Unabhängige Prüfung der Informatik im Kanton Bern (UPI) Kurzbericht - Gesamtprojektausschuss UPI, Kanton Bern Finanzdirektion des Kantons Bern ...

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Unabhängige Prüfung der
Informatik im Kanton Bern (UPI)

Kurzbericht

Gesamtprojektausschuss UPI, Kanton Bern

Finanzdirektion des Kantons Bern
Münsterplatz 12
3011 Bern

12. März 2014, Projekt-Nr. 12.167.11.01
Dokumentinformationen
 Titel:                            Unabhängige Prüfung der Informatik im Kanton Bern (UPI)
 Projektnummer:                    12.167.11.01
 Veröffentlichungsdatum:           12. März 2014
 Gespeichert:                      13. März 2014
 Anzahl Seiten:                    37 exkl. Beilagen
 Dateiname:                        Doc_140312_Kurzbericht_UPI_V1.0
 Dokumentverantwortlicher:         Christian Mauz
 Geprüft durch:                    Korreferent/Projektbegleiter: Oliver Vaterlaus                   Datum: 12.03.2014

Versionen
 Version   Datum           Wichtigste Änderungen

 V0.1      28.01.2014      Initialer Entwurf
 V0.2      30.01.2014      Interner Review
 V0.3      31.01.2014      Überarbeiteter Entwurf
 V0.4      07.02.2014      Entwurf für Review durch GPA
 V0.9      03.03.2014      Einarbeitung der eingegangenen Feedbacks, Entwurf für GPA vom 11.03.2014
 V1.0      12.03.2014      Finalisierung gemäss GPA vom 11.03.2014

Geschlechtsneutrale Formulierung
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die geschlechtsneutrale Differenzierung, z.B. Benutzer/-innen, verzichtet.
Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter.

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Inhaltsverzeichnis
1.   Management Summary ........................................................................................................... 4

2.   Einleitung ................................................................................................................................. 5
     2.1.      Ausgangslage und Zielsetzungen ................................................................................. 5
     2.2.      Umfang der Studie und Abgrenzung ............................................................................. 5
     2.3.      Untersuchungsvorgehen ............................................................................................... 6
     2.4.      Über diesen Kurzbericht ............................................................................................... 7

3.   Ist-Situation der ICT im Kanton Bern ....................................................................................... 8
     3.1.      Gliederung der ICT-Landschaft ..................................................................................... 8
     3.2.      ICT-Führung und Organisation ..................................................................................... 9
     3.3.      Fachapplikationen....................................................................................................... 12
     3.4.      Konzernapplikationen ................................................................................................. 14
     3.5.      Basisleistungen........................................................................................................... 14

4.   Empfehlungen für eine Verbesserung der ICT-Situation im Kanton Bern ............................... 15
     4.1.      ICT-Führung und ICT-Organisation............................................................................. 15
     4.2.      Fachapplikationen....................................................................................................... 19
     4.3.      Konzernapplikationen ................................................................................................. 20
     4.4.      ICT-Basisleistungen .................................................................................................... 22

5.   Zusammenfassung und Ausblick ........................................................................................... 31

A.   Anhang – Übersicht Empfehlungen ....................................................................................... 36

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1.   Management Summary
     In der Novembersession 2012 hat der Grosse Rat des Kantons Bern einstimmig zwei
     Motionen überwiesen, welche zusammengefasst eine unabhängige, vertiefte und
     umfassende Prüfung der Informatik (UPI) der kantonalen Verwaltung verlangen.
     Der Perimeter der Prüfung umfasst die gesamte ICT der kantonalen Verwaltung, jedoch
     nicht diejenige der autonomen Behörden (Volksschulen, Schulen der Sekundarstufe II,
     Hochschulen, Gemeinden) und der kantonalen psychiatrischen Institutionen. Dieser
     Perimeter umfasst ICT-Sach- und Personalaufwände von knapp CHF 170 Mio. oder
     ca. 2.3% des massgeblichen Staatshaushalts des Kantons Bern (Basis: Jahr 2012). Im
     Fokus der Untersuchung stehen die Bereiche ICT-Führung und -Organisation,
     Fachapplikationen, Konzernapplikationen und ICT-Basisleistungen.
     Gesamthaft kann festgestellt werden, dass die für die Fachämter notwendigen ICT-
     Leistungen in ausreichender Qualität durch die ICT-Organisationen erbracht werden.
     Die Nutzer sind mit den ICT-Leistungen mehrheitlich zufrieden. Es kam zu keinen
     grösseren Ausfällen oder Systemstörungen, mit Ausnahme der JGK/JUS, bei denen
     im Jahr 2012 mit der Initialisierung eines Projekts reagiert wurde. Im Rahmen der Prüfung
     wurden keine grösseren Projektvorhaben bekannt, welche gescheitert sind. Direktions-
     übergreifend wird die ICT als essentielle Ressource für die effiziente und effektive
     Bewältigung des stetig wachsenden Aufgabenspektrums der Verwaltung betrachtet.
     Andererseits legt die unabhängige Prüfung substanzielle Defizite in der strategischen
     Führung der Informatik offen. Direktionsübergreifende Synergien werden dadurch zu
     wenig genutzt und trotz einzelner Standardisierungsbemühungen finden sich zahlreiche
     Ausnahmen, die in dezentrale Speziallösungen münden. Auch mangels Transparenz
     der ICT-Aufwände und fehlendem Controlling ist es sehr schwierig, Standardisierungen
     und Zentralisierungen von Basisleistungen durchzusetzen und diese Optimierungs-
     potenziale auszuschöpfen. Bei durchgeführten Standardisierungsprojekten konnten
     jeweils grosse Potenziale erschlossen werden.
     Gesamthaft erachten wir das Optimierungspotenzial für die ICT des Kantons Bern als
     erheblich. Dieses wird in der vorliegenden Expertise in 46 Empfehlungen, gruppiert in
     neun Schwerpunkten, aufgezeigt und auf ca. CHF 28-50 Mio. jährlich abgeschätzt.
     Allerdings bedingt die Erschliessung des Potenzials einmalige Investitionen von rund
     CHF 20-45 Mio. in den nächsten Jahren. Ein Teil des identifizierten Potenzials wird
     derzeit schon in Harmonisierungs- und Optimierungsprojekten angegangen. Die
     Effizienzsteigerungen werden auch benötigt, um notwendige Leistungssteigerungen und
     neue Anforderungen abzufedern. Wir sehen als langfristig erreichbares Ziel eine
     Reduktion der jährlichen ICT-Aufwände um 14% bzw. CHF 24 Mio. gegenüber
     heute.
     Bevor aus diesen Empfehlungen konkrete Massnahmen abgeleitet werden können, sind
     nach unserer Auffassung jedoch als Grundlage auf der Strategieebene die grund-
     legenden Voraussetzungen für die Führung und Steuerung der ICT zu schaffen.

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2.     Einleitung

2.1.   Ausgangslage und Zielsetzungen
       In der Novembersession 2012 hat der Grosse Rat einstimmig zwei Motionen überwiesen,
       welche zusammengefasst eine unabhängige, vertiefte und umfassende Prüfung der
       Informatik der Kantonsverwaltung verlangen:
       •   Motion 181-2012 SP-JUSO-PSA „Effiziente Leistungserbringung in den Informatik-
           diensten“
       •   Motion 233-2012 FIKO/OAK „Unabhängige Prüfung der Informatik im Kanton Bern“
       Diese Prüfung soll mittels einer Ist-Analyse (inkl. Benchmarking) Vorschläge für
       Optimierungsmassnahmen im gesamten Informatikbereich der Kantonsverwaltung
       aufzeigen, d.h. insbesondere Empfehlungen im Hinblick auf Effizienzsteigerungen,
       Kostenoptimierungen, Qualitätsstandards und Verbesserungen bei der Sicherheit liefern.

2.2.   Umfang der Studie und Abgrenzung
       Im Rahmen des Mandats erfolgte eine unabhängige Prüfung der Informatik im Kanton
       Bern (UPI). Thematisch wurden vier grosse Bereiche untersucht:
       •   ICT-Führung und ICT-Organisation
           a) Organisationsmodell und Zuständigkeiten des ICT-Einsatzes auf
               gesamtstaatlicher Ebene, einschliesslich der strategischen Führung (Grosser
               Rat und Regierungsrat)
           b) Rolle der Bedag Informatik AG als formell privatisierter kantonseigener ICT-
               Leistungserbringer
       •   Fachapplikationen (Anwendungen, die von einzelnen Organisationseinheiten zur
           Aufgabenerfüllung eingesetzt werden)
           c) Organisationsmodell und Zuständigkeiten im Bereich Fachapplikationen
       •   Konzernapplikationen (Anwendungen, welche die ganze Verwaltung nutzt, wie z.B.
           das Finanzinformationssystem FIS und das Personalinformations- und
           Gehaltssystem PERSISKA)
           d) Organisationsmodell und Zuständigkeiten im Bereich Konzernapplikationen
           e) Bereich Enterprise Resource Planning (ERP): Weiterbetrieb der Eigenent-
               wicklungen FIS und PERSISKA oder Wechsel zu einer Standardsoftware wie
               SAP?
           f) Digitale Geschäftsverwaltung und Archivierung (DGA)
       •   ICT-Basisleistungen (Restliche ICT: Beratung und Konzeption für alle Bereiche,
           Aufbau und Betrieb von ICT-Infrastrukturen sowie der Betrieb der Fachapplikationen
           und Konzernapplikationen)
           g) Organisationsmodell und Zuständigkeiten im Bereich Basisleistungen
           h) Arbeitsplatz: Client (Client-Hardware und -Software, Arbeitsplatzdrucker)
           i)  Arbeitsplatz: Service-Desk
           j) Kommunikation: Telefonie, Collaboration
           k) Infrastruktur: Netzwerk (WAN, LAN)
           l)  Infrastruktur: Server-Plattformen

                                           5/37
In die Untersuchung eingeschlossen wurde die gesamte ICT der Verwaltung des Kantons
              Bern mit den sieben Direktionen (DIR) und der Staatskanzlei (STA), den Gerichtsbe-
              hörden und der Staatsanwaltschaft (JUS) sowie dem Grossen Rat. Weiter wurde der
              kantonseigene ICT-Leistungserbringer Bedag eingeschlossen.
              Nicht betrachtet wurde die ICT anderer autonomer Behörden wie z.B. der Volksschulen,
              Schulen der Sekundarstufe II, Hochschulen, Gemeinden oder anderer Staats-
              unternehmen. Aus diesem Grund wurden auch die kantonalen psychiatrischen
              Institutionen 1 nicht berücksichtigt, da diese mit dem neuen Spitalversorgungsgesetz
              voraussichtlich ab 2017 als selbstständige rechtliche Einheiten geführt werden. Die
              Schulen der Sekundarstufe II werden nicht berücksichtigt, da sie von der ICT-Strategie
              des Kantons ausgeschlossen sind und über eine eigene ICT-Strategie verfügen.

2.3.          Untersuchungsvorgehen
              UPI wurde in vier Phasen gestaffelt abgewickelt:
              •     Initialisierung
                    Die Projektorganisation und die Planung wurden festgelegt.
              •     Ist-Situation
                    Die von den DIR/STA/JUS bereitgestellten Unterlagen wurden gesichtet und
                    analysiert sowie mit 28 halbstrukturierten Interviews in ausgewählten Ämtern jeder
                    DIR/STA/JUS sowie der Bedag ergänzt. Weiter wurden zentral vorhandene Daten
                    und Informationen übernommen und aufbereitet. Auf Basis der vorliegenden
                    Unterlagen und auch der Informationen aus den Interviews wurden für jede
                    DIR/STA/JUS sowie für die Konzernapplikationen und die wichtigsten
                    Fachapplikationen quantitative und qualitative Steckbriefe verfasst, welche
                    anschliessend in Zusammenarbeit mit den DIR/STA/JUS verifiziert wurden.
              •     ICT-Führung und ICT-Organisation, Fach- und Konzernapplikationen
                    Die Aspekte ICT-Führung und Organisation, Fachapplikationen 2 und Konzern-
                    applikationen2 werden mit ähnlichen Organisationen und Best-Practice-Frameworks
                    (COBIT, ITIL, TOGAF) verglichen. Die genannten Bereiche wurden kritisch
                    gewürdigt und Empfehlungen dazu abgeleitet.
              •     ICT-Basisleistungen und Abschluss
                    Die erhobenen Daten für die ICT-Basisleistungen2 wurden analysiert und mit
                    ähnlichen Organisationen verglichen. Hierbei wurde die Vergleichbarkeit hergestellt,
                    relevante Kenngrössen bestimmt und eine kritische Würdigung der Erkenntnisse
                    durchgeführt.
              Für die Projektorganisation wurde ein Gesamtprojektausschuss (GPA) gebildet,
              welchem Vertreter aller DIR/STA/JUS sowie – als Beisitzer – die beiden Sekretäre der
              Finanzkommission (FIKO) und der Oberaufsichtskommission (OAK) angehörten. Die
              Hauptarbeiten erfolgten unabhängig durch die AWK Group AG. Der GPA begleitete das
              Mandat, stellte den Kontakt zu den DIR/STA/JUS her und agierte im Sinne eines Review-
              Gremiums. Die DIR/STA/JUS leisteten durch ihre Mitwirkung einen wesentlichen Beitrag
              zur erfolgreichen Durchführung des Mandats. Ein regelmässiges Reporting zum
              Projektfortschritt erfolgte zuhanden der FIKO/OAK und des GPA.

1
    Hierzu gehören: Universitäre Psychiatrische Dienste Bern (UPD), Psychiatriezentrum Münsingen (PZM) und Services psychiatriques
    Jura bernois – Bienne-Seeland (SPJBB)
2
    siehe Abschnitt 3.1.1 zu den verwendeten Begrifflichkeiten

                                                                 6/37
In zeitlicher Hinsicht starteten die Projektarbeiten im August 2013. Am 11. März 2014
              fand die letzte Sitzung des GPA statt. Danach wurde der Bericht finalisiert und der
              Finanzdirektion zu Handen des Regierungsrates abgeliefert.

2.3.1.        Kostenmodell
              Die quantitative Basis dieses Berichts wurde im Rahmen der Expertise erhoben, da ein
              geeignetes Zahlenwerk (Controlling-Cockpit oder ähnliches) nicht zur Verfügung stand.
              Diese quantitative Basis – im Folgenden mit „Kostenmodell“ bezeichnet – umfasst
              einerseits Kosten (Sachaufwand, Personalaufwand, Investitionen sowie Abschreibungen)
              und andererseits Mengen (Anzahl Geräte, Ports, Standorte etc.) sowie den
              massgeblichen 3 Staatshaushalt im Perimeter von UPI. Bezugsjahr für das
              Kostenmodell ist das Jahr 2012, da die Kosten aus dem Jahr 2013 noch nicht
              vorliegen. Die für das Kostenmodell benötigte Zuordnung von Einzelkosten und Mengen
              wurde grossteils rückblickend durchgeführt bzw. abgeschätzt. Somit ist das
              Kostenmodell mit Ungenauigkeiten behaftet, was bei der Interpretation der quantitativen
              Vergleiche und insbesondere der Grafiken zu berücksichtigen ist.

2.4.          Über diesen Kurzbericht
              Der vorliegende Bericht stellt eine Kurzfassung des UPI-Schlussberichts dar. In dieser
              Kurzfassung wird vor allem auf die Ist-Situation der ICT im Kanton Bern eingegangen
              sowie auf die abgeleiteten Empfehlungen. Auf die zugrundeliegenden Analysen und
              vertiefende Erläuterungen zu den Empfehlungen wird in dieser Kurzfassung verzichtet.
              Teilweise wurden der besseren Lesbarkeit wegen die Empfehlungen leicht textlich
              gekürzt. Hinsichtlich dieser Details wird auf den umfassenden Schlussbericht verwiesen.

              Die einzelnen Empfehlungen, die durch eine Markierung X01 am Seitenrand erkenntlich
              sind, werden den folgenden neun Schwerpunkten zugeordnet:

              A Führung und Organisation
              B Finanzielle Führung
              C Umsetzungscontrolling
              D Weiterentwicklung ICT-Landschaft
              E KAIO
              F Eigentümerstrategie Bedag
              G Enterprise Resource Planning
              H Basisleistungen Arbeitsplatz
              I    Basisleistungen Infrastruktur

3
    Beim massgeblichen Staatshaushalt werden nur die Organisationen im Perimeter von UPI einbezogen. Der vorliegende Bericht stützt
    sich auf die diesbezügliche Erhebung für den Benchmark der Schweizerischen Informatikkonferenz 2012.

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3.            Ist-Situation der ICT im Kanton Bern
              In diesem Kapitel wird ein grober Überblick über die ICT-Landschaft des Kantons Bern
              und deren wichtigste Elemente gegeben.

3.1.          Gliederung der ICT-Landschaft

3.1.1.        ICT-Dreischichtenmodell
              Die ICT-Leistungen werden kantonal gemäss dem ICT-Dreischichtenmodell strukturiert:
              •     Fachapplikationen sowie dazugehörige Dienstleistungen werden zur Unterstützung
                    von spezialisierten Geschäftsprozessen oder Anforderungen eingesetzt. Sie liegen
                    aufgrund der notwendigen Sachnähe in der Verantwortung des jeweiligen
                    Fachamtes. (Off-the-shelf) Standard-Arbeitsplatzapplikationen werden den
                    Basisleistungen zugeordnet und gelten nicht als Fachapplikationen.
              •     Konzernapplikationen4 sowie zugehörige Dienstleistungen unterstützen wesent-
                    liche Geschäftsprozesse und breit abgestützte Anforderungen. Sie stehen prinzipiell
                    allen DIR/STA/JUS zur Verfügung. Die in diesem Bericht als Konzernapplikationen
                    betrachteten Applikationen sind FIS, PERSISKA, GERES und GIS.
              •     Die ICT-Basisleistungen 5 sind die Beratung, die Konzeption, der Aufbau und der
                    Betrieb von ICT-Infrastrukturen, der Betrieb von Fachapplikationen sowie die
                    Softwareangebote des KAIO.
                    Im Bereich der Basisleistungen sind in der kantonalen Verwaltung verschiedene
                    Begrifflichkeiten in Verwendung. Um Missverständnisse zu vermeiden, werden in
                    diesem Bericht die zwei Begriffe „Basisleistungen“ und „Pflichtbezug“ verwendet:
                    – Der Begriff „Basisleistungen“ umfasst die alltägliche Bereitstellung von IT-
                         Infrastruktur, Anwendungen und Support. Der Begriff ist bewusst weit gefasst
                         und umfasst Leistungen, die in diesem Bereich von den DIR/STA/JUS, dem
                         KAIO oder Dritten erbracht werden oder zukünftig erbracht werden könnten.
                    – Der Begriff „(Basisleistungen mit) Pflichtbezug“ umfasst jenen Teil der
                         Basisleistungen, für welche gemäss Zonenplan ein Pflichtbezug besteht.

3.1.2.        Koordinierte Dezentralisierung
              Die ICT-Organisation ist dezentral aufgebaut und wird je nach ICT-Leistung durch
              verschiedene Gremien koordiniert. Die Verantwortung für die Konzern- und
              Fachapplikationen wird durch die entsprechende DIR/STA/JUS bzw. Fachämter
              wahrgenommen. Hierdurch wird die notwendige Sachnähe sichergestellt. Des Weiteren
              haben diese die Ergebnisverantwortung für die ihnen übertragenen Bereiche und müssen
              so die Anforderungen an die unterstützenden Konzern- und Fachapplikationen definieren,
              diese beschaffen, einsetzen und überwachen.
              Basisleistungen mit Pflichtbezug werden über die Kantonale Informatikkonferenz (KIK)
              koordiniert, für die weiteren Basisleistungen sind die DIR/STA/JUS verantwortlich.

4
    Der im ICT-Zonenplan verwendete Begriff „Querschnittsapplikationen“ wird in diesem Bericht im Folgenden nicht weiter verwendet.
5
    Der im Dreischichtenmodell verwendete Begriff „Grundversorgung“ wird in diesem Bericht vermieden und stattdessen der weit
    gefasste Begriff „Basisleistungen“ verwendet.

                                                                8/37
3.2.   ICT-Führung und Organisation
       Der koordinierte dezentrale Einsatz der ICT in der Kantonsverwaltung wird in
       verschiedenen Grundlagendokumenten festgelegt:
       1)   RRB 2054 vom 5. Dezember 2007 «Strategie zur Führung der Informatik im Kanton
            Bern (Informatikeinsatzkonzept)» mit Strategie und Vortrag.
       2)   RRB 2127 vom 12. Dezember 2007 «Weisung des Regierungsrates über
            Informationssicherheit und Datenschutz (ISDS)» mit Vortrag.
       3)   RRB 969 vom 10. Mai 2006 «Reglement der Ressourcenkonferenz (RESKO-
            Reglement)».
       4)   Art. 1 und 11 der Verordnung vom 18. Oktober 1995 über die Organisation und die
            Aufgaben der Finanzdirektion (Organisationsverordnung FIN, OrV FIN, BSG
            152.221.171).
       5)   RRB 1636 vom Oktober 2008 «Projekt BE ICT: Aussprache zum weiteren Vorgehen;
            Ergebnissicherung betreffend Regierungssitzung vom 10. September 2008».
       6)   RRB 1406 vom 19. September 2012 «Überholte Regierungsratsbeschlüsse im
            Bereich der Informatik und Telekommunikation; Aufhebung und Herabstufung zur
            fachlichen Weisung».
       7)   Weisung des KAIO über die Standards der Informations- und Kommunikations-
            technologie der Kantonsverwaltung (ICT-Zonenplan), IWS 1.5.001 vom
            16. Dezember 2010.
       8)   Weisung des KAIO über die Standards der Informations- und Kommunikations-
            technologie der Kantonsverwaltung (ICT-Zonenplan) – Anhang 1: Kantonale ICT-
            Standards, IWS 1.5.002 vom 5. Dezember 2013.
       Ergänzend haben sich in der Kantonsverwaltung Quasi-Standards und Begrifflichkeiten
       entwickelt, die den offiziellen Status der oben genannten Dokumente (noch) nicht erreicht
       haben.
       Das Informatikeinsatzkonzept definiert die Prinzipien des ICT-Einsatzes in der
       Kantonsverwaltung:

       •    ICT-Führung
            – Strategische ICT-Führung durch den Regierungsrat, unterstützt durch die FIN
                mit Anträgen für ICT-Steuerungsentscheide und regelmässigem Reporting
            – Hauptverantwortung der DIR/STA/JUS für den ICT-Einsatz in ihren Bereichen

       •    ICT-Koordination
            – Fachtechnische Koordination durch das KAIO und die KIK
       •    ICT-Organisation
            – Modell der koordinierten Dezentralisierung mit Vorgabe strategischer
                Rahmenbedingungen durch den Regierungsrat, fachtechnischer Koordination
                durch KAIO und KIK und Umsetzung in den DIR/STA/JUS
       Das Prinzip der koordinierten Dezentralisierung bedingt, dass die ICT über verschiedene
       Organe und Gremien innerhalb des Kantons koordiniert wird. Die folgende Abbildung 1
       fasst die für den ICT-Einsatz relevanten Organe und Gremien zusammen.

                                            9/37
Aufsicht

         Parlament                                                      Grosser Rat
                                                                                                                     Kommissionen

         Regierung                                             Regierungsrat

                              Mitberichtsverfahren /                                             Fachgremien
                                                                       IT-Fachgruppen
         Übergeordnete            Ressourcen                                                  Querschnittsservices
         Gremien
                              GSK        RESKO           KIK       FG GV, KA, SM, IS          PEKO FICON
                                                                                                                     OAK    FIKO      FK
                                          VOL                JGK             FIN               BVE
         Direktionen
                               STA                     GEF          POM                 ERZ               JUS

         Kantonseigener                                            Beteiligungsbetreuung
                              Bedag
         Leistungserbringer

                                  Abbildung 1: Übersicht der Organe und Gremien

3.2.1.   KAIO
         Das KAIO ist als für die ICT-Belange zuständiges Fachamt in der FIN angesiedelt und
         erarbeitet zuhanden des Regierungsrates die Grundsätze für den ICT-Einsatz. Es ist als
         Koordinationsstelle für gesamtkantonale ICT-Belange sowie für die Führung und den
         Betrieb der meisten zentralen ICT-Systeme etabliert. Weiter koordiniert es die
         direktionsübergreifenden Informatikbelange mit der Bedag.
         Im Bereich der Basisleistungen bestellt das KAIO Dienstleistungen bei externen
         Lieferanten wie der Bedag, Connectis, Swisscom und Anderen, erbringt diese teilweise
         aber auch selber als Leistungserbringer. Die entsprechenden Kosten der Basisleistungen
         fallen direkt beim KAIO an und werden nur vereinzelt den Leistungsbezügern
         weiterverrechnet. Die DIR/STA/JUS und/oder Ämter bzw. Organisationseinheiten
         bestellen Basisleistungen beim KAIO, teils koordiniert durch ICT-Organisationen in den
         entsprechenden Generalsekretariaten bzw. durch zentrale Dienste. Bestellungen erfolgen
         aber auch direkt bei Dritten ohne Einbezug und Wissen des KAIO. Die FIN bezieht alle
         Basisleistungen ausschliesslich über das KAIO, ebenso ab 2014 die JGK sowie die JUS.
         Das KAIO bekleidet somit verschiedene Rollen:
         •   Fachtechnische Gesamtkoordination der ICT im Kanton zusammen mit der KIK.
             Dazu erlässt das KAIO gemeinsam mit der KIK den ICT-Zonenplan, der die
             kantonsweit verbindlichen Standards für den koordinierten ICT-Einsatz festlegt.
         •   Kantonaler Besteller für die DIR/STA/JUS und Provider-Management für
             Basisleistungen, welche extern beschafft werden. Die Position des kantonalen
             Bestellers im Bereich der Basisleistungen wird gemäss Strategie vom KAIO
             angestrebt, de facto ist dies aber noch nicht bzw. erst teilweise erreicht.
         •   Leistungserbringer Basisleistungen für die DIR/STA/JUS für nicht extern
             beschaffte Basisleistungen.

                                                               10/37
3.2.2.   Führung der ICT bei den DIR/STA/JUS
         Die Leistungsbezüger der Kantonsverwaltung können auf Basis der Bedeutung der ICT
         für ihre wichtigsten Geschäftsprozesse in verschiedene Gruppen eingeteilt werden.
         Abbildung 2 zeigt eine grobe Einschätzung der Ämter in solche mit kritischem,
         wesentlichem und unkritischem ICT-Einsatz.

                            STA        VOL         GEF           JGK      POM              FIN         ERZ           BVE          JUS

          Querschnitts-                                          GS                        GS           GS
                            AZD         GS         GS                     GS                                         GS            JL
          funktionen                                          ABA*)                       KAIO         AZD

                                                                         KAPO              SV
          ICT kritisch                LANAT                      ASV                       PA                        TBA
                                                                         SVSA              FV

          Wesentlicher                                                                                 MBA           AGI
                                       beco                                FB                                                     ZSJ
          ICT-Einsatz                                                                                  AKVB          AGG

                                                RA/KAPA          RA                                                  AWA
                                                  ALBA                    MIP                           AK                       STAW
                                                               AGR
                                                                                                                      RA
                                                   SOA
          ICT unkritisch    StAB       KAWA                      KJA
                                                SPA/KAZA                                                AH                         VG
                                                              Landes-     BSM                                        AUE
                                                    KL        kirchen
                                                Schulheime/
                                                                 DSA                                                 AÖV
                                                   HSM
                                                                            *)   die Ämter RSTA, BAKA, HRA und GBA sind dem ABA zugeordnet

                                     Abbildung 2: Übersicht Leistungsbezüger

         Die folgende Abbildung 3 zeigt im Überblick die verschiedenen Leistungserbringer
         innerhalb der DIR/STA/JUS.

                             STA        VOL        GEF           JGK      POM               FIN          ERZ          BVE           JUS

                                                  ICT ZV      ABA-IT    IT KZ POM                                                 IT JUS
                            IT STA     IT VOL                                              KAIO        IT ERZ       ICT BVE
          Basisleistungen                         ICT KL         KAIO   IT KZ KAPO                                                 KAIO

                                                                          Bedag

          Pflichtbezug                                                    KAIO

                                                                                            FV
          Konzern-
                                                                                            PA                        AGI
          applikationen
                                                                                           KAIO

                                     Abbildung 3: Übersicht Leistungserbringer

         Für die Basisleistungen mit Pflichtbezug ist ausschliesslich das KAIO zuständig, für die
         weiteren Basisleistungen sind die DIR/STA/JUS verantwortlich. In den einzelnen
         DIR/STA/JUS werden diese Basisleistungen von einer IT-Abteilung erbracht, welche im
         Generalsekretariat oder einem Amt für zentrale Dienste angesiedelt ist. Für die
         Konzernapplikationen FIS, PERSISKA oder GIS ist das jeweilige Fachamt zuständig, die
         Ausnahme ist GERES, welche durch das KAIO betreut wird.

                                                         11/37
3.2.3.        Bedag Informatik AG
              Die Bedag wurde 1990 als Ausgliederung der internen IT des Kantons gegründet. Sie
              erbringt heute Betriebs- und Entwicklungsdienstleistungen für den Kanton Bern, bietet
              aber ihre Leistungen auch auf dem freien Markt an. Der Kanton Bern ist Alleinaktionär.
              Mit der Auslagerung verfolgt der Kanton Bern folgende Ziele (Eigentümerstrategie):

              •     Die Bedag erbringt Informatikdienstleistungen für den Kanton Bern zu
                    marktgerechten Preisen.

              •     Die Bedag erbringt Dienstleistungen für weitere Kunden zur Realisierung positiver
                    Synergieeffekte (Kosten, Know-how, Referenzen).
              Bei der Vergabe wird die Bedag nicht bevorzugt. Bei öffentlichen Ausschreibungen muss
              sie wie alle anderen Marktteilnehmer offerieren. Allerdings wurde zusammen mit der FK
              ein spezielles Preismodell für Rechenzentrumsdienstleistungen für den Kanton Bern
              festgelegt. Freihändige Vergaben an die Bedag gibt es nur, falls eine entsprechende
              Rechtsgrundlage gegeben ist, zum Beispiel bei der Erweiterung bereits bestehender
              Dienstleistungen. Um vollständige Transparenz zu wahren, werden freihändige Vergaben
              an die Bedag im Amtsblatt und unter SIMAP öffentlich publiziert.
              Die Bedag erwirtschaftet mit ihren 470 Mitarbeitenden einen Dienstleistungsertrag von
              ca. CHF 110 Mio. jährlich, wovon ca. die Hälfte auf den Kanton Bern entfällt. Ca. 75%
              aller Leistungen der Bedag entfallen auf den Rechenzentrumsbetrieb und ca. 25% auf die
              Softwareentwicklung.

3.3.          Fachapplikationen
              In den Fachämtern werden zahlreiche Kernprozesse und fachliche Aufgaben durch
              geeignete Fachapplikationen 6 unterstützt. Das Applikationsportfolio (Inventar) über die
              Fachapplikationen wird dezentral in den Ämtern bzw. Organisationseinheiten geführt,
              wobei keine kantonalen Vorgaben zum Inhalt oder zur Form des Applikationsportfolios
              existieren. Das Management der entsprechenden Verträge liegt ebenfalls in der
              Verantwortung der Direktionen.
              In der kantonalen Verwaltung sind mehrere hundert (Fach-)Applikationen im Einsatz,
              um die thematische Breite der Verwaltungstätigkeit abzudecken. Beim Grossteil dieser
              Applikationen handelt es sich um auf dem Markt verfügbare Standardprodukte, die
              jeweils von einem kleinen Benutzerkreis verwendet werden.

6
    siehe Kapitel 3.1.1 zur Verwendung des Begriffs „Fachapplikation“

                                                                12/37
In Tabelle 1 sind jene Fachapplikationen aufgelistet, die jährliche Betriebskosten (Betrieb,
Wartung, Lizenzen) von mehr als TCHF 100 verursachen.

DIR   Fachapplikation           Kurzbeschreibung

STA   CMI-Konsul                Geschäftsverwaltung und Sitzungsmanagement (auch bei JGK, POM und
                                GEF im Einsatz)
VOL   GELAN                     Gesamtlösung EDV Landwirtschaft und Natur
GEF   nur Fachapplikationen mit jährlichen Betriebskosten von weniger als TCHF 100 im Einsatz (z.B.
      KOLA, ZERO, Limsophy)
JGK   EVOK                      Gesamtlösung für das ASV für den elektronischen Vollzug der
                                Krankenversicherung
      Prefecta                  Geschäftsverwaltung der Regierungsstatthalterämter
      DBMS Caché                Datenbankmanagementsystem (u.a. für Tribuna, Prefecta und BAExpert)
POM   ELAR                      Elektronisches Archiv der Migrationsdienste
      GINA                      Gefängnis Insassen Administration
      SUSA                      Integrierte Lösung für das Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt
      AVANTI ELS                Einsatzleitsysteme
      Avanti Office             Polizeiliche Vorgangsbearbeitung
      ABI                       Polizei-Informationssystem
      OBV                       Verarbeitung von Ordnungsbussen
FIN   HelpLine                  IT Service Management System des KAIO für Support FIN & Kanton
      NESKO / TaxMe             Steuerlösung
      ZPV                       Zentrales Personen- und Adressdatenverwaltungs-System
ERZ   Escada                    Software zur Administration von Lehrvertragsdaten
      Evento                    Schulverwaltung SekII
BVE   Capitastra                Elektronische Führung des Grundbuches und der amtlichen Vermessung
                                (gemeinsam mit JGK)
      SAP                       ERP-Lösung; Baukosten- und kaufmännisches Immobilienmanagement
JUS   Tribuna V3                Geschäftskontrolle der Gerichtsbehörde und Staatsanwaltschaft

                      Tabelle 1: Fachapplikationen (Auszug) mit jährlichen
                          Betriebskosten von mehr als CHF 100‘000

Gemäss Art. 15 des Informatikeinsatzkonzepts ist Standardlösungen der Vorrang zu
geben: „Die Neuentwicklung von ICT-Systemen, namentlich von Software, ist nur
zulässig, wenn der Einsatz von Standardlösungen die Aufgabenerfüllung in wesentlichen
Punkten verunmöglichen würde.“ Trotz dieses Grundsatzes sind diverse
Eigenentwicklungen im Einsatz (z.B. EVOK, GELAN, NESKO) bzw. ist beim Einsatz von
Standardlösungen ein gewisser Grad an Individualisierung notwendig. In solchen Fällen
wird die Entwicklung bzw. Individualisierung jeweils bei Drittfirmen in Auftrag gegeben.
Abgesehen von einzelnen kleinen Tools oder Datenbankapplikationen wird in der
Kantonsverwaltung keine Software selbst entwickelt.

                                           13/37
Die DIR/STA/JUS haben unterschiedliche Modelle für das Applikationsmanagement,
       den Betrieb sowie die Infrastruktur und Plattform von Fachapplikationen gewählt:
       •   Die FIN (ohne KAIO), JGK und JUS beschränken sich auf das Applikationsmanage-
           ment und den Betrieb der Fachapplikationen. Der Betrieb der Infrastruktur und
           Plattform ist für die FIN (und ab 2014 für die JGK und JUS) an die Bedag
           ausgelagert. Die Steuerung erfolgt durch das KAIO.
       •   Die BVE beschränkt sich auf das Applikationsmanagement und den Betrieb
           einzelner Fachapplikationen. Der Betrieb der Infrastruktur und Plattform ist seit 2014
           an die Bedag ausgelagert.
       •   Die übrigen Direktionen nehmen alle Aufgaben im Zusammenhang mit den
           Fachapplikationen wahr (Applikationsmanagement bis Betrieb der Infrastruktur und
           Plattform).

3.4.   Konzernapplikationen
       In der Kantonsverwaltung sind aktuell vier Konzernapplikationen im Einsatz:
       •   FIS: Finanz- und Betriebsbuchhaltung (inkl. Zeit- und Leistungserfassung)
       •   PERSISKA: Personalinformations- und Gehaltssystem
       •   GERES: Einwohnerregister
       •   GIS: Geografische Informationssysteme
       Die Konzernapplikationen haben die folgenden Eigenschaften gemeinsam:
       •   Verwendung in allen Direktionen und eine dementsprechend grosse Anzahl von
           Benutzern
       •   Datendrehscheibe (Leitsystem) mit Schnittstellen zu Fachapplikationen (Vor- und
           Nachsysteme)
       •   Direktionsübergreifende Koordination beim Applikationsmanagement
       •   Hoher finanzieller und personeller Aufwand (die „grossen“ Fachapplikationen wie
           NESKO, GELAN, EVOK etc. liegen jedoch durchaus in einer ähnlichen Grössen-
           ordnung)

3.5.   Basisleistungen
       Die Sicherstellung der Basisleistungen liegt in der Verantwortung der DIR/STA/JUS.
       Insbesondere im Bereich der Basisleistungen unterliegen die Direktionen jedoch den
       Weisungen des KAIO über die Standards der ICT der Kantonsverwaltung (ICT-
       Zonenplan). Dieser Zonenplan legt für Teile der Basisleistungen verbindliche Standards
       fest wie normative Standards (Datenformate, Sicherheit etc.), technologische Standards
       (Standardprodukte, Protokolle, Dienste etc.) und Vorgaben zum Leistungsbezug/
       Pflichtbezug von Diensten (KAIO, Bedag). Wenn der ICT-Zonenplan keine Vorgaben
       macht oder ein (schriftlich) begründeter Ausnahmefall zu einer Basisleistung vorliegt, liegt
       es in der Verantwortung der Direktionen, die Basisleistung selbst sicherzustellen.

                                             14/37
4.       Empfehlungen für eine Verbesserung der ICT-Situation
         im Kanton Bern
         In diesem Kapitel werden zu den einzelnen Fragestellungen (siehe Kapitel 2.2) die
         abgeleiteten Empfehlungen zusammengefasst. Für die Grundlagen und vertiefende
         Erläuterungen zu den einzelnen Empfehlungen wird auf den umfassenden Schlussbericht
         verwiesen.

4.1.     ICT-Führung und ICT-Organisation
         Im Rahmen der Studie UPI wurden die DIR/STA/JUS mit der Aufschlüsselung der
         Laufenden Rechnung, der Investitionsrechnung und der Abschreibungen auf die
         einzelnen ICT-Leistungen beauftragt. Die Rückmeldungen sind konsolidiert in Abbildung
         4 dargestellt. Das resultierende Kostenmodell ist Basis der Analysen und des
         Benchmarks (siehe auch Abschnitt 2.3.1).

                           250
                                     228.8         49.3

                           200                     22%
                                                                10.9
                                                                              168.6
         Aufwand [MCHF]

                                                                 5%                   2%        Nicht zuweisbare
                           150                                                12%
                                                                                                wiederkehrende Aufwände
                                                                                                Sonstige wiederkehrende
                                                                              38%
                           100                                                                  Aufwände
                                                                                                Fachapplikationen
                                                                              14%
                            50                                                                  Konzernapplikationen
                                                                              33%               Basisleistungen

                            0                                                              Quelle: Kostenmodell DIR / STA / JUS f ür 2012

                                    Sach- und    Abgrenzung   Einmalige   Wiederkehrende
                                 Personalaufwand Umfang UPI    Effekte    ICT-Aufwände

                          Abbildung 4: Zusammensetzung der Kosten im Kostenmodell (Laufende Rechnung)

         Von den CHF 229 Mio. jährlicher ICT-Aufwände gemäss Datenerhebung aus FIS sind ca.
         20% nicht im Untersuchungsumfang (Volksschulen, Schulen der Sekundarstufe II,
         Hochschulen, kantonale psychiatrische Institutionen) und werden deshalb abgegrenzt.
         Von den DIR/STA/JUS wurden einmalige, vorliegend nicht interessierende Effekte für das
         Untersuchungsjahr 2012 von CHF 10.9 Mio. bzw. 5% geltend gemacht. Der
         überwiegende Anteil entfällt hiervon auf das Projekt KWP2010 zur Einführung des neuen
         kantonalen Arbeitsplatzes. Für den Untersuchungsumfang von UPI repräsentativ sind
         somit CHF 168.6 Mio. Hiervon entfallen 38% auf Fachapplikationen, 14% auf
         Konzernapplikationen und 33% auf Basisleistungen. Ca. 14% der Leistungen konnten
         nicht diesen Kategorien zugewiesen werden und entfallen somit auf sonstige bzw. nicht
         zuweisbare wiederkehrende Aufwände.
         Darüber hinaus werden im Mittel jährlich ca. CHF 19.9 Mio. investiert und CHF 21.5 Mio.
         abgeschrieben.

4.1.1.   Organisationsmodell und Zuständigkeit des ICT-Einsatzes
         Die ICT-Unterstützung der Verwaltung sollte aus einer strategischen Sicht langfristig                                              A01
         ausgelegt und geplant werden. Die gesamtstaatliche ICT-Strategie, das sogenannte
         Informatikeinsatzkonzept 2007, ist heute veraltet, weshalb die gesamtstaatliche ICT-
         Führung im Regierungsrat über Einzelentscheide bzw. Einzelprojekte ohne definierte

                                                              15/37
strategische Leitplanken erfolgt. Der Regierungsrat sollte daher eine übergreifende ICT-
      Strategie ausarbeiten lassen, inklusive einer zugehörigen Umsetzungsplanung. Die
      ICT-Strategie legt die strategischen Rahmenbedingungen und Leitplanken fest. Das
      Organisationsmodell (ICT-Führung, ICT-Koordination und ICT-Organisation) kann z.B. in
      einer Verordnung oder im bestehenden Informatikeinsatzkonzept geregelt werden.

A02   Um die Umsetzung der strategischen Vorgaben sicher zu stellen, sollte eine strategisch-
      taktische Ebene für die ICT-Belange geschaffen werden. Diese Ebene ist eine
      unabdingbare Voraussetzung, um die ICT im Kanton strategisch führen zu können. Sie
      ist für eine wirksame und verbindliche Gesamtsteuerung zwischen Angebot und
      Nachfrage verantwortlich und eine Voraussetzung für den Erfolg allfälliger zusätzlicher
      Standardisierungen und Zentralisierungen im Bereich der Basisleistungen sowie für
      System- und Architekturvorgaben.
      Gegenwärtig liegt diese Verantwortung beim Regierungsrat, dessen Aufgaben- und
      Verantwortungsspektrum es aber verunmöglicht, sich konsequent um die Umsetzung der
      strategischen Vorgaben zu kümmern. Entsprechend wird empfohlen, diese strategisch-
      taktische Steuerung der ICT einem gesamtstaatlichen Gremium zuzuweisen. Die
      nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die vorgeschlagenen Möglichkeiten sowie
      die aufgeführten Argumente:

      Tabelle 2: Optionen zur Ausgestaltung des strategisch-taktischen Organs
                                               Strategisch
                      IT-Delegation          taktisches ICT-               GSK                    RESKO
                                                Gremium

                                           Ausgewählte Mitglie-
                   Ausgewählte Mitglie-
                                           der mit ICT-Affinität
                   der mit ICT-Affinität
                                           bestehend aus:
                   bestehend aus:                                                           Ressourcenverant-
      Zusammen-                            • Generalsekretäre      Generalsekretäre der
                   • Regierung                                                              wortliche
        setzung                                                    DIR/STA/JUS
                                           • Stv. Generalsekre-                             DIR/STA/JUS
                   • Generalsekretäre
                                             täre
                   • Amtsvorsteher
                                           • Amtsvorsteher
                   • Hohe Entschei-
                     dungskompetenz        • Fokus auf ICT gibt
                                                                   • Kein zusätzliches      • Kein zusätzliches
                   • Frühzeitige Einbin-     Thema Gewicht
                                                                     Gremium                  Gremium
        Stärken      dung Exekutive        • Besetzung gemäss
                                                                   • Alle DIR/STA/JUS       • Alle DIR/STA/JUS
                   • Insbesondere bei        Bedeutung ICT
                                                                     vertreten                vertreten
                     grösseren Verän-        möglich
                     derungen geeignet
                   • Zusätzliches Gre-     • Zusätzliches Gre-     • Geringe Affinität zu   • Geringe Affinität zu
                     mium                    mium                    ICT-Themen               ICT-Themen
      Schwächen    • Bindung von Res-      • Entscheidungen        • Entscheidungen         • Entscheidungen
                     sourcen der Exe-        nur vorbereitend        nur vorbereitend         nur vorbereitend
                     kutive                  für Regierungsrat       für Regierungsrat        für Regierungsrat

      Im Folgenden werden die möglichen Ansätze diskutiert.
      Als pragmatisches Mittel hat sich in der Stadt Zürich die Schaffung einer IT-Delegation
      sehr bewährt. Es ist ein neu zu bildendes Gremium mit Vertretungen der DIR/STA/JUS
      auf Ebene Regierungsrat, Generalsekretär oder Amtsvorsteher, welches auf strategisch-
      taktischer Ebene ICT-Geschäfte berät und ICT-Strategiefragen zuhanden des
      Regierungsrats vorbereitet. Der Vorsitz kann beispielsweise durch den Vorsteher bzw.
      die Vorsteherin der FIN wahrgenommen werden. Bei den Mitgliedern ist auf eine ICT-

                                                16/37
Affinität zu achten, die Vertretung der DIR/STA/JUS sollte sich auch an der Bedeutung
der ICT für die jeweilige DIR/STA/JUS orientieren, es müssen aber nicht zwingend alle
DIR/STA/JUS vertreten sein. Die IT-Delegation ist v.a. geeignet wenn es um grössere
Veränderungen geht und die entsprechende Aufmerksamkeit der Führung zentral ist.
Durch die frühzeitige Einbindung der Exekutive wird weniger Management-Kapazität bei
der späteren Behandlung im Regierungsrat gebunden. Die bestehende GSK könnte die
Rolle eines „sounding boards“ übernehmen, sie eignet sich hingegen (wie die RESKO)
weniger, um sich auf operativer Ebene um sämtliche strategisch-taktischen ICT-Belange
kümmern zu können.
Es ist auch die Schaffung eines neuen strategisch taktischen ICT-Gremiums ohne
Einbezug der Exekutive möglich. Hier kann z.B. der Amtsleiter des KAIO den Vorsitz
haben, sofern ihm die Rolle des Chief Information Officer (CIO) im Kanton zugewiesen
wird. Es setzt sich aus ICT-affinen Generalsekretären, stellvertretenden
Generalsekretären und Amtsvorstehern zusammen. Es gelten die bei der IT-Delegation
ausgeführten Punkte, allerdings ist die Entscheidungskompetenz und damit die Kraft,
tiefgreifende Veränderungen voranzutreiben, geringer.
Eine andere Möglichkeit ist – wie in anderen Kantonen ebenfalls praktiziert – die
Delegation an bestehende Gremien wie die GSK (beispielsweise ähnlich zum
Informatikboard im Kanton Aargau) oder die RESKO. Bei der Nutzung bestehender
Gremien ist darauf zu achten, dass sich diese auch mit den ICT-Themen identifizieren
und die notwendige Entscheidungskompetenz haben. Bisher behandelte beispielsweise
die RESKO in erster Linie finanzpolitische Fragestellungen, Informatikfragen wurden
selten bis nie thematisiert. Seit Mitte 2013 wird nun regelmässig auch über Themen der
IT (KIK-Themen) und des Personals (PEKO-Themen) informiert und diskutiert.
Die in diesem Bericht vorgeschlagene Umsetzungsplanung erstreckt sich über mehrere
Jahre und umfasst verschiedene, teils komplexe und aufwändige Teilprojekte. Vor
diesem Hintergrund könnte das strategisch-taktische ICT-Gremium bei der Umsetzung
die Rolle des Gesamtprojektausschusses übernehmen. Eine jährliche Regierungsrats-
klausur dediziert zur ICT bündelt strategische Fragen im Regierungsrat und kann das
Umsetzungscontrolling übernehmen.
Angesichts der zunehmenden Bedeutung der ICT, des erforderlichen Know-hows und der
erforderlichen ICT-Affinität wäre es nach unserer Einschätzung angebracht, ein neues
Gremium mit diesen Aufgaben zu betrauen. Wir favorisieren für die derzeitige
Situation des Kantons Berns, in der tiefgreifende Veränderungen anstehen, die
Variante der IT-Delegation.
Die strategisch-taktische Ebene ist mit den notwendigen Kompetenzen auszustatten,
insbesondere für:
•   Die Ausarbeitung der ICT-Strategie in Zusammenarbeit mit dem KAIO und der KIK,
•   die Festlegung, was zum Pflichtkonsum gehört und welches die Konzernapplikatio-
    nen sind,
•   das Projektportfolio-Management mit Konsolidierung und Priorisierung zuhanden
    des Regierungsrates,
•   den Projektausschuss für gesamtstaatliche ICT-Projekte,
•   die Genehmigung übergeordneter Weisungen und Richtlinien (z.B. in den Bereichen
    Unternehmensarchitektur und Sicherheit) und
•   die konsequente Durchsetzung der ICT-Vorgaben.

                                    17/37
Bei der Neuregelung der strategisch-taktischen Ebene ist auch die Schnittstelle in die
                    DIR/STA/JUS zu regeln, z.B. mit einem Informatikverantwortlichen mit definierten
                    Kompetenzen und Verantwortungen pro relevante Organisationseinheit.

A03                 Die Hauptschwerpunkte für die Informatikabteilungen in den DIR/STA/JUS sollten in
                    Zukunft primär auf der Business Analyse und dem Applikationsmanagement für
                    Fachanwendungen liegen. Allenfalls sind Support-Aufgaben denkbar, um die Nähe zu
                    den Anwendern sicherzustellen.

A04                 Bei der Neugestaltung der Organisation, insbesondere auch bei Aufgaben-
                    verschiebungen innerhalb der Kantonsverwaltung, muss dem Veränderungsmanage-
                    ment besondere Beachtung geschenkt werden (z.B. für Empfehlung A03). Eine
                    Veränderung muss sauber geplant und gut begleitet werden. Den Mitarbeitenden muss
                    eine Perspektive geboten werden und die Betriebssicherheit muss jederzeit gewährleistet
                    sein.

B01                 Um die effektive, gesamtstaatliche Steuerung sicherzustellen, sollten entsprechende ICT-
                    Steuerungsinstrumente bereitgestellt werden. Hierzu gehört insbesondere die
                    Schaffung von Transparenz betreffend den ICT-Aufwänden und Leistungen durch
                    geeignete Mittel (z.B. Leistungsvereinbarungen, SLA, Konzept für die ICT-
                    Leistungsverrechnung, gesamtstaatliches Controlling etc.). Dies gilt insbesondere auch
                    für die Zusammenarbeit zwischen den DIR/STA/JUS und dem KAIO. Die Weisungen der
                    Finanzdirektion und der Finanzverwaltung über die Steuerung von Finanzen und
                    Leistungen (FLW) sind gegebenenfalls anzupassen.

B02                 Die Schnittstelle zwischen KAIO und Bedag muss professionalisiert werden. Heute
                    ist zu den erbrachten Leistungen und den damit verbundenen Kosten noch zu wenig
                    Transparenz vorhanden. Echte Kostentransparenz ist heute nur in den Bereichen
                    gegeben, wo eine öffentliche Ausschreibung erfolgte. Somit ist es für das KAIO
                    schwierig, die Bedag-Leistungen adäquat zu steuern.

C01                 Der Erfolg und die Nachhaltigkeit der Weiterentwicklung der ICT des Kantons gemäss
                    den Empfehlungen kann nur durch die Etablierung eines unabhängigen Umsetzungs-
                    controllings gewährleistet werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass nur ein Bruchteil
                    des ausgewiesenen Potenzials realisiert wird. Das strategische Umsetzungscontrolling
                    soll den Erfolg der Initiativen verifizieren und diese steuern. Im Rahmen der Studie hat
                    sich die Abgrenzung des Perimeters insbesondere bei den Schulen als hinderlich
                    erwiesen. Wir empfehlen daher, bei der Weiterentwicklung der ICT auch die Schulen mit
                    einzubeziehen.

D01                 Weiter sollte die ICT-Koordination durch ein übergeordnetes Projekt-, Service- und
                    Infrastruktur-Portfoliomanagement und ein übergeordnetes Architekturmanage-
                    ment als Basis einer effektiven langfristigen Lebenszyklusplanung erfolgen. Es sollte
                    auch mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes über die Steuerung von Finanzen und
                    Leistungen 2014 sichergestellt werden, dass eine effektive und effiziente Steuerung des
                    Portfolios möglich ist.

E01                 Das KAIO soll klar ausgerichtet werden und sich künftig primär auf die Rollen
                    Besteller und Fachführung konzentrieren:
                    •     Aufbau einer gesamtstaatlichen Beschaffungs-Organisation für IT-Dienstleistungen7
                          (z.B. für die zentrale Festlegung von Rahmenverträgen)

      7
          Im Rahmen von OB BE vorgesehen, greift ab Mitte 2014

                                                                 18/37
•   Lieferantenmanagement für die Bereiche Konzernapplikationen und Basisleistungen,
             insbesondere für betriebliche und kommerzielle Aspekte
         •   Führung gesamtstaatlicher ICT-Projekte
         •   Bereitstellung von Ressourcen für Projektleitung und Business Analyse für
             DIR/STA/JUS bzw. Ämter mit unterkritischen Grössen
         •   Ausarbeitung (in Zusammenarbeit mit der KIK) von Vorgaben im Bereich Architek-
             turmanagement zuhanden der strategisch-taktischen Ebene sowie Überprüfung der
             Umsetzung in den DIR/STA/JUS
         Die Rolle des KAIO als Leistungserbringer sollte kritisch hinterfragt werden. Aus
         Gründen der Governance bietet sich eine Trennung der Leistungserbringung von den
         Rollen des Bestellers und der Fachführung an. Im Rahmen einer Sourcing-Strategie sind
         die Bereiche festzulegen, in denen das KAIO die Rolle des Leistungserbringers selbst
         übernehmen soll.

4.1.2.   Bedag Informatik AG
         Bei Commodity Leistungen wie RZ-Betrieb profitiert man stark von Skaleneffekten. Die          I01
         Bedag ist für den Kanton prädestiniert, Rechenzentrumsleistungen zu erbringen.
         Für Bedag ist es wichtig, die kritische Grösse für einen effizienten Betrieb zu halten bzw.   F01
         auszubauen. Aufgrund der Marktentwicklung wird dies im Bereich des RZ-Betriebs
         zunehmend wichtiger und schwieriger. Dem Unternehmen ist daher die notwendige
         Freiheit einzuräumen, neben dem Kanton Bern weitere Kunden anzugehen. Hier ist
         stets das Spannungsfeld zu beachten, dass der Kanton Bern für die Bedag der wichtigste
         Kunde ist und die Bedag gleichzeitig für andere Kunden attraktiv sein muss.
         Der Schwerpunkt der Leistungen der Bedag muss auf dem Betrieb liegen. Die                     F02
         Applikationsentwicklung ist zwar ein stabiles Standbein, die besonderen Anforderungen
         der öffentlichen Verwaltung werden aber auch auf dem freien Markt gut abgedeckt,
         Grössenvorteile spielen weniger eine Rolle und Synergien zwischen Betrieb und
         Entwicklung sind heute nur wenig ausgeprägt. Die eingeführten Fachapplikationen der
         Bedag sind jedoch zu einem grossen Teil gut auf dem Schweizer Markt verankert.

4.2.     Fachapplikationen
         Der Bereich Fachapplikationen ist durch eine grosse Heterogenität der fachlichen
         Anforderungen gekennzeichnet. Daher werden die Governance und das
                                                                                                       A05
         Applikationsmanagement im Bereich der Fachapplikationen von den Direktionen bzw.
         ihren Fachämtern wahrgenommen. Dies ist auch in Zukunft beizubehalten. So wird der
         regelmässige Austausch zwischen Fach und ICT innerhalb der Direktionen sichergestellt.
         Auf kantonaler Ebene soll die Koordination im Bereich der Fachapplikationen                   D02
         verbessert werden. Empfohlene Massnahmen sind:
         •   Stärkere Standardisierung der Unternehmensarchitekturen der Direktionen und
             Ämter durch weitere Komponenten (z.B. Digitale Geschäftsverwaltung und
             Archivierung, Enterprise Service Bus, Data Warehouse, eGovernment-Komponenten
             etc.) als Konzernapplikationen oder als Bestandteil der Basisleistungen.
         •   Falls ein neues ERP-System eingeführt wird: Nutzung dieses ERP-Systems
             auch für Fachapplikationen, wie dies z.B. beim Amt für Grundstücke und Gebäude in
             der BVE schon geschieht. Dadurch kann die Anzahl Fachapplikationen und die
             damit verbundene Komplexität reduziert werden.

                                               19/37
•   Übergeordnetes Management der grossen Fachapplikationen in einem
                   Applikationsportfolio.
               Durch Unterteilung der grossen Fachapplikationen in Schichten oder Module ergeben
               sich Möglichkeiten, insbesondere langfristige Vorhaben bei verschiedenen
               Fachapplikationen trotz wechselnder Rahmenbedingungen zu koordinieren (z.B.
               Mainframe-Ablösung oder Standardisierung von Backend-Komponenten).

      4.3.     Konzernapplikationen

      4.3.1.   Organisationsmodell und Zuständigkeiten

D03            Wir empfehlen, eine gesamtstaatliche Unternehmensarchitektur zu entwickeln und
               diese im Rahmen eines Architekturmanagements regelmässig weiterzuentwickeln. Sie
               bildet die Grundlage, um zukünftige Querschnittsfunktionen zu identifizieren und
               entsprechende Konzernapplikationen anzubieten. Hieraus sollte ein strategisches
               Projektportfolio abgeleitet werden, welches die Weiterentwicklung der
               Konzernapplikationen und der grossen Fachapplikationen übergeordnet managed (siehe
               Empfehlung D02).

D04            Neue Querschnittsfunktionen könnten für den Kanton nutzbringend eingeführt
               werden. Hier sind insbesondere die Bereiche des Datenaustausches mittels eines
               Enterprise Service Buses (ESB) und das e-Government zu erwähnen, bei welchen
               heute die entsprechenden Arbeiten grösstenteils dezentral erfolgen.

      4.3.2.   Enterprise Resource Planning (ERP)
               Die heutige Lösung mit FIS und PERSISKA für die Bereiche Finanz- und
               Betriebsbuchhaltung sowie Personalinformations- und Gehaltssystem ist von den
               Betriebskosten teuer im Vergleich zu einer ERP-Lösung wie sie in anderen Kantonen
               im Einsatz ist. Ein jährlich wiederkehrendes Einsparpotenzial von CHF 10-15 Mio. mit
               einem ERP-System wird als realistisch eingeschätzt. Trotz hoher Investitions- und
               Projektkosten für die Einführung ergibt sich ein unmittelbarer Handlungsbedarf im ERP-
               Bereich.
               Neben den Kosteneinsparungen gegenüber FIS/PERSISKA können darüber hinaus mit
               einer integrierten ERP-Lösung weitere Potenziale z.B. bei der Beschaffung, dem
               übergreifenden Portfoliomanagement oder allgemein der direktionsübergreifenden
               Zusammenarbeit und Prozess-Standardisierung der Verwaltung erschlossen werden.
               Aus diesem Grund war – trotz der grossen Investitionen – die Einführung einer ERP-
               Lösung für verschiedene Kantone eine wichtige Voraussetzung zur Umsetzung von
               Entlastungspaketen des Haushaltes.

G01            Eine vertiefte Analyse ist zwingend, in der eine ERP-Strategie für den Kanton
               entwickelt wird und die Entscheidungsgrundlagen zuhanden des Regierungsrates
               für eine allfällige Ablösung der Konzernapplikationen FIS und PERSISKA sowie
               verschiedener Fachanwendungen aufbereitet werden. Hierbei ist insbesondere die
               Beibehaltung des Status Quo (Weiterentwicklung FIS/PERSISKA) einer Ablösung durch
               ein ERP-System gegenüberzustellen und zu bewerten. Die FIN hat im Herbst 2013
               bereits entsprechende Vorabklärungen eingeleitet, welche auch einen Vergleich mit
               Kantonen zum Gegenstand haben, die eine SAP-Lösung einsetzen.

G02            Bei einem Entscheid für die Einführung eines ERP-Systems ist im Rahmen der
               Projektierung ein betriebswirtschaftliches Konzept zu erstellen, d.h. neben der
               technischen Lösung und der Ressourcenabschätzung insbesondere eine Konzeption des

                                                    20/37
Organisationsvorhabens mit den zugehörigen Prozessen. Anschliessend ist die
Evaluation bzw. Beschaffung der ERP-Lösung vorzusehen. Am Beispiel Basel-
Landschaft zeigt sich, dass alleine für diese vorbereitenden Arbeiten mit Aufwänden in
der Grössenordnung von ca. CHF 1 Mio. zu rechnen ist.
Die Lebenszyklusplanung der Applikationen FIS und PERSISKA ist mit der                      G03
verabschiedeten ERP-Strategie abzustimmen. Hiervon sind allenfalls auch
Fachapplikationen (z.B. FIS Subsysteme) in den Ämtern bzw. Organisationseinheiten
betroffen. Auch bei einem Entscheid für eine Ablösung muss die Weiterentwicklung bis
zur vollständigen Abschaltung für neue, zwingend notwendige Anforderungen erfolgen,
diese sollen sich aber auf ein absolutes Minimum beschränken. Damit können sich
Vorhaben wie die geplante Ablösung des teuren Mainframes im Rechenzentrum der
Bedag erübrigen und die daraus frei werdenden Mittel für eine ERP-Migration genutzt
werden. Wichtig ist die Sicherstellung eines geordneten Übergangs. Der Kanton Bern
wäre heute ohne FIS und PERSISKA nicht funktionstüchtig, wir erwarten deshalb bei
einer ERP-Einführung einen längeren Parallelbetrieb über mehrere Jahre zusammen mit
den bestehenden Systemen.
Die Einführung eines ERP-Systems ist kein ICT-Projekt, sondern in erster Linie ein          G04
Organisationsprojekt. Qualitätsverbesserungen und Effizienzgewinne lassen sich nur
realisieren, wenn eine Harmonisierung der Finanz- und Personalprozesse der
verschiedenen DIR/STA/JUS und gleichzeitig eine Angleichung dieser Supportprozesse
an übliche Standards erfolgt. Verbunden hiermit sollte die Zentralisierung und Bündelung
von Querschnittfunktionen im Finanz- und Personalbereich in Form von Kompetenz- oder
Verarbeitungszentren sein. Dafür ist in der Regierung ein breiter Rückhalt notwendig,
eine einzelne DIR/STA/JUS alleine kann ein solches Projekt nicht umsetzen. Für eine
breite Unterstützung eines solchen gesamtstaatlichen Vorgehens sollten frühzeitig die
wichtigen Stakeholder eingebunden werden, d.h. neben dem Regierungsrat der Grosse
Rat mit den Kommissionen FIKO und OAK.
Dem Projekt-Set-up kommt bei einem solchen Generationenvorhaben mit tiefgreifender          G05
Neugestaltung der Supportprozesse, insbesondere der Finanz- und Personalprozesse,
eine zentrale Bedeutung zu. Als Auftraggeber kommen nur der Grosse Rat oder der
Gesamtregierungsrat in Frage. Alleine aufgrund der Organisationsautonomie ist der klare
politische Wille zwingende Voraussetzung für eine erfolgreiche Einführung. Die Führung
des Projekts sollte durch die Ressourcendirektion FIN erfolgen und das Vorhaben mit
regelmässiger Rapportierung zum Projektfortschritt eng durch FIKO/OAK begleitet
werden. Eine enge Einbindung der fachlich Betroffenen in den DIR/STA/JUS mit externer
Unterstützung für die kritische Aussensicht und Expertise stellt die breite Akzeptanz und
Umsetzbarkeit sicher.
Vom genauen Projektumfang hängen die Umsetzungsdauer und die notwendigen
Investitionen und Projektkosten ab, die sich auf jeden Fall gesamthaft in der
Grössenordnung von CHF 50 – 100 Mio. und einer Projektdauer über zehn Jahre und
mehr bewegen. Daher empfiehlt sich ein Lenkungsentscheid des Regierungsrats für die
grundsätzliche Freigabe der definierten ERP-Strategie und die Etappierung in
Realisierungseinheiten, welche in sich abgeschlossen sind und jeweils einzeln vom
Regierungsrat freigegeben werden. Die Realisierungseinheiten sollten nicht zu
ambitioniert sein.
Eine mögliche erste Realisierungseinheit wäre z.B. die Ablösung von PERSISKA. In der
nächsten Realisierungseinheit könnte dann FIS angegangen werden. Für beide
Realisierungseinheiten zusammen gehen wir von ca. CHF 10 bis 20 Mio. aus. Die
Realisierung solcher Etappenziele lässt sich in kürzeren Zeiträumen als den oben
erwähnten zehn Jahren durchführen. Danach wären Prozessoptimierungen, die
Bereitstellung neuer Funktionalitäten und die Anbindung oder Migration von
Fachapplikationen möglich.

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