Timeline: Auf Spurensuche in die Zukunft - Von Tschernobyl bis Klimawandel - www.umweltbildung.at/timeline
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www.umweltbildung.at/timeline Timeline: Auf Spurensuche in die Zukunft Von Tschernobyl bis Klimawandel
Impressum photos.com Impressum: Redaktion: Mag.a Daniela Lipka Projektleitung: Links: Monica Lieschke Ökomuseum Zwentendorf: Vielen Dank an Dr. Peter Weish für die Fotos auf www.oekoweb.at/536 den Seiten 17 und 24. Hainburg: Vom Widerstand zur Beteiligung Satz: GKW Kommunikationsdesign Hainburg: www.hainburg20.at Coverfotos: photos.com, DI Hartmut Schnedl Tschernobyl: Herausgeber: Umweltdachverband www.greenpeace.at/tschernobyl.html Verleger: FORUM Umweltbildung Beide: Alser Straße 21, 1080 Wien Waldsterben: E-Mail: forum@umweltbildung.at www.biologie.de/biowiki/Waldsterben Internet: www.umweltbildung.at Didaktische Tipps zum Klimawandel: Das FORUM Umweltbildung ist eine Initiative des doku.cac.at/klimawandel.pdf Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Abt. II/3 Nachhal- Infos zu Bildung für eine nachhaltige Entwicklung: tige Entwicklung) und des Bundesministeriums für www.dekade.org Unterricht, Kunst und Kultur (Abt. V/11 Politische Bildung und Umweltbildung). Projektträger: Um- Mehr über die Timeline: weltdachverband. www.umweltbildung.at/timeline ISBN: 978-3-900717-62-9, Wien, Mai 2007
Inhalt Inhaltsverzeichnis Seite Einleitung 4 I. Timeline persönlich betrachtet 5 Ölkrise: Wolfgang Sorgo 6 Zwentendorf: Sigi Maron 7 Müll trennen: Monica Lieschke 8 Waldsterben: Dagmar Ledl 9 Hainburg: Günther Pfaffenwimmer 10 Tschernobyl: Regina Steiner 11 Altglassammlung: Anita Zrounek 12 Recyclinghefte und Schulalltag: Ursula Prader 13 Rio +10: Judith Zimmermann-Hößl 14 Hochwasser: Markus Langer 15 Klimawandel: Daniela Lipka 16 II. timeline im Unterricht 17 Where the past meets the future 18 Tipps, Methoden, Ideen 19 ZeitzeugInnen-Befragung 19 Medienanalyse 20 Timeline 2020 23 Infos für LehrerInnen: Die vorliegende Broschüre basiert auf einer Web aktion des Forum Umweltbildung im Jahr 2006. Siehe auch: www.umweltbildung.at/timeline Die Unterrichtsvorschläge im Kapitel II sind für den Einsatz in der Unter- und Oberstufe geeignet.
Einleitung Liebe Leserin! Lieber Leser! Was erreichen wir mit unseren Initiativen für eine nachhaltige Zukunft? Erst in 10, 20, 30 Jahren werden wir sehen, wie sich unsere Bemühungen für eine sozial- und umweltverträgliche neue Alltagskultur im globalen Dorf unseres Planeten auswirken werden. Und woher sollen wir die Zuversicht nehmen, munter weiterzuma- chen immer im Gedanken, „das Richtige“ auch für künftige Generationen zu tun? Wir haben keine absolute Antwort, geben jedoch einen entscheidenden Hinweis. Er lautet: Auf Spurensuche zurück in die Zukunft! Forschen wir ein bisschen in der Vergangenheit. Genau dazu möchte das FORUM Umweltbildung mit seinem Projekt „Timeline“ einladen. Die Betrachtung des Zeitgeschehens, in unserem Fall die Umweltgeschichte der letzten Jahrzehnte, gibt Aufschluss, welche Entwicklungen in Gang gekommen sind und was umweltbewegte Menschen alles in Bewegung gesetzt und auch erreicht haben, das bis heute richtungweisend ist und wirkt. Die großen Umweltkatastrophen, von Bhophal bis Tschernobyl, führten häufig zu Umwelt- und Naturschutz- bewegungen sowie zu lokalem und regionalem Engagement, zum Beispiel gegen Großbauprojekte (Kern- kraftwerke, Straßenbau, Pisten- und Liftbau, etc.). Folgen Sie uns auf eine Reise in die Vergangenheit der österreichischen Umweltbewegung. Sicher wird Ihnen beim Durchblättern die eine oder andere persönliche Anekdote einfallen. Das wollen wir bezwecken! Führen Sie die Timeline weiter, mit ihren SchülerInnen und KollegInnen. Schmökern Sie mit uns in der Vergangenheit und lassen Sie sich für den Unterricht in der Unter- und Oberstufe inspirieren. In diesem Sinne: Let’s meet – where past meets future! wünschen Daniela Lipka und Monica Lieschke © Greenpeace; mehr zu Greenpeace: www.greenpeace.at
Timeline persönlich betrachtet „Nachtschwärmer konnten nicht disponieren.“ Wolfgang Sorgo Jahrgang 1950, Redakteur der Zeitschrift „umwelt & bildung“ Die studentische Anreise selbstverständlich im blau- auch die Ölscheichs nix anhaben. Ein Blick auf die en VW-Käfer: Von der eigenen Haustüre direkt vor Windschutzscheibe macht uns sicher.“ das NIG [Neues Institutsgebäude, Anm. d. Red.] und die Heimfahrt durch das nächtliche Wien. Sommers das Faltdach weit offen und die laue Luft einer be- freiten Zukunft im Haar. Parkplatz? Kein Problem. Und das Benzin war billig. Dann kam das Pickerl. Nachtschwärmer sollten plötzlich disponieren. Aufgeregte Kommentatoren- stimmen in den Medien. Allerdings: Eine echte Bedrohung war ja nicht spürbar. Atombombe ja, aber Neutralität, Wirtschaftsaufschwung und über- haupt, der Kreisky mit seinen Kontakten hält uns da raus … Schwierig. Also wann ohne Auto? Vielleicht der Dienstag. Keine Vorlesung, keine Schulung und ir- gend ein Tag muss es ja sein. Also das DI aus einer der Tageszeitungen ausgeschnitten (Leserservice macht´s möglich) und hinter die Windschutzscheibe gepickt. Dann ein kleines Sakrileg, das so manchem Beamten (die waren damals alle noch Männer, auch wenn sie Frauen waren) der Verkehrsämter bzw. der Bezirkshauptmannschaften die Haare zu Berge stehen ließ: Der liberal-anarchistische Kreis- ky hatte doch glatt erlaubt, dass man den selbst (!) gewählten Wochentag – in meinem Fall also der DI – e i g e n h ä n d i g auf den gelben Zulassungs- schein, noch dazu mit einem Kuli(!!!), eintragen durfte. Ein unglaublicher Eingriff in die staatliche Hoheitsverwaltung mit großen Folgen: Wurde ich doch dadurch nicht nur ein Mitglied der KURIER- oder KRONE-Familie, sondern ein Teil der großen Familie aller Österreicher (nein, nicht Österreiche- rInnen). „Wir gehören zusammen, uns können 1973 Ölschock Die erste Ölkrise begann im Herbst 1973, als die Organisation der Erdöl exportierenden Länder (OPEC) die Fördermengen drosselte, um den Preis für Rohöl zu erhöhen. In Österreich wurde der „autofreie Tag“ eingeführt. Heute gibt es bereits Bemühungen Autos teilweise mit alter- nativen Kraftstoffen, zum Beispiel Biodiesel, zu betreiben. Der „autofreie Tag“ wird wieder diskutiert.
Timeline persönlich betrachtet „Das Leiberldebakel“ Sigi Maron Jahrgang 1944, Liedermacher 1978 war ich im Sommer auf Einladung der öster- Ich konnte gerade noch vier Lieder singen und wur- reichischen Gewerkschaftsjugend bei ihrem Treffen de danach, samt Rollstuhl, von der Bühne gehoben. im Donaupark. Schon bei meiner Ankunft wurde Der Veranstalter rief mir noch nach: „Bei uns wirst ich von langjährigen Freunden darauf aufmerksam du nie wieder auftreten und bei der Abstimmung gemacht, dass die Teilnehmer in Befürworter und wirst schön blöd schauen!“ Ich habe am 5. Novem- Gegner des Atomkraftwerks Zwentendorf gespalten ber 1978 blöd geschaut, weil ich nicht mit diesem waren. Rund die Hälfte dafür, die andere dagegen. wunderbaren Ergebnis gerechnet hatte. Leicht erkenntlich der harte Kern der Gegner an den T-Shirts mit der lächelnden gelben Sonne und den Buttons. Meine Haltung war ja in der Öffentlichkeit bekannt, war ich doch schon lange in ganz Öster- reich gegen die Atomkraft unterwegs. Vor meinem Auftritt warnten mich die Veranstalter, zum Thema Zwentendorf auch nur ein Wörtchen zu sagen. Das mir als erklärtem Atomkraftgegner. Was tun? Ab- sagen? Trotzdem reden? Linzer Freunde hatten die Idee. Als mein Auftritt, in meinem Falle Auffahrt, kam und ich auf der Bühne stand, war mir ziemlich warm. Das lag nicht nur an der Sonne. Nochmals wurde ich eindringlich darauf hingewiesen, kein Wort contra Zwentendorf zu sagen. Das habe ich auch versprochen. Nach meiner Begrüßung und noch bevor ich die Gitarre in die schweißnassen Finger nahm, fragte ich, ob denn allen so heiß sei wie mir. Dann zog ich mein rotes T-Shirt – damals meist Leiberl genannt – aus und warf es ins Publikum. Unter dem roten Leiberl hatte ich vier Anti-AKW-Leiberl mit der schönen gelben lächelnden Sonne. Eines nach dem anderen zog ich aus und warf es ins Publikum, mit den Worten: „Ich sag nix, aber schon überhaupt nix, na wirklich nix“. Das Publikum tobte, nur aus verschiedenen Gründen. 1978 Zwentendorf 1972 war Baubeginn für das erste österreichische Atomkraftwerk in Zwentendorf an der Do- nau. Unmittelbar vor der Fertigstellung 1978 war die Bevölkerung bei einer Volksabstimmung mit 50,47 Prozent gegen die Inbetriebnahme. In Folge dieser Entscheidung wurde das öster- reichische Atomsperrgesetz erlassen. Gegenwärtiges Ziel Österreichs ist die Schaffung eines kernenergiefreien Mitteleuropas.
Timeline persönlich betrachtet „Bis über die Ellenbogen in unserem Lebensstil.“ Monica Lieschke Jahrgang 1953, Mitarbeiterin beim Forum Umweltbildung Ein heißer Sommer 1978: Die Heizung meines ur- hitzigen Begegnungen. Schnell wurde uns deut- alten VW-Käfers lässt sich nicht mehr abstellen. lich: Müll ist etwas sehr Persönliches, Gesellschaft- Täglich „glühe“ ich über den Grünen Berg ins nie- liches, Anonymes zugleich – ein Spiegel unseres derösterreichische Perchtoldsdorf. Dort werden in Lebens(stiles). einem Pilotprojekt quasi über Nacht die ersten Alt- Ein erboster Anrainer bringt es auf den Punkt: stoff-Sammelcontainer in Österreich aufgestellt. „Schleicht’s eich, des is meins, solang bis zamg- Ich war durch Zwentendorf und die ersten Umwelt- schütt’ wird und dann gehört’s der Gemeinde … tagungen umweltbewegte Psychologie-/Pädagogik- Mir brauch’ ma do koa Uni net …!“ studentin, die Anzahl der Semester spiegelte meine breiten Interessen wider, als ich die erste umwelt- psychologische Dissertation in Österreích begann: Ich wollte wissen, wie sich die Container vorbildlich füllen ließen und wie die Leute dazu motiviert wer- den konnten. Die amerikanische „foot-in-the-door-technique“ in „Petersdorf“ zu erproben, war nicht so einfach wie in der Literatur: StudentInnen stehen auf der Schwelle zu 1.600 Haushalten, informieren über Sinn und Zweck der Container, befragen in zwei Wellen, beobachten das Verhalten der neuen SammlerInnen am Ort des Geschehens, sprich: am Container, maßen mit Riesenlineal und wogen mit eigens angefertigter Waage, kontrollierten durch „Mist-Stiarln“, bestimmten Quantität und Qualität … Unser StudentInnen-Team lag fast rund um die Uhr „auf der Lauer“, die andere Schicht klopfte die Da- ten aus zwei Befragungen mit je 800 Haushalten ein. Es war, wie gesagt, heiß, eine unsaubere, miefige Angelegenheit. Und manchmal kam es auch zu 1978 Mülltrennen Rasant ansteigende Müllmengen, Skandale um „wilde“ oder zu kleine Deponieflächen, anfäng- liche Diskussionen um Müllverbrennung und ähnliches drängten Ende der 70er-Jahre auf ein entschlossenes Anpacken der Probleme auf kommunaler Ebene. Die Einführung der getrennten Wertstoff-Sammlung in den Jahren 79/80 wurde damals als Pilotprojekt (in Perchtoldsdorf, NÖ und in der Per Albin Hansson Siedlung in Wien) durch ein großes Forschungsprojekt des Instituts für Umwelthygiene der Uni Wien begleitet. Monica Lieschke betreute es als Psychologin.
Timeline persönlich betrachtet „Vom Hustensaft zum autofreien Jahr.“ Dagmar Ledl Jahrgang 1968, Biologin und Shiatsu-Praktikerin in Ausbildung Zu meinen frühesten Erinnerungen gehört auch die, wie mir meine Oma bei dem leisesten Anflug von Heiserkeit ihren aus den zarten, jungen Fich- tentrieben und Ansatzkorn bereiteten Hustensaft einflößt. Zucker war auch dabei, das machte den Saft etwas genießbarer. Sie hatte ihrerseits bereits als Kind gelernt, wie man diesen Saft ansetzt. Als sie sich Anfang der 80er- Jahre ihrer pubertierenden Enkelin gegenüber sah, bei der die Schlagzeilen vom drohenden Waldster- ben auf fruchtbaren Boden gefallen waren, hatte sie mit Fichtentrieben bereits eine Jahrzehnte alte Erfahrung. Was sie zu berichten wusste, konn- te mich allerdings nicht beruhigen: So viele junge Triebe hätten die Fichten noch nie gehabt, und das bereitete ihr sichtlich Sorge. Das „Lexikon Waldschädigende Luftverunreini- gungen“, in der aktualisierten Fassung von 1997, kennt diese „Angsttriebe“, die meiner Oma, wie sie immer sagte „gar nicht gefallen“. Das Lexikon weist diese allerdings als Anzeichen von Vitalität aus, es sind von der Pflanze nach großem Stress ausgebildete Ersatztriebe. Meine Oma war in Sorge, dieses Lexikon noch nicht zur Hand und ich wollte nicht Schuld am Waldster- ben sein. Ich glaube, ich hab’s etwa ein Jahr durch- gehalten: Ich habe mich dem Autofahren, eigent- lich dem Im-Auto-gefahren-Werden, konsequent verweigert. Auf eine gewisse Art bin ich darauf noch heute stolz. 1981 Waldsterben Waldsterben bezeichnet das Auftreten von großflächigen Schädigungen des Waldbaumbestands durch sauren Regen, Ozon, Schwermetalle und andere – auch natürliche – Faktoren, welche im Extremfall zum Absterben eines Waldes führen können. Typische Symptome an betroffenen Bäumen sind so genannte Angsttriebe. Das sind zusätzliche Triebe an der Oberseite der Äste. In den letzten Jahrzehnten konnten die Hauptverursacher des Waldsterbens, die Schwefeldioxid emissionen, durch den Einbau von Filtern in Fabriken reduziert werden.
Timeline persönlich betrachtet „Grundkonsens zu Gewaltfreiheit und Dialog.“ Günther Pfaffenwimmer Jahrgang 1951, Beamter im Unterrichtsministerium Ich war aktiv engagiert in der Initiative Österrei- Dezember eine Demonstration in Wien anmeldete, chischer Atomenergie-Gegner (IÖAG). Drei zentra- erwartete ich 3.000 TeilnehmerInnen, gekommen le Fragen waren uns wichtig: ein Überdenken der sind 40.000. Energiepolitik, ein höherer Stellenwert für den Na- Die gesamte Republik war politisiert, das Land pul- turschutz und ein aktiver Beitrag zur Friedenspolitik sierte, diskutierte, niemand konnte sich entziehen. durch Kooperationen mit Engagierten in den Nach- Die emotionale Anteilnahme mit den Besetzern barstaaten. war unglaublich. Wir spürten sehr genau, dass dies Als im Herbst 1984 eine Studie an die Öffentlichkeit historische Tage waren, in denen nicht nur die Au, gelangte, aus der hervorging, dass die Verbundge- sondern auch der Zusammenhalt der Gesellschaft sellschaft über Werbemaßnahmen zur Ankurbelung auf dem Spiel stand. des Stromverbrauches nachdenkt, waren wir über- zeugt, dass damit die wichtigsten Argumente für das Kraftwerk Hainburg widerlegt seien und keine Baugenehmigung erfolgen werde. Dem war nicht so, die Kraftwerksbetreiber beharrten auf dem Kraftwerksbau und argumentierten offenbar wider besseres Wissen mit Strommangel. Das Gutachten des Naturschutzbeauftragten, das einem Kraft- werksbau zustimmte, konnten wir nur als Rechts- beugung verstehen. Unsere Meinung wurde vom Obersten Gerichtshof bestätigt. Als im Dezember 1984 mit den Rodungsarbeiten begonnen werden sollte, bestand ein Netzwerk von Organisationen, die ihre Zielgruppen mobili- sierten und eine zentrale Koordination: Die einen kümmerten sich um die Besetzung in der Au, die anderen um Medienarbeit und Publikationen, wie- der andere um die Unterstützung durch Kundge- bungen in Wien. Ich habe in Wien die Organisation der Kundgebungen mit übernommen. Es gab täg- lich Veranstaltungen vor der Oper. Als ich auch für den Tag der gewaltsamen Räumung der Au am 19. 1984 Hainburg Im Dezember 1984 verhinderten Tausende von umweltbewegten Menschen den Bau des Do- naukraftwerks Hainburg. Die AubesetzerInnen trotzten sowohl dem kalten Winterwetter als auch der Polizeigewalt. Mit Erfolg: Das wertvolle Augebiet zwischen Wien und der slowa- kischen Grenze blieb erhalten, das Kraftwerk wurde nicht gebaut. Hainburg wurde zum Aus- löser der Ökologiebewegung in Österreich. Heute ist das Gebiet Teil des Nationalparks Donau- Auen. 10
Timeline persönlich betrachtet „Ich wollte es einfach nicht wahrhaben.“ Regina Steiner Jahrgang 1956, Mitarbeiterin beim Forum Umweltbildung April 1986, für mich eine wunderbare Zeit. Ich hat- te voll mit Ratschlägen, wie „Kleinkinder nicht ins te gerade das Probejahr hinter mich gebracht, ein Freie lassen“, „Spielplätze gesperrt“, „Salat aus langer Urlaub mit dem Fahrrad in Griechenland dem Garten unbedingt vernichten“, „Milch trinken stand vor der Tür. möglichst vermeiden.“ Unter der südlichen Sonne Am 3. Mai wollten wir los, eine Freundin und ich. lachten wir über die so übertriebenen Sorgen und Die letzten Einkäufe, Zusammenpacken, neidvolle so leicht in Panik zu bringende Landsleute. „Da und ätzende Bemerkungen der WG-GenossInnen. werden sich aber die Trockenmilcherzeuger freu- Während des Frühstück dann die ersten Mel- en“. Wir wollten es tatsächlich nicht wahrhaben. dungen, so ganz genau habe ich den zeitlichen Ablauf nicht mehr in Erinnerung. „Zwischenfall in Atomkraftwerk in der Ukraine …“ Naja, weit weg! Stunden später: „Eine radioaktive Wolke hat sich gebildet, driftet nach Westen.“ Wir beachteten die Meldung nicht weiter. Nächster Tag „Radio- aktive Wolke schon in Ungarn, hoffentlich dreht der Wind“, wieder später „Leider wird der Regen nicht aufhören, radioaktiver Ausfall in den Regen- gebieten, setzen Sie sich nicht auf den Erdboden oder auf Holzbänke im Freien.“ Irgendwie klang das alles reichlich absurd. „Da wollen die Medien wieder einmal Einschaltquoten heben, die immer mit ihrer Panikmache“, dachten wir uns. Wir nah- men die Horrormeldungen jedenfalls nicht ernst, sondern machten uns darüber lustig. Endlich der Tag der Abreise: Ein letzter verliebter Spaziergang mit dem Freund im Regen, kuscheln auf der nassen Parkbank und ab in den Süden. Dort gab es vorerst einmal kein Radiohören oder Zeitunglesen, nur Ur- laub, Fahrrad, baden gehen. Viele Tage später, in einem größeren Ort, eine österreichische Zeitung. Was tut sich denn so daheim? Schon die Titelsei- 1986 Tschernobyl Die Katastrophe ereignete sich am 26. April 1986 im Kernkraftwerk Tschernobyl in der Ukraine (damals Sowjetunion) infolge der Explosion im Kernreaktor Block 4. Tschernobyl zählt zu einer der bisher größten Umweltkatastrophen der Menschheit. Nach Schätzungen der UNO dürften in den drei Staaten Weißrussland, Ukraine und Russland rund 9 Millionen Menschen von dem Reaktorunglück direkt betroffen sein, weil sie in verseuchtem Gebiet lebten oder zu den rund 800.000 so genannten Liquidatoren gehörten, die verstrahlte Trümmer wegräumten oder ärzt- liche Hilfe leisteten. 11
Timeline persönlich betrachtet „Die älteste Glasflasche“ Anita Zrounek Jahrgang 1977, Mitarbeiterin beim Forum Umweltbildung Ich hatte das Glück, in eine Hauptschule zu gehen, Heute, merke ich, ist es schwieriger geworden, in der es einen starken Ökoschwerpunkt gab. Wir Jahreszahlen auf Glasflaschen zu finden – ob das hatten einen Schulgarten und Biologieunterricht im vielleicht daran liegt, dass es kaum mehr Mehrweg- Freien, wir besuchten einen Bauernhof und hatten glasflaschen gibt? jedes Jahr Projekttage. Auch die Mülltrennung in den Klassen war für uns selbstverständlich und die Schulmilch gab es in der Glasflasche. Obwohl die Schule nicht in der „besten“ Gegend angesiedelt war und die SchülerInnen aus allen so- zialen Schichten kamen, funktionierte das gut. Im Rahmen einer unserer Projektwochen starteten wir ein interessantes Experiment: Auf Mehrwegglasfla- schen, wurde uns zu Projektbeginn erklärt, findet man immer die Jahreszahl der Erzeugung. Ziel war es, die älteste Mehrwegflasche zu finden. Eifrig wurden Colaflaschenregale von uns durchwühlt, auch Bier- und Mineralwasserflaschen wurden ge- nauestens unter die Lupe genommen, gab es doch einen tollen Preis für den- oder diejenige mit der ältesten Flasche zu gewinnen. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen, ich weiß leider nicht mehr genau, wie alt die „Gewinnerfla- sche“ war, aber es waren etliche Jährchen. Um auch die KonsumentInnen des nahen Einkaufs- zentrums auf die Abfallproblematik aufmerksam zu machen, gab es am Ende des Projektes ein großes Event im nahen Einkaufszentrum, bei dem die ver- schiedenen „Jahrgänge“ bewundert und die Preise an die SiegerInnen überreicht wurden. Noch lange danach ertappte ich mich immer wie- der dabei, das Alter von Flaschen zu überprüfen. 1988 Altglassammlung Die Altglassammlung wurde seit vielen Jahren von karitativen Einrichtungen, zum Beispiel dem Roten Kreuz oder der Feuerwehr an bestimmten Tagen im Jahr durchgeführt. Anfang der Achtziger-Jahre haben die Kommunen mit der organisierten Sammlung von wieder verwert- baren Altstoffen begonnen. 12
Timeline persönlich betrachtet „Ach, die alten Zeiten …“ Ursula Prader Jahrgang 1959, Lehrerin In den allerersten Anfängen schrieben meine Zweit- ersten Kindes. Auch dieses ein Resultat meines um- klassler dem Bürgermeister Zilk einen Brief, mit der weltbewegten Lebens: Auf dem Fest der erwähnten Bitte, doch Umweltschutzhefte statt der weißpa- ARGE-Tagung lernte ich den Vater meiner Kinder pierenen an die Schulen zu schicken. Wenigstens kennen (also natürlich zuerst kennen lernen, dann optional … Antwort – freundlich, aber bestimmt: die Kinder). Und heute? Nach den Kinderkarenzjah- Brave, liebe Kinder seid ihr, dass ihr so an die Um- ren zurückgekehrt, als Teamlehrer, sortiere ich ver- welt denkt, aber leider – die Tinte zerrinnt auf die- stohlen da und dort ein wenig Altpapier aus dem sen grauen Seiten, geht also nicht. Restmüll, drehe hin und wieder ein überflüssiges Später zerrann sie, die Tinte, wahrscheinlich infolge Licht ab, versuche mich nicht über den verluderten des Fortschrittes der Technik, nicht mehr … Schulgarten zu kränken und seufze angesichts der Ganze Projekte über die Mülltrennung, kleinwei- Massen an aus dem Internet stammenden, schö- se, beinharte Überzeugungsarbeit der Kollegen, nen, folierten Kärtchen über die Laubgehölze des schließlich drei Mistkübel in jeder Klasse. Wienerwaldes, die mit Ausrufen der Begeisterung Meine SchülerInnen waren Chefs in Sachen Natur. („Jö, darf ich mir die nächste Woche ausborgen?“) Keiner verließ die vierte Klasse ohne ziemlich ge- im September über den Lehrertisch wandern. Sie naue Artenkenntnis der Laubgehölze des Wiener- alle wachsen im Schulgarten (die Gehölze, nicht die waldes, ohne den Unterschied zwischen Eintags- Kärtchen) – unerkannt und ungeliebt. Dutzende fliegenlarve und Steinfliegenlarve ebenso sicher zu von Mordversuchen unfähiger stadtgärtnerischer wissen wie das Einmaleins von vier oder die Bezirke Hilfskräfte, mit Motorsensen und Astscheren be- Wiens. waffnet, haben sie überstanden – um im Kampf Ein sich über mehrere Jahre hinziehendes Projekt gegen die virtuelle Natur aus dem Lehrerweb zu um den Halterbach im 14. Bezirk war Glanzstück unterliegen … und vorläufiger Endpunkt meiner diesbezüglichen Laufbahn. Glanzstück, weil vieles gelungen ist, was einem vielleicht nur einmal im Leben glückt. Kinder bei einer beachtlichen Projektarbeit, einem Lehr- pfad mit keramischen Relieftafeln von Bachtieren, einem Einweihungsfest, einem selbstgeschriebenen Theaterstück, einem Geschichtenbuch zu beglei- ten. Die Einweihungsrede bei der Eröffnung des Lehr- pfades hielt ich vier Wochen vor der Geburt meines Neunziger Jahre Wurden Anfang der 90er-Jahre viele Schulhefte aus Altpapier hergestellt, so findet man heute kaum noch Reycling-Schulhefte am Markt. In den meisten Geschäften werden fast nur noch Papiere aus Frischfasern, also aus frisch abgeholzten Bäumen, verwendet. Tipp: Recyclinghefte aus 100 Prozent Altpapier als Sammelbestellung für die ganze Klasse kaufen. Zum Beispiel bei www.karliprinti.at. Diese Hefte tragen das Österreichische Umwelt zeichen. 13
Timeline persönlich betrachtet „Den Geist von Rio wieder beleben.“ Judith Zimmermann-Hößl Jahrgang 1972, Bildungs- und Fachreferentin der Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission Mit Motivation und Engagement wollten wir als Texte wurden abgeschwächter und unklarer formu- entwicklungspolitische NGOs den „Geist von Rio“ liert. Es war ein verpasster Gipfelsturm: Der Geist wieder auferstehen lassen und das Thema Nach- von Rio konnte nicht mehr wiederbelebt werden; haltigkeit zum Querschnittsthema in unseren Be- zu viele andere Dinge standen im Vordergrund. reichen machen. In der Vorbereitung zu Rio +10* stießen wir allerdings sehr rasch auf Grenzen. Gren- zen, die zeigten, dass das Thema Nachhaltigkeit doch nicht so ein klares Selbstverständnis zu sein schien. Unsere Bedenken und Forderungen wurden nur teilweise gehört und verstanden. Trotzdem fuhren wir mit großer Zuversicht im Au- gust 2002 nach Johannesburg, wo wir das Zusam- menspiel von Umwelt und Entwicklung knapp zwei Wochen lang auf der größten UN-Konferenz disku- tieren sollten. Kaum in Südafrika angekommen, waren wir scho- ckiert über die Tatsache, dass Nachhaltigkeit zwar in den Konferenzräumen ein Thema war, sobald wir aber diese verließen, das Verkehrschaos und die Müllberge auf uns warteten. Während der Kon- ferenz habe ich mich besonders stark dem Thema Armutsbekämpfung angenommen und musste feststellen, dass Armut in den Verhandlungstexten keine Rolle spielte und auch die so genannte Be- seitigung von Armut falsch verstanden wurde: Die Verwaltung von Johannesburg ließ vor dem Gipfel mehrere Slums umsiedeln, damit das Auge der Kon- ferenzteilnehmerInnen nicht getrübt wurde! Nach einigen Verhandlungstagen war klar, dass das allumfassende Thema Nachhaltigkeit nicht mehr so ernst genommen wurde, wie zehn Jahre zuvor. Die 2002: Nachhaltige Entwicklung, Erdgipfel von Rio Die Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung fand im Jahr 1992 in Rio de Janeiro statt. 17.000 TeilnehmerInnen aus 178 Staaten kamen zusammen, um Lösungen für globale Probleme wie Hunger, Armut, Krieg sowie für die wachsende soziale Kluft zwischen den Industrie- und Entwicklungsländern zu finden. *Rio +10 10 Jahre nach Rio kam die Staatengemeinschaft im Jahr 2002 zum Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung zusammen. 14
Timeline persönlich betrachtet „Das Hochwasser bringt den Luxusfußballplatz.“ Markus Langer Jahrgang 1968, Geschäftsführer Forum Umweltbildung Auch unsere Ortschaft wurde vom Hochwas- kommen sollte, abgelenkt wird und bisher nicht ser heimgesucht. Viele Brücken und Straßen ver betroffene Gebäude ebenfalls überflutet werden. schwanden binnen kurzer Zeit in den Fluten und Schlussendlich wurde der durch das Hochwasser Überschwemmungsgebiete wurden zu reißenden zerstörte Sportplatz um Unsummen saniert und zu Flüssen. einem luxuriösen Fußballplatz ausgebaut – obwohl Fassungslose Hausbesitzer, die von Einheimischen das nächste Hochwasser wohl nur eine Frage der dringlich davor gewarnt worden waren, ihr Haus Zeit ist. just in bekannte Überschwemmungsgebiete zu bauen, mussten teilweise sogar mit Hubschraubern von den Dächern der oft gänzlich überfluteten Häu- ser geborgen werden. Heute sind die meisten Schäden repariert und es ist kaum mehr etwas von der Zerstörung zu sehen. Aus der Katastrophe gelernt haben aber leider nur wenig Beteiligte. Neue Häuser wurden in die Überschwemmungs- gebiete gebaut. Der einzige Unterschied ist, dass sie etwas höher errichtet wurden und dadurch das Wasser nun, falls es wieder zu einem Hochwasser 2002 Hochwasser Das Hochwasser im Sommer 2002 gilt österreichweit als Jahrhunderthochwasser, obwohl seit- her weitere Hochwasserkatastrophen Teile von Österreich betroffen haben, die regional fast noch schlimmer waren. Wie schon im Jahre 2002 wurde diese Katastrophe, die damals auch große Teile von Deutschland heimgesucht hat, durch extrem starken Regen über Tage hinweg ausgelöst. 15
Timeline persönlich betrachtet „Es wird Brösel geben.” Daniela Lipka Jahrgang 1968, freiberufliche Biologin und Journalistin Weit entfernt von uns, in Grönland, kracht es. Der bereits ausgerufen worden. Ein Skiverbandspräsi- Eisschild wird brüchig. Welche ungemütlichen Kon- dent tritt bei einer TV-Konfrontation gegen eine Kli- sequenzen das für uns hat, zeigt Al Gore in seinem maforscherin an und leugnet, dass es so etwas wie Oscar-gekrönten Powerpoint-Vortrag „Eine unbe- einen Klimawandel gibt. Schon früher habe es grü- queme Wahrheit“. Noch drastischer als der Beina- ne Winter gegeben. Eine Aussage mit der er sich in he-US-Präsident führen uns die Comicstars „Simp- zehn Jahren strafbar machen könnte? Aufregung, sons“ die Folgen des Klimawandel vor Augen: Das wohin man schaut. Die Kronenzeitung am Sonntag Tüteneis wird angesichts der hohen Temperaturen befragt per Psychotest ihre LeserInnen: „Was tun so schnell in unseren Händen zerrinnen, dass wir SIE gegen den Klimawandel?“ mit dem Schlecken nicht mehr nachkommen. Was Ohne Zweifel, Umwelt ist wieder ein Thema. Fast ÖkopädagogInnen den Kindern in vielen Details zu stündlich setzen die Medien neue Begriffe in die erklären versuchen, schaffen die Simpsons in acht Welt. Klimafresser treiben in diesen Tagen ihr Un- Sekunden. Mit welch einer Wirkung! Plötzlich ist wesen. Best of Böse: Die Glühbirne und Weintrau- es für viele hörbar! Der Eisschild zerbröselt in der ben aus Chile. Erstaunlich viele Menschen lassen Arktis. Das Jahr 2012 rückt näher. Dann sollen die sich auf einmal wieder bewegen. Und der Eisschild Staaten das Versprechen von Kyoto eingehalten ha- kracht und bröselt … ben. Doch kaum eine Industrie-Nation wird die ver- einbarte Reduktion von Treibhausgasen schaffen. Und die Uhr tickt unerbittlich. Deutschlands Poli- tiker überbieten sich mit dubiosen Vorschlägen zur CO2-Reduktion. Ein Forscherteam in Potsdam baut an einem unterirdischen Lager, in dem das über- schüssige CO2 aus der Atmosphäre sozusagen „un- ter den Teppich“ gekehrt werden soll. Und die eu- ropäische Atomlobby wittert ihre Chance und plant den flächendeckend umweltfreundlichen Einsatz von Radioaktivität. Unterdessen fordert der öster- reichische Umweltminister Josef Pröll eine EU-weite Kerosinsteuer für Flugreisen. Gumpoldskirchen statt Grand Canyon, das könnte bald mega-angesagt sein. In Australien ist das Verbot von Glühbirnen 2007 Klimawandel Die Klimaerwärmung hat nach Einschätzung weltweit führender KlimaforscherInnen unge- ahnte Folgen für die Erde. Der steigende Meeresspiegel bringt Millionen von Menschen in Küstenregionen in Gefahr. Tier- und Pflanzenarten sterben aus. Krankheiten durch verseuchtes Trinkwasser können sich ausbreiten. In bereits trockenen Gegenden, vor allem in Asien, wer- den die Ernten bedroht sein. Prognose der zwischenstaatlichen Kommission für den Klimawandel (IPCC, Report 2007) 16
© Peter Weish Timeline im Unterricht Tipps, Methoden, Ideen
Timeline im Unterricht Timeline – where the past meets the future Hintergrund: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft als Stationen einer nachhaltigen Entwicklung Ausgehend von der jüngsten österreichischen Ge- Diese Entwicklungen können gemeinsam erforscht schichte der Umwelt und Umweltbewegung der und reflektiert werden und Basis für die Einschät- letzten 20 bis 30 Jahre können Entwicklungen er- zung der Trends für die Zukunft sein. forscht und gemeinsam reflektiert werden. Das Verständnis für die Geschehnisse der letzten Jahrzehnte soll bei jüngeren Generationen geför- dert werden. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die aktive und engagierte Mitgestaltung unserer jetzigen und zukünftigen Um- und Lebenswelt im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung. Dies beinhaltet die Entwicklung des Themas Umwelt hin zur Nachhaltigkeit ebenso wie die Entwicklung einzelner Umweltthemen, des Umweltbewusstseins und der Umweltbildung, des Umweltengagements und der Motivation Jugendlicher, aber auch die Ver- änderung der Landschaft. 18
Timeline im Unterricht Tipps, Methoden, Ideen: 1. ZeitzeugInnen-Befragung Hier werden die Timeline-Geschichten mit Hilfe der SchülerInnen fortgesetzt. Durchführung: Auch andere Entwicklungen wie Verlust der Ar- ZeitzeugInnen aus dem Lebensumfeld der SchülerIn tenvielfalt, Landschaftswandel, die Einführung von nen, wie Verwandte und Nachbarn werden nach Bioprodukten im Supermarkt, Mobilität, Ernäh- ihren persönlichen Erinnerungen zu Umweltereig- rungsgewohnheiten und Globalisierung sind dem nissen befragt. Wandel der Zeit unterworfen und können nachge- Weitere Möglichkeit: Straßenumfrage! fragt werden. Die Protokolle werden zu einer eigenen Timeline zusammengefasst. Anschließend Präsentation per Diskussion: Zeitungsreportage, auf einer Homepage, als Hör- Welche regionalen/lokalen Umwelt-Ereignisse hat buch etc. es vor Ort gegeben? Zeigen sie bis heute ihre Aus- wirkungen? Waren sie/sind sie Anlass für Verände- Themenbeispiele: rungen in der Region? Ölschock Zwentendorf Mülltrennen Waldsterben Hainburg Tschernobyl Erdgipfel von Rio Hochwasser 2002 Klimawandel 19
Timeline im Unterricht Tipps, Methoden, Ideen: 2. Medienanalyse A. Alte Berichte – neue Themen? Anhand von Zeitungsberichten können wir sehen, welche Ent- wicklungen umweltrelevante Themen genommen haben. Als Beispiel dienen vier Artikel aus der Kronenzeitung, jeweils aus dem Monat Juni der Jahre 1976, 1986, 1996 und 2006. Wir haben die Kronenzeitung ausgewählt, weil dieses Medium am häufigsten Umweltberichterstattung enthält und die meist- gelesene Tageszeitung Österreichs ist. Kronenzeitung: Meldung LOKALES 5. Juni 1976, von Peter Strasser: Durch Bakterien „Fischfriedhof“ Seitenarm der Donau ist verseucht. Totale Wasserverschmutzung ist die Ursache für das katastrophale Fischsterben in einem Do- nauseitenarm zwischen Stockerau und Korneuburg bei Wien. Die Kiemen und die inneren Organe der Fische wurden von Bakterien zerfressen. (…) Schuld an der Verschmutzung und damit an dem Fischsterben ist eine ganze Kette von umwelt- verseuchenden Betrieben an den Ufern des Göllersbaches, der vom Waldviertel kommend bei Stockerau in das Krumpenwasser und die Donau mündet. Ein Krankenhaus und eine Hühner- farm leiten Desinfektionsmittel in den Bach, einige Kartoffelfabriken und Wäschereibetriebe ungeklärte Abwässer. (…) Was hat sich seit 1976 beim Gewässerschutz getan? (Zum Beispiel bei http://wasser.lebensministerium.at nachschauen.) Kronenzeitung: Meldung COVER 4. Juni 1986: Kirschen mit Vorsicht geniessen? Das kann von Gegend zu Gegend unterschiedlich sein, meinen die Fachleute. In Kärnten wur- den die eben jetzt reifenden Früchte nicht zum Marktverkauf zugelassen, überall sonst scheint der Genuss vorerst unbedenklich zu sein. Es hängt dies davon ab, in welchen Landesteilen mehr oder weniger radioaktiver Niederschlag aus der Tschernobyl-Atomwolke niedergegangen ist. Ist das Thema Atomenergie, oft Kernenergie genannt, aktuell in den Medien zu finden? Zum Beispiel geplanter Bau neuer Kernkraftwerke in Europa? 20
Timeline im Unterricht © H. Schnedl Kronenzeitung: Meldung LOKALES Juni 1996, von Gerhard Walter: Breite Front gegen Gen-Technik Europäischer Bauernverband unterstützt Österreichs Nein zu Frankenstein-Pflanzen. (…) „Ein verantwortungsloses Milliardengeschäft auf Kosten der Umwelt“, klagt GLOBAL-Mo- lekularbiologin Ulli Sima, „mit dem Landwirte abhängig gemacht werden sollen. Zudem ge- fährden Unkrautgifte das Grundwasser, und die Auswirkungen des Gen-Mais auf Menschen sind in keiner Weise geklärt.“ (…) 1. Welche Meldungen gibt es heute zum Thema Gen-Nahrungsmittel in den Medien? 2. Ist Österreich bei seinem Nein zu Gen-Nahrung geblieben? 3. Verfolgt das Thema Gentechnik in den nächsten Monaten weiter! Kronenzeitung: Meldung ÖSTERREICH 2. Juni 2006, von Klaus Loibnegger: Zigaretten: Viel mehr Feinstaub als bei Abgasen der Autos Test in der Garage hat gezeigt: Rauchen ist acht Mal gefährlicher. Ein in Italien durchgeführtes Feinstaub-Experiment unterstreicht die heftige Forderung nach einem Rauchverbot in Autos, wenn Kinder an Bord sind. In einer Garage stellten Wissenschaft- ler fest, dass die Belastung durch einen Dieselmotor nicht annähernd so gefährlich ist wie die des Zigaretten-Qualms. (…) 1. Welche Diskussion wird gerade in der Öffentlichkeit zum Thema Rauchen geführt? 2. Wie entwickelt sich das Thema im Laufe der nächsten Monate? 3. Welche Meldungen gibt es zum Thema Feinstaub? 21
Timeline im Unterricht Tipps, Methoden, Ideen: Medienanalyse B. Umweltgeschichte heute Welche Umweltthemen sind aktuell in der Zeitung zu finden? Der Begriff der Nachhaltigkeit wird erst seit 15 Jah- Schau, schau! ren in der Umweltbildung verwendet und hat eine mediale Karriere sondergleichen hingelegt. Umwelt im Wo und mit welchen Umweltthemen wird heute neuen Gewand das Konzept der Nachhaltigkeit in den Medien ver- Früher hat es in manchen Zeitungen eine bunden? Sind die Begriffe griffig? eigene „Umweltseite“ gegeben. Heu- Ist klar, was die Politik, der einzelne und ande- te werden Umweltthemen häufig nicht re AkteurInnen in der Gesellschaft eigentlich tun mehr Umweltthemen genannt. Sie sind müssten, um eine nachhaltige Entwicklung zu för- in vielen Bereichen enthalten, z.B. in der dern? Technik, Wirtschaft und Nachhaltigkeit. Erstellung eines Pressespiegels Durchführung: 14 Tage lang Umweltberichte in Zeitungen sam- meln und vergleichen. Achtung: Viele Umweltthe- men sind an Jahreszeiten gebunden. Zum Beispiel sind die erhöhten Ozonwerte eher im Sommer ein Thema! Deshalb den Pressespiegel zu verschiedenen Jahres- zeiten machen! Gibt es Unterschiede in der Berichterstattung in den überregionalen und regionalen bzw. lokalen Medien? Bereiche Schlagzeile Datum Medium Wirtschaft Technik Nachhaltigkeit Lebensart Soziales Regionales Konsum Ernährung Tierschutz Menschenrechte Gesundheit Mobilität 22
Timeline im Unterricht Tipps, Methoden, Ideen: 3.) Timeline 2020 „Der geheimnisvolle Brief“ Erstellung eines Szenarios, wie sich Umweltereignisse auf unse- re Zukunft im Jahr 2020 auswirken können. Der Timeline-Brief wird zeigen, ob unsere Vermutungen eintreffen! Durchführung: n! Die SchülerInnen sollen ihre Szenarien erstellen. 0 öffne 202 Beispiel: Unsere Erde wird sich stark erwärmen. Es Erst wird in Österreich im Flachland nicht mehr schneien. Wir werden keine Wintermäntel mehr brauchen. Oder: Im Jahr 2020 wird es kein Erdöl mehr geben, usw … Die Szenarien sollen nach eigener Einschätzung oder anhand der Einschätzung eines Wissenschaft- lers/einer Wissenschaftlerin erstellt werden. Das Szenario/die Szenarien werden in den Time- line-Brief geschrieben, in ein Kuvert gegeben und zugeklebt. Anschließend muss der Brief an einem sicheren Ort verwahrt werden. Er darf erst im Jahr 2020 geöffnet werden! Dann wird es spannend … Tipp: Bei einem Klassentreffen können die Briefe präsentiert werden. Ausblick 2020 Diskussion: Was braucht die Erde eurer Ansicht nach am drin- gendsten? Wie soll sie im Jahr 2020 aussehen? Was wollt ihr dafür tun? 23
© Peter Weish Nachhaltigkeit: „FUTURE IS A CHILD OF PAST“ (Quelle unbekannt) Das FORUM Umweltbildung ist eine Initiative des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Abt. II/3 Nachhaltige Entwicklung) und des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur (Abt. V/11 Politische Bildung und Umweltbildung). Projektträger: Umweltdachverband
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