THEATERPÄDAGOGISCHE BEGLEITMAPPE - Premiere Samstag, 24. Oktober 2020 Postfach 238 8201 Schaffhausen www.momoll-theater.ch ...

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THEATERPÄDAGOGISCHE BEGLEITMAPPE

                Premiere
                Samstag, 24. Oktober 2020

                          Postfach 238
                       8201 Schaffhausen
                      www.momoll-theater.ch
                  jugendclub@momoll-theater.ch
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Liebe Lehrpersonen
Das Meer- unendliche Weiten, Tiefen- Freiheit. Heute ist die Seefahrt oft verknüpft mit
Entspannung, Abenteuer und Glück. Das war nicht immer so.
Die Geschichte unseres Stücks beginnt in der Schweiz im Jahr 1855, zur Zeit der In-
dustrialisierung, als ein Grossteil der ländlichen Bevölkerung in Armut lebte. Für viele
blieb damals nur eine Möglichkeit: Die Auswanderung nach Amerika, wo die Kartoffeln
grösser, das Land günstiger und Arbeitsstellen zahlreicher zu sein schienen. Sechs
jugendliche Spielerinnen und Spieler, angeleitet von einem erwachsenen Leitungs-
team, versetzen uns mit ihrem leidenschaftlichen Spiel, mit Musik, Gesang und Tanz
in diese besondere Zeit und nehmen uns mit auf eine Reise quer über den Atlantik.

Die vorliegende Mappe soll Ihnen als Unterstützung in der Vor- und Nachbereitung
des Theaterbesuches mit Ihrer Klasse dienen. Sie ist in drei Teile aufgeteilt: Vorberei-
tung, Theaterbesuch, Nachbereitung. Es stehen dabei folgende Themen im Mittel-
punkt: Einstimmung ins Stück, Früher und heute, Jassen und Theater spielen. Zu je-
dem Bereich wurden Unterrichtsideen und Aufträge notiert. Selbstverständlich können
die einzelnen Themen und die Reihenfolge der Inhalte je nach Bedarf ausgewählt und
bearbeitet werden.

Fühlt man sich im Bereich «Theater spielen» nicht so wohl und möchte dies trotzdem
mit seiner Klasse ausprobieren, kommt Elena Fahrni, die Regiesassistentin des dies-
jährigen Stücks, gerne bei ihnen vorbei. Anmelden kann man sich dafür über das
Theaterbüro des jugendclub momoll theater:

Telefon: 052 620 05 86
Email: jugendclub@momoll-theater.ch

Wir wünschen Ihnen und Ihrer Klasse einen heiteren und sinnstiftenden Abend!

Simone Messerli & Mirjam Schlatter

(Bei Fragen zur Mappe gerne eine Mail an: simone.messerli@schule-neuhausen.ch)

jugendclub momoll theater 2020/21
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   Hintergrundinformationen zum Stück...................................................................................... 3
      jugendclub momoll theater ....................................................................................................................... 3
      Stückinhalt............................................................................................................................................... 3
      Besetzung ............................................................................................................................................... 4
      Zur Autorin .............................................................................................................................................. 5
      Zum Regisseur ........................................................................................................................................ 5
      Die Niederwyler Auswanderung von 1855 ................................................................................................ 6

   Vorbereitung ............................................................................................................................. 11
      Lektionsreihe 1: Einstimmung ins Stück...................................................................................................11
      Lektionsreihe 2: Früher und heute ...........................................................................................................17
      Lektionsreihe 3: Jassen ..........................................................................................................................25
      Lektionsreihe 4: Theater spielen..............................................................................................................29

   Der Theaterbesuch ................................................................................................................... 43

   Nachbereitung .......................................................................................................................... 44

   Kopiervorlagen ......................................................................................................................... 46
      Kopiervorlage 0: Flyer des Theaterstücks ................................................................................................46
      Kopiervorlage 1: Rückseite des Flyers des Theaterstücks ........................................................................47
      Kopiervorlage 2: Die Hauptfiguren ...........................................................................................................48
      Kopiervorlage 3: Mein Figurenbeschrieb..................................................................................................49
      Kopiervorlage 4: Figurenbeschriebe ........................................................................................................50
      Kopiervorlage 5: Der Alltag im 19.Jahrhundert, Bild Mädchen ..................................................................53
      Kopiervorlage 6: Der Alltag im 19.Jahrhundert Stellenanzeige..................................................................54
      Kopiervorlage 7: Der Alltag im 19.Jahrhundert, Texte...............................................................................55
      Kopiervorlage 8: Der Alltag im 19.Jahrhundert, früher und heute ..............................................................60
      Kopiervorlage 9: Fragen zum Hörtext ......................................................................................................61
       Kopiervorlage 10: Karte Niederwyler Auswanderung 1855 ......................................................................62
      Lösung Fragen zum Hörtext ....................................................................................................................63
      Lösung Karte Niederwyler Auswanderung 1855 ......................................................................................64
      Kopiervorlage 11: Vier Stationen der Niederwyler Auswanderung 1855 ....................................................65
      Kopiervorlage 12: Die Kurrentschrift, Textbeispiel ....................................................................................69
      Kopiervorlage 13: Die Kurrentschrift, Wortbeispiele..................................................................................70
      Kopiervorlage 14: Die Kurrentschrift, Fibel ...............................................................................................73
      Kopiervorlage 15: Jassworkshop, Farben und Werte................................................................................74
      Kopiervorlage 16: Jassworkshop, Spielanleitungen ..................................................................................75
      Kopiervorlage 17: Jassworkshop, Punktetabelle ......................................................................................81
      Kopiervorlage 18: Charakterbeschreibungen ...........................................................................................82

   Anhang ...................................................................................................................................... 84
      Weiteres Unterrichtsmaterial und nützliche Links .....................................................................................84
      Literaturverzeichnis.................................................................................................................................86
      Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................................87
      Tabellenverzeichnis ................................................................................................................................87

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Hintergrundinformationen zum Stück
jugendclub momoll theater
Der jugendclub momoll theater produziert in Schaffhausen seit 1993 mit jungen Ama-
teurspielerinnen und -spielern Theaterstücke für ein junges Zielpublikum. In einer all-
jährlich neuen Produktion bietet er Theaterinteressierten die Möglichkeit, unter profes-
sioneller Leitung ein Stück zu erarbeiten. Dabei werden die Spielenden und für sie
wichtige Themen in den Mittelpunkt gestellt. Immer wieder arbeiten Ehemalige in der
künstlerischen Leitung mit. Bei ÜBERSEE sind dies Elena Fahrni (Assistenz Inszenie-
rung) und Livia Schraff (Komposition Musik). Nach einer intensiven Probezeit finden
pro Saison zwischen 15 und 20 Vorstellungen statt. Die Inszenierungen eignen sich
für Kinder ab der 5. Primarschulklasse, bei kluger Vorbereitung auch für 4.Klässler und
für Jugendliche der Oberstufe, der Mittel- und Berufsschulen.
Neben der Produktion finden jährlich ein Theaterkurs für 12- bis 14-Jährige und eine
Theaterwerkstatt für 13- bis 16-Jährige statt. Der jugendclub momoll theater bietet zu-
dem erfahrenen Jugendlichen die Gelegenheit, in begleiteten Theaterwerkstätten ei-
gene Ideen und Projekte zu realisieren

Stückinhalt
«Noch mehr Almosenempfänger aus der Schweiz – eine weitere Schiffsladung ist un-
terwegs.», schreibt die New York Times im März 1855, als rund 300 Schweizerinnen
und Schweizer, teils freiwillig, teils gezwungen, ihr Heimatdorf Niederwyl verlassen.
Sie suchen jenseits des Atlantiks ihr Glück.
Auf der gut zweimonatigen Schiffsreise begegnen sich vier junge Frauen mit unter-
schiedlichen Geschichten, Sehnsüchten, Träumen und einem gemeinsamen Ziel: New
Orleans.
ÜBERSEE erzählt – mit viel Livemusik – von Freundschaft, Zusammenhalt und Hoff-
nung in einer unvorstellbar schweren Zeit. Eine Geschichte, welche die Möglichkeit
bietet, über das Früher und das Heute nachzudenken.

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Besetzung
Spiel/ Musik                        Lilith Holscher
                                    Livia Schraff
                                    Thierry Schraff
                                    Hanna Schudel
                                    Ronja Schüle
                                    Soraya Stüdli
Inszenierung                        Jürg Schneckenburger
Assistenz Inszenierung Elena Fahrni
Bühne/Licht                         Urs Ammann
Kostüme/Requisiten                  Olivia Grandy
Komposition Musik                   Livia Schraff
Coaching Musik                      Joscha Schraff
Choreografie                        Ursula Lips
Leitung Technik                     Noah Valley
Lichttechnik                        Valeria Ammann, Julia Eggstein
Theaterpädagogik                    Simone Messerli, Mirjam Schlatter
Grafik                              Milena Soubiran
Fotos                               Hans Schneckenburger
Buchhaltung                         Claudia Rüegsegger
Produktionsleitung                  Katharina Furrer

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Zur Autorin
                              Simone Messerli (*1989) spielte als Jugendliche beim jugend-
                              club momoll theater (VERSENKT 2006, AMERIKA GIBT ES
                              NICHT 2007). Danach wirkte sie in einigen Stücken des Thea-
                              tervereins Szenario und des Schaffhauser Sommertheaters mit.
                              In der aktuellen Produktion des Sommertheaters (DON
                              QUIJOTE) ist sie als Regieassistentin tätig.

Zurzeit arbeitet sie als Schulische Heilpädagogin und Primarlehrerin in Neuhausen.
ÜBERSEE ist das erste Theaterstück aus ihrer Feder.

Zum Regisseur
                             Jürg Schneckenburger (*1961) hat an der Schauspiel-Akademie
                             Zürich (heute ZHdK) Theaterpädagogik studiert. Seit fast 30 Jah-
                             ren arbeitet er als freischaffender Regisseur und Theaterpäda-
                             goge mit Berufs-, Amateur-, Jugend- und Figurentheaterensem-
                             bles in der ganzen Schweiz. In dieser Zeit sind etwa 80 Inszenie-
                             rungen entstanden. Die Theaterarbeit mit jungen Menschen bil-
                             det einen Schwerpunkt seines Schaffens. 2001 erhielt er den
                             ASTEJ-Preis für Kinder- und Jugendkultur,        2002 den Carl
Oechslin Preis Schaffhausen und 2020 den Georg Fischer Kulturpreis der Stadt
Schaffhausen für seine Arbeit als Theaterpädagoge, Regisseur und Kulturvermittler.
Seit 2003 ist er Dozent an der Pädagogischen Hochschule Schaffhausen. Er lebt in
Löhningen.
Während der Entstehung von „ÜBERSEE“ hat er die Autorin als Dramaturg begleitet.

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Die Niederwyler Auswanderung von 1855

Die diesjährige Produktion ÜBERSEE behandelt die Auswanderung von Nie-
derwyl (heute: Rothrist, Kanton Aargau) nach Amerika im Jahre 1855, welches als
«wohl das dunkelste Kapitel in der Rothrister Dorfgeschichte» (Schriber-Wyss, 1994,
S.7) beschrieben wird.

Gründe für die Auswanderung
Die Bevölkerung stieg im 18.Jahrhundert unter anderem wegen der besseren medizi-
nischen Versorgung allmählich an. Ein Grossteil der Aargauer Bevölkerung lebte da-
mals von der Textilindustrie. Betrieben wurden die Fabriken durch Heimarbeit. Zwi-
schen 1830 und 1840 verschlechterte sich die Lage für die Aargauer Textilmanufaktur.
In den Ländern, in denen sie ihre Produkte bislang verkaufen konnten, entstanden
einheimische Betriebe. Gleichzeitig belegte der deutsch-österreichische Zollverein
ausländische Textilien mit hohen Zöllen. Die Aargauer Unternehmer mussten neue
Märkte erschliessen, ihre Fabriken umstrukturieren, einige Unternehmen blieben dabei
auf der Strecke und mussten ihren Betrieb einstellen. Rund die Hälfte der Niederwyler
Bevölkerung verlor seine Existenzgrundlage. Sie verarmte und war auf die Unterstüt-
zung der Gemeinde angewiesen. Diese richtete daraufhin Armen-Arbeitsanstalten ein.
Die Idee war, dass die Insassen durch die Arbeit auf angegliederten Bauernbetrieben
oder an Webstühlen den Betrieb dieser Anstalten, grösstenteils ihr Essen und ihre
Kleidung, selbst finanzierten. Mit den Missernten 1845 wurde die Lebensmittel so
teuer, dass diese «Verkostgeldung» nicht mehr ausreichten. Die Gemeinde stand vor
einem Schuldenberg und einer leeren Armenkasse. Eine andere Lösung musste her.
So entschied sich Ende 1854 die Behörde der Gemeinde Niederwyl für die Organisa-
tion einer Massenauswanderung. Vom Stimmvolk wurde diese Entscheidung im Ja-
nuar 1855 einstimmig angenommen.

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Die Reise
Am Dienstag 27. Februar 1855 um 8 Uhr morgens versammelten sich 305 armenge-
nössige Menschen, die bereits oder in naher Zukunft der Gemeinde zur Last fallen und
deshalb abgeschoben werden sollten, auf dem Rössliplatz in Niederwyl. Selbst bei den
Auswanderern, die sich freiwillig meldeten, wurde penibel darauf geachtet, ob sie dem-
nächst finanziell unterstützt oder in die Armen-Arbeitsanstalt eingewiesen werden
müssten. Im Vorfeld erhielten die Auserwählten eine Transportkiste, Kleidung und 50
Franken für die Weiterreise. Sie sollten nicht den Anschein von Verwahrlosung erwe-
cken, war doch in Amerika die Einwanderung von Mittellosen per Gesetz verboten.

                                          Abbildung 1 Abreise der Rothrister Auswanderer (Lehmann, 1959)

Die Auswanderer gelangten in diesem Winter über den Landweg via Basel, Belfort
nach Le Havre und schliesslich mit dem Dreimastersegelschiff „Globe“ nach New Or-
leans. Organisiert wurde die Überfahrt von der Auswanderungsfirma Beck und Her-
zog aus Basel. Fünf Gemeindeschreiber aus Niederwyl und den umliegenden Dör-
fern begleiteten die Auswanderer bis Le Havre und waren dafür verantwortlich, dass
sie das Schiff auch wirklich besteigen.
Die Reise verlief jedoch alles andere als glatt. Nachdem die Niederwyler von Zuhause
aufgebrochen waren, gab es einen regen Briefwechsel zwischen dem amerikanischen
Konsulat und der Regierung Amerikas. Selbst in der New York Times von 1855 wurde

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informiert, dass „eine Schiffsladung armer Schweizer“ auf dem Weg sei. Der amerika-
nische Konsul intervenierte und die Einschiffung der Niederwyler Auswanderer, die
mittlerweile in Le Havre angekommen waren, wurde um 14 Tage verzögert. Erst nach
Verhandlungen seitens der Firma Beck und Herzog, wurde die Weiterreise mit dem
Segelschiff „Globe“ am 16.März genehmigt. An Bord gingen jedoch nur noch 294 der
ursprünglich 303 Niederwyler Auswanderer. Man geht davon aus, dass sich einige in
Frankreich eine Niederlassung gesucht haben.

Die Überfahrt dauerte 46 Tage (16.3.-1.5.1855). Sie war alles andere als eine Vergnü-
gungsfahrt. Die Niederwyler mussten die Seereise, um die Reisekosten möglichst tief
zu halten, auf dem Zwischendeck verbringen. Die Raumverhältnisse waren knapp. Pro
Person war eine Lagerstätte (inkl. Bettstatt), von knapp einem Quadratmeter vorgese-
hen. Gemäss des Auswanderervertrags mit der Firm Beck und Herzog, hatten die Rei-
senden Anspruch auf eine Bettstelle, Brennstoff zum Kochen, Beleuchtung, Trink- und
Kochwasser und nötigenfalls Arzneien.

Abbildung 2 Im Zwischendeck 1907 (unbekannt, o.J.)

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Als Proviant für die gesamte Reise war pro Person folgendes angedacht:

    •    6 Pfund frisches Brot
    •    45 Pfund Zwieback
    •    11 Pfund geräuchertes Fleisch
    •    4 Pfund Butter, 5 Pfund Mehl
    •    5 Pfund Reis
    •    5 Pfund Nudeln
    •    1 Zentner Kartoffeln
    •    4 Pfund Bohnen
    •    2 Pfund Salz
    •    2 Liter Essig

Bei gutem Wetter konnte sich jeweils ein Teil der Reisenden an Deck aufhalten, bei
stürmischem Wetter mussten die Luken geschlossen werden. Üblicherweise wurden
die männlichen Passagiere für schwerere Arbeiten an Deck eingesetzt.

Wie eine solche Überfahrt überstanden wurde, hing von der Witterung und der psychi-
schen und physischen Verfassung der Reisenden ab. Bis auf Rudolf Klöti, der am 31.
März verstarb, überlebten alle den Transport.

Abbildung 3 Deck eines Auswandererschiffs (AKG-Images, o.J.)

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Ankunft in New Orleans
Am 1.Mai 1855 fuhren die 293 verbliebenen Niederwyler in den Hafen von New Or-
leans ein. Zunächst wurde die Gruppe nicht von Bord gelassen. Man befürchtete Schi-
kanen von fremdenfeindlichen Gruppen. Nur durch die Hilfe eines Ortsansässigen, der
ein Dampfschiff charterte und die Gruppe so den Mississippi hinauf nach St. Louis
brachte, konnten die Auswanderer schliesslich in Amerika einreisen.

Was ist aus den Auswanderern geworden?
Von den 293 Auswanderer ist, ab der Ankunft in St. Louis, wenig bekannt. Die Ge-
meinde Niederwyl trug die Verantwortung für die Ausgewanderten lediglich bis zur Ab-
reise in Le Havre. Danach übernahm sie die Auswanderfirma. Ab New Orleans waren
sie sich selbst überlassen. Der Kontakt mit der Gemeinde ist ab dem Zeitpunkt abge-
brochen.

Der Gemeinderat, meldete lediglich an der Gemeindeversammlung am 2. Mai 1855,
dass „alle unsere Leute, auch welche, die vorher wankten, […] das Schiff mutig und
ohne zu zögern“ (Schriber-Wyss, 1944, S.57) bestiegen hätten.

(Quelle: Schriber-Wyss, 1994, Sauerländer, Fretz, 2005)

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Vorbereitung
Lektionsreihe 1: Einstimmung ins Stück
Diese Lektionsreihe eignet sich für Klassen, deren Schülerinnen und Schüler noch
eher „theaterunerfahren“ sind.
Gerade für Schülerinnen und Schüler, für die ein Theaterbesuch etwas Besonderes
ist und die mit den Effekten und Mechanismen dieser Kunstform wenig vertraut sind,
empfiehlt es sich, sie vorgängig auf die Geschichte einzustimmen, sodass während
der Vorstellung bespielte Inhalte mit vertrauten Themen/Figuren verknüpft werden
können.

    è Speziell mit „theaterunerfahrene Klassen“ empfehlen wir zudem vor dem The-
         aterbesuch die Verhaltensregeln im Theater anzuschauen. Diese werden in
         der Lektion „Theaterspielen 3“, der Lektionsreihe 4 (Seite 41) thematisiert.

Für Klassen im dritten Zyklus, die nicht zum ersten Mal im Theater sind, kann die
Lektionsreihe Einstimmung ins Stück oder Teile davon bewusst weggelassen wer-
den, da darin einiges aus dem Stück „vorweggenommen“ wird, was das Interesse
während der Aufführung mindern könnte.

    è Um vertieft auf den historischen Inhalt des Stücks vorzubereiten, empfehlen
         wir die Lektionen „der Alltag im 19. Jahrhindert“ und „die Niederwyler Auswan-
         derung von 1855“ aus der Lektionsreihe 2 „Früher und heute“.

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                                         Der Flyer
 Kurzbeschrieb:
 Ausgehend vom Flyer werden Hypothesen über den Inhalt des Stückes sowie Er-
 wartungen und Gedanken in Bezug auf die Geschichte formuliert und diskutiert.
 Durch diese Vorbereitung soll die Neugierde auf den Inhalt des Stückes angeregt
 werden.

 Ungefährer Aufwand: 1 Lektion

 Lernziele:
    • Du kannst anhand eines Flyers Hypothesen über den Inhalt der Geschichte
       formulieren.

 Möglicher Ablauf:

 Einstieg: Flyer-Vorderseite

 Die Schülerinnen und Schüler betrachten die Vorderseite des Flyers (Ko-
 piervorlage 0), dieser kann kopiert oder projiziert werden.

 Sie tauschen sich mündlich oder schriftlich über folgende Fragen aus:

      •    Was könnt ihr auf dem Bild erkennen?
      •    Welche Stimmung und welche Gefühle werden mit dem Flyer vermittelt?
      •    Welche Farben überwiegen? Warum wurden die Farben so gewählt?
      •    Wer ist dieses Mädchen auf dem Bild?
      •    Was macht diese Mädchen? Warum macht es das?
      •    In welchem Land bzw. an welchem Ort/ welchen Orten könnte das Stück
           spielen? Warum?
      •    Wovon könnte das Stück handeln?

 Auftrag: Meine Erwartungen an das Stück

 Nachdem sich die Schülerinnen und Schüler in Gruppen oder im Plenum
 über die Fragen ausgetauscht haben, lesen sie in Einzelarbeit die Rück-
 seite des Flyers (Kopiervorlage 1) und formulieren anschliessend schrift-
 lich ihre Gedanken und Erwartungen an den Theaterbesuch.

 Die verbindliche Mindestmenge des Textes kann von der Lehrperson in-
 dividuell angepasst werden.

 Den (schwächeren) Schülerinnen und Schüler können folgende Satzbau-
 steine (oder eine Auswahl davon) zur Verfügung gestellt werden:

      •    Ich denke, das Stück handelt von…
      •    Diese Figuren kommen im Stück vor…
      •    Diese Figuren könnten auch noch vorkommen…
      •    Das könnte auf der Schiffsreise alles passieren…
      •    Ich denke, in Amerika werden sie….
      •    Ich denke, diese Gefühle werden in der Geschichte oft vorkommen…

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      •    Ich denke, diese Gefühle werden in der Geschichte nicht oft vorkommen…
      •    Es würde mich nicht überraschen, wenn in der Geschichte… passieren
           würde.
      •    Es würde mich sehr überraschen, wenn in der Geschichte … passieren
           würde.
      •    Ich hoffe, dass im Stück…passiert.
      •    Spannend fände ich, wenn…

 Austausch: Erwartungen an das Stück

 Die formulierten, schriftlichen Gedanken und Erwartungen werden ge-
 sammelt und im Plenum besprochen.

 Dabei können beispielsweise folgende Fragen wegleitend sein:

      •    Gibt es Gedanken und Erwartungen, die einige Schülerinnen und Schüler
           teilen? Welche? Warum?
      •    Gibt es überraschende Gedanken und Erwartungen an das Stück? Wel-
           che? Warum?

      -    Es empfiehlt sich, auf die gesammelten Gedanken und Erwartun-
           gen nach dem Theaterbesuch noch einmal zurückzublicken und
           sich darüber auszutauschen, welche Erwartungen erfüllt wurden
           und was überrascht hat und unerwartet war.

 Weiterführende Ideen:

      •    In der Nachbereitung des Stückes kann wieder Bezug genommen werden
           auf die formulierten Gedanken.

      •    BG/D: Gestalte einen eigenen Flyer der zum Inhalt eines vor dir geschrie-
           ben Aufsatzes/eines vor dir gelesenen Buches passt.

 Material:
   - Kopiervorlage: 0
   - Kopiervorlage: 1

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                                    Die Hauptfiguren
 Kurzbeschrieb:
 Die Schülerinnen und Schüler lernen die Biografien der Hauptfiguren kennen.
 Durch dieses Vorwissen über die biografischen Hintergründe, können Handlungen
 und Reaktionen der Figuren des Stückes besser eingeordnet werden, allerdings
 wird auch einiges schon „verraten“.

 Ungefährer Aufwand: 1 Lektion

 Lernziele:
    • Du kannst aus einem Sachtext relevante Informationen entnehmen.
    • Du lernst die Biografie einer Figur kennen, kannst diese in der Gruppe be-
       sprechen und auf einem Plakat festhalten.
    • Du unterscheidest dabei zwischen Fakten und persönlichen Hypothesen.

 Möglicher Ablauf:

 Einstieg: Die Figuren

 Falls die Lektion „Der Flyer“ nicht durchgeführt wurde, empfiehlt es sich,
 damit einzusteigen, dass die Kopiervorlagen 0 und 1 verteilt oder proji-
 ziert werden und die Schülerinnen und Schüler die Rückseite des Flyers
 zuerst lesen.

 Sie tauschen sich mündlich in Kleingruppen oder im Plenum über fol-
 gende Fragen aus:

      •    Wovon handelt das das Stück?
      •    Wer ist dieses Mädchen auf dem Bild?
      •    Welche Figuren kommen sicher im Stück vor?
      •    Welche Figuren könnten zusätzlich im Stück vorkommen?

 Falls die Lektion „Der Flyer“ durchgeführt wurde, kann direkt Bezug auf
 die bereits formulierten Figuren-Hypothesen genommen werden, um
 diese nach Bedarf nochmals kurz in Erinnerung zu rufen.

 Auftrag 1: Lerne eine Figur kennen

 Die Kopiervorlage 2 mit den Namen und Fotos der Figuren wird projiziert
 oder mit der Kopiervorlage 3 als Rückseite doppelseitig ausgedruckt und
 den Schülerinnen und Schülern zur Verfügung gestellt.

 Die fünf Figuren Annegret Meier («Gretli»), Annemarie Schmitter, Ida
 Schmitter, Martha Schönle und Hans Gruber werden nun den Schülerin-
 nen zugewiesen.

      è Der Text zu Annegret Meier («Gretli»), ist lang und komplex, er
        eignet sich für stärkere Schülerinnen und Schüler.

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      è Die Texte zu Annemarie Schmitter und Martha Schönle sind mit-
        tellang.

      è Die Texte zu Ida Schmitter, und Hans Gruber sind sehr kurz und
        einfach. Sie könnten auch zusammengenommen werden.

 Die Schülerinnen und Schüler erhalten einerseits den Figurenbeschrieb
 zu ihrer Figur (Kopiervorlage 4, zugeschnitten) und das Blatt „Mein Figu-
 renbeschrieb“ (Kopiervorlage 3) sowie allfällige Notizblätter.

 Auftrag 1: Einzelarbeit
 Lies den Text zu deiner Figur.
 Unterstreiche wichtige Informationen.
 Wenn es Wörter gibt, die unklar sind, frage nach.
 Beantworte die Fragen auf dem Blatt „Mein Figurenbeschrieb“ schriftlich.

      -    Je nach Klasse empfiehlt es sich folgende Begriffe im Voraus zu
           klären:

           Text: Annegret Meier
              - (geb. 1810) = geboren im Jahr
              - Hungerjahre
              - Fleckfieber (Typhus)
              - Kartoffelpest
              - Missernten
              - Viehbestand
              - Hirnhautentzündung
              - «Totsch»

           Text: Annemarie Schmitter
              - (geb. 1810) = geboren im Jahr
              - Bürgertum
              - Textilfabrik
              - Ingenieur
              - Zoll/ Zölle
              - exportieren
              - Tuberkulose
              - Internat
              - Sekretärin

           Text: Martha Schönle
              - (geb. 1810) = geboren im Jahr
              - Kartoffelpest
              - Tagelöhnerinnen
              - Magd
              - Auswandererschiff

           Text: Ida Schmitter
              - Tuberkulose
              - Internat

           Text: Hans Gruber
              - (geb. 1810) = geboren im Jahr
              - auf Deck

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 Auftrag 2: Gruppenplakat zu unserer Figur

 Die Schülerinnen und Schüler, welche sich mit denselben Figuren be-
 schäftigt haben, erstellen gemeinsam ein Plakat auf welchem sie ihre Fi-
 gur den anderen vorstellen.

      -    Wichtig ist dabei, dass klar unterschieden wird zwischen: Fakten
           (das wissen wir über…) und Hypothesen (das vermuten wir über
           …)
 Bei der Erstellung sollen die Fragen und Notizen des Blattes „Mein Figu-
 renbeschrieb“ verwendet werden.

 Austausch: Wir stellen unsere Figur vor

 Die entstandenen fünf Plakate können als Vernissage ausgestellt und
 von den anderen Gruppen individuell betrachtet werden oder sie können
 den anderen mündlich präsentiert werden.

 à Wird eine Präsentation verlangt, muss dies zwingend vor Beginn der
 Gruppenarbeit kommuniziert werden.

 Weiterführende Ideen:
   • In der Nachbereitung nimmt der Schreibauftrag „Charakterbeschreibung“
       wieder Bezug auf diese fünf Hauptfiguren.

      •    Um vertieft auf den historischen Inhalt des Stücks vorzubereiten, empfehlen
           wir die Lektion: Die Niederwyler Auswanderung von 1855, sowie die Lek-
           tion: Der Alltag im 19. Jh. aus LR2: Früher und heute.

 Material:
   - (evt. Kopiervorlage: 0 und 1)
   - Kopiervorlage: 2
   - Kopiervorlage: 3 für alle kopiert
   - Kopiervorlage 4 so zurechtgeschnitten, dass es für alle S.u.S mindestens
       eine Beschreibung gibt
   - Papier und Stifte für die Plakate

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Lektionsreihe 2: Früher und heute

Die Schweiz gehört heute zu den reichsten Ländern der Welt. Das war laut
Bondolfi (2018) nicht immer so. Die Schweiz ist ein rohstoffarmes Land, daher
war die Landwirtschaft im 18. und 19. Jahrhundert äusserst wichtig. Bis 1850 waren
die meisten Bewohner in der Landwirtschaft tätig (Ackerbau, Viehzucht, Waldwirt-
schaft, Rebbau oder Fischerei). Die wenigsten besassen allerdings eigenes Land, sie
arbeiteten für andere Bauern. Die Landwirtschaft war damals stark dem Klima und der
Witterung ausgesetzt. Missernten, wie die, welche im Jahre 1845 durch die Kartoffel-
pest verursacht wurde, brachten die Einwohner an den Rand ihrer Existenz. Viele
Schweizerinnen und Schweizer arbeiteten nebenbei noch in der Weberei, Wollverar-
beitung oder Stickerei, um sich etwas dazuzuverdienen. Häufig stellte ein sogenannter
Verleger diesen Menschen Ware zur Verfügung, welche sie in Heimarbeit zu einem
Produkt (bspw. einem Webstoff) weiterverarbeiteten.
Es gab einzelne wenige Familien mit grossem Reichtum, eigenen Fabriken und gros-
sen Bauernhöfen. Ein grosser Teil der Landbevölkerung lebte in bitterer Armut. (ebd.)

Der Kanton Aargau, in dem ÜBERSEE spielt, lebte damals stark von der Textilindustrie
und der damit verbundenen Heimarbeit. Mit dem Einbruch der Umsätze, sowie der
Umstrukturierungen im Jahr 1830, verloren viele Heimarbeiter und Fabrikarbeiter ihre
Beschäftigung und wurden mittellos. So verarmten in der Gemeinde Niederwyl gut die
Hälfte aller Einwohner. Missernten brachten zusätzlich Hunger und Leid. Die staatlich
eingerichteten Armenanstalten waren kaum mehr zu tragen und eine grosse Belastung
für den Rest der Bevölkerung. (vgl. Die Niederwyler Auswanderung von 1855)
Es war gewiss keine einfache Zeit, in der unsere Figuren lebten.

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                                    Der Alltag im 19.Jahrhundert
 Kurzbeschrieb:
 Die Stück ÜBERSEE spielt im Kanton Aargau im Jahr 1855. Zu einer Zeit, in der
 es weder Computer noch Fernseher, Kühlschränke oder Gasheizungen gab. Aus
 heutiger Sicht kann man sich kaum vorstellen, wie mühselig das Leben und der All-
 tag waren. In dieser Lektionsreihe geht es darum sich mit dem Leben von damals
 auseinanderzusetzen.

 Ungefährer Aufwand: 1-2 Lektionen
 Lernziele:
    • Du kannst kurze Texte über den Alltag im 19.Jahrhundert im Kanton Aargau
       lesen und dir wichtigste Stichworte markieren.

      •    Du vergleichst den Alltag des 19. Jahrhunderts mit dem Alltag heute und
           nennst mind. 5 Unterschiede.

 Möglicher Ablauf:
 Einstieg: Bildbetrachtung

 Die Schülerinnen und Schüler betrachten das Bild eines arbeitenden
 Kindes (Kopiervorlage 5). Es zeigt ein Mädchen aus dem Kanton
 Schwyz im 19. Jahrhundert, das in Heimarbeit Wolle spinnt. So verdient
 es etwas für die Familie dazu. Viele Familien waren damals auf dieses
 zusätzliche Einkommen angewiesen.

 Sie tauschen sich über folgende Fragen aus:

      •    Wie alt ist wohl dieses Bild?
      •    Wer ist dieses Mädchen auf dem Bild?
      •    Was macht diese Mädchen? Warum macht es das?

 Anschliessend wird die passende Stellenanzeige aus dem 19.Jahrhun-
 dert (Kopiervorlage 6) gezeigt und mit den Schülerinnen und Schülern
 gelesen.

      •    Was sagt ihr nun zu dem Bild? Was habt ihr Neues erfahren?
      •    Wer von euch hat auch schon auf irgendeine Art und Weise selbst Geld
           verdient? Wie?
      •    Könnt ihr euch vorstellen so zu arbeiten? Wieso/ Wieso nicht?

 Die Lehrperson erzählt über die Hintergründe dieses Bildes.

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 Auftrag: Lesetexte

 Jede Schülerin, jeder Schüler nimmt sich einen der Texte (Kopiervorlage
 7), liest ihn und markiert sich dabei die wichtigsten Wörter. Anschlies-
 send notiert sie/er mindestens 3 Stichworte aus dem Text in die Tabelle
 (Kopiervorlage 8). Damit die Schülerinnen und Schüler genug Platz zum
 Schreiben haben, lohnt es sich bei jüngeren Kindern das Blatt auf A3 zu
 kopieren.

 Wenn er/ sie fertig ist, holt er/sie den nächsten Text.

 Bei schwächeren Schülerinnen und Schüler können nur die kürzeren
 Texte (Kleidung und Ernährung) abgegeben werden.

 Stärkere Schülerinnen und Schüler können die Originaltexte von Seiler
 und Steigmeier bearbeiten. Die passende Kategorie für die Stichworte
 muss dabei selbstständig gefunden werden.

 Der komplexe, längere Text ist erhältlich unter:
 http://www.geschichte-aargau.ch/images/stories/books/aarg_ge-
 sch/bdga/44_Alltagsleben_im_19Jahrhundert.pdf

 Austausch: Vergleich früher und heute

 Die Schülerinnen und Schüler erhalten je 5 Post-its. Sie notieren pro
 Post-it ein Stichwort, welches sie besonders interessant fanden.

 Im Plenum werden die Stichworte gesammelt und diskutiert. Dazu kön-
 nen die Kategorien (Haus und Hof, Ernährung, Armut und Reichtum,
 Kleidung, Arbeit und Schule) an die Wandtafel geschrieben werden. Die
 Post-its werden, nachdem sie besprochen wurden, zu der jeweiligen Ka-
 tegorie geklebt.

 Weiterführende Ideen:
   • Armut in der Schweiz heute: Auch heute leben noch 6.6 Prozent der
       Schweizer Bevölkerung in Armut. Was bedeutet das heute? Einen Beitrag
       von 10 vor 10 beleuchtet diese Frage. Er kann mit den Lernenden geschaut
       und diskutiert werden.

           https://www.srf.ch/news/schweiz/6-6-prozent-der-schweizer-bevoelkerung-
           leben-in-absoluter-armut

 Material:
   - Kopiervorlage 5
   - Kopiervorlage 6
   - Kopiervorlage 7
   - Kopiervorlage 8

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                       Die Niederwyler Auswanderung von 1855
 Kurzbeschrieb:
 Im Stück ÜBERSEE begleiten die Zuschauerinnen und Zuschauer vier junge
 Frauen und einen jungen Mann, welche im Zuge der Niederwyler Auswanderung,
 im Jahr 1855, als Wirtschaftsflüchtlinge nach Amerika reisen. In dieser Lektion
 werden die historischen Hintergründe der Niederwyler Auswanderung betrachtet.

 Ungefährer Aufwand: 1-2 Lektionen
 Lernziele:
    • Du kannst in eigenen Worten erklären, wie die Niederwyler Auswanderung
       abgelaufen ist.

      •    Du kannst den zurückgelegten Weg der NiederwylerInnen auf einer Karte
           nachvollziehen und zu den einzelnen Etappen mindestens zwei passende
           Stichworte schreiben.

      •    Erweitertes Lernziel: Du kannst die Situation der Niederwiler Auswanderung
           1855 mit der Situation heutiger Flüchtlinge vergleichen.

 Möglicher Ablauf:

 Falls die Lektion „Der Flyer“ aus der LR1 nicht durchgeführt wurde,
 empfiehlt es sich, damit einzusteigen, dass die Kopiervorlagen 0 und 1
 verteilt oder projiziert werden und die Schülerinnen und Schüler die
 Rückseite des Flyers zuerst lesen.

 Gemeinsam mit der Lehrperson wird im Atlas oder per Google Maps
 die Gemeinde Niederwyl à heute: Rothrist gesucht.

      è Wichtig zu erwähnen ist, dass die Gemeinde Niederwyl 1890 zu
        Rothrist umbenannt wurde.

 Im Plenum wird betrachtet, wo die Gemeinde Rothrist in der Schweiz
 liegt (in welchem Kanton, an welchem Fluss …).
 Es folgt das Hörverständnis: Als auch die Schweiz Wirtschaftsflücht-
 linge hatte (aufzurufen unter: à https://www.srf.ch/news/schweiz/die-ge-
 schichte-der-familie-schmitter-von-rothrist-nach-iowa)

 Der Beitrag wird von Beginn an bis 4:35 angehört. Dazu werden von
 den Schülerinnen und Schüler in Einzelarbeit die Fragen von der Ko-
 piervorlage 9 beantwortet. (Je nach Klasse sollte der Beitrag noch ein
 zweites Mal angehört werden).

 Im Plenum werden die Antworten auf die Fragen angeschaut/kontrolliert
 und je nach Bedarf besprochen.

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 Jede Schülerin, jeder Schüler erhält einen der vier Texte (Kopiervorlage
 11), liest ihn und markiert sich dabei die wichtigsten Wörter.

 Anschliessend werden (mindestens) Vierergruppen gebildet, sodass in
 jeder Gruppe für jede Station mindestens eine Person ist, welche den
 Inhalt ihres Textes den anderen kurz beschreiben kann.

 Jeder und jede stellt seine/ihre Station kurz vor. Die anderen hören zu
 und notieren sich auf ihrem Blatt (Kopiervorlage 10) bei jeder Station
 relevante Stichworte.

 Zum Schluss werden allein oder in Partnerarbeit die drei der vier Stati-
 onen des Weges der AuswanderInnen
    - 1. Rothrist = Niderwyl, AG
    - 2. Le Havre, F
    - und 4. New Orleans, USA
 per Atlas oder Google Maps gesucht und in der Karte (Kopiervorlage
 10) eingetragen.

 Material:
   - (evt. Kopiervorlage: 0 und 1)
   - Kopiervorlage 9 doppelseitig kopiert mit Kopiervorlage 10
   - von Kopiervorlage 11 (4 Seiten) nur so viele Kopien, dass alle S.u.S eine
       Seite davon erhalten

      -    ein Gerät um folgenden Hörtext abzuspielen: à
           https://www.srf.ch/news/schweiz/die-geschichte-der-familie-schmitter-von-rothrist-nach-i-
           owa)
      -    Atlanten oder Zugriff auf Google Maps

 Zusätzliches Material/ ergänzende Ideen

 Weiteres Unterrichtsmaterial zur Rothrister Auswanderung:
      •    Lehrmittel:
           https://www.rothrist.ch/assets/Uploads/Die-Rothrister-Auswanderung-von-1855-Lehrmittel-
           Armut-Angst-und-Hoffnung.pdf Datum des Zugriffs: 12.9.20

      •    Radio und Fernsehbeiträge zum Thema:
           Die Geschichte der Familie Schmitter:
           Radiobeitrag über die Auswanderung der Rothrister 1855
           https://www.srf.ch/news/schweiz/die-geschichte-der-familie-schmitter-von-rothrist-nach-i-
           owa Datum des Zugriffs: 28.3.20

           Schweizer Auswanderer: Viele verliessen die Schweiz in Not:
           Treffpunktsendung zu der Auswanderung der Rothrister 1855
           https://www.srf.ch/play/radio/treffpunkt/audio/schweizer-auswanderer-viele-verliessen-die-
           schweiz-aus-not?id=6b7e9eee-a139-4a6b-a320-66503b726f91 Datum des Zugriffs: 13.8.20

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      •    Zeitungsartikel
           Im 19.Jahrhundert verliessen 400‘000 Menschen die Schweiz:
           Kurze Zusammenfassung und Facts über die Reise von Rothrist nach New Orleans.
           https://www.srf.ch/radio-srf-1/radio-srf-1/schweizer-auswanderer-im-im-19-jahrhundert-ver-
           liessen-400-000-menschen-die-schweiz Datum des Zugriffs: 20.9.20

           Auch Schweizer waren Wirtschaftsflüchtlinge:
           Informationen über die Auswanderung der Schweizer im 19.Jahrhundert allgemein.
           https://www.watson.ch/wissen/schweiz/662417639-auch-schweizer-auswanderer-waren-
           wirtschaftsfluechtlinge Datum des Zugriffs: 20.9.20

 Unterrichtsmaterial zu Schaffhauser AuswanderInnen:

      •    Nicht nur Niederwyl, sondern Gemeinden in der ganzen Schweiz waren Mitte des 19.Jh von
           Hunger und Armut betroffen, so auch Gemeinden im Kanton Schaffhausen. Pia Trümpler
           (2005) hat in Zusammenarbeit mit dem historischen Verein Schaffhausen, Arbeitsgruppe Ge-
           schichte und Unterricht ein Lehrmittel erstellt, welches die Auswanderung von Schaffhause-
           rinnen und Schaffhauser thematisiert. Das Lehrmittel heisst: „Auf der Suche nach einer bes-
           seren Welt. Verarmte Schaffhauser Auswanderer auf dem Weg in die neue Welt: Von der
           schweren Entscheidung zum harten Neuanfang in Übersee“ und kann im didaktischen Zent-
           rum Schaffhausen ausgeliehen oder über www.schularena.ch bestellt werden.

 Unterrichtsmaterial zu Migration und Flucht heute

      •    Möchte man vertieft das Thema Flucht und Migration in der heutigen Zeit behandeln, emp-
           fiehlt es sich das ausführliche Dossier „Aufbrechen, Ankommen, Bleiben“ des schweizer
           Staatssekretariats für Migration zu verwenden (éducation21, 2017). Dort finden sich Lekti-
           onsvorbereitungen, Denkanstösse und Materialien zu diesem Thema. Das komplette Dos-
           sier kann über folgenden Link heruntergeladen werden: https://www.unhcr.org/dach/wp-
           content/uploads/sites/27/2017/12/CH_Aufbrechen_Ankommen_Bleiben_2017.pdf

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                                    Die Kurrentschrift
 Kurzbeschrieb:
 Im Stück lernt Ida Schmitter Gretli Meier das Schreiben ihres Namens. Um diese
 Szene aufzugreifen, kann in der Schule die „alte Schrift“ (Kurrentschrift) themati-
 siert und ausprobiert werden. Wie auch die Figur im Stück, lernen die Schülerinnen
 und Schüler das Schreiben ihres Namens in der besagten Schrift.

 Ungefährer Aufwand: 1-2 Lektionen

 Lernziele:
    • Du kennst einzelne Buchstaben der Kurrentschrift.

      •    Du kannst deinen Namen mit Hilfe der Kurrentschrift-Fibel in alter Schrift
           schreiben.

 Möglicher Ablauf:

 Einstieg: Textbetrachtung

 Die Lehrperson zeigt den Schülerinnen und Schüler eine Hausaufgabe
 aus den Jahr 1928 (Kopiervorlage 12). Es handelt sich dabei um einen
 Aufsatz aus der Sicht eines Wassertropfens. Er wurde in der damals
 üblichen Kurrentschrift geschrieben.

 Die Schülerinnen und Schüler beantworten stichwortartig folgende Fra-
 gen:
      •    Was ist das wohl für ein Dokument?
      •    Aus welchem Jahr stammt es?
      •    Worum könnte es in diesem Text gehen?
      •    Welche Wörter kannst du lesen? Schreibe sie auf.

 Im Plenum werden die Antworten auf die Frage besprochen.

 Auftrag: Zuordnung Kurrent- und Basisschrift

 Zu zweit versuchen die Schülerinnen und Schüler nun Wörter in Kur-
 rentschrift, dieselben Wörter in Basisschrift zuzuordnen. Dazu werden
 die Kärtchen der Kopiervorlage 13 zuvor von der Lehrperson kopiert
 und zugeschnitten. Eine kopierte, angeschnittene Kopiervorlage kann
 als Lösung zur Selbstkontrolle angeboten werden.

 Schnelle Schülerinnen und Schüler können diese Kärtchen anschlies-
 send als Memoryspiel nutzen.

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 Auftrag: Eigener Name schreiben

 Mithilfe der Kurrentschrift-Fibel (Kopiervorlage 14) schreiben die Schü-
 lerinnen und Schüler nun ihren Namen auf eine A6 Karte.
 Allenfalls können dazu auch Federn und Tintenfässchen oder Schiefer-
 tafeln und Kreide bereitgestellt werden.

 Austausch: Welcher Name gehört zu wem?

 Als Abschluss der Lektion werden die, von den Schülerinnen und
 Schülern geschriebenen Namen ausgelegt. Wer kann sie dem richti-
 gen Kind zuordnen?

 Weiterführende Ideen:
   • Längere Texte in Kurrentschrift schreiben: Die Schülerinnen und Schüler
       schreiben sich einen kurzen Brief/ eine Nachricht in Kurrentschrift.

      •    Schriften der Eltern/ Grosseltern: Die Schülerinnen und Schüler bringen
           Schulhefte/ Zeugnisse/ Briefe ihrer Elteren/Grosseltern und vergleichen die
           verwendete Schrift mit ihrer eigenen. Allenfalls sind auch Schriften anderer
           Länder/Sprachen dabei.

 Material:
   - Kopiervorlage 12
   - Kopiervorlage 13
   - Kopiervorlage 14

      -    A6 Karten

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Lektionsreihe 3: Jassen

Die Reise in die neue Heimat war lang und beschwerlich. Um sich die Zeit
zu vertreiben, haben die Auswanderer im Zwischendeck gelesen, gekocht,
musiziert und Karten gespielt.
Das wohl bekannteste Schweizer Spiel ist der „Jass“.
Die ältesten bekannten, deutschen Karten, des ursprünglich aus dem Orient kommen-
den Spiels, stammen aus dem Jahr 1470. Beliebt wurde das Jassen allerdings erst im
19.Jahrundert. Im Laufe der Jahrzehnte wurden unterschiedliche Spielvarianten kre-
iert. „Jass“ steht also nicht für ein bestimmtes Kartenspiel, es wird als Oberbegriff für
verschiedene Spiele genutzt. (Jassverzeichnis, 2017)

                     Abbildung 4 Die Entwicklung des Schellen Under durch die Zeit (Riedweg, o.J.)

Für das Spiel existieren zwei verschiedene Spielkartendecks: das Französische und
das Deutsche.

Durch den Kanton Aargau, von wo unsere Auswanderer stammen, führt eine soge-
nannte Jass-Grenze. Sie verläuft mehrheitlich der Reuss und Aare entlang. Östlich der
Aare, also auch in Rothrist, wird mit deutschen Kartendecks gespielt. Westlich des
Flusses werden französischen Karten verwendet. (ebd.)

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                                             Jass-Workshop
 Kurzbeschrieb:
 Im Stück ÜBERSEE lernen die vier jungen Frauen „Jassen“. Damit die Schülerin-
 nen und Schüler einen möglichen Anknüpfungspunkt finden im Stück, sich mit den
 Figuren ein Stück weit identifizieren können, ist es möglich ihnen das Jassen bei-
 zubringen.
 Dieser Jass-Workshop zeigt einen möglichen Aufbau einer solchen Spieleinfüh-
 rung. Einzelne Unterrichtsbausteine können dabei variiert oder ausgelassen wer-
 den.

 Ungefährer Aufwand: 2-3 Lektionen

 Lernziele:
    • Du kannst die Namen der vier Jass-Farben (Schelle, Eichel, Schilte, Rose)
       benennen.

      •    Du kannst die Karten einer Farbe der Reihe nach ordnen.

      •    Du erlernst mithilfe einer Spielanleitung selbstständig die Regeln und den
           Spielablauf eines Jass-Spiels.

      •    Du erklärst die Regeln und den Spielablauf eines Jass-Spiels einem Mit-
           schüler, einer Mitschülerin verständlich.

 Möglicher Ablauf:
 Einstieg: Sortieren der Spielkarten

 Die Schülerinnen und Schüler erhalten in 2er oder 3er Gruppe ein
 Deck Jasskarten. Sie sollen versuchen die Karten innerhalb von 2 Mi-
 nuten zu sortieren. Vorgaben werden dabei keine gemacht. Anschlies-
 send werden die Ideen, wie man die Karten sortieren kann bespro-
 chen.

 Im Plenum sortiert die Klasse nun die Karten nach Farbe und Wert
 (Kopiervorlage 15). Je nach Klasse werden zunächst nur die Farben
 und danach die Werte oder gleich beides zusammen. Bei jüngeren
 Kindern lohnt es sich, die Karten in Form einer Tabelle (siehe Abb. 5)
 an die Wandtafel zu hängen. So kann während des Spielens immer
 wieder „gespickt“ werden.

                           Abbildung 5 Mögliche Sortierweise der Jasskarten

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 Spiel: Memory

 Mit zwei Decks kann anschliessend „Memory“ gespielt werden. So
 werden die Kinder mit den Karten vertraut gemacht. Je nach Alter der
 Spielenden müssen ein paar Karten aussortiert werden, da das Me-
 mory mit rund 60 Karten sonst zu anspruchsvoll ist. Zur Vereinfachung
 können die zwei Decks auch separat ausgelegt werden.

 Auftrag: Kennenlernen eines Jass-Spiels

 Für das Erlernen eines „richtigen“ Jass-Spiels werden die vier Spielan-
 leitungen (Kopiervorlage 16) ausgelegt. Die Schülerinnen und Schüler
 entscheiden sich in der Gruppe (2er bis 5er Gruppe) für eine Spielan-
 leitung. Die Eicheln am oberen Rand zeigen den Schwierigkeitsgrad
 an. Je mehr Eicheln, desto schwieriger ist das Spiel. Die Schülerinnen
 und Schüler lesen die gewählte Anleitung einzeln für sich durch.

 Bei DaZ-Kindern sollte vorher folgender Wortschatz eingeführt werden:
 Karte decken, Karte ziehen, Karte ablegen, Stapel, Karte schieben,
 Kommando.

 Danach tauschen sie sich innerhalb der Gruppe zu folgenden Fragen
 aus:
      •    Was müssen wir vorbereiten?
      •    Wie läuft das Spiel ab?
      •    Was muss ich tun, um zu gewinnen?
      •    Wann endet das Spiel?
      •    Habe ich noch ungeklärte Fragen?

 Die Lehrperson ist Ansprechpartner, wenn eine Frage nicht beantwor-
 tet werden kann.

 Haben sie die Fragen gemeinsam beantwortet, kann das Spiel begin-
 nen.

 Achtung: Die Anleitung des Handjass ist anspruchsvoll und sollte erst
 abgegeben werden, wenn die Kinder schon Erfahrungen mit den ande-
 ren Jassarten gesammelt haben.

 Austausch: Jass-Spiel den anderen beibringen

 Nun werden die verschiedenen Spielarten „unters Volk gebracht“. Die
 Schülerinnen und Schüler sind Experten für ein bestimmtes Jassspiel,
 welches sie sich zuvor beigebracht haben. Dieses versuchen sie nun
 den anderen Mitschülerinnen und Mitschülern weiterzugeben.
 Es werden neue Gruppen gebildet. Von jeder Jassart soll mindestens
 ein Experte vertreten sein.

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 Weiterführende Ideen:
   • Jass-Turnier innerhalb der Klasse: Dies kann auch klassenübergreifend
       durchgeführt werden.

      •    Bewegungsspiel mit Jasskarten: In diesem Spiel geht es um Rennen und
           Reaktion. Dafür werden der Aula oder Turnhalle werden Jasskarten ausge-
           legt. Die Hälfte davon liegt mit dem Bild nach oben, die andere Hälfte mit
           dem Bild nach unten. Die Klasse wird in zwei Gruppen geteilt. Die erste
           Gruppe versucht alle umgedrehten Karten so zu drehen, dass die Bildseite
           aufgedeckt ist. Die zweite Gruppe versucht zeitgleich alle offenen Karten zu
           decken. Nach 3-5 Minuten wird gestoppt. Welche Gruppe hat mehr Karten
           drehen können?

      •    Jasskarten-Staffette: Die Klasse wird in drei bis vier Gruppen eingeteilt.
           Die Gruppen stellen sich an einer definierten Startlinie auf. Für jedes Team
           hat es neun Jasskarten derselben Farbe. Diese werden gemischt und auf
           der gesamten Breite hinter der gegenüberliegenden Linie verdeckt verteilt.
           Auf ein Signal laufen die ersten Spielenden jedes Gruppe los. Auf der ande-
           ren Seite dürfen sie eine einzige Karte umdrehen und anschauen. Ent-
           spricht sie der Farbe der Gruppe, darf sie mitgenommen werden. Ansonsten
           wird sie wieder umgedreht und abgelegt. Nach Abklatschen läuft der
           nächste Spielende. Welches Team hat zuerst alle Jasskarten der eigenen
           Farbe gefunden und zurückgebracht?
      •    Kartentürme bauen

 Eigene Jasskarten entwerfen: Dies kann von Hand oder auch auf dem Computer
 (Photoshop) gemacht werden. Allenfalls können auch Portraits eingefügt der eige-
 nen Schülerinnen und Schüler in die Jasskarten eingefügt werden. So wird ein
 Schüler zum Rosenkönig oder eine Schülerin zur Schiltenkönigin.

 Material:
   - Kopiervorlage 15
   - Kopiervorlage 16
   - Kopiervorlage 17
   - Jasskarten

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Lektionsreihe 4: Theater spielen

Diese Lektionsreihe richtet sich an Lehrpersonen, die mit ihren Schülerinnen
und Schülern als Vorbereitung auf den Theaterbesuch „das Theaterspielen“
ausprobieren möchten.

In drei beispielhaften Lektionen werden anhand theaterpädagogischer Spiele und
Übungen drei Schwerpunkte thematisiert/ erforscht/ trainiert.
    1. Abbau von Hemmungen, erste Spielerfahrungen, Einstieg in die szenische Ar-
         beit.
    2. Einsatz von Körper und Stimme.
    3. Darstellung von Gegensätzen und Status-Situationen.

Selbstverständlich können auch einzelne Ideen aus dieser Lektionsreihe herausge-
pickt, nach eigenem Gutdünken zusammengestellt und im Unterricht eingesetzt wer-
den.

Für einige Bewegungsspiele ist ein Raum mit genügend Platz notwendig. Je nach
Gruppengrösse empfiehlt es sich daher, für die Durchführung ein Gruppenraum, eine
Aula oder die Turnhalle.

WICHTIG:
Bei allen Theaterspielen/Übungen sind bewertende Ausdrücke auf Seiten der
Lehrperson und auch zwischen Schülerinnen und Schülern zu vermeiden.
Es geht nicht um richtig/falsch, gut/schlecht, sondern um Selbsterfahrung, die Freude
am Experimentieren und die Sensibilisierung der Wahrnehmung.

Bei der Auswahl und der Beschreibung der Spiele wird auf die eigene Erfahrung der
Autorinnen dieser Lehrermappe, sowie auf die Werke von Keller (2018) und Ulrich
(o.J.). zurückgegriffen, bei welchen sich für interessierte Lehrpersonen noch viele
weitere Spielideen finden.

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                                       Theater spielen 1
 Kurzbeschrieb:
 Der erste Theaterspielblock dient dem Einstieg in die szenische Arbeit. Es sollen,
 Hemmungen abgebaut und erste Spielerfahrungen gemacht werden. In andere
 Rollen zu schlüpfen, sich teilweise auch einem Publikum zu stellen, ist nicht für alle
 einfach. Daher ist eine wohlwollende, respektvolle Atmosphäre wichtig. Klar formu-
 lierte Verhaltensregeln helfen, diese Atmosphäre herzustellen.

 Ungefährer Aufwand: 1-2 Lektionen

 Lernziele:
    • Du machst erste Theaterspielerfahrungen und kannst benennen, welche
       Aufmerksamkeiten beim Spielen gefordert sind.

      •    Du kennst die wichtigsten Verhaltensregeln beim Zuschauen, selber aktiv
           sein und kannst dich daranhalten.

 Möglicher Ablauf:
 Spiel: Raumlauf                                                                         Form:
                                                                                         Bewegend
                                                                                         im Raum
 Der „Raumlauf“ gehört zu den klassischen, theaterpädagogischen
 Übungen und wird häufig als Aufwärm-Übung eingesetzt. Die Übung
 dient der bewussten, aber nicht expliziten Wahrnehmung des eigenen
 Körpers, der Mitspielenden und des Raumes. Sie kann nach Belieben
 erweitert und ausgebaut werden.

 Grundarrangement:
 Die Spielenden gehen in ihrem Tempo durch den Raum.

      •    Die anderen werden wahrgenommen, aber es findet möglichst keine Inter-
           aktion (weder verbal noch nonverbal statt). Auch keine Berührungen, kein
           Anrempeln etc.

      •    Jeder und jede geht für sich. Dabei soll darauf geachtet werden, dass nicht
           „im Kreis“ gelaufen und immer möglichst der ganze Raum genutzt wird.
           Knäuelbildung soll verhindert werden.

 Erweiterung 1. Unterschiedliche Tempi
 Funktioniert das Grundarrangement, gibt die Lehrperson das Tempo vor in welchem
 sich die Schülerinnen und Schüler im Raum Bewegen sollen.

 1: sehr langsam, fast Zeitlupe
 2: gemächlich
 3: normales Gehen
 4: sehr schnelles Gehen (aber nicht Rennen)!

 Erweiterung 2. Vorgaben
 Eine weitere Variation des „Raumlaufes“ ist das Vorgeben von, situativen Bedingun-
 gen. Diese können als Herausforderung auch mit den etablierten Tempi kombiniert
 werden.

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