UNSER DFF Neue Räume schaffen - Ein Projektbuch - NOVEMBER 2020
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UNSER DFF Neue Räume schaffen – Ein Projektbuch NOVEMBER 2020 KINOPROGRAMM DEUTSCHES FILMINSTITUT FILMMUSEUM
VORWORTE Unsere Türen so weit wie möglich öffnen 2 INHALTSVERZEICHNIS Ellen Harrington Am Ende eines langen Weges steht hoffentlich: 4 ein Haus für den Film für Alle Christine Kopf Das DFF und die neue Stadtgesellschaft 9 Aida Ben Achour Über virtuelle „Dritte Orte“, ungeplante Projekt-Wendungen 10 und die Kraft der Begegnung im digitalen Raum Barbara Dierksen KOOPERATIONEN MiA 16 Migrantinnen fit für den Arbeitsmarkt Al Karama 34 Familienbildung im KiFaZ Nordwest Über den Tellerrand 58 Volunteer Rockets, Tandem-Programm von: Über den Tellerrand Frankfurt e.V. Projektwoche 66 Unser DFF – Ein Ausstellungsprojekt mit Jugendlichen in außergewöhnlichen Zeiten ZUKÜNFTIGE KOOPERATIONSPARTNER 80 FRANKFURTER FILMSCHATZ 82
Unsere Türen VORWORT so weit wie möglich öffnen Ellen Harrington Ellen Harrington Direktorin des DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum 2
Kulturerbe-Institutionen stehen heute Im Zentrum steht dabei immer das Ziel, VORWORT vor gewaltigen Aufgaben. Hinter den Publikum zu gewinnen und in unsere Ak- Kulissen setzen wir als DFF unermüdlich tivitäten einzubinden. Dies spiegelt sich in die Arbeit des Sammelns und Bewahrens unserer täglichen Arbeit mit Akteur:innen von Film und filmbezogenen Objekten der Stadtgesellschaft, Studierenden, Fa- fort. Unsere wichtigste Aufgabe aber ist milien und allen anderen Besucher:innen es sicherzustellen, dass diese Bilder und sowie in unseren Ausstellungen, Film- Objekte lebendig und relevant für die reihen, Publikationen, Bildungsmaterialien, nächsten Generationen bleiben, die in Onlineformaten und zahlreichen anderen einer sich wandelnden, von Migration und Angeboten. Im Fokus steht hier immer, unterschiedlichen kulturellen Identitäten unser Team und die Öffentlichkeit auf geprägten Stadtgesellschaft aufwachsen. Augenhöhe zusammenzubringen. Nur so können wir die Zukunft unseres gemeinsamen kulturellen und künstle- Ich möchte Sie ermutigen, die schönen, rischen Erbes sichern, auch im Angesicht bewegenden Arbeitsergebnisse der Teil- der Covid-Pandemie, die die Welt auf den nehmer:innen des Projekts zu erkunden Kopf gestellt hat, und der langfristigen und über das wichtige Postulat nachzu- Herausforderungen im Hinblick auf die denken, wonach das DFF tatsächlich und Umwelt, die wirtschaftliche Stabilität und in erster Linie den Besucher:innen gehört. die demokratischen Werte. Ich bin sehr dankbar für die Bereitschaft der Teilnehmer:innen, ihre Geschichten Um sich diesen wichtigen Aufgaben zu mit uns zu teilen. Für sein großes Engage- stellen, muss das DFF – Deutsches Film- ment danke ich auch dem Projektteam institut & Filmmuseum mit der Zeit gehen unter der Leitung von Barbara Dierksen, und seinen Auftrag immer wieder neu be- das dieses Projekt trotz der pandemiebe- kräftigen. Die Filmbildung und -vermittlung dingten Verschiebungen und Lockdown- ist eine der tragenden Säulen unserer Beschränkungen zum Erfolg geführt hat. Aktivitäten und spielt eine zentrale Rolle Was das Team gemeinsam mit den Teil- in unseren Bemühungen, das Haus im nehmer:innen unter diesen Bedingungen Kontext einer modernen Stadtgesellschaft geleistet hat, ist bemerkenswert. offener und interessanter zu gestalten. Nur wenn wir unsere Türen so weit wie möglich für ein diverses Publikum öffnen und ehrliche Meinungen zulassen, können wir unserem Anspruch gerecht werden. Das jüngste Filmbildungsprojekt „Unser DFF“ kann als Beispiel für unser Vorhaben gesehen werden, offen und vorurteils- frei neue Formate zu erforschen, die es Menschen ermöglichen, in einer wertschät- zenden Atmosphäre kreativ zu werden, sich auszudrücken und die Kunstform zu erleben, die wir lieben: das Kino. Das Projekt ist Teil eines größeren Vorhabens innerhalb des DFF, unserem Auftrag im Hinblick auf Vielfalt, Inklusion und Zugäng- lichkeit nachzukommen. Wir werden die nächsten Jahre weiter daran arbeiten, unsere Haltung und unsere Angebote von Grund auf zu überprüfen. Unsere Teilnahme am 360°-Programm der Kulturstiftung des Bundes, unsere Diversity-Arbeitsgruppen und unser Strategieentwicklungsprozess „Vision 2025“ sind einige der Maßnahmen, mit denen wir hoffen, echte und nachhaltige Veränderungen zu bewirken. Auch das Pro- jekt „Unser DFF“ steht für dieses Vorhaben. 3
Am Ende VORWORT eines langen Weges steht hoffentlich: ein Haus für den Film für Alle Christine Kopf Christine Kopf Leiterin Filmbildung und -vermittlung Co-Leiterin Strategische Entwicklung 4
Ein Junge sitzt an einem Tisch am Rand Das DFF, das älteste filmwissenschaft- VORWORT einer Straße. Aus vielen Schüsseln füllt liche Institut der Republik, wird unter er hochkonzentriert Schicht um Schicht anderem von der Beauftragten des Bun- farbigen Sand in eine Flasche. Es ent- des für Kultur und Medien gefördert. Wir stehen filigrane Kunstwerke: zarte Blumen, haben offiziell den Auftrag, das nationale feine Muster. Der Regisseur Khaled Mzher, Filmerbe zu sammeln, zu bewahren und der den Jungen in Jordanien gefilmt hat, lebendig zu halten. So steht es in unserer unterstützt unser Schauen auf besondere Satzung. Aber was genau ist in unserer Mi- Weise. Zunächst sind seine dokumenta- grationsgesellschaft 2021 das „nationale“ rischen Aufnahmen schwarz-weiß, dann, Filmerbe? Darüber müssen wir uns drin- Stück für Stück, entdecken wir die Vielfalt gend neu verständigen, und dafür haben der Farben des auf 16mm gedrehten wir im Projekt „Unser DFF“ den Frankfurter Films. COLOR MAKER heißt das 2017 ent- Filmschatz angelegt: damit wir als Haus standene kurze Werk, in den Titel gehen von unseren Besucher:innen lernen kön- der Regisseur und der junge Sandkünstler nen, was wir für sie bewahren sollen. Die dann auch gemeinschaftlich ein. Ergebnisse sind komplex, sie lassen sich mit dem schlichten Strickmuster „Natio- In einem Workshop des Projekts „Unser nalität“ nicht mehr abbilden. Eines sagen DFF“ waren Jugendliche aufgefordert, sie uns aber sicher: Wir müssen Cinema- Gegenstände im Foyer des DFF auszu- tographien jenseits des westeuropäischen stellen, die für sie persönlich eine hohe Kinos und Hollywoods noch deutlich mehr Bedeutung haben. In einer durchsichtigen Raum geben. Andernfalls würde unser Halbkugel ist nun eine sehr kleine Flasche Haus auf Dauer uninteressant. mit farbigem Sand zu sehen, gestaltet als Anhänger, mit der Aufschrift „Jordan“. Ein Deutschland hat lange gebraucht, um an- Erinnerungsstück an den Großvater. zuerkennen, dass es ein Einwanderungs- land ist. Die Erkenntnis spiegelt sich noch Ich musste sofort an den Film COLOR kaum in unseren Kulturinstitutionen, die MAKER denken. Wir arbeiten in mehreren doch gerade weltoffen, modern und inno- Projekten mit künstlerischen Kurzfilmen vativ sein sollten. Aber nein, sie verharren, von Khaled Mzher, die immer auch das sie bewegen sich in nur kleinen, zäh analoge Material, auf dem sie entstanden erkämpften Schritten. Mark Terkessidis sind, thematisieren. 1 Wir haben fest- bescheinigte ihnen schon 2010 in seiner gestellt, dass Kinder und junge Menschen Publikation „Interkultur“ eine „gläserne mit familiärem Bezug zur arabischen Welt Decke“, die echte kulturelle Teilhabe ver- in ihnen (auch) ein Stück Heimat sehen, hindert. Die Kulturstiftung des Bundes leg- sie können „andocken“. 2 Dass uns in der te 2018 das Programm 360° (www.360- Vermittlung Fragen dieser Art beschäfti- fonds.de) auch deswegen auf, weil sich gen, hat damit zu tun, dass unser Haus für eben von allein gar nichts tut. Auch das Filmkultur in Frankfurt steht. Diese Stadt DFF, in einer ehemaligen Bürgervilla am fällt bei Soziolog:innen in die Kategorie Mainufer im Herzen Frankfurts gelegen, „super-divers“. Anders ausgedrückt: 70 fühlt sich keinesfalls automatisch offen 1 Zum Beispiel im Prozent aller Frankfurter Kinder unter für alle an, obwohl unser Gründer Hilmar „MiniFilmclub“ und sieben Jahren haben Verwandte in der Hoffmann sich das immer gewünscht hat. bei unserem neuen ganzen Welt. Vermittlung heißt in diesem In der Tradition seines Diktums „Kultur für digitalen Bildungsan- Kontext – und vielleicht ja auch immer und alle“ (bei dem er damals allerdings noch gebot „Filmspielplatz“, das wir im November ganz generell – vor allem eines: der sorg- nicht das Einwanderungsland im Sinn hat- launchen werden. fältige Aufbau persönlicher Beziehungen, te) ist der Eintritt für junge Menschen bis ein aktives „ins Haus holen“ einzelner 18 Jahre in Frankfurter Museen seit 2017 2 Vgl. Alejandro Bach- Menschen, das Ausloten gemeinsamer kostenlos. Das mag werbewirksam sein, mann: Im Kino das Ge- fühl haben, die erste Interessen, jenseits von zahlenorientier- ist aber nur der erste Schritt auf einem oder zweite Heimat tem Audience Development. Das ist ein langen Weg. wiederzuentdecken. nachhaltiger und uns erfüllender Prozess, In: Perspektiven Früh- aber einer, der viel Zeit braucht. Ich danke Das DFF nimmt seit Sommer 2019 am kindlicher Filmbildung. Barbara Dierksen, Hien Mai und Julian Programm 360° teil, wir haben zwei Themenheft 1: Filmäs- thetik und Kinomagie Namé für ihr unermüdliches Engagement Kolleg:innen, die uns auf unserem langen – Erfahrungen mit dem für das Projekt „Unser DFF“, allen Corona- Weg zur wirklichen Öffnung zur Seite ste- MiniFilmclub, Frankfurt Widrigkeiten zum Trotz. hen. In der Filmbildung und -vermittlung 2020, S. 19–26. 5
verorten wir uns in der „transformativen immer überraschenden Menschen, die VORWORT Kulturvermittlung“, in unserem Leitbild ver- in keine Schubladen passen. Da gibt es schreiben wir uns einem diskriminierungs- die Vertreter:innen einer empowerten, kritischen Vermittlungsansatz, kulturelle jungen postmigrantischen Generation, Teilhabe für ein diverseres Publikum sind die wenig Geduld haben mit unserer, aus zentrales Ziel und Motivation unserer ihrer Sicht, behäbigen Lernreise. Oder Aktivitäten und Projekte. die Frau aus dem Reinigungsteam des DFF, die, nachdem wir die Kommunikation Also alles eitel Sonnenschein im DFF? über ein Übersetzungsprogramm auf Weit gefehlt. Die Disziplin, der sich Kine- dem Handy hergestellt und sie nach matheken wie unsere verpflichtet fühlen, ist ihren Lieblingsfilmen für den Frankfurter die Filmwissenschaft. Die Geschichte und Filmschatz gefragt haben, eine Liste mit Theorie des Mediums Films haben wir als cinephilen Meisterwerken von Polanski Kurator:innen, Archivar:innen und Vermitt- bis Pawlowski schickt. ler:innen studiert. Im Ankündigungstext der Tagung „Screen Worlds: Decolonising Film Ich schreibe jetzt eine Plattitüde auf, weil and Screen Studies“ wird mit Bezug auf es mir wichtig erscheint, dies angesichts Robert Stams Film Theory: An Introduction des Standes der gegenwärtigen Diskus- die historische Beziehung des Films zu Im- sion in Kulturinstitutionen festzuhalten: Es perialismus, Kolonialismus und Rassismus gibt sie nicht, die Zielgruppe „Menschen als das am wenigsten erforschte Gebiet mit Migrationserfahrung“ 4. der Filmwissenschaft beschrieben. Weiter heißt es dort: „This is, in spite of the fact In den USA gehören die Museen den that the film medium, since its invention in reichen Mäzen:innen, ihre Namen the late 1800s, was powered by White pat- schmücken einzelne Säle. Ein deutsches 3 Vgl. https:// riarchal privilege and racist representations Museum gehört den in diesem Land screenworlds.org/ of Africans, Asians, indigenous communi- lebenden Menschen. Sie bezahlen submissions/call-for- submissions-decoloni- ties and, in particular, Black people – and unsere Arbeit mit ihren Steuern. Vor uns sing-film-and-screen- which are still evident today in films and steht die Mammut-Aufgabe, unser Haus studies/ filmmaking practices. The discipline of Film so umzubauen, dass es zukünftig für and Screen Studies also remains mostly diese potenziellen Besucher:innen noch 4 Vgl. https://glossar. Eurocentristic in its historical, theoretical Relevanz hat. Wo sind die Filme und das neuemedienmacher. de/glossar/menschen- and critical frame-works, despite import- dazugehörige Non-Film-Material von mit-migrationshinter- ant, ongoing critiques by Third cinema, BIPoC 5 oder auch einfach nur von Frauen grund-mh/ Black and other film scholars, and despite in unserer Sammlung? Was machen wir 5 the attempts of world cinema scholars to mit Bias (d.h. Verzerrungen) und rassis- Black, Indigenous expand the field.“ 3 tischen Begriffen in alten Filmkritiken in and People of Color, vgl. https://glossar. unseren Datenbanken? Wie gelingt es neuemedienmacher. Wir sind nicht nur in dieser Disziplin sozia- uns, mit dem eigenen Rassismus kritisch de/glossar/people-of- lisiert, als Cinephile pflegen wir darüber umzugehen, wie verlassen wir kollektiv als color-poc/ hinaus eine leidenschaftliche Beziehung Team und nicht nur einzeln „Happyland“ 6, 6 zu „unserer“ Kunstform (vgl. unser Mission wie erkennen wir unseren „White Gaze“ 7, „Happyland“ nennt Topoka Ogette den Statement: „Film ist alles. Alles ist Film“). wie verändern wir unsere eingefahrenen „Zustand, in dem wei- Einsichten und Veränderungen tun weh. Praktiken? Wie können wir in unserem ße Menschen leben, Das Erbe, das wir laut unseres kulturellen vollen Alltag mit seinen Mühen der orga- bevor sie sich aktiv Auftrags bewahren, lebendig halten und, nisatorischen Ebene, mit dem sich an den und bewusst mit Ras- sismus beschäftigen“ speziell in unserer Abteilung, an ein junges Universitäten rasant entwickelnden Dis- (vgl. Topoka Ogette: Publikum vermitteln wollen: Es ist voller kurs mithalten (und wenn uns das nicht exit RACISM , Münster Stereotypen und Rassismen, es ruft (auch) gelingt, wie ist es dann weiterhin möglich, 2017, 2019, S. 21ff.). Verletzungen hervor. Die Intersektionalität, talentierte Nachwuchskräfte für das Haus 7 also der Umstand, dass Menschen von zu gewinnen?); mit welchen historischen „White Gaze” bezeichnet ein mehreren unterschiedlichen Diskrimi- Filmen können wir arbeiten, ohne Stereo- Phänomen, das immer nierungsformen betroffen sind, macht typen zu reproduzieren; wie diversifizie- dann auftritt, wenn unsere Aufgabe noch komplexer. Während ren wir langfristig unser Team? Weißsein als Standard Marketingagenturen hoffen, ihren Alltag angenommen wird (vgl. https://rosa-mag. mit Kund:innen-Typologien zu verein- Ohne unsere 360°-Agent:innen, Aida Ben de/was-ist-der-white- fachen, machen wir als Vermittler:innen Achour und Rabih El-Khoury, ohne ihre gaze/). Erfahrungen mit sehr unterschiedlichen, Expertise und Erfahrung, ihr situiertes 6
Wissen und ihre persönlichen Netzwerke, VORWORT vor allem aber ohne ihre Bereitschaft, sich mit uns trotz unserer Sozialisation voller Privilegien und unserer Wissens- lücken als ein Team zu fühlen und die Aufgabe gemeinsam anzugehen, hätte ich schon längst aufgegeben. Ich bin ihnen auf vielen Ebenen zum Dank verpflichtet. Was kann ich konkret tun? In den Bereich meines Handlungsspielraums gehört: in den Publikationen der Filmvermittlung kei- nen glatten Text, wie „ach so divers“ unser Haus sei, zu veröffentlichen. Sondern stattdessen immer wieder die Brüche, Lü- cken, Schmerzen transparent zu machen, ehrlich zu bleiben. Mit dem Team und mir selbst geduldig zu sein, und viel Raum für Diskussion und Lernen einzubauen – aber auch nicht zu geduldig. Die Balance und unseren Weg generell immer wieder neu auszuhandeln, permanent an unserer Haltung und unserem Wissensstand zu arbeiten, viel zuzuhören. Dem institu- tionellen, kanonisierten Wissen und den anerkannten Beständen der DFF-Archive in einer Geste der Erneuerung ein Kalei- doskop von persönlichen Geschichten, neuen Wissensbeständen und auch per- sönlichen Objekten (hier kommt die kleine Flasche mit dem Sand wieder ins Spiel) gegenüberzustellen. Die Vielfalt an Pers- pektiven und das permanente Kontextu- alisieren zur Methode zu erheben. Nicht müde und mürbe werden, angesichts von Widerständen (von Gendersternchen bis Disney-Disclaimern 8). Sich der Wut von Menschen mit Diskriminierungserfahrung 8 Disney Enterprises, zu stellen, auch wenn es weh tut und es Inc. stellt einigen einfacher wäre, ihr auszuweichen. seiner Filme seit 2019 und in verschärfter Form seit Herbst Der Soziologe Aladdin El-Maafalani 2020 einen Disclaimer schreibt, dass Konflikte ein gutes Zeichen voran, der vor rassis- seien – lassen sie doch darauf schließen, tischen Stereotypen dass Menschen mit Migrationsgeschichte in den Zeichentrick- in einer Gesellschaft angekommen sind, Klassikern warnt (vgl. z.B. https://www.faz. die von der Beteiligung der Vielen lebt net/aktuell/wirt- und alle mitnehmen möchte. Das macht schaft/unternehmen/ mir Mut. Und wenn ich dann sehe, wie an- disney-warnt-vor-ras- geregt die Frauen von der Projektgruppe sismus-in-seinen-film- klassikern-17010750. des Eltern-Kind-Zentrums Al Karama html). Anlässlich der über den ägyptischen Film YOMEDDINE aktuellen Ausstellung (Ägypten/Österreich/USA 2018, R: A.B. „The Sound of Disney. Shawky) in unserem Kino diskutieren 1928-1967" im DFF oder wie die jungen Teilnehmer:innen der haben wir uns gefragt, wie wir uns in der Aus- Projektwoche sich unser Café ausmalen, stellung und bei der bin ich voller Hoffnung auf eine offene begleitenden Filmreihe Gesellschaft. dazu positionieren. 8
Das DFF und Migration hat das Zusammenleben in VORWORT Frankfurt am Main entscheidend geprägt und wird es auch in Zukunft prägen: die neue Mehr als 70% der hier heranwachsenden Kinder und Jugendlichen haben eine Stadtgesell- Migrationsgeschichte. Für die Kulturinsti- tutionen der Stadt heißt das, dass sie sich die Frage stellen müssen, wer eigentlich schaft die Zielgruppen der Bildungsarbeit, der Programme und Ausstellungen sind und ob diese adäquat erreicht werden. Es bedeutet darüber hinaus, etwa für Aida Ben Achour das DFF – Deutsches Filminstitut & Film- museum, den Blick nach innen zu richten und kritisch zu hinterfragen, welche Veränderungen vorgenommen werden müssen, um als Institution auch in Zukunft ein lebendiger Ort für Filmkultur für alle zu sein. Das DFF hat es sich mit der Teilnahme am Programm 360° – Fonds für Kulturen der neuen Stadtgesellschaft zur Aufgabe gemacht, Menschen mit Migrationsge- schichte stärker anzusprechen und Wege für ihre aktive Teilhabe zu schaffen. Auch das Projekt „Unser DFF“ hat es sich zum Ziel gesetzt, die neue Stadtgesell- schaft und die Wünsche, die Frankfur- ter:innen mit internationaler Geschichte an ein Haus wie das DFF haben, besser kennenzulernen. Das 360°-Team des DFF hat dem Projektteam dabei geholfen, Kooperationspartner zu finden, die verschiedene Blickwinkel und Erfahrun- gen in das Projekt einbringen konnten. Es sind vor allem die Perspektiven der Menschen mit Migrationsgeschichte und -erfahrung, denen das Projekt auf den Grund gehen will. Es geht aber Aida Ben Achour auch um die Wünsche und Bedürfnisse DFF Outreach Managerin der verschiedenen Altersgruppen: im Programm 360° – Was vermissen die Jungen, die Alten und Fonds für Kulturen der diejenigen, die mitten im Leben stehen? neuen Stadtgesellschaft Sind wir zugänglich genug, sympathisch der Kulturstiftung des genug, flexibel genug, um sie alle zu Bundes erreichen? Um diese Erkenntnisse zu gewinnen, haben wir das Projektteam bei seiner Arbeit sehr gerne unterstützt. 9
Unser DFF VORWORT Über virtuelle „Dritte Orte“, ungeplante Projekt-Wendungen und die Kraft der Begegnung im digitalen Raum Barbara Dierksen Barbara Dierksen Projektleiterin „Unser DFF” Projektmanagerin Film- bildung und -vermittlung 10
Als die Idee und das Konzept zu „Unser Teilnehmer:innen keine digitalen End- VORWORT DFF“ im Frühjahr 2019 entstand, wusste geräte zur Verfügung. Zudem existierten noch niemand von einem Virus namens Sprachbarrieren, die mitunter eine zusätz- Covid-19 und welche Auswirkungen es liche Vermittlung erforderten. Formate, auf die gesamte Welt und damit auch auf in denen ein persönlicher Austausch den Kulturbetrieb haben würde. Auch notwendig ist und Vertrauensverhältnisse wenn das Thema Corona für viele über- erst entstehen müssen, können nicht ein- strapaziert sein mag, muss ein Bericht fach schnell verändert oder gar ersetzt über das Projekt damit beginnen, wie werden. Die persönliche Begegnung, die sehr es sich durch die Folgen der Pande- bei unserem Projektansatz die Kern- mie verändert hat. voraussetzung war – sie war nicht mehr möglich. „Unser DFF“ startete mit der Zielset- zung, das Haus diverser und inklusiver So mussten wir uns von den ursprüng- zu machen und gemeinsam mit Teilen lichen Projektpartnern, mit denen der Stadtgesellschaft an einer Öffnung über mehrere Monate ein regelmäßiger des Museums zu arbeiten. Anfang des Austausch stattgefunden hatte und Jahres 2020 waren wir in den Startlö- Workshop-Ideen entwickelt wurden, ver- chern: Wir hatten alle Kooperationspart- abschieden (dazu mehr auf den Seiten ner und Gruppen gefunden, Workshops, 80/81) – mit Ausnahme des Familienbil- Veranstaltungen und Ausstellungen dungszentrums „Al Karama“, mit dem wir gemeinsam entwickelt und geplant. Im im Oktober 2020, kurz vor dem zweiten März sollte die praktische Arbeit mit Lockdown, zwei Veranstaltungen reali- der ersten Projektgruppe beginnen – sieren konnten, aus denen schließlich ein und dann kam der erste Lockdown. eindrucksvolles Fotoprojekt hervorging. Wie alle im Kulturbereich war auch ich hoffnungsvoll, dass wir bald wieder Der Entscheidung für eine Überführung unsere Arbeit aufnehmen können, und des Projekts in ein digitales Format so verschoben wir die geplanten Aktivi- gingen einige schlaflose Nächte voraus, täten für ein paar Monate. Ende des Zweifel an der Übertragbarkeit in einen Jahres 2020 wurde schließlich klar, dass virtuellen Raum ausgerechnet in diesem das Projekt nur dann noch eine Chance Projekt, intensive Umdenkprozesse. auf Realisierung haben würde, wenn wir Doch konnten wir neue Partner gewin- uns von Begegnungen im realen Raum nen, mit denen digitale Formate möglich verabschiedeten und uns stattdessen waren. Neue Projektideen wurden be- in den virtuellen Raum begäben. Diese sprochen und gemeinsam konzipiert, und Entscheidung fiel bei diesem Projekt aus mit zwei Gruppen nahmen wir schließlich mehreren Gründen besonders schwer: Anfang des Jahres 2021 die digitale Wir wollten ja der Frage nachgehen, Workshoparbeit auf: mit „MiA – Mig- welche Veränderungen notwendig sind, rantinnen fit für den Arbeitsmarkt“ und um unser Haus offener und einladender mit „Über den Tellerrand“. Diese beiden zu gestalten und es stärker zu einer wertvollen Partner hätten wir sonst – Begegnungszone zu machen. Doch wie zumindest bei diesem Projekt – nicht kann das gelingen, wenn das Haus ge- kennengelernt. Dass unsere anfänglichen schlossen ist und die Beteiligten weder Zweifel in eine solch bereichernde Zu- das DFF noch das Projektteam persön- sammenarbeit mündeten mit Partnern, lich kennenlernen können? Wir konnten mit denen wir schon jetzt gemeinsame also weder in das DFF einladen, um den Pläne für die Zukunft geschmiedet ha- Beteiligten die Möglichkeit zu geben, den ben, ist ein großer Gewinn des Projekts. Museumsraum zu entdecken und das Team kennenzulernen, noch Workshops Die vierte „Unser DFF“-Gruppe bestand in den Institutionen und Vereinen in den aus sieben Jugendlichen, die sich zu ei- unterschiedlichen Stadtvierteln abhal- ner Projektwoche in den Osterferien zu- ten. Neben diesen für sich genommen sammenfanden. Die Jugendlichen ließen schon „außergewöhnlichen“ Umständen sich dabei auf eine ungewöhnliche und erschwerten verschiedene Gegeben- für alle Beteiligten schwierige Konstel- heiten im Hinblick auf die Gruppen eine lation ein: Gemeinsam mit dem Projekt- Überführung ins Digitale. So hatten viele team erarbeiteten sie eine Ausstellung 11
im sogenannten „Luftraum“ im Foyer Format charakterisiert, den Zugang zum VORWORT des DFF, ohne das DFF vorher von innen Projekt vielleicht sogar erleichterte. Die gesehen zu haben, und ausschließlich Gesichter von zwei jugendlichen Teilneh- digital zugeschaltet – ein bemerkens- mer:innen etwa habe ich bis heute nicht werter Einsatz nach langen Monaten des gesehen, da sie ihre Kameras nicht ein- Home-Schoolings vor dem PC. geschaltet hatten – und gerade sie teilten sich besonders offen mit. Es gab in den Führt man sich all diese ungewöhnlichen, virtuellen Treffen der Gruppen viele un- herausfordernden Umstände vor Augen erwartete und überraschende Momente: und trägt die Erfahrungen dieser Zeit zu- konfliktreiche Situationen und gesell- sammen, so ist es überraschend, dass ge- schaftspolitische Diskussionen, aufwüh- rade der Projekt-„Endspurt“ einen solch lende Lebensgeschichten, miteinander wertvollen Lern- und Erfahrungsschatz geteilte Sorgen. Situationen, die irgendwo barg. Die Lernerfahrungen, die aus der in den Zwischenräumen der mensch- Zusammenarbeit mit den einzelnen Pro- lichen und institutionellen Beziehungen jektgruppen hervorgegangen sind, lassen stattfinden. Als uns die Jugendlichen am sich in den jeweiligen Kapiteln nachlesen dritten Tag der Projektwoche ihre persön- – und deshalb seien hier stellvertretend lichen Lieblingsobjekte zeigten, die sie nur drei mir besonders wichtige genannt: ausstellen wollten und die auch hier im Ein diverses Projektteam wie das unsere Buch zu sehen sind, waren wir überrascht erleichterte es den Teilnehmer:innen, von der Auswahl und der Offenheit, Beziehungen und eine vertrauensvolle mit der sie ihre teils sehr persönlichen Kommunikation aufzubauen. Für eine gute Geschichten mit uns teilten. Dies war Kommunikation mit einer Gruppe mit un- einer von vielen Momenten, in denen das terschiedlichen Sprachkenntnissen ist die in partizipativen Bildungsprojekten viel- Unterstützung durch eine vermittelnde beschworene „gegenseitige Lernen vom Person unerlässlich. Und, es mag banal anderen“ plötzlich so viel mehr war als klingen, aber wir machten alltäglich diese ein evaluiertes „Gelerntes“, das später in Erfahrung: Instant-Messaging-Dienste einem Sachbericht auftaucht. sind für einen Austausch innerhalb eines solchen Projekts, in dem die Grenzen Selten bin ich in meinen Projekten inhalt- zwischen Privatem und Beruflichem lich so nah an den für meine Arbeit zentra- oft verschwimmen, nahezu unverzicht- len Wunsch gekommen, das DFF als einen bar, E-Mail-Verkehr ist dagegen nahezu gesellschaftlich relevanten „Third Place“ 1 1 „Third Place“ wurde bedeutungslos. Das Projekt hat in aller zu etablieren. Als einen Ort, an dem ein von dem amerikani- Deutlichkeit gezeigt: Es kostet Zeit und (gesellschaftlicher) Austausch quer durch schen Soziologen Ray alle Altersgruppen und biografischen und Nerven, aber es ist immer lohnend und Oldenburg geprägt als ein Ausdruck für einen gewinnbringend, sich (auch unabhängig sozialen Hintergründe möglich ist. Ein öffentlichen und für von einer Pandemie) auf neue Gegeben- vertrauter Begegnungsraum und Bezugs- alle zugänglichen drit- heiten einzustellen und mit Abstand auf punkt, an dem Themen wie Film und Kino ten Ort der Begegnung im Vorfeld definierte Projektpläne, die neben solchen wie Herkunft, Identität neben dem Zuhause für Anträge zielgenau und überzeugend und Migration stehen, an dem aber auch und dem Arbeitsplatz. Vgl. Ray Oldenburg: formuliert werden müssen, zu blicken. Gespräche über persönliche, alltägliche The Great Good Place: Erlebnisse ihren Platz haben. Und mir Cafés, Coffee Shops, Inwieweit müssen (Museums)Räume scheint, dass die Intensität der digitalen Community Centers, tatsächlich von den Beteiligten vor Ort Begegnungen den Nachteil des nicht-per- Beauty Parlors, General Stores, Bars, „erfahren“ werden, um über sie zu spre- sönlichen Kontakts aufgewogen hat und Hangouts, and How chen, um sie zu beurteilen, um eigene eine Form des virtuellen „Third Place“ They Get You Through Wünsche und Bedürfnisse auszudrücken geschaffen werden konnte. the Day, New York und mögliche Leerstellen zu benennen? 1989. Inzwischen gibt Sind die auf diesem Weg formulierten Wie kann es weitergehen, wie wünschen es auch in Deutsch- land Versuche, „Dritte Perspektiven weniger hilfreich, nur weil wir uns, dass es weitergeht? Zunächst Orte“ in Museen zu sie nicht im realen Raum selbst geäußert einmal gilt es, die Kommunikation mit etablieren. Das Kölner wurden? Oder kann es vielleicht genau den Projektteilnehmer:innen nicht abrei- Rautenstrauch-Joest- andersherum sein? Wir machten in allen ßen zu lassen. Die vielen ausgesprochenen Museum in Köln etwa öffnet sein Foyer für Gruppen die Erfahrung, dass gerade die Einladungen in unser Haus einzulösen, die Treffen von Migrant:in- Möglichkeit der Anonymität des digitalen Ideen der Teilnehmer:innen peu à peu Raums und die Distanz, die das digitale umzusetzen, und, irgendwann hoffentlich, 12 nenorganisationen.
Ausstellungsansicht: Unser DFF – Ein Ausstellungsprojekt mit Jugendlichen in Workshop im Eltern-Kind-Zentrum Al Karama außergewöhnlichen Zeiten 13 VORWORT
14 VORWORT Ausstellungsansichten: Unser DFF – Ein Ausstellungsprojekt mit Jugendlichen in außergewöhnlichen Zeiten
auch die Pläne mit den zu Beginn VORWORT beteiligten Projektpartner:innen zu ver- wirklichen. Das also weiter zu verfolgen, was uns unserem Ziel, ein offenes und einladendes Haus für alle zu sein, ein weiteres Stück näherbringt: die auf- gebauten Beziehungen kontinuierlich zu pflegen, Räume des Dialogs und der Diskussion zur Verfügung zu stellen und unser Museum damit weiter auch strukturell zu verändern und zukunfts- fähig zu gestalten. Ganz im Sinne eines „Liquid Museums“, das seine Inhalte, Konzepte und Methoden nicht als eine starre, zu erhaltende Realität ansieht, sondern das bereit ist, sich gemeinsam mit einem neuen Publikum für Verände- rungen einzusetzen. Es war, glaube ich, Nina Simon 2, die sagte, dass man ein gelungenes kollaboratives Projekt daran erkennt, was nach seinem Ende passiert. Ich hoffe sehr, dass wir diesen Test be- stehen und es uns gelingt, Ressourcen und Finanzen dafür bereitzustellen. Mein Dank geht an alle Projektteil- nehmenden für ihr Vertrauen, ihren Mut und ihre bereichernden Geschichten. Samah Affani, Aicha Bah-Diallo und Leonie Pohlmann danke ich für ihre engagierte Vermittlung der Projektgrup- pen. Einen großen Dank auch an Aida Ben Achour und Rabih El-Khoury für ihre Leidenschaft und Geduld, mit der sie meine Kolleg:innen und mich in auf- regenden und mitunter anstrengenden interkulturellen Lernprozessen unter- stützen. Und ganz besonders herzlich danke ich meinem Team, Hien Mai und Julian Namé, das mit großer Klugheit, Sensibilität und unglaublichem Esprit dieses wichtige Projekt gemeinsam mit mir gestaltet hat. „It never should have happened”, scherzten wir gegen Projekt- ende über „Unser DFF“. Aber wie gut, dass es dennoch passiert ist. 2 Nina Simon ist Exper- tin für partizipative Museumsformate und Autorin von The Participatory Museum 15 (2010).
16 MiA · MIGRANTINNEN FIT FÜR DEN ARBEITSMARKT MiA den Arbeitsmarkt Migrantinnen fit für
Das Projekt MiA – Das Projekt MiA – Migrantinnen fit für MiA · MIGRANTINNEN FIT FÜR DEN ARBEITSMARKT den Arbeitsmarkt wird gemeinsam Migrantinnen fit für von beramí berufliche Integration e.V. den Arbeitsmarkt und jumpp – Ihr Sprungbrett in die Selbständigkeit, Frauenbetriebe e.V. begleitet zugewan- umgesetzt und durch die SKala-Initia- tive gefördert. derte Frauen aus Frankfurt und dem Während jumpp unternehmerisches Denken und Handeln vermittelt, Rhein-Main-Gebiet entwickelt beramí bedarfsgerechte und unterstützt sie Qualifizierungsangebote und bietet berufliche Beratung an. bei der Suche nach einer passenden beramí e.V. Nibelungenplatz 3 jumpp – Frauenbetriebe e.V. Beschäftigung. Zu den 60318 Frankfurt www.berami.de Hamburger Allee 96 HH 60486 Frankfurt Angeboten des www.jumpp.de Programms gehören www.mia-frankfurt.de Ausbildungen, Um- schulungen, Weiter- bildungen und Qualifizierungen. Wie sah die Zusammenarbeit im Projekt „Unser DFF" aus? Die Gruppe tauschte sich bei digitalen Treffen aus. In individuellen Schreib- und Fotoprojekten widmeten sich die Teilnehmenden den Themen Herkunft, Heimat und Migration sowie der Rolle von Film und Fotografie. Teilnehmerinnen: Andrea Mamani Meneses, Dorina Ciubotaru, Fatimat Olafusi, Kristela At Nikolla, Nevin Bal Vagelakos, Samia Moussa, Simone Rodriguez Stöhr, Svetlana Zhukova, Waheeda Shahid 17
Wer trifft sich beim Welche Erfahrun- Geschichten MiA · MIGRANTINNEN FIT FÜR DEN ARBEITSMARKT Projekt MiA – gen habt Ihr im Pro- von uns Migrantinnen fit für jekt „Unser DFF” ge- den Arbeitsmarkt? macht? Welche Bedürfnisse Unsere Teilnehmerin- und Wünsche bringen die Menschen mit? Im MiA-Projekt treffen nen haben ihre Ideen eingebracht, konnten auf eine sehr wert- Frankfurter- sich Frauen mit Migra- tions- und Fluchterfah- rung mit unterschied- schätzende Art mitdis- kutieren und sich mit Musik, Film und Kine- innen lichen Bildungshinter- matografie beschäfti- gründen und Berufs- gen. Sie hatten eben- erfahrungen aus dem falls die Gelegenheit, Rhein-Main-Gebiet. neue Menschen ken- Sie werden unab- nenzulernen, sich mit Die Frauen der Projektgruppe hängig vom Aufent- ihnen zu vernetzen und MiA – Migrantinnen fit für den haltsstatus und Leis- die Sprache zu üben. tungsbezug durch ein Arbeitsmarkt teilten mit dem individuell ausgerich- Wie könnte eine wei- DFF-Team ihre vielfältigen tetes und modular auf- tere Zusammen- gebautes Programm arbeit mit dem DFF Erfahrungen im Zusammenhang bei der beruflichen aussehen? mit Migration und dem Leben Integration in den Ar- Wir könnten uns vor- beitsmarkt unterstützt. stellen, die Zusam- in Frankfurt und tauschten sich menarbeit mit dem über die Bedeutung von Museen Welche Rolle spie- DFF weiterzuführen, len die Orte Museum wenn die Rahmenbe- und Kultur in ihrem Alltag aus. und Kino in Euren dingungen stimmen Sie setzten verschiedene indivi- Aktivitäten? Welche und wir interessierte Rolle spielen Filme im Teilnehmerinnen fin- duelle Schreib- und Foto-Projekte Alltag Eurer Arbeit? den. Dazu werden wir um. Entstanden sind Texte Filme spielen eine sehr Gespräche in naher große Rolle im Alltag Zukunft führen. und Bilder mit konkretem Bezug von Migrantinnen, weil zum DFF und der Frage, wie sich sie ihnen die Möglich- keit bieten, die Spra- das Haus für ein diverses Publi- che zu hören und neue kum öffnen kann. Darüber hinaus Wörter kennenzuler- nen. Kinos spielen eine schrieben die Teilnehmerinnen größere Rolle als Mu- Texte, die um die Themen seen, weil ein Kinobe- such weniger exklusiv Herkunft, Heimat und Migration erscheint. kreisen und die Rolle von Warum seid Ihr Teil Film und Fotografie beleuchten. des Projekts „Unser DFF“? Wir wollten unseren Teilnehmerinnen die Gelegenheit bieten, neuen Menschen zu be- gegnen und positive Er- fahrungen zu sammeln. Aicha Bah-Diallo ist zuständig für den Bereich Arbeitsmarkt- integration und Pro- jektleiterin bei jumpp – 18 Frauenbetriebe e.V.
Michaels Mama MiA · MIGRANTINNEN FIT FÜR DEN ARBEITSMARKT Samia Moussa Ich kam als junge Frau im Nov- Mein Lieblingsessen zum Früh- Als mein Sohn im Kindergarten war, ember nach Deutschland. Der stück waren Saubohnen, genannt ereignete sich Folgendes: Eines Himmel war bedeckt und ich habe „Ful“. Diese gab es hier in Frankfurt Tages klopften seine Spielkame- die Sonne stark vermisst. Als die am Main leider nicht zu kaufen. raden und fragten nach Michael. Sonne eines Tages schien, rannte Eines Tages war ich in der Klein- „Hier gibt es keinen Michael“, ant- ich barfuß mit einem Nachthemd markthalle und entdeckte diese wortete ich. Währenddessen kroch bekleidet auf die Straße, um die an einem Stand für Blumen. Voller mein vierjähriger Sohn von hinten Sonne zu begrüßen. Der Nachbar Freude nahm ich den Beutel in die zwischen meinen Beinen durch, gegenüber schimpfte mit mir, ich Hand. Ein älterer Mann kam auf ignorierte mich und ging zu seinen solle schnell wieder ins Haus ge- mich zu und fragte, was ich denn Freunden. Als er nach dem Spielen hen und sagte: „Das ist hier nicht damit wolle? Ich antwortete ihm: nach Hause kam, sprach ich ihn wie in Ägypten.“ „Die sind für mich.“ Er riss mir den darauf an, warum er seinen Namen, Beutel kopfschüttelnd aus der Omar, geändert habe. Er antworte- Hand und sagte: „Das ist nicht für te: „Ich bin Deutscher und ich gehöre Menschen. Hast du ein Pferd?“ zur deutschen Armee!“ Ich zog ihn „Nein“, sagte ich und riss den Beutel vor den Spiegel und sagte: „Wir sind an mich: „Wir essen das zum Früh- Ägypter, haben schwarzes Haar stück.“ Widerwillig verkaufte er mir und hellbraune Haut!“ Er überlegte die getrockneten Saubohnen und kurz und meinte, das könne man ich war überglücklich. ändern. 19
Eine Stadtführung MiA · MIGRANTINNEN FIT FÜR DEN ARBEITSMARKT Kulissen, die die Stadt bewegen – Alle Wege führen zum DFF Simone Rodriguez Stöhr 1 Hauptbahnhof 2 Kaiserstraße 10 3 Moselstraße 4 Münchener Straße / Moselstraße 5 8 7 9 5 Rotes Haus 6 Weißfrauenkirche 2 1 4 6 7 Fürstenhof 11 8 Märchenbrunnen 3 9 Schauspielhaus / Städtische Bühnen 12 10 Neue Mainzer Straße 11 Nizza 12 DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum 2 5 20
1 Gestartet wird am Haupteingang 6 Weiter geht es zur Weiß- MiA · MIGRANTINNEN FIT FÜR DEN ARBEITSMARKT des Frankfurter Hauptbahnhofs, frauenkirche: Auf dem Dach der der 1880 erbaut wurde. „Kathed- Weißfrauenkirche prangen die ralen der Technik“ werden solche Leuchtbuchstaben „Mensch“, eine Hauptbahnhöfe auch genannt. Idee des Künstlers Mirek Macke. Alteingesessene Frankfurter:innen 2 Lässt man den Bahnhof hinter kennen diese noch von dem sich, blickt man direkt auf die Schriftzug des Frankfurter Be- Kaiserstraße, die, wie der Name kleidungsgeschäfts M. Schneider, bereits vermuten lässt, als Pracht- das schon lange geschlossen ist. straße geplant wurde. Blickt man Die Buchstaben MENSCH sollen umher, so ist es jedoch nicht mehr aufzeigen, wer in der Kirche im 8 so leicht, den einstigen Glanz des Mittelpunkt steht. Neben Gottes- Boulevards von damals zu erken- diensten finden hier auch Kultur- nen. In den 1980er Jahren hatte veranstaltungen, Ausstellungen Frankfurt die größte Drogenszene und Diskussionen statt. Europas. 7 Der Gutleutstraße folgend 3 Unweit der Kaiserstraße ver- Richtung Anlagenring. Linker Hand steckt sich eine unscheinbare, befindet sich in der Gallusanlage aber bedeutende Gedenktafel der Fürstenhof – heute eine für Oskar Schindler, der durch Commerzbank, früher bekannt als den Spielberg-Film SCHINDLERS Hotel Fürstenhof Esplanade, das LISTE der breiten Öffentlichkeit Grand Hotel am Bahnhof. Betreiber bekannt wurde. Er rettete 1.200 war Louis Bolle Ritz. Jüd:innen vor dem Konzentra- tionslager. Von 1958 bis 1974 lebte 8+9 Der Märchenbrunnen er in diesem Haus in Frankfurt. am Schauspielhaus zeigt eine Nymphe, im Volksmund 4 Biegt man in die Münchener auch Mainweibchen genannt. Straße ab, fällt an der Ecke zur Moselstraße ein klassizistischer 10 Blick hoch zur Skyline. Diese Prachtbau auf: das „Kronprinzen- Ansicht ist das Titelbild der 2018 palais“, das noch an den Glanz erstmals ausgestrahlten Fernseh- aus vergessenen Zeiten erinnert. serie BAD BANKS, deren Drehort Die Münchener Straße hieß früher Frankfurt war. 10 Kronprinzenstraße und war ein Pendant zur Kaiserstraße. 11 Die Nizza, eine Parkanlage mit mediterranem Flair, stellt durch ihr 5 Spiderman wacht über das gutes Mikroklima eine Art kleiner Frankfurter Bahnhofsviertel. Palmengarten à la Französische Früher gab es insgesamt sieben Riviera dar. dieser großen Figuren, die in der ganzen Stadt an Hausfassaden 12 Das DFF – Deutsches Film- kletterten. Davon sind heute nur institut & Filmmuseum bietet noch vier übrig geblieben. Eine be- mit seinem prominenten Standort findet sich am roten Haus, einem einen perfekten Blick auf das Erotik-Etablissement. Man fragt Treiben am Mainufer. sich, wie man diese beeindrucken- de Figur so oft übersehen konnte. 21
Unser perfekter Tag im DFF MiA · MIGRANTINNEN FIT FÜR DEN ARBEITSMARKT Andrea Mamani Meneses 22
Ich Wir verbinden unterschiedliche mich in ihre Welt mitnimmt und MiA · MIGRANTINNEN FIT FÜR DEN ARBEITSMARKT Situationen und Lebensereignisse mir zeigt, was sie schon alles kann. packe mit „Koffer packen“. Oft glückliche, Doch wollte sie in meine Welt? oft auch schmerzhafte Momente. Wie ist das, wenn man im Kinder- meinen Im Sommer 1970 kam meine Mut- ter mit einem Koffer in Deutsch- land an. Einige Jahre später garten erzählt: „Ich war im Sommer in der Türkei. Ich habe dort eine große Schwester.“ Wie war das, Koffer wurde Opa krank, es waren seine letzten Tage. Meine Eltern muss- als ich „Ich packe meinen Koffer“ spielte: Packte ich etwas für meine und ten schnell in die Türkei fliegen. Schwester ein? Meine Mutter war schwanger. Meine Schwester wurde dort 1986. Mein Bruder hat nun zwei nehme geboren. Dann wurden die Koffer wieder gepackt, nur zwei. ablas zu Hause. Oma blieb allein. mit… Meine Schwester blieb bei Oma. Der Dokumentarfilm KOFFER- KINDER. ZURÜCKGELASSEN IN Sommer 1980, drei Urlaubskoffer. DER TÜRKEI (Deutschland 2013, Für Mama, Papa und für mich R: Anke Kültür) und das Projekt Nevin Bal als Baby. Abla blieb bei Oma. „Generation einskommafünf“ der Frankfurter Künstlerin Olcay Acet Vagelakos Ich muss vier Jahre alt gewesen geben Betroffenen den Raum, sein, als ich Süßigkeiten für ihren Koffer zu öffnen. meine Schwester einpackte. Sie war meine „abla“, meine große Ich trage meinen Familienkoffer Schwester. Für mich war sie die und nehme ihn immer mit. türkische Pippi Langstrumpf. Ich beneidete ihre natürliche Art und ihre Abenteuerlust. Ich trug Kleidchen, hatte Zöpfe mit vielen Haarspangen. Ich erinnere mich, wie sie im Hof werkelte und aus Äpfeln und Stöcken etwas bastelte. Sie mochte keine Kleider und Röcke. Mit Puppen spielte sie auch nicht. Ich wollte, dass sie „Kofferkinder“ Blog von Nevin Bal Vagelakos: www.kulturnomadin.de In den 1960er und 70er Jahren kamen viele Türk:innen als sogenannte Gastarbeiter:innen nach Deutschland – oft mit der Absicht, nach wenigen Jahren in die Heimat zurückzukehren. Kinder blieben bei Verwandten in der Türkei zurück. Der Nachzug von Familienangehörigen war im Anwerbeankommen zwischen Deutschland und der Türkei zunächst ausdrücklich ausgeschlos- sen worden. Viele Gastarbeiter:innen blieben länger als geplant und wurden in Deutschland ansässig. Erst Jahre später wurden die 23 Kinder von ihren Eltern nachgeholt.
Brief an MiA · MIGRANTINNEN FIT FÜR DEN ARBEITSMARKT die Zukunft Svetlana Zhukova Zu Beginn meines Briefes möchte ich dem Preis für die Freiheit erwies sich leider als Team des DFF für die Möglichkeit danken, sehr hoch. Viele bis dahin wichtige Dinge an diesem Projekt teilzunehmen. verloren ihren Wert. Aber ich war damals 24 Jahre alt und machte mir keine Ge- Ich bin in der russischen Kleinstadt danken, weder über die Ursachen noch Konakowo, am malerischen Ufer der Wol- über die Folgen der Ereignisse. Arbeits- ga gelegen und 100 Kilometer von Moskau losigkeit, Unsicherheit, Verzögerungen entfernt, geboren. Meinen Bericht würde bei Lohnauszahlungen, Probleme bei der ich gerne mit einem meiner Lieblingsfilme Lebensmittelversorgung, Insolvenzen, des Regisseurs Sergio Leone ES WAR Auseinandersetzungen zwischen kriminel- EINMAL IN AMERIKA verknüpfen. Dieser len Gruppen usw. Eine Zeit lang arbeitete Film hat mich zutiefst beeindruckt und ich auf einem Markt. In jeder Stadt gab bleibt bis heute ein Meisterwerk. Es geht es damals solche Märkte. Jedes Mal, darin um Freunde, ihre Kindheit und das wenn ich mir den Film ES WAR EINMAL Erwachsenwerden in einem armen jüdi- IN AMERIKA ansah, begriff ich, dass die schen Viertel in New York. Um Liebe und amerikanische Große Depression zu uns Verrat. Der Film kam zuerst in Amerika im in den 90er Jahren kam. Jahr 1984 auf die Leinwand. Bei uns in der UdSSR lief er in den Kinos ab 1989. Der In meinem Leben gab es auch Verände- „Eiserne Vorhang“ wurde bereits entfernt, rungen. Ich ließ mich scheiden, fand eine und mit der versprochenen Freiheit über- neue Arbeit und zog meine Tochter alleine fluteten Konsumwaren und Filmproduktio- groß. Als Managerin arbeitete ich auf nen unser Land. Provisionsbasis. Neue Freunde kamen in mein Leben, einige gingen wieder, An dieser Stelle möchte ich die erste mit anderen bin ich immer noch gut Parallele ziehen und gedanklich die befreundet. So eine Zeit war das – die geniale Musik von Ennio Morricone, und Zeit der Veränderungen. Die heranwach- zwar „Poverty“, als Hintergrund benutzen. sende Generation träumte nicht davon, Alles, was mit meinem Erwachsenwerden Kosmonaut:in, Wissenschaftler:in oder zu tun hat, verdanke ich meinem Heimat- Ärzt:in zu werden, sondern Geschäftsfrau land und meinen Eltern, an die ich mit oder Geschäftmann, Manager:in oder, Liebe und Dankbarkeit zurückdenke. Als noch schlimmer: Gangster. Kind wuchs ich ganz normal auf, ging zur Schule, nutzte viele Freizeitangebote, trieb Anfang der 2000er Jahre erfuhr ich aus Sport im Verein und besuchte eine Musik- den Medien, dass einer meiner Spiel- schule. Die Sommerferien verbrachte kameraden aus dem Dorf meiner Oma ich bei meiner Oma auf dem Land, wo Mitglied einer bekannten kriminellen ich mit Freunden viele sorglose Stunden Vereinigung geworden war. Nach einem verlebte. Die Lebensgeschichten dieser Aufsehen erregenden Prozess wurden er Freunde sind sehr unterschiedlich. Gegen und sein Bruder zu mehreren Jahren Haft Ende der sogenannten Perestrojka zog verurteilt. Und wieder wurde mir beim ich nach Moskau um, heiratete und bekam wiederholten Anschauen des Films klar, meine Tochter Dascha, mein Herzens- dass in ihm eine Art Schlüssel zur Wirk- glück. In den 90er Jahren veränderte lichkeit, ein Code versteckt ist, mit dessen sich das Leben dramatisch, es ähnelte Hilfe ich die Realität jedes Mal anders 24 immer mehr einem Gangsterfilm. Der wahrnehmen konnte. Das Leben ist nicht
MiA · MIGRANTINNEN FIT FÜR DEN ARBEITSMARKT rosarot, es richtet alles ein, wie es sich trotz aller Schwierigkeiten lebenswert. Übersetzung aus dem Russischen: Irina Bastian gehört, es bestraft und belohnt. Immer wieder sehe ich meinen Lieblings- film an und kehre zusammen mit Noodles Mein Leben ging weiter… Meine Tochter in die Vergangenheit zurück, erinnere wurde erwachsen und ich begegnete mich an alle, die ein Teil meines Lebens Luigi, einem guten Mann, mit dem ich mein waren, die wieder gegangen oder die ge- Leben verbunden habe. Ich zog zu ihm blieben sind. Ich verstehe, dass die Men- nach Süditalien. Apulien ist eine wunder- schen eigentlich überall von denselben schöne Gegend an der Ionischen und der Sachen träumen, aber aus unerfindlichen Adriatischen Küste mit atemberauben- Gründen Fehler begehen. den Naturbildern, mit fantastischer Ar- chitektur und natürlich mit weltbekannter Erinnern Sie sich an die Szene, als wir plötz- Küche! Die Sommersaison beeindruckt lich mit dem Protagonisten zusammen um mit lokalen Festen, die Menschen sind ein paar Jahrzehnte in die Vergangenheit fröhlich und genießen die Natur. In jener versetzt werden? Er ist wieder an den Orten Zeit klang in mir erneut die zauberhafte seiner Kindheit und Jugend und sucht das Musik „Amapola“ des genialen italieni- Verlorengegangene: Liebe, Freundschaft, schen Komponisten Ennio Morricone wichtige Menschen in seinem Leben. Aber an, ja genau, die Filmmusik aus ES WAR nichts im Leben kann man zurückholen, EINMAL IN AMERIKA. Die Italiener:innen es gibt nur die Chance, es zu bewahren. verstehen es, das Leben zu genießen. Ich möchte einfach allen wünschen, das zu Aber auch sie haben Probleme. bewahren, was wir haben. Die Krise von 2008 ließ uns nach Öster- reich umziehen. Zuerst war es Innsbruck, das Leben in den Bergen im Winter. Genauso prächtig wie das Meer, nur eingefroren! Dann kam Wien im Frühling und im Sommer. Die Erinnerungen daran bleiben für immer. Die Wiener Oper, Schlösser und Parks im Duft der blühen- den Rosen. Open-Air-Konzerte mit Blas- kapellen und Opernsänger:innen. Ich war glücklich mit meinem Mann und dachte an die Szene aus dem Film, als Deborah Noodles fragt: „Wartest du schon lange?“ – „Das ganze Leben“, antwortet er. Von dieser Antwort träumen alle Frauen. Das Leben bleibt nicht stehen. Wir sind nach Frankfurt am Main in Deutschland umgezogen, wo wir immer noch leben. In der Zeit war meine Tochter bei uns zu Besuch. Sie arbeitet als Erzie- herin und studiert Psychologie. Ich lerne 25 Deutsch, das Leben geht weiter und ist
Gedicht MiA · MIGRANTINNEN FIT FÜR DEN ARBEITSMARKT Dorina Ciubotaru Prima dată Ti-am călcat astăzi pragul pentru prima dată. Pe timp de pandemie, acum chìnd ai putini vizitatori. M-ai onorat cu mari vedete din umbra-ti luminată. Cu ele-ai dovedit ìn suflet să-mi cobori. Acum mi-am oprit pasul, cu autograful tău să îmi ating gìndirea. Să meditez în taină, ascultìnd bătăile ce-mi clacsonează‘n vene. Păşesc muzeu cu tine-n timp, pentru a-ti vedea menirea, şi văd cum te înalti din mit, cu multe fenomene. Prin modul tău, cu fabuloasele şi cu străvechile creatii, prevăd schimbări spectaculoase, şi'năltătoare. Prin multitudinea de-aspecte, vei insufla perceptii, şi dorul de-a te vizita, pe nimeni nu-l va opri din cale. Erstes Mal Übersetzung aus dem Rumänischen: Jacqueline Tendler Heute bin ich zum ersten Mal über deine Schwelle getreten. In der Pandemiezeit, jetzt, wo du wenige Besucher hast. Aus deinem beleuchteten Schatten hast du mich mit großen Stars beehrt. Mit ihnen hast du bewiesen, dass du in meine Seele hinabsteigen kannst. Jetzt bin ich stehengeblieben, um meine Gedanken mit deinem Autogramm zu berühren, um heimlich nachzudenken, während ich meinem Herzschlag lausche, der in den Venen pulsiert. Ich schreite mit dir, Museum, durch die Zeit, um zu sehen, was deine Aufgabe ist, und merke, wie du aus dem Mythos aufsteigst mit vielen phänomenalen Menschen. Dank deiner Art, mit den fabelhaften und den uralten Schöpfungen, sehe ich spektakuläre und erbauende Veränderungen kommen. Durch die Vielfalt der Aspekte wirst du Wahrnehmungen einhauchen, und die Sehnsucht, dich zu besuchen, wird so groß sein, dass niemand 26 auf seinem Weg aufgehalten werden kann.
Fotografische Interpretationen MiA · MIGRANTINNEN FIT FÜR DEN ARBEITSMARKT Kristela At Nikolla 27
Fotografische Interpretation MiA · MIGRANTINNEN FIT FÜR DEN ARBEITSMARKT Kristela At Nikolla 28
Gedicht MiA · MIGRANTINNEN FIT FÜR DEN ARBEITSMARKT Dorina Ciubotaru O noapte la muzeu Frate, vreau cu tine să stăm aici pe noapte, să ne prezentăm în rol de păcălici. S‘alergăm prin sute de istorisiri și arte, să ne facem farse cu mai multi amici. Poate, vom putea să schimbăm opinca, ca să-ntrăm și noi într-un DISNEYLAND. Mi-aș dori să lepăd pentru totdeauna, masca de COVID, într-un basm abracadabrant. Ș-apoi să-i salut pe Olaf, Terk și Simba, și pe Pocahontas, Woody și Tarzan. Vreau s-o văd pe Jasmine, Alice, Belle, Elsa, și pe Gofy, Stitch și pe Fa-Mulan. Să m-arunc în părul frumoasei Rapunzel, într-o atmosferă magică s-adorm. Iar cu Cinderella să cătăm castelul, unde a dansat cu printul sempitern... Eine Nacht im Museum Bruder, ich möchte, dass wir mit dir über Nacht hier bleiben und uns [den anderen] in der Rolle von Spaßmachern vorstellen. [Ich möchte, dass wir] durch Hunderte von Geschichten und Übersetzung aus dem Rumänischen: Jacqueline Tendler Meisterwerke rennen und mit mehreren Freunden Spaß haben. Vielleicht können wir die Schuhe wechseln, damit auch wir in ein DISNEYLAND eintreten. Ich würde mir wünschen, in einem Zaubermärchen die Corona-Maske für immer loszuwerden. Und dann möchte ich Olaf, Terc und Simba grüßen und Pocahontas, Woody und Tarzan. Ich möchte Jasmine, Alice, Bela, Elsa und auch Goofy, Stitch und Fa-Mulan sehen. Ich möchte mich in die Haare der schönen Rapunzel vergraben und in einer magischen Umgebung einschlafen. Und mit Aschenputtel suchen wir das Schloss, 29 wo sie mit dem unsterblichen Prinzen getanzt hat…
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