Geist in Maschinen. Übersetzung in Zeiten der künstlichen Intelligenz. Übersetzertag am 1. November 2019

Die Seite wird erstellt Kuno Weidner
 
WEITER LESEN
Geist in Maschinen.
Übersetzung in Zeiten
der künstlichen
Intelligenz. Übersetzertag
am 1. November 2019
Deutscher Ubersetzerfonds
„Aber die Übersetzer? Sind sie nun           neuesten Inkarnation von Google            den Beruf des Literaturübersetzens
  arm dran?”, fragte sich Dieter E. Zimmer   Translate) sogar offline übersetzen        bedeutet. Eines scheint bisher unbe-
  in seinem 1990 erschienenen Buch ­         und dabei den Klang unserer Stimme         stritten: Algorithmen sind kein Ersatz
 Die Elektrifizierung der Sprache.           imitieren. Doch wie steht es um die        für menschliche Kreativität. Und noch
 Fabelhaft schnelle, kleine Computer,        Qualität der maschinellen Überset-         halten wir es nicht für möglich, dass
 die maschinelle Übersetzung mühe­-          zung? Neuronale Netzwerke und Deep Maschinen zwischen den Zeilen lesen,
  los beherrschten und von denen man         Learning verheißen den Durchbruch          Ironie erkennen oder Emotionen
 ­immer höre, dass es sie in fünf oder       und werfen neue Fragen auf: wer            erfassen, geschweige denn in andere
 zehn Jahren geben werde, hielt Zimmer       definiert die Textkorpora, mit denen die Sprachen und Kulturen übertragen
 damals bis auf weiteres für unrealis-       Computer trainiert werden, und was         können. Aber was sind die Konsequen-
 tisch. Zu groß seien Reichtum und           macht es mit unserer Sprache, wenn         zen, wenn „selbstlernende” Maschinen
 Komplexität gerade literarischer            maschinell übersetzte Texte wiederum in immer mehr Bereiche des mensch­
 Sprache. Nein, der Computer werde           Trainingsmaterial werden? Kommt            lichen Lebens Einzug halten und für
 die Übersetzer so schnell nicht ver-        auf Literaturübersetzerinnen und -über- uns Entscheidungen treffen?
 drängen, wohl aber teils den Überset-       setzer zu, was bei Fachübersetzungen             Um Historie und Status quo
 zeralltag verändern – es sei sicher         oft schon üblich ist: das bloße Redi­      neuronaler maschineller Übersetzung
 nicht nach jedermanns Geschmack,            gieren maschineller Rohübersetzun-         zu beleuchten, ihre Möglichkeiten
„statt zu übersetzen Computerpatzer          gen – Post-Editing statt Übersetzen?       und Grenzen im Literaturbereich zu
  auszubügeln.”                                   Beim diesjährigen Übersetzertag       diskutieren und einen Blick in die
       Knapp zwanzig Jahre nach der          beschäftigen wir uns damit, was die        Zukunft zu wagen, haben wir Expertin-
Jahrtausendwende tragen wir fabel­haft       Entwicklung und Anwendung von              nen und Experten eingeladen und
  schnelle, kleine Hochleistungscompu-       künstlicher Intelligenz einerseits für die stellen aufs Neue die Frage: „Aber die
 ter in den Hosentaschen, die (in der        Sprache und Literatur, anderseits für      Übersetzer? Sind sie nun arm dran?”
11.00                                 14.15
        Begrüßung                            Poesieautomat,                     Automatenlyrik – Wie kreativ
                                      Hypertext, Twitteratur ... und            ist der Computer?
11.15                                 jetzt noch die Bots Über Chancen          Mahmoud Hassanein: Codes und
      Hype oder Zukunftsrealität?
                                      und Grenzen, Archive und Visionen,        Kultur – wenn das Sams Schijar heißt
Drei Gründe, warum wir
                                      Coups und Flops mit Computern             Kathrin Passig: Ein warnender
Maschinelle Übersetzung nicht
                                      in der Literatur                          Blätterteig von Spatzen. Was
unterschätzen sollten
                                      Hannes Bajohr und Christiane              automatische Übersetzung mit
Eröffnungsvortrag von Samuel Läubli
                                      Frohmann im Zwiegespräch                  unserer Sprache macht
                                      Moderation: Dania Schüürmann
11.50
      anschließendes                                                            17.30
                                                                                       Zukunft des Übersetzens:
Podiumsgespräch                       15.15
                                              Kaffeepause                       Post-Editing? Besteht der Alltag
mit Samuel Läubli, Mads Pankow
                                                                                des Literaturübersetzens bald
und Olga Radetzkaja
                                      15.45                                     aus dem Redigieren maschinell
Moderation: Birthe Mühlhoff                   Menschliche Kreativität
                                                                                übersetzter Texte?
                                      und maschineller Makel? In puncto
                                                                                Ein Blick auf den Stand der Dinge
12.30                                 Geschwindigkeit schlagen
        Imbiss                                                                  in der Fachübersetzung und
                                      Algorithmen jeden Übersetzer.
                                                                                Gedanken zu Möglichkeiten und
                                      Doch wie steht es um Ironie, ­
13.30                                                                           Grenzen von KI-Übersetzung
      Artifizielle Schöpfungstiefe:   kultu­­relle Besonderheiten oder
                                                                                in der Literatur. Podiumsgespräch
wem gehört der Text?                  poeti­­sche Assoziationen – kapituliert
                                                                                mit Cordelia Borchardt,
Maschinenübersetzungen und            die künstliche Intelligenz vor
                                                                                Imke Brodersen und Samuel Läubli
Urheberrecht                          uneigent­licher Sprache?
                                                                                Moderation: Birthe Mühlhoff
Vortrag von Valentin Döring           Impulsvorträge von: Mads Pankow:
18.30
        Imbiss

19.30
       Chinesisches Zimmer und
Kleist-Test Mensch gegen Maschine:
ein Team aus Übersetzerinnen und
Übersetzern tritt gegen DeepL an.
In einer zweiten Runde schreibt das
Team im Wettstreit mit dem Algo­
rithmus GPT-2 von Open AI eine
Geschichte weiter. Das Publikum
kürt den Sieger.
Moderation: Hannes Langendörfer
und Nina Thielicke

20.30                                          Parallel zur Veranstaltung sind im Foyer
        Die Bar ist geöffnet
                                            Installationen und Interaktionen zu sehen:
                                                      Leonie Ott: Machine / No Machine
                                      Philip Wang: This person does not exist / Articles
                                        Benjamin Laird und Oscar Schwartz: Bot Poet
                                                  Anna Ridler: No replacements found
                                                        Konzept und Projektleitung:
                                             Hannes Langendörfer und Nina Thielicke
Hannes Bajohr lebt in Berlin. Er         Christiane Frohmann studierte          Birthe Mühlhoff kommt aus               Olga Radetzkaja studierte
 wurde an der Columbia University         Allgemeine und Vergleichende           ­Dinslaken. Sie hat in Hamburg          ­ lavistik und Komparatistik. Die
                                                                                                                         S
 promoviert und arbeitet als wis-         Literaturwissenschaft, Philoso-         und Paris Philosophie studiert         Übersetzerin aus dem Russi­schen
 senschaftlicher Mitarbeiter am           phie und Neuere deutsche Litera-        und schreibt und übersetzt unter       (u. a. Lew Tolstoj, ­Julius Margolin,
 Seminar für Medienwissenschaft           tur (FU Berlin und Yale). Die           anderem für die Süddeutsche           Evgenij Vodolazkin, Vladimir
 der Universität Basel. Er schreibt       ­Berliner Autorin und Verlegerin        Zeitung, Zeit Online, Merkur, Edit    ­Sorokin, Viktor Schklowskij, Maria
 im Textkollektiv 0x0a digitale            (FROHMANN) und Mitgründerin            und Die Epilog. Zuletzt gab sie        Stepanova) lebt in Berlin. Sie ist
 konzeptuelle Literatur und über-          der Plattform ORBANISM hält            mit Danilo Scholz und Svenja           Co-Autorin des Dokumentarfilms
 setzt (u. a. Judith N. Shklar, Kenneth    international Vorträge zu digi­-       Bromberg Euro Trash bei Merve          Spurwechsel. Ein Film vom Über-
 Goldsmith). Zuletzt erschienen            talen Kulturen und setzt sich für      heraus. Bei mikrotext erschien         setzen und Redakteurin bei der
 Halbzeug. Textverarbeitung                gesellschaftliche Vielfalt ein         von ihr Werbung für die Realität       Zeitschrift Osteuropa. 2019 wurde
 und die Übersetzung von Nick              (u. a. Tabletalk Europe). Seit 2018    und ihre Übersetzung von Micro         sie mit dem Straelener Überset-
­Montfort: Megawatt.                       lässt sie sich im Netz von den         Science Fiction.                       zerpreis ausgezeichnet.
                                           Präraffaelitischen Girls vertreten.
Cordelia Borchardt studierte                                                     Leonie Ott studierte Kunstge-           Dania Schüürmann ist Literatur­
Anglistik und Germanistik in               Mahmoud Hassanein wurde in            schichte und Theaterwissenschaft        übersetzerin. Sie studierte Sozial-
­München und London und pro-               Kairo geboren. Er arbeitet als        in Berlin und Paris. Sie lebt in        und Kulturanthropologie sowie
 movierte in englischer Literatur-         Übersetzer deutschsprachiger          ­Berlin. In ihrer Arbeit als selbst-    Lateinamerikanistik in Amsterdam,
 wissenschaft. Seit 1998 ist sie           Literatur ins Arabische und ist        ständige Comiczeichnerin nutzt         Recife und Berlin, wo sie heute
 leitende Lektorin für deutsche            wissenschaftlicher Mitarbeiter         sie das dokumentarische Potential      lebt. Aktuell interessiert sie sich
 und internationale Belletristik und       am Germersheimer Fachbereich           des Comics, um die Kunst- und          insbesondere für die Übersetzung
 Teamleiterin in der Allgemeinen           der Universität Mainz. Für seine       Kulturszene abzubilden. Sie illus­     als Textgattung. Zuletzt erschien
 Unterhaltung bei den S. Fischer           Übersetzungen wurde er u. a.           trierte den Band Black Mountain        ihre Übersetzung aus dem
 Verlagen in Frankfurt. Außerdem           mit dem Deutsch-Arabischen             Research im Kerber Verlag, zuletzt     ­Portugiesischen: Hélia ­Correia.
 leitet sie Schreibseminare               ­Übersetzerpreis ausgezeichnet.         erschien die Comicreportage             ­Zwanzig Stufen und andere
 und hält Vorträge u. a. in Stanford.                                             Verdichtung im Tagesspiegel.          ­Erzählungen.
Imke Brodersen ist Diplomüber-          Hannes Langendörfer studierte in      Mads Pankow arbeitet als Policy          Nina Thielicke studierte Kultur-
setzerin aus dem Englischen             Freiburg und Uppsala Skandina-        Advisor beim Innovationsbüro. Er         wissenschaft, Kunstgeschichte
und Spanischen mit Fachrichtung         vistik und Germanistik. Er lebt als   ist außerdem freiberuflicher Jour-       und Neuere deutsche Literatur in
Medizin. Sie lebt bei Karlsruhe,        Übersetzer aus dem Dänischen,         nalist und Politikberater zu The-        Bremen, Amsterdam und Berlin.
wo sie freiberuflich Fantasy-­          Schwedischen und Englischen in        men der Digitalen Gesellschaft           Nach beruflichen Stationen im
Serien, aber auch Sachbücher            Berlin.                               und K.I. In Vorträgen und Artikeln       Musik- und Tanzbereich sowie im
zu Gesundheitsthemen und                                                      fragt er u. a.: Künstliche Kreativität   Textildesign arbeitet sie seit 2007
­Psychologie übersetzt. Seit 2011       Samuel Läubli studierte Compu-        – Was taugt der Rembrandt                beim Deutschen Übersetzer-
 bloggt sie zu Übersetzungs­            terlinguistik in Zürich und Künst­    aus dem Automaten?, Lektorat:            fonds, wo sie für Projekte und
 themen und lotet aus, ob               liche Intelligenz in Edinburgh. ­     KI oder Human Touch? Oder:               kulturelle Bildung zuständig ist.
 Maschinenüber­setzung und              Er ist Lehrbeauftragter an der        Schreiben Roboter bald Bücher?
 Post-Editing auch für kreative         Universität Zürich sowie Partner
 Texte hilfreich sein können.           und CTO bei TextShuttle. Seine         Kathrin Passig ist Mitbegründerin
                                        Forschungsschwerpunkte sind            der Zentralen Intelligenz Agentur,
Valentin Döring arbeitet als            Maschinelle Übersetzung,               betreibt den Gemeinschaftsblog
­ ewerkschaftssekretär und Jurist
G                                       Übersetzungswissen­schaft und          Techniktagebuch und hat u. a. den
für die Bundesverwaltung von ­          Human-Computer Interaction.            Twitter-Bot Der Wanderfelsen
ver.di in Berlin. Er ist Bereichslei-   Er hielt zahlreiche Vorträge mit       gestartet. 2006 gewann sie den
ter für Kunst und Kultur und            Titeln wie When Google Translate       Bachmann-Preis. Von der „Sach-
­Geschäftsführer des VS in ver.di.      is better than Some Human              buchautorin und Sachenaus­
 Seine juristischen Schwerpunkte        ­Colleagues, those People are          denkerin“ (Passig über Passig)
 sind Arbeitsrecht, ­Urheberrecht       no longer ­Colleagues.                 erschien zuletzt Vielleicht ist das
 und IT-Recht.                                                                 neu und erfreulich. Technik.
                                                                              ­Literatur. Kritik.
Deutscher Übersetzerfonds
im Literarischen Colloquium Berlin
Am Sandwerder 5
14109 Berlin
www.uebersetzerfonds.de

Eintritt: 8 € / ermäßigt 5 €

Der Deutsche Übersetzerfonds wird gefördert von:
Sie können auch lesen