Synagoge - Jüdisches Leben in Graz - Arbeitsmappe

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Arbeitsmappe

      Synagoge -
Jüdisches Leben in Graz
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INHALTSVERZEICHNIS

1.   Themen und Lernziele des Lehrausganges und der übergeordneten Unter-
     richtssequenzen

2.   Thema, Zielgruppe, Lehrplanbezug, Vorkenntnisse

3.   Einheiten
        a) 1. Einheit – Einführung in das Thema
        b) 2. Einheit – Jüdisches Leben in Graz
        c) 3. Einheit – Antisemitismus und Holocaust
        d) 4. Einheit – Besichtigung der Synagoge
        e) 5. Einheit – Nachbesprechung, Nachbearbeitung

4.   Weitere Besichtigungsmöglichkeiten / Arbeitsaufgaben zum Thema
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Lehrausgang Synagoge – Jüdisches Leben in Graz

Thema: Synagoge – Jüdisches Leben in Graz:
   •   Allgemeine Einführung zum Judentum
   •   Jüdisches Leben in Graz
   •   Antisemitismus und Holocaust
   •   Religiöses Leben (Projektarbeit verbunden mit dem Religionsunterricht)

Zielgruppe:
7. Klasse AHS

Lehrplanbezug:
   •   nationalsozialistisches System und Holocaust (Entwicklung; Österreich im Drit-
       ten Reich; Widerstands- und Freiheitsbewegungen)
   •   Förderung der Sach- und Sozialkompetenz
   •   Der Überwindung von Vorurteilen, Rassismen und Stereotypen.
   •   Akzeptanz und gegenseitige Achtung fördert die Identitätsbildung.
   •   Die Schülerinnen und Schüler sollen weiters befähigt werden, Sachverhalte
       und Probleme in ihrer Vielschichtigkeit, ihren Ursachen und Folgen zu erfas-
       sen und ein an den Menschenrechten orientiertes Politik-und Demokratiever-
       ständnis zu erarbeiten.

Vorkenntnisse:
       •   Die Schüler wissen über den Ursprung und die Tradition der jüdischen Re-
           ligion bescheit. Die jeweilige Thematik wurde in Kooperation mit dem Reli-
           gionsunterricht genau besprochen. Weiters wurde auf die Ursprünge des
           Antisemitismus, die Entwicklungen in der Zwischenkriegszeit und im Fa-
           schismus eingegangen.
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1. Einheit: Einführung in das Thema

   Inhalt:
       •     Was versteht man unter Judentum?
       •     Woher kommt der Name „Jude“?
       •     Wie entwickelte sich das Judentum?
       •     Was ist eine Synagoge?

   Lernziele:
       •     Die Schüler sollen einen allgemeinen Überblick über diese Thematik be-
             kommen.

   Allgemeines (Besprochen im Religionsunterricht)

Der Davidstern (hebräisch magen david = Schild Davids) gilt als das neuzeitliche Symbol des Juden-
tums und des jüdischen Volkes.

Unter Judentum versteht man die Gesamtheit aus Kultur, Geschichte, Religion und
Tradition des sich selbst als Volk Israel (hebr. am jisrael, bnei jisrael) bezeichnenden
jüdischen Volkes. Mit dem Begriff können auch gezielt die jüdische Religion oder, als
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Gruppe, die sowohl ein Volk als auch eine Glaubensgemeinschaft darstellenden Ju-
den angesprochen werden.
Das Judentum wird zu den Weltreligionen gezählt, wenngleich ihm nur ca. 13,5 Mil-
lionen Menschen angehören (Vergleich: Christentum ca. 2,1 Milliarden, Islam ca. 1,3
Milliarden). Dies hat historische Gründe: Nicht nur, dass Christentum und Islam sich
vielfach auf die Überlieferungen des Judentums berufen, das Judentum war auch
hinsichtlich seiner Verbreitung die erste Weltreligion. Zum Ende der Antike fanden
sich jüdische Gemeinden weit über den römisch-hellenistischen Raum hinaus ver-
streut bis nach China, Indien und Afrika.

Name

Die Bezeichnung „Juden“ bedeutete ursprünglich „Judäer“ und geht auf das
Königreich Juda zurück, das seinen Namen wiederum von den darin lebenden
Angehörigen des Stammes Juda hatte. Der Name „Judentum“ bezieht sich
ursprünglich nur auf diesen einen von den Stämmen Gesamtisraels. Nach der
Babylonischen Gefangenschaft wurden alle Bewohner der Region von den
umliegenden Völkern als „Judäer“ bezeichnet und damit der Name „Juden“ auf alle
Israeliten ausgedehnt. In der Diaspora wurde der Name „Juden“ dann zu ihrer
Selbstbezeichnung.

Jüdische Geschichte

Als Urväter der Juden gelten Abraham, Isaak und Jakob, die westsemitische Noma-
denstämme anführten, die irgendwo zwischen dem Mittelmeer und Mesopotamien
lebten. Historische Belege für ihre Existenz gibt es keine. Wenn, dann lebten sie
wahrscheinlich während der Zeit der Sesshaftwerdung der Nomaden zu Beginn der
Bronzezeit, also zwischen 1900 und 1500 v. Chr. Als Stifter der jüdischen Religion
gilt Mose. Daher wird die jüdische Religion auch als „mosaische Religion“ bezeich-
net. Moses ist im Judentum der höchste Prophet aller Zeiten, der Gott so nah kam,
wie sonst kein Mensch vorher oder seitdem. Historische Belege für die Existenz Mo-
se fehlen jedoch. In der Bibel führt Mose den Auszug des hebräischen Volkes aus
Ägypten an. Wann und ob dieser historisch stattgefunden hat, ist jedoch ebenfalls
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unklar. Traditionell gilt Mose zudem als Verfasser der nach ihm so benannten "Fünf
Bücher Mose" (in der jüdischen Religion i.d.R. Tora genannt), die die Basis des jüdi-
schen Glaubens bilden. Diese Auffassung wird heute jedoch außerhalb des
Orthodoxen Judentums (sofern dort überhaupt mit der Historizität des Mose gerech-
net wird) kaum mehr vertreten.
Nach der Tora, (den fünf Büchern Mose), beginnt die Geschichte des jüdischen Vol-
kes mit dem Bund, den Gott mit Abraham schließt (Gen 12). Die jüdische Tradition
sieht Abraham als den Begründer des Monotheismus, des Glaubens an einen einzi-
gen, unsichtbaren Gott. Diesen Bund setzt Gott mit Abrahams Sohn Isaak und des-
sen Sohn Jakob fort, der seit dem Ringkampf am östlichen Ufer des Flusses Jabbok
(1. Mose 32) Jisrael genannt wurde.
Jakob hatte zwölf Söhne, die als Stammväter der Zwölf Stämme Israels (Israeliten)
gelten. Diese ziehen von Kanaan, dem heutigen Palästina bzw. Israel nach Ägypten,
wo ihre Nachfahren vom Pharao versklavt werden. Aus dieser Sklaverei werden die
von Mosche (Moses) angeführten Hebräer durch Gott befreit, der ihnen am Berg Si-
nai die (schriftliche und mündliche) Tora offenbart.
Bereits in hellenistischer Zeit fanden Auswanderungsbewegungen aus Palästina
statt: Das so genannte Hellenistische Judentum entstand. Spätestens seit der Zerstö-
rung des jüdischen Staates im 1. Jahrhundert nach Christus und der Zerstörung Je-
rusalems unter Hadrian zerstreuten sich die Juden als regional greifbares und ge-
schlossenes Volk endgültig, wobei jedoch die große Mehrheit innerhalb des Römi-
schen Reiches siedelte. In der Spätantike und dem frühen Mittelalter verschob sich
der Schwerpunkt nach Babylonien.
Die übrigen Anhänger des Judentums verteilten sich im Hochmittelalter auch in ande-
re Teile Europas, im Spätmittelalter, im Zuge der Pestpogrome und der Ausweisung
beispielsweise aus Frankreich, besonders nach Osteuropa, ferner in die islamische
Welt und im Anschluss (Vertreibung aus Spanien 1492) wieder ins heutige Palästina
sowie auch in die Neue Welt. Juden wurden oft verfolgt und ghettoisiert, konnten sich
stellenweise aber auch unter Beibehaltung von Glaube und Tradition als integraler
Bestandteil der lokalen Gesellschaften etablieren.
Synagogen

Eine Synagoge ist ein jüdisches Versammlungs- und Gotteshaus für Gebet, Schrift-
studium und Unterweisung. Mit zehn männlichen Betern, dem Minjan, kann sich eine
Gemeinde konstituieren.
Die hebräische Bezeichnung für die Synagoge ist „eda“ oder „Beth knesset“ (Haus
der Versammlung) oder Beth Tefila (Haus des Gebets), jiddisch auch „Schul“. Sie ist
unterteilt in den Gebetsraum und kleinere Räume zum Studium. Diese Lehrräume
werden als Beth Midrash (hebr.: Haus der Lehre) bezeichnet.
Die Entstehungszeit der Synagogen ist unklar. Oftmals wird sie mit dem babyloni-
schen Exil (586-538 v. Chr.) in Verbindung gebracht. Der Begriff selbst taucht ab
dem 3. Jahrhundert v. Chr. als Bezeichnung für die „Versammlungshäuser“ der jüdi-
schen Diasporagemeinden auf.

Synagogen fielen immer wieder Judenpogromen zum Opfer. An ihrer Stelle wurden
teilweise Frauenkirchen errichtet, so in Rothenburg ob der Tauber, Bamberg,
Würzburg, Nürnberg, Weißenburg in Bayern, Regensburg und Ingolstadt (Schutter-
kirche).
In Deutschland und Österreich zerstörten Nationalsozialisten (zumeist Angehörige
der SA) bei den Novemberpogromen 1938 (von den Nazis wegen der vielen Glas-
splitter zynisch auch „Reichskristallnacht“ genannt) am 9. und 10. November 1938
2676 Synagogen und jüdische Gemeindehäuser, wobei etwa 400 Menschen getötet
wurden, in den folgenden Tage ist es zur Inhaftierung von etwa 30.000 Jüdinnen und
Juden gekommen. Allein in Wien wurden 42 Synagogen und Gebetshäuser in Brand
gesteckt.
2. Einheit:
   Juden in Graz – Ein kurzer Überblick

Die Geschichte der Grazer Juden beginnt um etwa 1160. Der steirische Markgraf
Otakar III. brachte 1160 durch Hinrichtung des adeligen Grundbesitzergeschlechtes,
wegen angeblichen Hochverrates, den Grazer Boden in seinen Besitz. Im Zuge die-
ser Entwicklung erhielt Graz auch einen riesigen Marktplatz. Südlich dieses neu ent-
standenen Marktplatzes entwickelte sich das Judenviertel. In diesem Gebiet wurden
nun die Juden der umliegenden Gebiete angesiedelt. Das bestehende Judenviertel
wurde daraufhin 1261 erstmals urkundlich erwähnt. Das Judenviertel bildet ein etwa
100 mal 140 Meter großes Rechteck, dessen südliche Längsseite an die Stadtmauer
grenzte, wobei eine eigene Ausgangspforte, das „Judentürl“, in die Stadtmauer ein-
gelassen wurde. Außerhalb der damaligen Stadtmauern, in der Nähe des heutigen
Joanneumrings, lag der alte Judenfriedhof, von dem der letzte Grabstein als Sockel
in der Grazer Burg erhalten ist.

Gründung einer jüdischen Gemeinde in Graz

Die Juden stellten für den Fürsten eine wichtige direkte Steuerquelle da und so konn-
te man annehmen, dass durch die Umsiedlung der bisherigen Straßengler Judendor-
fes, das Grazer Getto entstand. Bereits diese erste Gemeinde im Mittelalter hat eine
Synagoge errichtet. Von dieser gibt es allerdings keine archäologischen Funde. Der
Grund dafür ist, dass das gesamte Judenviertel bei der Vertreibung der jüdischen
Gemeinde Ende des 15. Jahrhunderts niedergerissen worden ist.

Schon vor dem Lateranskonzil von 1179, bei welchem beschlossen wurde, dass jü-
dische Wohnviertel von der christlichen Umwelt abzuschließen, haben Juden fast
immer zusammen in eigenen Siedlungen gewohnt. Das Getto in Graz war ein deut-
lich in sich geschlossener Straßenzug, in der Mitte befand sich ein Häuserblock, in
welchem sich die Synagoge sowie die Wohnung des Rabbiners befanden.
Im 15. Jahrhundert waren bei einer Gesamtbevölkerung von 5.000 Menschen circa
200 Juden in Graz wohnhaft. In diesem Jahrhundert begann aber auch eine Welle
von Judenaustreibungen in Europa. Der Auslöser war, dass bei Adel und Bürgertum
die religiösen Bedenken gegen das Zinsnehmen gefallen sind, daher wurde darauf-
hin versucht, sich der jüdischen Konkurrenz zu entledigen. Im Jahr 1438/39 wurde
das Getto auf Wunsch der Bürgerschaft von Herzog Friedrich IV. aufgelöst. Die Ju-
den mussten die Stadt verlassen, durften aber ihr bewegliches Eigentum mitnehmen,
ihre Häuser wurden zu Gunsten der Kassa des Herzogs verkauft.
Der ganze östliche Teil des Judenviertels musste einem geistlichen Baukomplex wei-
chen, zunächst war dies eine geweihte Kapelle jedoch wurde diese später zur „Kir-
che zum heiligen Blut“ erweitert.

Ab 1447 wurden die Juden wieder in Graz geduldet, da Kaiser Friedrich III. nicht auf
die Steuern der Juden verzichten wollte. Die Zustimmung des Adels musste sich der
Kaiser erkaufen und das Bürgertum wurde beschwichtigt, indem die Juden mit einem
Handelsverbot belegt wurden. Das ehemalige Getto wurde weiter abgebrochen und
die zuziehenden Juden mussten verstreut in der Stadt leben. Nach dem Tod von
Friedrich III. bekamen die Judengegner neuen Auftrieb, die steirischen Landesstände
intervenierten beim Nachfolger Maximilian I. gegen die Juden. Nach einer Ab-
schlagszahlung der Landesstände an den Kaiser, erließ jener einen schriftlichen
Ausweisungsbefehl für alle Juden in „Innerösterreich (Kärnten, Steiermark, Krain).
Diese Deportation wurde mit angeblicher Hostienschändung, Ritualmorden und Fäl-
schungen der Schuldbriefe begründet. Jedoch waren diese Gründe nur ein Vorwand,
der wahre Grund war jener, dass große Teile der Bevölkerung am Ende des Mittelal-
ters bei den Juden hoch verschuldet waren und sie in der Vertreibung dieser einen
Weg fanden, sich ihrer Schulden zu entledigen. Diese Umstände führten zum Juden-
verbot von 1496, die Juden durften ihr bewegliches Hab und Gut mitzunehmen, je-
doch mussten sie ihrer Häuser so schnell wie möglich verkaufen, wobei sie kaum
einen guten Preis erhielten.

Die Regierungszeit von Maria Theresia brachte eine Verbesserung der Zustände für
die Reisefreiheit der privilegierten „Hofjuden“ ein, aber in Graz und der Steiermark
blieb es bei der absoluten Judensperre. Erst am 9. 11. 1783 wurde es den Juden
durch ein Hofdekret erlaubt, Jahrmärkte in Graz, Klagenfurt und Laibach zu besu-
chen. Jedoch war fast bis 1850 in Graz kein Jude dauernd ansässig, erst das Patent
vom 28. März 1849 brachte eine leichte Verbesserung, denn ab diesem Zeitpunkt
war der Genuss der bürgerlichen und politischen Rechte vom Religionsbekenntnis
unabhängig.

Erst im 19. Jahrhundert kam es schließlich wieder zur Ansiedelung von Juden in
Graz. 1869 ist die „Grazer Israelitische Kultusgemeinde“ gegründet worden. In den
folgenden Jahren wuchs die Gemeinde rasch an. 1880 haben etwa 1200 Juden in
der Stadt gelebt.

1938 ist es zum sogenannten „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland gekom-
men. Der damalige Gauleiter Uiberreiter forderte, dass Graz „rasch judenfrei“ wer-
den müsse. Von den ursprünglich 2.200 Juden waren im März 1938 nur mehr etwa
1.700 in der Stadt, viele von ihnen waren bereits geflohen.

Am 9. November 1938 kam es schließlich zur sogenannten „Reichskristallnacht“.
Dabei sind systematisch jüdische Einrichtungen im gesamten damaligen „Deutschen
Reich“ zerstört worden. Etwa 400 Juden sind ermordet worden, in den folgenden Ta-
gen ist es zur Inhaftierung von etwa 30.00 Juden gekommen.
Auch Graz blieb davon nicht verschont: in der Pogromnacht sind die Synagoge und
die Aufbewahrungshalle am jüdischen Friedhof in Brand gesteckt worden. Etwa 300
Grazer Juden wurden damals ins KZ Dachau deportiert.

Ein Zitat eines NSDAP-Mitglied zu den damaligen Vorgängen gibt das barbarische
Treiben folgendermaßen wieder:
„Das Tor zum Judentempel – ein aufdringlich orientalischer Bau, der als Sitz des gei-
stigen Zentrums der Juden in der Steiermark jedem verhasst ist – wurde erbrochen.
Die Menge drang in das Innere ein. Volksgenossen erkletterten die Spitze der Kuppel
und entfernten den Zionsstern, der in die Tiefe stürzte und hier in Stücke brach,
Symbol des Zusammenbruchs der jüdischen Weltherrschaftsgelüste. Plötzlich flamm-
te in der Kuppel Feuer auf, das in rasender Schnelligkeit um sich griff. Gegen 1 Uhr
brach die Kuppel zusammen.“
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Arbeitsauftrag 1
Betrachte die Stadtkarten aus dem 14. Jahrhundert und dem 16. Jahrhundert, auf
welchen das Grazer Judenviertel eingezeichnet ist. Versuche diese Viertel nun auf
eine Stadtkarte des heutigen Graz zu übertragen und überlege ob man damalige Zü-
ge eines Gettos auch noch heute erkennen kann? (z.B. geschlossenes Gassensy-
stem)

Tipp: Im Bereich südlich des Hauptplatzes, der einst bis zur Landhausgasse reichte,
kann man westlich der Herrengasse ein geschlossenes Gassensystem erkennen.
Der Straßenzug Frauengasse - Jungferngasse – Pfarrgasse (Fischer von Erlach-
gasse) hieß bis in das 18. Jahrhundert Judengasse.

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Arbeitsauftrag 2:
Suche im Bereich des ehemaligen jüdischen Viertels nach Spuren, die auf dieses
hinweisen. Diskutiert anschließend in der Gruppe eure Ergebnisse und besprecht,
was der Grund für die (nicht) vorhandenen Spuren sein könnte.

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   3. Einheit:
   Judenfeindlichkeit und Holocaust

   Inhalt:
      •      Ursprünge des religiösen und „rassischen“ Antisemitismus
      •      Die Shoah
      •      Antisemitismus heute

Der „Judenstern“ war eine Zwangskennzeichnung
für jüdische Bürger im Nationalsozialismus.

Antisemitismus (auch Judenhass, Judenfeindschaft, gegebenenfalls Judenverfol-
gung) ist die pauschale Ablehnung der Juden und des Judentums. Dieses Phäno-
men ist seit etwa 2500 Jahren bekannt und hat besonders die Geschichte Europas
über weite Strecken begleitet. Feindschaft gegen Juden reicht von Verleumdung,
Diskriminierung und Unterdrückung über lokale und regionale Ausgrenzung, Verfol-
gung und Vertreibung bis hin zu Versuchen einer vollständigen Ausrottung. Diese
führten in der Zeit des Nationalsozialismus zum Holocaust (1941–1945).

Die Anfänge des Antisemitismus sind eng verstrickt mit dem Christentum. Als
jüdische Sekte entstanden, musste sich das Christentum von seiner ursprünglichen
Religion, dem Judentum, abgrenzen. Dies führte – auch unter dem Eindruck der
Christenverfolgungen im römischen Reich – dazu, dass sich bald die Legende des
„jüdischen Gottesmordes“ etablierte.

Den Kreuzzügen im Mittelalter, in denen die arabischen „Heiden“ im „heiligen Land“
bekämpft wurden, gingen immer Pogrome in den Kreuzfahrerstaaten selbst voraus.

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Ideologisch legitimiert durch den unterstellten Christusmord und Legenden über
angebliche    Brunnenvergiftungen,       hatte     der   katholische   Antijudaismus   seine
ökonomische Basis in den Verhältnissen der Zeit. Zwei Verbote waren dafür
ausschlaggebend: Einerseits das selbst auferlegte der Christen, Geld gegen Zinsen
zu verleihen und andererseits das, das es Juden nicht gestattete, Land zu besitzen.
So wurden wohlhabende jüdische Händler in die Rolle der „Wucherer“ gedrängt.
Nicht selten ermöglichten diese mit ihren Krediten Luxus und Reichtum von Kirche
und Adel. Durch die Verfolgung und Ermordung von Juden konnten sich so die
Herrschenden ihrer Schulden entledigen.

Aus dieser Zeit rührt auch das Bild des „habgierigen jüdischen Parasiten“, das sich
bis heute in verschieden Formen erhalten und weiter entwickelt hat. Den
antijüdischen Verfolgungen in dieser Zeit konnten sich die Jüdinnen und Juden durch
den Übertritt zu einer christlichen Kirche entziehen. Das änderte sich mit dem
Aufkommen des „rassischen“ Antisemitismus Ende des 19. Jahrhunderts. Nun
wurden die Jüdinnen und Juden nicht mehr als religiöse Gemeinschaft sondern als
„Rasse“ betrachtet.

Eine neue Dimension erreichte der Antisemitismus mit dem Aufstieg der Nazis in
Deutschland. Die Auswirkungen des nazistischen Antisemitismus waren anfänglich
der Boykott jüdischer Geschäfte und die Zerstörung jüdischer Einrichtungen und
Synagogen in der sog. „Reichskristallnacht“. Er führte sodann zur völligen Isolierung
und gipfelte in der Shoah – der systematischen Ermordung von sechs Millionen
Jüdinnen und Juden in den Vernichtungslagern des Hitlerfaschismus.

Propagandabild der NS-Zeit: „Wandernder Jude“

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Als Holocaust oder als Shoah (hebräisch für „Unheil“, „große Katastrophe“) be-
zeichnet man heute den Völkermord an Juden in der Zeit des Nationalsozialismus.
Der Holocaust gilt als einzigartiges Verbrechen, da er die europäischen Juden voll-
ständig, systematisch und mit industriellen Methoden auszurotten anstrebte. Alle
Menschen, die das NS-Regime als Juden definierte, waren schon deshalb zur Er-
mordung vorgesehen und hatten kaum Überlebenschancen, wenn sie in die Hände
des nationalsozialistischen Machtapparats fielen. In den Konzentrations- und Ver-
nichtungslagern des Nazi-Faschismus wurden etwa sechs Millionen Menschen, viel-
fach durch den Einsatz von Giftgas, ermordet.

Konzentrations- und Vernichtungslager im von Nazi-Deutschland beherrschten Europa

Antisemitismus heute
Antisemitismus gilt auch nach dem 2. Weltkrieg und dem Holocaust noch nicht als
überwunden und tritt in unterschiedlichen Formen auf. Darunter fallen etwa die
Leugnung der Shoah durch sogenannte „Revisionisten“ oder das Aufgreifen antise-
mitischer Stereotype, die etwa
das      Bild    einer   angeblich
„jüdisch dominierten“ Welt auf-
greifen, deren Zentrum die US-
amerikanische Ostküste sein
soll. Immer wieder kommt es
auch zu Übergriffen gegen
Juden oder zur Schändung
jüdischer       Friedhöfe   (siehe
Bild).

                                                                                    15
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Arbeitsauftrag 3 (Hausübung):
Finde heraus, um welches Konzentrationslager es sich hier handelt und führe wichti-
ge Informationen an.

Arbeitsauftrag 4:
Fülle diesen Fragebogen zum Thema Antisemitismus und Holocaust aus und ver-
gleiche ihn mit deinem Nachbarn.

         1. Was versteht man unter Antisemitismus?

         2. Warum kam es im Mittelalter zu Vertreibungen von Juden?

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3. Was waren die Auswirkung des nazistischen Antisemitismus?

4. Was versteht man unter Holocaust?

5. Hast du schon Erfahrungen mit Judenfeindlichkeit gemacht? Wenn ja,
   welche?

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Arbeitsauftrag 5 (Hausübung):
Versetze dich in die Lage eines Juden und schildere deine Gefühle und Ansichten zu
diesem Bild in einem kurzen Text.

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   4. Einheit:
   Besichtigung der Synagoge

Die alte Synagoge

Die   Errichtung   der   ersten   Synagoge   am
Grieskai ist 1887 in Auftrag gegeben worden.
Der damit beauftragte Architekt Maximilian
Katschner hat einen quaderförmigen Back-
steinbau entworfen, der von einer Kuppel ge-
krönt war. Wie bereits oben erwähnt, ist dieser
Bau 1938 eingeäschert und gesprengt worden.

Die neue Synagoge

Der Neubau der Synagoge ist erst 1998 vom Grazer Stadtparlament beschlossen
worden. Dieser Neubau sollte keine Rekonstruktion der alten Synagoge sein, geich-
zeitig sollte er aber einen Bezug zu dieser herstellen. Diese Verbindung zwischen alt
und neu ist vor allem durch die Verwendung der alten Synagogenziegel geschaffen
worden.

Die Synagoge bietet etwa 150 Perso-
nen Platz, im Untergeschoß findet sich
ein Saal, der für Vorträge oder Ausstel-
lungen der Kultusgemeinde genutzt
wird. Übergeben ist der Neubau an die
Kultusgemeinde am 9. November 2000
worden, als 62 Jahre nach der Zerstö-
rung der letzten Synagoge.

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   5. Einheit:
   Nachbesprechung, Nachbearbeitung

   Die     Ergebnisse     werden     besprochen,      zusammengefasst         und         gemeinsam
   verarbeitet.

   Mögliche Verarbeitungsformen:
       •   Fotoreportage
       •   Quiz bzw. Rätselblätter zu dieser Thematik
       •   Fächerübergreifend mit Deutsch:
           Reportage, Berichte, Gedichte, Briefe, Tagebucheintrag etc.
           Schülerzeitschrift
           Buch: Anne Frank
       •   Zusätzliche Informationen aus Internet oder Bibliothek beschaffen
       •   Exkursion in das ehem. KZ Mauthausen

   4. Weitere                      Besichtigungsmöglichkeiten                                      /
       Arbeitsaufgaben zum Thema:

Der jüdische Friedhof: (Wetzelsdorferstraße 33 - Ecke Alte Poststraße, 8020 Graz)
                                                      Der Jüdische Friedhof Graz ist ein
                                                      1864/65 gegründeter jüdischer Fried-
                                                      hof im heutigen Grazer Stadtteil Wetz-
                                                      elsdorf. Er dient seit dieser Zeit als
                                                      Hauptbegräbnisstätte          der    jüdischen
                                                      Gemeinde in Graz. 1910 wurde auf
                                                      dem Friedhofsgelände die Zeremo-
                                                      nienhalle eingeweiht. Während der
Novemberpogrome 1938 wurde die Leichenhalle am 10. November 1938 in Brand

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gesetzt und zerstört. Das Gelände wurde enteignet und an die Stadt Graz verkauft.
Mit Ausnahme der zerstörten Zeremonienhalle und weniger Gräber blieb der Friedhof
jedoch bis Kriegsende erhalten und wurde 1946 an die Israelitische Kultusgemeinde
restituiert. Am 11. November 1991 wurde im Anschluss an das "Bedenk-/Gedenkjahr
1938/88" eine neue Zeremonienhalle eröffnet.

Ausstellung: Der Koffer der Adele Kurzweil
Im Herbst 2009 findet die Ausstellung „Der Koffer der Adele Kurzweil in Graz statt.
Der Inhalt dieser Ausstellung ist folgender: 1995 wurden geheimnisvolle Koffer ge-
funden. Die Koffer erwiesen sich als die letzten Habseligkeiten der Grazer Familie
Kurzweil, die 1938 vor den Nationalsozialisten nach Montauban emigrierte und im
August 1942 in Auschwitz ermordet wurde...

Ausgehend von diesem Projekt bietet die Israelitische Kultusgemeinde gemeinsam
mit der ARGE Jugend gegen Gewalt und Rassismus, interessierten Jugendlichen ab
der 8. Schulstufe bzw. StudentInnen die Möglichkeit, an einer Projektfortführung
teilzunehmen: Persönliche Lebensgeschichten um Flucht und Vertreibung aus dem
Heimatland, Willkür und Verfolgung – Identitäten in unterschiedlichen Kulturkreisen –
Aktuelle Gesetze zu Flucht und Migration, soziale Situation von MigrantInnen im Ver-
gleich.

Das Lesen verschiedener Schriften:
                              Bsp.: Das kaiserliche Edikt aus dem Jahr 1496, mit
                              welchem die Juden aus der Steiermark vertrieben
                              wurden.

KZ Mauthausen:
Das KZ Mauthausen war das größte Konzentrationslager der Nationalsozialisten in
den damaligen Donau- und Alpenreichsgauen, dem heutigen Österreich. Es befand
sich in Mauthausen, 15 Kilometer östlich von Linz, und existierte vom 8. August 1938
bis zu seiner Befreiung durch US-amerikanische Truppen am 5. Mai 1945. Auf dem

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Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers befindet sich heute eine Gedenkstät-
te.

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