Swiss Issues Regionen Der Kanton Genf Struktur und Perspektiven
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Economic Research Impressum Herausgeber Martin Neff, Head Credit Suisse Economic Research Uetlibergstrasse 231, CH-8070 Zürich Kontakt regionen.economicresearch@credit-suisse.com Telefon +41 (0)44 334 74 19 Autoren Dr. Sara Carnazzi Weber Viktor Holdener Aline Jörg Dr. Vivien Kappel Philippe Kaufmann Damian Künzi Johann Sterren Jonas Stoll Titelbild Ompi (Organisation Mondiale de la Propriété Intellectuelle), Genf Foto: Imagepoint AG, © Casaluna Redaktionsschluss 8. Juni 2011 Bestellungen regionen.economicresearch@credit-suisse.com Telefon +41 (0)44 334 74 19 Besuchen Sie uns auf dem Internet www.credit-suisse.com/research Disclaimer Dieses Dokument wurde vom Economic Research der Credit Suisse hergestellt und ist nicht das Ergebnis einer/unserer Finanzanalyse. Daher finden die "Richtlinien zur Sicherstellung der Unabhängigkeit der Finanzanalyse" der Schweizerischen Bankier- vereinigung auf vorliegendes Dokument keine Anwendung. Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken. Die darin vertretenen Ansichten sind diejenigen des Economic Research der Credit Suisse zum Zeitpunkt der Druck- legung (Änderungen bleiben vorbehalten). Die Publikation darf mit Quellenangabe zitiert werden. Copyright © 2011 Credit Suisse Group AG und/oder mit ihr verbundene Unternehmen. Alle Rechte vorbehalten. Swiss Issues Regionen
Economic Research Inhalt Zusammenfassung 4 1 Regionaler Kontext 5 2 Konjunktur 8 2.1 Regionale Konjunktur 9 3 Standortqualität 13 3.1 Standortqualität der Schweizer Kantone 13 3.2 Standortqualität im regionalen Vergleich 14 3.3 Frei verfügbares Einkommen als Parameter der finanziellen Wohnattraktivität 16 4 Bevölkerung und Einkommen 20 4.1 Bevölkerungsentwicklung 20 4.2 Altersstruktur und Kohortenwachstum 22 4.3 Migrationsbewegungen 23 4.4 Einkommen 24 5 Branchenstruktur und Wertschöpfung 27 5.1 Branchenstruktur und -spezialisierung 27 5.2 Wandel der Wirtschaftsstruktur 28 5.3 Branchenbewertung 32 5.4 Regionale Wettbewerbsfähigkeit im Struktur- wandel 33 5.5 Wachstumspotential der Wertschöpfung 35 6 Immobilienmarkt 38 6.1 Wohnflächenmarkt 38 6.2 Büroflächenmarkt 43 7 Grenzübergreifender Arbeitsmarkt: Die Rolle der Grenzgänger 46 7.1 Grenzgänger in der Schweiz 46 7.2 Die Situation in Genf 47 Swiss Issues Regionen 3
Economic Research Zusammenfassung Am südwestlichen Rand der Schweiz, eingebettet zwischen dem Genfersee und der Grenze zu Frankreich, liegt der Kanton Genf. Während er in Bezug auf seine Fläche zu den kleinsten Kan- tonen der Schweiz zählt, gehört er hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Dynamik zu den ganz grossen hierzulande. Dank seiner hohen Standortattraktivität verzeichnet der Kanton Genf ein überdurchschnittliches Bevölkerungswachstum, das in der Vergangenheit wie auch heute noch massgeblich durch internationale Zuwanderung begünstigt wurde. Neben quantitativ messbaren Standortfaktoren wie der überdurchschnittlichen Verfügbarkeit von Hochqualifizierten oder der vergleichsweise hohen verkehrstechnischen Erreichbarkeit profitiert der Kanton Genf auch von weichen Faktoren. Die malerische Lage am Genfersee und die Nähe zur französischen Grenze tragen gleichermassen zur Attraktivität des Kantons bei wie die Stadt Genf, die neben ihrer Rolle als internationale Wirtschaftsmetropole auch mit zahlreichen kulturel- len Angeboten aufwartet. Seit unserer letzten Studie im Jahr 2008, die sich dem gesamten Metropolitanraum Genf- Montreux gewidmet hat, haben im Kanton Genf nennenswerte Entwicklungen stattgefunden. Diese sollen in der diesjährigen regionalökonomischen Analyse beleuchtet werden. Mit einem Wertschöpfungsbeitrag von 7.6% zum Schweizer Bruttoinlandprodukt generiert der Kanton Genf den vierthöchsten Beitrag unter den Kantonen. Der bereits überdurchschnittlich ausgeprägte Dienstleistungssektor wächst ungebremst weiter; im Sekundärsektor verlagert sich die Beschäftigung zunehmend von der traditionellen in die wertschöpfungsintensive Spitzenin- dustrie. Neben dem Vermögensverwaltungsgeschäft hat sich der Bankenplatz Genf in den letz- ten Jahren zunehmend auch in der Rohstofffinanzierung etabliert, was auf die Stellung Genfs als eine der zentralen Drehscheiben im weltweiten Rohstoffhandel zurückzuführen ist. Die zahl- reichen internationalen Organisationen haben der Rhonestadt bereits früh globalen Charakter verliehen und dem Kanton so zu einer Magnetwirkung und zur Ansiedlung weltweit tätiger Un- ternehmen und Personen aus dem nahen und fernen Ausland verholfen. Mit einem Pro-Kopf-Einkommen von rund 46'600 Franken für das Jahr 2007 liegt der Kanton Genf leicht unter dem Schweizer Durchschnitt (47'500 CHF), jedoch deutlich hinter den umlie- genden Regionen. Dank der überdurchschnittlich vertretenen jungen und einkommensstarken Altersklassen prognostizieren wir für den Kanton Genf ein leicht überdurchschnittliches Wachs- tum der kantonalen Haushaltseinkommen von rund 1.9% bis 2012. Ungeachtet seiner anhaltend überdurchschnittlich hohen Besteuerung konnte der Kanton Genf im Klassement der Standortqualität dank Steuersenkungen seit der vorjährigen Berechnung fünf Plätze gutmachen und ist so vom neunten auf den vierten Rang vorgerückt. Die hohe Steuerlast sowie die – aufgrund der zunehmenden Wohnraumknappheit – drastisch angestiegenen Immo- bilienpreise zählen zu den wichtigsten Treibern der interkantonalen Abwanderung, mit der sich der Kanton Genf zunehmend konfrontiert sieht. Als klassischer Grenzkanton wird Genf auch massgeblich von Entwicklungen im angrenzenden Ausland beeinflusst. Diesem Aspekt tragen wir in der diesjährigen Studie in separaten Textbo- xen sowie einem fokussierten Kapitel zu demographischen und arbeitsmarktspezifischen Aus- wirkungen eines grenzüberschreitenden Agglomerationsraums Rechnung. Swiss Issues Regionen 4
Economic Research 1 Regionaler Kontext Fast vollständig von französischem Gebiet umgeben, bildet der Kanton Genf den südwestlichen Zipfel der Schweiz. Seine Grenze zu Frankreich und dessen Départements Ain und Haute- Savoie ist 103 km, diejenige zum Kanton Waadt hingegen nur 4.5 km lang. Mit einer Fläche von 282 km2 gehört Genf zu den kleinsten Kantonen in der Schweiz; mit beinahe einer halben Million Einwohnern zählt dieser Kanton jedoch nach Basel-Stadt zu den am dichtesten besiedel- ten Gebieten der Schweiz. Ein Kanton mit nationaler Die Ausstrahlung von Genf geht weit über die kantonalen und nationalen Grenzen hinaus. Als und internationaler Aus- Wohn- und Wirtschaftsstandort mit internationalem Ruf stellt Genf einen wichtigen Motor der strahlungskraft Wachstumsdynamik am Genferseebogen dar, welche in den letzten Jahren diejenige anderer Metropolitanräume in der Schweiz überschritten hat. Die einzigartige Konzentration internationa- ler Organisationen und Nichtregierungsorganisationen bestimmt seit jeher das Selbstverständnis Genfs als internationale Metropole. Diese Internationalität als zentraler Standortfaktor entfaltet eine hohe Anziehungskraft auf multinationale Unternehmen und ausländische Arbeitskräfte, welche mittlerweile einen wichtigen Bestandteil der Genfer kosmopolitischen Gesellschaft bil- den. Die reizvolle Landschaft des Genfersees, die Nähe zu den Alpen und das milde Klima sor- gen darüber hinaus für eine hohe Lebensqualität. Abbildung 1 Der Kanton Genf im regionalen Kontext Hauptverkehrsstrassen Agglomerationen La Broye Zentren Gros-de-Vaud Kanton Genf La Vallée Arrondissement Glâne/Veveyse Wirtschaftsregion Genf VD FR Lausanne Morges/Rolle Ren en s La us a nne Mor ges Vevey/Lavaux Saint -Claud e Ve ve y Nyon Mon tre ux Nyon Aigle Aigle Ge x Tho non- l e s- Ba ins Ve rso ix Mon the y Meyrin GE Genève Genève VS Monthey/St-Maurice Ve yrier Bo nnev ille Saint-Julien -e n-G ene vois 0 5 10 km Martigny Quelle: Credit Suisse Economic Research, Geostat, DDS Swiss Issues Regionen 5
Economic Research Raum Franco-Valdo- Im regionalen Kontext bildet Genf den Pol eines grenzüberschreitenden Raumes, der sicht deut- Genevois: Eine grenzüber- lich über die Kantonsgrenzen hinaus erstreckt, im Norden bis in den Kanton Waadt, im Westen schreitende Realität bis ins Département Ain und im Süden und Osten bis ins Département Haute-Savoie. Pendler- ströme und wirtschaftliche Verflechtungen mit den Gebieten diesseits und jenseits der Grenze haben zur Entstehung einer grenzüberschreitenden Agglomeration geführt, die mittlerweile 802'000 Einwohnern zählt. Zu diesem urbanen Raum gehören der Kanton Genf und der Bezirk Nyon, welche grundsätzlich die Agglomeration Genf auf Schweizer Seite darstellen, sowie das Arbeitseinzugsgebiet von Genf im grenznahen Frankreich, welches 41 Gemeinden des Dépar- tement Ain und 99 Gemeinden aus der Haute-Savoie zählt. Mehr als nur Grenzgänger Die Verflechtungen innerhalb dieser grenzüberschreitenden Agglomeration drücken die funktio- nale Teilung zwischen Genf als überregionales Arbeitsmarktzentrum und den umliegenden Ge- bieten im In- und Ausland aus, welche sich als Komplementär- und zunehmend auch als Aus- weichraum zur Genfer Metropole positionieren. Zunehmende Sättigungstendenzen in und um Genf haben in den letzten Jahren zu einer Verstärkung der Migrationsströme von der Schweiz in das grenznahe Frankreich geführt, die mittlerweile ein Gegengewicht zu den traditionellen Grenzgängerströmen zum Genfer Arbeitsmarkt darstellen. Dank einer hohen Verfügbarkeit von erschwinglichem Wohnraum positionieren sich die französischen Gemeinden zunehmend als at- traktiver Wohnort für Schweizer und in Genf erwerbstätige Personen. Ein überdurchschnittlich hohes Bevölkerungswachstum, eine junge Bevölkerung mit einem bedeutenden Familienanteil sowie eine hohe Eigentumsquote in den französischen Gebieten der grenzüberschreitenden Ag- glomeration sind eindeutige Zeichen dieser Entwicklung. Auch die Region Nyon dient zuneh- mend als Ausweichgebiet zum Zentrum Genf. Neben attraktiven Wohnlagen bietet diese Region auch Raum für wirtschaftliche Tätigkeit, der in der Stadt Genf zunehmend knapp und teuer wird. Ein überdurchschnittlich starkes Beschäftigungswachstum in dieser Region unterstreicht diese Positionierung. Die Wechselbeziehungen, die sich zwischen dem Kanton Genf und seinen Nachbarn in wirt- schaftlicher, sozialer und kultureller Hinsicht entwickeln, kommen auf institutioneller Ebene durch die interregionale und grenzüberschreitende Zusammenarbeit zum Ausdruck. Angefangen 1973 im Rahmen des sogenannten Comité régional franco-genevois (CRFG), entwickelt sich die grenzüberschreitende Kooperation inzwischen unter anderem im Rahmen des Agglomerati- onsprojekts für den Raum Franco-Valdo-Genevois, das 2007 mit der Unterzeichnung einer ent- sprechenden Absichtserklärung lanciert wurde. Im Verkehrsbereich bringt die geplante Bahn- verbindung Cornavin-Eaux-Vives-Annemasse (CEVA) ebenfalls ein wachsendes Bewusstsein für die Notwendigkeit zum Ausdruck, die Entwicklung der Region aus einer grenzüberschreiten- den Perspektive voranzutreiben. Demographische und wirt- Der Vergleich der wichtigsten demographischen und wirtschaftlichen Indikatoren erlaubt eine schaftliche Indikatoren Einschätzung der Position des Kantons Genf innerhalb der Schweiz und relativ zu seinen Nach- barn. Abbildung 2 veranschaulicht die wichtigsten Kennzahlen für ausgewählte Kantone und Wirtschaftsregionen. Letztere haben wir auf der Grundlage von ökonomischen Zusammenhän- gen in Anlehnung an die Mobilité-Spatiale-Regionen des Bundesamts für Statistik definiert. Re- gionale Strukturen und Perspektiven lassen sich am besten auf der Ebene dieser Wirtschaftsre- gionen analysieren, deren Abgrenzung sich weniger an politischen Grenzen, sondern vielmehr an wirtschaftlichen Phänomenen, räumlichen Strukturen und Mobilitätsmustern orientiert. Im Fall von Genf entspricht die Wirtschaftsregion den kantonalen Grenzen. Je nach Gebiet können Wirtschaftsregionen jedoch auch kantonsübergreifend sein. Dominanz des tertiären Prägende Aspekte für die wirtschaftliche Situation im Kanton Genf sind die Dominanz des ter- Sektors und hohe Wert- tiären Sektors und eine hohe Wertschöpfungsintensität. Rund 82% der Beschäftigten im Kan- schöpfungsintensität ton arbeiten im Dienstleistungssektor, auf nationaler Ebene sind es rund 68%. Auf dem zweit- grössten Finanzplatz der Schweiz stellt die Bankbranche den wichtigsten Arbeitgeber dar und wird von zahlreichen verbundenen Dienstleistungen unterstützt. Genf hat sich zudem auch zu ei- nem der wichtigsten Handelsplätze für Rohstoffe weltweit entwickelt und übernimmt eine füh- rende Stellung im Grosshandel, auf Kosten des bisherigen Spitzenreiters London. Die hohe Wertschöpfungsintensität, die zweithöchste in der Schweiz nach Basel-Stadt, liegt jedoch nicht nur in der Bedeutung des Dienstleistungssektors begründet. Die Uhrenindustrie stellt ein wichti- ges industrielles Standbein für die Genfer Wirtschaft dar. Mit einem Anteil von 7.6% leistet Swiss Issues Regionen 6
Economic Research Genf insgesamt nach Zürich, Bern und Waadt den grössten Beitrag zur gesamtschweizerischen Wertschöpfung. Wachstumsdynamik am Das überdurchschnittlich starke Bevölkerungs- und Beschäftigungswachstum im Kanton Genf Genferseebogen ist Ausdruck der ausgeprägten Wachstumsdynamik, die im vergangenen Jahrzehnt die wirt- schaftliche Entwicklung am Genferseebogen gekennzeichnet hat. Gestützt durch eine bedeu- tende internationale Zuwanderung, ist die Genfer Bevölkerung trotz Ausweichbewegungen in die Nachbarregionen diesseits und jenseits der Grenze deutlich stärker gewachsen als im Lan- desmittel. Einzig in den Kantonen Freiburg und Waadt, welche zahlreiche der Ausweichgebiete des unter wachsendem Siedlungsdruck leidenden Genferseebogens aufweisen, sowie in den Kantonen Zug, Schwyz und Zürich ist die Bevölkerung zwischen 1999 und 2009 stärker ge- wachsen. Als Wirtschaftsstandort hat Genf zudem in der Periode 1995–2008 das stärkste Be- schäftigungswachstum in der Westschweiz verzeichnet. Abbildung 2 Demographische und wirtschaftliche Indikatoren Bevölkerung Beschäftigung Wertschöpfung Haushalts- 2009 2008 2008 einkommen 2007 Anzahl Jährliches Sektor I Sektor II Sektor III Anteil am Pro Beschäftig- Nominal pro Personen Wachstum CH-Total ten, in CHF Kopf, in CHF 1999–2009 Wirtschaftsregionen Genève 453'292 1.2% 1'438 42'461 198'217 7.6% 161'673 46'568 Nyon 73'476 1.8% 719 4'214 18'778 0.7% 157'764 75'323 Morges/Rolle 72'837 1.6% 1'698 6'600 19'457 0.8% 139'068 64'113 Lausanne 254'840 1.1% 467 21'421 110'800 3.9% 150'682 50'091 Vevey/Lavaux 86'649 1.2% 836 4'846 23'188 0.8% 133'957 50'580 Gros-de-Vaud 57'431 1.9% 1'700 6'247 9'042 0.4% 135'493 52'514 Kantone GE 453'292 1.2% 1'438 42'461 198'217 7.6% 161'673 46'568 VD 701'526 1.3% 9'884 62'932 213'851 8.0% 143'445 52'525 BE 974'235 0.3% 23'184 124'151 294'553 11.9% 137'754 44'223 FR 273'159 1.5% 6'936 31'592 58'334 2.5% 131'791 35'757 Schweiz 7'785'806 0.8% 114'222 1'001'183 2'395'732 100.0% 146'021 47'529 Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Regionen 7
Economic Research 2 Konjunktur Weltwirtschaft trotz Schul- Nach den Extremjahren 2009 und 2010 präsentiert sich das Jahr 2011 mit soliden Aussichten, denkrise mit positiver die konjunkturellen Vorlaufindikatoren stehen auf Wachstum. Auch die jüngsten Ausprägungen Dynamik der Schuldenkrise konnten die Erholung der Weltwirtschaft nicht aufhalten. Nachdem die Fi- nanzkrise rund um den Globus eine historisch tiefe Rezession ausgelöst hat, gelang es der Wirt- schaft bereits im darauffolgenden Jahr, die erlittenen Verluste zu grossen Teilen aufzuholen. Das Wachstum war jedoch aufgrund einmaliger fiskal- und geldpolitischer Stimuli, der Wieder- aufstockung der Lager sowie statistischer Basiseffekte nach oben verzerrt. Angesichts der Er- holung der Finanzmärkte erwarten wir für das Jahr 2011 eine Normalisierung der realwirtschaft- lichen Situation. Die Schweizer Wirtschaft hat sich dank einer soliden Ausgangslage im aktuel- len Jahr bereits gut entwickelt. Es wird erwartet, dass die ausländischen Krisenherde sich kaum oder nur schwach auf die Realwirtschaft auswirken werden. Strukturelle Risiken für die Während die Auswirkungen der positiven Stimuli sich abschwächen, ist die Weltwirtschaft 2011 Weltwirtschaft bleiben noch den gleichen Risiken ausgesetzt wie in den Jahren zuvor. Es bestehen weiterhin globale Ungleichgewichte, und die Überschuldung einzelner Länder lastet anhaltend auf dem globalen Wirtschaftsgang. Aufstrebende Volkswirtschaften, namentlich China, wachsen derzeit so dyna- misch, dass eine Überhitzung droht. Gleichzeitig hat die US-Wirtschaft noch nicht zur ehemali- gen Stärke zurückgefunden. Während sich China mit inflationären Preissteigerungen konfron- tiert sieht, kämpft die US-Notenbank gegen Deflation. Ähnliche Ungleichgewichte finden sich auch innerhalb Europas. Die Wachstumsdifferenz reicht von Deutschland bis zu peripheren Staaten, die noch tief in der Rezession stecken. Die unterschiedlichen Risikoaufschläge auf Staatsanleihen rufen wieder ins Bewusstsein, dass die Überschuldungskrise noch nicht abge- schlossen ist. Der Fokus hat sich jedoch auf die Staatsebene verschoben. Die Bedenken hin- sichtlich der Bonität oder des Konsolidierungskurses peripherer europäischer Länder bleiben im Hinterkopf, stets begleitet von Spekulationen über eventuelle Auswirkungen auf einzelne Ban- ken. Angesichts der jüngsten Rettungs- und Fiskalpakete in Europa und den USA hat sich das Risiko von Fehlallokationen weiter erhöht. Darüber hinaus wird – mit fortschreitender konjunktu- reller Erholung und angesichts der immensen Liquiditätsflut – die geldpolitische Gratwanderung zunehmend schwieriger. Das Spannungsfeld zwischen tiefem Zinsniveau auf der einen und stei- gender Inflationsgefahr auf der anderen Seite wird grösser. Abbildung 3 Prognosen für die Schweizer Volkswirtschaft Veränderung in Prozent gegenüber dem Vorjahr; p: Prognose 2009 2010 2011p 2012p Bruttoinlandprodukt, real -1.9 2.6 1.9 2.2 Privater Konsum 1.0 1.7 1.7 1.7 Staatlicher Konsum 1.6 -1.6 1.5 1.2 Ausrüstungsinvestitionen -10.8 5.7 4.0 3.0 Bauinvestitionen 3.0 3.3 2.5 0.0 Exporte (Güter und Dienstleistungen) -8.7 9.3 3.5 5.7 Importe (Güter und Dienstleistungen) -5.4 6.7 4.5 4.5 Arbeitslosenquote in Prozent 3.7 3.9 3.0 2.5 Inflationsrate -0.5 0.7 1.1 1.8 Quelle: Credit Suisse Economic Research, Staatssekretariat für Wirtschaft Gute Ausgangslage für die Die Schweizer Wirtschaft hat sich im schwierigen makroökonomischen Umfeld der letzten bei- Schweiz den Jahre gut behauptet. Für 2011 veranschlagen wir das Wachstum des Bruttoinlandprodukts auf 1.9% (Abbildung 3). Trotz der Unsicherheiten bezüglich der Staatsfinanzen in der Eurozone und dem gegenüber den Leitwährungen starken Schweizer Franken hat sich der Aussenhandel im letzten Jahr deutlich erholt. Die weltweite Nachfrage nach Schweizer Produkten bleibt auch 2011 hoch, was den negativen Preiseffekt des starken Frankens kompensiert. In unserer Pro- Swiss Issues Regionen 8
Economic Research gnose gehen wir davon aus, dass das Exportvolumen im laufenden Jahr um 3.5% zunehmen wird. Parallel dazu werden günstige Finanzierungsbedingungen die Investitionstätigkeit der Schweizer Wirtschaft ankurbeln. Dank der erstaunlich raschen Erholung der Nachfrage sind die Kapazitäten der einheimischen Unternehmen wieder überdurchschnittlich stark ausgelastet. Wir rechnen daher mit einem Wachstum der Ausrüstungsinvestitionen von 4.0%. Auch die Baukon- junktur profitiert in hohem Masse vom niedrigen Zinsniveau, weshalb das Rekordbauvolumen des Jahres 2010 in diesem Jahr sogar übertroffen werden dürfte. Dank der unverändert hohen Migrationsdynamik und der konjunkturellen Erholung wird der Konsum auch 2011 weiterhin be- trächtlich zunehmen. Auf dem Arbeitsmarkt rechnen wir mit einer weiteren Entspannung der Lage. Aufgrund der Frankenstärke wird jedoch ein hoher Anteil der Inlandnachfrage durch ein- geführte Güter befriedigt werden. Wir rechnen daher mit einem Wachstum der Importe von 4.5%. Während sich die genannten Risiken für die Weltwirtschaft kaum auf die Schweizer Re- alwirtschaft auswirken sollten, werden sich die gestiegenen Rohstoffpreise in den Konsumen- tenpreisen niederschlagen, wodurch wir mit einem Anstieg der Teuerung auf 1.1% rechnen. 2.1 Regionale Konjunktur Ein Barometer zur Da keine offiziellen Daten über das kantonale Bruttoinlandprodukt vorliegen, muss die Beurtei- Beurteilung der lung der regionalen Konjunktur auf indirektem Weg erfolgen. Dazu haben wir für die Schweizer regionalen Konjunktur Kantone ein System von vierteljährlichen Konjunkturindikatoren entwickelt. Die Analyse beruht auf folgenden Grössen: gemeldete offene Stellen, Importe, Exporte, Logiernächte, Neuzulas- sungen von Fahrzeugen sowie Baubewilligungen und Baugesuche im Hochbau. Der Sammelin- dex, der aus diesen Indikatoren abgeleitet wird, ermöglicht es, die konjunkturelle Entwicklung eines Kantons darzustellen. Das Konjunkturbarometer stellt Tendenz und Wendepunkte der wirtschaftlichen Aktivität dar. Es ermöglicht jedoch nicht, Schlüsse über das Niveau der Wirt- schaftstätigkeit zu ziehen oder genaue Prognosen zu erstellen. Demnach signalisiert eine Ab- nahme des Indikators eine Wachstumsverlangsamung, aber nicht zwangsläufig eine Rezession. Den aktuellen Rand des Konjunkturbarometers bildet das 1. Quartal 2011. Da dieses Barome- ter einen Vorlauf von einem Quartal besitzt, sind Prognosen bis zum 2. Quartal 2011 möglich. Abbildung 4 Regionales Konjunkturbarometer Synthetischer Indikator 4 GE CH 3 2 1 0 -1 -2 -3 -4 -5 1996 I 1998 I 2000 I 2002 I 2004 I 2006 I 2008 I 2010 I Quelle: Credit Suisse Economic Research Regionale Konjunktur: Mehr Abbildung 4 zeigt die Entwicklung des regionalen Konjunkturbarometers für Genf im Vergleich als erholt zur Schweiz. Die Genfer Konjunktur folgt während des betrachteten Zeitraums weitgehend den gesamtschweizerischen Tendenzen. 2002 konnte die Westschweiz – darunter insbesondere der Kanton Genf – besser von den ersten Impulsen aus dem Ausland profitieren, was in der Export- dynamik deutlich zum Ausdruck kommt. Ähnlich wie für die gesamte Schweiz war der Rückgang Swiss Issues Regionen 9
Economic Research der Exporte in der jüngsten Rezession auch im Kanton Genf von historischem Ausmass, mit Tiefstwerten im 1. Quartal 2009. Nach einer vergleichsweise raschen und steil verlaufenden Er- holungsphase erreichte Genf im vergangenen Jahr bereits im 2. Quartal Werte, die nicht nur über Vorkrisenniveau lagen, sondern auch nahe an die historischen Rekordwerte des Jahres 2002 heranreichen. Nach der intensiven Erholungsphase zeigt sich am aktuellen Rand nun eine leichte Abkühlung. Anhaltend hohe Arbeits- In Abbildung 5 sind die Komponenten des Konjunkturbarometers für die letzten fünf Quartale losigkeit dargestellt. Im Vergleich zur gesamten Schweiz verzeichnet Genf eine weit volatilere Konjunk- turentwicklung. Der Schweizer Arbeitsmarkt hat sich schweizweit vergleichsweise schnell von der Rezession erholt. Im Kanton Genf hingegen verharrt die Arbeitslosenquote trotz deutlichem Rückgang seit dem Höhepunkt zu Beginn 2010 auf hohem Niveau und weit über dem Schwei- zer Durchschnitt. Die Exporte brachen in Folge der jüngsten Rezession im Kanton Genf über- durchschnittlich stark ein, was unter anderem auf die ausgeprägte Stellung der Uhrenindustrie zurückgeführt werden kann. Dank der weltweit vergleichsweise raschen Erholung der Konjunk- tur und der wiedererstarkten Nachfrage auch nach Luxusgütern verzeichneten die Exporte in Genf jedoch schnell wieder ein überdurchschnittliches Wachstum. Im Schweizer Durchschnitt zeigt sich die konjunkturelle Erholung in einer insgesamt ansteigen- den Investitionstätigkeit, wie die Zahlen zu Projektierungen und Bewilligungen beweisen. Die ra- sche Erholung der Konsumentenstimmung kommt in der Entwicklung der Logiernächte sowie der neuzugelassenen Fahrzeuge sowohl für den Kanton Genf als auch für die gesamte Schweiz deutlich zum Ausdruck. Abbildung 5 Regionale Konjunkturindikatoren Durchschnitt der letzten vier Quartale, Wachstum gegenüber Vorjahresperiode in Prozent, Arbeitslosenquote in Prozent Kanton Genf Schweiz 2009 IV 2010 I 2010 II 2010 III 2010 IV 2009 IV 2010 I 2010 II 2010 III 2010 IV Offene Stellen 12.8% 28.7% 39.2% 34.8% 25.7% -7.8% 0.7% 13.9% 22.5% 29.8% Arbeitslosenquote 7.1% 7.3% 7.1% 6.8% 6.8% 4.2% 4.4% 3.8% 3.6% 3.6% Exporte von Waren -19.1% -12.6% 2.5% 16.2% 24.3% -11.6% -6.3% 1.6% 7.1% 9.5% Importe von Waren -7.4% -3.7% 6.6% 14.0% 12.8% -4.9% -4.0% 1.9% 5.2% 7.3% Baubewilligungen Hochbau 77.2% 16.9% 34.5% 5.6% -24.1% -8.9% -12.7% -9.3% 2.8% 9.9% Baugesuche Hochbau 8.8% -23.8% -18.1% -15.0% -35.7% -7.4% -6.1% 3.4% 5.5% 9.6% Logiernächte in der Hotellerie -7.8% -4.0% 1.4% 5.6% 5.3% -4.7% -1.8% 0.0% 1.7% 2.0% Neuzulassungen Fahrzeuge -10.4% -5.1% 0.2% 3.0% 6.7% -7.6% -3.0% 2.1% 5.1% 6.9% Quelle: Bundesamt für Statistik, Staatssekretariat für Wirtschaft, Eidgenössische Zollverwaltung, Schweizer Baublatt, Credit Suisse Economic Research Eine prospektive Einschätzung der Entwicklung im Aussenhandel erlaubt unser Exportbarometer (Abbildung 6). Das Exportbarometer beruht auf wichtigen Vorlaufindikatoren (namentlich Ein- kaufsmanagerindizes) für die Industrie in den 26 wichtigsten Abnehmerländern der Schweiz. Sie werden monatlich ermittelt und geben den Verlauf der Industriekonjunktur mit einem Prognose- horizont von ungefähr einem halben Jahr an. Die Werte dieser Vorlaufindikatoren werden stan- dardisiert, mit dem Exportanteil des jeweiligen Landes gewichtet und zum Exportbarometer zu- sammengefasst. Am aktuellen Rand erlaubt das Barometer damit einen Ausblick auf die nähere Zukunft. Die Werte des Exportbarometers sind in der Abbildung um 6 Monate zurückversetzt, so dass die Korrelation mit den tatsächlichen Exportwerten sichtbar ist. Damit lässt sich die Prognosequalität des Indikators zeigen. Überdurchschnittliche Er- Aufgrund rückläufiger Nachfrage in den wichtigsten Abnehmerländern hat das Exportbarometer holung der Exporte in Genf Mitte 2008 einen drastischen Einbruch erfahren. Dieser geht den tatsächlichen Rückgängen im Aussenhandel voraus. Mitte 2009 hat sich das Blatt gewendet, und die Exportaussichten haben einen steilen Erholungspfad eingeschlagen. Seit Anfang 2010 befindet sich der Indikator unun- terbrochen oberhalb der Wachstumsschwelle. Während die Exporte bereits für die gesamte Schweiz auf eine deutliche Erholung hinweisen, ist das Bild für den Kanton Genf noch akzentu- ierter. Nach dem starken Einbruch haben die Exporte im Verlauf des vergangenen Jahres nicht nur auf Vorkrisenniveau zurückgefunden, sondern dieses auch weit übertroffen und schliesslich Swiss Issues Regionen 10
Economic Research neue Rekordwerte erreicht. Am aktuellen Rand haben sich die Wachstumsperspektiven leicht eingetrübt; weiterhin rechnen wir jedoch mit einer zunehmenden Exporttätigkeit. Die Stärke des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro und dem US-Dollar hat den Höhenflug der Exporte nicht beenden können. Dies lässt sich damit erklären, dass der Aussenhandel noch immer hauptsächlich von der ausländischen Nachfrage bestimmt wird und Währungsdifferenzen eine geringere Rolle spielen. Darüber hinaus nimmt auch der Anteil wenig preissensitiver Produkte zu. Abbildung 6 Exportbarometer Kanton Genf In Standardabweichungen; Exporte als gleitender 6-Monate-Durchschnitt 3.0 2.0 1.0 0 -1.0 Wachstumsschwelle -2.0 -3.0 GE Exporte GE Barometer -4.0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Quelle: OECD, Eidgenössische Zollverwaltung, Credit Suisse Economic Research Ein Indikator für die Lage Zukünftiges Lohnwachstum hängt von der heutigen Lage auf dem Arbeitsmarkt ab. Für die auf dem Arbeitsmarkt Schweiz kann empirisch gezeigt werden, dass der wichtigste Einflussfaktor der Löhne des Fol- gejahres die diesjährige Arbeitsmarktanspannung ist.1 Diese beschreibt, wie schwierig es für Unternehmen ist, zu einem gegebenen Zeitpunkt Mitarbeiter zu finden. Die Arbeitsmarktan- spannung ist definiert als logarithmierter Quotient aus der Anzahl offener Stellen und der Anzahl Arbeitsloser. Eine hohe Anspannung (hohe Anzahl offener Stellen und tiefe Anzahl Arbeitsloser) begünstigt die Arbeitnehmer. Lohnempfänger und Stellensuchende sind auf der vorteilhaften Marktseite für Lohnerhöhungen oder neue Arbeitsstellen. Eine tiefe Arbeitsmarktanspannung begünstigt die Arbeitgeber. Die Auswahl geeigneter Mitarbeiter ist einfacher, und es besteht weniger Druck für Lohnerhöhungen. Personenfreizügigkeit Die Arbeitsmarktanspannung im Kanton Genf weist das typische zyklische Muster auf, das sich reduziert Personal- auch für die Schweiz als Ganzes beobachten lässt (Abbildung 7). Um die Jahrtausendwende ist knappheit der Indikator steil angestiegen, offene Stellen konnten nur schwer besetzt werden. Im Konjunk- turaufschwung ab 2006 verlief der Anstieg weniger steil, was unter anderem auf die erleichter- ten Rekrutierungsmöglichkeiten in den Nachbarländern im Zusammenhang mit der Personen- freizügigkeit mit der EU zurückgeführt werden kann, was die Knappheit auf dem Arbeitsmarkt deutlich reduziert hat. Beharrlich tiefe Arbeits- Seit 2005 bewegt sich die Arbeitsmarktanspannung im Kanton Genf auf tiefem Niveau und marktanspannung deutlich unter dem Schweizer Durchschnitt. Dies deutet darauf hin, dass Arbeitnehmer im Kan- ton Genf im Vergleich zum durchschnittlichen Schweizer Arbeitnehmer über deutlich weniger Verhandlungsmacht verfügen. Dies kann teilweise mit der Verfügbarkeit ausländischer Arbeits- kräfte bzw. Grenzgänger erklärt werden. Durch das Arbeitsangebot ausländischer Arbeitskräfte sind Arbeitnehmer in Genf auf dem Arbeitsmarkt einer erhöhten Konkurrenz ausgesetzt. Ein Blick auf die Arbeitslosenquote lässt ähnliche Schlüsse zu. Zum einen lag die Arbeitslosenquote 1 Das Konzept der Arbeitsmarktanspannung wird im Artikel "Der Zuwachs in der Lohntüte wird von der Lage auf dem Arbeitsmarkt im Vorjahr bestimmt" von Dr. Tobias Bauer beschrieben (Die Volkswirtschaft, Dezember 2007). Swiss Issues Regionen 11
Economic Research im Kanton Genf zwischen 1990 und 2011 kontinuierlich weit über dem Schweizer Durchschnitt. Darüber hinaus zeigt sich, dass die Differenz zum Schweizer Mittel im betrachteten Zeitraum auch deutlich zugenommen hat, was auf eine Verschärfung der Situation im Kanton Genf hin- deutet. Die im Zusammenhang mit der Einführung der Personenfreizügigkeit erleichterten Rek- rutierungsmöglichkeiten hingegen haben nicht zu einer Verschärfung der Situation geführt. Ge- mäss den aktuellsten Daten ist die Anzahl der Arbeitslosen in Genf zwischen Februar und März von etwas über 15'000 auf rund 14'500 gesunken. Trotz der gleichzeitig leicht rückläufigen Zahl der offenen Stellen lassen die Zahlen vermuten, dass die moderat ansteigende Arbeits- marktanspannung auch in den Folgeperioden weiter zunehmen und so eine gewisse Entspan- nung für Stellensuchende bringen wird. Abbildung 7 Arbeitsmarktanspannung im Kanton Genf Logarithmierter Quotient aus der Anzahl offener Stellen und Arbeitsloser, gleitender Durchschnitt über 12 Monate -1.0 GE CH -1.5 -2.0 -2.5 -3.0 -3.5 1998/1 2000/1 2002/1 2004/1 2006/1 2008/1 2010/1 Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft, Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Regionen 12
Economic Research 3 Standortqualität Länder, Regionen oder Gemeinden konkurrieren in einem an Intensität zunehmenden Standort- wettbewerb um Investoren, Arbeitsplätze und vor allem um das entsprechende Steueraufkom- men. Vor dem Hintergrund eines ausgeprägten Strukturwandels und einer spürbaren Verschär- fung des globalen Wettbewerbs sind es zunehmend die regionalen Standortfaktoren, welche nachhaltige Wettbewerbsvorteile verschaffen. Der Pflege dieser Standortfaktoren ist daher auf- grund der gestiegenen Konkurrenz zwischen den Regionen Aufmerksamkeit zu schenken. 3.1 Standortqualität der Schweizer Kantone Fünf Faktoren zur Beurtei- Um die Standortqualität von Schweizer Kantonen und Regionen zu messen und miteinander zu lung der Standortqualität vergleichen, haben wir einen Standortqualitätsindikator (SQI) entwickelt. Dieser Indikator beruht auf folgenden fünf Faktoren: der Steuerbelastung sowohl von natürlichen als auch juristischen Personen, dem Ausbildungsstand der Bevölkerung, der Verfügbarkeit von Hochqualifizierten sowie der verkehrstechnischen Erreichbarkeit. Qualitative Standortfaktoren sind zwar von Be- deutung, sind aber nicht oder nur schwer zu quantifizieren und unterliegen zumeist einem Wert- urteil, was deren Vergleichbarkeit erschwert. Aus diesem Grund werden sie in diesem Indikator bewusst nicht berücksichtigt. Im Fall von Standorten mit ausgeprägter touristischer Ausrichtung ist jedoch festzuhalten, dass qualitativen Faktoren einen nicht unwesentlichen Teil von deren At- traktivität ausmachen. Abbildung 8 Standortqualität der Schweizer Kantone 2011 Synthetischer Indikator, CH = 0, Steuerbelastung für das Jahr 2010 2.5 ZG 2.0 ZH 1.5 AG GE 1.0 BS NW SZ SH TG OW BL AR 0.5 SO LU SG 0 AI VD BE -0.5 GL GR TI FR UR -1.0 VS NE -1.5 JU Quelle: Credit Suisse Economic Research Für die Steuerbelastung der natürlichen Personen werden sowohl das Niveau als auch die Pro- gression der Einkommens- und Vermögenssteuern berücksichtigt. Die Steuerbelastung von juristischen Personen beruht auf einer Auswertung der Reingewinn- und Kapitalsteuern. Der Ausbildungsstand der Bevölkerung wird durch den Anteil der Personen an der Bevölkerung im Alter zwischen 19 und 69 Jahren gemessen, welche mindestens eine abgeschlossene Berufs- lehre aufweisen. Für die Verfügbarkeit von hochqualifizierten Arbeitskräften wird der Anteil der Bevölkerung zwischen 25 und 69 Jahren berücksichtigt, der über eine Ausbildung auf Tertiär- stufe verfügt. Die verkehrstechnische Erreichbarkeit wird für den motorisierten Individualverkehr und für den öffentlichen Verkehr berechnet. Neben den Fahrzeiten zwischen den einzelnen Gemeinden bzw. Verkehrsknoten wird dabei auch das zugehörige Potential an Einwohnern und Swiss Issues Regionen 13
Economic Research Arbeitsplätzen berücksichtigt. Beim Standortqualitätsindikator handelt es sich um einen relativen Index, bei welchem der Wert für die ganze Schweiz bei Null liegt. Positive Werte des Indikators weisen auf eine höhere, negative Werte auf eine tiefere Standortqualität im Vergleich zum ge- samtschweizerischen Durchschnitt hin. Genf: Aufsteiger des Jahres Abbildung 8 zeigt die Werte des Standortqualitätsindikators der Schweizer Kantone für das Jahr 2011. Ein Wert in der Bandbreite zwischen +0.3 und -0.3 kann als im Schweizer Mittel liegend interpretiert werden. Der Kanton Genf konnte dank Steuersenkungen seit der vorjährigen Be- rechnung fünf Ränge gutmachen und schneidet damit nur knapp hinter dem drittplatzierten Aar- gau ab. Der grosse Sprung nach vorne ist insofern zu relativieren, als die Indikatorwerte im brei- ten Mittelfeld dicht beieinander liegen und Ranggewinne somit dort einfacher zu realisieren sind als an den Enden der Verteilung. Neben dem Kanton Genf verbesserten sich zudem die Kanto- ne Graubünden, Luzern, Schwyz, Freiburg, Basel-Landschaft und Thurgau um einen bezie- hungsweise zwei Plätze. Angeführt wird das Klassement nach wie vor mit deutlichem Vorsprung von den beiden Kantonen Zug und Zürich, welche ihre Positionen seit 2004 – dem Jahr der erstmaligen Berechnung des Standortqualitätsindikators in der aktuellen Form – halten konnten. 3.2 Standortqualität im regionalen Vergleich Im Genferseeraum weisen einzig der Kanton Genf, die Wirtschaftsregionen Nyon und – auf et- was tieferem Niveau – die Wirtschaftsregion Lausanne überdurchschnittliche Werte der Stand- ortqualität auf (Abbildung 9). Von den übrigen Vergleichsregionen können die Werte von Mor- ges/Rolle, Vevey/Lavaux, Gros-de-Vaud und des Kantons Waadt als Ganzes als im Schweizer Mittel betrachtet werden, während die restlichen Regionen signifikant unterdurchschnittlich ab- schneiden. Abbildung 9 Standortqualität ausgewählter Regionen 2011 Synthetischer Indikator, CH = 0, Steuerbelastung für das Jahr 2010 1.5 Nyon Monthey/St-Maurice Morges/Rolle 1.0 GE Vevey/Lavaux Lausanne Glâne/Veveyse Gros-de-Vaud La Gruyère 0.5 La Broye La Vallée Yverdon Aigle VD 0 -0.5 -1.0 -1.5 Quelle: Credit Suisse Economic Research Verfügbarkeit von Hoch- Die Komponenten der Standortqualität des Kantons Genf sowie ausgewählter Vergleichsregio- qualifizierten als zentraler nen sind in Abbildung 10 dargestellt. Anhand dieser Darstellung lässt sich die individuelle Posi- Standortfaktor tionierung näher erläutern. Grösster Trumpf des Kantons Genf ist die Verfügbarkeit von Hoch- qualifizierten. Mit deutlichem Abstand vor Zug und Basel-Stadt liegt Genf diesbezüglich an der Spitze der Schweizer Kantone, was auf eine hohe Attraktivität des Genfer Arbeitsmarkts für Hochqualifizierte hindeutet. Auf Stufe Wirtschaftsregionen belegt Genf hinter Nyon den zweiten Rang. Ebenfalls über dem Landesmittel liegt der Kanton bei der verkehrstechnischen Erreich- barkeit. Hier profitiert Genf von seiner Funktion als Zentrum und der Nähe zum dicht besiedel- ten rechten Genferseeufer. Eine weitere Verbesserung der verkehrstechnischen Anbindung soll Swiss Issues Regionen 14
Economic Research die Umsetzung des Projekts Réseau Express Régional (RER) Franco-Valdo-Genevois der Kan- tone Genf und Waadt sowie der französischen Region Rhône-Alpes bringen. Mit dem Projekt wird eine Harmonisierung des grenzübergreifenden öffentlichen Verkehrsnetzes im Genfersee- bassin angestrebt. In Bezug auf den Ausbildungsstand der Bevölkerung liegt der Kanton im Schweizer Mittel. Insgesamt ist der Kanton Genf somit bei den schwer beeinflussbaren Faktoren günstig positioniert. Abbildung 10 Komponenten der Standortqualität 2011 Synthetische Indikatoren, CH = 0, Steuerbelastung für das Jahr 2010 2.5 GE VD Nyon Morges/Rolle Lausanne Vevey/Lavaux 2.0 1.5 Stärke 1.0 0.5 CH-Mittel 0 -0.5 Schwäche -1.0 -1.5 Steuerbelastung Steuerbelastung Ausbildungsstand Verfügbarkeit Verkehrstechnische der natürlichen der juristischen der von Erreichbarkeit Personen Personen Bevölkerung Hochqualifizierten Quelle: Credit Suisse Economic Research Bahnverbindung Cornavin–Eaux-Vives–Annemasse (CEVA) Die Fertigstellung der bereits im 19. Jahrhundert geplanten Linie zwischen Cornavin und An- nemasse (F) soll die beiden bestehenden Verbindungen Cornavin–La Praille und Eaux-Vives– Annemasse zusammenführen. Ziel ist eine bessere verkehrstechnische Erschliessung des grenzübergreifenden Zentrums Genf im Rahmen des Projekts RER Franco-Valdo-Genevois. Neben dem Bau des bis anhin fehlenden Verbindungsstücks zwischen Carouge-Bachet und Eaux-Vives sind ein umfangreicher Ausbau der bereits vorhandenen Teilstrecken sowie die Errichtung fünf neuer Bahnhöfe vorgesehen. Insgesamt wurden die Kosten auf rund 1.5 Mrd. CHF budgetiert, wovon 57% vom Bund getragen werden. Eine erste Inbetriebnahme war im Jahr 2014 vorgesehen. Die Bautätigkeiten werden jedoch zurzeit von 22 Einsprachen auf- gehalten, über die das Bundesverwaltungsgericht voraussichtlich Anfang Sommer 2011 ent- scheiden wird. Steuern belasten die Stand- Beeinträchtigt wird die gute Ausgangslage des Kanton Genfs durch eine hohe Steuerbelastung ortattraktivität von Genf von natürlichen und juristischen Personen (Abbildung 10). Daran vermochten auch die Erneue- rung des Gesetzes über die Besteuerung von natürlichen Personen sowie die geringfügige Ent- lastung juristischer Personen nichts zu ändern. Bei der Besteuerung von natürlichen Personen weisen einzig die Kantone Neuenburg und Jura, bei den juristischen Personen der Kanton Ba- sel-Stadt eine noch höhere Steuerbelastung auf. Betrachtet man hingegen die Steuerbelastung im regionalen Kontext, so schneidet der Kanton Genf nicht markant über dem Schnitt der um- liegenden Wirtschaftsregionen ab, denn die steuergünstigen Kantone befinden sich ausschliess- lich in der östlichen Hälfte der Schweiz. In der westlichen Hälfte fällt die Besteuerung von Un- ternehmen und natürlichen Personen hingegen vergleichsweise hoch aus. Einschneidende Steuersenkungen würden die Standortattraktivität des Kantons Genf massgeblich steigern. Die hohe Verschuldung schränkt den Handlungsspielraum des Kantons jedoch ein. Swiss Issues Regionen 15
Economic Research Vereinheitlichung und Senkung der Unternehmenssteuern im Kanton Genf Bis anhin sind Holdings im Kanton Genf von der Gewinnsteuer befreit und geniessen einen Vorzugssatz bei der Kapitalsteuer. Zudem wird auf das im Ausland generierte Einkommen von Domizilgesellschaften ein Steuerrabatt gewährt. Im Zuge des Steuerstreits zwischen der Schweiz und der EU sieht sich der Kanton Genf vermehrt unter Druck, die ungleiche Besteu- erung anzupassen. Um einer Abwanderungswelle unter den begünstigten Unternehmen vor- zubeugen, plant der Kanton, die Steuerbelastung für alle juristischen Personen zu vereinheitli- chen und den Gesamtsteuersatz deutlich zu reduzieren. Zwei Szenarien werden dabei in Be- tracht gezogen. In einer ersten Variante würde die Gewinnsteuer von heute rund 24% auf 15% gesenkt. Die Reduktion würde Steuerausfälle in der Höhe von 600 Mio. CHF verursa- chen. Das kantonale Finanzdepartement vermutet jedoch, dass eine Senkung auf 15% den Wegzug von Holdings und Domizilgesellschaften nicht verhindert. In einer zweiten Variante würde daher die Gewinnsteuer auf zwischen 12% und 13% gekürzt, was einem Einnahme- verlust von ungefähr 1 Mrd. CHF entspräche. Steuerausfälle in dieser Dimension wären für die ohnehin schon stark angeschlagenen Genfer Finanzen jedoch undenkbar, weshalb der Kanton Unterstützung des Bundes in der Form einer Reduktion der direkten Bundessteuer fordert. In jedem Fall wäre der Handlungsspielraum bei den Kantonsfinanzen über die kom- menden Jahre stark eingeschränkt. 3.3 Frei verfügbares Einkommen als Parameter der finanziellen Wohnattraktivität Nicht überall ist das Leben gleich teuer. Neben den Unterschieden in der Steuerbelastung wird die finanzielle Wohnattraktivität einer Gemeinde durch zusätzliche Faktoren bestimmt. Unter- schiedliche Immobilienpreise, Krankenversicherungsprämien, Familienzulagen sowie weitere Faktoren ergeben in der Summe erhebliche Differenzen zwischen den Wohnorten. Die finanziel- le Wohnattraktivität einer Gemeinde wird durch das frei verfügbare Einkommen umfassend aus- gedrückt. Es stellt denjenigen Betrag dar, welcher einem Haushalt nach Abzug sämtlicher Zwangsabgaben und Fixkosten zur Verfügung steht. Um das frei verfügbare Einkommen für ei- nen breiten Mittelstand auszudrücken, haben wir den RDI-Indikator (Regional Disposable Inco- me) berechnet. Abbildung 11 Frei verfügbares Einkommen in den Schweizer Kantonen (RDI-Indikator) 2011 Ohne Pendelkosten; synthetischer Indikator, CH = 0 3 UR GL 2 AI OW TG AR SH SG NW GR SZ SO LU AG JU VS FR 1 TI ZG BE 0 NE ZH BL -1 VD BS -2 -3 -4 GE Quelle: Credit Suisse Economic Research Genf: Schlusslicht beim Abbildung 11 zeigt die Indikatorwerte der Schweizer Kantone für das Jahr 2011. Am günstigs- verfügbaren Einkommen ten lebt der Durchschnittshaushalt in den Kantonen Uri und Glarus. Die restlichen Kantone be- wegen sich zwischen den Werten 1.5 und -1.3 mit Ausnahme des Kantons Genf, der mit einer Swiss Issues Regionen 16
Economic Research Ausprägung von knapp -4.0 der teuerste Kanton der Schweiz ist. Auch in den Kantonen Basel- Stadt und Waadt muss der Durchschnittshaushalt tief in die Tasche greifen. Hohe Steuern und hohe Abbildung 12 beleuchtet die Hintergründe der kantonalen RDI-Werte. Auf der horizontalen Ach- Immobilienpreise machen se ist die standardisierte Summe der obligatorischen Abgaben abgetragen, welche die Belas- das Leben teuer tung der Haushalte des breit definierten Mittelstandes im jeweiligen Wohnkanton aufzeigen. Die Vertikale stellt die standardisierte Summe der wohnortsgebundenen Fixkosten dar. Im Kanton Genf führt die Kombination einer sehr hohen Steuerbelastung mit sehr hohen Immobilienpreisen zur mit Abstand tiefsten finanziellen Wohnattraktivität unter den Schweizer Kantonen. Dabei weisen bei den obligatorischen Abgaben die Kantone Bern, Waadt, Jura und Neuenburg eine ähnlich oder gar höhere Belastung als der Kanton Genf auf. Bei den Fixkosten hingegen be- steht ein grosser Unterschied zwischen Genf und dem zweitteuersten Kanton Zug. Abbildung 12 Bedeutung der Ausgabenkomponenten in den Schweizer Kantonen 2011 Obligatorische Abgaben: Einkommens- und Vermögenssteuern, Sozialabgaben, obligatorische Krankenversicherung Fixkosten: Wohnkosten, Nebenkosten, Energiekosten; standardisierte Werte, CH = 0 Hohe Fixkosten Doppelte Nachteile Fixkosten GE kompensieren Steuervorteile ZG ZH BS SZ CH-Mittel VD NW BL Obligatorische Abgaben GR OW LU TI AG BE AI SG UR SH FR SO NE GL TG AR VS Asymmetrische Kombinierte Vorteile JU Positionierung Quelle: Credit Suisse Economic Research Erhebliche Unterschiede Die Gemeinden als unterste Verwaltungsstufe der Schweizer Staatsordnung sind als Betrach- auf kleinstem Raum tungsebene für das frei verfügbare Einkommen optimal geeignet. Die meisten Komponenten der finanziellen Wohnattraktivität sind entweder von lokal administrierten Preisen tangiert oder stellen Güter lokal abgegrenzter Märkte dar. Aus diesem Grund vergleichen wir die finanzielle Wohnattraktivität der Genfer Gemeinden mit derjenigen von Vergleichsgemeinden im Kanton Waadt. Neben dem RDI-Indikator und dem Grenzeinkommen betrachten wir das frei verfügbare Einkommen für vier Referenzhaushalte. Zusätzlich zu den Komponenten des frei verfügbaren Einkommens in den Kantonen werden bei den Gemeinden die Kosten des Pendelns berück- sichtigt (Abbildung 13 und Abbildung 14). Swiss Issues Regionen 17
Economic Research Abbildung 13 Frei verfügbares Einkommen in den Gemeinden, Kanton Genf Ausgewählte Gemeinden, Referenzhaushalte gemäss Angaben Mit Pendelkosten ins nächste Zentrum Ohne Pendelkosten RDI Indikator Single Ehepaar Familie Single Ehepaar Familie Rentnerpaar Erwerbstätigkeit 1 Person 2 Personen 1 Person 1 Person 2 Personen 1 Person Im Ruhestand Einkommen 75'000 250'000 150'000 75'000 250'000 150'000 80'000 Vermögen 50'000 600'000 300'000 50'000 600'000 300'000 300'000 Wohnsituation Mietwohnung EFH hoher Mietwohnung Mietwohnung EFH hoher Mietwohnung Mietwohnung 60m2 Standard 150 m2 60m2 Standard 150 m2 100m2 Kanton Genf Bernex (GE) -4.33 25'000 45'300 51'800 27'100 50'700 53'000 32'800 Carouge (GE) -4.62 25'800 30'800 51'500 26'600 32'900 51'500 31'500 Chêne-Bougeries (GE) -4.54 25'800 26'600 51'900 26'900 29'500 52'100 31'800 Chêne-Bourg (GE) -3.96 27'100 40'700 55'600 28'200 43'800 55'900 34'700 Collonge-Bellerive (GE) -4.90 25'900 29'700 52'300 27'300 33'400 52'900 32'300 Cologny (GE) -4.35 25'000 19'500 49'600 26'000 22'100 49'800 30'200 Confignon (GE) -4.98 24'900 39'300 51'200 26'800 43'400 52'200 32'200 Genève (GE) -5.20 24'900 17'900 49'600 25'700 20'100 49'500 30'400 Le Grand-Saconnex (GE) -3.93 26'900 39'800 55'000 28'000 42'700 55'200 34'100 Lancy (GE) -4.06 26'800 44'700 54'400 27'600 46'200 54'400 33'700 Meyrin (GE) -3.57 27'700 52'000 57'500 29'100 55'500 57'900 36'000 Onex (GE) -3.65 27'600 50'200 57'000 28'700 53'200 57'200 35'700 Plan-les-Ouates (GE) -3.98 26'700 49'400 54'600 28'000 52'700 55'000 33'900 Pregny-Chambésy (GE) -4.31 25'400 41'300 50'900 26'600 44'400 51'300 31'200 Satigny (GE) -3.29 26'800 50'700 55'700 28'700 55'700 56'800 35'100 Thônex (GE) -3.92 27'100 46'400 55'700 28'400 49'100 56'100 34'800 Vernier (GE) -3.54 27'200 58'300 56'400 28'600 61'800 56'900 35'400 Versoix (GE) -4.17 25'600 45'700 53'000 27'400 50'600 54'000 33'500 Veyrier (GE) -4.82 25'200 31'800 51'300 26'800 36'000 52'000 31'900 Kanton Waadt Bogis-Bossey (VD) -2.28 26'800 77'500 56'300 29'800 83'900 58'800 34'600 Chavannes-des-Bois (VD) -1.74 27'600 79'300 57'900 30'200 84'900 60'000 35'500 Coppet (VD) -3.54 25'500 50'700 52'500 28'000 56'800 54'500 31'800 Founex (VD) -3.56 24'100 55'500 49'300 26'700 62'000 51'400 29'800 Nyon (VD) -3.01 26'300 58'900 56'300 30'000 66'800 59'500 35'000 Der RDI-Indikator (Regional Disposable Income) bringt die frei verfügbaren Einkommen für eine grosse Bandbreite von Haushalten zum Ausdruck. Er nimmt für die Schweiz den Wert 0 an. Pendelkosten: Durchschnitt von ÖV und MIV Kosten. Es werden ausschliesslich Gemeinden mit mehr als 500 Einwohnern betrachtet. Der Ge- meindebestand entspricht demjenigen von 2008 (2'706 Gemeinden). Quelle: Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Regionen 18
Economic Research Abbildung 14 Informationen zum Pendelverkehr Jährliche Kosten pro Pendler in CHF; Zeit pro Weg in Minuten Genf Lausanne MIV ÖV MIV ÖV Dauer Kosten Dauer Kosten Dauer Kosten Dauer Kosten Kanton Genf Bernex (GE) 15 3'847 28 650 54 10'148 68 3'300 Carouge (GE) 10 1'231 14 650 54 10'148 57 3'300 Chêne-Bougeries (GE) 10 1'810 17 650 57 10'513 57 3'300 Chêne-Bourg (GE) 10 1'970 29 650 55 10'270 83 3'300 Collonge-Bellerive (GE) 10 2'387 22 650 55 10'270 67 3'300 Cologny (GE) 10 1'551 17 650 52 9'901 73 3'300 Confignon (GE) 12 3'360 24 650 52 9'901 69 3'300 Genève (GE) 10 1'217 10 650 48 9'400 33 2'385 Le Grand-Saconnex (GE) 10 1'742 17 650 44 8'887 58 3'300 Lancy (GE) 10 1'308 15 650 53 10'025 53 2'448 Meyrin (GE) 10 2'286 26 650 49 9'526 53 2'511 Onex (GE) 12 1'917 19 650 54 10'148 63 3'300 Plan-les-Ouates (GE) 10 2'099 21 650 52 9'901 66 3'300 Pregny-Chambésy (GE) 10 1'935 14 650 46 9'145 61 3'300 Satigny (GE) 15 3'454 25 650 54 10'148 51 2'574 Thônex (GE) 12 2'185 18 650 58 10'634 68 3'300 Vernier (GE) 10 2'268 16 650 50 9'652 51 2'511 Versoix (GE) 14 3'389 21 650 45 9'016 51 2'511 Veyrier (GE) 13 2'812 21 650 60 10'875 62 3'300 Kanton Waadt Bogis-Bossey (VD) 17 5'051 44 1'400 36 7'864 51 2'300 Chavannes-des-Bois (VD) 19 4'343 39 1'400 39 8'276 56 2'300 Coppet (VD) 15 4'224 22 1'200 38 8'140 40 2'300 Founex (VD) 18 4'591 35 1'200 37 8'003 52 2'300 Nyon (VD) 24 6'506 29 1'449 33 7'438 28 2'300 Quelle: TCS, SBB, Credit Suisse Economic Research Swiss Issues Regionen 19
Economic Research 4 Bevölkerung und Einkommen Bevölkerungsstruktur und -entwicklung sind wichtige Aspekte regionaler Entwicklung. Die in der Schweiz sowie in anderen Industrieländern zunehmend stagnierenden Geburtenraten führen zu einem Rückgang des natürlichen Bevölkerungswachstums. Dadurch hat die Migration für die Bevölkerungsentwicklung an Bedeutung gewonnen. Insbesondere in der Schweiz ist die Zu- wanderung schon lange ein wesentlicher Einflussfaktor der Bevölkerungsentwicklung. In den letzten Jahren hat sich dieser Trend infolge der günstigen Konjunkturlage und der Einführung der Personenfreizügigkeit mit der EU weiter verstärkt. Für die regionale Entwicklung ist neben der quantitativen Bevölkerungsdynamik auch die Veränderung der Bevölkerungsstruktur von Bedeutung. Ausbildung, Berufsstand und Haushaltsstruktur zuziehender oder abwandernder Bevölkerungsgruppen beeinflussen die Entwicklung des Steuersubstrats und des Arbeitsmarkt- potentials. Auch Veränderungen der Nachfrage in bestimmten Immobiliensegmenten sind Folge selektiver Migrationsbewegungen. 4.1 Bevölkerungsentwicklung Die Bevölkerung der Schweiz ist in den vergangenen 10 Jahren um durchschnittlich 0.8% pro Jahr gewachsen. Insbesondere nach der Jahrtausendwende hat die demographische Entwick- lung – gestützt durch eine erhöhte Zuwanderung – an Dynamik gewonnen. 2008 wurde sogar ein Wachstum von 1.4% verzeichnet. Damit ist die Schweiz 2008 so stark gewachsen wie seit den Sechzigerjahren nicht mehr. Diese Zunahme ist zu 90% auf den Wanderungssaldo von rund 98'200 Personen zurückzuführen – seit 1961 der höchste Wert in der Geschichte der Demographie der Schweiz. Hinter dieser Dynamik verbergen sich allerdings erhebliche regionale Unterschiede. Wachsenden Zentren und Agglomerationen stehen periphere Regionen mit Ab- wanderungstendenzen gegenüber. Abbildung 15 Bevölkerungsentwicklung 1999–2009 Index, 1999 = 100 122 GE 120 Nyon 118 Morges/Rolle 116 Lausanne Gros-de-Vaud 114 Vevey/Lavaux 112 CH 110 108 106 104 102 100 98 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Quelle: Bundesamt für Statistik Genf unter den Spitzen- Mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 1.2% während der vergangenen reitern zehn Jahre verzeichnet Genf ein deutlich höheres Bevölkerungswachstum als der Schweizer Durchschnitt (0.8%) und gehört zu den Spitzenreitern unter den Kantonen. Von den West- Swiss Issues Regionen 20
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