Timeline: Auf Spurensuche in die Zukunft - Von Tschernobyl bis Klimawandel - www.umweltbildung.at/timeline

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Timeline: Auf Spurensuche
in die Zukunft
Von Tschernobyl bis Klimawandel
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Impressum

                                                                                                                       photos.com
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                                                                  Mag.a Daniela Lipka
                                                                  Projektleitung:
             Links:                                               Monica Lieschke

             Ökomuseum Zwentendorf:                               Vielen Dank an Dr. Peter Weish für die Fotos auf
             www.oekoweb.at/536                                   den Seiten 17 und 24.

             Hainburg: Vom Widerstand zur Beteiligung             Satz: GKW Kommunikationsdesign
             Hainburg: www.hainburg20.at                          Coverfotos: photos.com, DI Hartmut Schnedl

             Tschernobyl:                                         Herausgeber: Umweltdachverband
             www.greenpeace.at/tschernobyl.html                   Verleger: FORUM Umweltbildung
                                                                  Beide: Alser Straße 21, 1080 Wien
             Waldsterben:                                         E-Mail: forum@umweltbildung.at
             www.biologie.de/biowiki/Waldsterben                  Internet: www.umweltbildung.at

             Didaktische Tipps zum Klimawandel:                   Das FORUM Umweltbildung ist eine Initiative des
             doku.cac.at/klimawandel.pdf                          Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft,
                                                                  Umwelt und Wasserwirtschaft (Abt. II/3 Nachhal-
             Infos zu Bildung für eine nachhaltige Entwicklung:   tige Entwicklung) und des Bundesministeriums für
             www.dekade.org                                       Unterricht, Kunst und Kultur (Abt. V/11 Politische
                                                                  Bildung und Umweltbildung). Projektträger: Um-
             Mehr über die Timeline:                              weltdachverband.
             www.umweltbildung.at/timeline                        ISBN: 978-3-900717-62-9, Wien, Mai 2007


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Inhalt

Inhaltsverzeichnis

                                                                                                       Seite
Einleitung                                                                                                 4

I. Timeline persönlich betrachtet                                                                            5
           Ölkrise: Wolfgang Sorgo                                                                           6
           Zwentendorf: Sigi Maron                                                                           7
           Müll trennen: Monica Lieschke                                                                     8
           Waldsterben: Dagmar Ledl                                                                          9
           Hainburg: Günther Pfaffenwimmer                                                                  10
           Tschernobyl: Regina Steiner                                                                      11
           Altglassammlung: Anita Zrounek                                                                   12
           Recyclinghefte und Schulalltag: Ursula Prader                                                    13
           Rio +10: Judith Zimmermann-Hößl                                                                  14
           Hochwasser: Markus Langer                                                                        15
           Klimawandel: Daniela Lipka                                                                       16

II. timeline im Unterricht                                                                                  17
           Where the past meets the future                                                                  18
           Tipps, Methoden, Ideen                                                                           19
               ZeitzeugInnen-Befragung                                                                      19
               Medienanalyse                                                                                20
               Timeline 2020                                                                                23

                                                     Infos für LehrerInnen:
                                                     Die vorliegende Broschüre basiert auf einer Web­
                                                     aktion des Forum Umweltbildung im Jahr 2006.
                                                     Siehe auch: www.umweltbildung.at/timeline
                                                     Die Unterrichtsvorschläge im Kapitel II sind für den
                                                     Einsatz in der Unter- und Oberstufe geeignet.

                                                                                                                          
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Einleitung

              Liebe Leserin! Lieber Leser!
              Was erreichen wir mit unseren Initiativen für eine nachhaltige Zukunft? Erst in 10, 20, 30 Jahren werden wir
              sehen, wie sich unsere Bemühungen für eine sozial- und umweltverträgliche neue Alltagskultur im globalen
              Dorf unseres Planeten auswirken werden. Und woher sollen wir die Zuversicht nehmen, munter weiterzuma-
              chen immer im Gedanken, „das Richtige“ auch für künftige Generationen zu tun?

              Wir haben keine absolute Antwort, geben jedoch einen entscheidenden Hinweis. Er lautet: Auf Spurensuche
              zurück in die Zukunft! Forschen wir ein bisschen in der Vergangenheit. Genau dazu möchte das FORUM
              Umweltbildung mit seinem Projekt „Timeline“ einladen.

              Die Betrachtung des Zeitgeschehens, in unserem Fall die Umweltgeschichte der letzten Jahrzehnte, gibt
              Aufschluss, welche Entwicklungen in Gang gekommen sind und was umweltbewegte Menschen alles in
              Bewegung gesetzt und auch erreicht haben, das bis heute richtungweisend ist und wirkt.

              Die großen Umweltkatastrophen, von Bhophal bis Tschernobyl, führten häufig zu Umwelt- und Naturschutz-
              bewegungen sowie zu lokalem und regionalem Engagement, zum Beispiel gegen Großbauprojekte (Kern-
              kraftwerke, Straßenbau, Pisten- und Liftbau, etc.).

              Folgen Sie uns auf eine Reise in die Vergangenheit der österreichischen Umweltbewegung. Sicher wird Ihnen
              beim Durchblättern die eine oder andere persönliche Anekdote einfallen. Das wollen wir bezwecken! Führen
              Sie die Timeline weiter, mit ihren SchülerInnen und KollegInnen. Schmökern Sie mit uns in der Vergangenheit
              und lassen Sie sich für den Unterricht in der Unter- und Oberstufe inspirieren.
              In diesem Sinne:

              Let’s meet – where past meets future!
              wünschen
              Daniela Lipka und Monica Lieschke

                                                                                                                             © Greenpeace; mehr zu Greenpeace: www.greenpeace.at


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Titelseite

© Peter Weish

                Timeline
                persönlich betrachtet
                          ZeitzeugInnen berichten …
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Timeline persönlich betrachtet

               „Nachtschwärmer konnten nicht
               disponieren.“
                                                                                               Wolfgang Sorgo
                                                              Jahrgang 1950, Redakteur der Zeitschrift „umwelt & bildung“

               Die studentische Anreise selbstverständlich im blau-     auch die Ölscheichs nix anhaben. Ein Blick auf die
               en VW-Käfer: Von der eigenen Haustüre direkt vor         Windschutzscheibe macht uns sicher.“
               das NIG [Neues Institutsgebäude, Anm. d. Red.] und
               die Heimfahrt durch das nächtliche Wien. Sommers
               das Faltdach weit offen und die laue Luft einer be-
               freiten Zukunft im Haar. Parkplatz? Kein Problem.
               Und das Benzin war billig.
               Dann kam das Pickerl. Nachtschwärmer sollten
               plötzlich disponieren. Aufgeregte Kommentatoren-
               stimmen in den Medien. Allerdings: Eine echte
               Bedrohung war ja nicht spürbar. Atombombe ja,
               aber Neutralität, Wirtschaftsaufschwung und über-
               haupt, der Kreisky mit seinen Kontakten hält uns
               da raus …
               Schwierig. Also wann ohne Auto? Vielleicht der
               Dienstag. Keine Vorlesung, keine Schulung und ir-
               gend ein Tag muss es ja sein. Also das DI aus einer
               der Tageszeitungen ausgeschnitten (Leserservice
               macht´s möglich) und hinter die Windschutzscheibe
               gepickt. Dann ein kleines Sakrileg, das so manchem
               Beamten (die waren damals alle noch Männer,
               auch wenn sie Frauen waren) der Verkehrsämter
               bzw. der Bezirkshauptmannschaften die Haare zu
               Berge stehen ließ: Der liberal-anarchistische Kreis-
               ky hatte doch glatt erlaubt, dass man den selbst
               (!) gewählten Wochentag – in meinem Fall also der
               DI – e i g e n h ä n d i g auf den gelben Zulassungs-
               schein, noch dazu mit einem Kuli(!!!), eintragen
               durfte. Ein unglaublicher Eingriff in die staatliche
               Hoheitsverwaltung mit großen Folgen: Wurde ich
               doch dadurch nicht nur ein Mitglied der KURIER-
               oder KRONE-Familie, sondern ein Teil der großen
               Familie aller Österreicher (nein, nicht Österreiche-
               rInnen). „Wir gehören zusammen, uns können

                    1973 Ölschock

                  Die erste Ölkrise begann im Herbst 1973, als die Organisation der Erdöl exportierenden Länder
                  (OPEC) die Fördermengen drosselte, um den Preis für Rohöl zu erhöhen. In Österreich wurde
                  der „autofreie Tag“ eingeführt. Heute gibt es bereits Bemühungen Autos teilweise mit alter-
                  nativen Kraftstoffen, zum Beispiel Biodiesel, zu betreiben. Der „autofreie Tag“ wird wieder
                  diskutiert.


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Timeline persönlich betrachtet

„Das Leiberldebakel“
                                                                                       Sigi Maron
                                                                            Jahrgang 1944, Liedermacher

1978 war ich im Sommer auf Einladung der öster-        Ich konnte gerade noch vier Lieder singen und wur-
reichischen Gewerkschaftsjugend bei ihrem Treffen      de danach, samt Rollstuhl, von der Bühne gehoben.
im Donaupark. Schon bei meiner Ankunft wurde           Der Veranstalter rief mir noch nach: „Bei uns wirst
ich von langjährigen Freunden darauf aufmerksam        du nie wieder auftreten und bei der Abstimmung
gemacht, dass die Teilnehmer in Befürworter und        wirst schön blöd schauen!“ Ich habe am 5. Novem-
Gegner des Atomkraftwerks Zwentendorf gespalten        ber 1978 blöd geschaut, weil ich nicht mit diesem
waren. Rund die Hälfte dafür, die andere dagegen.      wunderbaren Ergebnis gerechnet hatte.
Leicht erkenntlich der harte Kern der Gegner an den
T-Shirts mit der lächelnden gelben Sonne und den
Buttons. Meine Haltung war ja in der Öffentlichkeit
bekannt, war ich doch schon lange in ganz Öster-
reich gegen die Atomkraft unterwegs. Vor meinem
Auftritt warnten mich die Veranstalter, zum Thema
Zwentendorf auch nur ein Wörtchen zu sagen. Das
mir als erklärtem Atomkraftgegner. Was tun? Ab-
sagen? Trotzdem reden? Linzer Freunde hatten die
Idee.
Als mein Auftritt, in meinem Falle Auffahrt, kam
und ich auf der Bühne stand, war mir ziemlich
warm. Das lag nicht nur an der Sonne. Nochmals
wurde ich eindringlich darauf hingewiesen, kein
Wort contra Zwentendorf zu sagen. Das habe ich
auch versprochen.
Nach meiner Begrüßung und noch bevor ich die
Gitarre in die schweißnassen Finger nahm, fragte
ich, ob denn allen so heiß sei wie mir. Dann zog ich
mein rotes T-Shirt – damals meist Leiberl genannt
– aus und warf es ins Publikum. Unter dem roten
Leiberl hatte ich vier Anti-AKW-Leiberl mit der
schönen gelben lächelnden Sonne. Eines nach dem
anderen zog ich aus und warf es ins Publikum, mit
den Worten: „Ich sag nix, aber schon überhaupt
nix, na wirklich nix“. Das Publikum tobte, nur aus
verschiedenen Gründen.

     1978 Zwentendorf

   1972 war Baubeginn für das erste österreichische Atomkraftwerk in Zwentendorf an der Do-
   nau. Unmittelbar vor der Fertigstellung 1978 war die Bevölkerung bei einer Volksabstimmung
   mit 50,47 Prozent gegen die Inbetriebnahme. In Folge dieser Entscheidung wurde das öster-
   reichische Atomsperrgesetz erlassen. Gegenwärtiges Ziel Österreichs ist die Schaffung eines
   kernenergiefreien Mitteleuropas.

                                                                                                                    
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Timeline persönlich betrachtet

               „Bis über die Ellenbogen
               in unserem Lebensstil.“
                                                                                                Monica Lieschke
                                                                  Jahrgang 1953, Mitarbeiterin beim Forum Umweltbildung

               Ein heißer Sommer 1978: Die Heizung meines ur-           hitzigen Begegnungen. Schnell wurde uns deut-
               alten VW-Käfers lässt sich nicht mehr abstellen.         lich: Müll ist etwas sehr Persönliches, Gesellschaft-
               Täglich „glühe“ ich über den Grünen Berg ins nie-        liches, Anonymes zugleich – ein Spiegel unseres
               derösterreichische Perchtoldsdorf. Dort werden in        Lebens(stiles).
               einem Pilotprojekt quasi über Nacht die ersten Alt-      Ein erboster Anrainer bringt es auf den Punkt:
               stoff-Sammelcontainer in Österreich aufgestellt.         „Schleicht’s eich, des is meins, solang bis zamg-
               Ich war durch Zwentendorf und die ersten Umwelt-         schütt’ wird und dann gehört’s der Gemeinde …
               tagungen umweltbewegte Psychologie-/Pädagogik-           Mir brauch’ ma do koa Uni net …!“
               studentin, die Anzahl der Semester spiegelte meine
               breiten Interessen wider, als ich die erste umwelt-
               psychologische Dissertation in Österreích begann:
               Ich wollte wissen, wie sich die Container vorbildlich
               füllen ließen und wie die Leute dazu motiviert wer-
               den konnten.
               Die amerikanische „foot-in-the-door-technique“
               in „Petersdorf“ zu erproben, war nicht so einfach
               wie in der Literatur: StudentInnen stehen auf der
               Schwelle zu 1.600 Haushalten, informieren über
               Sinn und Zweck der Container, befragen in zwei
               Wellen, beobachten das Verhalten der neuen
               SammlerInnen am Ort des Geschehens, sprich: am
               Container, maßen mit Riesenlineal und wogen mit
               eigens angefertigter Waage, kontrollierten durch
               „Mist-Stiarln“, bestimmten Quantität und Qualität
               …
               Unser StudentInnen-Team lag fast rund um die Uhr
               „auf der Lauer“, die andere Schicht klopfte die Da-
               ten aus zwei Befragungen mit je 800 Haushalten
               ein.

               Es war, wie gesagt, heiß, eine unsaubere, miefige
               Angelegenheit. Und manchmal kam es auch zu

                    1978 Mülltrennen

                  Rasant ansteigende Müllmengen, Skandale um „wilde“ oder zu kleine Deponieflächen, anfäng-
                  liche Diskussionen um Müllverbrennung und ähnliches drängten Ende der 70er-Jahre auf ein
                  entschlossenes Anpacken der Probleme auf kommunaler Ebene. Die Einführung der getrennten
                  Wertstoff-Sammlung in den Jahren 79/80 wurde damals als Pilotprojekt (in Perchtoldsdorf, NÖ
                  und in der Per Albin Hansson Siedlung in Wien) durch ein großes Forschungsprojekt des Instituts
                  für Umwelthygiene der Uni Wien begleitet. Monica Lieschke betreute es als Psychologin.


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Timeline persönlich betrachtet

„Vom Hustensaft
zum autofreien Jahr.“
                                                                                       Dagmar Ledl
                                               Jahrgang 1968, Biologin und Shiatsu-Praktikerin in Ausbildung

Zu meinen frühesten Erinnerungen gehört auch
die, wie mir meine Oma bei dem leisesten Anflug
von Heiserkeit ihren aus den zarten, jungen Fich-
tentrieben und Ansatzkorn bereiteten Hustensaft
einflößt. Zucker war auch dabei, das machte den
Saft etwas genießbarer.
Sie hatte ihrerseits bereits als Kind gelernt, wie man
diesen Saft ansetzt. Als sie sich Anfang der 80er-
Jahre ihrer pubertierenden Enkelin gegenüber sah,
bei der die Schlagzeilen vom drohenden Waldster-
ben auf fruchtbaren Boden gefallen waren, hatte
sie mit Fichtentrieben bereits eine Jahrzehnte alte
Erfahrung. Was sie zu berichten wusste, konn-
te mich allerdings nicht beruhigen: So viele junge
Triebe hätten die Fichten noch nie gehabt, und das
bereitete ihr sichtlich Sorge.

Das „Lexikon Waldschädigende Luftverunreini-
gungen“, in der aktualisierten Fassung von 1997,
kennt diese „Angsttriebe“, die meiner Oma, wie
sie immer sagte „gar nicht gefallen“. Das Lexikon
weist diese allerdings als Anzeichen von Vitalität
aus, es sind von der Pflanze nach großem Stress
ausgebildete Ersatztriebe.

Meine Oma war in Sorge, dieses Lexikon noch nicht
zur Hand und ich wollte nicht Schuld am Waldster-
ben sein. Ich glaube, ich hab’s etwa ein Jahr durch-
gehalten: Ich habe mich dem Autofahren, eigent-
lich dem Im-Auto-gefahren-Werden, konsequent
verweigert. Auf eine gewisse Art bin ich darauf
noch heute stolz.

     1981 Waldsterben

   Waldsterben bezeichnet das Auftreten von großflächigen Schädigungen des Waldbaumbestands
   durch sauren Regen, Ozon, Schwermetalle und andere – auch natürliche – Faktoren, welche
   im Extremfall zum Absterben eines Waldes führen können. Typische Symptome an betroffenen
   Bäumen sind so genannte Angsttriebe. Das sind zusätzliche Triebe an der Oberseite der Äste. In
   den letzten Jahrzehnten konnten die Hauptverursacher des Waldsterbens, die Schwefeldioxid­
   emissionen, durch den Einbau von Filtern in Fabriken reduziert werden.

                                                                                                                       
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Timeline persönlich betrachtet

                „Grundkonsens zu Gewaltfreiheit
                und Dialog.“
                                                                                  Günther Pfaffenwimmer
                                                                        Jahrgang 1951, Beamter im Unterrichtsministerium

                Ich war aktiv engagiert in der Initiative Österrei-     Dezember eine Demonstration in Wien anmeldete,
                chischer Atomenergie-Gegner (IÖAG). Drei zentra-        erwartete ich 3.000 TeilnehmerInnen, gekommen
                le Fragen waren uns wichtig: ein Überdenken der         sind 40.000.
                Energiepolitik, ein höherer Stellenwert für den Na-     Die gesamte Republik war politisiert, das Land pul-
                turschutz und ein aktiver Beitrag zur Friedenspolitik   sierte, diskutierte, niemand konnte sich entziehen.
                durch Kooperationen mit Engagierten in den Nach-        Die emotionale Anteilnahme mit den Besetzern
                barstaaten.                                             war unglaublich. Wir spürten sehr genau, dass dies
                Als im Herbst 1984 eine Studie an die Öffentlichkeit    his­torische Tage waren, in denen nicht nur die Au,
                gelangte, aus der hervorging, dass die Verbundge-       sondern auch der Zusammenhalt der Gesellschaft
                sellschaft über Werbemaßnahmen zur Ankurbelung          auf dem Spiel stand.
                des Stromverbrauches nachdenkt, waren wir über-
                zeugt, dass damit die wichtigsten Argumente für
                das Kraftwerk Hainburg widerlegt seien und keine
                Baugenehmigung erfolgen werde. Dem war nicht
                so, die Kraftwerksbetreiber beharrten auf dem
                Kraft­werksbau und argumentierten offenbar wider
                besseres Wissen mit Strommangel. Das Gutachten
                des Naturschutzbeauftragten, das einem Kraft-
                werksbau zustimmte, konnten wir nur als Rechts-
                beugung verstehen. Unsere Meinung wurde vom
                Obersten Gerichtshof bestätigt.
                Als im Dezember 1984 mit den Rodungsarbeiten
                begonnen werden sollte, bestand ein Netzwerk
                von Organisationen, die ihre Zielgruppen mobili-
                sierten und eine zentrale Koordination: Die einen
                kümmerten sich um die Besetzung in der Au, die
                anderen um Medienarbeit und Publikationen, wie-
                der andere um die Unterstützung durch Kundge-
                bungen in Wien. Ich habe in Wien die Organisation
                der Kundgebungen mit übernommen. Es gab täg-
                lich Veranstaltungen vor der Oper. Als ich auch für
                den Tag der gewaltsamen Räumung der Au am 19.

                     1984 Hainburg

                   Im Dezember 1984 verhinderten Tausende von umweltbewegten Menschen den Bau des Do-
                   naukraftwerks Hainburg. Die AubesetzerInnen trotzten sowohl dem kalten Winterwetter als
                   auch der Polizeigewalt. Mit Erfolg: Das wertvolle Augebiet zwischen Wien und der slowa-
                   kischen Grenze blieb erhalten, das Kraftwerk wurde nicht gebaut. Hainburg wurde zum Aus-
                   löser der Ökologiebewegung in Österreich. Heute ist das Gebiet Teil des Nationalparks Donau-
                   Auen.

10
Timeline persönlich betrachtet

„Ich wollte es einfach
nicht wahrhaben.“
                                                                                 Regina Steiner
                                                 Jahrgang 1956, Mitarbeiterin beim Forum Umweltbildung

April 1986, für mich eine wunderbare Zeit. Ich hat-    te voll mit Ratschlägen, wie „Kleinkinder nicht ins
te gerade das Probejahr hinter mich gebracht, ein      Freie lassen“, „Spielplätze gesperrt“, „Salat aus
langer Urlaub mit dem Fahrrad in Griechenland          dem Garten unbedingt vernichten“, „Milch trinken
stand vor der Tür.                                     möglichst vermeiden.“ Unter der südlichen Sonne
Am 3. Mai wollten wir los, eine Freundin und ich.      lachten wir über die so übertriebenen Sorgen und
Die letzten Einkäufe, Zusammenpacken, neidvolle        so leicht in Panik zu bringende Landsleute. „Da
und ätzende Bemerkungen der WG-GenossInnen.            werden sich aber die Trockenmilcherzeuger freu-
Während des Frühstück dann die ersten Mel-             en“. Wir wollten es tatsächlich nicht wahrhaben.
dungen, so ganz genau habe ich den zeitlichen
Ablauf nicht mehr in Erinnerung. „Zwischenfall in
Atomkraftwerk in der Ukraine …“ Naja, weit weg!
Stunden später: „Eine radioaktive Wolke hat sich
gebildet, driftet nach Westen.“ Wir beachteten
die Meldung nicht weiter. Nächster Tag „Radio-
aktive Wolke schon in Ungarn, hoffentlich dreht
der Wind“, wieder später „Leider wird der Regen
nicht aufhören, radioaktiver Ausfall in den Regen-
gebieten, setzen Sie sich nicht auf den Erdboden
oder auf Holzbänke im Freien.“ Irgendwie klang
das alles reichlich absurd. „Da wollen die Medien
wieder einmal Einschaltquoten heben, die immer
mit ihrer Panikmache“, dachten wir uns. Wir nah-
men die Horrormeldungen jedenfalls nicht ernst,
sondern machten uns darüber lustig. Endlich der
Tag der Abreise: Ein letzter verliebter Spaziergang
mit dem Freund im Regen, kuscheln auf der nassen
Parkbank und ab in den Süden. Dort gab es vorerst
einmal kein Radiohören oder Zeitunglesen, nur Ur-
laub, Fahrrad, baden gehen. Viele Tage später, in
einem größeren Ort, eine österreichische Zeitung.
Was tut sich denn so daheim? Schon die Titelsei-

     1986 Tschernobyl

   Die Katastrophe ereignete sich am 26. April 1986 im Kernkraftwerk Tschernobyl in der Ukraine
   (damals Sowjetunion) infolge der Explosion im Kernreaktor Block 4. Tschernobyl zählt zu einer
   der bisher größten Umweltkatastrophen der Menschheit. Nach Schätzungen der UNO dürften
   in den drei Staaten Weißrussland, Ukraine und Russland rund 9 Millionen Menschen von dem
   Reaktorunglück direkt betroffen sein, weil sie in verseuchtem Gebiet lebten oder zu den rund
   800.000 so genannten Liquidatoren gehörten, die verstrahlte Trümmer wegräumten oder ärzt-
   liche Hilfe leisteten.

                                                                                                                    11
Timeline persönlich betrachtet

                „Die älteste Glasflasche“
                                                                                                Anita Zrounek
                                                                Jahrgang 1977, Mitarbeiterin beim Forum Umweltbildung

                Ich hatte das Glück, in eine Hauptschule zu gehen,    Heute, merke ich, ist es schwieriger geworden,
                in der es einen starken Ökoschwerpunkt gab. Wir       Jahreszahlen auf Glasflaschen zu finden – ob das
                hatten einen Schulgarten und Biologieunterricht im    vielleicht daran liegt, dass es kaum mehr Mehrweg-
                Freien, wir besuchten einen Bauernhof und hatten      glasflaschen gibt?
                jedes Jahr Projekttage. Auch die Mülltrennung in
                den Klassen war für uns selbstverständlich und die
                Schulmilch gab es in der Glasflasche.
                Obwohl die Schule nicht in der „besten“ Gegend
                angesiedelt war und die SchülerInnen aus allen so-
                zialen Schichten kamen, funktionierte das gut. Im
                Rahmen einer unserer Projektwochen starteten wir
                ein interessantes Experiment: Auf Mehrwegglasfla-
                schen, wurde uns zu Projektbeginn erklärt, findet
                man immer die Jahreszahl der Erzeugung. Ziel war
                es, die älteste Mehrwegflasche zu finden. Eifrig
                wurden Colaflaschenregale von uns durchwühlt,
                auch Bier- und Mineralwasserflaschen wurden ge-
                nauestens unter die Lupe genommen, gab es doch
                einen tollen Preis für den- oder diejenige mit der
                ältesten Flasche zu gewinnen.
                Das Ergebnis konnte sich sehen lassen, ich weiß
                leider nicht mehr genau, wie alt die „Gewinnerfla-
                sche“ war, aber es waren etliche Jährchen.
                Um auch die KonsumentInnen des nahen Einkaufs-
                zentrums auf die Abfallproblematik aufmerksam zu
                machen, gab es am Ende des Projektes ein großes
                Event im nahen Einkaufszentrum, bei dem die ver-
                schiedenen „Jahrgänge“ bewundert und die Preise
                an die SiegerInnen überreicht wurden.

                Noch lange danach ertappte ich mich immer wie-
                der dabei, das Alter von Flaschen zu überprüfen.

                    1988 Altglassammlung

                   Die Altglassammlung wurde seit vielen Jahren von karitativen Einrichtungen, zum Beispiel
                   dem Roten Kreuz oder der Feuerwehr an bestimmten Tagen im Jahr durchgeführt. Anfang der
                   Achtziger-Jahre haben die Kommunen mit der organisierten Sammlung von wieder verwert-
                   baren Altstoffen begonnen.

12
Timeline persönlich betrachtet

„Ach, die alten Zeiten …“
                                                                                     Ursula Prader
                                                                                   Jahrgang 1959, Lehrerin

In den allerersten Anfängen schrieben meine Zweit-      ersten Kindes. Auch dieses ein Resultat meines um-
klassler dem Bürgermeister Zilk einen Brief, mit der    weltbewegten Lebens: Auf dem Fest der erwähnten
Bitte, doch Umweltschutzhefte statt der weißpa-         ARGE-Tagung lernte ich den Vater meiner Kinder
pierenen an die Schulen zu schicken. Wenigstens         kennen (also natürlich zuerst kennen lernen, dann
optional … Antwort – freundlich, aber bestimmt:         die Kinder). Und heute? Nach den Kinderkarenzjah-
Brave, liebe Kinder seid ihr, dass ihr so an die Um-    ren zurückgekehrt, als Teamlehrer, sortiere ich ver-
welt denkt, aber leider – die Tinte zerrinnt auf die-   stohlen da und dort ein wenig Altpapier aus dem
sen grauen Seiten, geht also nicht.                     Restmüll, drehe hin und wieder ein überflüssiges
Später zerrann sie, die Tinte, wahrscheinlich infolge   Licht ab, versuche mich nicht über den verluderten
des Fortschrittes der Technik, nicht mehr …             Schulgarten zu kränken und seufze angesichts der
Ganze Projekte über die Mülltrennung, kleinwei-         Massen an aus dem Internet stammenden, schö-
se, beinharte Überzeugungsarbeit der Kollegen,          nen, folierten Kärtchen über die Laubgehölze des
schließlich drei Mistkübel in jeder Klasse.             Wienerwaldes, die mit Ausrufen der Begeisterung
Meine SchülerInnen waren Chefs in Sachen Natur.         („Jö, darf ich mir die nächste Woche ausborgen?“)
Keiner verließ die vierte Klasse ohne ziemlich ge-      im September über den Lehrertisch wandern. Sie
naue Artenkenntnis der Laubgehölze des Wiener-          alle wachsen im Schulgarten (die Gehölze, nicht die
waldes, ohne den Unterschied zwischen Eintags-          Kärtchen) – unerkannt und ungeliebt. Dutzende
fliegenlarve und Steinfliegenlarve ebenso sicher zu     von Mordversuchen unfähiger stadtgärtnerischer
wissen wie das Einmaleins von vier oder die Bezirke     Hilfskräfte, mit Motorsensen und Astscheren be-
Wiens.                                                  waffnet, haben sie überstanden – um im Kampf
Ein sich über mehrere Jahre hinziehendes Projekt        gegen die virtuelle Natur aus dem Lehrerweb zu
um den Halterbach im 14. Bezirk war Glanzstück          unterliegen …
und vorläufiger Endpunkt meiner diesbezüglichen
Laufbahn. Glanzstück, weil vieles gelungen ist, was
einem vielleicht nur einmal im Leben glückt. Kinder
bei einer beachtlichen Projektarbeit, einem Lehr-
pfad mit keramischen Relieftafeln von Bachtieren,
einem Einweihungsfest, einem selbstgeschriebenen
Theaterstück, einem Geschichtenbuch zu beglei-
ten.
Die Einweihungsrede bei der Eröffnung des Lehr-
pfades hielt ich vier Wochen vor der Geburt meines

     Neunziger Jahre

   Wurden Anfang der 90er-Jahre viele Schulhefte aus Altpapier hergestellt, so findet man heute
   kaum noch Reycling-Schulhefte am Markt. In den meisten Geschäften werden fast nur noch
   Papiere aus Frischfasern, also aus frisch abgeholzten Bäumen, verwendet.
   Tipp: Recyclinghefte aus 100 Prozent Altpapier als Sammelbestellung für die ganze Klasse
   kaufen. Zum Beispiel bei www.karliprinti.at. Diese Hefte tragen das Österreichische Umwelt­
   zeichen.

                                                                                                                      13
Timeline persönlich betrachtet

                „Den Geist von Rio wieder beleben.“
                                                                                Judith Zimmermann-Hößl
                Jahrgang 1972, Bildungs- und Fachreferentin der Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission

                Mit Motivation und Engagement wollten wir als           Texte wurden abgeschwächter und unklarer formu-
                entwicklungspolitische NGOs den „Geist von Rio“         liert. Es war ein verpasster Gipfelsturm: Der Geist
                wieder auferstehen lassen und das Thema Nach-           von Rio konnte nicht mehr wiederbelebt werden;
                haltigkeit zum Querschnittsthema in unseren Be-         zu viele andere Dinge standen im Vordergrund.
                reichen machen. In der Vorbereitung zu Rio +10*
                stießen wir allerdings sehr rasch auf Grenzen. Gren-
                zen, die zeigten, dass das Thema Nachhaltigkeit
                doch nicht so ein klares Selbstverständnis zu sein
                schien. Unsere Bedenken und Forderungen wurden
                nur teilweise gehört und verstanden.
                Trotzdem fuhren wir mit großer Zuversicht im Au-
                gust 2002 nach Johannesburg, wo wir das Zusam-
                menspiel von Umwelt und Entwicklung knapp zwei
                Wochen lang auf der größten UN-Konferenz disku-
                tieren sollten.
                Kaum in Südafrika angekommen, waren wir scho-
                ckiert über die Tatsache, dass Nachhaltigkeit zwar
                in den Konferenzräumen ein Thema war, sobald
                wir aber diese verließen, das Verkehrschaos und
                die Müllberge auf uns warteten. Während der Kon-
                ferenz habe ich mich besonders stark dem Thema
                Armutsbekämpfung angenommen und musste
                feststellen, dass Armut in den Verhandlungstexten
                keine Rolle spielte und auch die so genannte Be-
                seitigung von Armut falsch verstanden wurde: Die
                Verwaltung von Johannesburg ließ vor dem Gipfel
                mehrere Slums umsiedeln, damit das Auge der Kon-
                ferenzteilnehmerInnen nicht getrübt wurde!
                Nach einigen Verhandlungstagen war klar, dass das
                allumfassende Thema Nachhaltigkeit nicht mehr so
                ernst genommen wurde, wie zehn Jahre zuvor. Die

                     2002: Nachhaltige Entwicklung, Erdgipfel von Rio

                   Die Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung fand im Jahr 1992 in Rio
                   de Janeiro statt. 17.000 TeilnehmerInnen aus 178 Staaten kamen zusammen, um Lösungen für
                   globale Probleme wie Hunger, Armut, Krieg sowie für die wachsende soziale Kluft zwischen
                   den Industrie- und Entwicklungsländern zu finden.
                   *Rio +10
                   10 Jahre nach Rio kam die Staatengemeinschaft im Jahr 2002 zum Weltgipfel für nachhaltige
                   Entwicklung zusammen.

14
Timeline persönlich betrachtet

„Das Hochwasser bringt den
Luxusfußballplatz.“
                                                                                Markus Langer
                                                     Jahrgang 1968, Geschäftsführer Forum Umweltbildung

Auch unsere Ortschaft wurde vom Hochwas-                kommen sollte, abgelenkt wird und bisher nicht
ser heimgesucht. Viele Brücken und Straßen ver­         betroffene Gebäude ebenfalls überflutet werden.
schwanden binnen kurzer Zeit in den Fluten und          Schlussendlich wurde der durch das Hochwasser
Überschwemmungsgebiete wurden zu reißenden              zerstörte Sportplatz um Unsummen saniert und zu
Flüssen.                                                einem luxuriösen Fußballplatz ausgebaut – obwohl
Fassungslose Hausbesitzer, die von Einheimischen        das nächste Hochwasser wohl nur eine Frage der
dringlich davor gewarnt worden waren, ihr Haus          Zeit ist.
just in bekannte Überschwemmungsgebiete zu
bauen, mussten teilweise sogar mit Hubschraubern
von den Dächern der oft gänzlich überfluteten Häu-
ser geborgen werden.
Heute sind die meisten Schäden repariert und es
ist kaum mehr etwas von der Zerstörung zu sehen.
Aus der Katastrophe gelernt haben aber leider nur
wenig Beteiligte.
Neue Häuser wurden in die Überschwemmungs-
gebiete gebaut. Der einzige Unterschied ist, dass
sie etwas höher errichtet wurden und dadurch das
Wasser nun, falls es wieder zu einem Hochwasser

    2002 Hochwasser

   Das Hochwasser im Sommer 2002 gilt österreichweit als Jahrhunderthochwasser, obwohl seit-
   her weitere Hochwasserkatastrophen Teile von Österreich betroffen haben, die regional fast
   noch schlimmer waren. Wie schon im Jahre 2002 wurde diese Katastrophe, die damals auch
   große Teile von Deutschland heimgesucht hat, durch extrem starken Regen über Tage hinweg
   ausgelöst.

                                                                                                                   15
Timeline persönlich betrachtet

                „Es wird Brösel geben.”
                                                                                                         Daniela Lipka
                                                                        Jahrgang 1968, freiberufliche Biologin und Journalistin

                Weit entfernt von uns, in Grönland, kracht es. Der       bereits ausgerufen worden. Ein Skiverbandspräsi-
                Eisschild wird brüchig. Welche ungemütlichen Kon-        dent tritt bei einer TV-Konfrontation gegen eine Kli-
                sequenzen das für uns hat, zeigt Al Gore in seinem       maforscherin an und leugnet, dass es so etwas wie
                Oscar-gekrönten Powerpoint-Vortrag „Eine unbe-           einen Klimawandel gibt. Schon früher habe es grü-
                queme Wahrheit“. Noch drastischer als der Beina-         ne Winter gegeben. Eine Aussage mit der er sich in
                he-US-Präsident führen uns die Comicstars „Simp-         zehn Jahren strafbar machen könnte? Aufregung,
                sons“ die Folgen des Klimawandel vor Augen: Das          wohin man schaut. Die Kronenzeitung am Sonntag
                Tüteneis wird angesichts der hohen Temperaturen          befragt per Psychotest ihre LeserInnen: „Was tun
                so schnell in unseren Händen zerrinnen, dass wir         SIE gegen den Klimawandel?“
                mit dem Schlecken nicht mehr nachkommen. Was             Ohne Zweifel, Umwelt ist wieder ein Thema. Fast
                ÖkopädagogInnen den Kindern in vielen Details zu         stündlich setzen die Medien neue Begriffe in die
                erklären versuchen, schaffen die Simpsons in acht        Welt. Klimafresser treiben in diesen Tagen ihr Un-
                Sekunden. Mit welch einer Wirkung! Plötzlich ist         wesen. Best of Böse: Die Glühbirne und Weintrau-
                es für viele hörbar! Der Eisschild zerbröselt in der     ben aus Chile. Erstaunlich viele Menschen lassen
                Arktis. Das Jahr 2012 rückt näher. Dann sollen die       sich auf einmal wieder bewegen. Und der Eisschild
                Staaten das Versprechen von Kyoto eingehalten ha-        kracht und bröselt …
                ben. Doch kaum eine Industrie-Nation wird die ver-
                einbarte Reduktion von Treibhausgasen schaffen.
                Und die Uhr tickt unerbittlich. Deutschlands Poli-
                tiker überbieten sich mit dubiosen Vorschlägen zur
                CO2-Reduktion. Ein Forscherteam in Potsdam baut
                an einem unterirdischen Lager, in dem das über-
                schüssige CO2 aus der Atmosphäre sozusagen „un-
                ter den Teppich“ gekehrt werden soll. Und die eu-
                ropäische Atomlobby wittert ihre Chance und plant
                den flächendeckend umweltfreundlichen Einsatz
                von Radioaktivität. Unterdessen fordert der öster-
                reichische Umweltminister Josef Pröll eine EU-weite
                Kerosinsteuer für Flugreisen. Gumpoldskirchen statt
                Grand Canyon, das könnte bald mega-angesagt
                sein. In Australien ist das Verbot von Glühbirnen

                     2007 Klimawandel

                   Die Klimaerwärmung hat nach Einschätzung weltweit führender KlimaforscherInnen unge-
                   ahnte Folgen für die Erde. Der steigende Meeresspiegel bringt Millionen von Menschen in
                   Küstenregionen in Gefahr. Tier- und Pflanzenarten sterben aus. Krankheiten durch verseuchtes
                   Trinkwasser können sich ausbreiten. In bereits trockenen Gegenden, vor allem in Asien, wer-
                   den die Ernten bedroht sein.
                   Prognose der zwischenstaatlichen Kommission für den Klimawandel (IPCC, Report 2007)

16
© Peter Weish

                Timeline
                im Unterricht
                                Tipps, Methoden, Ideen
Timeline im Unterricht

                    Timeline –
                    where the past meets the future
                    Hintergrund:
                    Vergangenheit,
                    Gegenwart und
                    Zukunft als Stationen
                    einer nachhaltigen Entwicklung

                Ausgehend von der jüngsten österreichischen Ge-       Diese Entwicklungen können gemeinsam erforscht
                schichte der Umwelt und Umweltbewegung der            und reflektiert werden und Basis für die Einschät-
                letzten 20 bis 30 Jahre können Entwicklungen er-      zung der Trends für die Zukunft sein.
                forscht und gemeinsam reflektiert werden.
                Das Verständnis für die Geschehnisse der letzten
                Jahrzehnte soll bei jüngeren Generationen geför-
                dert werden.
                Das ist eine wichtige Voraussetzung für die aktive
                und engagierte Mitgestaltung unserer jetzigen und
                zukünftigen Um- und Lebenswelt im Sinne einer
                nachhaltigen Entwicklung.

                Dies beinhaltet die Entwicklung des Themas Umwelt
                hin zur Nachhaltigkeit ebenso wie die Entwicklung
                einzelner Umweltthemen, des Umweltbewusstseins
                und der Umweltbildung, des Umweltengagements
                und der Motivation Jugendlicher, aber auch die Ver-
                änderung der Landschaft.

18
Timeline im Unterricht

Tipps, Methoden, Ideen:
1. ZeitzeugInnen-Befragung
Hier werden die Timeline-Geschichten mit Hilfe
der SchülerInnen fortgesetzt.
Durchführung:                                       Auch andere Entwicklungen wie Verlust der Ar-
ZeitzeugInnen aus dem Lebensumfeld der SchülerIn­   tenvielfalt, Landschaftswandel, die Einführung von
nen, wie Verwandte und Nachbarn werden nach         Bio­produkten im Supermarkt, Mobilität, Ernäh-
ihren persönlichen Erinnerungen zu Umweltereig-     rungsgewohnheiten und Globalisierung sind dem
nissen befragt.                                     Wandel der Zeit unterworfen und können nachge-
Weitere Möglichkeit: Straßenumfrage!                fragt werden.
Die Protokolle werden zu einer eigenen Timeline
zusammengefasst. Anschließend Präsentation per      Diskussion:
Zeitungsreportage, auf einer Homepage, als Hör-     Welche regionalen/lokalen Umwelt-Ereignisse hat
buch etc.                                           es vor Ort gegeben? Zeigen sie bis heute ihre Aus-
                                                    wirkungen? Waren sie/sind sie Anlass für Verände-
Themenbeispiele:                                    rungen in der Region?
Ölschock
Zwentendorf
Mülltrennen
Waldsterben
Hainburg
Tschernobyl
Erdgipfel von Rio
Hochwasser 2002
Klimawandel

                                                                                                                  19
Timeline im Unterricht

                Tipps, Methoden, Ideen:
                2. Medienanalyse
                A. Alte Berichte – neue Themen?

                Anhand von Zeitungsberichten können wir sehen, welche Ent-
                wicklungen umweltrelevante Themen genommen haben. Als
                Beispiel dienen vier Artikel aus der Kronenzeitung, jeweils aus
                dem Monat Juni der Jahre 1976, 1986, 1996 und 2006.
                Wir haben die Kronenzeitung ausgewählt, weil dieses Medium
                am häufigsten Umweltberichterstattung enthält und die meist-
                gelesene Tageszeitung Österreichs ist.

                     Kronenzeitung: Meldung LOKALES 5. Juni 1976, von Peter Strasser:
                     Durch Bakterien „Fischfriedhof“
                     Seitenarm der Donau ist verseucht.
                   Totale Wasserverschmutzung ist die Ursache für das katastrophale Fischsterben in einem Do-
                   nauseitenarm zwischen Stockerau und Korneuburg bei Wien. Die Kiemen und die inneren
                   Organe der Fische wurden von Bakterien zerfressen. (…)
                   Schuld an der Verschmutzung und damit an dem Fischsterben ist eine ganze Kette von umwelt-
                   verseuchenden Betrieben an den Ufern des Göllersbaches, der vom Waldviertel kommend bei
                   Stockerau in das Krumpenwasser und die Donau mündet. Ein Krankenhaus und eine Hühner-
                   farm leiten Desinfektionsmittel in den Bach, einige Kartoffelfabriken und Wäschereibetriebe
                   ungeklärte Abwässer. (…)

                           Was hat sich seit 1976 beim Gewässerschutz getan?
                           (Zum Beispiel bei http://wasser.lebensministerium.at nachschauen.)

                     Kronenzeitung: Meldung COVER 4. Juni 1986:
                     Kirschen mit Vorsicht geniessen?
                   Das kann von Gegend zu Gegend unterschiedlich sein, meinen die Fachleute. In Kärnten wur-
                   den die eben jetzt reifenden Früchte nicht zum Marktverkauf zugelassen, überall sonst scheint
                   der Genuss vorerst unbedenklich zu sein. Es hängt dies davon ab, in welchen Landesteilen mehr
                   oder weniger radioaktiver Niederschlag aus der Tschernobyl-Atomwolke niedergegangen ist.

                           Ist das Thema Atomenergie, oft Kernenergie genannt, aktuell in den Medien zu finden? Zum
                           Beispiel geplanter Bau neuer Kernkraftwerke in Europa?

20
Timeline im Unterricht

                                                                                                 © H. Schnedl
 Kronenzeitung: Meldung LOKALES Juni 1996, von Gerhard Walter:
 Breite Front gegen Gen-Technik
 Europäischer Bauernverband unterstützt Österreichs Nein
 zu Frankenstein-Pflanzen.
(…) „Ein verantwortungsloses Milliardengeschäft auf Kosten der Umwelt“, klagt GLOBAL-Mo-
lekularbiologin Ulli Sima, „mit dem Landwirte abhängig gemacht werden sollen. Zudem ge-
fährden Unkrautgifte das Grundwasser, und die Auswirkungen des Gen-Mais auf Menschen
sind in keiner Weise geklärt.“ (…)

1.   Welche Meldungen gibt es heute zum Thema Gen-Nahrungsmittel in den Medien?
2.   Ist Österreich bei seinem Nein zu Gen-Nahrung geblieben?
3.   Verfolgt das Thema Gentechnik in den nächsten Monaten weiter!

 Kronenzeitung: Meldung ÖSTERREICH 2. Juni 2006, von Klaus Loibnegger:
 Zigaretten: Viel mehr Feinstaub
 als bei Abgasen der Autos
 Test in der Garage hat gezeigt: Rauchen ist acht Mal gefährlicher.
Ein in Italien durchgeführtes Feinstaub-Experiment unterstreicht die heftige Forderung nach
einem Rauchverbot in Autos, wenn Kinder an Bord sind. In einer Garage stellten Wissenschaft-
ler fest, dass die Belastung durch einen Dieselmotor nicht annähernd so gefährlich ist wie die
des Zigaretten-Qualms. (…)

1.   Welche Diskussion wird gerade in der Öffentlichkeit zum Thema Rauchen geführt?
2.   Wie entwickelt sich das Thema im Laufe der nächsten Monate?
3.   Welche Meldungen gibt es zum Thema Feinstaub?

                                                                                                                21
Timeline im Unterricht

                Tipps, Methoden, Ideen:
                Medienanalyse
                B. Umweltgeschichte heute

                Welche Umweltthemen sind aktuell in der Zeitung zu finden?

                Der Begriff der Nachhaltigkeit wird erst seit 15 Jah-    Schau, schau!
                ren in der Umweltbildung verwendet und hat eine
                mediale Karriere sondergleichen hingelegt.
                                                                         Umwelt im
                Wo und mit welchen Umweltthemen wird heute               neuen Gewand
                das Konzept der Nachhaltigkeit in den Medien ver-       Früher hat es in manchen Zeitungen eine
                bunden? Sind die Begriffe griffig?                      eigene „Umweltseite“ gegeben. Heu-
                Ist klar, was die Politik, der einzelne und ande-       te werden Umweltthemen häufig nicht
                re AkteurInnen in der Gesellschaft eigentlich tun       mehr Umweltthemen genannt. Sie sind
                müssten, um eine nachhaltige Entwicklung zu för-        in vielen Bereichen enthalten, z.B. in der
                dern?                                                   Technik, Wirtschaft und Nachhaltigkeit.

                Erstellung eines Pressespiegels
                Durchführung:
                14 Tage lang Umweltberichte in Zeitungen sam-
                meln und vergleichen. Achtung: Viele Umweltthe-
                men sind an Jahreszeiten gebunden. Zum Beispiel
                sind die erhöhten Ozonwerte eher im Sommer ein
                Thema!
                Deshalb den Pressespiegel zu verschiedenen Jahres-
                zeiten machen!
                Gibt es Unterschiede in der Berichterstattung in
                den überregionalen und regionalen bzw. lokalen
                Medien?

                 Bereiche               Schlagzeile                                Datum      Medium
                 Wirtschaft
                 Technik
                 Nachhaltigkeit
                 Lebensart
                 Soziales
                 Regionales
                 Konsum
                 Ernährung
                 Tierschutz
                 Menschenrechte
                 Gesundheit
                 Mobilität

22
Timeline im Unterricht

Tipps, Methoden, Ideen:
3.) Timeline 2020
„Der geheimnisvolle Brief“

Erstellung eines Szenarios, wie sich Umweltereignisse auf unse-
re Zukunft im Jahr 2020 auswirken können. Der Timeline-Brief
wird zeigen, ob unsere Vermutungen eintreffen!

Durchführung:

                                                                            n!
Die SchülerInnen sollen ihre Szenarien erstellen.

                                                                0   öffne
                                                            202
Beispiel: Unsere Erde wird sich stark erwärmen. Es

                                                       Erst
wird in Österreich im Flachland nicht mehr schneien.
Wir werden keine Wintermäntel mehr brauchen.

Oder: Im Jahr 2020 wird es kein Erdöl mehr geben,
usw …
Die Szenarien sollen nach eigener Einschätzung
oder anhand der Einschätzung eines Wissenschaft-
lers/einer Wissenschaftlerin erstellt werden.

Das Szenario/die Szenarien werden in den Time-
line-Brief geschrieben, in ein Kuvert gegeben und
zugeklebt. Anschließend muss der Brief an einem
sicheren Ort verwahrt werden. Er darf erst im Jahr
2020 geöffnet werden! Dann wird es spannend …

Tipp: Bei einem Klassentreffen können die Briefe
präsentiert werden.

Ausblick 2020
Diskussion:
Was braucht die Erde eurer Ansicht nach am drin-
gendsten? Wie soll sie im Jahr 2020 aussehen? Was
wollt ihr dafür tun?

                                                                                                      23
© Peter Weish

Nachhaltigkeit:
„FUTURE IS A CHILD OF PAST“
(Quelle unbekannt)

                     Das FORUM Umweltbildung ist eine Initiative des
                     Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft,
                     Umwelt und Wasserwirtschaft (Abt. II/3 Nachhaltige
                     Entwicklung) und des Bundesministeriums für Unterricht,
                     Kunst und Kultur (Abt. V/11 Politische Bildung und
                     Umweltbildung). Projektträger: Umweltdachverband
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