die ge-
flusst. Dazu gehören sowohl Geschlecht, Alter und Bildungsab­        samte Summe, die er für seinen Arbeitseinsatz erhält, zur freien
schluss, aber auch arbeitsplatzbezogene Merkmale wie Anford-         Verfügung. Der Anteil des Bruttomonatsverdienstes, über den frei
erungsniveau des Arbeitsplatzes, Beruf oder Beschäftigungs-          verfügt werden kann, schwankt je nach Haushaltstyp erheblich.
umfang. Ferner können sich Branche, Unternehmensgröße und            Wie viel Prozent des Verdienstes nach Abzug von Steuern und
Tarifbindung, also unternehmensbezogene Merkmale, auf den            Sozialabgaben übrig bleibt, soll in Kapitel 5 geklärt werden.
Verdienst auswirken. Kapitel 2 befasst sich mit der Lohn­situation
von Beschäftigten, differenziert nach einzelnen lohn­rele­vanten
Faktoren.
Im Zusammenspiel mit den Preisen haben die Löhne einen
großen Einfluss auf die Kaufkraft der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer. In Kapitel 3 wird die zeitliche Entwicklung der
Löhne und damit auch der Kaufkraft der Beschäftigten sowie im
Vergleich dazu die Entwicklung der Tarifverdienste thematisiert.

4                                                                                 Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017
Verdienste auf einen Blick - Statistisches Bundesamt
Die Broschüre basiert auf unterschiedlichen Datenquellen, und
zwar der Verdienststrukturerhebung 2014, der Vierteljähr­lichen
Verdiensterhebung sowie der Tarifstatistik. Bei den beiden zuletzt
genannten Statistiken stammen die aktuellen Zahlen aus dem
Jahr 2016. Die Daten der Verdienststrukturerhebung beziehen
sich demgegenüber auf das Jahr 2014 bzw. bei Monatsangaben
auf den April 2014. Die unterschiedlichen Berichtsjahre sind
der unterschiedlichen Periodizität der Statistiken geschuldet.
Während die Verdienststrukturerhebung lediglich alle vier Jahre
durchgeführt wird, finden die für die Wirtschaft belastungsärmere
Vierteljährliche Verdiensterhebung und die Tarifstatistik in einem
kürzeren Turnus statt. Detaillierte Informationen zu den einzelnen
Statistiken sind über www.destatis.de abrufbar.

Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017            5
1 Wie viel verdient Deutschland?
1.1
Verteilung der Verdienste                                          ­Beschäftigtengruppen Rechnung getragen werden. Der auf diese
                                                                   Weise ermittelte Verdienst lag 2014 im Durchschnitt bei brutto
Aus ökonomischer Sicht entspricht der Verdienst dem Preis für       16,97 Euro pro Stunde.
die Bereitstellung von Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt. Unter-
schieden wird zwischen dem Brutto- und dem Nettoverdienst.         Ab einem Stundenlohn von 31 Euro zählt ein Arbeitnehmer
Während der Bruttoverdienst den zwischen dem Beschäftigten         zu den Besserverdienern
und dem Arbeitgeber vereinbarten Lohn widerspiegelt, entspricht    Beschäftigte mit einem Stundenverdienst von 31,00 Euro ge-
der Nettoverdienst dem Lohn nach Abzug von Steuern und Sozial-     hörten im Jahr 2014 zu der Gruppe der 10 % mit den höchsten
versicherungsabgaben. Je nachdem, welcher Tätigkeit ein Be-        Löhnen bzw. zu den Besserverdienern. Demgegenüber zählten
schäftigter nachgeht, unterscheidet sich der vom Arbeitgeber
gezahlte Lohn.
                                                                   Verteilung der Bruttomonatsverdienste Vollzeitbeschäftigter
Nur ein Drittel der Beschäftigten verdient mehr als                2014
der Durchschnitt                                                   in Tausend EUR
Im Durchschnitt verdienten vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin-                                                                                 Dichte
nen und Arbeitnehmer 2014 in Deutschland brutto 3 441 Euro                                                                                     0,0004
pro Monat. Die Verdienste weisen eine rechtsschiefe Verteilung                            Durchschnitt
auf. Dies bedeutet, dass knapp zwei Drittel der Beschäftigten                             3 441 EUR
                                                                                                                                               0,0003
Monatsgehälter beziehen, die geringer als der Durchschnitt sind.
Lediglich rund ein Drittel der Vollzeitbeschäftigten verdiente
monatlich mehr als 3 441 Euro.                                                                                                                 0,0002

Der durchschnittliche Stundenverdienst liegt bei 16,97 Euro
Um Aussagen über alle Beschäftigte, das heißt sowohl Vollzeit-                                                                                 0,0001
beschäftigte als auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
mit einer reduzierten Wochenarbeitszeit, treffen zu können,                                                                                     0,0000
ist die Betrachtung des Bruttostundenverdienstes notwendig.        0     1     2     3     4   5   6     7   8   9   10   11   12   13   14   15
Nur so kann den unterschiedlichen Arbeitszeiten beider             Darstellung interpoliert.

6                                                                                        Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017
Arbeitnehmerinnen und ­Arbeitnehmer, die pro Stunde einen            Unterschiedliche Entwicklung der Lohnspreizung
Verdienst von 9,10 Euro erzielten, zu den 10 % mit den geringsten    in West und Ost
Einkommen bzw. zu den ­Geringverdienern.                             Besonders deutlich ist der Rückgang der Lohnspreizung zwischen
                                                                     2010 und 2014 in den neuen Ländern. Der Abstand zwischen
Lohnspreizung nicht weiter gestiegen                                 Gering- und Besserverdienern sank hier von 3,45 auf 3,16. Das
Unterschiede in den Verdiensten sind Anreize für Investitionen in    lag vor allem daran, dass Geringverdiener im Vergleich zur Mitte
die Bildung. Lohnungleichheit kann aber auch zu Unzufriedenheit      aufholen konnten. Im früheren Bundesgebiet (einschließlich
und Demotivation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer              Berlin) ist dieser Trend deutlich schwächer ausgeprägt.
führen. Um Aussagen zur Entwicklung der Lohnungleichheit zu
treffen, bietet sich unter anderem ein Indikator an, der den Lohn,
ab dem ein Beschäftigter zu den Besserverdienern zählt, zu dem
                                                                     Entwicklung der Lohnspreizung von Vollzeit-, Teilzeit- und
Lohn, bis zu dem ein Beschäftigter als Geringverdiener eingestuft
                                                                     geringfügig Beschäftigten im Zeitverlauf
wird, ins Verhältnis setzt. Je höher das Ergebnis ausfällt, umso     in %
höher ist die sogenannte Lohnspreizung. Zeitlich vergleichbare
                                                                                                                               3,25
Daten liegen für Deutschland für die Jahre 2006, 2010 und 2014       Neue Länder                                                   3,45
vor, und zwar für Beschäftigte in Betrieben mit mindestens zehn                                                               3,16
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Produzierenden Ge-
werbe und im Dienstleistungsbereich. Die Ergebnisse zeigen, dass                                                                  3,31
                                                                     Früheres
                                                                                                                                    3,44
der Verdienstabstand zwischen Gering- und Besserverdienern           Bundesgebiet
                                                                                                                                    3,43
zwischen 2010 und 2014 nahezu konstant geblieben ist. So lag
das Verhältnis des Bruttostundenverdienstes zwischen Besser-                                                                      3,33
verdienern und Geringverdienern 2014 mit 3,41 leicht unter dem       Deutschland                                                    3,45
                                                                                                                                   3,41
Niveau von 2010 (3,45). 2006 hatte es noch 3,33 betragen. Damit
ist der Trend einer zunehmenden Lohnspreizung gestoppt.                             2006      2010       2014

Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017                                                                              7
1 Wie viel verdient Deutschland?
1.2
Niedriglöhne                                                          Geringfügig Beschäftigte beziehen am häufigsten
                                                                      einen Niedriglohn
1.2.1 Niedriglöhne 2014                                               Beschäftigte, die eine voll sozialversicherungspflichtige und
Das Thema Niedriglohn und das damit verbundene Armutsrisiko           unbefristete Beschäftigung mit über 20 Wochenstunden aus-
wird in den letzten Jahren vermehrt diskutiert. Dabei wird der        üben, die nicht als Zeitarbeit ausgeübt wird, haben die geringste
Begriff „Niedriglohn“ unterschiedlich definiert. Das Statistische     Wahrscheinlichkeit einen Niedriglohn zu beziehen. Während dort
Bundesamt verwendet eine international übliche Definition, die        der Anteil der Niedrigentlohnten bei knapp 10 % lag, war der
sich am sogenannten Medianverdienst orientiert: Der Median            Anteil bei den atypisch Beschäftigten mit 42 % deutlich höher.
wird berechnet, indem die Beschäftigten in Deutschland nach           Zu den atypisch Beschäftigten werden befristet Beschäftigte,
ihrer Verdiensthöhe in eine Reihe aufgestellt werden, beginnend       Teilzeitbeschäftigte mit höchstens 20 Arbeitsstunden pro Woche,
mit der Person, die den höchsten Verdienst hat, Schritt für Schritt   geringfügig Beschäftigte sowie Zeitarbeitnehmer und Zeitarbeit-
weiter bis zu der Person, die den niedrigsten Verdienst hat. Der      nehmerinnen gezählt.
Verdienst der Person, die genau in der Mitte steht, ist der Median-   Frauen, Junge und Personen ohne Berufsausbildung
verdienst. Die eine Hälfte verdient also mehr als der Medianver-      besonders häufig vom Niedriglohn betroffen
dienst, die andere weniger. Ist der Verdienst eines Beschäftigten     Im Niedriglohnsektor sind insbesondere Frauen stark vertreten.
kleiner als zwei Drittel des Medianverdienstes, so spricht man        So lag der Anteil der Niedriglohnbezieherinnen an allen Arbeit-
vom Niedriglohn.                                                      nehmerinnen mit 27 % wesentlich höher als der entsprechende
Die Niedriglohngrenze lag 2014 bei einem Bruttoverdienst von          Anteil der Männer (16 %).
10,00 Euro pro Stunde. Insgesamt erhielten etwa 21 % aller
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Verdienst unterhalb
dieser Grenze.

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Anteil der Beschäftigungsverhältnisse mit Niedriglohn nach Beschäftigungsart 2014
in %
Atypisch Beschäftigte         und zwar |1 Teilzeitbeschäftigte   Befristet Beschäftigte   Zeitarbeitnehmer/-innen   geringfügig Beschäftigte

                                           48,2                  33,9                     39,6                      64,9

                            42,2

Normalarbeitnehmer/-innen

                      9,7

Ohne Auszubildende.
1 Merkmale sind nicht summierbar, Mehrfachnennungen möglich.

Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017                                                                                      9
1 Wie viel verdient Deutschland?

Auch das Alter hat einen Einfluss auf die Verdiensthöhe. Je jünger     Anteil der Beschäftigten mit Niedriglohn 2014
Beschäftigte sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass        nach Altersgruppen, in %
Niedriglöhne bezogen werden. Nahezu jeder zweite Beschäftigte          15 bis 24                                                            45,8
(ohne Auszubildende) im Alter von 15 bis 24 Jahren bezog einen
Niedriglohn. Dies sind mehr als doppelt so viele wie in jeder          25 bis 34                         20,3

anderen Altersgruppe.                                                  35 bis 44                      17,7
                                                                                                                 Durchschnitt 21,4
Ein weiterer Faktor ist die berufliche Qualifikation: Je höher diese
                                                                       45 bis 54                      17,6
ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit eines Niedriglohns.
Insgesamt bezogen 46 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-            55 bis 64                         20,0
mer ohne einen beruflichen Bildungsabschluss einen Niedrig-            Ohne Auszubildende.
lohn. Bei Beschäftigten mit einer abgeschlossenen Berufsausbil-
dung waren 2 % und bei Beschäftigten mit Hochschulabschluss
5 % betroffen.

Niedriglohnanteil im Gastgewerbe am höchsten
Das Gastgewerbe ist die Branche mit dem höchsten Niedriglohn-
anteil. Dort bezog die Hälfte der Normalbeschäftigten einen Nied-
riglohn. In den anderen Branchen war der entsprechende Anteil
wesentlich geringer – in der Energieversorgung beispielsweise
lag er bei weniger als 1 %.

10                                                                                       Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017
Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017   11
1 Wie viel verdient Deutschland?

1.2.2 Zeitliche Entwicklung der Niedriglöhne                         Niedriglohnanteil nicht weiter gestiegen
                                                                     Nachdem der Anteil der Beschäftigten mit Niedriglohn zwischen
Der Anteil der Niedrigentlohnten lag 2014 in Deutschland bei
                                                                     2006 und 2010 noch um fast zwei Prozentpunkte anstieg, ist
über 20 %. Wie hoch war er in den Jahren davor? Und gibt es
                                                                     er zwischen 2010 und 2014 nicht weiter gewachsen: In beiden
Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland?
                                                                     Jahren lag er bei knapp 21 %. Besonders auffällig ist die Entwick-
Damit Vergleiche mit früheren Jahren möglich sind, wurden bei        lung in Ostdeutschland: Zwischen 2010 und 2014 ist der Anteil
den folgenden Zahlen nur Beschäftigungsverhältnisse des Produ-       der Niedrigentlohnten um mehr als zwei Prozentpunkte gefallen.
zierenden Gewerbes und des Dienstleistungsbereichs in Betrie-        Allerdings war der Anteil der Beschäftigten mit Niedriglohn in den
ben mit mindestens zehn sozialversicherungspflichtig Beschäf-        neuen Bundesländern im Jahr 2014 immer noch fast doppelt so
tigten berücksichtigt. Unberücksichtigt bleiben Auszubildende,       hoch wie der Anteil in Westdeutschland.
Beschäftigte in Altersteilzeit und Beschäftigte, die jünger als 15
oder älter als 64 Jahre alt sind.
                                                                     Anteil der Beschäftigungsverhältnisse mit Niedriglohn
                                                                     im Zeitvergleich
                                                                     in %
                                                                                                                                             40

                                                                                                                                             30

                                                                                                                                             20

                                                                                                                                             10

                                                                                                                                              0
                                                                                2006                    2010                   2014

                                                                        Neue Länder          Früheres Bundesgebiet        Deutschland
                                                                     Ohne Auszubildende.

12                                                                                     Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017
Anteil der Beschäftigten mit Hochlohn steigt
Ist der Verdienst eines Beschäftigten größer als das Eineinhalb-
fache des Medianverdienstes, so wird von Hochlohn gesprochen.
Während der Anteil der Niedrigentlohnten zwischen 2010 und
2014 stagnierte, stieg der Anteil der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer mit Hochlohn weiter an.
Auch beim Anteil der Beschäftigtenverhältnisse mit Hochlohn
gibt es große Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland:
Im früheren Bundesgebiet war der Hochlohnanteil 2014 mit gut
20 % mehr als doppelt so hoch wie in den neuen Bundesländern.

Anteil der Beschäftigungsverhältnisse mit Hochlohn
im Zeitvergleich
in %
                                                                40

                                                                30

                                                                20

                                                                10

                                                                 0
           2006                 2010                   2014
   Neue Länder        Früheres Bundesgebiet       Deutschland
Ohne Auszubildende.

Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017            13
1 Wie viel verdient Deutschland?
1.3
Mindestlöhne                                                         Vor Einführung des gesetzlichen Mindestlohns waren es noch
                                                                     4,0 Millionen Beschäftigte.
Seit dem Jahr 2015 gilt in Deutschland ein flächendeckender ge-
setzlicher Mindestlohn für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-     Die 1,0 Millionen Beschäftigte mit einem Stundenlohn unter-
mer. Zum 1. Januar 2017 ist dieser von 8,50 Euro auf 8,84 Euro       halb des gesetzlichen Mindestlohns fallen zum Teil unter die
                                                                     gesetzlichen Ausnahmeregelungen. Ein weiterer Teil wird unter
pro Stunde gestiegen. Er gilt grund­sätzlich für alle Branchen und
                                                                     Umständen nach Mindestlohn bezahlt, kann jedoch wegen der
Regionen. Neben dem gesetzlichen Mindestlohn existieren auch
                                                                     mitunter ungenauen Messung der Arbeitszeit dem nicht zugeord-
branchenspezifische Mindestlöhne. Bei diesen noch laufenden
                                                                     net werden. Ein verbleibender, nicht bezifferbarer Teil entfällt auf
Verträgen sind bis zum 31. Dezember 2017 auch Bruttostunden-
                                                                     Beschäftigte, die trotz Anrecht den Mindestlohn im April 2015
verdienste unter 8,84 Euro erlaubt. Sofern branchenbezogene
                                                                     nicht erhielten.
Mindestlöhne ab Januar 2018 über 8,84 Euro liegen, können sie
danach fortbestehen.                                                 Mehr Frauen als Männer profitieren vom Mindestlohn
Dauerhaft vom Mindestlohn ausgenommen sind Jugendliche               Von den Personen, die 2015 den Mindestlohn erhielten, wa-
unter 18 Jahren und Auszubildende. Weiter gilt der Mindestlohn       ren 61 % Frauen, 39 % waren Männer. Mehr als die Hälfte aller
nicht für Personen, die ein Pflichtpraktikum oder ein freiwilliges   Beschäftigten mit Mindestlohn waren geringfügig entlohnte
                                                                     ­Beschäftigte (1,1 Millionen). Von den restlichen arbeiteten
Praktikum von bis zu drei Monaten während der Ausbildung oder
                                                                      0,5 Millionen in Teilzeit und 0,3 Millionen in Vollzeit.
des Studiums absolvieren sowie für Langzeitarbeitslose in den
ersten sechs Monaten ihrer Tätigkeit.                                Weniger bezahlte Arbeitsstunden bei Mindestlohnempfängern
                                                                     Vollzeitbeschäftigten mit Mindestlohn wurden im April 2015 im
1,9 Millionen Personen bezogen 2015 Mindestlohn
                                                                     Durchschnitt 36,3 Wochenstunden bezahlt. Das sind rund 9 %
Im April 2015, vier Monate nach Einführung des gesetzlichen
                                                                     weniger Stunden als bei Vollzeitbeschäftigten unterhalb des
Mindestlohns, erhielten in Deutschland 1,9 Millionen Arbeitneh-
                                                                     Mindestlohnniveaus im April 2014 (40,1 Stunden).
merinnen und Arbeitnehmer einen gesetzlichen Mindestlohn von
8,50 Euro je Arbeitsstunde. 1,0 Millionen Beschäftigte hatten        Mindestlohn betrifft den Osten stärker
weiterhin einen Stundenlohn von weniger als 8,50 Euro (ohne          In den neuen Bundesländern war 2014 rund jeder fünfte Be-
Auszubildende, Praktikanten und Personen jünger als 18 Jahre).       schäftigte vom Mindestlohn betroffen (22 %). Dabei handelte

14                                                                                 Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017
es sich am häufigsten um             Relative Höhe des Mindestlohns nach
Vollzeitbeschäftigte (37 %).         Arbeitsmarktregionen 2014
Im früheren Bundes­gebiet war        Monatlicher Mindestlohn
                                     (1 473 Euro bei Vollzeitbeschäftigung)
2014 hin­gegen nur jeder Elfte       in % des Durchschnittsverdienstes von
vom Mindestlohn betroffen.           Vollzeitbeschäftigten
Davon waren knapp zwei
Drittel gering­fügig entlohnte
Beschäftigte.
                                     Kaitz-Index (%)
Auch das Verhältnis zwischen
Mindestlohn und durchschnitt-          unter 40
                                       40 bis unter 45
lichem Bruttomonatsverdienst                                                      39   44   49         54   59   64
                                       45 bis unter 50
bei Vollzeitbeschäftigten, der
sogenannte „Kaitz-Index“, war
                                       50 bis unter 55                                           100
                                       55 bis unter 60
2014 im Osten mit 55 % we-             60 bis unter 65
sentlich höher als im Westen           60 und mehr
(41 %). Das bedeutet, dass
die potentielle Auswirkung
des Mindestlohns auf Ost-
deutschland höher ist als auf
Westdeutschland. Dies liegt
daran, dass die durchschnittli-
chen Bruttomonatsverdienste
in Ostdeutschland niedriger
sind als in Westdeutschland. In
Deutschland insgesamt lag der
                                     Kartengrundlage:
Kaitz-Index 2014 bei 43 %.           © GeoBasis-DE / BKG 2016 (Daten verändert)

Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017                                                             15
1 Wie viel verdient Deutschland?

Tarifindex ist Maßstab für Mindestlohn                               Simulationsrechnungen hatten ergeben, dass sich die Verände-
Mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Januar       rungsrate von + 3,2 % durch den Tarifabschluss im öffentlichen
2015 in Deutschland hat die Bundesregierung eine ständige            Dienst auf + 4,0 % erhöht hätte.
Mindestlohnkommission einberufen, zu deren Aufgaben unter            Für Anpassungen des Mindestlohns ab dem Jahr 2019 hat
anderem alle zwei Jahre der Beschluss zur Anpassung des Min-         die Kommission entschieden, dass sie in der Regel die Tarif-
destlohns zählt. Das Gesetz sieht vor, dass sich die Kommission      entwicklung der beiden vorhergehenden Kalenderjahre berück-
dabei an der Tarifentwicklung orientiert.                            sichtigen wird.
Bereits am 28. Juni 2016 hat die Mindestlohnkommission ihren
erstmaligen Beschluss über die Anpassung des gesetzlichen
Mindestlohns bekannt gegeben: Zum 1. Januar 2017 steigt dieser
in Deutschland von 8,50 auf 8,84 Euro pro Stunde.
In ihrer Geschäftsordnung hat die Mindestlohnkommission fest-
gelegt, sich bei ihrer Entscheidung an dem monatlichen Index
der tariflichen Stundenverdienste ohne Sonderzahlungen zu
orientieren: Dieser Indikator ist zwischen Dezember 2014 und
Juni 2016 um 3,2 % gestiegen. Die Veränderungsrate spiegelt
alle Tarifabschlüsse beziehungsweise bereits vorher festgelegten
Stufenerhöhungen wider, die von Januar 2015 bis einschließlich
Juni 2016 zur Auszahlung gekommen sind.
Zusätzlich hat die Kommission bei ihrer Entscheidung auch den
zum Zeitpunkt der Bekanntgabe bereits erfolgten, aber noch nicht
ausgezahlten Tarifabschluss im öffentlichen Dienst berücksichtigt:
Dieser gilt rückwirkend zum 1. März 2016, wurde aber erst in der
zweiten Jahreshälfte zahlungswirksam.

16                                                                                Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017
Europäischer Vergleich: Deutscher Mindestlohn im oberen Drittel     Vergleich der Mindestlöhne in der EU 2014
In 22 der 28 EU-Staaten galt im Januar 2016 ein branchenüber-       in EUR
greifender gesetzlicher Mindestlohn. Mit umgerechnet 1 473 Euro     Luxemburg                                               1 923
brutto im Monat (8,50 Euro*40 Arbeitsstunden pro Woche*52 Ar-       Irland                                          1 546
beitswochen/12 Monate) liegt Deutschland im Vergleich mit           Vereinigtes Königreich                          1 529
anderen EU-Staaten bei den Mindestlöhnen im oberen Drittel.         Niederlande                                    1 508
                                                                    Belgien                                        1 502
EU-weiter Spitzenreiter war Luxemburg: Dort galt für 2016 ein
                                                                    Deutschland                                   1 473
gesetzlicher monatlicher Mindestlohn von 1 923 Euro. Während        Frankreich                                    1 467
in den meisten westeuropäischen Ländern die Mindestlöhne die        Slowenien |1                            791
1 000 Euro-Grenze überschritten, verzeichneten die östlichen,       Spanien                                764
ehemals sozialistischen EU-Staaten sehr niedrige Mindestlöhne       Malta                                 728
von meist weniger als 450 Euro brutto im Monat. Das Schlusslicht    Griechenland                         684
bildete Bulgarien mit 215 Euro. Eine Ausnahme in dieser Länder-     Portugal                            618
                                                                    Polen                         431
gruppe war Slowenien, das mit einem monatlichen Mindestlohn
                                                                    Estland                       430
von 791 Euro (Stand: 2015) langjährige EU-Mitgliedstaaten wie       Kroatien                     408
Portugal (618 Euro) oder Spanien (764 Euro) übertraf.               Slowakei                     405
                                                                    Lettland                    370
Gemessen an den durchschnittlichen Bruttomonatsverdiensten
                                                                    Tschechische Republik       366
sind die Mindestlöhne in Slowenien mit 51 % am höchsten,            Ungarn                      353
gefolgt von Luxemburg und Frankreich mit jeweils 48 %. Deutsch-     Litauen                     350
land liegt mit 43 %, ähnlich wie die Niederlande und Irland, im     Rumänien                 233
Mittelfeld. Im Verhältnis zu den durchschnittlichen Bruttomonats-   Bulgarien                215
verdiensten sind die Mindestlöhne in Spanien (34 %) und in der
                                                                    1 Stand: 2015.
Tschechischen Republik (33 %) am niedrigsten.
In Dänemark, Finnland, Italien, Österreich, Schweden und Zypern
gibt es bislang keinen branchenübergreifenden gesetzlichen
Mindestlohn.

Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017                                                                     17
2 Wer verdient was?
2.1
Persönliche Merkmale                                                Unbereinigter Gender Pay Gap 2015
                                                                    in %
2.1.1 Männer und Frauen                                             Estland                                                                               27
Der durchschnittliche Bruttostundenverdienst der Arbeitneh-         Tschechische Republik                                                            23
                                                                    Deutschland                                                                     22
merinnen in Deutschland liegt deutlich unter dem ihrer männli-
                                                                    Österreich                                                                      22
chen Kollegen. Während Frauen im Jahr 2016 pro Stunde durch-        Vereinigtes Königreich                                                        21
schnittlich 16,26 Euro verdienten, erzielten Männer einen Stun-     Slowakei                                                                     20
denlohn von 20,71 Euro.                                             Portugal                                                             18
                                                                    Finnland                                                           17
Indikatoren zur Quantifizierung des Gender Pay Gap                  Lettland                                                           17
Zur Identifikation geschlechterspezifischer Verdienstunterschiede   Niederlande                                                       16
werden in der Regel zwei Indikatoren herangezogen: Der unberei-     Frankreich                                                        16
nigte und der bereinigte Gender Pay Gap. Der unbereinigte Gender    Bulgarien                                                       15
                                                                    Dänemark                                                        15
Pay Gap vergleicht den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmer
                                                                    Griechenland (2010)                                             15
bzw. Arbeitnehmerinnen in allgemeiner Form miteinander. Mithilfe    Spanien                                                         15
des unbereinigten Gender Pay Gap wird auf diese Weise auch          Litauen                                                        14
der Teil des Verdienstunterschieds erfasst, der durch schlechtere   Zypern                                                         14
Zugangschancen von Frauen hinsichtlich bestimmter Berufe oder       Ungarn                                                         14
Karrierestufen verursacht wird, die möglicherweise ebenfalls        Schweden                                                       14
                                                                    Irland (2014)                                                  14
das Ergebnis benachteiligender Strukturen sind. Der bereinigte
                                                                    Malta (2014)                                             11
Gender Pay Gap hingegen misst den Verdienstabstand von Män-         Kroatien (2014)                                         10
nern und Frauen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten     Slowenien                                           8               EU-Durchschnitt
und Erwerbsbiografien. In Deutschland bildet der unbereinigte       Polen                                               8               16
Gender Pay Gap die Grundlage zur Festlegung des Equal Pay Day.      Belgien                                         7
Der Equal Pay Day steht für den Tag, bis zu dem Frauen umsonst      Rumänien                                    6
                                                                    Italien                                     6
arbeiten, während Männer bereits ab dem 1. Januar für ihre Arbeit
                                                                    Luxemburg                                   6
bezahlt werden. In Deutschland fand der Aktionstag in den letzten
Jahren jeweils in der zweiten Märzhälfte statt.                     Keine aktuellen Angaben für Griechenland, Irland, Malta und Kroatien verfügbar.

18                                                                                     Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017
Deutschland gehört zu den Schlusslichtern in der EU                  ausfallende Berufs- bzw. Branchenwahl sowie die zwischen den
Aus den anfangs genannten Bruttostundenverdiensten für Män-          Geschlechtern ungleiche Besetzung von Positionen. Darüber hin-
ner und Frauen ergibt sich für das Jahr 2016 ein unbereinigter       aus waren Frauen eher teilzeit- oder geringfügig beschäftigt.
Gender Pay Gap von rund 21 %. EU-weit – hier beziehen sich die
aktuellsten Zahlen auf das Jahr 2015 – zählt Deutschland damit       Zerlegung des Gender Pay Gap 2014
zu den Staaten mit dem höchsten Lohnabstand (2015: 22 %).            Bruttostundenverdienst in EUR
                                                                                                       Gründe für den Unterschied
Lediglich Estland (27 %) und die Tschechische Republik (23 %)
                                                                                                       unerklärter Rest
verzeichneten ein im Vergleich zu Deutschland höheres Verdienst-                                  1,16 (bereinigter Gender Pay Gap)
                                                                                  4,43
gefälle. In Österreich verdienten Frauen ebenfalls 22 % weniger                              0,13      Bildung und Berufserfahrung
als ihre männlichen Kollegen. Über alle Mitgliedstaaten hinweg                                    0,42 Beschäftigungsumfang
belief sich der ungewichtete unbereinigte Gender Pay Gap in der
Europäischen Union im Jahr 2015 auf rund 16 %.                                                       1,33 Beruf und Branche

Verdienstunterschied unter anderem durch ungleiche
Besetzung von Positionen                                                                             0,94 Führungs- und Qualifikationsanspruch
Der bereinigte Gender Pay Gap wird für Deutschland bzw. für Ost-     19,87                           0,46 sonstige Faktoren
und Westdeutschland lediglich alle vier Jahre ermittelt. Zuletzt
lag er im Jahr 2014 im Bundesgebiet bei 6 %, das heißt, Frauen                   15,44
verdienten auch bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit pro Stun-
de durchschnittlich 6 % weniger als Männer, wobei dieser Wert
eine Obergrenze darstellt. Aus dem Ergebnis für den bereinigten
Gender Pay Gap folgt, dass in Deutschland fast drei Viertel des
unbereinigten Gender Pay auf unterschiedliche arbeitsplatzrele-
vante Eigenschaften von Männern und Frauen zurückzuführen
waren. Zu den wichtigsten Unterschieden zählen dabei die zwi-
schen weiblichen und männlichen Arbeitnehmern unterschiedlich        Männer      Frauen

Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017                                                                                  19
2 Wer verdient was?

2.1.2 Junge und Alte                                               die der Tarifbindung unterliegen, erhöht. Tarifgebundene
Der durchschnittliche Bruttostundenverdienst belief sich im Jahr   ­ eschäftigte erzielen einen höheren Verdienst als Angestellte
                                                                   B
2014 bei den unter 30 Jahre alten Arbeitnehmerinnen und Arbeit-    ohne entsprechende Vereinbarung (siehe Kapitel 2.3.3). Der An-
nehmern auf rund 13 Euro. Die folgenden Altersklassen wiesen       teil der tarifgebundenen Beschäftigten lag bei den unter 30-Jähri-
bis zu der Gruppe der 45- bis unter 50-Jährigen, die 19,18 Euro    gen noch bei 42 %. Dagegen wurden 51 % der 55- bis 59-jährigen
pro Stunde verdienten, durchweg einen höheren Durchschnitts-       Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Tarif entlohnt. Ab
verdienst auf. Danach fielen die Löhne wieder ab. Über 60-jäh-     einem Alter von 60 Jahren erhöhte sich der Anteil der tarifgebun-
rige Beschäftigte erzielten pro Stunde nur noch ein Gehalt von     den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht weiter, sondern lag
17,25 Euro.                                                        ebenfalls bei rund 51 %.

Ältere Menschen sind produktiver
Eine Erklärung für die mit zunehmendem Alter tendenziell           Durchschnittlicher Bruttostundenverdienst nach Alter 2014
steigenden Löhne könnte die höhere Produktivität Älterer sein.     in EUR
So kommen wissenschaftliche Studien zu dem Schluss, dass
                                                                   jünger als 30                                    13,02
die Produktivität mit steigendem Alter nicht abnimmt, sondern
zunimmt. Auf der einen Seite verringert sich zwar die physische    30 bis 34                                                   16,68
Leistungsfähigkeit im Laufe des Lebens, diese wird jedoch auf
                                                                   35 bis 39                                                       17,87
der anderen Seite durch andere Fähigkeiten ausgeglichen, die
sich erst mit zunehmendem Alter entwickeln. Hierzu zählen – ne-    40 bis 44                                                           18,60
ben dem Aufbau von Spezialwissen – Erfahrung, Teamarbeit und
die Fähigkeit, in schwierigen Situationen richtig zu handeln.      45 bis 49                                                             19,18

                                                                   50 bis 54                                                           18,87
Tarifbindung als mögliche Ursache für höheren
Verdienst im Alter                                                 55 bis 59                                                           18,84
Mit zunehmendem Alter steigen die Stundenverdienste. Dies
könnte darin begründet sein, dass sich mit fortgeschrittenem       60 und älter                                                  17,25
­Alter auch der Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,     Ohne Auszubildende.

20                                                                                   Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017
Bei Frauen ab 30 Jahren kaum Verdienststeigerungen                 Durchschnittlicher Bruttostundenverdienst
Betrachtet man die Verdienstentwicklung nach dem Alter getrennt    nach Alter und Geschlecht 2014
für beide Geschlechtergruppen fällt auf, dass bei den Frauen       in EUR
der Einfluss der Produktivität und der Tarifbindung von anderen                                                                       25
                                                                                                      Männer
Effekten überlagert wird. So steigt sowohl bei jungen Arbeitneh-
                                                                                                                                      20
merinnen als auch bei jungen Arbeitnehmern bis etwa 30 Jahren
                                                                                                      Frauen
der Verdienst in ähnlicher Weise an. Ab einem Alter von etwa
                                                                                                                                      15
30 Jahren, also in etwa dem Durchschnittsalter von Müttern bei
der Geburt des ersten Kindes, unterscheiden sich die Verläufe                                                                         10
jedoch zunehmend. Bei Männern setzt sich die Verdienststei-                         Durchschnittsalter von Frauen
gerung nahezu kontinuierlich fort. Dagegen verlangsamt sich                         bei Geburt des ersten Kindes                          5
                                                                                    29,5 Jahre
der Verdienstzuwachs von Frauen zunächst und stagniert ab
etwa Mitte 30 Jahren auf einem Niveau von rund 16 Euro. Am                                                                                0
                                                                   20       25     30    35      40       45     50   55   60   65   70
deutlichsten differieren die Bruttostundenlöhne von Männern                                              Alter
und Frauen ab einem Alter von Ende 40 Jahren. Hier erreichten      Ohne Auszubildende.
männliche Beschäftigte einen durchschnittlichen Bruttostunden-
verdienst von knapp 23 Euro, der somit 38 % über dem Verdienst
der gleichaltrigen Frauen lag.

Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017                                                                             21
2 Wer verdient was?

2.1.3 Ausbildungs- und Hochschulabsolventinnen                      stieg bei den 60- und über 60-Jährigen auf 12,17 Euro (+ 23 %).
und -absolventen                                                    Bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die einen Ausbil-
Viele Schülerinnen und Schüler stellen sich am Ende ihrer Schul-    dungsabschluss aufweisen, erhöhte sich das Durchschnittsgehalt
zeit die Frage, ob sich die Aufnahme eines Studiums finanziell      von 13,41 Euro auf 15,25 Euro pro Stunde (+ 14 %).
lohnt. Betrachtet man den durchschnittlichen Verdienst der jetzi-
gen Arbeitnehmergeneration, so ist ein Studium durchaus lukra-      Durchschnittlicher Bruttostundenverdienst
tiv. Akademikerinnen und Akademiker erzielten 2014 einen Brut-      nach dem höchsten beruflichen Ausbildungsabschluss 2014
tostundengehalt von durchschnittlich über 27 Euro. Beschäftigte     in EUR
mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung kamen lediglich auf      ohne beruflichen
                                                                                                            11,82
einen Verdienst von rund 16 Euro pro Stunde. Erwerbstätige, die     Ausbildungsabschluss

keinen Ausbildungsabschluss aufwiesen, mussten im Durch-            beruflicher
                                                                                                                    16,03
schnitt mit einem Bruttolohn von knapp 12 Euro auskommen.           Ausbildungsabschluss

                                                                    (Fach-)Hochschul-/
                                                                                                                                        27,08
Hohes Lohnplus bei Akademikerinnen und Akademikern                  Universitätsabschluss
mit zunehmendem Alter                                               Ohne Auszubildende.
Auffällig ist, dass Akademikerinnen und Akademiker mit zuneh-
mendem Alter höhere Verdienstzuwächse aufweisen als Beschäf-
tigte mit bzw. ohne Ausbildungsabschluss. Während unter 30-Jäh-
rige, die einen (Fach-)Hochschul- bzw. Universitätsabschluss
erreicht haben, im Durchschnitt Bruttoverdienste von 17,60 Euro
pro Stunde aufwiesen, zahlten Arbeitgeber den 60- und über
60-jährigen (Fach-)Hochschul- bzw. Universitätsabsolventinnen
und -absolventen einen Stundenlohn von 29,18 Euro. Dies ergibt
einen prozentualen Zuwachs von rund 66 %. Beschäftigte ohne
abgeschlossene Ausbildung erzielten im Alter von unter 30 Jahren
durchschnittlich einen Stundenverdienst von 9,90 Euro. Dieser

22                                                                                    Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017
Durchschnittlicher Bruttostundenverdienst nach dem höchsten
beruflichen Ausbildungsabschluss und Alter 2014
in EUR
ohne beruflichen                  9,90
Ausbildungsabschluss                 12,17

beruflicher                             13,41
Ausbildungsabschluss                       15,25

(Fach-)Hochschul-/                            17,60
Universitätsabschluss                                                   29,18

                        jünger als 30 Jahre        60 Jahre und älter
Ohne Auszubildende.

Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017                       23
2 Wer verdient was?
2.2
Arbeitsplatzbezogene Merkmale                                      die tarifgebunden sind, im Durchschnitt höhere Verdienste
                                                                   erzielen als Mitarbeiter ohne entsprechende Vereinbarung (vgl.
2.2.1 Ost- und Westdeutschland                                     Kapitel 2.3.3), könnte hier eine weitere mögliche Ursache für die
Auch fast 25 Jahre nach der Wiedervereinigung bestehen             innerdeutschen Lohnunterschiede liegen.
zwischen Ost- und Westdeutschland noch deutliche Verdienst-
                                                                   Ostdeutschland: Weniger Beschäftigte in großen Unternehmen
unterschiede. So lag im Osten der durchschnittliche Bruttostun-
                                                                   In den westdeutschen Bundesländern arbeiten tendenziell mehr
denverdienst im Jahr 2014 bei 14,08 Euro, im Westen dagegen
                                                                   Beschäftigte in Unternehmen mit 250 und mehr Arbeitnehmerin-
verdienten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch-
                                                                   nen und Arbeitnehmern. Mit zunehmender Unternehmensgröße
schnittlich 17,96 Euro pro Stunde. Dementsprechend lag der
                                                                   steigt der Verdienst (vgl. Kapitel 2.3.2); dies könnte eine weitere
Verdienst westdeutscher Beschäftigter rund 28 % über dem
                                                                   Ursache für den Verdienstunterschied von ost- und westdeut-
der in Ostdeutschland Tätigen.
                                                                   schen Beschäftigten sein. So waren beispielsweise in Thüringen
Unterschiede im Bruttoinlandsprodukt                               nur 36 % der Erwerbstätigen in Unternehmen mit 250 und mehr
Als Ursache für die Lohnschere zwischen dem früheren Bundes-       Beschäftigten tätig, während in Rheinland-Pfalz der entsprechende
gebiet und den neuen Bundesländern werden von Ökonomen             Anteil bei 48 % lag.
häufig Unterschiede in der Produktivität angeführt. Je höher der
Wert der von den Erwerbstätigen hergestellten Waren und Dienst-
                                                                   Anteil der Arbeitnehmer mit und ohne Tarifbindung
leistungen ist, desto höhere Verdienste können nach gängiger
                                                                   in Ost- und Westdeutschland 2014
ökonomischer Theorie den Beschäftigten gezahlt werden. Im Jahr     in %
2014 lag das Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen im früheren
Bundesgebiet und Berlin 30 % über dem Durchschnitt der neuen
Bundesländer ohne Berlin.                                                                                             38
                                                                                         47                                Tarifvertrag
                                                                             West                              Ost
Tarifbindung im Osten schwächer ausgeprägt als im Westen            53                                                     Kein Tarifvertrag
                                                                                                    62
Zudem war der Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
mit Tarifbindung im früheren Bundesgebiet (47 %) wesentlich
höher als in den neuen Bundesländern (38 %). Da Beschäftigte,      Ohne geringfügig Beschäftigte und Auszubildende.

24                                                                                    Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017
Hamburg beim Verdienst­ranking               Bruttostundenverdienste
an der Spitze                                nach Bundesländern 2014
Beim Verdienstranking der                    in EUR
                                                                    Hamburg                        Schleswig-
Bundesländer nahmen im Jahr                                         19,94                          Holstein         Mecklenburg-
2014 wie erwartet westdeut­sche                                                                    16,06            Vorpommern
                                                                                                                    13,77
Bundesländer die Spitzen­plätze
ein. Dazu zählen Hamburg                                            Bremen
                                                                    18,19                                                Brandenburg
(19,94 Euro), Hessen (19,14 Euro)                                                          Niedersachsen                 14,45
                                                                                                                                              Berlin
und Baden-Württemberg                                                                      16,57
                                                                                                                                              17,26
(18,63 Euro). Das Schlusslicht                                                            14,99            17,99                   40
im früheren Bundesgebiet war
                                                                                                                Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein mit 16,06 Euro.                                                                              14,15
                                                                             Nordrhein-Westfalen
Die geringsten Bruttostundenlöhne                                            17,83
über alle Bundesländer hinweg                                                                                                    Sachsen
                                                                                                                                 14,08
wurden den Beschäftigten in                                                                                Thüringen
                                                                                             Hessen        13,83
Sachsen (14,08 Euro), Thüringen
                                                                                             19,14                                         Deutschland
(13,83 Euro) und Mecklenburg-                                                                                                              17,44
                                                                             Rheinland-
Vorpommern (13,77 Euro) gezahlt.                                             Pfalz
                                                                             16,99                                                           unter 15
                                                                                                                                             15 bis unter 18
                                                              Saarland                                                                       18 und mehr
                                                              17,20
                                                                                                                    Bayern
                                                                                           Baden-                   18,26
                                                                                           Württemberg
                                                                                           18,63

                                             Ohne Auszubildende.
                                             Kartengrundlage: © GeoBasis-DE / BKG 2016

Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017                                                                                                25
2 Wer verdient was?

2.2.2 Ungelernte und Führungskräfte
Die Höhe des Verdienstes ist nicht nur abhängig von der Beschäf-
tigungsart oder dem Bildungsabschluss, sondern auch von den
Anforderungen an die Beschäftigten hinsichtlich Führung und
Qualifikation. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in leitender
Stellung verdienten 2014 mit durchschnittlich 35,32 Euro mehr
als dreimal so viel wie Ungelernte (11,17 Euro). Im Durchschnitt
aller beobachteten Wirtschafts-
zweige arbeiteten etwa 13 %
der Männer in Deutschland in        Anteil der weiblichen und männlichen Beschäftigten nach Leistungsgruppen 2014
einer leitenden Funktion, aber      in %
nur rund 7 % der Frauen. Bei                Deutschland
den Ungelernten kehrte sich         Frauen     7           18                           54                                       13         8
dieses Verhältnis um: rund 8 % Männer            13               22                         47                                       13        5
ungelernte Arbeitnehmerinnen
stehen hier etwa 5 % ungelern-              Früheres Bundesgebiet
ten Arbeitnehmern gegenüber.        Frauen     8           18                           53                                       13         8

                                 Männer             13                   22                          45                               14        5

                                           Neue Länder
                                 Frauen      6         17                                     59                                      13        6

                                 Männer         9              15                               58                                     12       5

                                              Arbeitnehmer in leitender Stellung    Herausgehobene Fachkräfte       Fachkräfte
                                              Angelernte Arbeitnehmer               Ungelernte Arbeitnehmer
                                 Ohne geringfügig Beschäftigte und Auszubildende.

26                                                                                     Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017
Frauen in Westdeutschland in leitenden Positionen                  Anteil der Arbeitnehmer nach Beschäftigungsumfang
unterrepräsentiert                                                 und Leistungsgruppen in Deutschland 2014
Im früheren Bundesgebiet und Berlin waren über 13 % der Män-       in %
ner in leitenden Positionen, aber nur knapp 8 % der Frauen. Rund                      Ungelernte Vollzeit
                                                                                                                        Arbeitnehmer
5 % der männlichen Beschäftigten zählten zu den ungelernten                           Arbeitnehmer
                                                                                                                        in leitender Stellung
                                                                           Angelernte              4
Arbeitnehmern (Frauen: 8 %). In den neuen Ländern war diese                                                            12
                                                                           Arbeitnehmer 12     11       6
Verteilung etwas ausgewogener: Auf Arbeitnehmer in leitender                                             Teilzeit
Stellung entfielen hier 9 % der Männer und 6 % der Frauen,                                                                  15
ungelernt waren 5 % der Männer und 6 % der Frauen.
                                                                                        18                                            Herausgehobene
Nur 6 % der Teilzeitkräfte haben eine Leitungsfunktion inne                                                                        22 Fachkräfte

Eine mögliche Erklärung, warum Frauen in leitenden Positionen
eher unterrepräsentiert sind, könnte darin bestehen, dass Frauen
deutlich häufiger teilzeitbeschäftigt sind als Männer. Von den
Teilzeitbeschäftigten hatten 2014 insgesamt nur etwa 6 % eine
                                                                             Fachkräfte      50
Leitungsfunktion inne. Bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeit-                                                      50
nehmern, die einer Vollzeittätigkeit nachgehen, war der Anteil
mit rund 12 % immerhin doppelt so hoch.                            Ohne geringfügig Beschäftigte und Auszubildende.

Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017                                                                                          27
2 Wer verdient was?

2.2.3 Vollzeit- und Teilzeitkräfte                                    Teilzeitkräfte eher in Bereichen mit unterdurchschnittlichen
Als Teilzeitbeschäftigte gelten Erwerbstätige, deren regelmäßige      Verdiensten tätig
Wochenarbeitszeit kürzer ist als die vergleichbarer vollzeitbe-       Ein weiterer Grund für die Unterschiede beim Bruttostundenver-
schäftigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.                       dienst der Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten liegt in der Vertei-
                                                                      lung der jeweiligen Beschäftigungsarten auf einzelne Branchen.
Teilzeitbeschäftigte hatten im Jahr 2014 einen durchschnittlichen     Teilzeitbeschäftigte finden sich verstärkt in Branchen mit unter-
Bruttostundenverdienst von 16,40 Euro. Dieser Wert liegt um           durchschnittlichen Verdiensten. Hierzu zählen beispielsweise die
18 % niedriger als der durchschnittliche Bruttostundenverdienst       Bereiche „Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahr-
eines Vollzeitbeschäftigten (20,08 Euro). Woran liegt das?            zeugen“ sowie „Gesundheit und Sozialwesen“. Mehr als jeder
                                                                      vierte Vollzeitbeschäftigte arbeitet hingegen im Verarbeitenden
Unterschiedliches Qualifikationsniveau führt zu
                                                                      Gewerbe, in dem deutlich überdurchschnittliche Bruttostunden-
Lohndifferenzen
                                                                      löhne erzielt werden. Berechnet man einen Stundenverdienst mit
Wie zuvor (vgl. Kapitel 2.2.2) aufgezeigt, sind 12 % der Vollzeit-
                                                                      den Verdiensten der Teilzeitbeschäftigten und der Branchenstruk-
kräfte in leitenden Positionen tätig. Bei den Teilzeitkräften waren
                                                                      tur der Vollzeitbeschäftigten, beträgt die Abweichung zwischen
es lediglich 6 %. Im Gegensatz dazu gehörten rund 4 % der Voll-
                                                                      beiden Beschäftigtengruppen nur noch 11 %.
zeit-, aber 11 % der Teilzeitbeschäftigten zu den ungelernten
Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern. Der Verdienst steigt
mit dem am Arbeitsplatz erforderlichen Qualifikationsniveau
entsprechend an. Der durchschnittliche Bruttostundenverdienst         Durchschnittlicher Bruttostundenverdienst von Vollzeit- und
der teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer          Teilzeitbeschäftigten 2014
wird demnach durch einen höheren Anteil an Beschäftigten mit          in EUR
einem „niedrigen“ Stundenverdienst gesenkt. Entspräche die            Vollzeitbeschäftigte                                                 20,08
Verteilung der Teilzeitbeschäftigten auf die Leistungsgruppen der
                                                                      Teilzeitbeschäftigte                                        16,40
von Vollzeitbeschäftigten, ergäbe sich nur noch ein Verdienst-
                                                                      Ohne geringfügig Beschäftigte und Auszubildende.
unterschied von 8 %.

28                                                                                       Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017
2.2.4 Befristet und unbefristet Angestellte                         Befristung ist kein Phänomen einzelner Wirtschaftszweige
Auch wenn im Jahr 2014 knapp 90 % der Beschäftigungsver-            Die Befristung von Arbeitsverhältnissen ist kein Phänomen einzel-
hältnisse in Deutschland unbefristet waren, starten nur wenige      ner Branchen. Sie ist in allen Wirtschaftszweigen vertreten, je-
Berufseinsteiger mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag in das      doch mit unterschiedlichen Anteilen. Im Bereich der „Finanz- und
Berufsleben. Nicht selten dauert es einige Jahre bis ein Arbeits-   Versicherungsdienstleistungen“ waren 2014 weniger als 5 % der
verhältnis entfristet wird. Die Befristung führt zu Unsicherheit    Beschäftigungsverhältnisse befristet. Dagegen verfügten jeweils
und schlechter Planbarkeit, aber hat sie auch Einfluss auf den      mehr als 22 % der Beschäftigten in den Bereichen „Erziehung
Verdienst?                                                          und Unterricht“ sowie „Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen
                                                                    Dienstleistungen“ über einen befristeten Arbeitsvertrag. Zu der
Verdienst von befristet Angestellten niedriger als von              zuletzt genannten Branche zählen unter anderem Reisebüros
Festangestellten                                                    oder die Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften.
Insgesamt verdienten im Jahr 2014 befristete Vollzeitangestell-
te mit einem durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von          Anteil der befristet und unbefristet Beschäftigten
15,37 Euro rund 25 % weniger als ihre Kollegen mit einem unbe-      nach Dauer der Betriebszugehörigkeit 2014
fristeten Vertrag (20,62 Euro). Bei den Teilzeitangestellten war    in %
                                                                                                                            Durchschnitt 88
der Verdienstunterschied mit 16 % nicht ganz so groß.
                                                                    1 Jahr                              69                            31
Vor allem Berufseinsteiger befristet angestellt
                                                                    2 bis 3 Jahre                            77                            23
Die Dauer der Betriebszugehörigkeit scheint überwiegend der
Grund für den hohen Verdienstunterschied zu sein. Die meisten       4 bis 5 Jahre                                 89                            11
befristet beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
sind jung und arbeiten erst seit wenigen Jahren bei ihrem Arbeit-   länger als 5 Jahre                                 97                            3
geber. Daher sind sie auch in der Regel in niedrigeren Gehalts-
stufen eingruppiert als ihre Kollegen, die schon länger für das                           unbefristet    befristet
gleiche Unternehmen tätig sind.                                     Ohne Auszubildende.

Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017                                                                                        29
2 Wer verdient was?

2.2.5 Atypisch Beschäftigte und Normalbeschäftigte                   Die berufliche Qualifikation und die Einstufung in eine entspre-
In den letzten Jahren hat die Bedeutung atypischer Beschäfti-        chende Leistungsgruppe führen zu Verdienstunterschieden. Unter
gung in Deutschland deutlich zugenommen: 2014 waren gut ein          den herausgehobenen Fachkräften und Beschäftigten mit leiten-
Drittel der Beschäftigungsverhältnisse atypisch. Zu den atypisch     der Stellung war „nur“ jedes sechste Beschäftigungsverhältnis
Beschäftigten werden befristet Beschäftigte, Teilzeitbeschäf-        atypisch, aber bei den Ungelernten mehr als jedes zweite.
tigte mit höchstens 20 Arbeitsstunden pro Woche, geringfügig         Das Risiko, atypisch beschäftigt zu sein, ist auch abhängig
Beschäftigte sowie Zeitarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer           vom Alter und vom Geschlecht. So sind zwei von drei der
gezählt.                                                             15- bis 24-Jährigen atypisch beschäftigt. Außerdem sind fast
Berücksichtigt werden in diesem Zusammenhang nur Kerner-             zwei Drittel der atypisch Beschäftigten Frauen. Besonders hoch
werbstätige, das heißt Beschäftigte im Alter von 15 bis 64 Jahren,   ist der Frauenanteil unter den Teilzeitbeschäftigten (71 %).
die sich nicht in Bildung oder Ausbildung befinden.

Atypisch Beschäftigte verdienen ein Drittel weniger als              Bruttostundenverdienste nach Beschäftigungsart 2014
Normalbeschäftigte                                                   in EUR
                                                                                                                                         Durchschnitt 17,59
Im Jahr 2014 hatten atypisch Beschäftigte mit durchschnittlich
13,02 Euro einen um fast 35 % niedrigeren Bruttostunden-             Normalarbeitnehmer/-innen                                                              19,99
verdienst als Normalarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer
                                                                     Atypisch Beschäftigte                                                13,02
(19,99 Euro). Von den atypisch Beschäftigten verdienten die
                                                                     Teilzeitbeschäftigte mit höchstens
geringfügig Beschäftigten mit durchschnittlich 9,39 Euro pro                                                                             12,46
                                                                     20 Arbeitsstunden pro Woche
Stunde am wenigsten.
                                                                     Befristet Beschäftigte                                                13,53
Der Großteil der atypisch Beschäftigten arbeitet in Branchen mit
eher unterdurchschnittlichen Verdiensten. So ist mehr als die        Geringfügig Beschäftigte |1                                  9,39
Hälfte im Gastgewerbe, im Gesundheits- und Sozialwesen, im                                                                             11,96
                                                                     Zeitarbeitnehmer/-innen
Handel sowie im Bereich „Erbringung von sonstigen wirtschaft-
lichen Dienstleistungen“ tätig. Unter den zuletzt genannten          1 Geringfügig Beschäftigte haben in der Regel keine Abzüge für Lohnsteuer und Sozialversicherung.
Bereich fallen zum Beispiel Zeitarbeitsfirmen, Call Center oder
Wach- und Sicherheitsdienste.

30                                                                                       Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017
2.2.6 Piloten und Friseure                                         Bruttostundenverdienste nach ausgewählten
                                                                   Beschäftigungsgruppen 2014
Der Wandel der Wirtschaftsstrukturen sowie neue Produktions-
                                                                   in EUR
und Fertigungsverfahren haben viele Berufe und Berufsfelder ver-
ändert. Nach der amtlichen Klassifikation der Berufe werden 144    Piloten                                                         61,02

Berufsgruppen unterschieden, zwischen denen 2014 erhebliche        Human- und Zahnmediziner                                41,21
Verdienstunterschiede bestanden.
                                                                   Verwaltungsangestellte                 19,70
Piloten verdienen am meisten, Friseure am wenigsten
                                                                   Erzieher und Sozialarbeiter          16,50
Mit durchschnittlich 61,02 Euro brutto pro Stunde verdienten
Piloten am besten. An zweiter Stelle kamen Human- und Zahnme-      Bürokräfte                       15,10
diziner mit einem Bruttostundenverdienst von 41,21 Euro. Das                                                    Durchschnitt
Schlusslicht bildete die Berufsgruppe „Körperpflege“, zu der un-   Lageristen und Postboten       12,24         17,44
ter anderem Friseure und Kosmetiker zählen. Mit durchschnittlich
                                                                   Verkäufer                      12,18
9,05 Euro hatten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem
Berufszweig den geringsten Bruttostundenverdienst.                 Bus- und Kraftwagenfahrer     11,45

Eng verknüpft mit der Zugehörigkeit zu den Berufsgruppen sind      Reinigungskräfte              9,98
die Leistungsgruppen. So gehörten fast 85 % der Piloten zu den
                                                                   Restaurantfachkräfte
herausgehobenen Fachkräften oder Beschäftigten mit leitender                                     9,16
                                                                   und Kellner
Stellung. Bei den Friseuren und Kosmetikern waren es nur 4 %       Friseure und Kosmetiker       9,05
und bei den Restaurantfachkräften und Kellnern sogar nur 2,6 %
                                                                   Ohne Auszubildende.
der Beschäftigten.

Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017                                                                             31
2 Wer verdient was?
2.3
Unternehmensbezogene Merkmale                                       Im Gastgewerbe ist fast jeder Zweite geringfügig beschäftigt
                                                                    Gleichzeitig ist insbesondere in den Branchen, in denen unter-
2.3.1 Beschäftigte im Gastgewerbe und in der Energieversorgung      durchschnittliche Löhne gezahlt werden, der Anteil der gering-
Nicht nur der Beruf, sondern auch die Branche, in der eine          fügig Beschäftigten relativ hoch. So waren beispielsweise im
Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeitnehmer tätig ist, hat einen großen    Gastgewerbe und im Grundstücks- und Wohnungswesen 2014
Einfluss auf die Höhe des Verdienstes. So reichte die Spanne der    jeweils rund 45 % aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ge-
durchschnittlichen Bruttostundenverdienste 2014 von 9,63 Euro       ringfügig beschäftigt, während es im Durchschnitt aller Branchen
pro Stunde im Gastgewerbe bis zu 27,80 Euro in der Energiever-      nur 18 % waren.
sorgung.                                                            Die Betrachtung nach Ausbildungsabschlüssen zeigt ein ähn-
Hohes Anforderungsniveau in Branchen mit hohem Verdienst            liches Bild. So verfügten 2014 beispielsweise im Gastgewerbe
Branchen mit einem relativ hohen durchschnittlichen Brutto-         rund ein Viertel und bei der Erbringung von sonstigen wirtschaft-
verdienst haben einen hohen Anteil an Arbeitnehmerinnen und         lichen Dienstleistungen, wie die Vermittlung und Überlassung
Arbeitnehmern in leitender Stellung und mit komplexeren Aufga-      von Arbeitskräften oder Wach- und Sicherheitsdienste, rund ein
ben (Leistungsgruppen 1 und 2). So waren 2014 beispielsweise        Fünftel aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über keinen
in der Energieversorgung fast zwei Drittel und bei der Erbringung   Ausbildungsabschluss. Dagegen waren (Fach)Hochschulabsol-
von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen nahezu die Hälfte     ventinnen und -absolventen insbesondere im Bereich „Erziehung
aller Beschäftigten in leitender Stellung oder mit komplexeren      und Unterricht“ mit einem Anteil von rund 58 % sowie im Bereich
Aufgaben betraut. Dabei lag der Anteil im Durchschnitt über alle    „Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung“ mit
Branchen hinweg lediglich bei rund 25 %.                            48 % stark vertreten.
                                                                    Der Frauenanteil war 2014 im Gesundheits- und Sozialwesen mit
                                                                    79 % sowie im Bereich „Erziehung und Unterricht“ mit 70 % am
                                                                    höchsten. Aber auch bei den sonstigen Dienstleistungen sowie
                                                                    im Gastgewerbe lag der Anteil der Frauen noch weit über 50 %.
                                                                    Typische Männerdomänen sind hingegen der Bergbau und das
                                                                    Baugewerbe. Dort lag der Männeranteil 2014 jeweils über 80 %.

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Bruttostundenverdienst nach Wirtschaftszweigen 2014
in EUR
Energieversorgung                                                                                      27,80
Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen                                       24,43
Information und Kommunikation                                                                 23,41
Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden                                             21,78
Verarbeitendes Gewerbe                                                                 21,05
Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und
                                                                                      20,91
technischen Dienstleistungen
Erziehung und Unterricht                                                              20,45
Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung                             19,86
Wasserversorgung; Abwasser- und Abfallentsorgung und
                                                                             16,94
Beseitigung von Umweltverschmutzungen
Gesundheits- und Sozialwesen                                               16,58
Baugewerbe                                                              15,32
                                                                                       Durchschnitt
Erbringung von sonstigen Dienstleistungen                               15,07          17,44
Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen                14,95
Grundstücks- und Wohnungswesen                                          14,91
Verkehr und Lagerei                                                  14,28
Kunst, Unterhaltung und Erholung                                     13,95
Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen      12,10
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei                         10,74
Gastgewerbe                                                  9,63

Ohne Auszubildende.

Statistisches Bundesamt, Verdienste auf einen Blick, 2017                                                      33
2 Wer verdient was?

2.3.2 Beschäftigte in Klein- und Großunternehmen                    Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen in
Vor allem beim Berufseinstieg, aber auch bei dem Wunsch nach        Kleinstunternehmen am geringsten
beruflicher Veränderung stellt sich oftmals die Frage, ob Großun-   Je größer das Unternehmen ist, desto größer ist auch der Verdienst-
ternehmen oder eher die kleinen mittelständischen Unternehmen       unterschied zwischen Männern und Frauen. Bei Unternehmen mit
die besseren Arbeitgeber sind. Neben unterschiedlichen Rege-        500 bis 999 Beschäftigten betrug der Verdienstunterschied 36 %,
lungen bezüglich Arbeitszeiten, Urlaub oder Überstunden hängt       in sogenannten Kleinstunternehmen betrug er 2014 dagegen
auch der Verdienst oftmals von der Unternehmensgröße ab.            rund 2 %.

Verdienst steigt mit Unternehmensgröße
Rund 28 % aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeiteten
2014 in Großunternehmen. Mit der Unternehmensgröße steigt           Bruttostundenverdienst nach Unternehmensgröße 2014
auch der Verdienst. In Großunternehmen verdienten die Arbeit-       in EUR
                                                                                                                    Durchschnitt 17,44
nehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland 2014 im Durch-
                                                                    mehr als 1 000                                                       21,99
schnitt mit 21,99 Euro rund 77 % mehr als in Kleinstunternehmen
(weniger als 10 Beschäftigte) mit 12,39 Euro.                       500 bis 999                                                      20,62
Dieser Trend gilt für beide Geschlechter. So verdienten Männer      250 bis 499                                                 18,77
in Großunternehmen 2014 rund 79 % mehr als ihre Kollegen in
Kleinstunternehmen, bei den Frauen lag der Verdienstunterschied     50 bis 249                                              16,75
bei 69 %.
                                                                    10 bis 49                                       14,39
                                                                    9 und weniger
                                                                                                               12,39
                                                                    Beschäftigte

                                                                    Ohne Auszubildende.

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