#systemrelevant 50 Jahre angewandte SAGE-Wissenschaften an der Alice Salomon Hochschule Berlin - Deutsches Zentralinstitut für soziale ...
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Soziale Arbeit #systemrelevant 50 Jahre angewandte SAGE-Wissenschaften an der Alice Salomon Hochschule Berlin SPEZIAL
Auf dem Foto ist ein Ausschnitt der 2018 nach Vorgaben von Barbara Köhler (1959-2021) gestalteten Südfassade der ASH Berlin zu sehen. Davor die Lyrikerin und Alice Salomon Poetikpreisträgerin (rechts im Bild), die Anfang 2020 zum ersten Mal ihr Werk vor Ort betrachtet (und sehr zufrieden mit dem Ergebnis ist), daneben Rektorin Bettina Völter. Bildnachweis: Alice Salomon Hochschule Berlin Wir danken der Alice Salomon Hochschule Berlin und dem Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) für die Ermöglichung dieses Bandes.
#systemrelevant SOZIALE ARBEITSPEZIAL 50 Jahre angewandte SAGE-Wissenschaften an der Alice Salomon Hochschule Berlin Herausgeberinnen Bettina Völter; Anna Bessler; Silke Birgitta Gahleitner; Gudrun Piechotta-Henze; Anja Voss (alle Alice Salomon Hochschule Berlin) – in der Reihe Soziale Arbeit SPEZIAL Schriftenreihe zur Theorie und Praxis DZI Eigenverlag Berlin 2021 3 Editorial Die Alice Salomon Hochschule im Zeitenwandel 6 Zum zweiten Mal 50? Von Schuljubiläen und anderen Konflikt- geschichten im Archiv Dayana Lau; Friederike Mehl 11 Blicke hinter die Kulissen Erfahrungsberichte aus der Hochschul- verwaltung Diana Grothues; Beate Schmidt 19 Blick hinter die Kacheln Online-Lehr- und Transferangebote Hedwig Rosa Griesehop; Rainer Fretschner; Olaf Neumann Hochschule und politische Verantwortung 27 Third Mission im Sozialraum Acht Geburtstagsüberraschungen Michael Brodowski; Esra Erdem; Elke Josties; Johanna Kaiser; Nivedita Prasad; Regina Rätz; Heinz Stapf-Finé; Sabine Toppe; Bettina Völter 35 SAGE-Wissenschaften in gesell- schaftlicher Verantwortung in und nach der Pandemie Azize Kasberg; Rita Hansjürgens; Anja Voss; Gesine Bär; Ulrike Eichinger; Raimund Geene; Susanne Gerull; Heidi Höppner; Swantje Köbsell; Gudrun Piechotta-Henze; Regina Rätz; Barbara Schäuble; Bettina Völter
Professionen und Disziplinen Mehr als Fassade – Perspektiven auf die Fassadendebatte 42 Soziale Arbeit – Aufgaben, Heraus- forderungen und Professionsver- 78 „Möglich ist vieles“ ständnisse Bettina Völter Silke Birgitta Gahleitner; Jutta Hartmann; Johannes Verch; Uta Maria Walter 82 Im Zweifel für den Zweifel Eine Hochschule im Bildungsprozess 48 Soziale Arbeit als Profession Jutta Hartmann; Barbara Schäuble Silke Birgitta Gahleitner im Gespräch mit Lara Irene Wintzer und Jennifer Hübner 84 Fassadendebatte – überraschende Interdependenzen von rechtem 52 Pro Gesundheit – Lehre, Forschung Kulturkampf und Hochschulöffent- und Entwicklung lichkeit Friederike Baeumer; Eva-Maria Beck; Luzi Beyer; Esther Lehnert; Marion Mayer Katja Boguth; Theda Borde; Raimund Geene; Johannes Gräske; Heidi Höppner; Gudrun 86 Über das Entstehen und Vergehen von Kunst Piechotta-Henze; Hürrem Tezcan-Güntekin; Christian Widdascheck; Arnd Pollmann Claudia Winkelmann 58 Kindheitspädagogik – Entwicklungs- 90 Mitwirkende linien und Perspektiven Rahel Dreyer; Corinna Schmude; Claudia Hruska; Michael Brodowski; Christian Widdascheck; Francesco Cuomo Bildungsverläufe und Karrierewege 65 Kindheitspädagoginnen über ihre Berufsverläufe und Karrierewege Anja Voss im Gespräch mit Frauke Gerstenberg und Katharina Nicolai 68 Karriereschritte im Gesundheits- bereich – Herausforderungen und Chancen Gudrun Piechotta-Henze im Gespräch mit Mariam Araki und Theresa Forbrig 73 Promotionen anregen, begleiten und begutachten Ein Engagement mit Hindernissen Theda Borde; Silke Birgitta Gahleitner; Jutta Hartmann; Heidi Höppner Soziale Arbeit SPEZIAL ASH.2021
Die (Fach-)Hochschulen werden 50! Die Alice in politisch umkämpften Diskursen regelmäßig EDITORIAL Salomon Hochschule wird 50! 50 Jahre von der Akzente für die Einhaltung von Menschenrechten, Fachhochschule für Sozialarbeit und Sozialpäda- Menschenwürde und Mitmenschlichkeit. gogik (FHSS) im Berliner Bezirk Schöneberg über die „Alice Salomon“ -Fachhochschule für Sozial- Mit dem umfassenden Aufgabenprofil sind arbeit und Sozialpädagogik (ASFH) bis zur heuti- jedoch – neben allen Erfolgen – auch Dilemmata, gen Alice Salomon Hochschule Berlin in Marzahn- Ambivalenzen, Hürden und Herausforderungen Hellersdorf. Die ASH Berlin hat sich von einer verbunden. Der vorliegende Band soll hierein Fachhochschule mit einem Studiengang auf eine einen Einblick gewähren und ist dafür in fünf the- Hochschule für angewandte Wissenschaften matische Abschnitte gegliedert. Der erste themati- (HAW) mit sieben grundständigen Bachelorstu- sche Schwerpunkt widmet sich der Alice Salomon diengängen und vier grundständigen Master- Hochschule im Zeitenwandel. Die Fachhochschul- studiengängen sowie neun weiterbildenden Mas- werdung 1971 war ein Meilenstein der ASH Ber- terstudiengängen erweitert. Die Geschichte der lin, die 1908 als erste interkonfessionelle soziale Hochschule ist zudem zutiefst verwoben mit der Frauenschule gegründet worden war. Diese span- Herausbildung der SAGE-Professionen: Stetig nungsvolle Historie, die nicht nur eine Erfolgsge- wurden in den letzten 50 Jahren neue Studien- schichte war, legen Dayana Lau und Friederike gänge entwickelt, die Innovationen in die Berufs- Mehl in ihrem Text „Zum zweiten Mal 50? Von felder tragen und zur Akademisierung system- Schuljubiläen und anderen Konfliktgeschichten im relevanter Berufe und Professionen im Sozial-, Archiv“ dar. Schlaglichtartig beleuchten die Auto- Gesundheits- und Bildungswesen einen Beitrag rinnen die Geschichte der Hochschule im 20. Jahr- leisten. hunderts anhand von fünf kommentierten Doku- 3 menten aus dem Alice Salomon Archiv, die sich Die ASH Berlin hat sich zudem im Laufe der im Band verstreut befinden. „Blicke hinter die Jahrzehnte – als größte staatliche SAGE-Hoch- Kulissen – Erfahrungsberichte aus der Hochschul- schule Deutschlands – zu einer außerordentlich verwaltung“ bietet der nächste Artikel von Diana forschungsstarken Hochschule für angewandte Grothues und Beate Schmidt. Die großen Ent- Wissenschaften entwickelt: Ein großer Teil der wicklungen der Fachhochschulgeschichte spiegeln Professor_innen begleitet und betreut Promo- sich auch in der Entwicklung der Hochschulver- tionen, wirbt umfangreiche Drittmittelprojekte waltung wider. Im Beitrag erinnert eine Gruppe ein und stellt zahlreiche Nachwuchswissenschaft- aus verschiedenen Abteilungen der ASH Berlin die- ler_innen an, um ihnen eine wissenschaftliche sen Prozess. An den aktuellen Entwicklungen setzt Laufbahn zu ermöglichen. Zur Förderung einer wiederum der Artikel zur Digitalisierung und zum qualifizierten Praxis und im Sinne der aktuell E-Learning an. Wie Digitalisierung gelingen kann unter der Begrifflichkeit Third Mission geführten und in welchem wechselseitigen Passungsgefüge Durchdringung von Praxis, Theorie und Forschung Studierqualität und Qualitätsstandards zum Bei- unterhält die Hochschule vielfältige und stark spiel in der Online-Lehre stehen, berichtet der Arti- Soziale Arbeit SPEZIAL ASH.2021 nachgefragte Weiterbildungsangebote. Sie enga- kel: „Blick hinter die Kacheln – Online-Lehr- und giert sich für den Wissenstransfer aus der Praxis Transferangebote“ von Hedwig Rosa Griesehop, in die Akademie und aus der Hochschule in die Rainer Fretschner und Olaf Neumann. Berufspraxis. Sie hat sich von Anbeginn an in gesellschaftliche Debatten eingebracht – for- Im zweiten thematischen Schwerpunkt des schend, lehrend und in den zugehörigen Fach- Jubiläumsbandes zur Hochschule und ihrer politi- diskursen. Nicht zuletzt setzen ihre Mitglieder schen Verantwortung werden den Leser_innen
zunächst acht Geburtstagsüberraschungen prä- leitner. Unter dem Titel „Pro Gesundheit – Lehre, EDITORIAL sentiert. Unter dem Titel: „Third Mission im Sozial- Forschung und Entwicklung“ entfalten Friederike raum“ überreichen Michael Brodowski, Esra Baeumer, Eva-Maria Beck, Luzi Beyer, Katja Erdem, Elke Josties, Johanna Kaiser, Nivedita Boguth, Theda Borde, Raimund Geene, Johan- Prasad, Regina Rätz, Heinz Stapf-Finé, Sabine nes Gräske, Heidi Höppner, Gudrun Piechotta- Toppe und Bettina Völter ihrer Hochschule quasi Henze, Hürrem Tezcan-Güntekin und Claudia als „Geburtstagsgeschenke“ anschauliche Beispiele Winkelmann die Bedeutung der gesundheitswis- aus ihrer vielfältigen Arbeit als Professor_innen. senschaftlichen Fächer. Als Hochschule für ange- Die Covid-19-Pandemie nahmen SAGE-Wissen- wandte Wissenschaften verzahnt die ASH Berlin schaftler_innen der ASH Berlin zum Anlass, in Lehre, Forschung und Praxisentwicklung in einem einen wissenschaftlichen Austausch und einen kontinuierlichen Prozess. Getragen und gelebt interdisziplinären Prozess untereinander zu treten, wird dieses Profil von der Überzeugung, dass der mit dem Ziel, ihre Expertise in den gesellschafts- Nutzen für die Gesellschaft insbesondere durch politischen Diskurs einzubringen. Unter dem Titel: wissenschaftlich fundierte Qualifikation erreicht „SAGE-Wissenschaften in gesellschaftlicher Ver- werden kann. Rahel Dreyer, Corinna Schmude, antwortung in und nach der Pandemie“ machen Claudia Hruska, Michael Brodowski, Christian Azize Kasberg, Rita Hansjürgens, Anja Voss, Widdascheck und Francesco Cuomo beschrei- Gesine Bär, Ulrike Eichinger, Raimund Geene, ben unter dem Titel „Kindheitspädagogik. Ent- Susanne Gerull, Heidi Höppner, Swantje wicklungslinien und Perspektiven“ die Historie Köbsell, Gudrun Piechotta-Henze, Regina und das aktuelle Profil des Bachelorstudiengangs Rätz, Barbara Schäuble und Bettina Völter Erziehung und Bildung in der Kindheit (EBK). 4 eine Bestandsaufnahme der Folgen der Pandemie Es werden Wege der Professionalisierung und für das Sozial-, Gesundheits- und Bildungswesen Akademisierung skizziert, Berufsfelder von Kind- und seine jeweiligen Nutzer_innen. heitspädagog_innen aufgezeigt und aktuelle Forschungsprojekte und Kooperationen dargelegt. Der dritte thematische Schwerpunkt des Ban- Außerdem werden Perspektiven zur Erweiterung des widmet sich dem Diskurs zu Professionen und des Berufsfeldes und der wissenschaftlichen Disziplinen der SAGE-Wissenschaften. Unter dem Forschungsfelder beleuchtet. Titel „Soziale Arbeit – Aufgaben, Herausforderun- gen und Professionsverständnisse“ leiten Silke Im thematischen Schwerpunkt zu Bildungsver- Birgitta Gahleitner, Jutta Hartmann, Johannes läufen und Karrierewegen berichten die Kindheits- Verch und Uta Maria Walter diesen themati- pädagoginnen Frauke Gerstenberg und Katha- schen Schwerpunkt ein. Der Artikel gibt Einblick rina Nicolai im Gespräch mit Anja Voss über ihre in die Aufgaben, Herausforderungen und Zukunfts- spezifischen Prozesse hinein in die Wissenschaft perspektiven der Profession der Sozialen Arbeit. und Praxis dieses Gebiets – Unter dem Titel „Karriere- Gezeigt wird, wie im Reformprozess des BA Sozi- schritte im Gesundheitsbereich: Herausforderun- ale Arbeit über eine curriculare Verankerung ver- gen und Chancen“ haben Mariam Araki und Soziale Arbeit SPEZIAL ASH.2021 sucht wird, Studierenden die Entwicklung eines Theresa Forbrig Gudrun Piechotta-Henze eigenen, vielschichtigen professionellen Selbst- Auskunft über die verschiedenen Stationen ihres verständnisses zu ermöglichen. An diesen Artikel Weges gegeben. Lebendig vermitteln die beiden schließt ein Gespräch mit Nachwuchswissenschaft- Gespräche, wie es Nachwuchswissenschaftler_in- lerinnen zur Sozialen Arbeit als Profession an. nen gelingen kann, ihren Ort im SAGE-Bereich Wir danken Lara Irene Wintzer und Jennifer zu finden und sich dort wirksam einzubringen. Hübner für das Gespräch mit Silke Birgitta Gah- Theda Borde, Silke Birgitta Gahleitner, Jutta
Hartmann und Heidi Höppner berichten aus Wir wünschen uns, dass der Jubiläumsband EDITORIAL der Sicht von Promotionsbegleiter_innen und den Debatten im Bereich der SAGE-Disziplinen Gutachter_innen unter dem Titel „Promotio- neue Impulse gibt und in einen breiteren Fach- nen anregen, begleiten und begutachten. Ein diskurs in Deutschland einfließt. Er soll Einblicke Engagement mit Hindernissen“ über die Freuden, gewähren und Anknüpfungspunkte für lebendige Bedingungen und Leiden der Promotionsbetreu- Diskussionen rund um die Weiterentwicklung des ung an Hochschulen für angewandte Wissen- SAGE-Bereichs geben. Vor allem aber soll der schaften. Band nach innen – für Studierende und Mitarbei- tende – wie nach außen – für Wissenschaft, Politik Im letzten thematischen Schwerpunkt unter und Gesellschaft – zukunftsgewandt die Aufgaben, der Überschrift „Mehr als Fassade“ gehen Profes- Leistungen, Probleme und Lösungswege unserer sor_innen noch einmal in den lebendigen Diskurs, Hochschule vermitteln und zur Diskussion stellen. der zwischen 2017 und 2018 rund um die (Neu-) Gestaltung der Südfassade der ASH Berlin national Bettina Völter; Anna Bessler; wie international rezipiert wurde. Sieben Hoch- Silke Birgitta Gahleitner; schullehrer_innen reflektieren diesen Prozess aus Gudrun Piechotta-Henze; Anja Voss der Retrospektive und beschäftigen sich mit den Berlin, 20.7.2021 Hintergründen und Auswirkungen. Auch dieser Diskussions- und Schreibprozess selbst hat divergierende Perspektiven auf die Fassaden- debatte hervorgebracht, die die Leser_innen auf diese Weise zu einer eigenen Positionierung anre- 5 gen mögen. Während Bettina Völter ihre Einfüh- rung in die Stationen der Fassadendebatte und ihre Überlegungen unter dem Titel „Möglich ist vieles“ fasst, überschreiben Jutta Hartmann und Barbara Schäuble ihren Text mit der Überschrift „Im Zweifel für den Zweifel. Eine Hochschule im Bildungsprozess“. Esther Lehnert und Marion Mayer widmen sich dem ehemaligen Diskurs unter der Überschrift: „Fassadendebatte – überra- schende Interdependenzen von rechtem Kultur- kampf und Hochschulöffentlichkeit“. Christian Widdascheck und Arnd Pollmann wiederum wählen einen anderen Zugang und reflektieren das Geschehen unter dem Titel „Über das Ent- stehen und Vergehen von Kunst“. Soziale Arbeit SPEZIAL ASH.2021
DIE ALICE SALOMON HOCHSCHULE IM ZEITENWANDEL ZUM ZWEITEN MAL 50? | Hunderte Einladungen müssen im Vorfeld der Jubiläumsfeier 1958 versandt worden sein. Auch die Von Schuljubiläen und anderen ehemaligen Dozentinnen und Sozialarbeitspionierin- Konfliktgeschichten im Archiv nen Margarete Sommer und Marie Baum hatten Post erhalten. In ihrer Antwort schreibt Sommer: „Wenn- Dayana Lau; Friederike Mehl gleich mein damaliger Fortgang ja aus sehr schmerz- lichen Gründen ‚notwendig‘ wurde, habe ich doch Zusammenfassung | Die Fachhochschul- vor, [...] teilzunehmen.“ Baum hingegen sagt bitter, werdung 1971 war ein Meilenstein der Alice aber höflich ab: „Dass ich kommen würde haben Salomon Hochschule Berlin, die in 1908 als Sie wohl kaum erwartet, aber ich danke Ihnen und erste interkonfessionelle soziale Frauenschule wünsche dem PFH [...] alles Gute“ (Akte 50-jähriges gegründet wurde. Der vorliegende Artikel erzählt Jubiläum, o.S.). Sommer war im Jahr 1934 vom Leiter ebenjene Historie anhand von fünf Archivdoku- des Pestalozzi-Fröbel-Hauses (PFH), zu dem die Sozi- menten – nicht als Erfolgs-, sondern als Konflikt- ale Frauenschule gehörte, gezwungen worden, die geschichte der Sozialen Arbeit im Spannungs- Schule zu verlassen. Sie hatte sich geweigert, das feld des 20. Jahrhunderts. neue Sterilisationsgesetz zu unterrichten. Baum, die mit Salomon zu den Gründungsmitgliedern der Aka- Abstract | Its establishment as a University demie für soziale und pädagogische Frauenarbeit gehörte, war 1933 aus ihrer Lehrtätigkeit gedrängt of Applied Sciences in 1971 was a milestone worden, weil sie eine jüdische Großmutter hatte. for the ASH Berlin, which had been founded as the first interdenominational social women‘s 6 school in 1908. This article recounts the uni- Ebenfalls mit einer Einladung zur Jubiläumsfeier bedacht wurde die zweite Schulleiterin Charlotte versity‘s history with help of five archival docu- Dietrich, der wegen ihrer Mitgliedschaft in der NSDAP ments – not as a success narrative, but a con- im Jahr 1945 das Betreten der Sozialarbeitsschule flict-laden history of social work in the age of verboten worden war. Ihr Bericht über die Schulent- extremes. wicklung von der Gründung bis 1945 bildet einen Programmpunkt der Jubiläumsfeierlichkeiten. In der Schlüsselwörter Schulchronik, die zeitgleich veröffentlicht wird, heißt Alice Salomon Hochschule Berlin Archiv es zusammenfassend: „Das was ihr Stolz war, die Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfs- ‚Alice Salomon-Schule‘ zu sein, wurde zur schweren arbeit Nationalsozialismus Frauenbewegung Aufgabe“ (Chronik 1929-1958, S. 4) – ein zynischer Kommentar in Anbetracht des großen Engagements Das erste 50. Jubiläum | Die Sozialarbeits- Dietrichs und anderer für die ideologische Neuaus- schule von Alice Salomon – die heutige ASH Berlin – richtung der Schule im NS. hat schon einmal einen 50. Jahrestag gefeiert. Am 6. November 1958 begehen Schüler_innen und Mit- Geschichtsschreibung – eine Intervention arbeiter_innen, Ehemalige und politische Würdenträ- aus dem Archiv | Wie das möglich war, wie die ger_innen das Jubiläum der Schulgründung im Jahr ehemalige ASH-Rektorin Christine Labonté-Roset es Soziale Arbeit SPEZIAL ASH.2021 1908. Es erscheint eine Festschrift (Muthesius 1958), ausdrückte, dass solche „aktiv beteiligten Frauen die der Gründerin Alice Salomon gewidmet ist. Ihr ihre Beteiligung an politischem Unrecht, an den NS- war 25 Jahre zuvor wegen ihrer jüdischen Herkunft Verbrechen – auch vor sich selbst – leugnen, sich der Zutritt zu ihrer eigenen Schule verwehrt worden. nicht verantwortlich fühlen“ konnten und ob die Wenige Jahre später wurde sie von der Gestapo ins Soziale Arbeit „Momente hat, die ihre Inanspruch- Exil gezwungen. Dort, in New York, verstarb Alice nahme als Repressions- und Selektionsapparat er- Salomon 1948. möglichten“ (Labonté-Roset 1988, S. 2) – Fragen dieser Art spielten seit den späten 1970er Jahren für
Forscher_innen, die sich mit den historischen Wur- gung, das den Grundstein einer feministisch, plura- zeln der Sozialen Arbeit befassten, eine große Rolle. listisch und international ausgerichteten Profession Genauso wichtig war es ihnen, den Biografien und und Wissenschaft legte, war nach dem National- sozialarbeiterischen Forschungen, die im National- sozialismus in Vergessenheit geraten. sozialismus zerstört wurden, einen gebührenden Platz in der Geschichtsschreibung einzuräumen. Die Historikerin Adriane Feustel ist dieser doppel- Denn auch das Wissen um die Soziale Arbeit als Bil- ten Spur nachgegangen und hat sie im Alice Salo- dungs- und Reformprojekt der ersten Frauenbewe- mon Archiv (ASA), dessen Gründung auf ihre und ARCHIVALIE 7 Arbeiterinnen-Heim (vor 1929) (Urheber_in unbekannt, Quelle: Alice Salomon Archiv) Die „Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit“ beginnen am Ende des 19. Jahrhunderts, Arbeiterinnenheime zu gründen. Sie reagieren damit auf die Berliner Wohnungsnot, die ledige Fabrik- arbeiterinnen besonders trifft. Die Heime bieten bürgerlichen Frauen Gelegenheit, „Kulturarbeit [zu leisten, indem] sie das, was ihnen durch Erziehung und Bildung gegeben wurde, in den Dienst der anderen stellen“ (Salomon 1908, S. 133). Damit steht diese Initiative auch in einem weiteren Sinne wfür Ziel und Zweck der Gruppen, nämlich durch persönliche Beziehungen unter Frauen aufzuzeigen, „daß man den Weg zueinander finden kann über alle Lehren vom Klassenhaß und von Klassengegen- Soziale Arbeit SPEZIAL ASH.2021 sätzen hinweg!“ (ebd.). Die Organisationen der Gruppen prägen das Feld der Sozialen Arbeit nachhal- tig. Hinzu kommen politische Erfolge, darunter die Zulassung von Frauen zur öffentlichen Armenpflege (Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit zu Berlin 1901/1902). Dayana Lau, Friederike Mehl Salomon, Alice: Zehn Jahre Arbeiterinnenheime. In: Centralblatt des Bundes deutscher Frauenvereine 10/1908, S. 132-133 Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit zu Berlin: Jahresbericht und Programm für das Arbeitsjahr 1901/1902. In: Alice Salomon Archiv, Signatur: B.2-K
Labonté-Rosets Initiative zurückgeht, zusammenge- Arbeitsplätze für die Absolvent_innen. 1961 entzieht führt. Bis heute versteht sich das Archiv als Ort der der Mauerbau diesen Debatten die Grundlage kritischen Auseinandersetzung mit der Profession (Peters 2008, S.131). genauso wie als Inspirationsquelle einer ‚anderen‘ Zukunft durch sozialarbeiterische Theorie und Praxis, Im Zuge der Studierendenbewegung der 1960er zu der die ASH Berlin täglich beiträgt. Fünf Stationen Jahre melden sich auch die Studierenden an der (seit der bewegten Hochschulgeschichte wollen wir hier 1954 so genannten) Alice-Salomon-Schule mit Kritik aufzeigen. und Aktionen zu Wort. Sie bringen den Schulalltag spürbar aus dem Gleichgewicht. Zur selben Zeit sind Fünf kurze Kapitel einer langen (Hoch) die Hochschulreformen bereits im Gange. 1968 wird Schulgeschichte | Im Jahr 1893 gründen Aktivistin- die Schule zur „Akademie“, 1971 kulminieren sie in nen der Frauenbewegung die Mädchen- und Frauen- der Gründung der Fachhochschule für Sozialarbeit gruppen für soziale Hilfsarbeit. Etwa sechzig junge und Sozialpädagogik (FHSS). Schon kurze Zeit später Frauen organisieren sich in vier Arbeitsgruppen, die beginnen Wissenschaftler_innen und andere Hoch- sich je einem Gebiet der Wohlfahrtspflege widmen – schulangehörige sich kritisch mit dem frauenbeweg- Armen- und Waisenpflege, Volksküchen, Gesundheits- ten und dem faschistischen Erbe der Schule ausein- und Krankenpflege und Kindergärten und Horten anderzusetzen. (Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit zu Berlin 1903) – und damit das heutige Spektrum In den 1980er Jahren steigt die Studierendenzahl der SAGE-Disziplinen bereits vorwegnehmen. Alice der FHSS enorm. Um der hohen Nachfrage gerecht Salomon übernimmt im Jahr 1899 die Leitung der zu werden, wird ein Neubau in Spandau geplant. „Gruppen“ und gründet den ersten Jahreskurs zur 1989/90 ziehen Mauerfall und Vereinigung tiefgrei- Vorbereitung auf die Wohlfahrtspflege. Im Jahr 1908 fende Konsequenzen nach sich. Diese legen den nimmt die Soziale Frauenschule auf dem Gelände Graben zwischen der Sozialen Arbeit in Ost und 8 des Pestalozzi-Fröbel-Hauses als erste interkonfes- sionelle Sozialarbeitsschule im Deutschen Reich West offen, der sich in den Jahren der Teilung gebil- det hatte. So konstatiert man an der FHSS: „Wir wis- die Ausbildung auf. sen über die Ausbildung des Studiengangs Sozial- arbeit/Sozialpädagogik in Europa […] mehr als über Die Schulleiterin Charlotte Dietrich, 1925 von die Ausbildung in der DDR“ (Kruse 2008, S.170). Der Salomon selbst als Nachfolgerin eingesetzt, bezeich- Berliner Senat verlegt den Schulneubau nach Hellers- net das Jahr 1933 als „Neubeginn“ (Feustel 2008, dorf und trifft damit auf vielfachen Widerstand unter S. 84). Sie hilft mit, binnen kürzester Zeit jüdische den Mitgliedern der Schöneberger Traditionsschule. und politisch missliebige Kolleg_innen zu entfernen 1998 zieht die FHSS in den Neubau am Alice-Salo- und das Curriculum um nationalsozialistische Inhalte mon-Platz 5. zu ergänzen. Dietrich gestaltet den neuen Beruf der Volkspflegerin aktiv mit und trägt dazu bei, dass die Das Archiv als Gedächtnis der Konflikte | Die Soziale Arbeit zu einem wirkungsvollen Instrument aktuellen Fragen an die Vergangenheit der Sozialen wird, mit dem Menschen ausgegrenzt und der Ver- Frauenschule, der FHSS, der ASH Berlin beziehen sich folgung und Ermordung preisgegeben werden. selbstverständlich nicht allein auf die NS-Verbrechen und den Widerstand dagegen, nicht allein auf die Im Rahmen der Entnazifizierung wird Dietrich Erfolge und Niederlagen der feministischen Eman- als Schulleiterin entlassen. Briefe ehemaliger Schü- zipation durch Soziale Arbeit. Es bleiben Fragen zu Soziale Arbeit SPEZIAL ASH.2021 ler_innen im Ausland treffen ein, die Schulbeschei- den historischen Verbindungen der Schule zum deut- nigungen für ihre Wiedergutmachungsanträge an- schen Kolonialprojekt und den Reformen der Weima- fragen. Indes schneidet die Teilung der Stadt in rer Republik, zum Nationalismus verschiedener Zeit- verschiedene Sektoren die Nachkriegsstudierenden alter ebenso wie zur Autoritätskritik der 1968er, zu im Ostsektor zunehmend von ihrer Ausbildungs- den neoliberalen Strömungen seit den 1970er Jah- einrichtung ab. In der Schulverwaltung werden Vor- ren, zum Verhältnis von Sozialer Arbeit in Ost und behalte gegenüber den Ostberliner Studierenden West ebenso wie zum Ringen der Neuen Frauenbe- laut. Im Mittelpunkt steht dabei die Konkurrenz um wegung um die Aufwertung von Sorgearbeit. Die
Beantwortung dieser Fragen erfordert ein Archiv – Maurer, Susanne: „Gedächtnis der Konflikte“? Reflexion ein Gedächtnis der Konflikte (Maurer 2017) – in einer historiographiepolitischen Denkfigur. In: Richter, dem die Spuren der Gegenwart und Vergangenheit Johannes (Hrsg.): Geschichtspolitik und Soziale Arbeit – interdisziplinäre Perspektiven. Wiesbaden 2017, S. 11-30 bewahrt und geordnet, gepflegt und zugänglich Muthesius, Hans (Hrsg.): Alice Salomon, die Begründerin gemacht werden. des sozialen Frauenberufes in Deutschland. Ihr Leben und ihr Werk. Köln und Berlin 1958 Dank einer Kooperation mit dem PFH eröffnet Peters, Dietlinde: Das Sozialpädagogische Seminar (1945- das Alice Salomon Archiv seine Räume vor nunmehr 1971). In: Feustel, Adriane; Koch, Gerd (Hrsg.): 100 Jahre 20 Jahren im ehemaligen Arbeitszimmer von Alice Soziales Lehren und Lernen. Berlin 2008, S. 113-146 Salomon in Schöneberg. Das Archivteam beginnt die Shalvi, Alice: Rede zur Verleihung des Alice Salomon Awards in Berlin am 18. Mai 2001. Übersetzung: Jens Unterlagen der Schule bis 1971 zu archivieren und Beiderwieden. In: Alice Salomon Archiv, ohne Signatur zu beforschen. Neben ehemaligen Schüler_innen und Dozent_innen macht Adriane Feustel auch Fami- lienmitglieder Salomons ausfindig, die größtenteils ins Exil getrieben wurden. Etliche von ihnen sind als Ehrengäste anwesend, als die ASH Berlin 2008 ihren 100. Geburtstag begeht. Es liegt nahe, die Anwesenheit Salomons Ver- wandter zum Jubiläum 2008 als eine Geste der Ver- söhnung zu interpretieren. Dies wirft die Frage auf, was ein kritischer Blick auf die Geschichte bezwe- cken möchte. Als ihr 2001 der erste Alice Salomon Award überreicht wird, sagt die als jüdisches Kind im NS verfolgte Sozialarbeiterin und israelische Frauenbewegungspionierin Alice Shalvi: „Es gibt 9 keine ehrliche Wiedergutmachung in Stellvertretung“ (Shalvi 2001, o. S.). Dieser Gedanke entlarvt das Jubi- läum 1958 als erinnerungspolitische Machtgeste. So fördert der kritische Blick in die Vergangenheit selten Feierliches zutage, ist aber doch notwendig, um das „Gewordensein“ unserer Gegenwart zu verstehen. Literatur Soziale Frauenschule und Nachfolgeeinrichtungen: 50-jähriges Jubiläum. In: Alice Salomon Archiv, ohne Signa- tur (C-Bestand) Soziale Frauenschule und Nachfolgeeinrichtungen: Chronik „Seminar für Soziale Arbeit (Alice-Salomon-Schule) im Pestalozzi-Fröbel-Haus 1929-1958“. In: Alice Salomon Archiv, Signatur: C1.2 Feustel, Adriane: Die Soziale Frauenschule (1908-1945). In: Feustel, Adriane; Koch, Gerd (Hrsg.): 100 Jahre Soziales Soziale Arbeit SPEZIAL ASH.2021 Lehren und Lernen. Berlin 2008, S. 29-103 Kruse, Elke: Die Hochschulgeschichte der ASFH (1971- 2008). In: Feustel, Adriane; Koch, Gerd (Hrsg.): 100 Jahre Soziales Lehren und Lernen. Berlin 2008, S. 147-191 Labonté-Roset, Christine: Vorwort. In: FHSS Sonderinfo Mai 1988, S. 1-3 Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfs- arbeit zu Berlin: Denkschrift anlässlich des 10jährigen Bestehens 1893-1903. Berlin 1903
ARCHIVALIE 10 Schulungsbrief für die Volkspflegerinnen im öffentlichen Dienst (Charlotte Dietrich, 1943, Quelle: Alice Salomon Archiv) Im Jahr 1943 hält Charlotte Dietrich, Leiterin der Sozialen Frauenschule, einen öffent- lichen Vortrag über die „Volkspflegerin als Volkserzieherin“. Darin beschreibt sie die Aufgaben und Ziele der Sozialen Arbeit im nationalsozialistischen Deutschland, insbe- sondere den Wandel von der Fürsorge zur Volkspflege. Dietrich konstatiert, dass die Soziale Arbeit SPEZIAL ASH.2021 Volkspflege – anders als die von den Bedürfnissen der Betroffenen ausgehende Fürsorge – betone, „daß auch der gesunde Volkskörper Ausgangspunkt von Maßnahmen sein kann. Maßnahmen der Stärkung und des Aufbauens des gesunden Volkes fallen ebenso darunter wie heilende und helfende Maßnahmen da, wo das Gleichgewicht gestört ist“. Der Vortrag wird als so grundlegend erachtet, dass sie ihn wiederholt und er als Schu- lungsbrief abgedruckt und verbreitet wird (Feustel 2008). Dayana Lau, Friederike Mehl Feustel, Adriane: Die Soziale Frauenschule (1908-1945). In: Feustel, Adriane; Koch, Gerd (Hrsg.): 100 Jahre Soziales Lehren und Lernen. Berlin 2008, S. 29-103
BLICKE HINTER DIE KULIS- SEN | Erfahrungsberichte aus Hochschulen, um nur einige zu nennen, spiegeln der Hochschulverwaltung sich auch in der Entwicklung der Hochschulverwal- Diana Grothues; Beate Schmidt tung der heutigen Alice Salomon Hochschule Berlin wider. Lokale Ereignisse wie der Fall der Berliner Mauer bestimmten darüber hinaus die Rahmen- Zusammenfassung | Die großen Entwick- bedingungen ihres Handelns. lungen der Fachhochschulgeschichte spiegeln sich auch in der Entwicklung der Hochschulver- Die Verwaltung – wer ist das und was macht waltung wider. Im Artikel gewährt eine kleine sie eigentlich? Vor 50 Jahren, 1971, gehörten Sekre- Gruppe aus verschiedenen Abteilungen der ASH tariate und Sachbearbeitungen für Personal, Haus- Berlin Einblicke in diesen Prozess. Dabei sind halt und die Einschreibung und Prüfungsverwaltung neben dem Umzug von Schöneberg nach Hel- der Studierenden dazu. Heutzutage hat sich diese lersdorf und dem Aufwuchs von Studierenden Mitgliedergruppe, die im Berliner Hochschulgesetz und Mitarbeitenden vor allem die Digitalisie- derzeit „Sonstige Mitarbeiter_innen“ genannt wird, rung, Forschung, Internationalisierung sowie wesentlich weiter ausdifferenziert: Neben Abteilun- die aktive Mitgestaltung neuer Organisations- gen wie Personal, Haushalt, Bibliothek, Studieren- strukturen und fachlicher Entwicklungen zent- denverwaltung und Sekretariaten sind technische, rale Themen. beratende und wissenschaftsnah unterstützende Bereiche wie Haustechnik, Computerzentrum, Wei- terbildung, Studierendenberatung, Karriereplanung Abstract | The major developments in the mit Gründungsförderung, Hochschulkommunikation, history of the University of Applied Sciences are Forschungsmanagement, Qualitätssicherung sowie also reflected in the development of the univer- das International Office und das Familienbüro mit sity administration. In this article, a small group der Servicestelle „Kinderbetreuung“ und Gesund- from various departments at ASH Berlin provi- des insights into this process. In addition to the heitserhaltung dazugekommen. 11 move from Schöneberg to Hellersdorf and the Auf dem Gelände des Pestalozzi-Fröbel-Hauses increase in students and staff, the central topics in Schöneberg hatte die „Fachhochschule für Sozial- here are digitalization, research, internationa- arbeit und Sozialpädagogik“ (FHSS) jahrzehntelang lization, and active involvement in shaping new ihr Domizil. In den Anfängen der FHSS studierte man organizational structures and professional „nur“ Sozialarbeit. Die überschaubare Verwaltung developments. war in beschaulichen Altbaubüros mit Stuck an den Decken und alten Deko-Kachelöfen in der Ecke unter- Schlüsselwörter Verwaltung Finanzierung gebracht. Cafés und Restaurants in unmittelbarer Digitalisierung Bibliothek Forschung Nähe wurden in der Mittagspause genutzt. Ein klei- Weiterbildung Internationalisierung ner Laden mit Fensterfront diente als Raum für die Sitzungen des Akademischen Senats (AS). Die Stim- Einführung | Die großen Entwicklungen der mung war vom demokratischen Aufbruch 1968 ge- Fachhochschulgeschichte in der Bundesrepublik prägt, Diskussionen wurden mit dem Ziel eines Kon- Deutschland, wie etwa die Erweiterung des Aufga- senses geführt. Dementsprechend dauerten viele benspektrums um Forschung, Wissenstransfer, Third Sitzungen lange, der Nikotinverbrauch war beträcht- und Fourth Mission1 sowie Qualitätssicherung, Digi- lich, die basisdemokratische Orientierung vermittelte Soziale Arbeit SPEZIAL ASH.2021 talisierung und die Zunahme von Autonomie der den Mitarbeitenden in den administrativen Berei- chen Wertschätzung. 1 Seit rund zehn Jahren werden alle Aktivitäten, mit denen die Hochschulen ihr Wissen und ihre 1991 wurde die FHSS, unterstützt durch ver- Erkenntnisse in die Gesellschaft transferieren, als schiedene Initiativen aus der Verwaltung, in „Alice Third Mission, also als dritte Mission neben den Salomon“-Fachhochschule für Sozialarbeit und ersten beiden Aufgaben, Lehre und Forschung, dis- kutiert. Manche sprechen außerdem von der Fourth Sozialpädagogik“ (ASFH) umbenannt. Mit dem Auf- Mission, weil sie die akademische Weiterbildung, wuchs an Studienplätzen, auch durch den zweiten die bereits vor Jahrzehnten in die Hochschulgesetze der deutschen Bundesländer aufgenommen wurde, als vierte Kernaufgabe betrachten.
Verwaltungsgebäude der FHSS in der Karl- Schrader-Straße 6 in Schöneberg (Urheber_in unbekannt, Quelle: Alice Salomon Archiv) Studiengang Pflege/Pflegemanagement, musste das „Ach Schöneberg“ – Erinnerungen an die familiäre Ambiente aus Platzgründen leider aufge- „gute alte Zeit“ | In Schöneberg arbeiteten Ver- geben werden – ein neues Zuhause musste her. Die waltungsmitarbeitende aus den Bereichen Perso- Planungen begleiteten die Verwaltung viele Jahre, nal- und Haushaltsangelegenheiten überwiegend 12 neue Standorte wurden diskutiert. Spandau war ebenso im Gespräch wie der Prenzlauer Berg, doch mit Karteikarten, aber auch schon mit dem ersten Computer. Oft wurde über den modernen Drucker Hellersdorf setzte sich durch. Der Umzug in die geflucht und parallel doch noch mit der Schreibma- Hellersdorfer „Steppe“ 1998 war umstritten. Für die schine gearbeitet. Heute kann man sich ein Arbeiten meisten Mitarbeitenden der Verwaltung bedeutete ohne PC gar nicht mehr vorstellen. Die Karteikarte der Umzug täglich wesentlich längere Fahrzeiten, verwandelte sich in komplexe Excel-Tabellen und also einen halben bis einen Tag weniger wirkliche umfassende, zum Teil vernetzte Datenbanken. Mit Familien- oder Freizeit pro Woche. Man fühlte sich diesem Wandel der „Arbeitsgeräte“ sind auch diverse an den Rand gedrängt, der AS streikte ein Semester neue Aufgaben im Bereich der Informationstechnik und die damalige Rektorin Prof. Dr. Christine Labonté- mit gleichzeitiger Weiterentwicklung der Gesetze, Roset verweigerte die gemeinsame Grundsteinle- Richtlinien und Verordnungen einhergegangen. gung. Der Spruch des ehemaligen Bausenators Wolf- gang Nagel „Hellersdorf ist nicht Sibirien“ trug nicht Nicht alle Mitarbeitenden hatten damals ihre zur Beschwichtigung bei. Heute ist die ASH Berlin Büros in dem beschaulichen Altbau. Hausmeister, mit den Hellersdorfer Strukturen gut verwachsen. Drucker, Bibliothek und Bote etwa waren nebenan im Pestalozzi-Fröbel-Haus untergebracht. Einige Auf- Im Folgenden gewährt nun eine kleine Gruppe gaben und Vertretungsregelungen erfolgten dienst- aus der aktuellen Hochschulverwaltung Blicke hinter stellenübergreifend. So erledigte der eine Kollege Soziale Arbeit SPEZIAL ASH.2021 die Kulissen der Entwicklungsgeschichte der heutigen Botengänge und der andere Reparaturen für die ASH Berlin. Einige von ihnen waren bereits in Schö- Mitarbeitenden. Die Arbeit war selbstbestimmter neberg tätig. Dabei handelt es sich nicht um eine all- und ruhiger. Die ständige Erreichbarkeit, die heute umfassende Perspektive der gesamten Verwaltung, so selbstverständlich ist, gab es damals nicht. Da sondern mitunter auch um persönliche Erfahrungen, war der Hausmeister eben nur zu den bekannten vor allem aus den vergangenen 30 Jahren. Insbeson- Sprechzeiten erreichbar. dere die Bereiche kommen hier zu Wort, die seit Gründung fester Bestandteil der Hochschule sind.
Zusätzliches Personal konnte lange Zeit nicht ein- die Verwaltung frei und kam nur für eine kleine gestellt werden und kam erst nach und nach, jedoch Gebäudeführung in den Hochschulneubau. auch mit neuen Aufgaben, dazu. Im Jahr 1997 gab es etwa 64 Stellen, heute sind es 104 Stellen in der In der Haushaltsabteilung wurden nicht nur Gel- Mitgliedergruppe der „Sonstigen Mitarbeiter_innen“. der ausgegeben. Das Aufgabenspektrum umfasste Aufgrund der vielen Teilzeitbeschäftigungsmöglich- beispielsweise die Schlüsselverwaltung, Entsorgungs- keiten ist die Anzahl an Personen heute deutlich organisation oder auch mal den Versand des Hoch- höher, womit auch ein deutlich höherer Verwaltungs- schulmagazins. Zum Glück werden heute die Unmen- aufwand einhergeht. Der sogenannte Mittelbau exis- gen an Kisten von der Post direkt an der Hochschule tierte damals nicht. Die Zahl an Hochschullehrenden abgeholt. Früher, wenn etwa der Studienführer ver- stieg von ehemals 50 auf heute 81 Stellen. Die stu- schickt wurde, mussten die Kisten noch selbst von dentischen Beschäftigten wurden durch die Beauf- den Mitarbeitenden zur Post gebracht werden. tragten für Tutor_innenangelegenheiten bestimmt. Es war nur ein kleiner Teil einer 50-Prozent-Stelle Ein Bereich, der enorm gewachsen ist, ist die notwendig, um hier für Einstellung und Verwaltung Drittmittelverwaltung. In den 1990er Jahren wurden von insgesamt 42 Tutor_innen zu sorgen. Inzwischen zwei bis drei Projekte pro Jahr betreut, heute sind es gibt es 65 Tutor_innenstellen, die aufgrund der Teil- um die 30 – Tendenz steigend. Die Verwaltung wird zeitregelung mit 113 Studierenden besetzt sind. immer anspruchsvoller, da jedes Forschungsprojekt Daher ist dieses Aufgabengebiet nur noch mit min- nach den individuellen Regeln unterschiedlicher destens einer halben Verwaltungsstelle zu bewälti- Drittmittelgeber_innen begleitet und abgerechnet gen. Doch auch diese reicht oft nicht aus, da heute werden muss. mit den zahlreichen Drittmittelprojekten weitere Stellen für studentische Mitarbeitende sowie andere Im Laufe der Jahre haben sich sowohl die Auf- Aufgaben hinzugekommen sind. gaben als auch die Hochschule stark verändert. So Mit den Personalstellen stieg auch das Haus- wurden aus der Allgemeinen Verwaltung drei eigen- ständige Bereiche: Facility Management, Haushalt 13 haltsvolumen. Im Jahr 1997 bewirtschafteten die und Personal. In der „guten alten Zeit“ kannten sich Mitarbeitenden im Haushalt Einnahmen und Aus- alle untereinander und die Türen standen stets offen. gaben in Höhe von 13.868.988,27 DM, im Jahr So waren die Feierlichkeiten auch mit viel Spaß und 2019 waren es dagegen schon 23.191.524,39 EUR. persönlichem Engagement verbunden. Da gab es Sieht man sich einzig die Zahlen für das Personal Weihnachtsfeiern, bei denen alle etwas Selbstge- im Vergleich an, wird das Wachstum am deutlichs- machtes zum Buffet beitrugen. Das ist heute anders. ten (1997 mit 8.550.707,21 DM zu 2019 mit Immer mehr Mitarbeitende ziehen es vor, unter sich 9.917.994,18 EUR). Auch die Mittelbewirtschaftung zu bleiben und scheinen das Miteinander mit ande- wurde im Laufe der Jahre immer komplexer. Wert- ren Bereichen zu scheuen. Die nächsten Veränderun- grenzen müssen beachtet werden und gegebenen- gen stehen bevor, und erst die Zukunft wird zeigen, falls formale Ausschreibungen erfolgen. Hat man wie sich diese gestalten. früher ein Ersatzteil für den PC bestellt, gab es eine überschaubare Auswahl. Heute muss man genau auf Andreas Gliege (Facilitymanagement); die Produktdetails achten, sonst bekommt man am Gabriele Hellenkamp (Personalbüro); Stefanie Lothert Ende doch das Falsche. (Haushalt und Drittmittelverwaltung) Soziale Arbeit SPEZIAL ASH.2021 Mit den Umzugsplanungen nach Hellersdorf kam Veränderungen erfordern neue Strukturen | eine neue Aufgabe für die Kolleg_innen der Haus- Ähnlich wie in den Bereichen Haushalt und Personal haltsabteilung hinzu: Sie arbeiteten nun auch noch erging es auch den Mitarbeitenden in der Studien- als Innenraumausstatter_innen und kümmerten sich verwaltung. Das Zulassungsverfahren zum Studium zum Beispiel um die Möblierung der neuen Büros. und die Verwaltung der Studierenden, das Erfassen Der Umzug sollte dann im August 1998 innerhalb von Prüfungsleistungen und die Berechnung der von zwei Tagen erfolgen, am Ende wurde daraus Gesamtnoten im Prüfungsamt erfolgten jahrelang eine ganze Woche. Bis auf das Umzugsteam hatte händisch. Listen und Bescheinigungen wurden mit
der Schreibmaschine erstellt. Zum Nachschlagen gab ventionelle Verwaltungsstruktur vor, geprägt von es die Karteikarte. Kopiermöglichkeiten waren so einem reformierten, gestuften Studiensystem. begrenzt, dass mitunter die Blaupause herhalten musste. Für größere Schreibarbeiten gab es an der Das StudierendenCenter versteht sich als Service- FHSS ein Schreibbüro, dort wurden zum Beispiel einrichtung und ist mit den Studiengängen eng ver- auch die Zeugnisdokumente vom Prüfungsamt in netzt. Von der Immatrikulation über die Studienorga- Auftrag gegeben. Ende der 1980er Jahre hielt dann nisation bis hin zum Studienabschluss werden die peu à peu die Computertechnik in der Studienver- Studierenden von den hier Mitarbeitenden während waltung Einzug. des Studiums betreut, informiert, beraten und natür- lich auch verwaltet. Das Archiv mit Unterlagen von ehemaligen Stu- Karina Keil (StudierendenCenter) dierenden bis hin zu den Anfängen der Frauenschule war in alten, fast mystischen Kellerverschlägen des Von der Abstellkammer zur Online-Lehre | Pestalozzi-Fröbel-Hauses untergebracht. Für die Die Anfänge der damaligen EDV an der FHSS gehen Bearbeitung von Anfragen von Alumni wurde jeder auf die 1980er Jahre zurück. In einer großen, hellen Kellergang zum Erlebnis, da man stets in die Ge- Altbauwohnung mit Küche, Bad und Balkon begann schichte der Hochschule eintauchte. Mit dem Umzug Dr. Michael Franz das Computerzentrum (ComZ) der ASFH nach Hellersdorf verblieben die historischen aufzubauen. Schon sehr bald gab es zwei PC-Pool- Dokumente als Alice Salomon Archiv am traditionel- Räume, eine „Datendirektverbindung“ zur TU Berlin len Standort in Schöneberg und sind heute öffentlich (die damals noch von der Deutschen Post bereit- zugängig. gestellt wurde) und einen ersten Server, der seinen Platz in einer Abstellkammer fand. Voller Pionier- Mitte der 1990er Jahre erfolgte neben dem Dip- geist und Enthusiasmus wurden von dort aus aktu- lomstudiengang Sozialarbeit/Sozialpädagogik die elle Entwicklungen vollzogen: Vernetzung zwischen 14 Aufnahme eines weiteren Studiengangs – der Dip- lomstudiengang Pflege/Pflegemanagement ging an Hochschulen über Datennetze, EDV-Einführung in der Verwaltung (unter anderem mit einem selbstpro- den Start. Nach der Jahrtausendwende entwickelte grammierten Studierendenverwaltungssystem) und sich die ASFH im Zuge der Bologna-Reform und der der Einführung von E-Mail als Kommunikationsform. Einführung des mehrstufigen Studiensystems erneut, Die erste Diskette mit einem bootfähigen Linux-Ker- hier die Umstellung von Diplom auf Bachelor und nel weckte beim langsam wachsenden ComZ-Team Master, und die Studiengänge Erziehung und Bil- viel Begeisterung, bei einigen aber auch zunächst dung im Kindesalter sowie Physiotherapie/Ergo- Verständnislosigkeit. therapie wurden aufgenommen. Aus der ehemals „einFachhochschule“ der Sozialen Arbeit wurde eine Der Umzug nach Hellersdorf änderte die Rah- mittelgroße „mehrfachHochschule“ mit den Schwer- menbedingungen für den jetzt „IT“ genannten punkten Soziale Arbeit, Gesundheit und Erziehung Arbeitsbereich des ComZ enorm. Es gab eine zum und Bildung (SAGE). 1977 waren 638 Studierende zu damaligen Zeitpunkt moderne, strukturierte Verka- verwalten, im Wintersemester 2020/2021 hingegen belung des ganzen Hauses, einen klimatisierten mit sind 4235 Studierende in 19 Bachelor- und Master- einer Alarmanlage gesicherten Serverraum, die ers- studiengängen eingeschrieben. ten Module eines auch an vielen anderen Hoch- schulen eingesetzten Campus-Management-Systems, Mit dem Aufwuchs an Studiengängen und Stu- und E-Mail-Kommunikation gehörte bald für die Soziale Arbeit SPEZIAL ASH.2021 dierenden mussten auch in der Studienverwaltung Mehrzahl der Hochschulangehörigen zum Tagesge- neue Strukturen geschaffen werden, und so wurde schäft. Linux hatte sich mittlerweile zu einer sicheren 2005 das StudierendenCenter ins Leben gerufen, und stabilen Betriebssystemplattform entwickelt, welches die Bereiche Immatrikulation, Prüfung, Pra- mit der heute circa 30 reale und virtuelle Server xis und Lehrbetrieb sowie die allgemeine Studien- betrieben werden. beratung umfasst. Nach einem mehrjährigen Refor- mierungsprozess fand man dann mit Blick auf die Hochschullandschaft eine in sich schlüssige, kon-
Computerraum der FHSS in Schöneberg (Urheber_in unbekannt, Quelle: Alice Salomon Archiv) Nach fast 25 Jahren in Hellersdorf reden wir Ein halbes Jahrhundert Hochschulbiblio- inzwischen von Informations- und Kommunikations- thek | Mit Gründung der FHSS im Jahre 1971 in technik (ITK), und neue spannende Herausforderun- Schöneberg begann auch der Aufbau der Bibliothek gen liegen vor dem mittlerweile auf 14,5 Vollzeit- mit einer Bibliothekarin, einer mechanischen Schreib- stellen angewachsenen ComZ-Team: Die Infrastruk- maschine, 6.700 Büchern und diversen Zeitschriften, tur (Verkabelung und Netzwerktechnik) entspricht nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik und gesammelt in Mülltüten, sowie einer Vision. Der An- fang war gemacht. Improvisationskultur und eine 15 muss aufwändig erneuert werden, Daten- und familiäre Atmosphäre bestimmten die ersten Jahre: Sprachkommunikation wachsen zusammen, die Die Arbeitsplätze des Teams befanden sich zwischen Hochschule wächst und entwickelt sich zu einer den Regalen – also nah an den Nutzer_innen, je- Campushochschule mit mehreren Standorten, das doch fern von einer ruhigen Arbeitsumgebung. etablierte Campus-Management-System soll durch eine neue Lösung ersetzt werden, ITK muss sich von Der umstrittene Umzug nach Hellersdorf brachte einem unterstützenden Werkzeug zum medienbruch- für die Bibliothek neben einem modernen Lesesaal freien Arbeitsmittel entwickeln, neue Lehr-, Lern- endlich auch verbesserte Arbeitsbedingungen. Die und Arbeitsformen (Online-Unterricht, Home Office) Auflösung des Zettelkataloges, als Relikt einer ver- müssen unterstützt werden. gangenen Zeit, wurde gefeiert! Mit der Einführung neuer Studiengänge an der ASH Berlin stieg auch die Der Rückblick zeigt eine dynamische Entwicklung Zahl der Nutzer_innen der Bibliothek. Neue Formate mit Erfolgen und Rückschlägen, Phasen des Voran- der (elektronischen) Bereitstellung von Literatur und schreitens und der Stagnation hin zu einer Hoch- der Literaturvermittlung gewannen zunehmend an schule, deren Arbeitsfähigkeit heute von stabilen Bedeutung. und effektiven Informations- und Telekommunikati- Soziale Arbeit SPEZIAL ASH.2021 onsdiensten abhängig ist. Aufbauend auf den vor- 2009 dann der Quantensprung: Dank eines neuen handenen langjährigen Erfahrungen und unter Ein- integrierten Bibliothekssystems konnten Prozesse beziehung neuer Ideen und Sichtweisen wird das optimiert und so Kapazitäten für andere Schwer- ComZ-Team in Zusammenarbeit mit allen Hochschul- punkte freigesetzt werden. Es folgten die Implemen- angehörigen auch zukünftig die „Computerisierung“ tierung des Fernzugriffs zur Nutzung von E-Ressour- unserer Hochschule voranbringen. cen außerhalb der Hochschule sowie die Einführung der RFID Technologie zur Ausleihe und Rückgabe Karsten Gorling (Computerzentrum) von Medien an den Automaten der Bibliothek.
Mit der Umsetzung einer im Team erarbeiteten wesentlich komplexeren Forschungsanträge erstellte Entwicklungsstrategie wandelten sich die Schwer- und Modalitäten der Vergabe der jeweiligen Dritt- punkte unserer Arbeit weiter, hin zur verstärkten mittel genau studierte, um die forschenden Profes- Bereitstellung von E-Ressourcen, der Schaffung von sor_innen so von möglichst allen nichtwissenschaft- Lernorten und -umgebungen, der Erweiterung des lichen Aspekten zu entlasten. Schulungsangebotes sowie einer kontinuierlichen technischen Modernisierung. Heute arbeiten vier Personen auf derzeit zwei Vollzeitstellen im Forschungsmanagement der ASH Ende März 2020 brachten Corona und der an- Berlin eng miteinander. Sie vermitteln zwischen den schließende Lockdown dann auch in der Bibliothek Vorgaben des Staates (zum Beispiel Steuerrecht, vieles zum Stillstand. Erst am 11. Mai 2020 durften Korruptionsverhinderung, Hochschulfinanzierung), wir unter strengen Auflagen wieder öffnen. Einige der Hochschulleitung (ausreichende Finanzierung Serviceangebote mussten jedoch eingeschränkt wer- der Drittmittelprojekte, auch der indirekten Kosten), den oder vollständig entfallen. Aber es gab auch den Forschungsinteressen der einzelnen Profes- erfreuliche Entwicklungen: So konnte das E-Book- sor_innen und den von den Drittmittelgeber_innen Angebot zwischenzeitlich deutlich erweitert werden geschaffenen Rahmenbedingungen. Sie beraten, und neue Formate wie Onlinerechercheberatungen berechnen und begleiten bei der Antragstellung. und -schulungen wurden etabliert. Diese Mittler_innenposition führt des Öfteren zu Konflikten, in denen die strukturelle Funktion dieser In Zukunft werden zudem die freie Verfügbarkeit Stellen verkannt wird. Das Forschungsmanagement von Forschungsliteratur sowie die Unterstützung wird dann nicht als vielfältig vermittelnde Stelle und Beratung von Autor_innen der Hochschule eine mit Mehrfachfunktion wahrgenommen, sondern größere Rolle im Selbstverständnis der Bibliothek als „blockierende Verwaltung“. Dies ist ein Beispiel spielen. Und es bleibt die Vorfreude auf „normale“ für die Entstehung von Abwertungen, die die Ver- 16 Zeiten mit vielen Studierenden vor Ort und der Mög- lichkeit, endlich den neuen Loungebereich einzuwei- waltung häufig erlebt und die Fragen der Anerken- nung ihrer Leistungen daher nicht selten zum Thema hen. Wir sind bereit. machen. Sehr viel häufiger aber genießen die For- schungsreferent_innen eine sehr gute, von gegen- Oliver Roth (Bibliothek); Birgit Sievers (Bibliothek) seitiger Wertschätzung getragene Zusammenarbeit und oft auch die Freude über gemeinsame Erfolge. Forschungsförderung damals und heute | Die ASH Berlin hat Forschung von Anfang an als Sieglinde Machocki (Abteilung Planung und Forschung) integralen Bestandteil der Hochschulentwicklung begriffen. Die Aufgaben rund um Forschung – von Lebenslanges Lernen an der Hochschule | der Antragstellung über die Mittelbewirtschaftung Das Zentrum für Weiterbildung besteht nun seit bis zu Kontrollen der rechtmäßigen Mittelverwen- mehr als 40 Jahren. Klein und fein begann es in den dung sowie die Aufgaben der Forschungsberichter- Räumen in Schöneberg, erste Seminare für Sozial- stattung, -öffentlichkeitsarbeit und -datenerhebung arbeiter_innen zu organisieren. Mit zusätzlichen – haben sich allerdings grundlegend gewandelt. Seminaren und dem ersten Zertifikatskurs Mediation wurde das Angebot sukzessive erweitert. Seit den Die ersten, wenigen Forschungsprojekte der FHSS frühen 1990er Jahren bis 2005 haben die Kolleg_ in den 1970er Jahren beantragten die Professor_in- innen unter anderem einen berufsbegleitenden Wei- Soziale Arbeit SPEZIAL ASH.2021 nen beim Wissenschaftssenat mit einer Beschreibung terbildungsstudiengang mit verschiedenen Schwer- des Vorhabens und der Beantragung von Arbeitszeit punkten (zum Beispiel Psychosoziale Arbeit oder (durch Absenkung des Lehrdeputats) sowie einigen Ambulante Erziehungshilfen) entwickelt. Vor allem Sachmitteln. In den 1980er Jahren begann die Dritt- Prof. Dr. Helmut Möller war für dieses Format verant- mittelforschung inklusive der Forschungsförderung wortlich. der Europäischen Union auch für die FHSS relevant zu werden. Erstmals wurde ein Forschungsreferent Über die Jahre erweiterte sich nicht nur das Spek- eingestellt, der die Kostenpläne der nun schon trum der angebotenen Themen, sondern auch der
Formate. Schrittweise entwickelte sich das Zentrum International – von Anfang an! | Schon für Weiterbildung zu einem Anbieter für wissen- Alice Salomon hat Soziale Arbeit stets international schaftliche Weiterbildung mit einem starken, gefä- gedacht. 1929 gründete sie mit Kolleg_innen aus cherten Angebot für die SAGE-Berufsfelder. Gemein- Frankreich, Belgien, Polen, Großbritannien, Öster- sam mit vielen Kooperationspartner_innen aus der reich und der Schweiz in Berlin die heutige Internati- Praxis wurden und werden die unterschiedlichsten onal Association of Schools of Social Work (IASSW), praxisrelevanten Themen aufbereitet und vermittelt. deren Mitglied die ASH Berlin bis dato ist. In der Die Entwicklung der Weiterbildung ist besonders Gründungsresolution wurden Leitlinien für interna- durch das jahrzehntelange Engagement der Kolleg_ tionale Zusammenarbeit benannt, die auch aktuell innen Karin Schwarz und Horst Goedel möglich gewe- Gültigkeit für die Hochschule und für die Arbeit des sen, die unter Leitung von Caroline Meinke, Prof. Dr. International Office besitzen: Der Austausch von Brigitte Geißler-Piltz und Prof. Dr. Heinz Cornel die Meinungen und Erfahrungen zwischen den Schulen Weiterbildung stetig ausgebaut und die Strukturen (heute: Hochschulen) sollte ermöglicht und Probleme für die heutige Arbeit geschaffen haben. des internationalen Austausches der (Hoch)Schulen sowie der Austausch von Lehrenden und Studieren- Annett Eckloff (Zentrum für Weiterbildung) den sollten behandelt werden, aber auch internatio- ARCHIVALIE 17 U-Bahnhof Hellersdorf in den 1990er Jahren. Im Hintergrund die Baustelle des Hauptgebäudes der ASH Berlin (Urheber_in unbekannt, Quelle: Alice Salomon Archiv) Soziale Arbeit SPEZIAL ASH.2021 In den 1980er Jahren werden die Räume der FHSS in Schöneberg zu klein für die zahlreichen Studie- renden, so dass für Lehrende und Verwaltung ein Wohngebäude angemietet wird und Seminare mit- unter in Privatwohnungen oder Kneipen stattfinden. Kurz vor Mauerfall sind die Planungen für einen Neubau in Spandau so gut wie abgeschlossen. Doch die Wiedervereinigung ändert alles. Als der Ber- liner Senat Hellersdorf als neuen Standort festlegt, protestieren die Hochschulangehörigen – erfolglos (Hecht; Jung 2008). Dort, wo auf diesem Bild noch Erdhügel zu sehen sind, eröffnet 1998 das neue Hochschulgebäude. Heute bestimmt die Fassade der ASH Berlin den Blick vom U-Bahnhof. Ihre Gestal- tung wird 2017 zum Anlass einer Debatte über öffentliche Kunst, die hocherhitzt bis über die Landes- grenzen geführt wird. Dayana Lau, Friederike Mehl Hecht, Susanne; Jung, Barbara: Hellersdorf ist nicht Sibirien ... (Film), Berlin 2008, 47 Minuten
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