Zuger Steuer Praxis Aktualitäten in der Steuerlandschaft - Bratschi AG
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April 2020 / Nr. 73 Z ug e r Ste u e r Pr a x i s Aktualitäten in der Steuerlandschaft
Zuger Steuer Praxis Editorial 5 Aktualitäten in der Steuerlandschaft Olivier Eichenberger und Benjamin Bellwald: Änderungen bei der Anrechnung ausländischer Quellensteuern 7 Andreas Rudolf und Michèle Landtwing Leupi und Simone Camenisch: Abschaffung der Inhaberaktie, Transparenz im Gesellschaftsrecht 19 Walter H. Boss und Pascal Zgraggen: Revision Liegenschaftskostenverordnung – neues Steuerplanungs- potenzial für Wohneigentümer 29 Samuel Bussmann und Christina Stocker: Das neue Zuger Steuergesetz 35 Aktuell Steuerverwaltung des Kantons Zug: Mitteilung der Steuerverwaltung, Gesamtablösung Steuerprogramm 45 3
Impressum Herausgeberin Verlag Zuger Steuer-Vereinigung (ZSV) Zug Speck Medien AG, Zug mit Unterstützung von: Druck Advokatenverein des Kantons Zug Druckerei Camenzind Zuger Treuhändervereinigung (ZTV) Tramweg 35, 6414 Oberarth Zuger Wirtschaftskammer Abonnemente Redaktionskommission Speck Medien AG Lukas Wadsack, Vorsitz Poststrasse 14, 6300 Zug Werner A. Räber Telefon 041 729 78 78 Dr. Urs Felder Fax 041 729 78 88 Philipp Moos Dr. Frank Lampert Jahresabonnement inkl. Online-Abonne- Dr. Guido Jud ment Fr. 75.–, inkl. MwSt. Christian Lingg Dr. Samuel Bussmann Die Zuger Steuer Praxis erscheint Pascal Zgraggen 3x jährlich im April, August und Dezember. unter ständiger Mitarbeit Redaktionsschluss der Kantonalen Steuerverwaltung Zug je Ende Februar, Juni und Oktober. Gestaltungskonzept Inserate/Preise Speck Medien AG, Zug 1/1 Seite farbig, letzte Seite Umschlag Grösse 148 x 210 mm Fr. 1000.– Zeichnungen 1/1 Seite farbig, Innenteil Rolf Rüegg Grösse 148 x 210 mm Fr. 800.– Manuskripte und Rezensionsexemplare 1/2 Seite farbig, Innenteil sind zu adressieren an das Sekretariat Grösse 148 x 105 mm Fr. 450.– der Zuger Steuer-Vereinigung (ZSV) Zug, Bahnhofstrasse 7, 6301 Zug. Anzeigenverwaltung Der Nachdruck der Originalartikel ist nur Speck Medien AG mit Zustimmung der Redaktion und mit Poststrasse 14, 6300 Zug Quellenangabe gestattet. A nfragen sind Telefon 041 729 78 78 an deren Vorsitzenden zu richten. Fax 041 729 78 88 Neu: Online-Archiv 4 www.zuger-steuer-praxis.ch
Liebe Leserin, lieber Leser Quellensteuer tendenziell insgesamt zu einer tieferen Steuerbelastung Die Welt durchlebt momentan eine führt. Ebenso sind die gesetzlichen Krise, die in dieser Form kaum jemand Änderungen beim Abzug der Liegen- vorhergesehen hat. Durch die rasche schaftskosten von Bedeutung und Ausbreitung des Coronavirus gera- dürften neue Steuerplanungsmög- ten die Börsen ins Wanken und das lichkeiten bieten. vorhergesagte Wirtschaftswachstum wird wohl deutlich gebremst. Unsere Die vorliegende Ausgabe der Zuger globalisierte Wirtschaftsstruktur zeigt Steuerpraxis widmet sich diesen ak- uns nun schonungslos auch deren tuellen Themen und verschafft Ihnen Nachteile auf, nämlich die gegensei- einen Überblick über die Aktualitäten tige Abhängigkeit der einzelnen Wirt- in der Steuerlandschaft. schaftsakteure und Länder, sowie die Verwundbarkeit bei solchen Krisen. Ich wünsche Ihnen namens der Re- daktionskommission eine angeregte Die korrekte Anwendung der Steuer- Lektüre und hoffe, dass Sie vom gesetze und insbesondere die Aus- grassierenden Virus und den damit schöpfung der steuervermeidenden einhergehenden Turbulenzen mög- bzw. steuerreduzierenden Möglich- lichst verschont bleiben. keiten sowie die korrekte Rechtsan- wendung von bisherigen und neuen Regelungen nehmen dadurch an Bedeutung zu. So ist es etwa zu be- grüssen, dass die Änderungen bei der Anrechnung von ausländischer Ihr Lukas Wadsack 5
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Aktualitäten in der Steuerlandschaft Änderungen bei der A n rec h n u n g a u s l ä n d i s ch e r Q u e l l e n s t e ue rn Dr. Olivier Eichenberger, Director dipl. Steuerexperte, International Corporate Tax KPMG AG, Zürich Dr. Olivier Benjamin Bellwald LL.M., Senior Manager Eichenberger dipl. Steuerexperte, International Corporate Tax KPMG AG, Zürich Benjamin Bellwald 1. Einleitung steuern («VStA») umbenannt. Zudem Aufgrund des Bundesgesetzes über wurden inhaltlich verschiedene Präzi- die Steuerreform und die AHV-Finan- sierungen und formelle sowie redak- zierung («STAF»), einer schon län- tionelle Anpassungen vorgenommen. ger hängigen Motion1 und der ergan- Die entsprechenden Änderungen und genen bundesgerichtlichen Recht- Ergänzungen traten auf den 1. Januar sprechung drängten sich Anpas- 2020 in Kraft. sungen beim System der bisherigen Die VStA regelt, wie die nicht rückfor- pauschalen Steueranrechnung zur derbaren ausländischen Quellensteu- Vermeidung der internationalen Dop- ern («Sockelsteuern») auf Erträgen an pelbesteuerung auf. Der Bundesrat die geschuldete Einkommens- oder hat an seiner Sitzung vom 13. No- Gewinnsteuer des in der Schweiz vember 2019 die Änderungen der ansässigen Empfängers angerechnet Verordnung über die pauschale Steu- werden können. Voraussetzung dafür eranrechnung (VpStA2) gutgeheissen ist, dass ein Doppelbesteuerungsab- und diese in die Verordnung über die kommen («DBA») mit dem jeweiligen Anrechnung ausländischer Quellen- Quellenstaat besteht, welches eine 7
Anrechnung vorsieht3 und die Erträge sonen,6 die im Sinne des jeweils an- tatsächlich4 einer begrenzten Sockel- wendbaren DBA in der Schweiz als steuer im Ausland unterliegen. ansässig gelten. 2. Grundzüge der Anrechnungs- 3. Bisherige Regelung methode Die bis und mit Steuerperiode 2019 Der Betrag der Steueranrechnung anwendbare Regelung sieht vor, dass richtet sich nach der Höhe der Steuer, der anrechenbare Steuerbetrag pau- die der Quellenstaat aufgrund des an- schal zu einem Drittel dem Bund und wendbaren DBA erheben darf. Der zu zwei Dritteln dem Kanton und der Betrag der Entlastung in der Schweiz Gemeinde belastet wird. Ein weiteres wird gegebenenfalls herabgesetzt, pauschales Element besteht darin, wenn die effektive Steuerbelastung dass die anrechenbare Quellensteuer des entsprechenden Ertrages in der pauschal herabgesetzt wird, wenn der Schweiz im Fälligkeitsjahr niedriger Bund oder Kanton die mit einer aus- ist.5 Dabei werden die Steuern des ländischen Quellensteuer belasteten Bundes, des Kantons und der Ge- Erträge nicht vollumfänglich besteu- meinde (neuerdings bei juristischen ert, so z.B. bei Statusgesellschaften Personen auch die Kirchensteuer) zu- oder Steuererleichterungen aufgrund sammengerechnet. regionalpolitischer Massnahmen. Gegenstand der Steueranrechnung In der Vergangenheit wurde sowohl sind vor allem die Steuern auf Divi- in der Lehre als auch im Praxisalltag denden, Zinsen und Lizenzgebühren immer wieder Kritik an den gelten- aus Staaten, mit denen die Schweiz den Regelungen vorgebracht. So ein DBA abgeschlossen hat. Aufgrund waren insbesondere die pauschale einzelner DBA sind zudem die Quel- Aufteilung des Anrechnungsbetrags lensteuern auf Dienstleistungserträ- zwischen dem Bund und den Kanto- gen und Renten anrechenbar, was nen sowie die Reduktion des Anrech- nun neu auch begrifflich in der VStA nungsbetrags bei teilweiser Besteue- ergänzt wurde. Die Steuerentlastung rung im Fokus dieser Kritik. Bezüglich erfolgt auf Antrag bei der zuständigen des zweiten Punktes hat das Bun- kantonalen Steuerbehörde des Steu- desgericht7 im Zusammenhang mit erpflichtigen durch eine Herabsetzung der Teilbesteuerung von Dividenden bzw. teilweise Rückerstattung des bei natürlichen Personen bereits vor Steuerbetrags. Anspruchsberechtigt einigen Jahren entschieden, dass bei 8 sind natürliche und juristische Per- einer Teilbesteuerung – entgegen der
früheren VpStA – der Anrechnungsbe- präzisiert. Zudem wird neu bei juris- trag nicht reduziert werden darf. Dies- tischen Personen8 auch eine allfällige bezüglich wird der Verordnungstext Kirchensteuer bei der Ermittlung des lediglich an die bereits aufgrund der Maximalbetrages berücksichtigt. Zu- höchstrichterlichen Rechtsprechung dem wird die Verteilung des Anrech- geltenden Praxis angepasst. nungsbetrages zwischen Bund und Kanton neu effektiv (im Verhältnis der 4. Neuregelung aufgrund von STAF jeweiligen Steuerbelastung) und nicht und weiterer Präzisierungsbedarf mehr pauschal vorgenommen. Neben der angepassten Begrifflich- Wie bereits das Bundesgericht im Zu- keit, insofern als neu von der «Anrech- sammenhang mit der Teilbesteuerung nung ausländischer Quellensteuern» von Dividenden bei natürlichen Perso- und nicht mehr von «pauschaler Steu- nen entschieden hat, wird neu grund- eranrechnung» die Rede ist, führten sätzlich keine Herabsetzung der Steu- vor allem die Massnahmen im Rah- eranrechnung mehr vorgenommen men von STAF zu Anpassungsbedarf bei teilweiser Besteuerung resp. wenn der bestehenden Regelungen. So nur eine Steuerhoheit gewisse Erträge werden die Regelungen betreffend der Besteuerung in der Schweiz zu- die Statusgesellschaften abgeschafft führt. Ein solcher Effekt wird indirekt und demgegenüber auf die neuen über den Maximalbetrag berücksich- STAF-Massnahmen wie z.B. die Re- tigt. Dies gilt damit neu per Verord- duzierung der Erträge im Rahmen der nung auch für juristische Personen. Patentbox oder der zusätzliche For- Sodann kann zur administrativen Ent- schungs- und Entwicklungsabzug mit lastung der Steuerbehörden die An- dem Begriff «steuerwirksame Abzüge» rechnung ausländischer Quellensteu- verwiesen. Begleitend wurde zudem ern neu erst ab einem Mindestbetrag neu die Möglichkeit geschaffen, dass der anrechenbaren Sockelsteuern von auch schweizerische Betriebsstät- CHF 100 (bisher CHF 50) beantragt ten von ausländischen Unternehmen werden. unter gewissen Voraussetzungen die Anrechnung von ausländischen Quel- 4.1. Effektive Verteilung des Anrech- lensteuern beanspruchen können. nungsbetrages Weiter werden bisher kritisierte oder Die bisherige Regelung sah eine ungeklärte Punkte im Zusammenhang Verteilung im Verhältnis von einem mit der Ermittlung des anrechenba- Drittel zu zwei Dritteln auf Bund und ren Maximalbetrages angepasst und Kantone9 vor. Dieser Verteilschlüssel 9
entspricht in vielen Fällen nicht annä- weisen Besteuerung (z.B. Teilbesteu- hernd der realen Verteilung der Steu- erung bei Dividenden) unterliegen, erlast zwischen den Steuerhoheiten. resp. nicht bei sämtlichen Steuerho- Bei natürlichen Personen wirkte sich heiten (z.B. Statusgesellschaften) voll- die Verteilung eher zugunsten und ständig zur Besteuerung gelangen. bei juristischen Personen eher zu Dies hatte zur Folge, dass der Steu- Ungunsten der Kantone aus.10 Dieser erpflichtige nicht die volle Anrech- Effekt würde sich durch die teilweise nung der gemäss DBA verbleibenden signifikanten Gewinnsteuersenkun- Sockelsteuer geltend machen konnte. gen im Rahmen der Umsetzung von Neu wurde die entsprechende Rege- STAF in den einzelnen Kantonen noch lung11 insoweit präzisiert, als dass die zusätzlich verstärken. Im Rahmen der Anrechnung ausländischer Quellen- ursprünglichen Einführung der pau- steuern nur für Erträge beansprucht schalen Steueranrechnung wurden werden kann, wenn diese «den Ein- bewusst gewisse Ungenauigkeiten in kommens- oder Gewinnsteuern des Kauf genommen, um den administra- Bundes oder der Kantone und der tiven Aufwand gering zu halten. Auf- Gemeinden unterliegen». Damit wird grund neuer technischer Lösungen verdeutlicht, dass eine (volle) An- ist dies aber nicht mehr zeitgemäss rechnung auch beansprucht werden und ein Verteilschlüssel, welcher sich kann, sollte nur eine Steuerhoheit die an der effektiven Steuerlast zwischen entsprechenden Erträge besteuern. Bund und Kanton sowohl für natür- Dies ist insbesondere von Bedeutung liche als auch juristische Personen bei Steuererleichterungen aufgrund orientiert, ist zu begrüssen, da künf- regionalpolitischer Massnahmen und tig tendenziell mehr ausländische stellt auch klar, dass steuerwirksame Sockelsteuern angerechnet werden Abzüge durch die STAF-Massnah- können. men nicht automatisch zu einer Kür- zung der anrechenbaren Steuern füh- 4.2. K eine Herabsetzung bei teilwei- ren. Diese Massnahmen wirken sich ser Besteuerung aber auf den Maximalbetrag aus. Bisher wurde eine Kürzung des An- Das Ziel der Anpassungen ist es, rechnungsbetrages jeweils damit dass neu die gesamte Sockelsteuer gerechtfertigt, dass keine Doppelbe- angerechnet wird, sofern diese den steuerung vorliegt, die es zu beseiti- Maximalbetrag resp. die gesamte ge- gen gilt, wenn die entsprechenden schuldete Schweizer Einkommens- 10 Einkünfte in der Schweiz nur einer teil- oder Gewinnsteuer auf den quellen-
steuerbelasteten Einkünften nicht 4.3. E rgänzungen zur Berechnung übersteigt. Wie sich dabei die ge- des Maximalbetrages schuldete Schweizer Steuer zu- Zweck des Maximalbetrages ist es sammensetzt, spielt keine Rolle. So sicherzustellen, dass eine in der unterscheiden die von der Schweiz Schweiz ansässige steuerpflichtige abgeschlossenen DBA ebenfalls Person, die quellensteuerbelastete nicht zwischen denen vom Bund, Einkünfte aus dem Ausland bezieht, den Kantonen und den Gemeinden nicht einen höheren Betrag an die in erhobenen Einkommens- oder Ge- der Schweiz geschuldeten Einkom- winnsteuern. Diese gelten gesamt- mens- oder Gewinnsteuern anrech- haft als die «schweizerische Steuer». nen kann als schweizerische Steuern Eine Kürzung der Steueranrechnung auf den entsprechenden Einkünften bei einem in der Schweiz ansässigen geschuldet sind. Andernfalls würde Steuerpflichtigen, welcher nur teil- die Besteuerung anderer (nicht quel- weise oder in einem Teil der Schwei- lensteuerbelasteter) Einkünfte in un- zer Steuerhoheiten der Besteuerung gerechtfertigter Weise herabgesetzt. unterliegt, steht deshalb in einem Die Schweiz geht dabei so vor, dass klaren Spannungsfeld zu den Bestim- für die Ermittlung des Maximalbe- mungen in den Schweizer DBA.12 trags alle mit einer ausländischen 11
Sockelsteuer belasteten Einkünfte STAF eingeführten Abzüge für For- aus Ländern, mit denen ein entspre- schungs- und Entwicklungskosten, chendes DBA besteht, in einem Topf13 die reduzierte Besteuerung von Erträ- berücksichtigt werden. Die – der gen aus Patenten und vergleichbaren Summe der Quellensteuern gegen- Rechten und zur Eigenfinanzierung15. überzustellende – Schweizer Steuer In den Erläuterungen nicht explizit er- von Bund sowie Kanton und Ge- wähnt werden die Abschreibungen im meinde wird dagegen grundsätzlich Zusammenhang mit den Übergangs- separat und zudem für die einzelnen massnahmen bei Statuswechsel Einkunftsarten (Dividenden, Zinsen, (altrechtlicher Step-Up). Es bleibt im Lizenzgebühren, Lizenzgebühren für Einzelfall zu diskutieren, ob eine Ab- welche die Patentbox beansprucht schreibung aus einem Step-Up der wird, Dienstleistungserträge und jeweiligen Einkunftsart im Rahmen Renten) getrennt berechnet, wie neu der Ermittlung des Maximalbetrags explizit in der VStA festgehalten. Dies zuzuweisen ist oder lediglich bei der wird mitunter deshalb als notwendig Ermittlung des Totalbetrags der ge- erachtet, weil die steuerliche Bemes- schuldeten Schweizer Steuer Berück- sungsgrundlage zwischen Bund und sichtigung findet. Die entsprechenden Kanton künftig noch viel häufiger aus- Materialien schweigen diesbezüglich, einander fallen kann. wobei die VStA mit der Begrifflichkeit Zur Ermittlung der Schweizer Steuern «steuerwirksame Abzüge» allfällige sind von den jeweiligen Brutto-Ein- Step-Up Abschreibungen mitumfas- künften14 die Schuldzinsen, die direkt sen müsste. und indirekt zusammenhängenden Die Höhe der pauschalen Abzüge für anderen Aufwendungen sowie die Schuldzinsen, anderen Aufwendun- steuerwirksamen Abzüge in Abzug gen und steuerwirksamen Abzüge zu bringen. Die Schuldzinsen werden für Dividenden (5% des verbuchten proportional zu den entsprechen- Ertrages) und Lizenzgebühren (50% den Aktiven (nicht Erträgen) auf die der Bruttobeträge) bleiben inhaltlich entsprechenden Vermögenserträge unverändert, werden jedoch neu di- verteilt. Die «anderen Aufwendungen» rekt in der VStA geregelt anstatt wie werden nach ihrem wirtschaftlichen bisher in der Verordnung 1 des EFD Zusammenhang verlegt (direkt oder über die pauschale Steueranrech- proportional nach Höhe der Erträge). nung. Die Regelung für Dividenden Die «steuerwirksamen Abzüge» be- gilt neu auch für Zinsen und dieje- 12 ziehen sich auf die im Rahmen von nige für Lizenzgebühren neu auch
für Dienstleistungserträge.16 Die Pau- nicht geringer ausfällt, als die Kapi- schale von 50% gilt zudem nur für talsteuer, welche vor einer allfälligen diejenigen Lizenzgebühren, welche Anrechnung der Gewinnsteuer ge- nicht durch die Patentbox steuerlich schuldet wäre.17 begünstigt sind. Bei Lizenzgebüh- ren, für welche die Patentbox bean- 4.4. Beispielhafte Gegenüber- sprucht wird, liegt bereits eine detail- stellung des alten und lierte Aufwandzuweisung vor. Zudem neuen Systems fällt die Reduzierung im Rahmen der Nachfolgendes Beispiel einer bis Patentbox (steuerwirksamer Abzug) Ende 2019 als gemischte Gesell- in vielen Kantonen deutlich höher als schaft und ab 2020 ordentlich be- die Pauschale aus. steuerten Gesellschaft soll die alte Weiter beinhaltet die stark angepasste Regelung zur pauschalen Steueran- VStA eine Klausel, dass in Kantonen, rechnung den neuen Bestimmungen welche eine Anrechnung der Gewinn- zur Anrechnung der ausländischen steuer an die Kapitalsteuer vorsehen, Quellensteuern – unter Berücksichti- sichergestellt werden muss, dass gung der kantonalen Gewinnsteuer- durch die Anrechnung ausländischer satzsenkung – gegenüberstellen und Quellensteuern die Steuerbelastung die Unterschiede verdeutlichen: Gemischte Gesellschaft mit Besteuerungsquote 10% im Kanton Zug - Kein Step-Up Ausgangslage Quellensteuerbelastete Erträge aus Lizenzgebühren 400'000 nicht rückforderbare Quellensteuer gemäss DBA 10% 40'000 Netto-Erträge aus quellensteuerbelasteten Lizenzgebühren* 50% 200'000 Ermittlung Anrechnungsbetrag ALT NEU ausländische Quellensteuern 40'000 A 40'000 A Schweizer Steuer auf quellensteuerbelasteten Lizenzerträgen** 8.53% 17'059 B 11.91% 23'822 B - Effektiver Vorsteuersatz Bund 7.77% 15'550 7.49% 14'975 - Effektiver Vorsteuersatz Kanton Zug 0.75% 1'509 4.42% 8'847 Verteilung Steueranrechnung auf Steuerhoheiten / Herabsetzung im alten System Anteil Bund (1/3) vs. effektiv 33.33% 13'333 62.86% 25'145 Anteil Kanton (2/3) * Besteuerungsquote 10% vs. effektiv 6.67% 2'667 37.14% 14'855 Anrechnung ausländischer Quellensteuern*** 14'843 C 23'822 C Gesamtsteuerbelastung (A + B - C) 42'217 40'000 * Es*Es wirdwird von von einereiner Umsatzrendite Umsatzrendite von 50% von 50% bei den bei den Lizenzgebühren Lizenzgebühren ausgegangen ausgegangen. ** Effektiver kombinierter **Effektiver Vorsteuersatz kombinierter Bund und Bund Vorsteuersatz Kantonund Zug. Kanton Die Nichtberücksichtigung der Kirchensteuer wurde Zug. Die Nichtberücksichtigung der bei der alten Methodik zur pauscha Kirchen- *** Der niedrigste der folgenden Beträge gelangt zur Anrechnung: steuer wurde bei der alten Methodik zur pauschalen Steueranrechnung vorliegend vernachlässigt. - Ausländische Quellensteuer bzw. herabgesetzte ausländische Quellensteuer (nur bis 2019) ***Der niedrigste - Maximalbetrag derSchweizer bzw. folgenden Beträge Steuer gelangt zur Anrechnung: auf quellensteuerbelasteten Lizenzerträgen • Ausländische - Gesamte Quellensteuer von der Gesellschaft bzw. herabgesetzte geschuldete Schweizer Steuerausländische Quellensteuer (nur bis 2019). (hier nicht abgebildet) • Maximalbetrag bzw. Schweizer Steuer auf quellensteuerbelasteten Lizenzerträgen. • Gesamte von der Gesellschaft geschuldete Schweizer Steuer (hier nicht abgebildet). 13
Basierend auf der dargestellten Mo- scher Quellensteuern ist ein entspre- dellierung kann sich durch die Kom- chender Vorteil aus der Anwendung bination einer höheren Schweizer Ge- eines DBA. samtgewinnsteuerlast (zufolge Verlust Steuerstatus) und einer grösseren 4.6. Steueranrechnung bei Betriebs- Anrechnung von ausländischen Quel- stätten von ausländischen Unter- lensteuern gesamthaft eine niedrigere nehmen Steuerlast ergeben. Die ausländische Begleitend zu den bereits genannten Quellensteuer stellt die finale Gesamt- Anpassungen wurde zudem neu die steuerlast auf den quellensteuerbe- Möglichkeit geschaffen, dass auch lasteten Erträgen in folgendem Fall schweizerische Betriebsstätten von dar (da eine volle Anrechnung greifen ausländischen Unternehmen unter kann): Wenn z.B. bei Lizenzerträgen gewissen Voraussetzungen die An- (unter der Annahme einer Umsatzren- rechnung von ausländischen Quellen- dite von pauschal 50%) eine durch- steuern beanspruchen können. schnittliche Quellensteuerlast von Nach bisherigem Recht konnten rund 6% besteht, was der Hälfte der schweizerische Betriebsstätten aus- effektiven Steuerlast in der Schweiz ländischer Unternehmen keine An- (Kanton Zug) entspricht. Bei einer rechnung der Sockelsteuer auf Zinsen, tieferen durchschnittlichen Quellen- Dividenden und Lizenzgebühren so- steuerlast bleibt auch noch eine wie Dienstleistungserträgen aus Quel- Schweizer Steuer geschuldet. lenstaaten in der Schweiz geltend ma- chen, da sie mangels unbeschränkter 4.5. DBA Missbrauch Steuerpflicht nicht als in der Schweiz Der Vollständigkeit halber sei hier er- ansässige Personen qualifizieren. Mit gänzt, dass die VStA zudem insoweit der STAF wurde die entsprechende präzisiert wurde, als dass ein DBA- gesetzliche Grundlage geschaffen19, Missbrauch generell zu einer Ver- um die Steueranrechnung bei schwei- weigerung der Anrechnung auslän- zerischen Betriebsstätten von aus- discher Quellensteuern führt.18 Wenn ländischen Unternehmen zu ermögli- eine Person die Voraussetzungen für chen. Konzeptionell wäre die Schweiz die Beanspruchung eines DBA nicht aufgrund des bestehenden Betriebs- erfüllt oder das DBA in missbräuchli- stättediskriminierungsverbotes20 in cher Weise beansprucht wird, dann den meisten Schweizer DBA schon wird der entsprechende Vorteil ver- länger dazu verpflichtet. Dieses be- 14 weigert. Die Anrechnung ausländi- sagt, dass eine schweizerische Be-
triebsstätte eines ausländischen Un- DBA mit dem Quellenstaat könnte ternehmens in der Schweiz keiner eine Schweizer Gesellschaft ebenfalls ungünstigeren Besteuerung unter- keine Anrechnung von Sockelsteuern liegen darf, als eine schweizerische geltend machen. Das DBA zwischen Tochtergesellschaft. dem Quellenstaat und dem Ansässig- Eine Steueranrechnung unter den keitsstaat ist notwendig, da der Quel- neuen Bestimmungen für eine Be- lenstaat ohne Vorliegen dieses DBA triebsstätte ist jedoch nur dann mög- zu keiner Entlastung an der Quelle lich, wenn zwischen den drei involvier- verpflichtet wäre. Das dritte DBA zwi- ten Staaten jeweils ein DBA besteht. schen der Schweiz und dem Ansäs- Es sind somit gesamthaft drei DBA sigkeitsstaat des Unternehmens ist ebsstätten ausländischer zwischen Ansässigkeitsstaat, Quel- notwendig für die Geltendmachung lenstaat und Betriebsstättenstaat einer Steueranrechnung aufgrund ellschaften (Schweiz) notwendig, um die neue des in den schweizerischen DBA ent- Regelung in Anspruch zu nehmen. haltenen Diskriminierungsverbotes n (kumulativ): Das DBA zwischen dem Quellenstaat für Betriebsstätten. Liegt kein DBA Quellenstaat und der Schweiz und der Schweiz (als Betriebsstät- zwischen der Schweiz und dem An- Ansässigkeitsstaat und der Schweiz tenstaat) ist notwendig, weil sonst sässigkeitsstaat vor, liegt grundsätz- Ansässigkeitsstaat und Quellenstaat Gesellschaften in der Schweiz gegen- lich auch keine abkommensrechtliche über schweizerischen Betriebsstätten Diskriminierung vor, die es durch eine benachteiligt würden. Besteht kein Anrechnung zu beseitigen gilt. Quellenstaat Ansässigkeitsstaat Ansässigkeits AG DBA: z.B. 5% DBA: Diskriminierungsverbot Quellen AG Betriebsstättenstaat (Schweiz) DBA: z.B. 10% CH – Betriebs- stätte 15 © 2019 KPMG AG is a subsidiary of KPMG Holding AG, which is a member of the KPMG network of independent firms affiliated with KPMG International Cooperative (“KPMG International”), a Swiss
Sind die entsprechenden Vorausset- 5. Fazit zungen erfüllt, sind – bei ungleichen Die Änderungen bei der Anrechnung Sockelsteuersätzen – zwei Konstella- ausländischer Quellensteuern sind zu tionen zu unterscheiden: begrüssen. Tendenziell können ab 1. Der Sockelsteuersatz ist gemäss dem Jahr 2020 höhere Beträge zur DBA zwischen dem Ansässigkeits- Anrechnung gelangen. Insbesondere staat und dem Quellenstaat tiefer aufgrund des Wegfalls der Kürzung als jener gemäss DBA zwischen bei teilweiser Nichtbesteuerung. Da- der Schweiz und dem Quellenstaat durch wird prinzipiell sichergestellt, (vgl. Abbildung). dass die Gesamtsteuerbelastung 2. Der Sockelsteuersatz ist gemäss von quellensteuerbelasteten Erträgen DBA zwischen dem Ansässigkeits- nicht höher ist als der höhere Betrag staat und dem Quellenstaat höher der ausländischen Quellensteuern als jener gemäss DBA zwischen oder der Schweizer Gewinnsteuer. der Schweiz und dem Quellen- Sodann können in Zukunft gewisse staat. Schweizer Betriebsstätten von der Steueranrechnung profitieren. In ge- In beiden Fällen kann nur die tiefere wissen Fällen dürfte trotz erhöhter Sockelsteuer von der schweizeri- Schweizer Steuerbelastung (zufolge schen Betriebsstätte zur Anrech- Statusverlust) insgesamt eine tiefere nung gebracht werden. In der ersten Gesamtsteuerbelastung resultieren. Konstellation hätte die Anrechnung Insgesamt wird damit die Steueran- der höheren Sockelsteuer zur Folge, rechnung zur faireren Lösung und dass tatsächlich nicht erhobene kann als Instrument zur effektiven Quellensteuern in der Schweiz zur Vermeidung der internationalen Dop- Anrechnung kämen. In der zweiten pelbesteuerung dienen. Nicht nur aus Konstellation ist der schweizerischen der Optik der Steuerpflichtigen, son- Betriebsstätte keine höhere Anrech- dern auch für die Steuerhoheiten wird nung zu gewähren als einer schwei- die Steueranrechnung fairer, zufolge zerischen Tochtergesellschaft und die der neu effektiven Aufteilung des An- Schweiz soll nicht mehr anrechnen rechnungsbetrages zwischen Bund müssen, als sie gemäss DBA mit dem und dem jeweiligen Kanton. Quellenstaat verpflichtet ist.21 16
11 Vgl. Amtl. Bull. SR 2013, Geschäft Nr. 13.3184, Motion Fulvio Pelli, Ende der Überbesteuerung von Betriebsstätten ausländischer Unternehmen in der Schweiz, eingereicht am 21. März 2013. 12 SR 672.201, Verordnung vom 22. August 1967 über die pauschale Steueranrechnung. 13 Art. 1 Abs. 1 VStA. 14 Art. 1 Abs. 2 Satz 2 VStA statuiert die Möglichkeit für eine fiktive Steueranrechnung (sog. «Tax Sparing»), worauf an dieser Stelle jedoch nicht weiter eingegangen wird. In diesem Zusammenhang wird auf Madeleine Simonek in Zweifel/Beusch/Matteotti, Kommentar zu Internationales Steuerrecht, Art. 23 A, B, N 116 f. verwiesen. 15 Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom Prinzip der gewöhnlichen Steueranrechnung, im Gegensatz zur vollkommenen Anrechnung der im Quellenstaat erhobenen Steuern, vgl. Vernehm- lassungsverfahren zu Verordnungen über die Anrechnung ausländischer Quellensteuern, Erläuternder Bericht vom 10. April 2019, S. 4. 16 Teilweise auch Personengesellschaften, vgl. Art. 2 Abs. 2 VStA und neu gewisse Betriebsstätten auslän- discher Gesellschaften, vgl. Abschnitt 4.6. 17 BGE 2C_750/2013 vom 9. Oktober 2014, Erw. 3.4. Das Bundesgericht hat im erwähnten Entscheid die Kürzung der anrechenbaren Sockelsteuer im Falle der Teilbesteuerung für unzulässig erklärt. Dies mit der Begründung, dass in- und ausländische Dividenden im Bereich der Milderung der wirtschaftli- chen Doppelbelastung gleichartig zu behandeln sind. Hat die bei einer ausländischen Dividende auf- grund der Teilbesteuerung erfolgte Kürzung des Anrechnungsbetrags eine verbleibende Doppel- besteuerung zur Folge, so stelle dies eine Ungleichbehandlung dar. 18 Der Einbezug der Kirchensteuer für natürliche Personen sei administrativ zu aufwändig, komplex und mit einem erheblichen Fehlerrisiko behaftet. Deshalb wurde aus Praktikabilitätsgründen vorerst darauf verzichtet. Vgl. dazu: Ergebnisbericht vom 13. November 2019 zur VStA, S. 9. 19 Die Regelung zur Verteilung des Anrechnungsbetrages zwischen dem Kanton und den Gemeinden liegt in der Verantwortung der einzelnen Kantone. 10 Verordnung über die Anrechnung ausländischer Quellensteuern, Erläuterungen vom 13. November 2019, Ziff. 3.2. 11 Art. 3 Abs. 1 VStA. 12 Verordnung über die Anrechnung ausländischer Quellensteuern, Erläuterungen vom 13. November 2019, Ziff. 3.3. 13 Die Schweiz wendet grundsätzlich keine «per country limitations» oder «baskets» an, vgl. dazu auch Vernehmlassungsverfahren zu Verordnungen über die Anrechnung ausländischer Quellensteuern, Erläuternder Bericht vom 10. April 2019, S. 9 f. 14 Die ausländische Quellensteuer wird im Regelfall auf der Bruttozahlung erhoben. Die Ermittlung des für die Anrechnung in der Schweiz relevanten Maximalbetrages erfolgt dagegen basierend im Umfang der anfallenden Steuern auf dem Netto-Ertrag, jedoch ohne Abzug der anrechenbaren ausländischen Quellensteuer. 15 Ein allfälliger Abzug aus Eigenfinanzierung (bspw. im Kanton Zürich) entfallend auf konzerninterne Finanzierungstätigkeit könnte direkt den entsprechenden Zinserträgen zugewiesen werden und wäre als steuerwirksamer Abzug somit gegebenenfalls auf quellensteuerbelastete und -unbelastete Zinserträge zu verlegen. 16 Art. 11 Abs. 4 und 5 VStA 17 Art. 10 Abs. 3 VStA 18 Gestrichen wurde der Verweis auf den Bundesratsbeschluss vom 14. Dezember 1962 betreffend Mass- nahmen gegen die ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Doppelbesteuerungsabkommen des Bundes, welcher grundsätzlich nicht alle Fälle von Abkommensmissbrauch abdeckt. 19 Die gesetzliche Grundlage findet sich in Art. 2 Abs. 1 Bst. g des Bundesgesetz vom 22. Juni 1951 über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes zur Vermeidung der Doppel- besteuerung (SR 672.2). 20 Art. 24 Abs. 3 des OECD-Musterabkommens (2017). 21 Vgl. dazu auch Verordnung über die Anrechnung ausländischer Quellensteuern, Erläuterungen vom 13. November 2019, Ziff. 4 (Art. 2a). 17
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Aktualitäten in der Steuerlandschaft A b s c h a ff u n g de r I n h a b e r a k t i e , Tr a n s p a re n z im G e s e l l s c h a f t s recht lic.iur. RA Andreas Rudolf, LL.M Legal Partner lic.iur. RA Michèle Landtwing Leupi Andreas Rudolf Legal Partner MLaw Simone Camenisch Michèle Landtwing Leupi Simone Camenisch I. Ausgangslage In der Schweiz hat sich die Inhaber- internationalen Druck nachgegeben aktie jahrelang behauptet, obwohl und die Möglichkeit der Ausgabe von diese im internationalen Umfeld auf Inhaberaktien per 1. November 2019 starke Kritik stiess. Insbesondere abgeschafft. Fortan ist die Gestalt kann das Halten der Inhaberaktie zu der Inhaberaktie mit zwei Ausnahmen intransparenten Eigentumsverhält- nicht mehr zulässig und alle am 1. Mai nissen führen und zur Steuerhinter- 2021 noch bestehenden Inhaberak- ziehung oder Geldwäscherei miss- tien werden von Gesetzes wegen in braucht werden. Nun wurde dem Namenaktien umgewandelt. 19
1. Handlungsbedarf können ihre GAFI-Meldung, soweit Gemäss Art. 622 Abs. 1bis OR sind zu- noch keine freiwillige Umwandlung künftig Inhaberaktien nur noch zuläs- stattgefunden hat, noch während sig, wenn die Gesellschaft ihre Betei- der Dauer der Übergangsfrist – d.h. ligungspapiere an einer Börse kotiert bis zum 30. April 2021 – nachho- oder als Bucheffekten ausgestaltet len, danach wird Art. 697i OR ge- und diese wiederum bei einer von löscht.2 ihr bezeichneten Schweizerischen • Freiwillige Umwandlung: Die Ge- Verwahrungsstelle hinterlegt oder im sellschaft kann ihre Inhaberaktien Hauptregister eingetragen sind. In je- bis zum 30. April 2021 freiwillig in dem anderen Fall sind Inhaberaktien Namenaktien umwandeln und ein unter neuem Recht unzulässig.1 Ge- Aktienbuch mit den gemeldeten sellschaften, die seit dem 1. Novem- Aktionären erstellen. ber 2019 noch über Inhaberaktien • Umwandlung ex lege: Per 1. Mai verfügen, können nun eine freiwillige 2021 erfolgt eine Umwandlung in Umwandlung in Namenaktien vorneh- Namenaktien ex lege. Es bestehen men. Ansonsten wird eine Umwand- nur noch Namenaktien und Art. lung von Gesetzes wegen per 1. Mai 697i OR fällt weg. Die Gesellschaft 2021 erfolgen. Gemäss Art. 4 Abs. 1 muss ein Aktienbuch erlassen und ÜBest beträgt die Umwandlungsfrist trägt die Eigentümer der umge- 18 Monate. D.h. eine freiwillige Um- wandelten Aktien, die ihrer Mel- wandlung muss bis spätestens am depflicht nachgekommen sind, ins 30. April 2021 erfolgen. Es sind fol- Aktienbuch ein.3 Eine weitere Mit- gende Handlungen vorzunehmen: wirkung des Aktionärs ist in diesem • Meldung Inhaberaktien: Schon seit Fall nicht nötig. Zudem vermerkt dem Inkrafttreten der GAFI-Bestim- die Gesellschaft, für welche Ak- mungen per 1. Juli 2015 besteht tien die GAFI-Meldepflicht gemäss gemäss Art. 697i OR eine GAFI- Art. 697i OR im Zeitpunkt der Um- Meldepflicht der Inhaberaktionäre. wandlung nicht erfüllt wurde (Ne- Der Erwerb von Inhaberaktien gativmeldung).4 Sollten kurz vor der muss innert Monatsfrist der Gesell- Umwandlung Inhaberaktien erwor- schaft gemeldet werden. Soweit ben werden, so muss dem Aktio- die Inhaberaktionäre ihrer Melde- när die Meldefrist gemäss Art. 697i pflicht nicht nachkommen, bleiben Abs. 1 OR gewährt werden, ohne sie der Gesellschaft unbekannt. Die dass das gerichtliche Eintragungs- 20 nicht gemeldeten Inhaberaktionäre verfahren Anwendung findet.5
• Nachholen der Meldung: Der ehe- seiner Aktien noch bis zum 31. Ok- malige Inhaberaktionär kann sich ab tober 2034 gegenüber der Gesell- dem 1. Mai 2021 nicht mehr direkt schaft lediglich einen Anspruch auf bei der Gesellschaft melden, um Entschädigung (Schadenersatz) im Aktienbuch als Namenaktionär geltend machen. Dazu muss der 14 eingetragen zu werden.6 Jedoch Aktionär seine Aktionärseigen- kann er seine Meldepflicht beim zu- schaft zum Zeitpunkt des Nichtig- ständigen Gericht mit vorgängiger werdens der Aktien belegen und Zustimmung der Gesellschaft bis sich vom Verschuldensvorwurf zum 31. Oktober 2024 nachholen.7 der Fristversäumung exkulpie- Der Antrag des Aktionärs wird vom ren. Der Entschädigungsanspruch Gericht gutgeheissen, sofern er entspricht dabei dem wirklichen seine Aktionärseigenschaft bewei- Wert der Aktien zum Zeitpunkt ih- sen kann.8 Das Vorlegen eines Ak- rer Umwandlung. Ist der wirkliche tienzertifikats genügt in diesem Fall Wert der Aktien zum Zeitpunkt der nicht – vielmehr muss der Aktionär Geltendmachung des Anspruchs z.B. einen Zeichnungsschein oder tiefer als zum Zeitpunkt ihrer Um- Zessionsvertrag vorlegen.9 Soweit wandlung, so schuldet die Gesell- die Gesellschaft einer Eintragung schaft den tieferen Wert.15 Voraus- nicht zustimmt, kann der Aktionär setzung für die Entrichtung einer seine Eintragung nur noch kla- Entschädigung ist ferner, dass die geweise durchsetzen.10 In diesem Gesellschaft über hinreichend frei Fall ruhen die Mitgliedschaftsrechte verwendbares Eigenkapital verfügt. des Aktionärs und seine Vermö- gensrechte verwirken.11 2. Folgen bei einer Umwandlung • Annullierung der Aktien: Soweit der ex lege ehemalige Inhaberaktionär seine Bei einer Umwandlung ex lege trägt GAFI-Meldepflicht bis am 31. Okto- das Handelsregisteramt die Umwand- ber 2024 nicht erfüllt, werden seine lung von Amtes wegen ins Handelsre- Aktien von Gesetzes wegen per gister ein und vermerkt zugleich, dass 1. November 2024 nichtig.12 Die die Belege vom Eintrag abweichende nichtigen Aktien werden durch ei- Angaben enthalten.16 Die Gesellschaft gene Aktien ersetzt und die Ge- ist bei der nächsten Statutenände- sellschaft kann über diese frei rung verpflichtet, ihre Statuten in Be- verfügen.13 Der ehemalige Inhaber- zug auf die ex lege umgewandelten aktionär kann für die Annullierung Namenaktien anzupassen – andern- 21
falls weist das Handelsregisteramt kann eine Geldbusse von bis zu CHF einstweilen jede weitere Statutenän- 10 000 verhängt werden.22 Soweit derung zurück. eine Busse von mehr als CHF 5000 ausgesprochen wird, führt dies zu II. Aktienbuch einem Strafregistereintrag beim Ver- waltungsrat, welcher für zehn Jahre A. V erzeichnisführungspflicht des bestehen bleibt.23 Auch mit Strafe be- Verwaltungsrates droht ist das Unterlassen der Führung Die Gesellschaft und damit der Ver- der Register und die fehlerhafte Re- waltungsrat hat die Pflicht das Aktien- gisterführung. Letztere liegt u.a. dann buch vorschriftsgemäss zu führen.17 vor, wenn Aktionäre, ohne einen zurei- Dies ist dann erreicht, wenn die Ge- chenden Nachweis über den Erwerb sellschaft dazu die gebotene Sorgfalt der Aktie, in das Aktienbuch einge- aufwendet18 – d.h. die Gesellschaft tragen werden.24 Zudem ist auch die bei einem Aktienerwerb die Aktien- Verletzung der Aufbewahrungspflicht übertragung materiell und formell der einer Eintragung zugrunde liegen- prüft.19 Aus praktischer Sicht bedeu- der Belege strafbar.25 tet dies unter anderem, dass der Ge- sellschaft bei Mutationen von Aktien- 2. Gesellschaftsrechtliche Folgen bucheinträgen ein Indossament oder Die Missachtung der Verzeichnisfüh- eine schriftliche Abtretungserklärung rungspflicht ist ein Fehlverhalten, das vorgelegt werden muss.20 Ein lücken- unter neuem Recht zu einem Organi- loser Nachweis der Eigentumsrechte sationsmangel und im schlimmsten bisheriger Aktionäre (sog. chain of Fall zur Auflösung der Gesellschaft title) muss jedoch aus dem Aktien- führen kann. In materieller Hinsicht buch nicht ersichtlich sein. Sodann ist unklar, welche Anforderungen soll das Aktienbuch innert nützlicher an das vorschriftsgemässe Führen Frist aktualisiert werden.21 des Aktienbuches gestellt werden. Grundsätzlich ist die Registerführung B. F olgen bei Nichterfüllung der gesetzeskonform, wenn der Register- Verzeichnungsführungspflicht eintrag alle gesetzlich vorgesehenen Angaben enthält. So muss der Regis- 1. Strafrechtliche Folgen tereintrag im Aktienbuch über die Na- Kommt die Gesellschaft bzw. der menaktionäre sowie über die gemäss Verwaltungsrat seiner Verzeichnis- Art. 697j OR gemeldeten wirtschaft- 22 führungspflicht vorsätzlich nicht nach, lich Berechtigten informieren. Die
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Verzeichnisführungspflicht gilt grund- ligungsstrukturen oftmals schwierig sätzlich immer dann als erfüllt, wenn zu bestimmen, wer als wirtschaftlich die Gesellschaft für das Fehlverhalten Berechtigter gemäss Art. 697j OR gilt. nicht verantwortlich gemacht werden Zur Bestimmung der wirtschaftlich kann. Damit darf die fehler- oder man- berechtigten Person können nachfol- gelhafte Führung des Aktienbuchs gende Methoden angewendet wer- nicht auf die ausbleibende, zu spät den. erfolgte oder fehlerhafte Meldung des Aktionärs zurückzuführen sein.26 B. Formeller Test Hingegen muss der Verwaltungsrat Mit der Methode des formellen Tests vermerken, wenn ein Aktionär seiner können in mehrstufigen Beteiligungs- Meldepflicht nicht nachgekommen ist verhältnissen die meldepflichtigen (Negativmeldung). wirtschaftlich berechtigten Personen bestimmt werden (nachfolgend grau III. GAFI-Meldepflichten – Hand- unterlegt). Es sind folgende drei nach- lungsbedarf für betroffene Aktio- folgenden Berechnungsarten mög- näre lich: • Berechnungsart nach GwG: Mel- A. Grundsätzliches depflichtig wird jeder, der unabhän- Gemäss Art. 697j Abs. 1 OR müssen gig von der Ebene mindestens eine Namenaktionäre, die Beteiligungs- 25% Beteiligung hält. rechte erwerben und dadurch den Grenzwert von 25 Prozent an Stimm- rechts- oder Kapitalanteilen erreichen oder überschreiten, innert Monats- frist der Gesellschaft den Vor- und Nachnamen sowie die Adresse der wirtschaftlich berechtigten natürli- chen Person an den Aktien melden. Nicht meldepflichtig ist allerdings der • Berechnungsart nach VSB: Melde- Erwerb von Beteiligungsrechten, die pflichtig wird jeder, der die Gesell- als Bucheffekten ausgestaltet und bei schaft tatsächlich kontrolliert und einer Schweizerischen Verwahrungs- somit eine Stimm- oder Kapitalbe- stelle hinterlegt sind.27 In der Praxis teiligung von mehr als 50% an einer ist es jedoch insbesondere bei Kon- zwischengeschalteten Gesellschaft 24 zernstrukturen bzw. indirekten Betei- hält. Pro Ebene resultiert max.
eine wirtschaftlich berechtigte Per- und somit die GAFI-Meldungen nicht son. einheitlich erfolgen. Aus der Praxis ist nicht ersichtlich, welche Methode bevorzugt wird. Der vorliegende Bei- trag befürwortet die Berechnungs- methode nach GwG, da so die wirt- schaftlich berechtigte Person einfach und klar identifiziert und das Risiko einer Verletzung der Meldepflicht mit entsprechenden Sanktionen vermie- • Multiplikationstest: Die Melde- den werden kann. pflicht wird durch die Multiplikation aller Beteiligungsquoten in der Be- C. Materieller Test teiligungskette ermittelt. Bei einer Soweit aus dem formellen Test keine Beteiligungsquote von mindestens natürliche wirtschaftlich berechtigte 25% besteht eine Meldepflicht. natürliche Person festgestellt werden Je nachdem welche Berechnungs- kann, kommt ein materieller Test zur methode angewendet wird, resultie- Anwendung. Dabei sind Tatsachen ren unterschiedliche Ergebnisse. Der und Rechtsverhältnisse zu berück- Verwaltungsrat der betroffenen Ge- sichtigen, durch welche eine Person sellschaft muss sich daher möglichst eine zwischengeschaltete Gesell- früh für eine Berechnungsart ent- schaft faktisch durch eine andere scheiden. Andernfalls besteht die Ge- erkennbare Art und Weise kontrollie- fahr, dass die Berechnungsmethode ren kann. Beispiele hierfür sind Ak- nicht einheitlich angewendet wird tionärbindungsverträge, Darlehens- 25
verträge, Eheverträge etc. Ob eine rechte verwirken, denn sowohl ge- solche Kontrolle im Sinne des Geset- sellschaftsrechtliche Beschlüsse als zes vorliegt, ist immer im Einzelfall zu auch Dividendenauszahlungen erfol- prüfen. gen gestützt auf das Aktienbuch. D. Default-Lösung F. Strafrechtliche Folgen bei Unter- Die Default-Lösung wird angewen- lassen der Meldepflichten für den det, wenn gestützt auf den formel- Aktionär len und materiellen Test keine wirt- Gemäss Art. 327 StGB wird mit einer schaftlich berechtigte Person i.S.v. Busse bestraft, wer vorsätzlich die Art. 697j OR eruiert werden kann. Pflichten gemäss Art. 697j Abs. 1–4 Gemäss herrschender Lehre ist dies- OR nicht erfüllt. Damit werden neu falls das oberste Leitungsorgan der Aktionäre sanktioniert, wenn sie so- Gesellschaft, welches Aktien ausgibt, wohl vorsätzlich als auch eventualvor- gleichzeitig auch die nach GAFI mel- sätzlich ihre Meldepflichten unterlas- depflichtige wirtschaftlich berechtigte sen oder fehlerhaft erfüllen.31 Dabei Person.28 kann der Höchstbetrag der drohen- den Geldbusse bis zu CHF 10 000 E. G esellschaftsrechtliche Folgen bei betragen, was zu einem Strafregister- Nichteinhaltung für den Aktionär eintrag führen kann.32 Aufgrund der Verzeichnisführungs- pflicht des Verwaltungsrates sind im IV.Fazit Aktienbuch grundsätzlich alle Namen- Zusammenfassend kann festgehalten aktionäre sowie die der Gesellschaft werden, dass die Gesetzesnovelle gemeldeten wirtschaftlich Berech- die Meldepflichten zivilrechtlich ver- tigt aufzuführen. Ob der Aktionär sei- schärft und zusätzlich ihre Verletzung ner Meldepflicht nachgekommen ist, strafrechtlich pönalisiert. Darüber hin- kann durch die eingetragenen Positiv- aus gelten neu für den Verwaltungs- oder Negativmeldungen schnell über- rat erhöhte Anforderungen bei der prüft werden.29 Sofern eine entspre- Führung des Aktienbuchs. Dem Ver- chende Meldung nach Art. 697j OR waltungsrat wird daher empfohlen, fehlt, führt dies zu einschneidenden sicherzustellen, dass das Aktienbuch Konsequenzen.30 Ohne einen Eintrag stets gesetzeskonform geführt wird, über die wirtschaftliche Berechtigung um so den Fall einer Pflichtverletzung ruhen die Mitgliedschaftsrechte bzw. mit strafrechtlichen Konsequenzen zu 26 Stimmrechte und die Vermögens- vermeiden.
11 Vgl. Art. 622 Abs. 1bis OR e contrario. 12 SPOERLÉ PHILIP, Marginalisierung der Inhaberaktie und neue Sanktionen bei AG und GmbH, GesKR 2019 (S. 339 ff.), S. 340. 13 Vgl. Titel II.A. sowie Titel III. 14 GLANZMANN LUKAS, Abschaffung der Inhaberaktie sowie neue strafrechtliche Sanktionen für Verwaltungsrat und Aktionäre, SJZ 115/2019 (S. 611 ff.), S. 613. 15 SPOERLÉ, S. 347. 16 GERICKE DIETER/KUHN DANIEL, Radikalkur bei der Inhaberaktie und Neuerungen bei den gesell- schaftsrechtlichen Meldepflichten, AJP 2019 (S. 1272 ff.) (zit. GERICKE/KUHN), S. 1277. 17 Botschaft zur Umsetzung der Empfehlungen des Globalen Forums über Transparenz und Informations- austausch für Steuerzwecke im Bericht zur Phase 2 der Länderüberprüfung der Schweiz vom 21. November 2018, BBl 2019 279 ff., S. 325; GERICKE/KUHN, S. 1277; vgl. Art. 7 und 8 ÜBest; Anleitung, S. 8. 18 Anleitung zum Bundesgesetz zur Umsetzung von Empfehlungen des Globalen Forums über Trans- parenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke vom 1. November 2019, Fachinformationen des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen SIF (zit. Anleitung), S. 8. 19 Anleitung, S. 8. 10 GERICKE/KUHN, S. 1277. 11 Anleitung, S. 8. 12 Anleitung, S. 9. 13 Vgl. Art. 8 Abs. 1 ÜBest. 14 Anleitung, S. 10. 15 Vgl. Art. 8 Abs. 2 ÜBest. 16 Anleitung, S. 7; vgl. Art. 4 Abs. 2 ÜBest. 17 Vgl. Art. 686 Abs. 1 OR sowie Art. 819 OR m.H. auf Art. 731b OR; vgl. GERICKE/KUHN, S. 1285. 18 GERICKE/KUHN, S. 1285. 19 Kommentar zu Art. 686 OR, in: Honsell Heinrich/Vogt Nedim Peter/Watter Rolf (Hrsg.): Obligationen- recht II, Basler Kommentar, 5. Aufl., Basel 2016 (zit. DU PASQUIER/WOLF/OERTLE, BSK OR, N … zu Art. 686 OR), N 7 zu Art. 686 OR; GERICKE/KUHN, S. 1285. 20 Vgl. DU PASQUIER/WOLF/OERTLE, BSK OR, N 6 zu Art. 686 OR; GERICKE/KUHN, S. 1285. 21 GERICKE/KUHN, S. 1285. 22 Vgl. Art. 327a StGB und Art. 106 Abs. 1 i.V.m. Art. 333 Abs. 1 StGB. 23 Vgl. Art. 366 StGB i.V.m. Art. 3 Abs. 1 lit. c Ziff. 1 VOSTRA-Verordnung; Art. 369 Abs. 3 StGB. 24 Vgl. SPOERLÉ, S. 352; Art. 686 Abs. 2 OR. 25 Vgl. SPOERLÉ, S. 352; Art. 686 Abs. 5 OR, Art. 790 Abs. 5 OR, Art. 697l Abs. 3 OR sowie Art. 837 Abs. 2 OR. 26 SPOERLÉ, S. 353. 27 Vgl. SPOERLÉ, S. 1279. 28 Als oberstes Organ gilt nicht das oberste Leitungsorgan des Erwerbers, sondern das oberste Organ der ursprünglichen Gesellschaft, analog zu Art. 2a Abs. 3 GwG. Im Beispielfall ist dies die X-AG. 29 Vgl. Titel I.1. 30 Vgl. Titel I.2. 31 Vgl. GLANZMANN, S. 618. 32 Art. 327a StGB und Art. 106 Abs. 1 i.V.m. Art. 333 Abs. 1 StGB; vgl. Art. 366 StGB i.V.m. Art. 3 Abs. 1 lit. c Ziff. 1 VOSTRA-Verordnung; Art. 369 Abs. 3 StGB. 27
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Aktualitäten in der Steuerlandschaft Revis i o n L i e g e n s c h a fts - k o s t e n v e ro rd n u n g – N eu e s S t e u e r p l a n u ng s - p o t e n z i a l für Wo h n e i g e n t üme r Walter H. Boss Walter H. Boss Rechtsanwalt, LL.M. Bratschi AG Pascal Zgraggen Rechtsanwalt und dipl. Steuerexperte Bratschi AG Pascal Zgraggen A. Hintergrund Verbesserung von Liegenschaften Aufgrund der steuerlichen Abzugsfä- handelt es sich hingegen in der Regel higkeit von Kosten des Liegenschafts- um wertvermehrende Kosten. Im Ge- unterhaltes kann mit Geltendmachung gensatz zu den wertvermehrenden dieser Ausgaben die Steuerbelastung Aufwendungen können werterhal- für private Wohneigentümer deutlich tende Aufwendungen vom steuerba- vermindert werden. Bei den Liegen- ren Einkommen abgezogen werden. schaftskosten wird steuerlich insbe- Wertvermehrende Aufwendungen sondere zwischen werterhaltenden hingegen können für die Zwecke der und wertvermehrenden Kosten un- Einkommenssteuer nicht vom steuer- terschieden. Werterhaltende Kosten baren Einkommen abgezogen wer- charakterisieren sich grundsätzlich den, erhöhen aber die Anlagekosten durch die Wiederherstellung des frü- und reduzieren damit regelmässig heren Zustandes der Liegenschaft den steuerbaren Gewinn für die Zwe- (z.B. Ersatz von Installationen oder cke der Grundstückgewinnsteuer aus Ausgleich von Verschleiss). Bei Aus- einem späteren Verkauf der Liegen- gaben für Neueinrichtungen oder der schaft. 29
Mit der Einführung der Abzugsmög- nerseits den werterhaltenden Unter- lichkeit für energiesparende und dem haltskosten die Rückbaukosten (vgl. Umweltschutz dienende Investitionen nachfolgend Ziffer B) im Hinblick auf erfuhr der Grundsatz, dass wertver- den Ersatzneubau gleichgestellt und mehrende Aufwendungen steuerlich die privaten Liegenschaftsbesitzer nicht abzugsfähig sind, eine wichtige können damit die entsprechenden Ausnahme. Den werterhaltenden Un- Kosten bei Erfüllung gewisser Vor- terhaltkosten wurden die Investitio- aussetzungen vom steuerbaren Ein- nen, die dem Energiesparen, dem kommen abziehen. Umweltschutz sowie der Denkmal- Andererseits können Investitionen, pflege dienen, in den 90er Jahren im die dem Energiesparen und dem Wesentlichen gleichgestellt. Private Umweltschutz dienen, und die Rück- Liegenschaftsbesitzer können da- baukosten im Hinblick auf den Er- mit grundsätzlich die Unterhaltskos- satzneubau zukünftig in den zwei ten (inkl. gleichgestellter Kosten), die nachfolgenden Steuerperioden vom Kosten der Instandstellung von neu steuerbaren Einkommen abgezogen erworbenen Liegenschaften, die Ver- werden, falls diese steuerlich im Jahr sicherungsprämien und die Kosten der Entstehung der Aufwände nicht der Verwaltung durch Dritte abziehen. vollständig berücksichtigt werden Die Kosten, die beim Neubau auf ei- konnten. Gestützt auf das Steuer- nem unüberbauten Grundstück oder harmonisierungsgesetz können auch beim Abbruch einer alten Liegen- die Kantone diese Änderungen auf schaft und Neubau entstehen, waren kantonaler Ebene umsetzen, wobei auch nach der Einführung von Aus- die bundesrechtlichen Vorgaben zu nahmen bei der Abzugsfähigkeit von beachten sind. wertvermehrenden Aufwendungen Die zwei genannten Änderungen – für die Zwecke der Einkommensteuer 1. Abzugsfähigkeit der Rückbaukos- nicht abzugsfähig. Mit der Revision ten im Hinblick auf einen Neubau der Liegenschaftskostenverordnung und 2. Übertragbarkeit der Kosten per 1. Januar 2020 traten wichtige auf nachfolgende Steuerperioden – in gesetzliche Änderungen in Kraft, wel- den Steuergesetzen erfolgten auf- che die Nichtabzugsfähigkeit dieser grund der Abstimmung zum neuen Aufwendungen beim Erwerb von pri- Energiegesetz bzw. der Umset- vatem Wohneigentum betreffen. zung der Energiestrategie 2050 vom Mit der Änderung des Gesetzes über 21. Mai 2017 durch das Schweizer 30 die direkte Bundessteuer werden ei- Stimmvolk.
B. Erste Änderung – Abzugsfähig- nach Demontage-, Abbruch-, Ab- keit von Rückbaukosten für den transport- und Entsorgungskosten, in Ersatzneubau einer separaten Abrechnung einzurei- Wie erwähnt, mit Inkrafttreten der chen. Bei der Abrechnung der Rück- gesetzlichen Änderungen per 1. Ja- baukosten ist damit zu vermeiden, nuar 2020, können neu die Rückbau- dass Handwerker Gesamtrechnun- kosten vom steuerbaren Einkommen gen ausstellen. abgezogen werden. Die abziehbaren Voraussetzung für die Geltendma- Rückbaukosten umfassen die Kosten chung der Rückbaukosten ist, dass für die Demontage der Installationen, der Steuerpflichtige selbst innert ei- des Abbruchs des vorbestehenden ner angemessenen Frist einen Er- Gebäudes, die Kosten für den Ab- satzneubau realisiert. Damit soll in transport und die Entsorgung des der Praxis die steuerlich begünstigte Bauabfalles. Im Rahmen der Deklara- Spekulation verhindert werden. In tions- und Mitwirkungspflicht hat der der Verwaltungspraxis wird zumin- Steuerpflichtige der Steuerverwaltung dest für die Zwecke der Ersatzbe- die abziehbaren Kosten, gegliedert schaffung eine Frist von zwei Jahren, 31
die bei den Rückbaukosten allenfalls Aufgrund der Gesetzesänderung analog herangezogen werden kann, können private Liegenschaftsbesit- als angemessen erachtet. Für die zer dem Energiesparen und dem Abzugsfähigkeit der Rückbaukosten Umweltschutz dienende Investitions- findet eine konsequent subjektbezo- kosten und Rückbaukosten im Hin- gene Betrachtungsweise Anwendung blick auf den Ersatzneubau auf die (d.h. die Rückbaukosten können nur folgenden zwei Steuerperioden über- geltend gemacht werden, wenn der tragen, wenn diese im Entstehungs- Steuerpflichtige selbst einen Ersatz- jahr steuerlich nicht vollständig be- neubau realisiert). Charakteristisch rücksichtigt werden konnten. Die für den Ersatzneubau ist, dass ein neu Übertragung setzt ein negatives erstelltes Gebäude auf dem gleichen Reineinkommen voraus und die übri- Grundstück wie das vorbestehende gen Liegenschaftskosten sind effektiv Gebäude errichtet wird und dieses zu deklarieren (d.h. keine Geltend- eine gleichartige Nutzung aufweist. machung eines Pauschalabzuges in Keine gleichartige Nutzung liegt bei- der Steuerperiode, auf welche die spielsweise vor, wenn ein unbeheiztes Kosten übertragen wurden). Abzüge Lagergebäude durch ein beheiztes für die übrigen Liegenschaftskosten Wohngebäude ersetzt wird. können hingegen weiterhin nur im Jahr geltend gemacht werden, in wel- C. Z weite Änderung – Übertra- chem diese angefallen sind. Ab dem gungsmöglichkeit von Kosten auf 1. Januar 2020 können damit gewisse zukünftige Steuerperioden Ausgaben maximal über eine Periode Gestützt auf die bisherige gesetzliche von drei Jahren abgezogen werden, Regel konnten Liegenschaftskosten wobei diese Kosten in der Reihen- grundsätzlich nur im Jahr, in denen folge des Ablaufs der Übertragbarkeit diese angefallen sind, vom steuer- bei der Berechnung des steuerbaren pflichtigen Einkommen abgezogen Einkommens zu berücksichtigen sind. werden. Insbesondere bei grösseren Dem nachfolgenden Beispiel für das Investitionen wurden die Arbeiten jah- Steuerjahr 2020 ist zu entnehmen, resübergreifend über zwei Steuerpe- dass aufgrund der Nichtberücksich- rioden vorgenommen, um sämtliche tigung von Investitionen im Bereich Kosten steuerlich abzuziehen und die Energiesparen und Umweltschutz Steuerprogression zu brechen (z.B. im Jahr 2020 im Umfang von CHF Bauarbeiten vom Oktober 2019 bis 30 000, diese getätigten Investitionen 32 März 2020). auf die folgende(n) Steuerperiode(n)
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