Symposium "Organspende 2.0: Der Neustart wird gelingen!" - Sächsische Landesärztekammer
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TAGUNGSBERICHT Symposium „Organspende 2.0: Der Neustart wird gelingen!“ Willen“ des Verstorbenen. Im neuen Gesetz soll die Entscheidungsbereit- schaft in der Bevölkerung auch dadurch erhöht werden, dass in den Stellen zur Ausstellung von Personalausweisen die Menschen zu ihrer Spendebereitschaft befragt werden. Auch Hausärzte sollen verstärkt Aufklärungsarbeit leisten und dadurch Ängste abbauen. Völlig unge- klärt blieb dabei die praktische Umset- zung dieser gesetzlichen Vorgaben und die Schulung der Durchführenden. Auch neu ist, dass am Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information ein Register aufgebaut wird, in dem Informationen zu jedem Patienten gespeichert werden. Ein sol- © DSO / J. Rey ches Register ist sinnvoll, völlig unab- hängig davon, welche Lösung gesetz- lich festgelegt ist, aber der Aufbau ist nicht trivial und wird noch viele Jahre in Am 26. September 2020 war es nun ums für Soziales und Gesellschaftli- Anspruch nehmen. soweit. Trotz pandemiebedingter Ein- chen Zusammenhalt, sowie vom Präsi- schränkungen konnte das Symposium denten der Sächsischen Landesärzte- Im Gesetz wurde auch endlich die „Organspende 2.0: Der Neustart wird kammer, Erik Bodendieck. Rolle der Transplantationsbeauftragten gelingen!“ durchgeführt werden. Der Im Anschluss daran wurden wichtige (TxBeauftragten) gestärkt und ausrei- ursprünglich geplante Termin im April Neuerungen und Entwicklungen im chend mit Finanzmitteln ausgestattet. war abgesagt worden. Organspendebereich vorgestellt. Es werden ganz konkrete Unterstüt zungs angebote entwickelt, damit die Die Sächsische Landesärztekammer Prof. Dr. jur. Bernd-Rüdiger Kern be Kooperationen untereinander gefestigt, hatte dazu in Kooperation mit dem richtete kritisch über die neue Gesetz- Entnahmekrankenhäuser bedarfsge Sächsischen Staatsministerium für So gebung, da die in Sachsen eindeutig rechter unterstützt und innerklinische ziales und Gesellschaftlichen Zusam- präferierte Widerspruchslösung leider Pro zessabläufe rund um die Organ- menhalt eingeladen. auf Bundesebene nicht konsensfähig spende konkreter abgestimmt werden Digital und in Präsenz nahmen Kolle- war. Prof. Kern ging noch einmal auf die können. Die Sächsische Landesärzte- gen aus Dialysezentren, Krankenhaus- Unterschiede zwischen Widerspruchs-, kammer setzt eine ganze Reihe dieser mitarbeiter, Transplantationsbeauftrag Zustimmungs- und Entscheidungslö- Maßnahmen schon seit mehreren Jah- te, die Deutsche Stiftung Organtrans- sung ein. Dabei wurde auch darüber ren um und unterstützt die TxBeauf- plantation (DSO), Vertreter aus der Poli- diskutiert, ob die deutsche Entschei- tragten nach Kräften. tik, von Krankenkassen und von der evan- dungslösung nicht letztendlich wesent- gelischen und katholischen Kirche teil. lich fremdbestimmter ist als die abge- Dr. med. Hilal Yahya, neurochirurgischer lehnte Widerspruchslösung, denn in der Oberarzt und TxBeauftragter aus Duis- Eröffnet wurde die Veranstaltung durch Regel entscheiden mangels schriftli- burg, riss mit seinem nicht nur fachlich ein Grußwort von Dagmar Neukirch, cher Festlegung durch die Patienten hervorragenden, sondern vor allem Staatssekretärin des Staatsministeri- Angehörige über den „mutmaßlichen menschlich und ethisch berührenden 30 Ärzteblatt Sachsen 1|2021
TAGUNGSBERICHT Vortrag sein Publikum mit. Dabei wur- plantation (DSO), mittels eines detail- Analyse definierter Kriterien schnell den die Probleme zwischen der Thera- lierten Erfahrungsberichts aus dem erfolgen und eine Meldung per E-Mail pielimitierung in der Patientenverfü- Universitätsklinikum Dresden vor. Das an den zuständigen TxBeauftragten gung und dem Spenderwunsch umfas- Projekt ist in enger Zusammenarbeit übermittelt werden. Im Universitätskli- send beleuchtet und angeregt im Audi- zwischen dem Universitätsklinikum nikum Dresden ist diese Vorgehens- torium diskutiert. Dr. Yahya machte auf Dresden und der DSO entstanden. Die weise schon seit dem Frühjahr 2018 in den täglichen Konflikt behandelnder Idee einer kontinuierlichen Einzelfall- den klinischen Alltag implementiert. Ärzte und die damit verbundene analyse wurde bereits 2017 geboren, Die TxBeauftragten der Intensivstatio- schwierige ethische Herausforderung nachdem in der jährlichen Kontrolle nen im UKD werden jetzt automatisiert aufmerksam, da der Organspendeaus- aller in der Klinik Verstorbenen festge- zweimal täglich über potenzielle weis und die Patientenverfügung sich stellt wurde, dass einige potenzielle Organspender informiert. Durch diese oft in ihrer Aussage widersprechen. Organspender möglicherweise überse- frühe Detektion ist eine zeitnahe Eva- Forscher fordern hier bereits seit län- hen wurden. Man analysierte also alle luierung der Fälle möglich, es können gerem Aufklärungsarbeit, aber reicht Verstorbenen mit einer primären oder Expertisen von Neurointensivmedizi- Aufklärung hier allein? Dr. Yahya sekundären Hirnschädigung und ging nern vor einer eventuellen Therapieli- brachte viele Fallbeispiele aus seiner der Frage nach, warum eine Hirntod mitierung eingeholt werden und eine Klinik ein, anhand derer das Publikum diagnostik in den vorliegenden Fällen frühzeitige psychologische Unterstüt- und auch Staatssekretärin Neukirch nicht eingeleitet worden war. Das zung zur Begleitung der Angehörigen lebhaft mitdiskutieren konnten. Ist es Vorhandensein eines elektronischen kann organisiert werden. In allen Ein- zulässig, die intensivmedizinischen Patientenmanagementsystems wurde heiten wird nach der SOP der Deut- Maßnahmen fortzuführen, um eine dann die Basis eines Meldesystems in schen Stiftung Organtransplantation Hirntoddiagnostik und gegebenenfalls Echtzeit. So kann eine automatisierte gearbeitet, sodass auch die frühzeitige anschließend eine Organspende zu ermöglichen, wenn in der Patientenver- fügung eine Beatmung expressis verbis ausgeschlossen wurde? Die Antwort lautet: Ja. Für den Zeitraum, der für die Realisierung der vom Patienten ge wünschten Organspende erforderlich ist, muss dies sogar erfolgen, denn eine isolierte Betrachtung der Patientenver- fügung ohne Rücksicht auf die Organ- spendeerklärung würde dem Willen des Patienten nicht gerecht werden. Allen Fallbeispielen und der Diskussion konnte man als Fazit entnehmen, dass der Wille des Verstorbenen zur Organ- spende unbedingt durch entsprechen de Textbausteine in der Patientenver- fügung präzisiert werden muss (auf der Seite des Bundesjustizministeriums und der Sächsischen Landesärztekam- mer finden sich diese Textbausteine). Einen ausgesprochen interessanten Ansatz der automatisierten Spender erkennung stellten Dr. med. Anne Tra- © SLÄK bitzsch, Universitätsklinikum Carl Gus- tav Carus Dresden (UKD), und Konrad Dr. med. Hilal Yahya, Duisburg, machte darauf aufmerksam, dass Organspendeausweis und Pleul, Deutsche Stiftung Organtrans- Patientenverfügung oft nicht übereinstimmen. Ärzteblatt Sachsen 1|2021 31
TAGUNGSBERICHT Kontaktaufnahme mit der DSO ge währleistet ist. Derzeit entwickelt man in Zusammenarbeit mit dem Institut für Medizinische Informatik und Bio- metrie des Universitätsklinikums Dres- den eine unterstützende Screening- App. So kann dieses Erfassungssystem in der Zukunft auch auf Stationen mit den verschiedensten Patientendoku- mentationssystemen (PDMS) einge- führt werden, da es eine Option zur manuellen Eingabe auch ohne PDMS geben wird. Nach erfolgreichem Pro- jektabschluss wird dieses sehr prag- matische Vorgehen auch für andere Kliniken zur Verfügung stehen und die © SLÄK Spendererkennung deutlich vereinfa- chen. Wir werden an dieser Stelle dazu Dr. med. Anne Trabitzsch, Universitätsklinikum Dresden, und Konrad Pleul, Deutsche Stiftung berichten. Organtransplantation, stellen das Projekt zur automatischen Spendererkennung vor. Prof. Dr. rer. medic. Claus-Dieter Middel, LL.M., der Leiter der Geschäftsstelle aktuellen Stand. Das Konzept ist er sorgungsebene Kreativität und Energie Transplantationsmedizin der Bundes- stellt und die Finanzierung geklärt. eingesetzt werden, um zeitnah Verbes- ärztekammer, schloss mit seinem Vor- Für die Beauftragung einer zentralen serungen zu erzielen. „Besser eine trag zur „Vorstellung des Konzeptes Neurodienststelle wurde pandemiebe- Kerze anzünden, als über die Dunkel- Konsildienst zur Feststellung des irre- dingt ein Fristaufschub bis zum 30. Juni heit zu klagen!“ heißt es. Das Sympo- versiblen Hirnfunktionsausfalls (iHFA)“ 2021 gewährt. Es wurde eine Projekt- sium hat einen weiteren Anstoß zur die Veranstaltung ab. Aufgabe dieses gruppe Neurodienst eingerichtet, damit Förderung der Organspende gegeben. im Transplantationsgesetz (TPG) neu Ausschreibung und Auswahl professio- Der Rückenwind und die positive Stim- eingeführten Konsildienstes soll sein, nell begleitet werden können. Da hier mung in Bevölkerung und Politik sollten die iHFA-Feststellung in jedem Entnah- die Untiefen des europäischen Verga- genutzt werden, um weitere Schritte in mekrankenhaus zu jeder Zeit sicherzu- berechtes zu berücksichtigen sind, die richtige Richtung zu gehen. stellen und den Einsatz qualifizierter handelt es sich um eine komplexe Auf- Ärzte regional und flächendeckend zu gabe, bei der auch erheblicher juristi- Sämtliche Vorträge finden Sie auf gewährleisten. Ziel hierbei ist die scher Sachverstand gefragt ist. In der unserer Internetseite unter Sicherstellung der Diagnostik auch in Region Ost steht hier schon jetzt im www.slaek.de ➝ Ärzte ➝ Fortbildung strukturschwachen Regionen und die Bedarfsfall immer ein externer Experte ➝ Fort- und Weiterbildungsangebote, Unterstützung vor allem kleiner Ent- zur Verfügung. ebenso der komplette Mitschnitt nahmekrankenhäuser bei der Erfül - (www.portal.slaek.de) lung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen. Abschließend kann man sagen, dass Diese gesetzliche Regelung bedarf lei- nach dem TPG vor dem TPG ist. Aller- der noch eines längeren Vorlaufes, da dings werden viele der aktuellen Ände- Dr. med. Patricia Klein hier viele formale und organisatori - rungen erst nach einigen Jahren über- Ärztliche Geschäftsführerin sche Vorarbeiten notwendig sind. Prof. haupt eine Chance haben, Wirkung zu Maren Schmitz Middel informierte exklusiv über den zeigen. Deshalb müssen auf der Ver- Referat „Medizinische und ethische Sachfragen“ 32 Ärzteblatt Sachsen 1|2021
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