Umgang mit CKW-belasteten Standorten - Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH für die Diskussion im Rahmen des ChloroNet TP4 Stand: 31. Mai 2012
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Umgang mit CKW- belasteten Standorten Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH für die Diskussion im Rahmen des ChloroNet TP4 Stand: 31. Mai 2012
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 2 Impressum Verfasser Dieses Grundlagenpapier wurde durch die Kantone Genf und Zürich ausgearbeitet. Projektleitung Alain Davit, Kanton Genf Jean-Claude Hofstetter, Kanton Zürich Bernhold Hahn, Kanton Zürich Version 31.05.2012
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 3 Inhalt: Kapitel 1: Einleitung und Problemanalyse ........................................................................... 4 1.1 Bedeutung der CKW-Problematik in der Altlastenbearbeitung ...................................... 4 1.2 ChloroNet als Lösungsweg ............................................................................................ 5 1.3 Altlasten-Verordnung und CKW..................................................................................... 5 1.4 Bisherige Modelle zur Diskussion im TP 4 .................................................................... 8 1.5 Zusammenarbeit zwischen den Kantonen GE und ZH ................................................ 10 Kapitel 2: Thesen für den Umgang mit CKW-Belastungen .............................................. 13 Kapitel 3: Die Bestimmung des Sanierungsperimeters .................................................... 14 Kapitel 4: Anpassung des Sanierungsziels gmäss Art. 15 Abs. 2 AltlV.......................... 20 Kapitel 5: Kriterien für den Sanierungsunterbruch ........................................................... 26 Kapitel 6: Wie wird mit den verschiedenen Arten von verbleibenden CKW- Kontaminationen (Restgefährdung) umgegangen? ......................................................... 28 Kapitel 7: Rechtsgleichheit und Verhältnismässigkeit ..................................................... 33 Kapitel 8: Juristische Abklärungen .................................................................................... 37 Kapitel 9: Abschliessende Betrachtung............................................................................. 40 Bemerkung Dieses Papier enthält Begriffe wie "Sanierungsperimeter" oder "Sanierungs- stopp", die weder im USG noch in der AltlV definiert oder verwendet werden. Sie beanspruchen Geltung nur in diesem Dokument und dienen einzig der Klarheit. Sie sollen insbesondere einer Legaldefinition in der AltlV oder einer Begriffsumschreibung in einer Vollzugshilfe des BAFU nicht vorgreifen.
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 4 Umgang mit CKW-belasteten Standorten Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH für die Diskussion im Rahmen des ChloroNet TP4 Kapitel 1: Einleitung und Problemanalyse 1.1 Bedeutung der CKW-Problematik in der Altlastenbearbeitung Seit Einführung der Altlasten-Verordnung (AltlV) 1998 werden in der Schweiz belastete Standorte systematisch erfasst, abgeklärt und saniert. Mit der Erstellung des Katasters der belasteten Standorte (KbS), welcher seit 2003 von den Kantonen nach definierten Kriterien aufgebaut und komplettiert wird, hat die Bedeutung der belasteten Standorte und insbeson- dere der eigentlichen Altlasten durch die öffentliche Wahrnehmung weiter zugenommen. Im KbS sind zu jedem erfassten Standort die belastungsrelevanten chemischen Parameter an- zugeben, gleichzeitig ist eine Erstbeurteilung des Standorts vorzunehmen (belastet mit oder ohne Untersuchungsbedarf sowie allfällige Priorisierung). Zusammen mit der bisherigen Er- fahrung, dass bei nachgewiesener CKW-Anwesenheit sehr schnell die Standortbeurteilung „sanierungsbedürftiger belasteter Standort“ – also Altlast – resultiert, sind CKW generell zu einem der wichtigsten Belastungsparameter geworden: sowohl bezogen auf die Komplexität, den Aufwand wie auch die finanziellen Folgen. Eine Auswertung aller im KbS erfassten sowie der bisher bearbeiteten Standorte im Kanton Genf belegt die oben angeführten Überlegungen mit den folgenden Fakten. In GE weisen 63 % aller im KbS erfassten Standorte eine hohe Wahrscheinlichkeit für Belastungen durch CKW auf, in 57 % der bisher untersuchten Standorte wurden CKW angetroffen, 59 % aller überwachungsbedürftigen Standorte haben CKW im Untersuchungspro- gramm, 67 % aller sanierungsbedürftigen Standorte sind mit CKW belastet. Diese Zahlen beruhen auf Dossiers von ca. 100 KbS-Standorten mit mindestens einer Vor- untersuchung, davon sind 25 als überwachungs- oder sanierungsbedürftig klassiert. Im Kanton ZH werden ca. 15 % aller im KbS erfassten Standorte mit CKW in Verbindung gebracht. Wenn man nur die ca. 3‘400 Betriebsstandorte betrachtet, erhöht sich dieser Anteil auf ca. 25 %. Gemäss einer Auswertung des KbS ZH, Stand Dezember 2011, bedeutet dies, dass bezogen auf CKW 513 Standorte bei Zustandsänderung untersuchungsbedürftig sind, 105 Standorte prioritär untersuchungsbedürftig sind, 23 Standorte gemäss Art. 8 Abs. 2 AltlV als belastet beurteilt wurden, 58 Standorte als überwachungsbedürftig beurteilt wurden, 56 Standorte als sanierungsbedürftig beurteilt wurden.
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 5 1.2 ChloroNet als Lösungsweg Mit der erkannten Problematik als Hintergrund wurde 2007 das ChloroNet als nationales Pro- jekt zur Sicherung des richtigen Umgangs mit CKW-Belastungen ins Leben gerufen. Die vier Teilprojekte TP 1-4 sollen dabei allen Betroffenen (Behörden, Gutachtern, Eigentümern) Hil- festellungen zur Festlegung einer sinnvollen Strategie für die Bearbeitung von CKW- belasteten Standorten bieten. Die Stoffeigenschaften sind im aus dem TP 1 resultierenden „Leitfaden CKW“ detailliert be- schrieben. Das TP2 beschäftigte sich mit den Untersuchungsstrategien im Rahmen der Voruntersu- chung. Die Erkenntnisse hierzu sind in einer Praxishilfe (derzeitige Version November 2011) aufgeführt. Die aus verschiedenen Experten bestehende Arbeitsgruppe hat damit eine um- fassende Anleitung verfasst, welche Mindestanforderungen an eine Standortuntersuchung stellt. Bei den Arbeiten hierzu zeigte sich aber, dass die Standortabgrenzung, welche eine wesentliche Voraussetzung für die Standortbeurteilung ist, durch die speziellen Eigenschaf- ten der CKW nur sehr schwer zu definieren ist. Ausserdem muss festgestellt werden, dass bei CKW das Gesamtbild der Belastungssituation immer nur den momentanen Kenntnis- stand abbildet und sich mit jeder weiteren Untersuchung verändert. Daher wurde die Definiti- on des Standortbegriffs aus dem TP2 heraus genommen und in das TP 4 (Management der Risiken) integriert. TP3 behandelte technische Sanierungsmethoden und hat für die nachfolgenden Diskussio- nen keine wesentliche Bedeutung. Die Diskussionen im TP 4 führten bisher zu keiner Lösung, weder im Bereich des Risiko- Managements, noch zur Definition des Standortbegriffs. Es hat sich gezeigt, dass zwischen den Kantonen Unterschiede im Vollzug bestehen: das Risiko-Management wird durch den stark bis nicht vorhandenen Bewirtschaftungsdruck gesteuert. Ein anderer Grund für die schwierige Lösungsfindung sind die Vorgaben der AltlV. 1.3 Altlasten-Verordnung und CKW Der gesamte Ablauf einer Altlastenbearbeitung von der Ersterfassung im KbS bis hin zur Sanierung ist in der AltlV detailliert beschrieben und in 4 Bearbeitungsschritte unterteilt. Nach jedem Bearbeitungsschritt steht ein Halt mit einer Beurteilung. Diese Bearbeitungsphiloso- phie hat sich in der Vergangenheit bei den verschiedensten Typen von belasteten Standor- ten sehr bewährt. Voraussetzung dabei ist, dass am Ende eines jeden Bearbeitungsschrittes der entsprechend erforderliche Kenntnisstand bezüglich der Verteilung der Schadstoffe sowie des Gefähr- dungspotenzials auf die Schutzgüter vorliegt. Genau hier liegt die Problematik, wenn CKW involviert sind: durch ihre speziellen Stoffeigenschaften weisen CKW-Belastungen ein nur schwer erfassbares Ausbreitungsmuster auf. Damit werden die in anderen Fällen problemlos erreichbaren Ziele der einzelnen AltlV-Bearbeitungsschritte bei CKW nur sehr selten genü- gend erreicht. Erfassung im KbS Die Ersterfassung eines belasteten Standortes (Art. 32c USG) im KbS richtet sich in aller Regel nach dem Ort des CKW-Einsatzes bzw. Prozesses ("Prozessstandort"). Dies ist
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 6 zweckmässig, da der Eintrag in den Untergrund häufig auch an diesem Ort erfolgte. In der Praxis zeigt sich aber zunehmend, dass eine Schadstoffquelle ("Quelle") auch entfernt vom Prozessstandort (also vom Ort des CKW-Einsatzes) entstehen kann: beispielsweise durch undichte Stellen in der Kanalisation oder durch die Kondensation von Abluft. Ausserdem tritt bei CKW häufig eine sehr grossräumige Belastung auf, die sich bis weit ausserhalb des Be- triebsstandortes erstreckt, wie in den folgenden Abbildungen schematisch dargestellt. Abb. 1: Beispiel für eine weiträumige Ausdehnung Abb. 2: Beispiel für eine Hauptkontamination ausserhalb des Betriebsstandortes Es hat sich gezeigt, dass solche Fälle bei CKW-Belastungen häufiger vorkommen als bei anderen Schadstoff-Belastungen. Diese zusätzlich belasteten Bereiche werden aber erst nach technischen Abklärungen bekannt: erste Erkenntnisse ergibt die Voruntersuchung, aber auch jede weitere technische Abklärung führt zu neuen Erkenntnissen. Häufig ist mit dem üblichen oder sogar überdurchschnittlichen Aufwand für eine technische Untersuchung (im Rahmen der Voruntersuchung) die Grenze der Belastung noch nicht erfasst. Welcher Be- reich wird jetzt im KbS eingetragen? Auch bei einer dem aktuellen Informationsstand entsprechenden Teil- oder sogar Totalde- kontamination verbleibt häufig eine CKW-Belastung am Standort oder in der Umgebung. Damit ist eine Reihe von praktischen und rechtlichen Problemen verbunden.
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 7 Behandlung von CKW-Standorten im KbS Nach welchen Kriterien sollen CKW-Belastungen im KbS eingetragen werden? Problem Standortbegriff (vgl. S. 8 ff.) Beurteilung der Überwachungs- und Sanierungsbedürftigkeit Bei einer CKW-Belastung ist der belastete Standort – unabhängig von seiner Ausdehnung – meist überwachungs- oder sanierungsbedürftig, da die entsprechenden Konzentrationswerte der AltlV schnell überschritten sind. In der Praxis hat man aber überaus häufig auch nach einer Totaldekontamination (d.h. Entfernung der Quelle sowie allen Materials > U-Werten gemäss TVA) im Grundwasser immer noch eine Überschreitung der Konzentrationswerte gemäss AltlV. Ist dieser Standort immer noch sanierungsbedürftig gemäss Art. 9 Abs.2 AltlV? Und wie verhält es sich mit der räumlichen Abgrenzung des belasteten Standortes? Problem Beurteilung des verbleibenden Schadstoffgehaltes und damit der verblei- benden Gefährdung (sowie der Standortabgrenzung) (vgl. S. 14 ff.) Beurteilung der Ziele und Dringlichkeit der Sanierung Wie bereits erwähnt, ergeben sich im Laufe der Bearbeitung und/oder Sanierung jeweils neue Erkenntnisse zu Ausdehnung und Menge der CKW-Belastung. Damit stellt sich häufig die Frage, ob im Sinne von Art. 15 Abs. 2 AltlV eine Anpassung des Sanierungsziels vorge- nommen werden muss. Andererseits verbleibt mit dem derzeitigen Stand der Technik bei den meisten Sanierungen eine Gefährdung durch erhöhte CKW-Konzentrationen im Grund- wasser. Auch diese muss – unter Berücksichtigung der bereits vorgenommenen Massnah- men – beurteilt werden. Wenn diese Belastung immer noch sehr hoch ist und in der Folge die Konzentrationswerte gemäss AltlV im Grundwasser weiter überschritten werden, ergibt dies immer noch einen Sanierungsbedarf? Problem Abweichung vom Sanierungsziels (vgl. S. 20 ff.) Festlegung der Untersuchungs-, Überwachungs- und Sanierungsmassnahmen Auch hier ist das Machbare (der Stand der Technik sowie wirtschaftliche Tragbarkeit) zu be- rücksichtigen: in aller Regel verbleibt auch bei überdurchschnittlichem Sanierungsaufwand eine Gefährdung durch CKW in erhöhten Konzentrationen am Standort. Mit welcher Gefähr- dung kann man leben? Und wie muss diese beurteilt werden? Problem Sanierungsziel und Sanierungsstopp (Unterbruch oder Abbruch) (vgl. S. 26 ff.) Die im bisherigen Vollzug angetroffenen Fälle haben gezeigt, dass die oben genannten Probleme fast bei allen CKW-Standorten auftreten, und dass die ansonsten funktionierende AltlV-Systematik mit den 4 voneinander trennbaren Bearbeitungsschritten beim Umgang mit CKW-Belastungen zu Blockaden führen kann.
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 8 1.4 Bisherige Modelle zur Diskussion im TP 4 Die nachfolgende Abbildung zeigt eine Möglichkeit zur Definition der Standortabgrenzung, welche in einem TP 4-Workshop diskutiert wurde: Betriebsareal Belasteter Standort Trinkwasser- nutzung CKW in Phase CKW gasförmig CKW gelöst im Grundwasser Abb. 3: Standortbetrachtung in der POL, ChloroNet Gemäss dieser Abbildung orientiert sich die Ausdehnung des belasteten Standortes zwar am Betriebsareal, geht aber teilweise darüber hinaus. Im Einzelnen: Gehört zum Standort: Bereiche im Untergrund mit Belastungen über den U-Werten gemäss Anhang 3 TVA gehören zum belasteten Standort, CKW in Phase (also nicht gelöst) in Untergrund und Grundwasser ebenso, sofern eine Verbindung zum Produktionsstandort besteht. Gehört NICHT zum Standort: Dagegen gehört die gasförmige Ausbreitung (Halo) im Untergrund nicht zum belaste- ten Standort, ebenso wenig die CKW-Fahne (d.h. CKW gelöst) im Grundwasser. Diskussionsbedarf: Zusätzlich sollen aber DNAPL, welche vom Standort stammen, zum belasteten Standort gehören. Bis auf den letzten Punkt waren die oben genannten Aspekte bei den verschiedenen Work- shop-Teilnehmern unbestritten. In den Diskussionen stellte sich namentlich die Frage, ob DNAPL ohne physischen Zu- sammenhang zur betrieblichen CKW-Quelle wirklich zum Standort gezählt werden sollen. In der Realität ist dies allerdings häufig kein grosses Problem, da DNAPL in aller Regel nicht bekannt sind und – wenn überhaupt – erst bei den Sanierungsarbeiten angetroffen werden. Die wesentlichere Frage bezieht sich auf die Definition von „CKW in Phase“. Es konn- te bisher keine Antwort darauf gefunden werden, wo die für die Abgrenzung des Standortes und die rechtsgleiche Rechtsanwendung relevante Unterscheidung zwi- schen „CKW in Phase“ und „CKW gelöst“ liegt. Siehe „Erstellung des Katasters der belasteten Standorte“, Kapitel 5: „… ein Schadstoffaustrag aus dem Standort ins Grundwasser, solange dieser eine eindeutige physische Verbindung zur Belastung des Standortes aufweist.“
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 9 Damit ist zurzeit einerseits das Problem der DNAPL ohne physische Verbindung ungelöst, und andererseits die Abgrenzung der „CKW in Phase“-Belastung. In der untenstehenden Abbildung wird eine Variante dargestellt, die vom AWEL ZH in die Diskussionen eingebracht wurde und die einer möglichen Bewirtschaftung von CKW- Standorten Rechnung trägt. Be triebsareal B auvo rhaben Fahn e Trinkwassernutzung Beurtei- Ziel: 1 2 4 5 lungs- vollstän diger grundlage: Aushub FIV physische Verbindung Definition von Massnah men: • über (Hydro-)G eologie • über möglic he E ingriffst iefe 3 CKW gelöst im Gru ndwasser I solierte CK W-Pools in grosser Tief e werden nicht zum S tando rt gezählt Standort = KbS-Eint rag Abb. 4: Standortbetrachtung Kt. ZH Bereich 1 (Betriebsareal): Der KbS-Eintrag umfasst den Prozessstandort, die Quelle (im vor- liegenden Fall am Prozessstandort) sowie die Bereiche der vertikalen Verfrachtung (CKW in Phase). Meist wird die Begrenzung durch die Belastung des Untergrundmaterials in der un- gesättigten Zone bestimmt über U-Wert => Eintrag. Eine praktische Methode, um das Ziel von Art. 9 AltlV zu erreichen, ist normalerweise der vollständige bzw. zumindest möglichst vollständige Aushub der Quelle oder eine in situ Sanierungsmethode für diesen Bereich. Wesentlich ist, dass eine grösstmögliche „Entfrachtung“ erreicht wird. Bereich 2 (Nachbarareal): Bereiche im Untergrund mit Belastungen über dem U-Wert sowie physischer Verbindung zur Schadstoffquelle werden als Teil des belasteten Standortes be- handelt. Voraussetzung: es ist mittels Beprobungen nachgewiesen, dass Belastungen in der ungesättigten Zone vorhanden sind. Bauvorhaben, welche ausserhalb der Schadstoffquelle liegen, sind möglich, wenn bestimmte, standortspezifische Anforderungen eingehalten wer- den. Vorteil: eine Bewirtschaftung betroffener benachbarter Bereiche ist möglich. Dieser An- satz stösst an Grenzen, wenn sich die physische Verbindung tief im Untergrund (z.B. 30 – 40m, Entfrachtung schwierig und teuer) oder weit vom Produktionsstandort (500 – 1000 m) entfernt befindet. Diese Betrachtung ist ausserdem verbunden mit der Problematik von Art. 3 AltlV, gemäss der eine spätere Sanierung durch ein Bauvorhaben nicht wesentlich erschwert werden darf. Bereich 3 (DNAPL): Isolierte CKW-Pools in grosser Tiefe werden nicht zum Standort gezählt, sofern keine physische Bindung zur Schadstoffquelle besteht. Derartige DNAPL werden oh- nehin meist erst im Laufe von Zustandsänderungen entdeckt oder aufgrund anhaltender Grundwasserbelastungen vermutet. Bereich 4 (Abströmfahne): Die Abströmfahne, d.h. CKW gelöst im Grundwasser, gehört nicht zum Standort. Dies gilt auch für den Halo, die Ausbreitung in der Porenluft.
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 10 Bereich 5 (Trinkwassernutzung): Kein Teil des belasteten Standortes. Als Beurteilungsgrund- lage für die Belastung des Trinkwassers gilt die Fremd- und Inhaltsstoff-Verordnung. Diskussion der technischen Machbarkeit In der Praxis zeigt sich häufig, dass keine Sanierungsmethode und -variante zur vollständi- gen bzw. umfassenden Erreichung der Ziele von Art. 9 Abs. 2 AltlV ("Sanierungsziel Grund- wasser", "Grundwasser-Sanierungsziel") − führt. Ein Lösungsansatz ist, dass man den momentanen Stand der Technik berücksichtigt: was ist derzeit überhaupt möglich? Das Sanierungsziel orientiert sich grundsätzlich ausschliesslich am Schutzgut, beim Grundwasser mit Unterschieden zwischen Gewässerschutzbereich Au (1/2x Konzentrationswert gemäss Anhang 1 AltlV) und ausserhalb Au (2x Konzentrationswert gemäss Anhang 1 AltlV). Wenn dieses Sanierungsziel mit den derzeit verfügbaren, dem Stand der Technik entsprechenden Methoden nicht erreicht werden kann, fragt sich, wie vor- zugehen ist. Dazu sind viele Aspekte, von denen einige in der Abb. 5 dargestellt sind, zu überprüfen. Eine solche output-orientierte Betrachtung kann Irrwege und damit Kosten spa- ren. Wichtig ist dabei, dass es sich um eine iterative Betrachtung handelt: die erreichbaren Ziele sind je nach neuem Wissensstand regelmässig zu überprüfen und die dazu entspre- chenden Massnahmen können so auch dem jeweiligen Stand der Technik angepasst wer- den. Abb. 5: Stand der Technik und Abhängigkeit von verschiedenen Kriterien 1.5 Zusammenarbeit zwischen den Kantonen GE und ZH Im TP 4 sollten unter dem Namen "Management der Risiken" Lösungen für die bisher skiz- zierten Probleme aufgezeigt werden. In den Diskussionen zeigten sich aber unterschiedliche Standpunkte und Interessen: wesentlich für das BAFU ist die Einhaltung der Vorgaben der AltlV für die Umsetzung des TP 2 ist die Definition der Standortabgrenzung notwendig
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 11 für die Kantone mit hohem Bewirtschaftungsdruck wie GE und ZH ist eine rasche Lö- sungsfindung bzgl. Standortbeurteilung, Standortabgrenzung und Umgang mit Rest- belastungen sehr wichtig die Mehrzahl der Kantone hat noch keine ausreichenden Erfahrungen mit CKW- Sanierungen die Art und Pflicht der Dokumentation von verbliebenen Belastungen wird sehr unter- schiedlich beurteilt Besonders bei den beiden Kantonen GE und ZH, welche über die meisten Erfahrungen mit CKW-Standorten verfügen, zeigten sich in den Diskussionen vorerst unterschiedliche Be- trachtungsweisen der Bearbeitung, Beurteilung und Dokumentation. Deshalb haben die Ver- treter der Behörden GE und ZH in mehreren Besprechungen Unterschiede und Gemeinsam- keiten der jeweiligen Standortbearbeitungen diskutiert und auf der Basis der vorhandenen Erfahrungen ein Grundlagenpapier für den Umgang mit CKW-Belastungen erstellt. Dabei hat sich gezeigt, dass trotz unterschiedlicher Ausgangspunkte und Herangehenswei- sen sehr viele Gemeinsamkeiten im Altlasten-Vollzug GE und ZH bestehen: Es bestehen keine Divergenzen in der prinzipiellen Handhabung von CKW- Belastungen: Man will das Problem anpacken und so sanieren, dass eine optimale Umweltleistung erreicht wird. Die Kantone GE und ZH sind sich bewusst, dass die Probleme mit der AltlV- Kompatibilität, welche in der Praxis auftreten, pragmatisch angegangen werden müs- sen, wobei die Prinzipien der AltlV eingehalten werden. Da die Gesamtbetrachtung wesentlich ist, erhalten kleinere Unterschiede im Vollzug keine grosse Bedeutung (beispielsweise die Dokumentation der verbliebenen Belas- tungen). Folgende Aspekte wurden bei CKW-Sanierungen im Altlasten-Vollzug der Kantone GE und ZH bisher besonders berücksichtigt: - Liegt der Standort im Gewässerschutzbereich Au oder üB? - Ist die geplante Sanierungsmethode ein Aushub oder eine in-Situ-Methode? - Wie tief liegt der Grundwasserstauer? Liegt er tiefer als 10 m? - Wie tief liegt der Grundwasserspiegel? Tiefer als 5 m? - Wie sind die CKW-Konzentrationen im ungesättigten Untergrund? Und im gesättigten? - Besteht eine Verbindung zwischen Quelle und verschleppten Belastungen? Die Beantwortung der folgenden Fragen ist für einen wirkungsvollen und einheitlichen Voll- zug von grosser Bedeutung: Ausdehnung des Standortes für den KbS-Eintrag Definition des Abströmbereiches Sanierungsziel Umgang mit weiter bestehenden Gefährdungen (inklusive Frage der Dokumentation) Sanierungsstopp als Unterbruch oder Abbruch Anforderungen von Rechtsgleichheit und Verhältnismässigkeit. Es wurde deshalb be- schlossen, dass die erarbeiteten Lösungsvorschläge einer juristischen Untersuchung unterzogen werden sollen. Es muss in jedem Fall gewährleistet sein, dass die um- weltrechtlichen Anforderungen von USG und AltlV eingehalten werden. Der vorliegende Bericht fasst die Ergebnisse der Diskussionen GE und ZH zusammen.
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 12 Zu diesem Grundlagenpapier Dieses Grundlagenpapier versteht sich als Vorgehensvorschlag für den Umgang mit CKW-Belastungen. Es berücksichtigt zahlreiche Fälle aus der Praxis der Kantone GE und ZH. Es basiert auf den Anforderungen der AltlV. Es möchte Denkanstösse geben und ist dynamisch, d.h. präzisierbar und weiterent- wickelbar. Es ist keine eng gefasste Gebrauchsanweisung und es erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Zur Weiterentwicklung und Präzisierung ist es wichtig, dass das Papier auf Basis wei- terer Fälle (auch ausserhalb GE/ZH) diskutiert und überprüft wird.
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 13 Kapitel 2: Thesen für den Umgang mit CKW-Belastungen In der Vollzugshilfe „Erstellung des Katasters der belasteten Standorte“ hat das BAFU, sei- nerzeit BUWAL, 2001 den Standortbegriff und die Systemgrenzen bezogen auf den KbS beschrieben. Demnach sind durch das Grundwasser verschleppte Belastungen nicht im KbS zu erfassen. Während dies bei den meisten Schadstoffen zu keinen Problemen führt, können CKW auf Grund ihrer Eigenschaften schneller ins Grundwasser gelangen als andere Stoffe und sich horizontal ausbreiten bzw. durch DNAPL neue Quellen bilden (siehe Factbox The- sen). Dieser Spezialfall ist in der Vollzugshilfe nicht berücksichtigt. Gemäss der AltlV spielt der Abströmbereich für die Standortbeurteilung eine wesentliche Rolle. Mit der kaum möglichen Unterscheidung „CKW in Phase“ und „CKW gelöst“ ist auch die Festlegung des „unmittelbaren Abströmbereichs“ sehr problematisch. Aus der Diskussion dieser und anderer Beispiele wurden die nachfolgend Thesen genannten Fakten und Statements aufgestellt. Sie resultieren aus der praktischen Erfahrung bei der Sanierung von CKW-belasteten Standorten aus GE und ZH. Sie sind Ausgangspunkt für die weiteren Überlegungen zum Umgang mit CKW-Belastungen und der Beurteilung und Doku- mentation der Standorte. Factbox Thesen, die in der Regel für den Umgang mit CKW-Belastungen gelten CKW zeigen ein komplexes Ausbreitungsmuster. Zu betrachten ist die Gesamtbelastung. Die Schadstoffquelle ist ein Teil der gesamten Belastung. Prozessstandort und Schadstoffquelle können räumlich differieren. Die wichtigste Umweltwirkung wird durch die Sanierung der Schadstoffquelle erzielt. Die Abgrenzung der Schadstoffquelle und der weiteren Belastungen ist oft nur schwer zu ziehen. Für die Bestimmung des Ausbreitungsmusters und auch der Gefährdungsabschätzung ist eine ausreichende Voruntersuchung gemäss TP 2 ChloroNet unabdingbare Grundlage. Die Schadstoffquelle ist in aller Regel sanierungsbedürftig. Daher ist der Abströmbereich unmittelbar bei der Quelle zu definieren. Die Sondierung ist notwendig zum Verständnis für die Gesamtsituation und dient der folgenden Detailuntersuchung. Mit der Definition der Schadstoffquelle ergibt sich der Bereich, welcher auch noch CKW- Belastungen in der ungesättigten und gesättigten Zone enthalten kann. Die Erfahrung zeigt: Es gibt keine komplette Dekontamination einer CKW-Belastung. Es werden immer Belastungen am Standort verbleiben eine vollständige Entfrachtung des Schadstoffes, damit die Konzentrationswerte gemäss Anhang 1 AltlV eingehalten werden, kann mit einem einzigen Sanierungsschritt nicht erreicht werden. Die Definition eines Sanierungsziels ist ein iterativer Prozess. Auf Grund der Voruntersu- chung ist dies selten möglich und auch nach der Detailuntersuchung schwierig. Ob CKW-Phase vorliegt oder nicht und wie weit sie geht, ist nicht unbedingt relevant, weil der Sanierungsperimeter durch die Schadstoffquelle und das Ausbreitungsmuster be- stimmt wird (und nicht durch den Phasenbegriff). DNAPL werden - wenn gefunden - im Einzelfall betrachtet: wenn sie im Prozessbereich liegen, gehören sie zum Standort. Wenn sie ausserhalb liegen, ist eine Gefährdungsab- schätzung erforderlich. Damit sinkt die Bedeutung von DNAPL für die Abgrenzung des Standortes: wenn sie auftreten, werden sie separat betrachtet.
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 14 Kapitel 3: Die Bestimmung des Sanierungsperimeters Wesentliche Voraussetzung für die Bestimmung des Sanierungsperimeters ist eine abge- schlossene Voruntersuchung gemäss der Praxishilfe „Untersuchung von CKW-Belastungen“, welche im Rahmen des ChloroNet TP 2 von einer Expertengruppe erarbeitet wurde, und auf die eine seriöse Detailuntersuchung aufbauen kann. Ein erstes zentrales Element dieser Voruntersuchung ist die Visualisierung aller vorhandenen Kenntnisse aus der Historischen Untersuchung (HU) in einem Untersuchungsplan. Dieser beinhaltet auch die Geolo- gie/Hydrogeologie des Standorts sowie dessen Umfeld. Abb. 6: Auszug aus der Praxishilfe TP2: Beispiel für einen Plan der Untersuchungsflä- chen (für weitere Details zum Plan der Untersuchungsflächen wird auf die Praxishilfe TP2 verwiesen) Aus diesem Untersuchungsplan ergibt sich die Technische Untersuchung (TU), welche in aller Regel iterativ durchgeführt wird. So kann sich beispielsweise eine Grundwasserunter- suchung, welche in den erwarteten Abströmbereich platziert wurde, als Sondierung innerhalb des Schadstoffherdes erweisen. Als zweites zentrales Element sind daher Plausibilitätsüber- legungen zwischen den Untersuchungsergebnissen und der Geologie/Hydrogeologie sowie der Historischen Untersuchung (HU) zwingend erforderlich. Deswegen geben häufig erst etappierte Grundwasser-, Porenluft- und/oder Feststoffuntersuchungen ein ausreichendes Bild über die Verteilung der CKW in der ungesättigten und gesättigten Phase. Damit ist die übliche Grenze der Voruntersuchung meist schon überschritten und man bewegt sich in der Detailuntersuchung.
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 15 Im Idealfall kann die Quelle nicht nur eindeutig lokalisiert, sondern auch von den Verschlep- pungen, Fahne etc. getrennt betrachtet werden (beispielsweise charakterisiert durch Kon- zentrationssprünge, siehe Beispiel 1). In vielen Fällen ist diese klare Trennung aber mit ver- hältnismässigem Aufwand nicht zu erreichen, weder in der Voruntersuchung noch in der De- tailuntersuchung (siehe Beispiel 2). Man spricht dann vorteilsweise von einem Verteilungsmuster statt von Quelle und Ver- schleppung. Beispiel Zürich 1 Unterscheidung zwischen Quelle, Verschleppung (Sekundärbelastung) und restlichen Belas- tungen ausserhalb der Sekundärbelastung durch Konzentrationssprünge. Bisher saniert ist die eigentliche Quelle (orange Linie). Die immer noch sehr hohe Sekundärbelastung (rot ge- strichelt) ist im KbS eingetragen und mit Massnahmen versehen. Die gemäss bisherigem Informationsstand eher geringen CKW-Belastungen ausserhalb (mehrheitlich unter dem U- Wert) sind dagegen nicht im KbS erfasst. Abb. 7: Beispiel Zürich 1 Lage der Sondierungen und Schadstoffbelastungen im Grundwasser
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 16 Beispiel Genf 1 Sehr weitreichende Verschleppungen mit gleichbleibenden Konzentrationen. Bisher einge- tragen im KbS ist die eigentliche Quelle als flächenmässig kleiner Standort (violetter Be- reich). Der Sanierungsperimeter ist derzeit noch in Abklärung, wird aber einen grösseren Bereich als die Quelle umfassen. Abb. 8: Beispiel Genf 1 Lage der Sondierungen und Schadstoffbelastungen im Grundwasser Die Ausdehnung von der Quelle bis zum oberen Bildrand beträgt ca. 750 m. Das Verteilungsmuster muss in ausreichender Güte soweit bekannt sein, damit der Sanie- rungsperimeter bestimmt werden kann. Dieser ergibt sich aus der Gesamtbetrachtung des weiteren Umfelds und einer Gefährdungsabschätzung. Dabei werden unter anderem folgen- de Fragen diskutiert: Können Bereiche als hoch-, mittel-, schwachbelastet ausgeschieden werden (bzw. kann man eine Trennlinie zwischen der Quelle und der Verschleppung ziehen)? Wie ist das Schutzgut Grundwasser zu beurteilen (Nutzung, Fassungen etc.)? Sind benachbarte Areale betroffen (rechtliche Betrachtungen)? Wie ist die technische Machbarkeit der Sanierung?
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 17 Wie ist die langfristige Wirkung bezogen auf die Schutzgüter verschiedener Sanie- rungsbereiche zu beurteilen? Wenn CKW-Kontaminationen verbleiben: wie ist die Gefährdung zu beurteilen? … und weitere standortbezogene Fragestellungen… Ziel der Gesamtbetrachtung: Mit welchem Sanierungsbereich und welchen Sanie- rungsmassnahmen ist eine optimale Umweltwirkung bei verhältnismässigem Aufwand möglich? Oder kurz gefasst: Welche Sanierung ist sinnvoll? Im Hinblick auf die Umsetzung schlagen wir vor, über die Bestimmung des Sanierungsperi- meters den sanierungsbedürftigen Teil des Standorts festzulegen. In vielen Fällen entspricht der Sanierungsperimeter der eigentlichen Schadstoffquelle. Je nach Situation, Machbarkeit etc. werden aber auch umliegende Verschleppungen dazu genommen. Diejenigen CKW- Belastungen, welche ausserhalb des Sanierungsperimeters vorliegen, werden nachfolgend als Restgefährdung bezeichnet. Restgefährdungen können - je nach Schadstoffkonzentrati- on - im Sinne von Art. 5 Abs. 4 AltlV nur belastet, überwachungsbedürftig oder auch sanie- rungsbedürftig sein. Falls sie sanierungsbedürftig sind, dann allerdings sind Massnahmen erforderlich, welche sich von denjenigen des Sanierungsperimeters unterscheiden und/oder anderweitig dokumentiert sind (vgl. Kap. 6). Weiterhin ergibt sich aus der Festlegung des zu sanierenden Bereichs der unmittelbare Ab- strömbereich, welcher ausserhalb des Sanierungsperimeters liegt, sich aber innerhalb der Restgefährdungen befinden kann. In aller Regel befindet sich der Hauptteil der Schadstoffe im Prozessareal. Abb. 9 Lage des unmittelbaren und weiteren Abströmbereichs bei begrenzter Ausdehnung der KbS-Fläche Abb. 10 zeigt die Gefahr bei der Festlegung des unmittelbaren Abströmbereichs: Wenn man den unmittelbaren Abströmbereich nicht am zu sanierenden Bereich orientiert, sondern den vorhandenen Verschleppungen anpasst, liegt er häufig so weit entfernt, dass kein Sanie- rungsbedarf mehr resultiert. Falls doch, ist der Sanierungsperimeter so gross, dass oft keine verhältnismässige Sanierung durchführbar ist.
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 18 Abb. 10 Lage des unmittelbaren Abströmbereiches wenn sich die Schadstoffe hauptsächlich aus- serhalb des Prozessareals befinden. Mit diesem Kenntnisstand kann auch der Eintrag im KbS präzisiert werden: Zu Beginn ergibt sich der KbS-Eintrag aus dem Prozessstandort, der Schadstoffquelle und den Verfrachtungen (vgl. Abb. 4) soweit bekannt. Mit der Separierung von Sanie- rungsperimeter und Restgefährdung wird der KbS-Eintrag als sanierungsbedürftiger Standort entsprechend angepasst. (Zur Dokumentation der Restgefährdung siehe Kapitel 6.) Zur Rolle der DNAPL: In aller Regel sind DNAPL bei den Untersuchungen nicht bekannt. Falls während der Unter- suchungen oder Sanierungsarbeiten DNAPL angetroffen werden und ein physischer Zu- sammenhang mit dem Sanierungsperimeter besteht, wird dieser entsprechend angepasst. Falls kein physischer Zusammenhang besteht, wird eine separate Gefährdungsabschätzung vorgenommen und gemäss obigen Fragestellungen diskutiert, ob Sanierungsmassnahmen sinnvoll sind. Je nach geologischem und hydrogeologischem Umfeld kann die Anwesenheit von DNAPL aber auch simuliert werden. Damit kann das Verständnis für vorliegende Systeme erhöht werden, beispielsweise bei Restbelastungen in Trinkwasserfassungen (Modell mit bzw. ohne DNAPL). Fazit: Die Definition des sanierungsbedürftigen Standorts bei CKW-Belastungen unterschei- det sich damit von üblichen Altlastenbearbeitungen, in dem unter Berücksichtigung der Schadstoffverteilung der Sanierungsperimeter festgelegt wird. Daraus ergibt sich die derzeitige, minimale Standortbegrenzung. Damit wird den häufig komplexen Aus- breitungsmustern von CKW-Belastungen Rechnung getragen.
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 19 Factbox Bestimmung Sanierungsperimeter Voraussetzung für die Bearbeitung von CKW-Standorten ist eine Voruntersuchung gemäss ChloroNet TP 2 (noch provisorisch) sowie die Kenntnis des Verteilungsmus- ters in ausreichender Güte. Der Sanierungsperimeter wird nach der Gesamtbetrachtung des weiteren Umfelds inkl. Gefährdungsabschätzung festgelegt. Daraus ergibt sich der momentane, mini- male sanierungsbedürftige Standort. Für die Definition der Sanierungsperimeters ist die gesamte Situation der Schadstoff- verteilung zu betrachten: benachbarte betroffene Areale, Fassungen, Nutzungen, weiteres Umfeld. Da der Sanierungsperimeter zu beurteilen ist, liegt der Abströmbereich immer unmit- telbar beim Sanierungsperimeter. Belastungen ausserhalb des Sanierungsperimeters werden als Restgefährdung be- zeichnet. DNAPL werden bei Auftreten einer eigenen Gefährdungsabschätzung unterzogen. Sie können auch hypothetisch angenommen werden, um ein System zu verstehen. Bemerkung: es gibt auch Ausnahmen vom Sanierungsbedarf der Quelle, beispielsweise wenn das Rückhaltevermögen genügend gross ist oder insgesamt eine zu geringe Schad- stoffmenge vorhanden ist. Bei der grossen Mehrheit der CKW-Belastungen ist die Quelle aber als sanierungsbedürftig zu beurteilen, weil im unmittelbaren Abströmbereich die Kon- zentrationswerte sehr schnell überschritten sind.
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 20 Kapitel 4: Abweichung vom Sanierungsziel im Sinne von Art. 15 Abs. 2 AltlV Ausgangslage Folgende Grundsätze gelten: Generell besteht bei einem Sanierungsbedarf immer ein Handlungsbedarf. Mass- nahmen, die dazu angeordnet werden können, präzisieren den Handlungsbedarf. Für die Definition des Sanierungsziels gelten je nach Schutzgut prioritär Art. 9-12 AltlV, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 15 Abs. 2 AltlV. Das Sanierungsziel wird in aller Regel nach der Detailuntersuchung festgelegt (vgl. Art. 14 AltlV bzw. Art. 15 Abs. 5 AltlV). Es richtet sich gemäss Art. 15 Abs. 1 AltlV nach den Schutz- gütern im Sinne von Art. 9-12 AltlV und zielt immer auf die Beseitigung der Einwirkungen, welche zur Sanierungsbedürftigkeit geführt haben. Gemäss Art. 15 Abs. 2 AltlV ist jedoch dann vom Sanierungsziel abzuweichen, wenn die 3 aufgeführten Kriterien (geringere Umweltbelastung, unverhältnismässige Kosten, Nutzbarkeit Grundwasser im Au bzw. Wasserqualität Oberflächengewässer) kumulativ erfüllt sind. Es gibt keine näheren Umschreibungen dieser 3 Kriterien (insbesondere der gesamthaft betrachtet kleineren Umweltbelastung sowie der unverhältnismässigen Kosten). Denn es ist in jedem Fall aufgrund der konkreten Situation zu entscheiden. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Anforderungen von Art. 15 Abs. 2 Bst. a−c AltlV wird an anderer Stelle zu leisten sein. Grundsätzlich sind die Thesen zum Umgang mit CKW- Belastungen in Kapitel 2 Ausgangspunkt für die allfällige Abweichung von Sanierungsziel gemäss Art. 15 Abs. 2 AltlV, namentlich die beiden folgenden Punkte: Die Erfahrung zeigt: Es gibt in der Regel keine komplette Dekontamination einer CKW-Belastung, welche den Kriterien nach Art. 9 AltlV gerecht wird. Es werden prak- tisch immer Belastungen am Standort verbleiben eine komplette Entfrachtung des Schadstoffes kann mit einer Sanierung kaum erreicht werden. Das Sanierungsziel wird nach Art. 15 Abs. 1 AltlV gemäss Art. 9-12 AltlV bezogen auf den definierten Sanierungsperimeter festgelegt. Die Definition eines praktikablen Sa- nierungsprojekts ist dagegen ein iterativer Prozess. Auf Grund allein der Untersu- chungen (Vor- und Detail-) ist die abschliessende Festlegung des Sanierungsprojekts selten möglich. Im Hinblick auf die Abweichung vom Sanierungsziel im Sinne von Art. 15 Abs. 2 AltlV werden in der Praxis verschiedene Vorgehensweisen diskutiert und praktiziert. Nachfolgend werden unterschiedliche Varianten vorgestellt und mit Beispielen illustriert. Im Sinne einer Vorbe- merkung sei darauf hingewiesen, dass es nach der in Kapitel 3 beschriebenen Praxis des Kantons Zürich zur Festlegung des Sanierungsperimeters anschliessend nur sehr selten zu einer Anpassung des Sanierungsziels kommt. Relativierung des Sanierungszieles Wenn eine Abweichung vom Sanierungsziel in Betracht gezogen wird, muss berücksichtigt werden, dass das Sanierungsziel sich ausschliesslich am Schutzgut orientieren sollte; für die
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 21 Berücksichtigung technischer Möglichkeiten oder von Eigentumsverhältnissen etc. sind Ab- bruch- oder Unterbruchkriterien besser geeignet (vgl. Kap. 5 zum Sanierungsstopp). Eine Abweichung von den Sanierungszielen gemäss Art. 9-12 bei Erfüllung der Anforderun- gen von Art. 15 Abs. 2 AltlV ist grundsätzlich bis zum Vorliegen des Sanierungsprojekts mög- lich. Nach der Bewilligung des Sanierungsprojektes, für welches ja ein erhöhter Kenntnis- stand Voraussetzung ist, sollte eine Abweichung vom Sanierungsziel nicht mehr diskutiert werden (vgl. Kap. 7 und 8). Im Fall von Problemen mit der Erreichung des Sanierungsziels geht die Praxis in unter- schiedlicher Weise vor. Bei der Abweichung vom Sanierungsziel im Sinne von Art. 15 Abs. 2 AltlV wird dieses beispielsweise relativiert, indem als Ziel anstelle des halben Konzentrationswertes gemäss Art. 9 AltlV der 5fache oder 10fache Konzentrationswert festgelegt wird. Weicht man auf diese Weise vom Sanierungsziel ab, kann indessen folgende Prob- lematik auftreten: je nach Nutzungssituation wird das Schutzgut Grundwasser für ei- nen grösseren Bereich gesamthaft „qualitätsmässig herabgestuft“, weil dann niedri- gere Anforderungen für das Schutzgut gelten. Diese Konsequenz kann sich nament- lich dann ergeben, wenn vom Sanierungsziel nicht nur im Bereich des belasteten Standortes selber, sondern aus Gründen der Rechtsgleichheit auch für benachbarte Bereiche abgewichen wird. Diese Variante wird namentlich in GE praktiziert. So wurde der als Ziel vorgegebene Konzentrationswert bei bestimmten Sanierungsprojekten schon auf den 50fachen Wert angehoben (unter Berücksichtigung der Gesamtgrundwassersituation). Dabei wird die Möglichkeit vorbehalten, dass der zu erreichende Konzentrationswert später, im Verlauf des iterativen Prozesses, wieder gesenkt und damit die Abweichung vom Sanierungsziel gemäss Art. 9 AltlV verkleinert wird. In ZH dagegen wird der Konzentrationswert gemäss AltlV in der Regel als Sanie- rungsziel beibehalten und stattdessen der Handlungsbedarf mittels angepassten Massnahmen präzisiert (vgl. auch Kap. 5). Grund für dieses Vorgehen in ZH ist die Betonung der Rechtsgleichheit bei mehreren betroffenen Standortinhabern. Die 3 folgenden Beispiele illustrieren unterschiedliche Vorgehensweisen und Ergebnisse. Beispiel Zürich 2: Limmattal westlich Zürich Im Grundwasserstrom des Limmattals wurden stark erhöhte CKW-Konzentrationen gefun- den. Diese resultieren aber nicht aus einer Hauptverschmutzungsquelle: auf Grund der sehr starken industriellen Nutzung wurden verschiedenste Betriebe als „Kleinquellen“ identifiziert. Je nach Situation (Neunutzung, Baugesuch etc.) kam es in der Vergangenheit zu Untersu- chungen, welche zu einem Sanierungsbedarf des jeweiligen Standortes führten. Die Sanie- rung eines einzelnen Standortes hätte jedoch zu keiner messbaren Verbesserung der Ge- samtsituation geführt. Daher wurden auch die Verhältnismässigkeit der Massnahmen sowie die Möglichkeit einer Abweichung vom Sanierungsziel diskutiert. Es wurde aber entschieden, am Sanierungsziel gemäss Art. 9 AltlV (halber Konzentrationswert gemäss AltlV im unmittelbaren Abströmbereich) festzuhalten und je nach Standort die Massnahmen ge- mäss wirtschaftlicher Tragbarkeit und technischer Machbarkeit festzulegen. Resultat:
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 22 es wurden an jedem bisher untersuchten Standort Sanierungsmassnahmen durchgeführt, auch kleinere Standorte wurden saniert oder teilsaniert. Als Folge hat man heute eine sehr stark reduzierte CKW-Belastung im Limmattal-Grundwasserstrom mit Werten, die nur noch 10-20 % der früheren Belastung entsprechen. Bei einer Abweichung vom Sanierungsziel für einzelne Standorte hätte diese Abweichung auf Grund des Rechtsgleichheitsgebots und der speziellen Situation im Limmattal für den gesamten Grundwasserstrom gelten müssen. Damit hätten viele kleinere Standorte keine Massnahmen durchführen müssen und das Gesamtresultat wäre deutlich weniger gut aus- gefallen. Beispiel Zürich 1 (siehe Abb. 7 Kapitel 3) Hier wurde vom Sanierungsziel gemäss Art. 9 AltlV abgewichen und im Sinne von Art. 15 Abs. 2 AltlV der 2fache Konzentrationswert gemäss Anhang 1 AltlV festgelegt. Der erste Sanierungsperimeter ergab sich aus der Quelle sowie einem technisch machbaren und wirt- schaftlich tragbarem Umfeld (vgl. orange Linie). Nach der Sanierung (mit Dekontamination von ca. 80% der CKW) wurden ausserhalb des Sanierungsperimeters aber immer noch Werte gemessen, welche deutlich über dem 2fachen Konzentrationswert lagen. Da derzeit keine Sanierungstechnik existiert, welche eine verhältnismässige Fortsetzung der Sanierung erlaubt, wurde der entsprechende Bereich (rot gestrichelt) in den KbS eingetragen. Das Sa- nierungsziel für diesen Bereich wird beibehalten. Weitere Sanierungsmassnahmen wer- den aber vorerst ausgesetzt. Der Abströmbereich wird überwacht. Beispiel Genf 2 Hier ist im unmittelbaren Abströmbereich der Konzentrationswert gemäss AltlV weit über- schritten. Nach der Detailuntersuchung wurde das Sanierungsziel auf den 10fachen Kon- zentrationswert festgelegt, da sich das Gebiet ausserhalb des Gewässerschutzberei- ches Au befindet. Nach der Diskussion möglicher Sanierungsmethoden wurde das Sanie- rungsziel unter Berücksichtigung verfügbarer Techniken gemäss Sanierungsuntersuchung relativiert und auf den 20fachen Konzentrationswert festgelegt. Die Sanierung wurde wie geplant durchgeführt, der gemessene Konzentrationswert lag aber immer noch ein Vielfa- ches über dem gegenüber Art. 9 AltlV gelockerten Sanierungsziel. Daher wurde der Sanie- rungsbereich ausgedehnt und das Sanierungsziel für die zweite Sanierungsphase auf den 50fachen Konzentrationswert erhöht. Fazit: dieses Sanierungsziel konnte bisher auch nicht erreicht werden, der in-situ-Prozess verläuft sehr langsam und ist mit verschiedenen Schwie- rigkeiten verbunden. Derzeit wird eine Risikostudie durchgeführt und der Standort wird nor- mal überwacht. Falls mit einer neuen Sanierungstechnik bessere Resultate zu erwarten sind, wird das Sanie- rungsziel mit der Festlegung strengerer Werte wieder angepasst. Die Bedeutung des Sanie- rungsziels für die umliegenden Standorte muss jeweils genau überprüft werden. Einbezug der Wechselwirkung Altlasten – Grundwasserschutz Nachfolgend ist eine Situation dargestellt, welche den Zusammenhang zwischen dem Sanie- rungsperimeter, der Restgefährdung und einer möglichen Trinkwasserfassung im weiteren Abströmbereich aufzeigt.
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 23 Abb. 11 Wechselwirkung zwischen Belastung und Trinkwasserfassung Gemäss Diskussion mit dem BAFU, Sektion Grundwasserschutz, ist bezüglich mit CKW be- lasteten Standorten in der Nähe von Trinkwasserfassungen Folgendes zu berücksichtigen: Für Grundwasser, das als Trinkwasser genutzt wird oder werden soll, gelten die Anforderun- gen von GSchV Anhang 2 Ziff. 22, d.h. bezüglich flüchtigen halogenierten Kohlenwasserstof- fen (FHKW) 0.001 mg/l je Einzelstoff. Ist dieser Wert in einer Trinkwasserfassung überschrit- ten, besteht ein Sanierungsbedarf bzw. sind Massnahmen im Sinne von Art. 47 GSchV er- forderlich. Dies gilt unabhängig davon, ob und welches Sanierungsziel für den Sanie- rungsperimeter definiert wurde. Nach Art. 15 Abs. 4 AltlV sind Sanierungen besonders dringlich, wenn eine bestehende Nut- zung beeinträchtigt oder unmittelbar gefährdet ist. Das Sanierungsziel für den Sanierungspe- rimeter kann demnach unter Berücksichtigung der konkreten Situation (namentlich unter Be- rücksichtigung der Leistungsfähigkeit der Trinkwasseraufbereitung, vgl. GSchV Anhang 2 Ziff. 22 Abs. 1) gestaffelt vorgegeben werden. Wichtig ist, dass die Trinkwasserfassung nutzbar bleibt. Beispielsweise kann das Sanierungsziel so präzisiert werden, dass mittelfris- tig der Konzentrationswert von 0.001 mg/l gemäss GSchV Anhang 2 Ziff. 22 anzustreben und dass 0.040 mg/l auch nicht kurzfristig überschritten werden dürfen. Damit ergibt sich eine Wechselwirkung zwischen dem Sanierungsperimeter und der Trinkwasserfassung: der eigentliche Sanierungsbedarf kann durch die Trinkwasserfassung ausgelöst werden, das Sanierungsziel wird aber auf den Sanierungsperimeter bezogen und bzgl. Grundwassersi- tuation angepasst. Einbezug von Frachtüberlegungen Eine andere Variante, mit der das Sanierungsziel schrittweise angepeilt wird, bezieht Fracht- Überlegungen ein. Für den Sanierungserfolg werden in aller Regel die Grundwasser-
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 24 Messresultate (Konzentrationen) herangezogen. Da die angestrebten Sanierungsziele bei CKW häufig nicht erreicht werden können, helfen Frachtbetrachtungen bei der Beurteilung von Massnahmen. Denn die Umweltwirkung von Massnahmen sowie die Gefährdungsab- schätzung können mit der Kombination Konzentrationswert/Frachtbetrachtung besser beur- teilt werden. Diese Frachtbetrachtungen sind soweit möglich zu Beginn und anschliessend mit zunehmender Erkenntnis konkreter in das Sanierungsprojekt aufzunehmen. In der Folge muss das Sanierungsziel nicht zwingend angepasst (d.h. gelockert) werden, vielmehr kön- nen mit Frachtkriterien die Massnahmen präzisiert werden. Beispielsweise kann die jeweils abzubauende Fracht zu einer stärkeren oder schwächeren Priorisierung der Sanierung füh- ren. Beispiel Zürich 3 Bei einer chemischen Reinigung in Lindau ZH konnte die starke CKW-Belastung im Unter- grund vergleichsweise gut eingegrenzt werden. Ein Teil der Belastung liegt dabei auf einem benachbarten Areal, auf welches grössere und relevante Leitungen führen. Nach einer Frachtbetrachtung wurde stipuliert, dass 90 - 95 % der CKW-Gesamtmenge ohne wesentli- che technische Probleme ausgehoben werden können. Dementsprechend wurde der Sanie- rungsperimeter festgelegt und als Sanierungsmassnahme ein Aushub von über 90 % der CKW-Menge gefordert. Nach der Teilsanierung bleibt der Bereich, welcher wegen techni- scher Schwierigkeiten (Nachbarareal mit Leitungen) nicht saniert werden konnte, auf Grund der verbleibenden Gefährdung als sanierungsbedürftiger Standort im KbS eingetragen, we- gen mangelnder Dringlichkeit der Sanierung bezüglich der verbleibenden Belastung aber nur mit der Massnahme Überwachung. Bei der Sanierungsmassnahme wurde also die Gesamtmenge CKW berücksichtigt, während das Sanierungsziel nicht angepasst wurde, dessen Erreichung nun aber nicht mehr als dring- lich erachtet wird. Beispiel Zürich 4 Seit den 1980er Jahren ist bekannt, dass eine sehr hohe CKW-Belastung im Untergrund vorliegt (mehrere Tonnen CKW, welche aus einem lecken PER-Tank und Leitungen resultie- ren). Da im Abströmbereich an der Grundstücksgrenze sehr hohe Belastungen gemessen wurden, erfolgte bereits vor über 20 Jahren die Einrichtung eines Schutzpumpbetriebes. Im Laufe der Zeit wurde aber erkannt, dass damit nur eine geringe CKW-Menge entfernt wird, der grösste Teil der Belastung kann weiterhin abströmen. Nachdem eine Sanierung aus technischen und vor allem baulichen Gründen lange Zeit nicht möglich war, erfolgte vor einigen Jahren eine Planung mit neuen Bauten. Die Sanierung wurde im Sinne von Art. 3 AltlV in die Umbauarbeiten mit einbezogen. Von den Eigentümern wurde eine in situ-Sanierung vorgeschlagen. Von Behördenseite war damit aber die CKW- Entfrachtung auf Grund der Erfahrungen der Vergangenheit nicht ausreichend gesichert. Es wurde deshalb eine Sanierung durch Aushub gefordert. Die Festlegung des Sanierungspe- rimeters orientierte sich in Richtung Zuströmbereich an den technischen Möglichkeiten, im Abströmbereich dagegen nach der Berücksichtigung von Fracht und Verhältnismässigkeit. Während der Sanierung wurden grosse Mengen von CKW in Phase angetroffen. Der Sanie- rungsperimeter wurde daher angepasst. Die Arbeiten sind jetzt abgeschlossen und der Ab- strömbereich wird überwacht.
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 25 Die einzuhaltende Belastung des abströmenden Grundwassers wird an Hand von Frachtbe- trachtungen in Kombination mit Konzentrationswerten festgelegt. Neben den Kosten sind mehrheitlich die technischen Möglichkeiten der Grund dafür, dass ein angepeiltes Sanierungsziel gemäss Art. 15 Abs. 1 AltlV nicht erreicht werden kann. Statt einer mehrfachen Anpassung des Sanierungsziels auf Grund der Beurteilung Kos- ten/Machbarkeit wird die Diskussion eines Sanierungsstopps − unter Beibehaltung des Sa- nierungsziels − als zielführender angesehen (vgl. Kap. 5). Factbox Abweichung vom Sanierungsziel Bei einem Sanierungsbedarf besteht immer Handlungsbedarf. Art. 15 Abs.1 AltlV definiert das Sanierungsziel gemäss den Art. 9-12, Abs.2 zählt die (kumulativ zu erfüllenden) Kriterien für eine Abweichung vom Sanierungsziel auf. Das Sanierungsziel orientiert sich am Schutzgut. Wenn vom Sanierungsziel gemäss Art. 15 Abs. 2 AltlV abgewichen wird, kann eine Abweichung je nach Situation auch für die Umgebung mit weiteren CKW-Standorten erforderlich werden, wenn die Standorte in der gleichen Situation sind (Hydrogeologie, Prozess,…) und deshalb gleich behandelt werden müssen. Fehlende technische Möglichkeiten können zu einem Sanierungsstopp (Kapitel 5) führen, genügen aber allein nicht für eine Abweichung vom Sanierungsziel gemäss Art. 15 Abs. 2 AltlV (lit. a-c kumuliert). Der Sanierungserfolg kann nicht nur mit Konzentrationswerten, sondern auch Fracht- betrachtungen bewertet werden. Frachtbetrachtungen können daher zur Präzisierung der Sanierungsmassnahmen heran gezogen werden, beispielsweise zu einer Priori- sierung. Im Gegensatz zum Sanierungsziel können die Frachtbetrachtungen offener formuliert und dynamischer gehandhabt werden.
Grundlagenpapier der Kantone GE und ZH Seite 26 Kapitel 5: Kriterien für den Sanierungsstopp Für die Kriterien eines Sanierungsunterbruchs oder –abbruchs, nachfolgend Sanierungs- stopp genannt, gelten die gleichen allgemeinen Überlegungen wie für die Abweichung vom Sanierungsziel in Kapitel 4. Während das Sanierungsziel gemäss Art. 9-12 AltlV formuliert wird und damit auf das Schutzgut bezogen ist, wird ein Sanierungsstopp mit den technischen Möglichkeiten oder der Verhältnismässigkeit begründet. In aller Regel bleibt das Sanierungs- ziel bestehen. Wenn sich der Stand der Technik dann entsprechend weiter entwickelt hat, können die Sanierungsarbeiten wieder aufgenommen werden. In diesem Falle handelt es sich um einen Sanierungsunterbruch. In einigen Fällen kann aber situationsbedingt bereits erkennbar sein, dass eine weitere Sa- nierung auch mit verbesserten technischen Möglichkeiten nicht machbar ist. Dann wird ein Sanierungsstopp vorgenommen. Beispiel Allgemein 1: Standort mit Vinylchlorid-Belastung Bei einem Standort, welcher im Abströmbereich eine Belastung mit PER aufweist, daneben aber noch diverse Abbauprodukte und auch Vinylchlorid (VC), wird eine Totaldekontaminati- on im Sanierungsperimeter durchgeführt. Nach der Dekontamination auf U-Qualität liegen aber immer noch CKW-Belastungen im Grundwasser (Abströmbereich) vor, der VC-Gehalt ist dabei um ein Vielfaches höher als der Konzentrationswert AltlV von 0.1 µg/l. Damit liegt weiterhin ein Sanierungsbedarf vor, weil das Sanierungsziel nicht erreicht wurde. Da die noch vorhandenen Herde nicht eindeutig lokalisiert werden können, wird die Sanierung un- terbrochen. Beurteilungsstatus bleibt aber „Sanierungsbedürftig“ mit dem Vermerk auf der Standortinformation „derzeit kein Handlungsbedarf, der Standort wird überwacht“. Wenn eine neue Technik besteht, mit welcher der VC-Gehalt mit verhältnismässigem Aufwand vermin- dert werden kann, wird die Sanierung wieder aufgenommen. Dieses allgemein formulierte Beispiel ist in der Schweiz an verschiedenen Orten Realität. Mit dem offiziellen Entscheid, die Sanierung zu stoppen und Massnahmen erst unter gewissen Bedingungen wieder aufzunehmen, kann für den Standort und die Umgebung zumindest eine gewisser Planungs- und Handlungsmöglichkeit zurück gewonnen werden. Die Kriterien für den Sanierungsstopp sind standortspezifisch (und damit lokal begrenzt), sie können beispielsweise zwischen Haupt- und Nachbarareal variieren, während das Sanie- rungsziel für beide Standorte gleich bleibt (vgl. Kapitel 4). Rechtsgleichheit und Verhältnis- mässigkeit sind zu wahren. Beispiel Allgemein 2: Zwei benachbarte Areale mit unterschiedlich starker CKW- Belastung Auf einem Betriebsstandort A wurde mit der Detailuntersuchung eine Fracht von 3 t PER ermittelt. Die Belastung liegt auch auf dem Nachbarareal B vor (anderer Eigentümer), aller- dings beträgt die dort liegende Fracht nur ca. 30 kg PER. Im Abströmbereich von A und B ist der Konzentrationswert jeweils um ein Vielfaches überschritten. Bei Areal A wird zuerst sa- niert: durch Dekontamination können ca. 95 %, also 2.85 t PER entfernt werden. Eine weite- re Dekontamination wird als technisch äusserst schwierig und wirtschaftlich unverhältnis- mässig beurteilt.
Sie können auch lesen