Zustand der Vogelwelt in der Schweiz - Sonderausgabe zum Brutvogelatlas 2013-2016 - PECBMS

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Zustand der Vogelwelt in der Schweiz - Sonderausgabe zum Brutvogelatlas 2013-2016 - PECBMS
Zustand der Vogelwelt in der Schweiz
Sonderausgabe zum Brutvogelatlas 2013–2016
Zustand der Vogelwelt in der Schweiz - Sonderausgabe zum Brutvogelatlas 2013-2016 - PECBMS
Brutvogelatlas 2013–2016:
Das Wichtigste in Kürze

                      Spezialisten gingen zurück, Generalisten
                      nahmen zu. Dies kann vermehrt zu Konflik­
                      ten mit ungeliebten Arten führen.
                       Seite 6

Viele Langstreckenzieher büssten
deutlich an Terrain ein. Besonders Insekten­
fresser verzeichnen stetige Abnahmen.
 Seite 14

                        Etliche Greifvogelarten konnten sich lang­
                        fristig erholen. Sie geniessen gesetzlichen
                        Schutz und grosse Popularität in der
                        Bevölkerung.  Seite 16

Die Klimaerwärmung machte sich stark
bemerkbar und drängte manche Arten nach
oben. Viele Arten leiden unter dem Klima­
wandel, aber nur wenige profitieren.
 Seite 18

2
Zustand der Vogelwelt in der Schweiz - Sonderausgabe zum Brutvogelatlas 2013-2016 - PECBMS
Die Vögel des Kulturlandes erlitten die
grössten Verluste. Dies vor allem in den
Niederungen, aber vermehrt auch in den
Bergen.
 Seite 20

                                                            Die Bestände zahlreicher Waldarten nah­
                                                            men zu. Wachsende Waldfläche, naturna­
                                                            her Waldbau und mehr Totholz beflügeln
                                                            die Vögel des Waldes.  Seite 24

Die Artenförderung ist unverzichtbar ge­
worden. Etlichen gefährdeten Arten ver­
half sie sogar zur Trendwende.
 Seite 34

 Inhaltsverzeichnis
 Editorial ..................................................................................................... 4
 Vögel als Umweltindikatoren .................................................................. 6
 Gesamtübersicht ....................................................................................... 8
 Aktuelle Erscheinungen .......................................................................... 14
 Situation in den Lebensräumen ............................................................. 20
                                                                                                                     Weitere Informationen
 Störungen ................................................................................................ 32
                                                                                                                     Einen Rückblick auf 2017 inklusive Be-
 Artenförderung ....................................................................................... 34           standsentwicklung der Brutvogelarten, Er-
                                                                                                                     gebnisse der Wasservogelzählungen und
 Feldarbeit und Analysen ........................................................................ 36                 zusätzliche Analysen finden Sie online:
 Dank ......................................................................................................... 40   www.vogelwarte.ch/zustand

                                                                                                                                                                 3
Zustand der Vogelwelt in der Schweiz - Sonderausgabe zum Brutvogelatlas 2013-2016 - PECBMS
EDITORIAL

Der Atlas – ein Meilenstein
Der «Bericht über den Zustand der Vo-                                                                                                                                                                                        tatkräftigen, unermüdlichen und oft
gelwelt 2018» ist ein ganz besonde-                                                                                                                                                                                          jahrzehntelangen Mitarbeit von nun-
rer. Für einmal schreibt unser Zustands-                                                                                                                                                                                     mehr über 2000 Freiwilligen im gan-
bericht nicht die jährlichen Zählungen                                                                                                                                                                                       zen Land. Auch dieser Atlas, der vier-
der Brutvögel und der überwinternden                                                                                                                                                                                         te in einer Serie mit jeweils 20 Jahren
Wasservögel fort, sondern er enthält die                                                                                                                                                                                     Abstand, hat zu einer Welle von über-
Quintessenz des «Schweizer Brutvogel-                                                                                                                                                                                        wältigendem Enthusiasmus und fach-
atlas 2013–2016» und zieht damit eine                                                                                                                                                                                        kundiger Feldarbeit bei den Freiwilligen
Bilanz über die letzten zwanzig Jahre.                                                                                                                                                                                       geführt. Wir würdigen ihren enormen
   Der Schweizer Brutvogelatlas 2013–                                                                                                                                                                                        Einsatz auf den Seiten 40–43.
2016 wird für die nächsten zwanzig                                                                                                                                                                                              Der Schweizer Brutvogelatlas 2013–
Jahre das wichtigste Werk sein, wenn                                                                                                                                                                                         2016 ist aber auch für die Vogelwar-
es um die Beurteilung des Zustands un-                                                                                                                                                                                       te ein einschneidendes Ereignis, denn
serer Vogelwelt und deren längerfris-                                                                                                                                                                                        von Planung und Vorbereitung bis zu
tige Entwicklung geht. An den Ergeb-                                                                                                                                                                                         Buchproduktion, Internet-Auftritt und
nissen können wir nun direkt ablesen,                                                                                                                                                                                        schliesslich zur Publikation von Fachar-
wie wir mit unserer Umwelt umgehen.                                                                                                                                                                                          tikeln wird er rund zehn Jahre in An-
Diesem Atlas lässt sich beispielsweise                                                                                                                                                                                       spruch genommen haben. Unser At-
entnehmen, dass es den Brutvögeln im                                                                                                                                                                                         las-Team setzte sich hohe Ziele, plante,                             Unterstützung – seien das grössere Be-
Wald (mit Ausnahmen) relativ gut geht.                                                                                                                                                                                       wie diese zu erreichen wären, leitete die                            träge von Institutionen, seien es kleinere
Aber man sieht auch, dass die Vögel,                                                                                                                                                                                         Freiwilligen an, bereitete alle Unterla-                             oder grössere Zuwendungen von Perso-
die im Landwirtschaftsgebiet brüten,                                                                                                                                                                                         gen vor, prüfte die Daten, fragte bei Un-                            nen, die über Patenschaften für einzel-
noch weitere dramatische Rückgänge                                                                                                                                                                                           klarheiten nach, erstellte jedes Jahr Zwi-                           ne Arten oder anderweitig ihren Enthu-
hinnehmen mussten, bis hin zum Ver-                                                                                                                                                                                          schenbilanzen für die Verantwortlichen                               siasmus für dieses einzigartige Projekt
schwinden aus ganzen Regionen oder –                                                                                                                                                                                         der Atlasquadrate, wertete die Daten                                 auf diese Weise zum Ausdruck brachten.
wie der Rotkopfwürger – gar aus dem                                                                                                                                                                                          aus, modellierte die Verbreitung und de-                                Wir alle hoffen, dass der Schweizer
ganzen Land. Wir zeigen die Gründe für                                                                                                                                                                                       ren Veränderung, produzierte die Kar-                                Brutvogelatlas 2013–2016 nicht nur
die verschiedenen Entwicklungen auf                                                                                                                                                                                          ten, schätzte die Brutbestände, schrieb,                             eine Dokumentation bleibt, sondern zu
und geben Hinweise, wie unsere Vo-                                                                                                                                                                                           redigierte und übersetzte die Texte, so                              zielgerichteten Massnahmen zugunsten
gelwelt erhalten und gefördert werden                                                                                                                                                                                        dass das Werk in vier Sprachen vorge-                                unserer Vogelwelt und damit unserer
kann. Und Massnahmen zugunsten un-                                                                                                                                                                                           legt werden kann. Auch das alles ge-                                 Natur und Umwelt führt.
serer Vogelwelt sind in der Tat nötig!                                                                                                                                                                                       lang dank sehr grossem Einsatz und En-
   Die Brutvögel sind in unserem                                                                                                                                                                                             thusiasmus für das gemeinsame Werk.                                                      Prof. Dr. Lukas Jenni
Land die bestuntersuchte Gruppe von                                                                                                                                                                                             Nicht zuletzt danken wir den zahlrei-                                 Vorsitzender der Institutsleitung und
wildlebenden Tieren, dies dank der                                                                                                                                                                                           chen Geldgebern für die wohlwollende                                                Wissenschaftlicher Leiter
                                                                                                                                                                     Atlas historique des oiseaux nicheurs
                                                                                                                                       Historischer Brutvogelatlas

                              Die Landschaften in der Schweiz haben sich in       Ces dernières décennies, les paysages de Suisse
                              den letzten Jahrzehnten stark verändert, was        ont subi d’importantes mutations qui se sont
                              tiefgreifende Auswirkungen auf die Vogelwelt        fortement répercutées sur l’avifaune. Ce livre
                              hatte. Dieses Buch illustriert diesen Wandel        illustre cette évolution, en s’appuyant sur la ré-
                              anhand der Verbreitung der Brutvögel in den
                              Jahren 1950–59, 1972–76 und 1993–96. Die
                              Darstellung der verflogenen Vielfalt ist ein Plä-
                                                                                  partition des oiseaux nicheurs dans les années
                                                                                  1950–59, 1972–76 et 1993–96. La présenta-
                                                                                  tion de cette diversité révolue constitue un plai-
                                                                                                                                                                                                             Historischer Brutvogelatlas
                              doyer für einen nachhaltigeren Umgang mit           doyer en faveur d’une gestion durable de la                                                                                Die Verbreitung der Schweizer Brutvögel seit 1950
                              dem Naturreichtum der Schweiz.                      nature et de ses richesses en Suisse.

                                                                                                                                                                                                             Atlas historique des oiseaux nicheurs
                                                                                                                                                                                                             La répartition des oiseaux nicheurs de Suisse depuis 1950

                                                                                                                                                                                                             1950–1959
                                                                                                                                                                                                             Knaus et al. 2011
                                                                                                                                                                                                                                                                         1972–1976
                                                                                                                                                                                                                                                                         Schifferli et al. 1980

Die Entwicklung der Vogelwelt in der Schweiz zu dokumentieren, ist                                                                                                                                                                                                                                1993–1996
eine Kernaufgabe der Vogelwarte. Mit dem Brutvogelatlas 2013–2016                                                                                                                                                                                                                                 Schmid et al. 1998
setzt sie einen weiteren Meilenstein, der auch über die Landesgrenzen                                                                                                                                                                                                                                                   2013–2016
hinaus auf Beachtung stösst.                                                                                                                                                                                                                                                                                            Knaus et al. 2018

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Zustand der Vogelwelt in der Schweiz - Sonderausgabe zum Brutvogelatlas 2013-2016 - PECBMS
Reviere/km2                                                      >79
                                                                >79

                                                                60   60
                                                                40   40
                                                                20   20
                                                                0     0

  Der Buchfink ist mit rund einer Million Brutpaaren die häufigste
  Brutvogelart der Schweiz. Die Dichtekarte zeigt: In bewaldeten
  Gebieten ist die Art landesweit in hohen Dichten vorhanden.

                                                               5
Zustand der Vogelwelt in der Schweiz - Sonderausgabe zum Brutvogelatlas 2013-2016 - PECBMS
Ein hoher Siedlungsdruck und des Schweizers Hang zu einer «cleanen» Landschaft: schlechte Voraussetzungen für anspruchsvollere Vogelarten.

Vogelwelt ist Spiegel der Umwelt
Vögel erfreuen uns mit ihrer Farben-               durch Industrieabfälle und auf andere                am Tag aktiv, lassen sich aus Distanz
pracht, ihrem Gesang, ihren Flugküns-              Giftstoffe aufmerksam gemacht, und                   bestimmen und ihre Artenzahl ist
ten und ihrem Verhalten. Vögel sind                Beobachtungen von zeitiger heimkeh-                  überschaubar.
auch ausgezeichnete Bioindikatoren,                renden Zugvögeln lieferten auch frühe              • Vögel lassen sich daher verhältnismäs­
also Anzeiger für den Zustand der Um-              Hinweise auf die globale Erwärmung.                  sig gut überwachen und zählen. Wir
welt und für den Umgang von uns Men-               Vögel werden daher generell als wich-                haben ihre Verbreitung und Häufig-
schen mit der Natur. Vögel sind uns in             tige Bioindikatoren für den Zustand der              keit seit Jahrzehnten dokumentiert
gewisser Weise ähnlich, teilen mit uns             Umwelt angesehen. Dafür gibt es gute                 und verfügen dadurch über erst-
den Lebensraum und stellen ähnliche                Gründe:                                              klassige Daten, um Veränderungen
Ansprüche an Boden, Wasser, Luft, Ve-              • Vögel lassen sich besser beobachten                festzustellen.
getation und Nahrung. In einer ganzen                 als die meisten anderen Tiere, denn             • Vögel reagieren sensibel auf Verän-
Reihe von Fällen hat uns das sehr gehol-              sie sind relativ gross, auffällig, meist          derungen in ihrem (und unserem)
fen. Bestes Beispiel ist der sprichwört-
liche Kanarienvogel in der Kohlegrube.
Bergleute führten ihn jeweils unter Tage
mit. Bei drohender Gefahr durch Gas
verstummte der Kanarienvogel und si-
gnalisierte ihnen dadurch, die Kohlegru-
be zu verlassen und sich in Sicherheit
zu begeben.
    Die empfindlichsten Lebewesen sind
es, die auf eine bevorstehende Gefähr-
dung des ganzen Systems hindeuten.
So waren es Wanderfalken und Weiss-
kopfseeadler, deren Bestandskollaps an-
fangs der 1970-Jahre die gefährlichen
Auswirkungen des Insektizids DDT er-
kennen liessen, bevor auch die mensch-
liche Gesundheit in Mitleidenschaft ge-               Wanderfalken gehören nicht nur zu den schnellsten Tierarten, sie stehen auch zuoberst auf der
zogen wurde. Vögel haben auf die                      Nahrungspyramide. Weil sich viele Pestizide in der Nahrungskette anreichern, zeigen sie Konzen­
                                                      trationen von Umweltgiften rasch an.
Belastung der Umwelt mit Quecksilber

 6
Zustand der Vogelwelt in der Schweiz - Sonderausgabe zum Brutvogelatlas 2013-2016 - PECBMS
V Ö G E L A L S U M W E LT I N D I K AT O R E N

Der Kuckuck zeigt in Höhenlagen unterhalb 1500 m ü.M. deutliche Abnahmen. Er macht uns darauf aufmerksam, dass die Schmetterlinge grosse Probleme
haben. Denn der Kuckuck ist ein Nahrungsspezialist, der sich zu einem grossen Teil von Schmetterlingsraupen ernährt. Schmetterlinge und Kuckuck bräuch­
ten mehr gestufte, naturnahe Waldränder und daran angrenzend blütenreiche Wiesen.

  Lebensraum. Sie stehen (wie wir)                 • Vögel sind bis zu einem gewissen                  der umgesetzten Massnahmen oder der
  weit oben in der Nahrungskette, wo                   Grad repräsentativ für andere Orga-             Summe der investierten Gelder – bei-
  sich negative Auswirkungen akku-                     nismengruppen und sie orientieren               des braucht es unzweifelhaft in grossen
  mulieren können.                                     sich in räumlichen Grössenordnun-               Mengen – zu messen, sondern am Zu-
• Über Vögel wissen wir viel mehr als                  gen, die für unsere Raumplanung                 stand der Vogelwelt. Sie zeigt uns, wie
  über die meisten anderen Gruppen                     massgeblich sind.                               lebenswert Landschaft und Lebensräu-
  von Tieren und Pflanzen. Wir kennen              Vögel vermitteln uns somit ein detail-              me für Tier und Mensch sind und wo
  ihre Lebensgeschichte und ihre An-               liertes Bild über den Zustand der Um-               die Alarmglocken schrillen.
  sprüche an die Umwelt und können                 welt und lassen Veränderungen in den
  Veränderungen in der Vogelwelt da-               Lebensbedingungen frühzeitig erken-
  her auch richtig interpretieren.                 nen. Wer das Leben der Vögel ver-
• Vögel besiedeln nahezu alle Lebens-              steht, erkennt die Zeichen der Zeit. Vö-
  räume. Aus den Veränderungen im                  gel sind ein zuverlässiger Gradmesser
  Bestand verschiedener Arten kann                 für die Nachhaltigkeit. Die künftigen                        Weitere Informationen:
  auf die Veränderungen in den Le-                 Bemühungen im Natur- und Umwelt-                             www.vogelwarte.ch/atlas
  bensräumen geschlossen werden.                   schutz sind daher nicht nur an der Zahl

Unsere Landschaften werden ausgeräumt, übernutzt, überbaut. Für anspruchsvollere Vogelarten wird es immer enger. Wenig spezialisierte, anpassungsfähi­
ge Arten, sogenannte Generalisten, profitieren davon. Mittelmeermöwe, Saatkrähe und Ringeltaube gehören dazu. Sie konnten seit 1993–1996 markant
zulegen und entwickeln sich mehr und mehr zu Zivilisationsfolgern. Das birgt das Risiko, dass sich Konflikte mit ihnen mehren.

                                                                                                                                                    7
Zustand der Vogelwelt in der Schweiz - Sonderausgabe zum Brutvogelatlas 2013-2016 - PECBMS
Anzahl Arten/10 × 10 km                                                             99 100
     140
     140                                                                        91 104 109 105 111 126
     120
     120                                              101 96           110 100 106 104 98 108 97 97 95 73
     100
     100
                                                  101 103 112 100 91 96 105 114 103 90 91 87 89 89 91 85 124
     80
      80
                                 103 110 97 96 101 101 84 93 97 110 100 96 107 88 80 81 85 86 90 87 112
     60
      60
                                  91 93 97 95 93 90 93 102 95 95 105 110 92 110 99 79 76 78 81 94 110
     40
      40

     20
      20
                                  88 92 89 95 97 114 112 99 82 89 92 107 84 98 111 121 91 92 92 131 104

     0   0                    97 90 93 106 118 109 99 79 86 111 97 95 99 99 102 116 124 110 99 107 123 90
                          106 107 109 125 108 101 90 81 72 79 97 94 101 103 111 103 105 93 101 92 106 125 78 78
                   95 99 99 112 124 120 109 97 104 84 81 82 84 95 118 111 107 112 96 87 95 86 83 118 124 94 76                                72 88
                   88 95 119 111 120 104 104 83 106 86 78 88 94 93 115 98 115 102 88 88 79 87 73 120 123 96 87 62                          60 107 94
                   97 122 122 111 105 104 89 87 94 91 85 96 100 112 95 92 69 99 69 62 104 110 101 117 96 93 85 59 98 104 100
               101 112 109 86 88 94 101 93 95 113 133 118 123 107 105 94 80 79 92 98 98 92 96 93 113 102 96 58 88 92 67 71
             98 101 110 99 78 81 87 104 100 97 98 104 121 109 93 70 81 34 91 83 85 58 77 87 84 96 102 82 73 101 59 65 101 89
     104 101 108 96 104 97 87 100 109 97 98 94 96 87 90 32 8               90 84 83 94 90 94 49 71 75 77 86 44 102 60
     91 104 104 82        73 90 107 103 92 98 98 87 79 66 23 93 105 76 70 78 90 91 69 82                         64 61 100 77 76 75
     113 103 93              140 132 94 93 89 82 104 95 78 109 95 73                80 78 76 100 76 91 87            95 78        54 90
106 99 104 94                116 111 96 96 121 109 135 120 112 106 47           85 84 91 80 98 101 91                                 92
115 109 104                   94 111 113 123 107 85 86 76 77 78 80                  83 99 123 124 101 71
                              65 98 116 92 70 88 71 78 73 71 70                         92 92 91 85
                                  85 91 84 66 65 55 81 20 19                                 80 90 73
                                      79 76 28                                                  80 87
                                                                                                75 77

Brutvogelatlas 2013–2016: Die Zahl der nachgewiesenen Arten pro Atlasquadrat (10 × 10 km). Die artenreichsten Quadrate befinden sich dort, wo von
Feuchtgebieten in den Tallagen bis zur alpinen Stufe alle wichtigen Lebensräume vertreten sind.

Schweizer Vogelwelt in Zahlen
Das Hauptanliegen des Atlas 2013–                  Brutvogelarten finden (auf CH-Territo-             häufigste Vogelart mit geschätzten 0,9–
2016 ist, die aktuelle Situation der Brut-         rium: 204 sowie 6 nicht-einheimische               1,1 Mio. Brutpaaren ist der Buchfink.
vögel bezüglich ihrer Verbreitung und              Arten). Dies sind 13 mehr als in der Vor-          Der eigentliche «Allerweltsvogel» bleibt
Bestände in der Schweiz und im Fürs-               periode. Allerdings betreffen 4 der neu-           der Hausrotschwanz, der in 94,7 % aller
tentum Liechtenstein zu dokumentie-                en Arten Neozoen, d.h. nicht-einheimi-             kartierten Quadrate nachweisbar war.
ren. Vor allem sollen auch Änderungen              sche Arten. Pro Atlasquadrat wurden                Er ist damit die am weitesten verbrei-
in der Verbreitung aufgezeigt werden.              durchschnittlich 93 Arten nachgewie-               tete, aber nicht die häufigste Vogelart.
Die angestrebten Ziele lehnen sich so-             sen. Mit 140 Arten war das Atlasqua­               Es sind Waldvogelarten wie Buchfink,
mit an jene des Atlas 1993–1996 an:                drat Vouvry VS das artenreichste, mit 8            Mönchsgrasmücke und Amsel, die Wäl-
                                                   Arten jenes im Gebiet Finsteraarhorn BE/           der aller Höhenstufen besiedeln, wel-
1. In jedem Atlasquadrat (10 × 10 km)              VS naturgemäss das artenärmste.                    che die Gruppe der zahlenstärksten Ar-
   Nachweis möglichst aller Brut-                                                                     ten bilden. Mit steigender Höhe nimmt
   vogelarten;                                     Ergebnisse in den                                  auch die Zahl der Arten und der Reviere
2. Erhebung der Häufigkeit der Brutvö-             Kilometerquadraten                                 ab: Auf 600 m ü.M. gibt es pro Kilome-
   gel mittels Kartierungen;                       Die Erhebungen in den 2318 Kilometer-              terquadrat durchschnittlich 396 Revie-
3. Möglichst vollständige und flächen-             quadraten, d.h. auf rund 5 % des Atlas-            re von 50 Arten, auf 1200 m ü.M. sind
   deckende Erfassung der seltenen Ar-             perimeters, stellen eine umfangreiche              es 351 Reviere von 48 Arten und auf
   ten und der Koloniebrüter.                      und repräsentative Grundlage dar, die              1800 m ü.M. deren 209 von 38 Arten.
                                                   insbesondere für die häufigeren und
Ergebnisse landesweit                              verbreiteteren Arten ungeahnte Analy-
In der Schweiz, im Fürstentum Liech-               semöglichkeiten eröffnet.
tenstein sowie in den Grenzgebieten                   Im Mittel wurden pro Kilometerqua-
wurden insgesamt 467 Atlasquadrate                 drat 239,6 Reviere von 35,4 Arten ge-
von 10 × 10 km Fläche bearbeitet. Ins-             zählt. Im Rahmen der Kartierungen lies­
gesamt liessen sich 2013–2016 216                  sen sich 745 428 Reviere aufspüren. Die

 8
Zustand der Vogelwelt in der Schweiz - Sonderausgabe zum Brutvogelatlas 2013-2016 - PECBMS
GESAMTÜBERSICHT

Anzahl Paare/km2
   1000
   1000

   800
    800

   600
    600

   400
    400

   200
    200

   0   0

                                                                                                         Gesamtzahl der modellierten Brutvogelreviere in
                                                                                                         den Kilometerquadraten. Die vogelreichsten Le­
                                                                                                         bensräume befinden sich in den tieferen Lagen
                                                                                                         auf der Alpennordseite sowie im Wallis und
                                                                                                         Unterengadin.

 Übersicht über die Datengrundlage 2013–2016                                   Häufigste & verbreitetste Vogelarten
                                                                                                                 präsent in %
   Gesamte Anzahl Meldungen                                      3 169 412     Art                         der kartierten km2       Bestand (Reviere)
   davon Nachweise aus Kartierungen                              1 524 429     Hausrotschwanz                           95 %        300 000–400 000
   Anzahl Kilometerquadrate mit mind. einer Meldung        36 002 (77 %*)      Buchfink                                 88 %      900 000–1 100 000
   kartierte Kilometerquadrate                                2318 (5 %*)      Mönchsgrasmücke                          80 %        700 000–800 000
   * = in Prozent des ganzen Atlasperimeters (46 202 km2)                       Amsel                                    81 %        500 000–700 000
                                                                                Rotkehlchen                              81 %        450 000–650 000
                                                                                Tannenmeise                              72 %        400 000–600 000

 Erhebungen in Kilometerquadraten                                              Artenreichste/-ärmste Atlasquadrate

   Durchschnittliche Artenzahl                                         35,4     Vouvry (Atlasquadrat 55/13)                                 140 Arten
   Min./max. Artenzahl                                                2 / 69    Pfynwald (61/12)                                            135 Arten
   Durchschnittliche Revierzahl                                         240     Thun (61/17)                                                133 Arten
   Min./max. Revierzahl                                              3 / 742    Leysin (56/13)                                              132 Arten
   Revierzahl total                                                745 428      Sennwald (75/23)                                            131 Arten
   Mittlerer Kartieraufwand (pro kmQ)                           10 h 49 min     .....
   Anzahl Kartierrundgänge                                            9095      Mattmark (64/9)                                              19 Arten
   Kartieraufwand total                                     3,9 Arbeitsjahre    Finsteraarhorn (65/15)                                         8 Arten

                                                                               Das Atlasquadrat «Vouvry» am oberen Ende des Genfersees weist eine
                                                                               grosse Vielfalt von Lebensräumen auf und ist deshalb das artenreichste
                                                                               Gebiet.

                                                                                                                                                         9
Zustand der Vogelwelt in der Schweiz - Sonderausgabe zum Brutvogelatlas 2013-2016 - PECBMS
Anzahl Arten/km2
               2.002

               1.001

                0,5
               0.50
               0.25
               0.000
               −0.25
               –0,5
               −0.50

                 –1
               −1.00

                 –2
               −2.00

Änderung der Verbreitung seit 1993–1996 der Arten der Roten Listen (2001/2010). Die Karte entstand durch die Kombination der Veränderungskarten von
27 Arten, von denen die Vorkommenswahrscheinlichkeit für beide Atlasperioden modelliert werden konnte (die meisten der übrigen 50 Arten sind sehr selten).

Artenzahl bleibt, aber ...
Um es vorwegzunehmen: Bei der In-                                       für die Erhebungen stieg enorm und                                        mittelhäufige oder eher seltene Ar-
terpretation der «nackten» Zahlen im                                    auch die Mobilität und die Zugänglich-                                    ten nahmen ab, doch schlägt dies auf
Brutvogelatlas ist grosse Vorsicht an-                                  keit vieler Gebiete haben sich grund-                                     den Verbreitungskarten mit den Ras-
gezeigt. Einerseits wuchs von Atlaspe-                                  legend geändert. Andererseits ist zu                                      tern 10 × 10 km oft nicht durch. Wenn
riode zu Atlasperiode die Zahl der Be-                                  berücksichtigen, dass es sehr entschei-                                   es in einem Atlasquadrat einst vielleicht
obachterinnen und Beobachter, der                                       dend ist, in welcher geografischen Auf-                                   hundert Paare waren, heute jedoch nur
Kenntnisstand nahm zu, der Aufwand                                      lösung die Betrachtung erfolgt: Viele                                     noch eines, so gilt das Atlasquadrat
eingewandert

                                                               Schwarzhalstaucher

                                                                                                       Schwarzkopfmöwe

                                                                                                                                                               Weissrückenspecht
                                                                                    Sperbergrasmücke
                                     Wacholderdrossel

                                                                                                       Mittelmeermöwe
                                                                                                       Orpheusspötter

                                                                                                                                                                                                             Schlangenadler
                                                                                                                                              Karmingimpel
                                                                                    Schnatterente

                                                                                                                         Seidensänger

                                                                                                                                              Blaukehlchen

                                                                                                                                                               Bienenfresser
                                                                                    Türkentaube
                                                               Purpurreiher

                                                                                                       Sturmmöwe
                                                                                    Brachpieper
                                                                                    Rohrschwirl
                                     Kolbenente

                                                               Schafstelze

                                                                                    Reiherente

                                                                                                                                                               Brandgans

                                                                                                                                                                                       Kormoran
                                                                                                       Saatkrähe

                                                                                                                                              Fahlsegler
                                                                                                                         Bartmeise

                                                                                                                                              Eiderente
                                                                                    Tafelente

                                                                                                                                                                                       Bartgeier

                       1910          1920               1930    1940                     1950             1960           1970                   1980            1990                   2000                 2010
                         –             –                  –       –                        –                –              –                      –               –                      –                    –
                       1919          1929               1939    1949                     1959             1969           1979                   1989            1999                   2009                 2018
verschwunden

                                                                                                                         Schwarzstirnwürger

                                                                                                                                                                    Orpheusgrasmücke

                                                                                                                                                                                       Grosser Brachvogel
                                                                                                                                                                                       Rotkopfwürger
                                                                                                                         Haubenlerche

                                                                                                                                                  Raubwürger
                                         Rotschenkel
                        Fischadler

                                                                                                                                                                                                             Ortolan

Übersicht über die seit 1910 neu eingewanderten Arten, die sich als Brutvögel etablieren konnten (oben) bzw. traditionelle Brutvogelarten, die aus der
Schweiz verschwunden sind (unten). Der Bartgeier wurde wiederangesiedelt.

     10
GESAMTÜBERSICHT

(Zu) viel Dynamik in der Welt der Schweizer Brutvögel

Nicht mehr nachweisbar: Der Rotkopfwürger ist    Kaum mehr Bruten: Waren vor 20 Jahren noch          Kurzes Gastspiel: Ein Stelzenläuferpaar machte
als einst verbreiteter Brutvogel ganz aus der    150–250 Ortolanreviere bekannt, gelang nach         2013 einen Brutversuch.
Schweiz verschwunden.                            2014 kein Brutnachweis mehr.

Neu etablierte Brutvogelart: Der Bienenfresser   Beginnt Fuss zu fassen: Nach dem ersten Brut­       Unerwünschte Neozoen: Rost- und neu auch Nil­
brütet seit 1991 und hat 2017 die Schwelle von   nachweis 2012 gelten aktuell 3–5 Schlangenad­       gans (im Bild) etablierten sich als Brutvögel.
100 Brutpaaren überschritten.                    lerpaare als etabliert.

nach wie vor als besetzt. Deshalb haben          Landwirtschaftsmaschinen und Präda-                 Brutvogelarten, die grundsätzlich selten
wir beschlossen, hier keine direkten art-        toren speziell ausgesetzt sind. Für vie-            oder im Bestand eher abnehmend sind.
weisen Angaben zur Zahl der pro Atlas-           le dieser Arten ist es in der Schweiz seit          So zeichnet sich bereits ab, dass in die
periode besetzten Atlasquadrate zu ver-          den letzten Aufnahmen in den 1990er-                2020 herauskommende neue Rote Lis-
öffentlichen. Viel aussagekräftiger sind         Jahren nochmals deutlich enger gewor-               te etliche Arten zusätzlich aufgenom-
die direkten Vergleiche, die sich aus den        den. Es betrifft vorab jene 40 % unserer            men werden müssen.
detaillierten Erhebungen in jenen Kilo-
meterquadraten ergeben, die sowohl
1993–1996 wie auch 2013–2016 kar-
tiert wurden.                                       Vorkommenswahrscheinlichkeit/km2
                                                       1.0 1
Trivialisierung schreitet voran
                                                         0,5
                                                       0.5
Die paar Arten, die – meist nur in ei-
ner Handvoll Paaren – neu als Brut-                    0.0 0

vögel aufgetreten sind, lassen die Ge-                 –0,5
                                                       −0.5
samtbilanz bei den aktuell vorhandenen
                                                       −1.0
                                                         –1
Brutvogelarten arithmetisch positiv er-
scheinen. Doch viele Brutvogelarten
in der Schweiz haben deutlich rück-
läufige Bestände und zeigen oft auch
Arealschwunde. Wir haben insgesamt
eine Situation, die labiler ist als sie sein
müsste. Betroffen sind in erster Linie
Bewohner von Feuchtgebieten, von
extensiv genutzten Landwirtschafts-
gebieten und/oder Langstreckenzie-
her. Es sind dies oft Arten, die grössere
Habitate benötigen, störungsempfind-
                                                 Ist bald ausgeturtelt? Die Resultate aus dem Brutvogelatlas 2013–2016 verheissen wenig Gutes für die
lich sind, hauptsächlich auf Grossinsek-         Turteltaube. Auch in den bisherigen Hotspots Genf, Waadt und Tessin zeichnen sich markante Verluste
ten angewiesen oder als Bodenbrüter              (rote Gebiete) ab.

                                                                                                                                                11
GESAMTÜBERSICHT

Bestandstrends, Status und Bestände der Brutvögel der Schweiz 1950–1959, 1972–1976, 1993–1996 und 2013–2016
Jede der nachfolgend aufgeführten 216 Vogelarten hat mindestens in einer der bisher vier Atlasperioden, also in den 1950er-,
1970er-, 1990er- und/oder 2010er-Jahren in der Schweiz gebrütet. ● = alljährlich, ○ = unstet, ♦ = Ausnahmeerscheinung. (=)
Bestand etwa konstant oder fluktuierend bzw. kein signifikanter Trend; ++ = starke Zunahme, X = kein Trend berechenbar.
Trends können nur für 174 aktuell als regelmässige Brutvögel taxierte Arten angegeben werden. Eine Abnahme kann maxi-
mal –100 ausmachen, eine Zunahme jedoch ein Vielfaches von +100.

                                                                                                   Paare/Bruten)

                                                                                                                                                                                                                    Paare/Bruten)
                                                                                                   2013–2016

                                                                                                                                                                                                                    2013–2016
                      1990–2017

                                  2008–2017

                                              1950–1959

                                                          1972–1976

                                                                      1993–1996

                                                                                  2013–2016

                                                                                                                                         1990–2017

                                                                                                                                                     2008–2017

                                                                                                                                                                 1950–1959

                                                                                                                                                                             1972–1976

                                                                                                                                                                                         1993–1996

                                                                                                                                                                                                     2013–2016
                                                                                                   (Reviere/

                                                                                                                                                                                                                    (Reviere/
                                                                                                   Bestand

                                                                                                                                                                                                                    Bestand
                      Trend

                                  Trend

                                                                                                                                         Trend

                                                                                                                                                     Trend
 Art                                                                                                               Art
 Wachtel                (=)         (=)       ●           ●           ●           ●                500–2 000       Graureiher              32          36        ●           ●           ●           ●             1 600–1 800
 Steinhuhn             –57          (=)       ●           ●           ●           ●               2 500–4 500      Purpurreiher            ++          ++        ●           ●           ♦           ●                    6–17
 Jagdfasan               X           X        ●           ●           ●           ●                    40–60       Silberreiher             X           X                                            ♦                     0–1
 Rebhuhn                (=)         (=)       ●           ●           ●           ●                      5–10      Seidenreiher             X           X                                            ♦                     0–1
 Haselhuhn              (=)         26        ●           ●           ●           ●               3 000–5 500      Kormoran                ++         462                                            ●             1 200–2 100
 Alpenschneehuhn       –33          (=)       ●           ●           ●           ●             12 000–18 000      Stelzenläufer            X           X                                            ♦                     0–1
 Auerhuhn              –35          (=)       ●           ●           ●           ●                  360–470       Mornellregenpfeifer      X           X                                ♦           ○                     1–3
 Birkhuhn               (=)         14        ●           ●           ●           ●             12 000–16 000      Flussregenpfeifer       (=)         (=)       ●           ●           ●           ●                 90–120
 Höckerschwan            X           X        ●           ●           ●           ●                  590–720       Kiebitz                –55          89        ●           ●           ●           ●                140–180
 Graugans                X           X                                ●           ●                    45–60       Grosser Brachvogel     –97           X        ●           ●           ●                                    0
 Eiderente               X           X                                ●           ●                       1–5      Bekassine              –93           X        ●           ●           ○           ♦                     0–1
 Schellente              X           X         ♦                      ♦                                      0     Waldschnepfe           –12          (=)       ●           ●           ●           ●             1 000–4 000
 Mittelsäger             X           X                                ♦           ♦                       0–2      Flussuferläufer         (=)         73        ●           ●           ●           ●                  70–90
 Gänsesäger            109          22        ●           ●           ●           ●                  600–800       Lachmöwe               –62          (=)       ●           ●           ●           ●                560–800
 Nilgans                 X           X                                            ●                      8–13      Schwarzkopfmöwe         ++          (=)                   ♦           ○           ○                     0–5
 Rostgans                X           X                                ●           ●                    10–15       Sturmmöwe               (=)        –94                    ●           ●           ○                     0–3
 Brandgans               X           X                                ♦           ●                       1–4      Mittelmeermöwe          ++          54                    ●           ●           ●             1 240–1 430
 Brautente               X           X                                ♦           ♦                       0–1      Küstenseeschwalbe        X           X                                            ♦                     0–1
 Mandarinente            X           X        ♦           ♦           ●           ●                    10–20       Flussseeschwalbe       149          (=)       ●           ●           ●           ●                580–760
 Kolbenente            973          65        ●           ●           ●           ●                  210–300       Schleiereule           –19          (=)       ●           ●           ●           ●              200–1 000
 Tafelente              (=)         (=)       ♦           ●           ●           ●                       6–9      Sperlingskauz           (=)         (=)       ●           ●           ●           ●              800–2 000
 Moorente                X           X                                ♦           ♦                       0–1      Steinkauz              181          84        ●           ●           ●           ●                115–150
 Reiherente             78          (=)       ♦           ●           ●           ●                  160–280       Raufusskauz             (=)         (=)       ●           ●           ●           ●             1 000–3 000
 Knäkente                X           X        ♦           ♦           ♦           ♦                       0–1      Zwergohreule           172          (=)       ●           ●           ●           ●                  30–40
 Löffelente              X           X        ♦                       ♦           ○                       0–1      Waldohreule             15          (=)       ●           ●           ●           ●             2 000–3 000
 Schnatterente         137          (=)       ♦           ♦           ●           ●                      5–10      Waldkauz                (=)         (=)       ●           ●           ●           ●             6 000–8 000
 Krickente               X           X        ○           ○           ○           ○                       0–2      Uhu                     (=)         (=)       ●           ●           ●           ●                200–230
 Stockente              24          (=)       ●           ●           ●           ●             20 000–30 000      Wespenbussard           20          (=)       ●           ●           ●           ●              500–1000
 Zwergtaucher          –19          (=)       ●           ●           ●           ●                800–1 300       Bartgeier               ++         433                                            ●                    9–15
 Schwarzhalstaucher     (=)        405        ○           ○           ○           ○                       3–4      Steinadler              16          (=)       ●           ●           ●           ●                350–360
 Haubentaucher         –26          (=)       ●           ●           ●           ●               3 500–5 000      Schlangenadler           X           X                                            ○                     3–5
 Strassentaube           X           X        ●           ●           ●           ●             20 000–35 000      Rohrweihe                X           X        ○           ♦                       ♦                     0–3
 Hohltaube              58          32        ●           ●           ●           ●               2 000–4 000      Wiesenweihe              X           X        ○           ♦                                                0
 Ringeltaube           215          40        ●           ●           ●           ●           130 000–150 000      Sperber                 26          (=)       ●           ●           ●           ●             3 500–6 000
 Turteltaube          –43          –29        ●           ●           ●           ●                  150–400       Habicht                 (=)         17        ●           ●           ●           ●             1 300–1 700
 Türkentaube            50          (=)       ●           ●           ●           ●             15 000–25 000      Rotmilan               552          64        ●           ●           ●           ●             2 800–3 500
 Ziegenmelker          –18         –18        ●           ●           ●           ●                    40–50       Schwarzmilan           112          (=)       ●           ●           ●           ●             2 000–3 000
 Alpensegler           107          (=)       ●           ●           ●           ●               1 800–2 300      Mäusebussard            33          (=)       ●           ●           ●           ●           15 000–20 000
 Fahlsegler            165          (=)                               ●           ●                    29–36       Wiedehopf               56          (=)       ●           ●           ●           ●                180–260
 Mauersegler            (=)         (=)       ●           ●           ●           ●             40 000–60 000      Bienenfresser           ++         414                                ●           ●                  53–72
 Kuckuck                (=)         (=)       ●           ●           ●           ●             15 000–25 000      Eisvogel                51          (=)       ●           ●           ●           ●                400–500
 Wasserralle            (=)         (=)       ●           ●           ●           ●                  500–800       Wendehals               (=)         42        ●           ●           ●           ●             1 000–2 500
 Wachtelkönig          205          (=)       ●           ●           ●           ●                    15–40       Grauspecht             –73         –46        ●           ●           ●           ●                300–700
 Tüpfelsumpfhuhn        (=)         (=)       ●           ●           ●           ●                    10–20       Grünspecht              75          (=)       ●           ●           ●           ●           10 000–17 000
 Kleines Sumpfhuhn       X           X        ●           ●           ●           ●                       1–5      Schwarzspecht          171          39        ●           ●           ●           ●             6 000–9 000
 Zwergsumpfhuhn          X           X        ♦           ♦                       ♦                       0–1      Dreizehenspecht         (=)         56        ●           ●           ●           ●             1 000–2 500
 Teichhuhn              (=)         46        ●           ●           ●           ●               1 000–2 000      Mittelspecht           216          57        ●           ●           ●           ●             1 700–2 100
 Blässhuhn              31          26        ●           ●           ●           ●               5 000–8 000      Kleinspecht             21          26        ●           ●           ●           ●             1 500–3 000
 Weissstorch           220         118        ●           ●           ●           ●                  370–460       Weissrückenspecht        X           X                                ♦           ●                  20–30
 Zwergdommel            (=)         (=)       ●           ●           ●           ●                   90–120       Buntspecht             102          (=)       ●           ●           ●           ●           70 000–90 000
 Nachtreiher             X           X        ♦           ♦           ♦                                   0–1      Turmfalke              138          34        ●           ●           ●           ●             5 000–7 500

 12
GESAMTÜBERSICHT

                                                                                                  Paare/Bruten)

                                                                                                                                                                                                                       Paare/Bruten)
                                                                                                  2013–2016

                                                                                                                                                                                                                       2013–2016
                     1990–2017

                                 2008–2017

                                             1950–1959

                                                         1972–1976

                                                                     1993–1996

                                                                                 2013–2016

                                                                                                                                         1990–2017

                                                                                                                                                     2008–2017

                                                                                                                                                                 1950–1959

                                                                                                                                                                             1972–1976

                                                                                                                                                                                         1993–1996

                                                                                                                                                                                                     2013–2016
                                                                                                  (Reviere/

                                                                                                                                                                                                                       (Reviere/
                                                                                                  Bestand

                                                                                                                                                                                                                       Bestand
                     Trend

                                 Trend

                                                                                                                                         Trend

                                                                                                                                                     Trend
Art                                                                                                               Art
Baumfalke              12          (=)       ●           ●           ●           ●                500–1 000       Mauerläufer             –33          (=)       ●           ●           ●           ●                1 000–2 500
Wanderfalke           106          (=)       ●           ●           ●           ●                  260–320       Zaunkönig                61          (=)       ●           ●           ●           ●           400 000–550 000
Pirol                  50          (=)       ●           ●           ●           ●               3 000–4 500      Wasseramsel              36          (=)       ●           ●           ●           ●                6 000–8 000
Neuntöter             –50          (=)       ●           ●           ●           ●             10 000–15 000      Star                     (=)         (=)       ●           ●           ●           ●           120 000–140 000
Schwarzstirnwürger      X           X        ●           ○                                                  0     Misteldrossel            31          (=)       ●           ●           ●           ●           130 000–150 000
Raubwürger              X           X        ●           ●                                                  0     Singdrossel              40          49        ●           ●           ●           ●           300 000–350 000
Rotkopfwürger        –100          (=)       ●           ●           ●                                      0     Amsel                    41          13        ●           ●           ●           ●           500 000–700 000
Alpenkrähe            150          (=)       ●           ●           ●           ●                    70–80       Wacholderdrossel        –44          (=)       ●           ●           ●           ●             40 000–45 000
Alpendohle             (=)         (=)       ●           ●           ●           ●             11 000–21 000      Ringdrossel             –35          (=)       ●           ●           ●           ●             50 000–75 000
Eichelhäher            22          (=)       ●           ●           ●           ●             60 000–75 000      Grauschnäpper           –35          (=)       ●           ●           ●           ●             35 000–55 000
Elster                157          (=)       ●           ●           ●           ●             35 000–40 000      Rotkehlchen              38          20        ●           ●           ●           ●           450 000–650 000
Tannenhäher            (=)         (=)       ●           ●           ●           ●             20 000–25 000      Rotst. Blaukehlchen     395          (=)                   ♦           ●           ●                       5–12
Dohle                  71          35        ●           ●           ●           ●               1 250–1 500      Nachtigall               58          33        ●           ●           ●           ●                1 700–2 200
Saatkrähe              ++         113                    ●           ●           ●               5 800–7 300      Trauerschnäpper          49          (=)       ●           ●           ●           ●             17 000–22 000
Kolkrabe               69          (=)       ●           ●           ●           ●               2 000–3 000      Halsbandschnäpper         X           X        ●           ●           ●           ●                     15–25
Rabenkrähe            123          (=)       ●           ●           ●           ●           80 000–120 000       Hausrotschwanz           13          (=)       ●           ●           ●           ●           300 000–400 000
Nebelkrähe              X           X        ●           ●           ●           ●               2 000–3 000      Gartenrotschwanz         (=)         (=)       ●           ●           ●           ●             12 000–18 000
Tannenmeise           530          (=)       ●           ●           ●           ●           400 000–600 000      Steinrötel              –28          36        ●           ●           ●           ●                2 000–3 000
Haubenmeise            72          (=)       ●           ●           ●           ●           90 000–110 000       Blaumerle                (=)         (=)       ●           ●           ●           ●                     15–25
Sumpfmeise             45          (=)       ●           ●           ●           ●           70 000–100 000       Braunkehlchen           –56         –29        ●           ●           ●           ●                7 000–9 000
Mönchsmeise           100          (=)       ●           ●           ●           ●             70 000–95 000      Schwarzkehlchen          91          25        ●           ●           ●           ●                1 500–2 000
Blaumeise             107          (=)       ●           ●           ●           ●           200 000–300 000      Steinschmätzer           31          (=)       ●           ●           ●           ●             40 000–60 000
Kohlmeise              31          (=)       ●           ●           ●           ●           400 000–550 000      Wintergoldhähnchen       58          (=)       ●           ●           ●           ●           200 000–400 000
Beutelmeise             X           X        ○           ○           ○           ♦                       0–1      Sommergoldhähnchen       (=)        104        ●           ●           ●           ●           250 000–400 000
Heidelerche            (=)         (=)       ●           ●           ●           ●                  250–300       Alpenbraunelle           (=)         (=)       ●           ●           ●           ●             25 000–40 000
Feldlerche            –43         –20        ●           ●           ●           ●             25 000–30 000      Heckenbraunelle          20          22        ●           ●           ●           ●           200 000–250 000
Haubenlerche            X           X        ●           ○                                                  0     Haussperling             18          (=)       ●           ●           ●           ●           450 000–550 000
Bartmeise              (=)         (=)                   ●           ●           ●                   80–110       Italiensperling           X           X        ●           ●           ●           ●             20 000–25 000
Zistensänger            X           X                    ♦           ♦           ♦                       0–2      Feldsperling             66          (=)       ●           ●           ●           ●             80 000–95 000
Orpheusspötter         27          47        ●           ●           ●           ●                  300–350       Schneesperling          –12          (=)       ●           ●           ●           ●                6 000–9 000
Gelbspötter           –74          (=)       ●           ●           ●           ●                  100–150       Baumpieper              –49          (=)       ●           ●           ●           ●             50 000–70 000
Mariskenrohrsänger      X           X                    ♦                       ♦                       0–1      Wiesenpieper            –54          (=)       ●           ●           ●           ●                   500–800
Schilfrohrsänger        X           X                    ♦                                                  0     Bergpieper               (=)         (=)       ●           ●           ●           ●           150 000–200 000
Sumpfrohrsänger        (=)         (=)       ●           ●           ●           ●               3 000–6 000      Brachpieper               X           X        ♦           ♦           ○           ○                        1–3
Teichrohrsänger        (=)         (=)       ●           ●           ●           ●              9 000–11 000      Schafstelze              21          (=)       ●           ●           ●           ●                   300–340
Drosselrohrsänger      67          92        ●           ●           ●           ●                  270–320       Gebirgsstelze            (=)         (=)       ●           ●           ●           ●             17 000–20 000
Rohrschwirl            49          (=)       ●           ●           ●           ●                  280–310       Bachstelze              –11         –14        ●           ●           ●           ●            90 000–110 000
Feldschwirl            36          (=)       ●           ●           ●           ●                  150–250       Buchfink                 31          (=)       ●           ●           ●           ●           900 000–1 100 000
Mehlschwalbe          –29          (=)       ●           ●           ●           ●             70 000–90 000      Kernbeisser              (=)         (=)       ●           ●           ●           ●             13 000–17 000
Rauchschwalbe          (=)         23        ●           ●           ●           ●             70 000–90 000      Karmingimpel             (=)        173                                ●           ●                     50–70
Felsenschwalbe         55          51        ●           ●           ●           ●               7 000–9 000      Gimpel                   (=)         (=)       ●           ●           ●           ●             40 000–75 000
Uferschwalbe          –44          61        ●           ●           ●           ●               2 300–3 000      Grünfink                 (=)        –38        ●           ●           ●           ●            90 000–120 000
Berglaubsänger        110          38        ●           ●           ●           ●             40 000–60 000      Bluthänfling             (=)         (=)       ●           ●           ●           ●             25 000–30 000
Waldlaubsänger        –64          (=)       ●           ●           ●           ●               5 000–7 500      Birkenzeisig             (=)         (=)       ●           ●           ●           ●             15 000–20 000
Fitis                 –67         –34        ●           ●           ●           ●               4 000–5 000      Fichtenkreuzschnabel    123          (=)       ●           ●           ●           ●             25 000–35 000
Zilpzalp               52          (=)       ●           ●           ●           ●           250 000–300 000      Stieglitz               –36          (=)       ●           ●           ●           ●             50 000–70 000
Grünlaubsänger          X           X                                            ♦                       0–1      Zitronenzeisig          –37          (=)       ●           ●           ●           ●             10 000–20 000
Seidensänger            X           X                    ○           ○           ○                       0–2      Girlitz                 –15          (=)       ●           ●           ●           ●             35 000–45 000
Schwanzmeise          117          (=)       ●           ●           ●           ●             20 000–35 000      Erlenzeisig              (=)         (=)       ●           ●           ●           ●             10 000–16 000
Mönchsgrasmücke        65          19        ●           ●           ●           ●           700 000–800 000      Grauammer               –39          (=)       ●           ●           ●           ●                    80–110
Gartengrasmücke       –39         –24        ●           ●           ●           ●             35 000–50 000      Zippammer                (=)         (=)       ●           ●           ●           ●               7 000–10 000
Sperbergrasmücke      –87         –87        ●           ●           ●           ●                       0–5      Ortolan                 –98         –90        ●           ●           ●           ○                        1–5
Orpheusgrasmücke        X           X        ♦           ○           ○                                      0     Zaunammer                (=)         (=)       ●           ●           ●           ●                1 000–1 500
Klappergrasmücke       (=)         (=)       ●           ●           ●           ●             17 000–23 000      Goldammer                (=)        –16        ●           ●           ●           ●             65 000–75 000
Weissbartgrasmücke      X           X                                ♦           ♦                       0–1      Rohrammer               –27          (=)       ●           ●           ●           ●                1 700–3 000
Dorngrasmücke          31          32        ●           ●           ●           ●               1 800–2 500
Gartenbaumläufer       37          (=)       ●           ●           ●           ●             45 000–55 000
Waldbaumläufer        161          (=)       ●           ●           ●           ●           75 000–100 000
Kleiber                (=)         (=)       ●           ●           ●           ●           110 000–170 000

                                                                                                                                                                                                                              13
Der Wendehals, ein Bewohner offener, lichter Laubwälder, Gärten und Streuobstwiesen, ist auf Standorte angewiesen, die sich durch Nährstoffarmut und
niedrige, lückige Bodenvegetation auszeichnen. Hier findet er seine Leibspeise, Feldameisen mit ihren Larven und Puppen, die er mit seiner wie eine Leimru­
te funktionierenden Zunge aus ihren Bodennestern holt.

Langstreckenzieher im Rückgang
Die Bestände der Langstreckenzieher ge-              von Lebensraumveränderungen im Brut-                 Insektenfresser. Etwa 40 % der Schwei-
hen insgesamt zurück, jene der Kurzstre-             und Überwinterungsgebiet betroffen                   zer Brutvogelarten ernähren sich fast aus-
ckenzieher und Standvögel nehmen eher                und damit verletzlicher. Viele dieser Lang-          schliesslich von Insekten. Weitere 25 %
zu. Erstere sind spezialisierter und stärker         streckenzieher sind zudem ausgeprägte                haben eine gemischte Diät, ziehen ihre
                                                                                                          Jungen aber vorwiegend mit Insekten auf.
                                                                                                          Insektenfresser brauchen somit ein gros­
                                                                                                          ses Angebot an geeigneten Insekten, die
Reviere/km2                                                                                               zudem auch noch leicht zu erbeuten sein
   +3+3                                                                                                   müssen. Besonders der starke Rückgang
                                                                                                          der Insekten in der Kulturlandschaft stellt
   +1,5
   +1.5
                                                                                                          unsere Brutvögel vor grosse Probleme.
   +0,5
   +0.5

   –0,5
   −0.5
   –1,5
   −1.5                                                                                                   Viele Gefahren an vielen Orten
                                                                                                          Langstreckenzieher halten sich an ganz
   −3–3
                                                                                                          verschiedenen Orten auf, etwa 4–5 Mo-
                                                                                                          nate im Brutgebiet, 2 Monate auf dem
                                                                                                          Herbst- und Frühlingszug und 5–6 Mo-
                                                                                                          nate im Winterquartier. Gewisse Arten
                                                                                                          suchen in Afrika im selben Winter weit
                                                                                                          auseinanderliegende Gebiete auf. Eine
                                                                                                          Habitatveränderung an irgendeinem von
                                                                                                          ihnen aufgesuchten Ort kann Langstre-
                                                                                                          ckenzieher rasch in Engpässe bringen. Sie
                                                                                                          müssen unbedingt zu bestimmten Zeiten
                                                                                                          an gewissen Orten sein, um ihren engen
                                                                                                          Jahresfahrplan einzuhalten. Und auf dem
Der Neuntöter ernährt sich hauptsächlich von Grossinsekten. Während es z.B. bei Genf zu lokalen
Zunahmen kam, nahm die Art in bisherigen Verbreitungszentren, beispielsweise im Jura, Wallis              Zug sind viele Arten einer hohen Morta-
und Tessin, deutlich ab (rote Areale in Dichteänderungskarte, Herleitung s. S. 38).                       lität ausgesetzt.

 14
AKTUELLE ERSCHEINUNGEN

           3500                                                                                           140
                                                       2013–2016
                                                       1993–1996
           3000
                                                                                                          120

                                                                          Bestandsindex
           2500

                                                                                          Bestandsindex
Höhe (m)

           2000
                                                                                                          100

           1500

           1000                                                                                           80

            500
                                                                                                          60
                  0           2               4               6                                                 1992   1996       2000    2004    2008     2012     2016
                      Mittlere Artenzahl der Langstreckenzieher pro km2

Der Vergleich der Höhenverbreitung 1993–1996 und 2013–2016 für die                            Die Bestände der Langstreckenzieher (rot) gehen stark zurück, während sich
Langstreckenzieher zeigt: Erhebliche Verluste gab es nur in Lagen unterhalb                   die Kurzstreckenzieher und Standvögel (blau) weit besser behaupten.
von 1500 m ü.M. Das deutet darauf hin, dass viele Rückgänge «hausge­
macht» sind.

    Dass der Artenschwund der Langstre-                    Gülle wird von Insekten viel weniger                               Wiesen nahm im gleichen Zeitraum
 ckenzieher vor allem in den tieferen, von                 besiedelt.                                                         stark zu. Der Weizenertrag pro Hekta-
 menschlichen Aktivitäten stark gepräg-                ● 	 Einsatz von vielen Pestiziden auch in                              re verdreifachte sich in der Schweiz seit
 ten Lagen der Schweiz erfolgte, ist je-                   Privatgärten. Hier wäre ein Verzicht                               1940, was dank reichlicher Stickstoff-
 doch ein starkes Indiz dafür, dass diese                  besonders einfach.                                                 düngung und dicht gesäter Sorten mög-
 Rückgänge zu einem grossen Teil «haus-                                                                                       lich war. Insektenjäger wie Wiedehopf,
 gemacht» sind.                                         Schlechte Erreichbarkeit von                                          Wendehals, Steinkauz und Gartenrot-
                                                        Insekten                                                              schwanz können in solch dichten Wie-
 Ursachen für den Insektenrückgang                      Viele Kulturen und Wiesen stehen heu-                                 sen und Kulturen nicht auf Nahrungs-
Obwohl die Datenlage in ganz Mitteleu-                  te sehr viel dichter als früher. Lückige,                             suche gehen.
ropa dürftig ist: Es gibt heute viel weniger            nährstoffarme Wiesen gingen beispiels-
Insekten als vor Jahrzehnten. Dies ist zu-              weise im Engadin in nur 20 Jahren um
mindest für mehrere Gebiete in Deutsch-                 20 % zurück. Der Anteil sehr dichter
land belegt, wo die Insektenbiomasse in-
nerhalb der letzten 27 Jahre um 75 %
zurückging. Aus der Schweiz fehlen sol-
che Datenreihen, doch gibt es viele In-                    Reviere/km2
dizien, die auf einen Rückgang in ähn-                         +10
                                                              +10
lichem Ausmass weisen. Die Gründe für                         +7+7

den Rückgang sind vielfältig:                                 +4+4
                                                              +1+1
● 	 Verlust insbesondere von Lebensräu-                       −1 –1
    men wie Halbtrocken- und Trocken-                         −4 –4

    rasen, Feuchtgebieten und naturna-                        −7 –7
                                                               –10
                                                              −10
    hen Gewässern.
● 	 Insektenfeindliche Bewirtschaftung:
    Naturnahe Böschungen werden oft
    zur Hauptblütezeit gemulcht. Die Bal-
    lensilage ist mittlerweile bis in subal-
    pine Lagen verbreitet. Wiesen werden
    bis zu sechsmal jährlich gemäht.
● 	 Herbizide reduzieren die pflanzliche
    Nahrungsgrundlage vieler Insekten.
● 	 Anwendung von Insektiziden: Sie de-
    zimieren unspezifisch Nützlinge und
                                                           Die Rauchschwalbe ist ein vertrauter Frühlingsbote. In weiten Teilen des Landes gingen ihre Bestän­
    Schädlinge.
                                                           de deutlich zurück. Besonders bei Schlechtwetter reicht das Nahrungsangebot oft nicht, es kommt
● 	 Medikamentöse Bekämpfung von Pa-                       zu Brutausfällen. Auch bedeutet der Rückgang der Bauernbetriebe mit Viehhaltung einen Verlust
    rasiten beim Vieh: Dessen Dung und                     von Brutplätzen.

                                                                                                                                                                    15
Der Steinadler ist in den Schweizer Alpen überall präsent, alle geeigneten Reviere sind besetzt. Die rund 350 Paare haben allerdings nur einen geringen
Brut­erfolg – und sorgen damit selbst für eine natürliche Bestandsregulierung. Vermehrt kommt es jedoch auch in Folge von menschlichen Störungen zu
Brutabbrüchen.

Erholung der Greifvogelbestände
Jahrhundertelang litten Greifvögel und               Pestizide wie DDT, das ab etwa 1940                  Mäusebussarden, Rot- und Schwarzmi-
Eulen unter direkter menschlicher Ver-               flächig zur Anwendung gelangte. Es                   lanen mit Carbofuranen, deren Anwen-
folgung. Der letzte Bartgeier im Alpen-              reichert sich an der Spitze der Nah-                 dung in der Schweiz erst seit 2013 un-
bogen wurde 1913 erlegt, und die letz-               rungspyramide an – und traf daher be-                tersagt ist. Auch die – beabsichtigte
te Fischadlerbrut in der Schweiz fand                sonders die Greifvögel, deren Eischa-                – Dezimierung der Insekten hatte ein-
1911 statt. Die Bestände von Rotmilan                len brüchig wurden. Als Folge davon                  schneidende Konsequenzen. Die redu-
und Steinadler waren stark dezimiert.                brütete in der Schweiz 1971 ausser-                  zierte Nahrungsgrundlage betrifft di-
Trotz des schon seit 1926 bestehenden                halb des Alpenraums nur noch ein ein-                verse Arten – und als letztes Glied in
Jagdschutzes für mehrere Arten erhol-                ziges Wanderfalkenpaar erfolgreich.                  der Kette auch Greifvögel, die entweder
ten sich viele Greifvogelbestände nur                Nachdem in den 1970er-Jahren per-                    selbst Insekten jagen oder Insektenfres-
zögerlich. Steinadler, Baum- und Wan-                sistente chlorierte Kohlenwasserstoffe               ser wie Spitzmäuse erbeuten.
derfalke wurden erst 1953 geschützt,                 (u.a. DDT, PCB) in den meisten westli-                  Verschiedene menschliche Aktivitä-
Habicht und Sperber sogar erst 1963.                 chen Ländern verboten wurden, erhol-                 ten hatten einen positiven Effekt auf
                                                     ten sich die Bestände der betroffenen                einzelne Arten: So scheint die inten-
Verhängnisvolle Pestizide                            Arten allmählich. Doch auch danach                   sivierte Grünlandbewirtschaftung mit
Neben direkter Verfolgung kam die                    kam es in Ackerbaugebieten bis in die                mehreren Mahdterminen im Jahr we-
Bedrohung auch vom Einsatz diverser                  1990er-Jahre öfters zu Vergiftungen von              nig spezialisierte Greifvogelarten zu

             1950–1959                     1972–1976                             1993–1996                             2013–2016

Der Rotmilan war im Mittelalter in Mitteleuropa weit verbreitet und häufig. Mit dem Aufkommen von Schusswaffen und wegen Vergiftungen schrumpfte
das Verbreitungsgebiet stark. Inzwischen hat sich die Art erholt und ihr Areal weit in den Alpenraum ausdehnen können.

 16
AKTUELLE ERSCHEINUNGEN

Die Wiederansiedlung des Bartgeiers in den Alpen ist ein besonderer Erfolg. Die Art brütet seit 2007 wieder in der Schweiz und besetzte 2013–2016 bereits
16 Atlasquadrate. Solche Wiederansiedlungsprojekte sind sehr aufwändig und sollten eine absolute Ausnahme bleiben.

begünstigen, z.B. Rot- und Schwarz-                  Brutvögeln führen – und von ziehen-                  der Schweiz direkt umsetzbar ist hin-
milan sowie Mäusebussard. Gezielte                   den Greifvögeln. Kollisionen an Wind-                gegen die längst überfällige Sanierung
Schutzmassnahmen förderten z.B. den                  energieanlagen sind derzeit vor allem in             gefährlicher Strommasten. Für sensib-
Rotmilan, Nisthilfen den Turmfalken.                 südländischen Zug- und Winterquartie-                le Felsbrüter liesse sich auch ein bes-
   Heute weisen fast alle Greifvogel-                ren unserer Greifvögel zu verzeichnen.               serer Schutz der Brutstandorte realisie-
arten wieder vergleichsweise hohe Be-                                                                     ren. Die Holzernte in Wäldern müsste
stände auf – in Einzelfällen wie beim                Handlungsbedarf                                      ausserhalb der Brutzeit erfolgen. Zum
Rotmilan vermutlich sogar die höchs-                 Besonders ziehende Greifvogelarten                   Schutz ziehender Greifvögel sind wich-
ten jemals erreichten. Doch es gibt auch             wie Milane, Wespenbussard, Weihen                    tige Durchzugsgebiete wie Pässe und
Arten mit erneut abnehmenden Bestän-                 und Falken sind vielen Gefahren aus-                 Kreten von Infrastrukturen freizuhalten.
den. Kritisch ist dies beim Wanderfal-               gesetzt. Diese reichen von direkter Ver-             Zudem wäre eine bessere Überwachung
ken, bei dem auch die illegale Verfol-               folgung über Dürreperioden bis hin zu                der Brutbestände und des Bruterfolgs
gung eine Rolle spielt. Die Bestände von             Regenwaldabholzungen. Da gibt es                     wünschbar, insbesondere von heimli-
Habicht und Sperber scheinen wieder                  nur wenig Einflussmöglichkeiten. In                  chen Waldbewohnern.
labiler.

System kann rasch kippen
Die meisten Greifvogelarten sind langle-                Vorkommenswahrscheinlichkeit/km2
big, sie werden spät geschlechtsreif und                    1.0 1
weisen eine niedrige Fortpflanzungsra-
                                                              0,5
                                                            0.5
te auf. Daher kann selbst eine geringfü-
gig erhöhte Mortalität von Altvögeln die                    0.0 0

Bestandsentwicklung beeinträchtigen.                        –0,5
                                                            −0.5
Aktuelle Gefährdungen sind Habitatver-
                                                              –1
                                                            −1.0
lust, zunehmende Störungen, Strom-
schläge an Leitungsmasten, Kollision
mit Stromleitungen, Kabeln, Strassen-
und Bahnverkehr sowie Glasscheiben,
Vergiftungen durch weitere Pestizide,
Bleivergiftungen bei Aasfressern durch
Munitionsrückstände in erlegten Tieren
und illegale Verfolgung.
   Zunehmend beeinträchtigen Freizeit­
aktivitäten wie Felsklettern, Gleitschir-
me und Nestfotografie Bruten verschie-
dener Arten – etwa jene des Steinadlers.
Die immer stärker aufkommende Wind-                     Klar positiv: Der Turmfalke ist jene Greifvogelart, die in nahezu jedem Atlasquadrat vorkommt. In
energienutzung wird an konfliktreichen                  den 1980er-Jahren gingen die Bestände deutlich zurück. Im Vergleich zu den 1990er-Jahren zeigt
                                                        sich in den Niederungen eine flächige Erholung.
Standorten künftig zu Verlusten von

                                                                                                                                                      17
AKTUELLE ERSCHEINUNGEN

Klimawandel zwingt zum Aufstieg

Nicht nur die Gletscher weichen. Die Vegetationsdecke im Bereich und oberhalb der Waldgrenze ändert sich. Damit siedeln sich auch viele Brutvögel der
Bergwälder und der alpinen Gebiete immer weiter oben an – und räumen gleichzeitig die tieferen Lagen.

Arten wie der Orpheusspötter, die                   nordeuropäische Arten, die in der                               Die Klimaerwärmung trifft in der
eine mediterrane Verbreitung haben                  Schweiz ihre westliche oder südliche                         Schweiz jedoch insbesondere den Al-
und in der Schweiz an ihre nördli-                  Arealgrenze haben, eher nordwärts                            penraum. Wie die Resultate aus dem
che Verbreitungsgrenze stossen, ha-                 zurück. Grauspecht und Fitis zählen                          Atlas zeigen, wirken sich die damit ver-
ben zugenommen und ihre Areale seit                 zu diesen Verlierern. Die Klimaerwär-                        bundenen Umweltveränderungen be-
1993–1996 nach Norden ausgedehnt.                   mung dürfte ein wichtiger Treiber die-                       reits heute direkt oder indirekt auf die
Dagegen ziehen sich mittel- und                     ser Entwicklungen sein.                                      Brutvögel aus.
                                                                                                                               Ringdrossel

                                                                                                          3500

Reviere/km2                                                                                               3000

                                                                                                          2500
    +10
   +10
                                                                                               Höhe (m)

   +7+7                                                                                                   2000
   +4+4
                                                                                                          1500
   +1+1
   −1–1
                                                                                                          1000
   −4–4
   −7–7                                                                                                   500
    –10
   −10
                                                                                                                 0   2,5   5    7,5   10         −2,5    0

                                                                                                            Anteil am Bestand (%)             Veränderung
                                                                                                            2013–2013                      seit 1993–1996

                                                                               Die Ringdrossel ist eine Art, für welche die Schweiz internationale Verant­
                                                                               wortung trägt. Vorab entlang der nördlichen Voralpen und im westlichen
                                                                               Jura, d.h. in den tieferen Lagen, geht die Art zurück (rote Gebiete). Dies
                                                                               sind bedenklicherweise Räume, in welchen sie bisher Verbreitungsschwer­
                                                                               punkte hatte.

 18
AKTUELLE ERSCHEINUNGEN

                Veränderung der durchschnittlichen Höhenverbrei-

                                                                   200                                                                                                                       +200

                                                                                                                                            Veränderung der mittleren Höhenverbreitung (m)
                                                                                                                                                                                             +160

                                                                                                                                                                                             +120
                                                                   100
                                                                                                                                                                                             +80

                                                                                                                            Bestandsindex
Bestandsindex

                               tung pro Art (m)

                                                                                                                                                                                             +40

                                                                                                                                                                                                0
                                                                      0
                                                                                                                                                                                              –40

                                                                                                                                                                                              –80
                                                                   –100                                                                                                                      –120

                                                                                                                                                                                             –160

                                                                          500           1000          1500           2000                                                                           0   4             8          12           16
                                                                          Durchschnittliche Höhenverbreitung 1993–1996 pro Art (m)                                                                          Anzahl Arten

                Durchschnittliche Höhenverbreitung pro Art zwischen 1993–1996 und                                                           Zwischen 1993–1996 und 2013–2016 ergab sich für 16 Brutvogel keine
                2013–2016. Gebirgsvögel sind stärker in die Höhe gestiegen als                                                              Änderung in der mittleren Höhenverbreitung (rot). 40 Arten verzeichneten
                Tieflandbewohner.                                                                                                           einen – teilweise deutlichen – Anstieg, 15 einen Abstieg.

                Zwei Drittel der häufigen Vogelarten                                                          durchschnittlichen Höhenverbreitung.                                                      Wie sieht die Zukunft für unsere
                steigen in die Höhe                                                                           Bei den restlichen 27 Arten liegt entwe-                                                  Bergvögel aus?
                Die Brutvögel der Schweiz verteilen                                                           der nur eine Bestandszunahme «oben»                                                       Die Veränderungen in der Höhenver-
                sich über einen Höhengradienten von                                                           oder nur eine Abnahme «unten» vor.                                                        breitung zeigen, dass die Alpen in Zu-
                über 3000 m. Anhand der Atlasdaten                                                            Lediglich bei vier Arten sind Bestands-                                                   kunft – mit noch stärkeren Umwelt-
                lässt sich die Veränderung der Höhen-                                                         verluste in der Höhe und Gewinne in                                                       veränderungen – als Rückzugsgebiet
                verbreitung für 71 häufigere Arten be-                                                        den Tieflagen zu verzeichnen.                                                             dienen könnten. Dies aber nur, wenn
                urteilen, für die Dichteänderungskarten                                                          Arten mit hohem Verbreitungs-                                                          die Biodiversität bei der Planung tou-
                zwischen 1993–1996 und 2013–2016                                                              schwerpunkt weisen zwischen den bei-                                                      ristischer oder landwirtschaftlicher Ent-
                vorliegen; von diesen leben 40 Arten im                                                       den Atlasperioden tendenziell einen be-                                                   wicklungsprojekte verstärkt berücksich-
                Wald. Die durchschnittliche Höhenver-                                                         sonders starken Höhenanstieg auf. Die                                                     tigt wird.
                breitung aller 71 Arten hat sich in den                                                       zehn am höchsten verbreiteten Arten                                                           Der Ausbreitung in die Höhe sind
                letzten 20 Jahren um 24 m nach oben                                                           der Jahre 1993–1996 stiegen um durch-                                                     aber Grenzen gesetzt. Einerseits nimmt
                verschoben. Fast zwei Drittel der Arten                                                       schnittlich 51 m.                                                                         die Fläche geeigneter Lebensräume ge-
                sind zwischen den beiden Atlasperio-                                                                                                                                                    gen oben rein topografisch bedingt ab.
                den in die Höhe gestiegen. Bei jenen                                                          Entwicklungen mit unterschiedli­                                                          Andererseits reagieren die Lebensräu-
                Arten, für die wir durchschnittliche Ver-                                                     chen Ursachen                                                                             me auf die Klimaerwärmung mit einer
                änderungen von über 50 m verzeichnen,                                                         Andere Gründe, etwa Nutzungsände-                                                         gewissen Verzögerung, insbesonde-
                haben sich nur vier nach unten verscho-                                                       rungen in der Landwirtschaft, mögen                                                       re die Wälder. Wie sich diese ökolo-
                ben. Dagegen verlagerten 22 Arten ihre                                                        mitbeteiligt sein. Doch schreiben wir                                                     gischen Ungleichgewichte auf die Be-
                Areale nach oben.                                                                             das Höhersteigen der Schweizer Brut-                                                      wohner dieser Lebensräume allerdings
                                                                                                              vögel in erster Linie der Klimaerwär-                                                     auswirken werden, ist schwierig vorher-
                Ein häufiges Muster: Verluste unten                                                           mung zu. Da klimatische Faktoren bei                                                      zusagen. Klar ist, dass den Alpen künf-
                und Gewinne oben                                                                              Gebirgsarten einen grösseren limitieren-                                                  tig beim Schutz der Brutvögel in der
                Von den insgesamt 47 Arten mit einem                                                          den Einfluss als bei Tieflandarten haben                                                  Schweiz eine noch zentralere Rolle zu-
                Höhenanstieg zeigen 20 ein ähnliches                                                          und da der Klimawandel in der Höhe                                                        kommen wird als bisher. Und klar ist lei-
                Muster: Ihre Bestände gehen unten                                                             ausgeprägter ist, könnte die Klimaer-                                                     der auch, dass es langfristig mehr Ver-
                zurück und legen am oberen Verbrei-                                                           wärmung auch den überdurchschnittli-                                                      lierer als Gewinner geben wird.
                tungsrand zu, unabhängig von ihren                                                            chen Höhenanstieg bei den Gebirgsvö-
                ökologischen Ansprüchen und ihrer                                                             geln erklären.

                                                                                                                                                                                                                                            19
Neue Techniken führen zu einer zunehmend intensiveren Nutzung des Kulturlandes. Beispielsweise sperren Vliese oder Folientunnel die Kulturlandbewoh­
                ner gerade zur Brutzeit flächig von ihrem angestammten Lebensraum aus.

                Eintöniges Kulturland
                 Die Situation der Kulturlandbewohner                 pflegten, werden heute Agrarflächen              bilanzieren, dass «viele im Kulturland
                 hat sich gegenüber den 1990er-Jah-                   industriell bearbeitet. Die Landwirt-            lebende Vogelarten durch intensive-
                 ren verschlechtert, insbesondere auch                schaft hat sich seit 1950 grundlegend            re Nutzung nach und nach verdrängt
                 im Berggebiet. Wer heute mit offenen                 gewandelt. Flurbereinigungen, die Ent-           wurden».
                 Augen und Ohren über Land wandert,                   wässerung von Feuchtgebieten, die                   Der Bund hatte damals Instrumen-
                 entdeckt auf Äckern und Wiesen aus­                  Rodung vieler Hochstamm-Obstgärten               te bereitgestellt, um die Verarmung der
                 ser einigen Allerweltsarten wie die Ra-              und Hecken, die Mechanisierung und               Natur zu stoppen. Er koppelte die Di-
                 benkrähe kaum mehr Vögel. Wo früher                  der Einsatz von Pestiziden und Kunst-            rektzahlungen an den «ökologischen
                 Bauernfamilien ein vielfältiges Mosa-                düngern haben das Kulturland biolo-              Leistungsnachweis», der von den Land-
                 ik aus Getreideäckern, Blumenwiesen,                 gisch weitgehend entwertet. Schon vor            wirten unter anderem verlangt, Biodi-
                                             Feldlerche
                 Hecken und Hochstamm-Obstgärten                      zwanzig Jahren musste die Vogelwarte             versitätsförderflächen (BFF) anzulegen.
                                                                                                                       Mit dem Bericht «Umweltziele Land-
                                                                                                                       wirtschaft (UZL)» erarbeitete er zudem
                                140                                                                                    ein System mit messbaren Zielen. Doch
                                                                                                                       trotz teils grosser Anstrengungen wur-
                                120                                                                                    de bisher keines dieser Ziele erreicht; im
                                                                                                                       Gegenteil wurden die Ziellücken noch
                Bestandsindex
Bestandsindex

                                                                                                                       grösser. So halbierte sich seit 1990 der
                                100
                                                                                                                       Bestand der Zielarten UZL.
                                                                                                                          Solche Bilanzen sind frustrierend.
                                80
                                                                                                                       Nicht nur für die Naturschützer, sondern
                                                                                                                       auch für jene Bäuerinnen und Bauern,
                                60                                                                                     die ein ehrliches und grosses Engage-
                                      1990   1995   2000       2005       2010       2015                              ment zeigen. Wo liegen aber die Gründe
                                                                                                                       für das Scheitern der bisherigen Agrar-
                 Die einst überall in der Schweiz verbreitete und häufige Feldlerche ist zum Symbol für den Nieder­    politik, die jährlich mit über 2,7 Milliar-
                 gang der Vögel des Kulturlandes geworden. Weite Landstriche hat sie bereits ganz räumen müs­          den an Direktzahlungen und weiteren
                                                            Jahr
                 sen, der Bestandstrend ist ungebrochen negativ.
                                                                                                                       öffentlichen Geldern unterstützt wird?

                      20
S I T U AT I O N I N D E N L E B E N S R Ä U M E N

Seit den 1990er-Jahren nahm die In-                   Anzahl Arten/km2
tensivierung der Landwirtschaft weiter                   4.04
zu. Es wird immer mehr Kraftfutter im-                   3.03
                                                         2.02
portiert, wodurch mehr Mist und Gül-                     1.01
                                                         0.5
le anfällt. Immer schnellere Maschinen                   0.00
                                                         −0.5
                                                          –1
                                                         −1.0
ermöglichen eine grösserflächige, ra-                     –2
                                                         −2.0

schere Bewirtschaftung. Moderne Ern-                      –3
                                                         −3.0

                                                          –4
                                                         −4.0
te- und Futterkonservierungstechni-
ken (Ballensilage) haben zur Folge, dass
die schon vor zwanzig Jahren intensi-
ve Grünlandnutzung weiter rationali-
siert wurde. Die Menge der eingesetzten
Pestizide bleibt konstant hoch, obwohl
deren Toxizität heute gegenüber frü-
her massiv höher ist. Neue Masthallen
werden erstellt und abgelegene Gebie-
te neu erschlossen. Viele dieser für die
Natur negativen Entwicklungen werden
durch den Bund gefördert. Nur knapp
ein Fünftel der Direktzahlungen an die                Im roten Bereich: Veränderungskarte der 35 Arten «Umweltziele Landwirtschaft» (Kombination
Landwirtschaft sind auf die Förderung                 von Ziel- und Leitarten).
der Biodiversität ausgerichtet. Doch
gleichzeitig fliesst der Grossteil in eine
weitere Intensivierung der Produktion             profitieren. Nur ein Teil der BFF hat je-                      und Bauern gegenüber ihren intensiv
und damit in eine besonders umweltbe-             doch die notwendige Qualität, und in                           produzierenden Kollegen in einen Nach-
lastende Landwirtschaft. Die Agrarpoli-           der Tal- und Hügelzone machen die                              teil geraten.
tik macht so ihre Bemühungen um mehr              qualitativ hochwertigen BFF bloss 5,1 %                            Viele Bäuerinnen und Bauern ha-
Biodiversität selbst wieder zunichte. Um          der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus.                       ben ein grosses Interesse an der Na-
die ganze Landwirtschaft endlich auf ei-          Noch schlechter steht es um deren An-                          tur. Die Mehrheit ist jedoch überfordert,
nen nachhaltigen Kurs zu bringen, muss            teil im Ackerland, wo die wertvollen                           und bei der Umsetzung fehlt das nöti-
das Direktzahlungssystem stark nachge-            Bunt- und Rotationsbrachen gerade mal                          ge Wissen. Das erstaunt wenig, denn in
bessert werden. Es sollen nur noch die            1,3 % umfassen.                                                Aus- und Weiterbildung und in der land-
nachhaltigen Systeme, diese aber rich-                Eine andere entscheidende Massnah-                         wirtschaftlichen Beratung nehmen Bio-
tig, gestützt werden.                             me bestünde darin, Vorschriften konse-                         diversität und Ökologie einen viel zu ge-
    Die wichtigste Einzelmassnahme                quent umzusetzen. Zahlreiche Verstös­                          ringen Stellenwert ein. Die Vogelwarte
wäre, genügend qualitativ hochwer-                se gegen bestehende Gesetze werden                             konnte zeigen, dass gut beratene Bäue-
tige Biodiversitätsförderflächen (BFF)            heute nicht geahndet. Solche Praktiken                         rinnen und Bauern wirkungsvollere und
bereitzustellen. Es ist vielfach belegt,          schaden nicht nur der Natur, sondern                           vielfältigere Massnahmen umsetzen und
dass Brutvögel, aber auch andere Tie-             sie führen auch dazu, dass bewusst na-                         so die Biodiversität effektiv fördern.
re und Pflanzen, von wertvollen Flächen           turfreundlich produzierende Bäuerinnen

                                                                                                 100

                                                                                                  80
                                                                 Bestandsindex

                                                                                 Bestandsindex

                                                                                                  60

                                                                                                  40

                                                                                                  20

                                                                                                   0
                                                                                                       1992   1996    2000     2004      2008     2012     2016
Die Grauammer besiedelt strukturreiche Kulturlandschaften und die Ränder         Ziel weit verfehlt: Der Swiss Bird Index SBI für die Zielarten UZL zeigt einen
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von Feuchtgebieten, stellt aber eigentlich keine grossen Ansprüche. Dass         fortwährenden Rückgang.
wir selbst diese Art nicht halten können, kommt einer Bankrotterklärung
der Landwirtschaftspolitik gleich.

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