Bonn2011 Conference The Water, Energy and Food Security Nexus

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Bonn2011 Conference
The Water, Energy and
Food Security Nexus
Solutions for the Green Economy
16 – 18 November 2011
                                                                           Presse Hintergrund 02

Mehr Güter für mehr Menschen mit weniger Ressourcen – geht das?
Sind eine gesicherte Wasser- und Energieversorgung und die ausreichende Ernährung der wachsen-
den Weltbevölkerung ein Widerspruch? Zurzeit lautet die Antwort: in vielen Fällen ja. Überall auf der
Welt wird deutlich, dass die Versorgung mit einem der drei Güter Wasser, Nahrung, Energie häufig auf
Kosten eines oder beider anderen geht.

Das aktuell bekannteste Beispiel, dass die drei Sek-   mitteln in der Landwirtschaft subventioniert. So
toren Wasser, Energie und Nahrungsmittelsicher-        sind zwar die Erträge beträchtlich gestiegen, aber
heit eng zusammenhängen und sich zum Teil ne-          die Trinkwasserreserven erheblich mit Nitraten
gativ beeinflussen, ist wohl die weltweite Produk-     und anderen Stoffen aus der Landwirtschaft ver-
tionssteigerung von Energiepflanzen, die einher-       unreinigt. Die Reinigung des Wassers wiederum
geht mit steigenden Preisen bei vielen Nahrungs-       erfordert energieintensive technische Verfahren.
mitteln, vor allem Getreide. Nach Angaben des                 Ähnliche Probleme finden sich auch in
International Food Policy Research Instituts (IFP-     Deutschland: So wird in Regionen mit Intensiv-
RI) in Washington sind die globalen Preissteige-       und Massenhaltung von Schweinen eine zu hohe
rungen bei Nahrungsmitteln zwischen 2000 und           Nitratbelastung des Grundwassers beobachtet.
2007 zu etwa einem Drittel auf die wachsende           Umweltfachleute sehen als Ursache die Verbrin-
Produktion von „Bio-Energie“ zurückzuführen.           gung der Gülle aus den Mastanlagen auf die umlie-
      Andererseits haben die Regierungen vieler        genden Felder. Ein hoher Nitratgehalt macht Was-
Schwellen- und Entwicklungsländer große An-            ser für den menschlichen Genuss unbrauchbar.
strengungen unternommen, um die Nahrungs-
mittelproduktion zu steigern. Allerdings oft mit       Mehr Menschen, mehr Nahrung – mehr
negativen Auswirkungen auf andere Bereiche.            Energiehunger?
Beispiel China: Dort wird der Einsatz von Dünge-       Beispiel Indien: Die indische Regierung fördert den

 Hinweis für Journalisten
 Die „Bonn2011 Conference: The Water, Energy and Food Security Nexus – Solutions for the Green
 Economy“ ist für akkreditierte Journalisten zugänglich. Für die Akkreditierung ist die Vorlage eines
 gültigen Presseausweises erforderlich. Bitte registrieren Sie sich auf der Konferenzwebsite: www.
 water-energy-food.org/Presse

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Bonn2011 Conference
                                                       The Water, Energy and Food Security Nexus
                                                       Solutions for the Green Economy
                                                       16 – 18 November 2011

Einsatz von Dünger und Wasserpumpen zur Mo-                      Dies sind nur einige Beispiele für die Wir-
dernisierung der Landwirtschaft, was angesichts           kungsvernetzung – den Nexus – der Sektoren
einer wachsenden Bevölkerung unabdingbar ist.             Wasser, Energie und Ernährung. Uschi Eid, Vize-
Die Nahrungsmittelproduktion nimmt zu, mit ihr            vorsitzende von UNSGAB, des internationalen Ex-
aber auch die Übernutzung von Grundwasservorrä-           pertenrats, der den UN-Generalsekretär zu Was-
ten und die Nachfrage nach Energie. Die Subventio-        ser- und Abwasserfragen berät, fasst die globale
nierung von Dieselöl und Strom für die Pumpen hat         Herausforderung so zusammen: „Wir steuern auf
zu einem dramatischen Verlust an Grundwasser ge-          mehrere Bruchstellen zu – die Versorgung von im-
führt. Der Grundwasserspiegel ist mancherorts von         mer mehr Menschen wird zunehmend schwerer.
35 auf 120 Meter gefallen. Um Wasser aus dieser Tie-      Das System stößt an seine Grenzen.“
fe auf die Felder zu pumpen, wird nun das Achtzig-               Was also muss getan werden? Wasser ist
fache an Energie benötigt. Nach Angaben des Stock-        nicht vermehrbar, fossile Energien sind begrenzt,
holmer Umweltinstituts werden heute 20 Prozent            erneuerbare Energien dürfen nicht zu Lasten der
der in Indien erzeugten elektrischen Energie bzw.         Nahrungsmittelversorgung gehen. Und wie kön-
50 Prozent des Stroms, der in Wasserkraftwerken           nen mehr Güter für mehr Menschen erzeugt wer-
erzeugt wird, für den Betrieb von Bewässerungs-           den, ohne das System, von dem Uschi Eid spricht,
pumpen benötigt – bei steigenden Energiepreisen.          zu sprengen?

Der Nexus zwischen Wasser, Energie und Ernährungssicherheit

  Handlungsfelder                                           Finanzsektor           Regierungs-      Innovationen
                                                                                     führung
                                                                                   Rahmenbeding-
  Gesellschaft                                                                      ungen/Anreize
  Zugang verbessern,
  insbesondere für die
  Armen                      Sichere                                Ernäh-                          Ziele:
                            Wasserver-                              rungs-                          Wasser-, Energie-
                             sorgung                              sicherheit                        undErnährungs-
                                               Wasser-                                              sicherung für alle
   Wirtschaft                                ressourcen
   Mehr erreichen                                                                                   nachhaltiges &
   mit weniger                                                                                      gerecht verteiltes
   Ressourcen                                                                                       Wachstum

                                                                                                    Belastbare und
   Umwelt                                                                                           produktive Umwelt
   In Ökosystem-
                                               Ener-
   dienstleistungen
                                             giesicher-
                                Nexus-          heit
   investieren                Perspektive

                         Verstädterung Bevölkerungswachstum Klimawandel
                                          Global trends

                                                                                 Presse Hintergrund 02 | Seite 2
Bonn2011 Conference
                                                      The Water, Energy and Food Security Nexus
                                                      Solutions for the Green Economy
                                                      16 – 18 November 2011

Internationale Konferenz in Bonn                         schen Fachleuten und Entscheidern diskutiert
Mit diesen Fragen werden sich vom 16. bis 18. No-        wird, birgt eine Reihe von interessanten Lösun-
vember über 500 Fachleute und Entscheider aus            gen. Die grundlegenden Konzepte dafür beruhen
Politik, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Unter-      auf dem Nachhaltigkeitsprinzip, das die teilneh-
nehmen bei der „Bonn2011 Conference: The Wa-             menden Staaten vor 20 Jahren bei der ersten UN-
ter, Energy and Food Security Nexus – Solutions          Konferenz zur nachhaltigen Entwicklung in Rio
for the Green Economy“ befassen.                         zur globalen Maxime erklärten.
       Eingeladen zu dieser Konferenz hat die                  Nachhaltigkeit im Nexus-Zusammenhang
Bundesregierung. Mit ihrer Initiative, das Nexus-        bedeutet vordringlich: effizientere Nutzung und
Thema auf die internationale Tagesordnung zu             verringerter Einsatz von Ressourcen sowie eine
setzen, will sie zugleich einen wichtigen Impuls         stärkere Berücksichtigung ökologischer Zusam-
setzen bei der Vorbereitung der UN-Konferenz             menhänge bei Politik- und Investitionsentschei-
zur nachhaltigen Entwicklung Rio+20, die im              dungen. Green Economy heißt das Stichwort. Res-
Juni 2012 in Rio de Janeiro stattfinden wird.            sourceneffizienz, die Einbeziehung ökologischer
                                                         Parameter und soziale Ausgewogenheit in wirt-
Welche Lösungen sind möglich?                            schaftlichen Entscheidungen „rechnen“ sich.
Der Nexus-Ansatz, der auf der Bonner Konferenz           Nach dem Motto „create more with less“, also mit
erstmals auf breiter internationaler Ebene zwi-          weniger Einsatz mehr erreichen.

    Beispiel: Regen statt Pumpe
    Dazu ein Beispiel aus dem indischen Bundesstaat Gujarat: In vielen Dörfern wurde aus der Not eine
    Tugend – mit recht rigiden Regeln: Um den verschwenderischen Umgang mit Grundwasser zu stop-
    pen, dürfen die Bauern nur noch acht Stunden am Tag elektrischen Strom für Wasserpumpen einset-
    zen. Die Bauern lernten, als Alternative das „rainwater harvesting“ anzuwenden. Regenwasser wird
    in Auffangbecken gespeichert und bei Bedarf möglichst nahe an den Pflanzenwurzeln ausgebracht,
    statt die Felder mit großen Wasserfontänen zu bewässern. So wird auch der Wasserverlust durch Ver-
    dunstung verringert: Bei großflächiger Bewässerung verdunstet bis zu einem Drittel der Wasser-
    menge, bevor das Nass die Wurzeln erreicht. Die positiven Effekte: Die Bewässerungskosten sinken,
    der Grundwasserspiegel steigt, und weil die Bauern weniger Strom verbrauchen, gibt es weniger
    Stromausfälle, so dass Kleinunternehmen wie die vielen Handwerksbetriebe ihre Maschinen länger
    am Tag produktiv nutzen können.

Mehr davon, möchte man sagen. Aber warum ge-             ƒMehr Informationen und Wissen über Wir-
lingt es bislang so selten, die Wirkungszusam-             kungen an den Schnittstellen der Sektoren sind
menhänge von sicherer Wasser- und Energiever-              notwendig. Zwar existieren vielfältige Erfah-
sorgung und Ernährungssicherung so zu berück-              rungen und Wissen in den einzelnen Sektoren
sichtigen, dass negative Wechselwirkungen zwi-             und in jedem Sektor arbeiten anerkannte Wis-
schen den Sektoren vermieden werden können?                senschaftler und Fachleute. Bislang jedoch gibt
      Die Antworten scheinen simpel zu sein.               es nur einen unzureichenden Austausch von Er-
Ihre Umsetzung in Entscheidungsprozessen und               fahrung und Wissen und zu wenige sektorüber-
Handlungsoptionen ist alles andere als einfach.            greifende, interdisziplinäre Forschungsansätze.

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Bonn2011 Conference
                                                        The Water, Energy and Food Security Nexus
                                                        Solutions for the Green Economy
                                                        16 – 18 November 2011

  Doch mit mehr und besserem sektorübergrei-                 Bedeutung erhalten. So lassen sich unbeabsich-
  fenden Wissen und mehr Erfahrungen in der                  tigte negative Konsequenzen vermeiden. Zu-
  Zusammenarbeit der Sektoren könnten Planun-                ständigkeitsfragen dürfen den Blick auf die sek-
  gen und Entscheidungen aus unterschiedlichen               torübergreifende Gesamtverantwortung nicht
  Blickwinkeln heraus getroffen werden. Verein-              beeinträchtigen.
  facht ausgedrückt: Raus aus den Elfenbeintür-            ƒ Technologische Innovationen – etwa für eine
  men. Wer die Scheuklappen seiner Zunft ablegt,              effizientere Nutzung von Ressourcen – schaf-
  kann mehr sehen und besser entscheiden.                     fen neue wirtschaftliche Potenziale und tragen
ƒ Mehr und bessere Kommunikation zwi-                        dazu bei, die ärmsten Bevölkerungsgruppen
   schen den Sektoren ist erforderlich, aber auch             besser mit sauberem Trinkwasser, Nahrung
   mehr und bessere Kommunikation mit Ent-                    und Energie zu versorgen. Allerdings gilt es
   scheidungsträgern in Politik und Wirtschaft                auch hier, im Sinne des Nexus negative Tech-
   und mit der Öffentlichkeit. Es gilt, ein allgemei-         nikfolgen zu vermeiden.
   nes Verständnis für die Wirkungszusammen-               ƒNicht zuletzt sind auch die Verbraucher ange-
   hänge zu schaffen und die Akzeptanz für Ver-              sprochen. Mit ihren Kaufentscheidungen üben
   änderungen zu fördern. Es muss deutlicher                 sie Einfluss auf Produzenten und Handel aus.
   werden, dass es ein globales „Weiter so“ nicht            Sie entscheiden mit darüber, welche Markt-
   geben kann. Die Folgen alter Sicht- und Hand-             chancen etwa ressourceneffizient oder ökolo-
   lungsweisen sind absehbar.                                gisch hergestellte Produkte und Waren aus fai-
ƒMehr Kohärenz bei Entscheidungen ist unab-                 rem Handel haben. Ähnlich würde sich auch
  dingbar. Bei der Planung von Investitionen und             eine verstärkte Verbraucherwahl zugunsten
  Infrastruktur, bei Entscheidungen über Subven-             langlebigerer Produkte auswirken. So können
  tionen und wirtschaftliche Rahmenbedingun-                Verbraucher dazu beitragen, „business as usual“
  gen etc. sollte der Nexus-Ansatz eine besondere            infrage zu stellen.

    Beispiel: Abfall ist Rohstoff
    Effiziente Ressourcennutzung ist häufig aus einem Mangel heraus entstanden. Weltweit finden sich
    erfolgreiche Beispiele dafür:
    ƒDünger und Biogas aus Toilettenabwässern: Aus nachhaltiger Sanitärentsorgung lassen
       sich Nährstoffe für die landwirtschaftliche Produktion und Energie gewinnen. Toilettenab-
       wässer, so genanntes Grauwasser, werden mit geringem Aufwand soweit gereinigt, dass sie
       unbedenklich zur Bewässerung eingesetzt werden können. Jordanien etwa kann dadurch bis
       zu 20 Prozent Frischwasser sparen. Der Klärschlamm wird kompostiert und anschließend als
       Dünger verwendet – so werden die wertvollen Nährstoffe recycelt. In der indischen Stadt
       Kolhapur sind die Abwässer für die dezentrale Energieerzeugung vorgesehen. Aus ihnen lässt
       sich Biogas gewinnen. Ausfermentiertes Abwasser und Klärschlamm werden für die Bewässe-
       rung und Düngung weiterverwendet.
    ƒAbwasser- und Nährstoffrecycling durch urbane Landwirtschaft: Städte sind weltweit
       Wachstumsregionen, in denen heute schon etwa die Hälfte der Weltbevölkerung lebt. Hier
       hat sich auch eine urbane Landwirtschaft entwickelt, die längst zur Ernährungssicherung in
       städtischen Gebieten beiträgt. Etwa die „vertikalen Farmen“ in Afrikas größtem Slum Kibera in
       Nairobi, der Hauptstadt Kenias: Hier findet man Gärten in Säcken, die mit Erde gefüllt sind,
       Gärten aus Autoreifen und auf Podesten, wo auf Kompost Gemüse zur lokalen Versorgung ge-

                                                                                  Presse Hintergrund 02 | Seite 4
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                                                      The Water, Energy and Food Security Nexus
                                                      Solutions for the Green Economy
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    zogen wird. Hier wird nicht nur Abfall recycelt, sondern auch Abwasser im großen Maßstab zur
    Düngung und Bewässerung wiederverwertet. Derartige urbane Gärten sind häufig hoch effizien-
    te Nährstoffrecyclingsysteme. Etwa 800 Millionen Menschen weltweit betreiben städtische Land-
    wirtschaft und produzieren schon heute 15 bis 20 Prozent aller Lebensmittel. 200 Millionen dieser
    urbanen Landwirte produzieren Lebensmittel für den Markt und beschäftigen 150 Millionen
    Menschen. Bis 2020 werden etwa 35 bis 40 Millionen Slumbewohner und Stadtbewohner in Afri-
    ka allein auf städtische Landwirtschaft angewiesen sein, um ihre Ernährung sicherzustellen. Ur-
    bane Landwirtschaft ist ein Paradebeispiel für die effiziente Nutzung von Ressourcen und die Ver-
    meidung von Abfall.

Food Losses – Wenn Nahrung auf dem Müll landet statt im Magen

 Ressourceneffizienz sieht anders aus: Weltweit
 gehen Unmengen von Nahrungsmitteln verlo-                Ackerland. Zudem belastet die Agrarprodukti-
 ren, bevor sie die Teller erreichen. Sie verfaulen       on die Umwelt, etwa durch den Ausstoß von
 auf Feldern, verschimmeln in Lagerhäusern oder           Treibhausgasen, und trägt damit zum Klima-
 landen – obwohl einwandfrei – im Hausmüll. Eine          wandel bei. Ein nachhaltigerer Umgang mit
 Studie der Welternährungsorganisation FAO                Nahrungsmitteln hat also nicht nur positive
 schätzt die Gesamtsumme der weltweiten Verlus-           Auswirkungen auf die weltweite Ernährungssi-
 te sogar auf bis zu 1,3 Milliarden Tonnen jährlich       cherung, sondern auch auf andere Bereiche.
– das entspräche rund einem Drittel der Nah-
 rungsmittelproduktion.                                  Entwicklungsländer: ein Armutsproblem.
       Allerdings, das sagen auch die Experten,          In armen Ländern gehen Nahrungsmittel zumeist
 fehlen aktuelle und präzise Zahlen. Denn wäh-           am Anfang der Lebensmittelkette verloren – be-
 rend Abfall längst als wertvoller Rohstoff erkannt      vor sie die Verbraucher erreichen. Ursachen sind
 wurde und Technologien für Recycling und Müll-          meist Armut und – damit verbunden – schlechte
 vermeidung entwickelt werden, wird den Nah-             Infrastruktur. Große Verluste treten dabei bereits
 rungsmittelverlusten bislang kaum Aufmerksam-           auf dem Feld auf.
 keit geschenkt – obwohl sie massive Auswirkun-          ƒViele Kleinbauern verlieren Teile ihrer Ernte
 gen auf die Ernährungslage in armen Ländern                durch Schädlinge und wucherndes Unkraut.
 haben und zu großen Teilen vermeidbar wären.            ƒWeil sie dringend Geld oder Nahrung benöti-
 Fachleute unterscheiden zwischen Verlusten                 gen, sind Bauern oft gezwungen, die Ernte zu
 (food losses) – etwa bei Ernte und Verarbeitung –          früh einzubringen – zu Lasten von Menge und
 und Verschwendung (food waste), also das Weg-              Qualität.
 werfen intakter und genießbarer Lebensmittel.           ƒAgrarprodukte verderben auf dem Weg zu den
                                                            Märkten und Verbrauchern, weil es an Hygiene
  Nexus: Folgen der Verschwendung                           und Infrastruktur fehlt: Transportmöglichkei-
  Ein Blick auf die Zusammenhänge – den Nexus               ten, Straßen, Lagerhäuser. In Bangladesch bei-
 – macht deutlich: Egal, wo die verschwendeten              spielsweise wird vielerorts Milch ungekühlt mit
  Lebensmittel erzeugt wurden, immer wurden                 Fahrradrikschas zur Weiterverarbeitung trans-
  für ihre Produktion knappe Güter verbraucht –             portiert. Ein Teil verdirbt auf der langen Fahrt
 Wasser und Energie, Dünger und wertvolles                  im feuchtwarmen Klima. Ein anderes Beispiel:

                                                                                Presse Hintergrund 02 | Seite 5
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                                                            The Water, Energy and Food Security Nexus
                                                            Solutions for the Green Economy
                                                            16 – 18 November 2011

  In vielen Ländern wird Reis in der Sonne ge-                  sam Traktoren und Maschinen anschaffen. In den
  trocknet. Dabei vernichten Mäuse und Parasi-                  weiteren Schritten der Lebensmittelkette müssen
  ten einen Teil der Ernte.                                     Infrastruktur und Know-how, etwa zur Hygiene,
       Die Nahrungsmittelverluste in armen Län-                 verbessert werden.
dern verstärken Armut und Hunger. Die verlore-
nen Nahrungsmittel fehlen auf den Märkten.                        Unterernährung: Problem mit Spätfolgen
Wasser, Ackerland, Dünger und Arbeitskraft wur-                   Unsichere Nahrungsmittelversorgung hat
den umsonst investiert. Die Verluste schmälern                    für die Menschen und die Volkswirtschaft
das Einkommen der Bauern und erhöhen die Ver-                     armer Länder Langzeitfolgen. Darauf weist
braucherpreise. Werden die „food losses“ redu-                    Joachim von Braun, Leiter des Bonner Zent-
ziert, kommt mehr Nahrung auf die Märkte und                      rums für Entwicklungsforschung (ZEF), hin:
die Lebensmittelpreise sinken oder bleiben zu-                   „Eine Nahrungsmittelknappheit von zwei oder
mindest stabil. Eine Reduktion der „food losses“                  drei Monaten wirkt sich bei Kindern ein Leben
kann also wesentlich zur Ernährungssicherung                      lang gesundheitlich aus. Unsere Studien ha-
beitragen, knappe Wasservorräte schonen und                       ben gezeigt, dass die Arbeitsproduktivität von
Energie sparen helfen.                                            einst unterernährten Kindern 30 Jahre später
       Gefragt sind besonders Maßnahmen am                        halbiert ist. Frühkindliche Ernährung muss
Anfang der Lebensmittelkette, wo die Verluste be-                 viel höhere Priorität bekommen.“ Auch hier
sonders groß sind: Organisieren sich Bauern in                    zeigt sich der „Nexus“, der Zusammenhang
Genossenschaften oder Maschinenringen, kön-                       zwischen den verschiedenen Bereichen.
nen sie leichter Kredite bekommen oder gemein-

 Nahrungsmittelverluste in reichen und armen Ländern
 Quelle: Godfray et.al. (2010): The challenge of feeding 9 billion people.

                Entwicklungsländer                                                                      *

                              USA

                                     0%                           50 %                                 100 %

                                          Landwirtschaft   Transport und Verarbeitung

                                          Handel           Gastronomie/                 Verbraucher
                                                           Dienstleistungen

                    *Der graue Teil repräsentiert die kombinierten Anteile aus Handel, Gastronomie
                     und Verbrauchern der Entwicklungsländer.

                                                                                                Presse Hintergrund 02 | Seite 6
Bonn2011 Conference
                                                     The Water, Energy and Food Security Nexus
                                                     Solutions for the Green Economy
                                                     16 – 18 November 2011

 In reichen Industrieländern werfen Verbraucher rund zehnmal mehr Lebensmittel in den Müll als in
 armen Entwicklungsländern. 95 bis 115 Kilo pro Kopf und Jahr sind es in Europa und Nordamerika, 6 bis 11
 Kilo in Afrika südlich der Sahara und in Süd- und Südostasien.
 230 Millionen Tonnen Nahrungsmittel werden jährlich insgesamt von allen Ländern Afrikas südlich
 der Sahara erzeugt.
 222 Millionen Tonnen Nahrungsmittel werden jährlich von den Verbrauchern in den reichen Ländern
 der Welt verschwendet.
 (Zahlen nach Schätzungen der Welternährungsorganisation FAO)

Industrieländer: ein Luxusproblem.                      globalen Marktpreise. Das bestätigt auch Joachim
In reichen Ländern geht es eher um „food waste“ –       von Braun (ZEF): „Würden deutlich weniger Le-
Verschwendung von Lebensmitteln. Zwar gibt es           bensmittel verschwendet, hätte das einen
auch hier unvermeidliche Verluste bei Ernte und         weltweiten Markteffekt, der den armen Län-
Verarbeitung. Doch darüber hinaus verfaulen             dern zu Gute käme.“
zum Beispiel Kartoffeln auf dem Feld, weil sie
nicht den ästhetischen Kriterien von Handel und
Verbrauchern genügen. Reste aus der Verarbei-            „Food waste“ – ein Thema
tung werden vernichtet statt verwendet. Gemüse            der Bonn2011 Conference
wird in Supermärkten weggeworfen, weil es nicht           Was tun gegen Nahrungsmittelverluste? Food
mehr taufrisch aussieht. Unüberlegt gekaufte              waste ist ein eigener Themenkomplex auf der
Nahrungsmittel vergammeln in Schränken oder               »Bonn2011 Conference: The Water, Energy and
landen direkt im Müll.                                    Food Security Nexus – Solutions for the Green
       Klar ist: Wird in einem Land wie Deutsch-          Economy« vom 16. bis 18. November in Bonn.
land ein Brötchen weniger in den Müll geworfen,           Wissenschaftler, Entscheider und Politiker wol-
wird davon direkt kein Hungernder in den armen            len dort nach Ursachen und Lösungen des Pro-
Ländern der Welt satt. Doch die Summe des Weg-            blems suchen.
geworfenen hat deutliche Auswirkungen auf die

Create more with less: Doppelte Ernten durch bessere Wassernutzung

Die Landwirtschaft ist weltweit der größte Wasser-      und Südamerika untersucht. In Afrika, so das Er-
verbraucher. Für die Produktion einer Kalorie in        gebnis, könnten große Teile der Vegetation
Nahrungsmitteln ist im Durchschnitt rund ein Liter      durch Regenwasser versorgt werden. Bislang
Wasser notwendig. Dürren führen immer wieder zu         werden dort jedoch nur vier Prozent des Regen-
Hungersnöten. Liegt es also am knappen Wasser,          wassers für Bewässerung und zum Tränken des
wenn nicht genug Nahrungsmittel produziert wer-         Viehs genutzt.
den können?                                                  „Wenn wir uns mehr bemühen, die Regen-
      Oft ist nicht Wassermangel das Hauptprob-         wasser-Landwirtschaft zu intensivieren, könnten
lem, sondern die ineffiziente Nutzung und unglei-       wir die Welt ernähren, ohne den Druck auf die
che Verteilung. Forscher des internationalen Chal-      Flusssysteme noch zu verstärken“, meint Simon
lenge Programs on Water and Food (CPWF) haben           Cook vom International Center for Tropical Agri-
über mehrere Jahre Flussgebiete in Asien, Afrika        culture (CIAT).

                                                                                Presse Hintergrund 02 | Seite 7
Bonn2011 Conference
                                                                       The Water, Energy and Food Security Nexus
                                                                       Solutions for the Green Economy
                                                                       16 – 18 November 2011

 In Asien sehen die Forscher große Potenziale in ei-                      sichtigen zu können", sagt Dennis Wichelns, stell-
 ner besseren Wasserverteilung. Meist regelt dort                         vertretender Generaldirektor des International
 jeder Anrainerstaat die Wasserverteilung für sich.                       Water Management Institute (IWMI). Erst eine
 Auch der Wasserbedarf von Landwirtschaft, In-                            ganzheitliche Sicht ermöglicht Verbesserungen.
 dustrie und Umwelt wird oft separat betrachtet.                          Die Nahrungsmenge könnte dann auch für die
„Der Blick auf das gesamte Flussgebiet ist entschei-                      rund 9,5 Milliarden Menschen reichen, die laut
 dend, um die Auswirkungen der jeweiligen Ver-                            Bevölkerungsprognosen bis zum Jahr 2050 auf
 teilungspolitik flussauf- und flussabwärts berück-                       der Erde leben sollen.

  Nützliche Links
  Website der Bonn2011 Conference: The Water, Energy and Food Security Nexus – Solutions for the
  Green Economy: www.water-energy-food.org
  “Food Security, Farming, and Climate Change to 2050”, IFPRI-Studie zu Ernährungssicherung und
  Klimawandel (englisch): www.ifpri.org/sites/default/files/publications/rr172.pdf
  „Global Food Losses and Food Waste“, FAO-Studie zu Nahrungsmittelverlusten (englisch):
  www.fao.org/fileadmin/user_upload/ags/publications/GFL_web.pdf
  Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) an der Universität Bonn: www.zef.de
  “Water, Energy and Food Security – Challenges and Opportunities”, Hintergrundpapier des Stock-
  holm Umweltinstituts SEI und des Potsdam Institute für Klimafolgenforschung PIK (englisch):
  www.water-energy-food.org/en/bonn_2011_process/show__50_understanding_the_nexus.html

                                                                          Herausgeber:
                                                                          Konferenz-Sekretariat
                                                                          Internationale Wasser-Politik und Infrastruktur
                                                                          c/o Deutsche Gesellschaft für
                                                                          Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH
                                                                          Dag-Hammerskjöld 1 – 5
                                                                          65760 Eschborn
                                                                          Tel.: 061 96 79 26 48
                                                                          E-Mail: communication@water-energy-food.org
    Mit ihrem interaktiven und transsektoralen Ansatz wird die
    Bonn2011 Nexus Conference eine Serie von Dialogformaten der           Pressekontakt:
    „Bonner Perspektiven“ eröffnen. Diese neue gemeinsame
                                                                          MediaCompany –
    Initiative der Bundesregierung Deutschland und der Stadt Bonn
    zielt darauf ab, der internationalen Nachhaltigkeitsdebatte           Agentur für Kommunikation GmbH, Bonn
    neue Impulse zu verleihen. Dazu werden innovative Lern-, Dialog-      Holger Baum, Tel.: 02 28 9 09 66 12
    und Netzwerkformate am Standort Bonn etabliert, die Politik-          Fax 02 28 9 09 66 55
    felder verbinden, Zielkonflikte aufzeigen sowie Handlungs- und
    Lösungsoptionen für die globalen Herausforderungen bieten.            E-Mail: h.baum@mediacompany.com
    BONNER PERSPEKTIVEN IST EINE INITIATIVE VON

                                                                          Partner der Konferenz
                                                                          Folgende Partner unterstützen die Konferenz
                                                                          und den Nexus-Prozess:
    FINANZIERT VON

                                                                                                 Presse Hintergrund 02 | Seite 8
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