Bonn2011 Conference The Water, Energy and Food Security Nexus
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Bonn2011 Conference The Water, Energy and Food Security Nexus Solutions for the Green Economy 16 – 18 November 2011 Presse Hintergrund 02 Mehr Güter für mehr Menschen mit weniger Ressourcen – geht das? Sind eine gesicherte Wasser- und Energieversorgung und die ausreichende Ernährung der wachsen- den Weltbevölkerung ein Widerspruch? Zurzeit lautet die Antwort: in vielen Fällen ja. Überall auf der Welt wird deutlich, dass die Versorgung mit einem der drei Güter Wasser, Nahrung, Energie häufig auf Kosten eines oder beider anderen geht. Das aktuell bekannteste Beispiel, dass die drei Sek- mitteln in der Landwirtschaft subventioniert. So toren Wasser, Energie und Nahrungsmittelsicher- sind zwar die Erträge beträchtlich gestiegen, aber heit eng zusammenhängen und sich zum Teil ne- die Trinkwasserreserven erheblich mit Nitraten gativ beeinflussen, ist wohl die weltweite Produk- und anderen Stoffen aus der Landwirtschaft ver- tionssteigerung von Energiepflanzen, die einher- unreinigt. Die Reinigung des Wassers wiederum geht mit steigenden Preisen bei vielen Nahrungs- erfordert energieintensive technische Verfahren. mitteln, vor allem Getreide. Nach Angaben des Ähnliche Probleme finden sich auch in International Food Policy Research Instituts (IFP- Deutschland: So wird in Regionen mit Intensiv- RI) in Washington sind die globalen Preissteige- und Massenhaltung von Schweinen eine zu hohe rungen bei Nahrungsmitteln zwischen 2000 und Nitratbelastung des Grundwassers beobachtet. 2007 zu etwa einem Drittel auf die wachsende Umweltfachleute sehen als Ursache die Verbrin- Produktion von „Bio-Energie“ zurückzuführen. gung der Gülle aus den Mastanlagen auf die umlie- Andererseits haben die Regierungen vieler genden Felder. Ein hoher Nitratgehalt macht Was- Schwellen- und Entwicklungsländer große An- ser für den menschlichen Genuss unbrauchbar. strengungen unternommen, um die Nahrungs- mittelproduktion zu steigern. Allerdings oft mit Mehr Menschen, mehr Nahrung – mehr negativen Auswirkungen auf andere Bereiche. Energiehunger? Beispiel China: Dort wird der Einsatz von Dünge- Beispiel Indien: Die indische Regierung fördert den Hinweis für Journalisten Die „Bonn2011 Conference: The Water, Energy and Food Security Nexus – Solutions for the Green Economy“ ist für akkreditierte Journalisten zugänglich. Für die Akkreditierung ist die Vorlage eines gültigen Presseausweises erforderlich. Bitte registrieren Sie sich auf der Konferenzwebsite: www. water-energy-food.org/Presse Presse Hintergrund 02 | Seite 1
Bonn2011 Conference The Water, Energy and Food Security Nexus Solutions for the Green Economy 16 – 18 November 2011 Einsatz von Dünger und Wasserpumpen zur Mo- Dies sind nur einige Beispiele für die Wir- dernisierung der Landwirtschaft, was angesichts kungsvernetzung – den Nexus – der Sektoren einer wachsenden Bevölkerung unabdingbar ist. Wasser, Energie und Ernährung. Uschi Eid, Vize- Die Nahrungsmittelproduktion nimmt zu, mit ihr vorsitzende von UNSGAB, des internationalen Ex- aber auch die Übernutzung von Grundwasservorrä- pertenrats, der den UN-Generalsekretär zu Was- ten und die Nachfrage nach Energie. Die Subventio- ser- und Abwasserfragen berät, fasst die globale nierung von Dieselöl und Strom für die Pumpen hat Herausforderung so zusammen: „Wir steuern auf zu einem dramatischen Verlust an Grundwasser ge- mehrere Bruchstellen zu – die Versorgung von im- führt. Der Grundwasserspiegel ist mancherorts von mer mehr Menschen wird zunehmend schwerer. 35 auf 120 Meter gefallen. Um Wasser aus dieser Tie- Das System stößt an seine Grenzen.“ fe auf die Felder zu pumpen, wird nun das Achtzig- Was also muss getan werden? Wasser ist fache an Energie benötigt. Nach Angaben des Stock- nicht vermehrbar, fossile Energien sind begrenzt, holmer Umweltinstituts werden heute 20 Prozent erneuerbare Energien dürfen nicht zu Lasten der der in Indien erzeugten elektrischen Energie bzw. Nahrungsmittelversorgung gehen. Und wie kön- 50 Prozent des Stroms, der in Wasserkraftwerken nen mehr Güter für mehr Menschen erzeugt wer- erzeugt wird, für den Betrieb von Bewässerungs- den, ohne das System, von dem Uschi Eid spricht, pumpen benötigt – bei steigenden Energiepreisen. zu sprengen? Der Nexus zwischen Wasser, Energie und Ernährungssicherheit Handlungsfelder Finanzsektor Regierungs- Innovationen führung Rahmenbeding- Gesellschaft ungen/Anreize Zugang verbessern, insbesondere für die Armen Sichere Ernäh- Ziele: Wasserver- rungs- Wasser-, Energie- sorgung sicherheit undErnährungs- Wasser- sicherung für alle Wirtschaft ressourcen Mehr erreichen nachhaltiges & mit weniger gerecht verteiltes Ressourcen Wachstum Belastbare und Umwelt produktive Umwelt In Ökosystem- Ener- dienstleistungen giesicher- Nexus- heit investieren Perspektive Verstädterung Bevölkerungswachstum Klimawandel Global trends Presse Hintergrund 02 | Seite 2
Bonn2011 Conference The Water, Energy and Food Security Nexus Solutions for the Green Economy 16 – 18 November 2011 Internationale Konferenz in Bonn schen Fachleuten und Entscheidern diskutiert Mit diesen Fragen werden sich vom 16. bis 18. No- wird, birgt eine Reihe von interessanten Lösun- vember über 500 Fachleute und Entscheider aus gen. Die grundlegenden Konzepte dafür beruhen Politik, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Unter- auf dem Nachhaltigkeitsprinzip, das die teilneh- nehmen bei der „Bonn2011 Conference: The Wa- menden Staaten vor 20 Jahren bei der ersten UN- ter, Energy and Food Security Nexus – Solutions Konferenz zur nachhaltigen Entwicklung in Rio for the Green Economy“ befassen. zur globalen Maxime erklärten. Eingeladen zu dieser Konferenz hat die Nachhaltigkeit im Nexus-Zusammenhang Bundesregierung. Mit ihrer Initiative, das Nexus- bedeutet vordringlich: effizientere Nutzung und Thema auf die internationale Tagesordnung zu verringerter Einsatz von Ressourcen sowie eine setzen, will sie zugleich einen wichtigen Impuls stärkere Berücksichtigung ökologischer Zusam- setzen bei der Vorbereitung der UN-Konferenz menhänge bei Politik- und Investitionsentschei- zur nachhaltigen Entwicklung Rio+20, die im dungen. Green Economy heißt das Stichwort. Res- Juni 2012 in Rio de Janeiro stattfinden wird. sourceneffizienz, die Einbeziehung ökologischer Parameter und soziale Ausgewogenheit in wirt- Welche Lösungen sind möglich? schaftlichen Entscheidungen „rechnen“ sich. Der Nexus-Ansatz, der auf der Bonner Konferenz Nach dem Motto „create more with less“, also mit erstmals auf breiter internationaler Ebene zwi- weniger Einsatz mehr erreichen. Beispiel: Regen statt Pumpe Dazu ein Beispiel aus dem indischen Bundesstaat Gujarat: In vielen Dörfern wurde aus der Not eine Tugend – mit recht rigiden Regeln: Um den verschwenderischen Umgang mit Grundwasser zu stop- pen, dürfen die Bauern nur noch acht Stunden am Tag elektrischen Strom für Wasserpumpen einset- zen. Die Bauern lernten, als Alternative das „rainwater harvesting“ anzuwenden. Regenwasser wird in Auffangbecken gespeichert und bei Bedarf möglichst nahe an den Pflanzenwurzeln ausgebracht, statt die Felder mit großen Wasserfontänen zu bewässern. So wird auch der Wasserverlust durch Ver- dunstung verringert: Bei großflächiger Bewässerung verdunstet bis zu einem Drittel der Wasser- menge, bevor das Nass die Wurzeln erreicht. Die positiven Effekte: Die Bewässerungskosten sinken, der Grundwasserspiegel steigt, und weil die Bauern weniger Strom verbrauchen, gibt es weniger Stromausfälle, so dass Kleinunternehmen wie die vielen Handwerksbetriebe ihre Maschinen länger am Tag produktiv nutzen können. Mehr davon, möchte man sagen. Aber warum ge- ƒMehr Informationen und Wissen über Wir- lingt es bislang so selten, die Wirkungszusam- kungen an den Schnittstellen der Sektoren sind menhänge von sicherer Wasser- und Energiever- notwendig. Zwar existieren vielfältige Erfah- sorgung und Ernährungssicherung so zu berück- rungen und Wissen in den einzelnen Sektoren sichtigen, dass negative Wechselwirkungen zwi- und in jedem Sektor arbeiten anerkannte Wis- schen den Sektoren vermieden werden können? senschaftler und Fachleute. Bislang jedoch gibt Die Antworten scheinen simpel zu sein. es nur einen unzureichenden Austausch von Er- Ihre Umsetzung in Entscheidungsprozessen und fahrung und Wissen und zu wenige sektorüber- Handlungsoptionen ist alles andere als einfach. greifende, interdisziplinäre Forschungsansätze. Presse Hintergrund 02 | Seite 3
Bonn2011 Conference The Water, Energy and Food Security Nexus Solutions for the Green Economy 16 – 18 November 2011 Doch mit mehr und besserem sektorübergrei- Bedeutung erhalten. So lassen sich unbeabsich- fenden Wissen und mehr Erfahrungen in der tigte negative Konsequenzen vermeiden. Zu- Zusammenarbeit der Sektoren könnten Planun- ständigkeitsfragen dürfen den Blick auf die sek- gen und Entscheidungen aus unterschiedlichen torübergreifende Gesamtverantwortung nicht Blickwinkeln heraus getroffen werden. Verein- beeinträchtigen. facht ausgedrückt: Raus aus den Elfenbeintür- ƒ Technologische Innovationen – etwa für eine men. Wer die Scheuklappen seiner Zunft ablegt, effizientere Nutzung von Ressourcen – schaf- kann mehr sehen und besser entscheiden. fen neue wirtschaftliche Potenziale und tragen ƒ Mehr und bessere Kommunikation zwi- dazu bei, die ärmsten Bevölkerungsgruppen schen den Sektoren ist erforderlich, aber auch besser mit sauberem Trinkwasser, Nahrung mehr und bessere Kommunikation mit Ent- und Energie zu versorgen. Allerdings gilt es scheidungsträgern in Politik und Wirtschaft auch hier, im Sinne des Nexus negative Tech- und mit der Öffentlichkeit. Es gilt, ein allgemei- nikfolgen zu vermeiden. nes Verständnis für die Wirkungszusammen- ƒNicht zuletzt sind auch die Verbraucher ange- hänge zu schaffen und die Akzeptanz für Ver- sprochen. Mit ihren Kaufentscheidungen üben änderungen zu fördern. Es muss deutlicher sie Einfluss auf Produzenten und Handel aus. werden, dass es ein globales „Weiter so“ nicht Sie entscheiden mit darüber, welche Markt- geben kann. Die Folgen alter Sicht- und Hand- chancen etwa ressourceneffizient oder ökolo- lungsweisen sind absehbar. gisch hergestellte Produkte und Waren aus fai- ƒMehr Kohärenz bei Entscheidungen ist unab- rem Handel haben. Ähnlich würde sich auch dingbar. Bei der Planung von Investitionen und eine verstärkte Verbraucherwahl zugunsten Infrastruktur, bei Entscheidungen über Subven- langlebigerer Produkte auswirken. So können tionen und wirtschaftliche Rahmenbedingun- Verbraucher dazu beitragen, „business as usual“ gen etc. sollte der Nexus-Ansatz eine besondere infrage zu stellen. Beispiel: Abfall ist Rohstoff Effiziente Ressourcennutzung ist häufig aus einem Mangel heraus entstanden. Weltweit finden sich erfolgreiche Beispiele dafür: ƒDünger und Biogas aus Toilettenabwässern: Aus nachhaltiger Sanitärentsorgung lassen sich Nährstoffe für die landwirtschaftliche Produktion und Energie gewinnen. Toilettenab- wässer, so genanntes Grauwasser, werden mit geringem Aufwand soweit gereinigt, dass sie unbedenklich zur Bewässerung eingesetzt werden können. Jordanien etwa kann dadurch bis zu 20 Prozent Frischwasser sparen. Der Klärschlamm wird kompostiert und anschließend als Dünger verwendet – so werden die wertvollen Nährstoffe recycelt. In der indischen Stadt Kolhapur sind die Abwässer für die dezentrale Energieerzeugung vorgesehen. Aus ihnen lässt sich Biogas gewinnen. Ausfermentiertes Abwasser und Klärschlamm werden für die Bewässe- rung und Düngung weiterverwendet. ƒAbwasser- und Nährstoffrecycling durch urbane Landwirtschaft: Städte sind weltweit Wachstumsregionen, in denen heute schon etwa die Hälfte der Weltbevölkerung lebt. Hier hat sich auch eine urbane Landwirtschaft entwickelt, die längst zur Ernährungssicherung in städtischen Gebieten beiträgt. Etwa die „vertikalen Farmen“ in Afrikas größtem Slum Kibera in Nairobi, der Hauptstadt Kenias: Hier findet man Gärten in Säcken, die mit Erde gefüllt sind, Gärten aus Autoreifen und auf Podesten, wo auf Kompost Gemüse zur lokalen Versorgung ge- Presse Hintergrund 02 | Seite 4
Bonn2011 Conference The Water, Energy and Food Security Nexus Solutions for the Green Economy 16 – 18 November 2011 zogen wird. Hier wird nicht nur Abfall recycelt, sondern auch Abwasser im großen Maßstab zur Düngung und Bewässerung wiederverwertet. Derartige urbane Gärten sind häufig hoch effizien- te Nährstoffrecyclingsysteme. Etwa 800 Millionen Menschen weltweit betreiben städtische Land- wirtschaft und produzieren schon heute 15 bis 20 Prozent aller Lebensmittel. 200 Millionen dieser urbanen Landwirte produzieren Lebensmittel für den Markt und beschäftigen 150 Millionen Menschen. Bis 2020 werden etwa 35 bis 40 Millionen Slumbewohner und Stadtbewohner in Afri- ka allein auf städtische Landwirtschaft angewiesen sein, um ihre Ernährung sicherzustellen. Ur- bane Landwirtschaft ist ein Paradebeispiel für die effiziente Nutzung von Ressourcen und die Ver- meidung von Abfall. Food Losses – Wenn Nahrung auf dem Müll landet statt im Magen Ressourceneffizienz sieht anders aus: Weltweit gehen Unmengen von Nahrungsmitteln verlo- Ackerland. Zudem belastet die Agrarprodukti- ren, bevor sie die Teller erreichen. Sie verfaulen on die Umwelt, etwa durch den Ausstoß von auf Feldern, verschimmeln in Lagerhäusern oder Treibhausgasen, und trägt damit zum Klima- landen – obwohl einwandfrei – im Hausmüll. Eine wandel bei. Ein nachhaltigerer Umgang mit Studie der Welternährungsorganisation FAO Nahrungsmitteln hat also nicht nur positive schätzt die Gesamtsumme der weltweiten Verlus- Auswirkungen auf die weltweite Ernährungssi- te sogar auf bis zu 1,3 Milliarden Tonnen jährlich cherung, sondern auch auf andere Bereiche. – das entspräche rund einem Drittel der Nah- rungsmittelproduktion. Entwicklungsländer: ein Armutsproblem. Allerdings, das sagen auch die Experten, In armen Ländern gehen Nahrungsmittel zumeist fehlen aktuelle und präzise Zahlen. Denn wäh- am Anfang der Lebensmittelkette verloren – be- rend Abfall längst als wertvoller Rohstoff erkannt vor sie die Verbraucher erreichen. Ursachen sind wurde und Technologien für Recycling und Müll- meist Armut und – damit verbunden – schlechte vermeidung entwickelt werden, wird den Nah- Infrastruktur. Große Verluste treten dabei bereits rungsmittelverlusten bislang kaum Aufmerksam- auf dem Feld auf. keit geschenkt – obwohl sie massive Auswirkun- ƒViele Kleinbauern verlieren Teile ihrer Ernte gen auf die Ernährungslage in armen Ländern durch Schädlinge und wucherndes Unkraut. haben und zu großen Teilen vermeidbar wären. ƒWeil sie dringend Geld oder Nahrung benöti- Fachleute unterscheiden zwischen Verlusten gen, sind Bauern oft gezwungen, die Ernte zu (food losses) – etwa bei Ernte und Verarbeitung – früh einzubringen – zu Lasten von Menge und und Verschwendung (food waste), also das Weg- Qualität. werfen intakter und genießbarer Lebensmittel. ƒAgrarprodukte verderben auf dem Weg zu den Märkten und Verbrauchern, weil es an Hygiene Nexus: Folgen der Verschwendung und Infrastruktur fehlt: Transportmöglichkei- Ein Blick auf die Zusammenhänge – den Nexus ten, Straßen, Lagerhäuser. In Bangladesch bei- – macht deutlich: Egal, wo die verschwendeten spielsweise wird vielerorts Milch ungekühlt mit Lebensmittel erzeugt wurden, immer wurden Fahrradrikschas zur Weiterverarbeitung trans- für ihre Produktion knappe Güter verbraucht – portiert. Ein Teil verdirbt auf der langen Fahrt Wasser und Energie, Dünger und wertvolles im feuchtwarmen Klima. Ein anderes Beispiel: Presse Hintergrund 02 | Seite 5
Bonn2011 Conference The Water, Energy and Food Security Nexus Solutions for the Green Economy 16 – 18 November 2011 In vielen Ländern wird Reis in der Sonne ge- sam Traktoren und Maschinen anschaffen. In den trocknet. Dabei vernichten Mäuse und Parasi- weiteren Schritten der Lebensmittelkette müssen ten einen Teil der Ernte. Infrastruktur und Know-how, etwa zur Hygiene, Die Nahrungsmittelverluste in armen Län- verbessert werden. dern verstärken Armut und Hunger. Die verlore- nen Nahrungsmittel fehlen auf den Märkten. Unterernährung: Problem mit Spätfolgen Wasser, Ackerland, Dünger und Arbeitskraft wur- Unsichere Nahrungsmittelversorgung hat den umsonst investiert. Die Verluste schmälern für die Menschen und die Volkswirtschaft das Einkommen der Bauern und erhöhen die Ver- armer Länder Langzeitfolgen. Darauf weist braucherpreise. Werden die „food losses“ redu- Joachim von Braun, Leiter des Bonner Zent- ziert, kommt mehr Nahrung auf die Märkte und rums für Entwicklungsforschung (ZEF), hin: die Lebensmittelpreise sinken oder bleiben zu- „Eine Nahrungsmittelknappheit von zwei oder mindest stabil. Eine Reduktion der „food losses“ drei Monaten wirkt sich bei Kindern ein Leben kann also wesentlich zur Ernährungssicherung lang gesundheitlich aus. Unsere Studien ha- beitragen, knappe Wasservorräte schonen und ben gezeigt, dass die Arbeitsproduktivität von Energie sparen helfen. einst unterernährten Kindern 30 Jahre später Gefragt sind besonders Maßnahmen am halbiert ist. Frühkindliche Ernährung muss Anfang der Lebensmittelkette, wo die Verluste be- viel höhere Priorität bekommen.“ Auch hier sonders groß sind: Organisieren sich Bauern in zeigt sich der „Nexus“, der Zusammenhang Genossenschaften oder Maschinenringen, kön- zwischen den verschiedenen Bereichen. nen sie leichter Kredite bekommen oder gemein- Nahrungsmittelverluste in reichen und armen Ländern Quelle: Godfray et.al. (2010): The challenge of feeding 9 billion people. Entwicklungsländer * USA 0% 50 % 100 % Landwirtschaft Transport und Verarbeitung Handel Gastronomie/ Verbraucher Dienstleistungen *Der graue Teil repräsentiert die kombinierten Anteile aus Handel, Gastronomie und Verbrauchern der Entwicklungsländer. Presse Hintergrund 02 | Seite 6
Bonn2011 Conference The Water, Energy and Food Security Nexus Solutions for the Green Economy 16 – 18 November 2011 In reichen Industrieländern werfen Verbraucher rund zehnmal mehr Lebensmittel in den Müll als in armen Entwicklungsländern. 95 bis 115 Kilo pro Kopf und Jahr sind es in Europa und Nordamerika, 6 bis 11 Kilo in Afrika südlich der Sahara und in Süd- und Südostasien. 230 Millionen Tonnen Nahrungsmittel werden jährlich insgesamt von allen Ländern Afrikas südlich der Sahara erzeugt. 222 Millionen Tonnen Nahrungsmittel werden jährlich von den Verbrauchern in den reichen Ländern der Welt verschwendet. (Zahlen nach Schätzungen der Welternährungsorganisation FAO) Industrieländer: ein Luxusproblem. globalen Marktpreise. Das bestätigt auch Joachim In reichen Ländern geht es eher um „food waste“ – von Braun (ZEF): „Würden deutlich weniger Le- Verschwendung von Lebensmitteln. Zwar gibt es bensmittel verschwendet, hätte das einen auch hier unvermeidliche Verluste bei Ernte und weltweiten Markteffekt, der den armen Län- Verarbeitung. Doch darüber hinaus verfaulen dern zu Gute käme.“ zum Beispiel Kartoffeln auf dem Feld, weil sie nicht den ästhetischen Kriterien von Handel und Verbrauchern genügen. Reste aus der Verarbei- „Food waste“ – ein Thema tung werden vernichtet statt verwendet. Gemüse der Bonn2011 Conference wird in Supermärkten weggeworfen, weil es nicht Was tun gegen Nahrungsmittelverluste? Food mehr taufrisch aussieht. Unüberlegt gekaufte waste ist ein eigener Themenkomplex auf der Nahrungsmittel vergammeln in Schränken oder »Bonn2011 Conference: The Water, Energy and landen direkt im Müll. Food Security Nexus – Solutions for the Green Klar ist: Wird in einem Land wie Deutsch- Economy« vom 16. bis 18. November in Bonn. land ein Brötchen weniger in den Müll geworfen, Wissenschaftler, Entscheider und Politiker wol- wird davon direkt kein Hungernder in den armen len dort nach Ursachen und Lösungen des Pro- Ländern der Welt satt. Doch die Summe des Weg- blems suchen. geworfenen hat deutliche Auswirkungen auf die Create more with less: Doppelte Ernten durch bessere Wassernutzung Die Landwirtschaft ist weltweit der größte Wasser- und Südamerika untersucht. In Afrika, so das Er- verbraucher. Für die Produktion einer Kalorie in gebnis, könnten große Teile der Vegetation Nahrungsmitteln ist im Durchschnitt rund ein Liter durch Regenwasser versorgt werden. Bislang Wasser notwendig. Dürren führen immer wieder zu werden dort jedoch nur vier Prozent des Regen- Hungersnöten. Liegt es also am knappen Wasser, wassers für Bewässerung und zum Tränken des wenn nicht genug Nahrungsmittel produziert wer- Viehs genutzt. den können? „Wenn wir uns mehr bemühen, die Regen- Oft ist nicht Wassermangel das Hauptprob- wasser-Landwirtschaft zu intensivieren, könnten lem, sondern die ineffiziente Nutzung und unglei- wir die Welt ernähren, ohne den Druck auf die che Verteilung. Forscher des internationalen Chal- Flusssysteme noch zu verstärken“, meint Simon lenge Programs on Water and Food (CPWF) haben Cook vom International Center for Tropical Agri- über mehrere Jahre Flussgebiete in Asien, Afrika culture (CIAT). Presse Hintergrund 02 | Seite 7
Bonn2011 Conference The Water, Energy and Food Security Nexus Solutions for the Green Economy 16 – 18 November 2011 In Asien sehen die Forscher große Potenziale in ei- sichtigen zu können", sagt Dennis Wichelns, stell- ner besseren Wasserverteilung. Meist regelt dort vertretender Generaldirektor des International jeder Anrainerstaat die Wasserverteilung für sich. Water Management Institute (IWMI). Erst eine Auch der Wasserbedarf von Landwirtschaft, In- ganzheitliche Sicht ermöglicht Verbesserungen. dustrie und Umwelt wird oft separat betrachtet. Die Nahrungsmenge könnte dann auch für die „Der Blick auf das gesamte Flussgebiet ist entschei- rund 9,5 Milliarden Menschen reichen, die laut dend, um die Auswirkungen der jeweiligen Ver- Bevölkerungsprognosen bis zum Jahr 2050 auf teilungspolitik flussauf- und flussabwärts berück- der Erde leben sollen. Nützliche Links Website der Bonn2011 Conference: The Water, Energy and Food Security Nexus – Solutions for the Green Economy: www.water-energy-food.org “Food Security, Farming, and Climate Change to 2050”, IFPRI-Studie zu Ernährungssicherung und Klimawandel (englisch): www.ifpri.org/sites/default/files/publications/rr172.pdf „Global Food Losses and Food Waste“, FAO-Studie zu Nahrungsmittelverlusten (englisch): www.fao.org/fileadmin/user_upload/ags/publications/GFL_web.pdf Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) an der Universität Bonn: www.zef.de “Water, Energy and Food Security – Challenges and Opportunities”, Hintergrundpapier des Stock- holm Umweltinstituts SEI und des Potsdam Institute für Klimafolgenforschung PIK (englisch): www.water-energy-food.org/en/bonn_2011_process/show__50_understanding_the_nexus.html Herausgeber: Konferenz-Sekretariat Internationale Wasser-Politik und Infrastruktur c/o Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH Dag-Hammerskjöld 1 – 5 65760 Eschborn Tel.: 061 96 79 26 48 E-Mail: communication@water-energy-food.org Mit ihrem interaktiven und transsektoralen Ansatz wird die Bonn2011 Nexus Conference eine Serie von Dialogformaten der Pressekontakt: „Bonner Perspektiven“ eröffnen. Diese neue gemeinsame MediaCompany – Initiative der Bundesregierung Deutschland und der Stadt Bonn zielt darauf ab, der internationalen Nachhaltigkeitsdebatte Agentur für Kommunikation GmbH, Bonn neue Impulse zu verleihen. Dazu werden innovative Lern-, Dialog- Holger Baum, Tel.: 02 28 9 09 66 12 und Netzwerkformate am Standort Bonn etabliert, die Politik- Fax 02 28 9 09 66 55 felder verbinden, Zielkonflikte aufzeigen sowie Handlungs- und Lösungsoptionen für die globalen Herausforderungen bieten. E-Mail: h.baum@mediacompany.com BONNER PERSPEKTIVEN IST EINE INITIATIVE VON Partner der Konferenz Folgende Partner unterstützen die Konferenz und den Nexus-Prozess: FINANZIERT VON Presse Hintergrund 02 | Seite 8
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