UNSERE PENSIONEN Fakten statt Mythen - ooe.arbeiterkammer.at - Arbeiterkammer Oberösterreich

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UNSERE PENSIONEN Fakten statt Mythen - ooe.arbeiterkammer.at - Arbeiterkammer Oberösterreich
UNSERE
 PENSIONEN
 Fakten statt Mythen

Stand: März 2022

ooe.arbeiterkammer.at
UNSERE PENSIONEN Fakten statt Mythen - ooe.arbeiterkammer.at - Arbeiterkammer Oberösterreich
VORWORT

          Andrea Heimberger, MSc           Andreas Stangl
          AK-DIREKTORIN                    AK-PRÄSIDENT

           FAKTEN STATT MYTHEN:
           WAS SIE ÜBER UNSER
           PENSIONSSYSTEM WISSEN SOLLTEN
          Immer wieder wird von verschiedensten Seiten eine Umstrukturierung des österreichischen
          Pensionssystems gefordert. Dabei übersehen Viele, dass bereits substanzielle Reformen im
          österreichischen Pensionsrecht durchgeführt worden sind. Diese Reformen werden nach­
          haltig wirken und berücksichtigen auch die langfristigen Perspektiven, wie etwa den erwar­
          teten Anstieg der Lebenserwartung.

          Der oft geforderte Systemwechsel hin zu mehr Betriebs- und Privatpensionen wurde bisher
          zum Glück nicht vollzogen, was nicht zuletzt der breiten Ablehnung durch Arbeiterkammer
          und Gewerkschaften zu verdanken ist. Anstatt einer Stabilisierung des starken öffentlichen
          Systems im Umlageverfahren soll laut Regierungsübereinkommen jedoch das hochriskante
          Kapitaldeckungssystem ausgebaut werden, indem die private Altersvorsorge verstärkt zu för-
          dern ist. Gleichzeitig wird mehr oder weniger subtil, eine Panik vor einem explodierenden
          Pensionssystem geschürt. Dabei zeigt sich, dass Österreich mit dem Umlageverfahren im
          Vergleich zu anderen Ländern, die verstärkt auf das Kapitaldeckungsverfahren gesetzt haben,
          sehr gut fährt. Die Prognosen für eine langfristige Sicherung der Pensionen sind gut. Der
          Bundeszuschuss zu den Pensionen war in den letzten Jahren vor der Corona-Pandemie sogar
          rückläufig! Auch unser Nachbarland Deutschland hat großes Interesse am österreichischen
          Pensionssystem gezeigt, sogar von einem „Referenzmodell“ war die Rede.

          Es lohnt sich also zu hinterfragen, woher die Panikmache kommt. Wer verdient daran, wenn
          die „Privatvorsorge“ als unumgängliche Notwendigkeit hingestellt und „Eigenvorsorge“ über
          Solidarität gestellt wird? Welche Faktoren spielen neben der Demografie noch eine Rolle?
          Wir haben die wichtigsten Fakten zum Thema Pensionen in dieser Broschüre für Sie zusam-
          mengefasst.

          Sie werden sehen: Unser staatliches Pensionssystem nach dem Umlageverfahren ist den
          anderen Varianten punkto Verlässlichkeit und Lebensstandardsicherung überlegen. Es ist
          wichtiger denn je, sich gemeinsam dafür einzusetzen, dass auch noch unsere Kinder und
          Enkelkinder die Vorteile der gesetzlichen und solidarischen Absicherung für das Alter
          genießen können!

                  Andrea Heimberger, MSc                    Andreas Stangl
                  AK-Direktorin                             AK-Präsident

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INHALT
Abkürzungsverzeichnis                                                                   4

Sinn und Ziel eines guten Pensionssystems                                               5

Unterschiedliche Systeme                                                                6

Der Vergleich macht sicher                                                              7

Das Drei-Säulen-Modell funktioniert in der Praxis nicht! Andere Länder rudern zurück!   8

Leistungsspektrum der Pensionsversicherung und Pensionsarten                            10

Rehabilitation, Invaliditätspension                                                     13

Pensionsleistung                                                                        14

Pensionskonto / Pensionshöhen                                                           15

Gender Pension Gap                                                                      17

Was heißt Pensionssplitting?                                                            18

Finanzierung der Pensionen                                                              18

Prognosen                                                                               20

Wie ist es möglich, dass die Ausgaben trotz steigender Anzahl von Pensionisten/-innen
weitgehend konstant bleiben?                                                            22

Pensionsantrittsalter                                                                   23

Stellschrauben – politisches Agieren                                                    24

Fazit                                                                                   26

AK-Forderungen                                                                          27

Impressum                                                                               28

                                                                                             3
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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
       AKOOE    Arbeiterkammer Oberösterreich
       ALG      Arbeitslosengeld
       AMS      Arbeitsmarktservice
       AP       Alterspension
       ASVG     Allgemeines Sozialversicherungsgesetz
       BIP      Bruttoinlandsprodukt
       BM       Beitragsmonate
       BMF      Bundesministerium für Finanzen
       BMSGPK   Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
       BSVG     Bauern-Sozialversicherungsgesetz
       BUAK     Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse
       BUP      Berufsunfähigkeitspension
       BVAEB    Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau
       GSVG     Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz
       HP       Hinterbliebenenpension
       IAO      Internationale Arbeitsorganisation
       IP       Invaliditätspension
       IWF      Internationaler Währungsfonds
       J        Jahre
       Mio      Million(en)
       OECD     Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
                (Organisation for Economic Cooperation and Development)
       PV       Pensionsversicherung
       SchwA    Schwerarbeit
       SVS      Sozialversicherung der Selbständigen
       VM       Versicherungsmonate

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SINN UND ZIEL EINES GUTEN PENSIONSSYSTEMS
Eine wichtige Säule des Sozialstaates ist das     nehmerinnen und Arbeitnehmer in das staat­
gesetzliche Pensionssystem Österreichs, das       liche Pensionssystem zu stärken. Künftige
auf einer solidarischen Pflichtversicherung       Reformen dürfen nicht mehr auf Kosten der        Reformen dürfen
nach dem Umlageverfahren basiert, bei dem         ASVG-Versicherten gehen. Es ist weder eine       nicht mehr auf
die Pensionsversicherungsbeiträge der aktuell     weitere Anhebung des gesetzlichen Pensions­      Kosten der Arbeit-
Erwerbstätigen direkt an die Pensionsbezie-       antrittsalters noch eine Senkung der Pensions­   nehmer/-innen
her/-innen ausbezahlt werden. Die erwerbstä­      höhe notwendig, um unser Pensionssystem          passieren!
tigen Generationen können von zukünftigen         in seiner derzeitigen Form abzusichern.
Generationen verlässlich das Gleiche erwarten
(sogenannter Generationenvertrag). Der Sinn       Auf alle Fälle muss auf die Lebensplanung
darin besteht in der weitgehenden Vermei­         der Betroffenen Rücksicht genommen wer­
dung des Kapitaldeckungssystems, wo Bei-          den. Die Menschen brauchen Planbarkeit,
träge (hoch-)riskant am Finanzmarkt angelegt      verständliche Pensionsregelungen und eine        Rücksicht auf die
werden müssen.                                    verlässliche soziale Absicherung im Alter.       Lebensplanung
                                                  Nach den umfassenden Pensionsreformen
Ziel ist es, allen Erwerbstätigen Pensionen zu    in der Vergangenheit sollte auf die derzeit
garantieren, die den Lebensstandard sichern       bestehenden Pensionsregelungen vertraut
und vor Altersarmut schützen, wobei sich der      werden können. Ein im Pensionsrecht prak­
Staat dazu verpflichtet, diese Pensionen durch    tizierter Vertrauensschutz stellt grundsätz­
Zuschüsse zu sichern.                             lich sicher, dass sich kurzfristig nichts Gra­
                                                  vierendes verschlechtern darf – vor allem
                                                  kurz vor dem Pensionsantritt. Daher werden
In Würde altern                                   üblicherweise längere Übergangsfristen be­
                                                  schlossen, wodurch Veränderungen im Pen­
Die gesetzliche Pensionsversicherung sorgt        sionsbereich Zeit brauchen, um wirksam zu
dafür, dass die Wechselfälle des Lebens nicht     werden.
zu Altersarmut führen. Wie zum Beispiel eine
Teilpflichtversicherung u.a. bei Zeiten der
Kindererziehung, Arbeitslosigkeit oder Krank-     Bürgerinitiative
heit, eine freiwillige Weiter- und Höherver-      der Arbeiterkammer Oberösterreich
sicherung, eine Ausgleichszulage und vieles
mehr. Damit soll ein weitestgehend lücken-        2019 hat die AKOOE eine Bürgerinitiative ge­
loser Versicherungsverlauf erreicht werden,       startet. Die Forderung war, unser staatliches
um einen Zugang zur Alterspension für mög­        Pensionssystem in der Verfassung zu veran­
lichst alle Versicherten zu gewährleisten.        kern, um die Pflichtversicherung, das Umlage­
                                                  verfahren und die Ausfallshaftung des Bundes
                                                  abzusichern. Für einen Gesetzesbeschluss im
Sicherheit und Vertrauen                          Nationalrat reicht eine einfache Mehrheit der
                                                  abgegebenen Stimmen aus. Um aber ein Ver­
Gerade in Krisenzeiten (Finanzkrise, Covid-       fassungsgesetz zu ändern, muss mindestens
Krise) hat sich eindrucksvoll gezeigt, dass un­   die Hälfte der Mitglieder anwesend sein und
ser gesetzliches Pensionssystem einen absolut     eine Mehrheit von zwei Drittel dem Gesetzes­
stabilen Faktor im Wirtschaftssystem darstellt.   vorschlag zustimmen. Das würde besser vor
Die Pensionen wurden verlässlich ausbezahlt       politischer Willkür schützen! Aufgrund der
und trugen so zum Erhalt der Kaufkraft bei.       vielen Stimmen wurde das Anliegen der
Versicherte dürfen darauf vertrauen, dass sie     AK Oberösterreich wohl im Ausschuss be­
mit Sicherheit ihre Pensionsleistung erhalten.    handelt, jedoch dort nicht weiterverfolgt. Al­
                                                  lerdings legt die sozialdemokratische Parla-
Leider haben die vielen Einschnitte der letz­     mentsfraktion dem Nationalrat einen diesbe­
ten Jahre und die anhaltenden Debatten nicht      züglichen Antrag immer wieder vor – zuletzt
dazu beigetragen, das Vertrauen der Arbeit­       im Oktober 2021.

                                                                                                                        5
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UNTERSCHIEDLICHE SYSTEME
                          Die staatlichen Pensionen sind sicher. Die       Kapitaldeckungssystem
                          gesetzliche Pension muss und wird auch in
                          Zukunft den Lebensstandard jener Men­            Finanzkrise, Bankenkrise, Schuldenkrise,
                          schen sichern, die aus dem Arbeitsleben aus­     Corona-Krise, niedriges Zinsniveau, Insolven­
                          scheiden. Dafür ist unser Umlagesystem am        zen: ein bisschen viel Risiko, um darauf seine
                          besten geeignet.                                 Altersvorsorge aufzubauen! Dazu kommen
                                                                           noch hohe Verwaltungskosten, geringe Trans-
                                                                           parenz und kaum Kontrollmöglichkeiten so­
                          Umlagesystem                                     wie enorme (Kosten-) Nachteile bei vorzeiti­
                                                                           ger Auflösung. Die Gewinner sind die Ver-
    Der Generationen-     Umlagesystem bedeutet, dass die Pensions­        sicherungsunternehmen, die als Aktiengesell­
    vertrag beruht auf    versicherungsbeiträge der aktuell Berufstäti­    schaften ihren Aktionären zur Gewinnaus­
            Solidarität   gen direkt an die Pensionistinnen und Pensio-    schüttung verpflichtet sind.
                          nisten ausbezahlt werden, also „umgelegt“
                          werden. Jede Generation finanziert so mit ih­    Im Kapitaldeckungsverfahren ist es ohne Be­
                          ren Beiträgen nicht die eigene Altersvorsorge,   lang, ob Sie arbeitslos, krank oder aus einem
                          sondern die ihrer Eltern und Großeltern. Wir     sonstigen Grund gerade nicht imstande sind,
                          sprechen in diesem Zusammenhang auch             die fälligen Prämien einzuzahlen – es bietet
                          vom Generationenvertrag, basierend auf dem       eben keinen sozialen Ausgleich. Das sieht
                          Prinzip der Solidarität.                         man besonders deutlich in jenen Ländern, in
                                                                           denen das Pensionssystem auf dem Kapital-
Betriebs- und Privat-     Nur ein staatliches Pensionssystem kann einen    deckungssystem beruht. Außerdem haben bei
  pensionen können        sozialen Ausgleich bieten, indem auch für        Weitem nicht alle Versicherten Zugang zu
   nur eine sinnvolle     Zeiten ohne Erwerbstätigkeit (zum Beispiel       einer Betriebspension (in Österreich aktuell
 Ergänzung, keines-       Zeiten der Kindererziehung, Krankheit, Ar­       rund 25 Prozent) und eine private Vorsorge
 falls aber ein Ersatz    beitslosigkeit) staatliche Einzahlungen (Teil­   können sich die wenigsten leisten.
    für die staatliche    versicherung) geleistet werden sowie eine
        Pension sein.     „Mindestpension“ (in Form einer Ausgleichs­      Es ist nicht nachvollziehbar, dass nach wie vor
                          zulage) garantiert wird.                         kritisiert wird, der Staat könne sich das ge­
                                                                           setzliche Pensionssystem nicht mehr leisten.
                          Das Umlagesystem wirkt sich außerdem posi­       Gleichzeitig aber wird mit Steuergeldern die
                          tiv auf die Wirtschaftsentwicklung aus, weil     risikoreiche Pensionsvorsorge auf dem Kapi­
                          die Pensionistinnen und Pensionisten die von     talmarkt gefördert. 2019 hat die Finanzmarkt-
                          den Erwerbstätigen eingezahlten Beiträge         aufsicht im Zusammenhang mit der prämien­
                          auch wieder ausgeben. Wie hoch die realen        geförderten Zukunftsvorsorge die Skepsis der
                          Pensionen tatsächlich ausfallen können, hängt    Arbeiterkammer bestätigt: Von 33 Produkten
                          u.a. von den Faktoren Beschäftigung und Ein­     hätten weniger als die Hälfte positive Erträge
                          kommen ab.                                       erzielt, 18 Produkte verzeichneten sogar eine
                                                                           negative Entwicklung nach Kosten.
  Das staatliche Pen-     Deshalb sind eine gute Entwicklung der Real­
sionssystem ist nicht     wirtschaft sowie eine gute Beschäftigungslage
nur sicherer, sondern     die wichtigsten Voraussetzungen für sichere      Auswirkungen der Finanzkrise
    auch viel kosten-     Pensionen. Alles, was das Wirtschaftswachs­
 günstiger: niedrigere    tum fördert, sichert auch unsere Pensionen.      Die Finanzkrise 2008/2009 war für betrieb-
 Verwaltungskosten,       Dieser positive Effekt setzt sich fort: Vom      liche und private Pensionen verheerend.
kein Werbeaufwand,        Umlageverfahren gehen – im Gegensatz zum         In den Industrieländern fiel der Marktwert
    keine Profitmaxi-     kapitalgedeckten System – auch in Krisenzei­     privater Pensionssparpläne laut OECD 2009
             mierung.     ten die Kaufkraft erhaltende Effekte aus, die    um gigantische fünf Billionen Dollar! Zum
                          wiederum das Wachstum fördern und wie            Glück hatte in Österreich der Widerstand
                          automatische Stabilisatoren wirken.              von AK, Gewerkschaften und anderen einen

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radikaleren Umbau des Systems in Richtung                               seither die betrieblichen Pensionen vieler
Drei-Säulen-Modell verhindert. Der Schaden                              Leistungsberechtigter gekürzt, für die sich da­
ist trotzdem groß genug: Mehrmals wurden                                durch unaufholbare Lücken ergeben haben.

DER VERGLEICH MACHT SICHER
Eindeutige Vorteile bei der gesetzlichen Pensionsversicherung

                                                     Gesetzliche Pensionsversicherung                                       Private Altersvorsorge
                                                     (unselbständig Pflichtversicherte)                                (unselbständig Pflichtversicherte)

  Arbeitnehmerbeiträge                                                  ~ 36 Prozent                                              ~ 100 Prozent

  Arbeitgeberbeiträge                                                   ~ 44 Prozent                                                0 Prozent
                                                                                                                           Bei staatlich geförderter
                                                                                                                          Zukunftsvorsorge: jährliche
  Bundesbeiträge                                                        ~ 20 Prozent
                                                                                                                       Förderung maximal 132,73 Euro im
                                                                                                                                  Jahr (2022)
                                                                Lebensstandard
                                                                                                                              Profit / Marktanteil
  Ziel                                                        Armutsvermeidung
                                                                                                                              Gewinnmaximierung
                                                        ausreichende Pensionen für alle
                                                                                                                           von 15 bis zu 30 Prozent*
  Verwaltungskosten                                              weniger als 1 Prozent
                                                                                                                        (in Prozent der eingezahlten Prämien)

  Aufwertung der Beiträge                                                        JA                                                    NEIN
  Jährliche Anpassung der
                                                                                 JA                                                    NEIN
  laufenden Leistung
  Mindestertrag                                                                  JA                                                   fraglich
                                                                   Anrechnung von
  Keine Einzahlung                                                                                                               keine Leistung
                                                               Teilversicherungszeiten
  Armutsvermeidung                                               JA (Ausgleichszulage)                                                 NEIN

  Gewinnorientierung                                                          NEIN                                                       JA
                                                                  Umlageverfahren                                             Kapitalverfahren
  Verfahren
                                                               Generationensolidarität                                  spekulativ /Veranlagungsrisiko
  Staatshaftung                                                                  JA                                                    NEIN

  Rechtsdurchsetzung                                        risikolos beim Sozialgericht                                 hohes Risiko beim Zivilgericht
                                                                                                                          braucht rentierliche Veran-
  Wirtschaftskreislauf                                             wirkt stabilisierend
                                                                                                                            lagungsmöglichkeiten
                                                      ein kompetenter Anbieter mit ge-                                      viele Anbieter mit teils
  Marktsituation
                                                        setzlich definiertem Angebot                                      unübersichtlichen Klauseln
  AK Grafik Quellen: BMF, BMSGPK, eigene Berechnungen; * inklusive Marketingkosten und Aufwand für Vertragsabschluss

                                                                                                                                                                7
UNSERE PENSIONEN Fakten statt Mythen - ooe.arbeiterkammer.at - Arbeiterkammer Oberösterreich
DAS DREI-SÄULEN-MODELL FUNKTIONIERT
IN DER PRAXIS NICHT! ANDERE LÄNDER
RUDERN ZURÜCK!
                        Das sogenannte Drei-Säulen-Modell – also        In England und in den USA beträgt die Netto-
                        staatliche Pension, Betriebspension und pri­    ersatzrate rund 25 bzw. 47 Prozent und das
                        vate Zusatzpension – funktioniert in der        Pensionsantrittsalter liegt bei 68 bzw. 67 Jah­
                        Praxis nicht. Viele Menschen mussten in der     ren. De facto sind jedoch viele Menschen ge­
                        jüngsten Vergangenheit dramatische Verluste     zwungen, weit darüber hinaus für ein zusätz­
                        bei ihren Betriebspensionen hinnehmen.          liches Einkommen zu sorgen.
       Nur wenige       Viele Betriebe bieten so etwas gar nicht an.
können sich private     Und eine zusätzliche private Pensionsvorsorge   Die Pensionssysteme verschiedener Staaten
 Pensionsvorsorge       können sich auch nur die wenigsten Men­         sind zwar nicht so einfach miteinander ver­
           leisten.     schen leisten. Wirklich tragfähig ist nur die   gleichbar, da zum Beispiel in den skandinavi­
                        erste Säule.                                    schen Ländern Arbeitgeber verstärkt in die
                                                                        Pflicht genommen werden, aber ein roter
  Kapitalmarkt nicht    Viele Länder, die auf kapitalgedeckte Systeme   Faden zieht sich bei allen durch: die kapital­
   geeignet, Lebens-    gesetzt haben und damit hohe Verluste hin­      gedeckten Vorsorgemodelle sind mehr oder
standard im Alter zu    nehmen mussten, bemühten sich um „Repa­         weniger gescheitert.
              sichern   raturen“ im System.
                                                                        Um Pensionsleistungen annähernd interna-
                        In Polen wurden über 80 Prozent aus der pri­    tional vergleichbar zu machen, wird ein ideal­
                        vaten Vorsorge in das öffentliche System        typischer Lebenserwerbsverlauf angenom­
                        rücktransferiert.                               men: Berufseinstieg mit 22 Jahren, durch-
                                                                        gehende Erwerbstätigkeit mit Durchschnitts­
                        In den Niederlanden wird ein ständiges          einkommen bis zum Erreichen des Regelpen­
                        Steigen des Pensionsantrittsalters bis über     sionsalters.
                        70 Jahre befürchtet (in Österreich 65).
                                                                        Der OECD-Durchschnitt für die Nettoersatz­
                        In Schweden wurde ein Automatismus (auto­       quoten eines Durchschnittsverdieners aus ge­
                        matische Pensionskürzungen, um die Finan­       setzlichen (öffentlichen und privaten) Syste­
                        zierbarkeit ohne staatliche Zuschüsse zu ge­    men liegt bei 62,4 Prozent, jedoch viel nied-
                        währleisten) eingeführt. Allerdings waren die   riger, wenn nur Pflichtversicherungssysteme
                        Ergebnisse politisch nicht vertretbar und der   berücksichtigt werden. Anders in Österreich,
                        Staat musste in den letzten Jahren mehrmals     wo alleine das gesetzliche Pensionssystem eine
                        sehr hohe Zuzahlungen leisten, um die Pen-      hohe Nettoersatzrate ermöglicht.
                        sionshöhe stabil zu halten. Der Automatis­
                        mus hat sich folglich keineswegs bewährt.

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Pensionshöhe im Internationalen Vergleich

 PENSIONSHÖHE IM INTERNATIONALEN VERGLEICH – NETTOERSATZRATE

   100 %
                     87,1
    90 %                               81,7              80,3                    nur möglich mit sehr starkem Anteil
    80 %                                                                            an Betriebs- und Privatrenten
    70 %                                                              63,2
                                                                                                56,2                58,1
    60 %                                                                          52,9
    50 %
    40 %
    30 %
    20 %
                     PA                PA                 PA          PA           PA           PA                  PA
    10 %
                     65                71                 65          68           67           65                  67
      0%
                 Österreich          Italien           Spanien      Finnland   Deutschland   Schweden                UK

 AK Grafik Quelle: Pensions at a Glance 2021, eigene Berechnungen                                      PA = Pensionsantrittsalter

Obwohl das österreichische Pensionssystem in­                         Altersvorsorge, die allen Versicherten zugute                 Es sind immer poli-
ternational als zukunftsfit bewertet wird und                         kommt, dem Ausbau des unsolidarischen und                     tische Entscheidun-
in praktisch allen Teilaspekten besser dasteht                        hochriskanten Kapitaldeckungssystems ge-                      gen,anwelchenStell-
als beispielsweise das deutsche Rentensystem,                         opfert. Da eine Mindestertragsgarantie prak­                  schrauben gedreht
ist nun zu befürchten, dass die türkis-grüne Re­                      tisch abgeschafft wurde, ist das volle Veranla-               wird, um das System
gierung auch in Österreich eine Schwächung                            gungsrisiko von den Pensionskassen-Berech­                    zu stabilisieren.
des gesetzlichen Pensionssystems verursacht,                          tigten zu tragen. Dieses wird durch Wegfall
indem die private Altersvorsorge verstärkt ge­                        der Veranlagungsgrenzen noch drastisch ver­
fördert wird. Damit wird eine überwiegend                             schärft. Wenn die Performance schlecht ist,
gut funktionierende und existenzsichernde                             kommt es automatisch zu Pensionskürzungen.

                                                                                                                                                     9
UNSERE PENSIONEN Fakten statt Mythen - ooe.arbeiterkammer.at - Arbeiterkammer Oberösterreich
LEISTUNGSSPEKTRUM DER PENSIONS-
VERSICHERUNG UND PENSIONSARTEN
  Spezielle Absiche-    Unschlagbare Leistungen                         auch eine Reihe von Regelungen, damit die
rung für viele Wech-                                                    Wechselfälle des Lebens nicht zu Altersarmut
 selfälle des Lebens    Die gesetzliche Pensionsversicherung bietet     führen (welche aus unterschiedlichen Töpfen
                        nach versicherungsmathematischen Grund­         finanziert werden).
                        sätzen bestimmte Leistungen. Daneben aber

        Versicherungsfall                      Versicherungsfall                          Versicherungsfall
           des Alters                   der geminderten Arbeitsfähigkeit                     des Todes
     Alterspension                     Invaliditätspension (IP) für                 Hinterbliebenenpensionen:
     Langzeitversicherten-             Arbeiter/-innen
     pension („Hackler-                                                                Witwenpension
                                       Berufsunfähigkeitspension (BUP)
     regelung“)
                                       für Angestellte                                 Witwerpension
     Korridorpension
     Schwerarbeitspensionen            Medizinische + berufliche Maß-
     Sonderruhegeld                    nahmen der Rehabilitation                       Waisenpension

 Zusätzliche Leistungen

     freiwillige Weiter- und           Einkauf von Schulzeiten                         Nachentrichtung
     Höherversicherung                 Ausgleichszulage                                verjährter Beiträge
     Teilversicherung wegen                                                            Pflegegeld
     Kindererziehungszeiten,           Zurechnungszuschlag bei Invalidität             Jährlicher Ausgleich
     Arbeitslosigkeit oder             Krankenversicherung für                         der Inflation (Pensions-
     Krankheit                         Pensionisten/-innen                             anpassung)

                        Versicherungsmathematische Grundsätze be­       Kein Kostenrisiko
                        stimmen die Pensionsberechnung. Die Pen-        bei der Rechtsdurchsetzung
                        sionshöhe ergibt sich aus der Kontoerstgut­
                        schrift zuzüglich der jährlichen Kontogut-      Für die gerichtliche Durchsetzung von sozial­
                        schrift. Je höher das Einkommen, desto höher    rechtlichen Ansprüchen gibt es beim Arbeits-
                        die Pension. Je mehr Versicherungsjahre,        und Sozialgericht Sonderregelungen, die eine
                        desto höher die Pension. Die jährliche Pen-     hürdenfreie Rechtsdurchsetzung ermögli­
Jährlicher Ausgleich    sionsanpassung gleicht die Inflation im Zeit­   chen. So besteht kein Rechtsanwaltszwang,
        der Inflation   verlauf aus. Eine Pensionierung ist auch vor    was Kosten spart. Gerichts- und Gutachter­
                        dem Regelpensionsalter möglich. Aber es gilt:   kosten trägt der Staat / die Pensionsversiche­
                        Je später in die Pension, desto weniger Ab­     rungsanstalt. Fahrtkosten werden ersetzt.
                        schläge. Erst nach dem Regelpensionsalter in
                        Pension zu gehen lohnt sich auf jeden Fall:
                        Für jedes Jahr nach dem Regelpensionsalter      Höherversicherung
                        gibt es 4,2 Prozent Zuschlag, bis maximal
                        12,6 Prozent sowie zusätzlich einen „Auf­       Diese freiwillige Zusatzversicherung in der
                        schub Bonus“. Das heißt, der PV-Beitrag von     Pensionsversicherung ermöglicht eine Erhö­
                        Dienstgeber/-in und Dienstnehmer/-in wird       hung des künftigen Pensionsanspruchs, sofern
                        halbiert, für die Pensionsberechnung bleiben    eine Pflicht-, Weiter- oder Selbstversicherung
                        aber die vollen Beiträge aufrecht.              vorliegt. Mit der ersten Einzahlung beginnt

10
die Höherversicherung. Höherversicherungs­
                                                              ACHTUNG: Keine Höherversicherung, wenn ohnehin eine Aus-
beiträge führen zur Gewährung eines soge­
nannten „besonderen Steigerungsbetrages”                      gleichszulage bzw ein Ausgleichszulagen- oder Pensionsbonus
zur monatlichen Pension (samt jährlicher Er-                  in Betracht kommt, also die Pensionshöhe den jeweils geltenden
höhung), der allerdings weder in der Konto­                   Richtsatz nicht erreichen wird (2022: für Alleinstehende 1030,49
erstgutschrift noch im Pensionskonto ausge­                   bzw 1141,83 bzw 1364,11 Euro oder für Ehepaare 1625,71 bzw
wiesen ist, sondern erst bei Pensionsantritt                  1841,29 Euro).
berechnet wird.

Die Höhe und den Zeitpunkt der Beitrags­
leistung können von Versicherten innerhalb                    TIPP: Um die konkreten Auswirkungen einer Höherversicherung auf
der jeweils geltenden Jahreshöchstgrenze                      die Pensionshöhe in Erfahrung zu bringen, wird ein Beratungsge-
selbst bestimmt werden (Grenzwert 2022:                       spräch bei der Pensionsversicherungsanstalt unbedingt empfohlen!
11.340 Euro).

Aktuelle Pensions-Zugangs-Voraussetzungen

  Pensionsart                                    Frauen                                            Männer

                                               Zugangsalter                                       Zugangsalter
                                geboren                           Wartezeit        geboren                         Wartezeit
                                                 in Jahren                                          in Jahren
                                                 60 - 65           180 VM                                            180 VM
                               keine Ein-                                         keine Ein-
  Alterspension                                Anhebung ab      (davon 84 BM                           65         (davon 84 BM
                             schränkungen                                       schränkungen
                                                  2024             Erwerb)                                           Erwerb)
  Langzeit-                                      57 - 62
  versichertenpension          ab 1.1.1959     Anhebung ab         540 BM         ab 1.1.1954          62            540 BM
  (Hacklerregelung)                               2024
  Langzeit-
                               von 1.1.1959                                       von 1.1.1954
  versichertenpension                              55              480 BM                              60            540 BM
                              bis 31.12.1963                                     bis 31.12.1958
  mit Schwerarbeit
                                relevant                                          keine Ein-
  Korridorpension                                  62              480 VM                              62            480 VM
                                ab 2028                                         schränkungen

                                relevant                                          keine Ein-
  Schwerarbeitspension                             60              540 VM                              60            540 VM
                                ab 2024                                         schränkungen
                                                                 20J SchwA/                                       20J SchwA/
  Sonderruhegeld bei           keine Ein-                                         keine Ein-
                                                   52             Leben od.                            57         Leben od. 15
  Nachtschwerarbeit          schränkungen
                                                                   15 J/30 J
                                                                                schränkungen
                                                                                                                     J/30 J
  Invaliditätspension /                                          180 BM od.                                        180 BM od.
                                 keine Einschränkungen                              keine Einschränkungen
  Rehabilitationsgeld                                              300 VM                                            300 VM

                                                                                                                                 11
2020 waren in Österreich 4,067 Mio. Menschen pensionsversichert (Jahresdurchschnitt)

      PENSIONSVERSICHERTE – 2020

         Pensionsversicherte                                                           Frauen und Männer
         alle Pensionsversicherten                                                             4.066.699
         unselbständig Pensionsversicherte                                                      3.471.518
                                                              davon PV Arbeiter                 1.294.149
                                                        davon PV Angestellte                    2.121.903
                                                                              BVAEB1              55.466
         selbständig Pensionsversicherte                                                         595.181
                                      SVS der gewerblichen Wirtschaft                            463.636
                                                     SVS der Landwirtschaft                        131.545
      AK Grafik Quelle: Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger

     2020 bezogen in Österreich 2,436 Mio. Menschen eine Pension (Dezember 2020)

      PENSIONSBEZIEHER – 2020

         Pensionsleistungen nach Art                                                   Frauen und Männer
         alle Pensionen                                                                        2.436.069
         alle Direktpensionen (IP+AP)                                                          1.944.324
         Alterspensionen                                                                       1.802.635
                                            davon normale Alterspension                         1.719.923
                              davon Langzeitversichertenpensionen                                 25.084
                                                   davon Korridorpensionen                        23.077
                                        davon Schwerarbeiterpensionen                             32.430
                        davon vorzeitige AP bei langer Vers.Dauer                                   2.121
         Invaliditätspension                                                                     141.689
         Hinterbliebenenpensionen                                                                491.745
                                                Witwen/Witwerpensionen                           444.424
                                                              Waisenpensionen                       47.321
      AK Grafik Quelle: Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger

12
Die insgesamt rund 2,44 Millionen Pensionen teilen sich auf folgende Pensionsarten auf:

 PENSIONEN NACH PENSIONSART, SOZIALVERSICHERUNG BUNDESWEIT, 2020

                                   (2 %)

          (18 %)                                                                      Alterspensionen* (1.719.913)

                                                                                      Vorzeitige Alterspensionen (82.712)

                                                                                      Invaliditätspensionen** (141.699)

 (6 %)                                                                                Witwen-/Witwerpensionen (444.424)

                                                                                      Waisenpensionen (47.321)
                                              (71 %)
  (3 %)
                                                                                  * Alterspensionen
                                                                                    inkl. Invaliditätspensionen ab dem 60./65. Lebensjahr

                                                                                  ** Invaliditätspensionen vor dem 60./65. Lebensjahr

 AK Grafik Quelle: Jahresbericht der österreichischen Sozialversicherung, 2021

Der Anteil an Invaliditätspensionen an den Eigenpensionen ist mit 7,29 Prozent im Jahr 2020
kontinuierlich sinkend.

REHABILITATION, INVALIDITÄTSPENSION
Seit 2014 gilt der Grundsatz „Reha vor Pen-                                      tet sein, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeit­               Eine gänzliche
sion“. Es wurde eine Reihe von Maßnahmen                                         nehmer, denen ein Arbeiten aus gesund-                     Abschaffung der
gesetzt, um die Gesundheit der Menschen zu                                       heitlichen Gründen nicht mehr möglich ist,                 Invaliditätspension
erhalten. Für Menschen geboren ab 1.1.1964,                                      ihren Anspruch auf eine Pension bzw. Reha­                 kommt für die AK
die durch Krankheit vorübergehend arbeits­                                       bilitationsgeld leichter durchsetzen können.               nicht in Frage!
unfähig sind, gibt es keine befristete Invalidi­                                 Nur 7,29 Prozent aller Eigenpensionen sind
tätspension (IP) bei Arbeitern bzw. Berufs-                                      Invaliditätspensionen.
unfähigkeitspension (BUP) bei Angestellten
mehr. Stattdessen erbringen Gesundheitskasse,                                    Der Grund dafür ist jedoch leider nicht eine
Pensionsversicherungsanstalt und Arbeits­                                        „gesündere“ Gesellschaft, sondern ein restrik­
marktservice Rehabilitationsleistungen und                                       tiverer Zugang. Krank und damit arbeitsunfä­
zahlen den Betroffenen Rehabilitations- bzw.                                     hig zu werden, ist eine Herausforderung!
Umschulungsgeld – mit dem Ziel, dass die                                         Zum einen ist die Höhe der Invaliditätspensio­
Menschen wieder gesund und arbeitsfähig                                          nen deutlich niedriger als die der Alterspen-
werden und so ihren Arbeitsplatz erhalten                                        sionen. Zum anderen werden mittlerweile
bzw. eine neue Arbeit finden oder sogar einen                                    rund 65 Prozent aller Anträge auf Invalidi­
anderen Beruf erlernen können. Je jünger die                                     tätspension abgelehnt. Ein Klagsverfahren
zu rehabilitierende Person, desto höher na­                                      gegen den abgelehnten Bescheid ist eine ner­
türlich die Wahrscheinlichkeit der Wieder­                                       venaufreibende Angelegenheit, der sich nie­                Es ist ja nicht so,
eingliederung!                                                                   mand aussetzt, wenn nicht wirklich (subjek­                dass jemand sagt:
                                                                                 tiv) Arbeitsunfähigkeit vorliegt! Zudem haben              Mich freut’s nicht
Wenn es im erlernten Beruf aus gesundheit-                                       Invaliditätspensionisten/-innen statistisch ge­            mehr, ich geh jetzt
lichen Gründen nicht mehr geht, kann eine                                        sehen eine um rund zehn Jahre geringere                    in Invaliditäts-
berufliche Umschulung eine echte zweite                                          Lebenserwartung als Menschen mit einer                     pension!
Chance darstellen. Dennoch muss unser Pen­                                       Alterspension.
sionssystem auch in Zukunft dafür ausgerich­

                                                                                                                                                              13
PENSIONSLEISTUNG
                                     Können Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­                                     heißt der Vergleich des letzten Netto-Ein­
                                     mer in der Pension ihren Lebensstandard                                     kommens mit der zu erwartenden Netto-
                                     weitgehend aufrechterhalten? Eine Antwort                                   Pension. Und diese liegt in Österreich zwi­
                                     auf diese Frage gibt die Nettoersatzrate, das                               schen 70 und 80 Prozent – fallweise darüber.

                                                     BEISPIEL:

                                         Ein Arbeiter mit Medianeinkommen wird im Jahr 2023 etwa 3000 Euro brutto (1/14 des Jahres-
                                         einkommens) im Monat verdienen, das sind 2065 Euro netto. Er wird 2023 mit 2180 Euro brutto
                                         in Alterspension gehen. Abzüglich Krankenversicherung und Lohnsteuer sind das 1773 Euro netto.
                                         Die Bruttoersatzrate beträgt 72,7 Prozent. Die Nettoersatzrate ist erheblich höher: sie beträgt
                                         85,8 Prozent, weil weder Arbeitslosen- noch Pensionsversicherungsbeiträge anfallen.

                                     Österreich steht da international ziemlich gut                              einem Durchschnittsverdiener weit über
                                     da: Die Nettoersatzrate liegt in Österreich bei                             dem OECD Durchschnitt.

 NETTOERSATZRATEN IM INTERNATIONALEN VERGLEICH (DURCHSCHNITTSVERDIENER (1,0)

        100 %
                    89,2            87,1
         90 %                                       84,0          81,7           80,3
         80 %                                                                                    74,4
         70 %                                                                                                   63,2             62,4
         60 %                                                                                                                                56,2
                                                                                                                                                            52,9
         50 %

         40 %                                                                                                                                                        36,5

         30 %

         20 %

         10 %

             0
                     e             ich             k                 n           ien               h                                                                 len
                                                                                                                                  *
                                                 ar                                                              d            CD               n              d
                   nd            re                               lie
                                                                               an               eic           lan                            de            lan     Po
                rla            er              em              Ita                            kr            nn              OE             we            ch
               e              t               n                              Sp             an             i                              h             s
             ed             Ös              Dä                                            Fr              F                             Sc            ut
           Ni                                                                                                                                       De
 AK Grafik Quelle: OECD Pensions at a Glance 2021      * OECD: Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

14
PENSIONSKONTO / PENSIONSHÖHEN
Pensionskonto                                     dem Verbraucherpreisindex). Damit ist eine      Transparenz des
                                                  Pensionsberechnung auf Basis einer einheit-     Pensionskontos:
Für alle ab 1955 Geborenen gibt es seit 2014      lichen Rechtslage und eine relativ einfache     man kann jeder-
ein Pensionskonto, das den Lebenseinkom­          Vorausberechnung der zu erwartenden Pensi­      zeit in die aktuelle
mensverlauf klar abbildet. Aufbauend auf der      on möglich. Das Pensionskonto ist leistungs­    Kontogutschrift
Kontoerstgutschrift (dafür wurden die besten      orientiert, es gilt die Formel „80/65/45“.      Einsicht nehmen
28 Jahre bis 31.12.2013 herangezogen) wer­        Wer mit 65 Jahren und 45 Versicherungsjah­
den pro Jahr 1,78 Prozent der Jahresbeitrags­     ren in Pension geht, soll 80 Prozent seines
grundlage auf das Konto gutgeschrieben            durchschnittlichen (Lebens-) Erwerbseinkom-
und es erfolgt eine jährliche Aufwertung          mens als Pension erhalten. (Details dazu auf
der Pensionsgutschrift (grundsätzlich nach        www.neuespensionskonto.at)

 SO WERDEN TEILPFLICHTVERSICHERUNGSZEITEN BEWERTET (2022)

    Versicherungszeiten auf Grund von …                      Beitragsgrundlage
    Arbeitslosengeld (ALG)
    Überbrückungshilfe                                       70 Prozent der Bemessungsgrundlage des täglichen
    Übergangsgeld (AMS)                                      ALG-Bezuges
    Weiterbildungsgeld
    Umschulungsgeld ab 1.2014                                2022: tägl. EUR 82,14
    Notstandshilfe und erweiterte Überbrückungs-             92 Prozent des Wertes von Versicherungszeiten auf
    hilfe sowie auch bei Nichtbezug dieser Leistungen        Grund von Arbeitslosengeld (das heißt 92 Prozent
    wegen Anrechnung des Partnereinkommens                   von 70 Prozent = 64,4 Prozent)
    Ruhen von ALG, (erweiterte) Überbrückungs-               70 Prozent des durchschnittlichen mtl. Entgelts,
    hilfe, Notstandshilfe wegen Urlaubsentschä-              ermittelt aus der letzten Jahresbeitragsgrundlage vor
    digung                                                   dem Ruhen
    Sonderunterst ützung, Beihilfe zur Deckung des
                                                             diese Geldleistung
    Lebensunterhaltes, Übergangsgeld (nach ASVG)
    Krankengeld                                              das 30fache der (tägl.) Bemessungsgrundlage des
    Rehabilitationsgeld ab 1.2014                            Krankengeldes
                                                             das 30fache der (tägl.) Bemessungsgrundlage des
    Wiedereingliederungsgeld ab 7.2017                       Krankengeldes abzüglich des auf Grund der Wieder-
                                                             eingliederungsteilzeit herabgesetzten Entgelts
    Wochengeld                                               das 30fache des (tägl.) Wochengeldes
    Präsenz-, Ausbildungs- und Zivildienstleistende          2022: mtl. EUR 2.027,75
    Kindererziehung                                          2022: mtl. EUR 2.027,75
    Eine Dienstleistung als Zeitsoldat bzw. Ausbildungs-
                                                             133 Prozent des Monatsgeldes, der Dienstgradzulage
    dienstleistende ab dem 13. Monat
    Pflegekarenzgeld ab 1.2014                               2022: mtl. EUR 2.027,75
    Pflegeteilzeitkarenzgeld ab 1.2014                       das aliquote Pflegekarenzgeld
    Überbrückungsgeld der BUAK ab 1.2015                     das Überbrückungsgeld
    Familienzeitbonus ab 3.2017                              tägl. EUR 22,60

 AK Grafik Quelle: PV, Stand 1.1.2022

                                                                                                                     15
Zur Erinnerung: in    Die Beiträge für diese Teilpflichtversiche­                              zahl an Versicherungsmonaten gebührt zu­
     einem Pensions-     rungszeiten zur Pensionsversicherung leisten                             sätzlich ein Ausgleichszulagenbonus oder ein
 system mit Kapital-     Bund, das Bundesministerium für Landesver­                               Pensionsbonus, wenn das Gesamteinkom­
  deckungsverfahren      teidigung, das Arbeitsmarktservice oder ein                              men unter dem jeweiligen Grenzbetrag liegt
 würden diese Zeiten     öffentlicher Fonds.                                                      und solange der rechtmäßige, gewöhnliche
überhaupt nicht oder                                                                              Aufenthalt im Inland ist. Bei Vorliegen von
nur gegen zusätzliche                                                                             360 Beitragsmonaten wird maximal auf 1141
  Prämienzahlungen       Pensionshöhe                                                             Euro aufgestockt, mit 480 Beitragsmonaten
       berücksichtigt!                                                                            auf 1364 Euro. Der Familienrichtsatz mit 480
                         Die höchstmögliche ASVG-Pension im Jahr                                  Beitragsmonaten liegt bei 1841 Euro.
                         2022 beträgt 3727 Euro brutto.
                                                                                                  Die Pensionsschere bei den unselbständig Er­
                         Wenn nur eine sehr niedrige Pension bezo­                                werbstätigen in Oberösterreich klafft erheb­
                         gen wird, kommt zusätzlich eine Ausgleichs­                              lich auseinander. Betrachtet man die durch­
                         zulage dazu. Die Pension wird (für Allein-                               schnittliche Höhe aller Direktpensionen, be-
                         stehende) auf 1030 Euro aufgestockt (Stand                               kommen Frauen um 45 Prozent weniger Pen-
                         2022). Bei Vorliegen einer bestimmten An­                                sion als Männer (Stand Dezember 2020).

                          DURCHSCHNITTLICHE PENSIONSHÖHEN FÜR OÖ NACH GESCHLECHT,
                          PER DEZEMBER 2020

                          ALLE DIREKTPENSIONEN                                                 1.126
                                     (= ohne HP)                                                                               2.063

                                                                                                1.139
                                Alle Alterspensionen
                                                                                                                                 2.160

                                            Vorzeitige                                                                 1.698
                                      Alterspensionen                                                                                    2.512

                                                                                               1.134
                               Regelalterspensionen
                                                                                                                                2.103

                                                                                        881
                                      IV/BU-Pensionen
                                                                                                        1.347

                          AK Grafik Quelle: PVA OÖ; Pensionshöhen der Unselbständigen, ohne Hinterbliebenenpensionen

                         Pensionsanpassung                                                        höher angepasst werden. Was grundsätzlich
                                                                                                  für Niedrigstpensionsbezieher zu begrüßen
                         Alle Pensionen aus der Pensionsversicherung                              ist, bedeutet jedoch für bestimmte Gruppen
                         sind jährlich mit dem Anpassungsfaktor zu                                von Pensionsbeziehern/-innen eine Entwer­
                         vervielfachen, welcher vom Sozialminister                                tung ihrer Pensionen, was dem Vertrauens-
                         durch Verordnung festgesetzt und kundge­                                 prinzip entgegensteht. Zudem widerspricht
                         macht wird. Die Anpassung der Leistung spie­                             es auch dem Äquivalenzprinzip, wonach die
                         gelt die Entwicklung des Verbraucherpreises                              ausbezahlte Leistung vom einbezahlten Bei­
                         wider und ist von Amts wegen vorzunehmen.                                trag abhängen soll.

                         Allerdings weicht der Gesetzgeber seit 2004                              Altersarmut sollte generell mit anderen Stell­
                         immer wieder durch einfachgesetzliche Ein­                               schrauben bekämpft werden, nicht durch
                         griffe von dieser Regelung der Pensions-                                 (politische) Eingriffe in die jährliche Pensions­
                         anpassung ab, indem niedrigere Pensionen                                 anpassung.

16
GENDER PENSION GAP
Frauen haben in den Mitgliedsstaaten der EU     der Realität sehr oft keine wirkliche Wahl­
2018 durchschnittlich um 30 Prozent weni­       freiheit. Speziell in Oberösterreich sind flä­
ger Pension bekommen als Männer. Öster­         chendeckende Kinderbetreuungsangebote –
reich liegt mit 38,7 Prozent auf Platz vier.    ein Hauptkriterium für die Wahlfreiheit – ein
                                                politisches Stiefkind!
Einer aktuellen Studie des WIFO (Trapez.
Analyse, 2020) zufolge sind nicht die etwas     Die Pensionsreform 2003 brachte u.a. die
wenigeren Versicherungsmonate der Frauen        lebenslange Durchrechnung. Anstatt der 15
aufgrund des (noch) früheren Pensionsantritts   besten Jahre werden nun 40 Jahre für die Pen­
die Hauptursache, sondern das (lebenslang)      sionsberechnung zugrunde gelegt, was für
geringere Einkommen.                            Frauen besonders nachteilig ist. Da fallen Zei­
                                                ten von Kindererziehung mit den anschlie­
Dies ist komplex verzahnt mit mehreren The­     ßenden Teilzeit-Jobs sowie Zeiten von Ange­
menbereichen, wie bestehende Beschäftigungs-    hörigenpflege gehörig ins Gewicht!
und Einkommensunterschiede, „frauentypi­
sche“ unterentlohnte Branchen, Teilzeit- und    Die Regierung meint nun, mit einem ver­
atypische Beschäftigung und eine völlig un­     pflichtenden Pensionssplitting die zuvor von
gleiche Verteilung von (unbezahlter) Care-      ihr verursachten Probleme auf individueller
Arbeit (Kinder und Pflege). Frauen haben in     Ebene lösen zu können!

                                                                                                  17
WAS HEISST PENSIONSSPLITTING?
                                      Der (meist männliche) erwerbstätige Eltern­                Ehepaare mit einer einmaligen Opting-out-
                                      teil überträgt einen Teil der eigenen monatli­             Möglichkeit. Es sollen fixe 50 Prozent aus der
                                      chen Pensionskontogutschrift (bis zu 50 Pro­               Summe beider Einkommen auf beiden Pen­
                                      zent) an den erziehenden (meist weiblichen)                sionskonten gutgeschrieben werden.
                                      Elternteil. Dabei wird die künftige Pensions­
      Noch völlig offen               leistung des einen gesenkt und des anderen                 Viele Gründe sprechen gegen die geplante
       ist, ob diese ge-              erhöht. Also praktisch eine (innerfamiliäre)               Form des Pensionssplittings, zudem sind etli­
     planten Änderun-                 Umverteilung zwischen Arbeitnehmern/-in­                   che Fragen offen. Das Problem „Altersarmut”
        gen umgesetzt                 nen auf individueller Basis. Geplant ist laut              wird damit in die Familie verlagert, sollte
                werden.               Regierungsübereinkommen ein verpflichten­                  nach Auffassung der Arbeiterkammer aber
                                      des („automatisches“) Pensionssplitting für                ein gesellschaftspolitischer Auftrag bleiben!

FINANZIERUNG DER PENSIONEN
                                      Der Bund leistet Beiträge an die Pensionsver­              übersteigen. Dieser Zuschuss vom Bund wird
                                      sicherungsträger zur Finanzierung der Pen-                 in Relation zum jeweiligen Bruttoinlands­
                                      sionen, wenn die Aufwendungen die Erträge                  produkt (BIP) gestellt.

                                            Bundesbeitrag = Ausfallhaftung + Partnerleistung + Bundesbeitrag für Teilversicherte
                                            Bundesmittel = Bundesbeitrag + Ausgleichszulagen

 ENTWICKLUNG DER AUSFALLHAFTUNG IN PROZENT DES BIP

            2,4
                                                                           2,3   2,4    2,3                                             2,3
                                                2,2                                            2,3
            2,2
                                   2,1                        2,1                                      2,1

            2,0

                                                                                                                       1,8
            1,8
                      1,7                                                                                      1,7              1,7

            1,6

            1,4

            1,2
                    2008          2009         2010          2011         2012   2013   2014   2015   2016    2017     2018    2019    2020
 AK Grafik Quelle: Jahresbericht der österreichischen Sozialversicherung, 2021

18
Die Finanzierung ist seit den 1990er Jahren                                 wieder ansteigt. Dazu sind gerechte Lohnstei­     Unsere Pensionen
stabil. Der Bundeszuschuss war in den letzten                               gerungen und ein Mindestlohn bei Vollzeit         sind finanzierbar
drei Jahren vor Corona sogar rückläufig.                                    von 1700 Euro brutto notwendig.

Wie viel der Bund zu den Pensionseinnahmen                                  Auch die Beitragsbelastung sollte gerecht
zuschießen muss, damit der gesamte Pensions­                                verteilt werden. Generell sind die Beitrags-
aufwand gedeckt ist, hängt neben der demo­                                  sätze der Selbständigen niedriger (gewerbliche
grafischen Entwicklung auch wesentlich da­                                  Selbständige: 18,5 Prozent, freie Selbständige:   Erarbeiteten Wohl-
von ab, ob es gelingt, die Arbeitslosigkeit zu                              20,0 Prozent, Bauern: 17,0 Prozent). Durch        stand in der Gesell-
bekämpfen. Je mehr Menschen in das Pen-                                     die sogenannte „Partnerleistung“, finanziert      schaft fair verteilen
sionssystem einzahlen, desto weniger muss der                               aus Steuergeldern, wird die Differenz bis zum
Staat zuschießen. Wesentlich ist auch, dass                                 Beitragssatz der Unselbständigen in der Höhe
die Lohnquote (= Anteil der Löhne/Gehälter                                  von 22,8 Prozent durch den Bund aufge­
an der gesamten erarbeiteten Wertschöpfung)                                 stockt.

 AUSFALLHAFTUNG* IN PROZENT DES PENSIONSAUFWANDES 2020

 VA öffentlich Bediensteter (BVAEB)                                              35,3

                       SVS der Landwirte                                                                          84,8

    SVS der gewerblichen Wirtschaft                                                     44,0

          PV der Arbeitnehmer/-innen                     13,8

 AK Grafik Quelle: Jahresbericht der Österreichischen Sozialversicherung, 2021
           *Ausfallhaftung ohne Ersätze für Ausgleichszulagen; exkl. Partnerleistung

Arbeitnehmer/-innen finanzieren mit ihren                                   zent zuschießen, zu den Pensionen der Ge­
Beiträgen (2020) 86,2 Prozent ihrer Pensio­                                 werbetreibenden musste der Staat 44 Prozent
nen selbst! Das heißt, der Staat musste zu den                              dazuzahlen, bei den Landwirt/-innen 84,4
unselbstständig Versicherten nur 13,8 Pro­                                  Prozent.

                                                                                                                                                  19
PROGNOSEN
      Ja, Pensionen kosten Geld. Trotzdem sind sie                               schüsse kurzfristig und die „Babyboomer“ mit­
      auch langfristig finanzierbar!                                             telfristig bis etwa 2030 erhöhen. Langfristig
                                                                                 aber – ab 2040 – wird sich die Ausfallhaftung
      Im Gegensatz zu fragwürdigen Prognosen,                                    bis zum Jahr 2070 wieder bei 14,3 Prozent des
      die vielfach rein auf Geschäftsinteressen be-                              BIP einpendeln. Übrigens stabil seit den 1990er
      ruhen, belegen seriöse Langzeitberechnungen:                               Jahren! Die größte Ausgabendynamik ist zu­
      Die Finanzierung des Pensionssystems läuft                                 künftig vielmehr in den Bereichen Pflege und
      nicht aus dem Ruder! Der Aufwand als Anteil                                Gesundheit zu erwarten. (Ageing Report 2021
      des BIP liegt relativ konstant bei ± 14 Pro-                               der EU-Kommission)
      zent des BIP. Die COVID-Krise wird die Zu­

       ENTWICKLUNG DER PENSIONSAUSGABEN IN ÖSTERREICH (IN PROZENT DES BIP)

        15,5 %
                                                 15,1                  15,1
        15,0 %                                                                               14,7
                                                                                                              14,6
        14,5 %                                                                                                        14,3

        14,0 %
                           13,3
        13,5 %

        13,0 %

        12,5 %
                          2019                  2030                  2040                   2050             2060    2070

       AK Grafik Quelle: Ageing Report 2021, BMF, BMSGKP; * inkl. Ausgleichszulagen und Rehabilitationsgeld

      Ageing Report                                                              Alterssicherungskommission
                                                                                 in Österreich
      Auf EU-Ebene werden alle drei Jahre im Rah­
      men des „Ageing Reports“ Langfristprojektio-                               Die Kommission zur langfristigen Finanzie­
      nen altersabhängiger Ausgaben (z.B. Pensio­                                rung der Alterssicherungssysteme überwacht
      nen) erstellt, wobei die Pensionspolitik natür­                            die Entwicklung der gesetzlichen Pensions­
      lich eine Angelegenheit der einzelnen Natio­                               versicherung als auch der Pensionen des öffent­
      nalstaaten bleibt. Die EU-Kommission sowie                                 lichen Dienstes und ging mit 1. Jänner 2017
      internationale Organisationen (OECD, IAO,                                  aus der damaligen Kommission zur langfristi­
      IWF oder Weltbank) stellen länderübergrei­                                 gen Pensionssicherung hervor. Das Gremium,
      fende Vergleiche von Pensionsentwicklung                                   bestehend aus 20 Mitgliedern und einem Vor­
      und Pensionspolitik an. Der letzte Ageing                                  sitzenden hat sich nach einigen Startschwie­
      Report wurde am 7. Mai 2021 veröffentlicht.                                rigkeiten im November 2019 konstituiert.

20
Zu den Aufgaben der Kommission gehört es          che Reduktion der öffentlichen Pensionsaus­
unter anderem, jährlich ein Gutachten für         gaben vorzusehen ist. Das heißt nichts ande­
die nächsten fünf Jahre über die voraussicht-     res, als dass für einen deutlich wachsenden
liche Gebarung der gesetzlichen Pensionsver­      Anteil Älterer ein schrumpfender Anteil am
sicherung und über die Kostenentwicklung          BIP reserviert werden soll. Die Folgen dieser
der Beamtenpensionen zu erstellen. Zudem          – mittlerweile ja schon längst abgewählten –
hat sie alle drei Jahre einen Bericht über die    Zielsetzung sind absehbar: geringere Pen-
langfristige Entwicklung und Finanzierbar­        sionen (für die heute Jungen!), kaum noch
keit des Pensionssystems vorzulegen.              sozialer Ausgleich bei Krankheit, Arbeits-
                                                  losigkeit oder CareArbeit und Altersarmut
Sobald der Referenzpfad um mehr als drei          für einen viel breiteren Teil der Bevölkerung.
Prozent überschritten wird, muss die Alters-
sicherungskommission der Regierung im             Die letzten Gutachten der Alterssicherungs­
Sinne des Nachhaltigkeitsmechanismus Vor­         kommission wurden im November 2021 pu­
schläge unterbreiten. Nicht unumstritten ist      bliziert. Trotz der verschärften Vorgaben wird
dabei der nach wie vor zugrunde liegende          hier – wie auch im Ageing Report 2021 – ein
„Schüssel-Pfad“ aus dem Jahr 2000, wonach         nur moderater Anstieg des Pensionsaufwan­
als Zielvorgabe gilt, dass ab 2030 eine deutli­   des in Relation zum BIP prognostiziert.

                                                                                                   21
WIE IST ES MÖGLICH, DASS DIE AUS-
GABEN TROTZ STEIGENDER ANZAHL VON
PENSIONISTEN/-INNEN WEITGEHEND
KONSTANT UND STABIL BLEIBEN?

       Das wird hauptsächlich durch das Beharren        Die Lebenserwartung steigt nicht mehr so
       auf dem Umlagesystem von Arbeiterkammer          stark wie angenommen.
       und Gewerkschaft sowie durch die Pensions­
       reformen der letzten Jahre ermöglicht und        Die Erwerbsquoten zwischen 55 und 64
       lässt sich folgendermaßen erklären:              Jahren sind erheblich angestiegen. Das
                                                        heißt: die Pensionsreformen wirken und
         Das Bevölkerungswachstum ist u.a. auf­         die Beschäftigung hat sich positiv ent-
         grund der Zuwanderung höher als bisher         wickelt.
         angenommen: Für 2020 wurde eine Ge­
         samtbevölkerung in Österreich von 8,4 Mio.     Die seit 2004 stabile Produktivitätssteige­
         errechnet (Statistik Austria 2004). Tatsäch­   rung von 1,6 bis 1,8 Prozentpunkten wird
         lich wuchs die Bevölkerung deutlich stär­      (pandemiebedingt) nur kurzfristig sinken
         ker (2020: 8,9 Mio. Menschen).                 und sich rasch wieder auf gutem Niveau
                                                        erholen. Die hohe Produktivität der Ar-
                                                        beitnehmer/-innen trägt wesentlich zur
                                                        Finanzierung des Pensionssystems bei.

                                                        Seit dem Pensionsharmonisierungsgesetz
                                                        (2004) werden Neuzugänge nicht mehr an
                                                        die Lohnentwicklung, sondern an den Ver­
                                                        braucherpreisindex angepasst. Die Pensions­
                                                        höhen sind dadurch etwas sinkend – oder
                                                        wie der Gesetzgeber es formuliert: „Die
                                                        Anpassungen sind weniger großzügig.“

                                                        Das heißt, die Reformen machen weiter­
                                                        hin hohe Erstpensionen möglich und ge­
                                                        hen dann in etwas moderatere Anpassung
                                                        der Pensionen über.

                                                        Angleichung des ursprünglich großzügigen
                                                        Beamtensystems (von 80 Prozent des Letzt­
                                                        bezugs auf Lebens-Durchrechnung) sowie
                                                        eine Reduktion der Beamten-Anzahl

                                                        Fokus auf Anhebung des faktischen Pen-
                                                        sionsantrittsalters durch erschwerte Zu­
                                                        gänge zu den vorzeitigen Alterspensionen
                                                        (Anheben von Antrittsalter, Anheben von
                                                        Versicherungs- bzw Beitragsmonaten)

22
PENSIONSANTRITTSALTER
Hackeln bis zum Umfallen? Auf dem Abstell­                                  Mittlerweile sind psychische Erkrankungen
gleis beim Arbeitsmarktservice? Das Pensions­                               die Hauptursache für eine Zuerkennung von
antrittsalter ist praktisch immer ein politi­                               Invaliditätspension bzw Rehabilitationsgeld
sches „Heißes-Eisen-Thema“. Die Arbeiter-                                   (2020: 42,4 Prozent aller Zuerkennungen).
kammer hat dazu eine eindeutige Position:                                   Andererseits verlieren viele Ältere ihre Jobs
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die                                     und finden keinen neuen Arbeitsplatz mehr.
besonders lange gearbeitet und in die Pen-                                  Die COVID-Pandemie wird vermutlich noch
sionsversicherung eingezahlt haben, sollen                                  verschärfend wirken.
auch früher in Pension gehen können. Grund­
sätzlich bekennen wir uns jedoch zu dem                                     Da sind auch die Unternehmer/-innen gefor­
Ziel, das faktische Pensionsalter anzuheben.                                dert: sie müssen dafür sorgen, dass ihre wich­
                                                                            tigste Ressource, nämlich Arbeitnehmer/-in­                         Arbeitsbedingungen
Das gesetzliche Pensionsalter der Frauen liegt                              nen nicht mit 50 oder 55 auf die Straße ge-                         müssen es möglich
derzeit bei 60 (ab 2024 sukzessive in Halbjah­                              setzt werden! Und genauso sollen sie für Ar­                        machen, gesund und
resschritten bis 2028 auf 65 Jahre angehoben),                              beitsbedingungen sorgen, die es den Menschen                        mit Freude länger
das der Männer bei 65 Jahren. Tatsächlich ge­                               möglich machen, gesund und mit Freude                               zu arbeiten.
hen die Menschen aber früher in Pension.                                    länger zu arbeiten.
Das hat viele Gründe.
                                                                            Bei den unselbständig Versicherten gingen
Die Rahmenbedingungen in der Arbeitswelt                                    Männer 2020 im Schnitt mit 63,2 Jahren in
machen es den Arbeitnehmerinnen und Ar­                                     Pension (vorzeitige Alterspension oder „regu­
beitnehmern immer schwieriger, länger zu                                    läre“ Alterspension), Frauen mit 60,6 Jahren.
arbeiten. Einerseits werden die Arbeitsbedin­                               Männer gingen somit um 1,8 Jahre vor ihrem
gungen immer härter: Arbeitsdruck, Über­                                    regulären Pensionsantrittsalter (65 Jahre) in
stunden und psychische Belastungen steigen.                                 Pension und Frauen sogar um 0,6 Jahre nach
Eine Arbeitsstunde war 2019 um rund 22 Pro­                                 ihrem regulären Pensionsantrittsalter (derzeit
zent produktiver als noch im Jahr 2000. Der                                 60 Jahre).
pro Stunde ausgezahlte Bruttolohn ist preis­
bereinigt aber nur um etwa 14 Prozent ge­
wachsen.

 DURCHSCHNITTL. ZUGANGSALTER DER NEUZUGÄNGE ZU DEN EIGENPENSIONEN*, 2020
 (PENSIONSVERSICHERUNGEN DER UNSELBSTÄNDIGEN)

                Männer IV-/BU-Pension                                                                           54,0 Jahre

         Männer (vorz.) Alterspension                                                                                     63,2 Jahre

                 Frauen IV-/BU-Pension                                                                      50,1 Jahre

          Frauen (vorz.) Alterspension                                                                                 60,6 Jahre

 AK Grafik Quelle: Jahresbericht der Österreichischen Sozialversicherung 2020; *Eigenpensionen = alle Pensionen ohne Hinterbliebenenpensionen

Nur Menschen mit gesundheitlichen Ein­
schränkungen gehen gezwungenermaßen
doch um einiges früher in Pension.

                                                                                                                                                               23
Gesamt gesehen steigt das faktische Pensions­                                 kontinuierlich an, was im Sinne der Erhaltung
       antrittsalter aller Versicherten in Österreich                                unseres Pensionssystems auch gewünscht ist.

        DURCHSCHNITTLICHES PENSIONSANTRITTSALTER ALLER DIREKTPENSIONEN

         60,5 %                                                                                                                               60,3

        60,0 %                                                                                                             59,8
                                                                                                        59,6
         59,5 %                                                                      59,3
                                                                  59,2
                                                59,1
         59,0 %             58,9

         58,5 %

         58,0 %
                            2014               2015               2016               2017               2018               2019               2020
        AK Grafik Quelle: Jahresbericht der österreichischen Sozialversicherung 2021; * Invaliditätspensionen, vorzeitige Alterspensionen, Alterspensionen

STELLSCHRAUBEN – POLITISCHES AGIEREN
       Folgende Stellschrauben sind möglich:                                              Eingriff in die jährliche Pensionsanpassung

                                                                                          Kürzung/Ausweitung der Bundesmittel
          Anhebung des Antrittsalters (im Extremfall                                      (z.B. Eingriffe bei Ausgleichszulagen, Teil­
          eine Pensionsautomatik)                                                         pflichtversicherung)

          Änderungen bei den Zugangsvoraussetzun­                                         Arbeitsmarktpolitik / Vollbeschäftigung /
          gen zu den Pensionen (Wartezeit)                                                Lohnquoten

          Änderungen bei den Beitragsleistungen                                           Verstärkter Ausbau der zweiten und dritten
          (ASVG/GSVG/BSVG, Partnerleistungen)                                             Säule – sprich der privaten Pensionsvorsorge

24
Konservative Parteien tendieren zu…                      Soziale Pensionspolitik sieht so aus…

  Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters                  Anhebung des faktischen Pensionsalters

                                                            Erkennt die Leistungen eines Erwerbsleben an.
                                                            45 Jahre sind genug, damit anschließend eine
  Verschärfte Zugänge zu allen Pensionsarten
                                                            existenz- und lebensstandardsichernde Pension
                                                            zusteht

                                                            Erleichterungen beim Zugang zur Invaliditäts-
  Reduktion der Partnerleistungen
                                                            pension

                                                            Angleichung der Beitragsleistungen von
  Jährliche „Zuckerl“ bei der Pensionsanpassung
                                                            Selbständigen an jene der Unselbständigen

  Reduktion der Teilpflichtversicherungszeiten              Klare gesetzliche Regelungen bei der jährlichen
  bzw. deren Anrechnung                                     Pensionsanpassung

  Das staatliche Pensionssystem wird krank-
                                                            Stolz sein auf die im internationalen Vergleich
  geredet. Angst wird verbreitet und die Menschen
                                                            gute Absicherung
  verunsichert.

                                                            Generationsgerechtigkeit bedeutet auch, dass
                                                            der stark wachsenden Bevölkerungsgruppe der
                                                            über 65-Jährigen künftig auch ein etwas größeres
  Verstärkte Förderung von privaten Vorsorge-               Stück vom wachsenden Bruttoinlandsprodukt
  modellen                                                  zusteht. Eine weitere Anhebung des gesetzli-
                                                            chen Pensionsantrittsalters würde hingegen die
                                                            Arbeitsmarktlage und auch die Pensionsleis-
                                                            tung von jungen Menschen verschlechtern.

  Unter dem Deckmantel der „Generations-
                                                            Vollbeschäftigung bei hohen Lohnquoten
  gerechtigkeit“ wird alt gegen jung ausgespielt

                                                            Verlässlicher Zugang für alle zum gesamten
                                                            Pensionssystem – und deshalb Verankerung
                                                            des gesetzlichen Pensionssystems sowie der
                                                            Ausfallhaftung des Bundes in der Verfassung

An manchen Stellschrauben wurde und wird bereits ge­       außertourlich mittels politischer Beschlüsse und zudem
dreht: Die Zugangsvoraussetzungen zu den verschiedenen     nur aliquotiert. Die ursprünglich gültige Formel 40/65/80
Pensionsarten wurden durch die vergangenen Pensions­       lautet nun 45/65/80. Das heißt: Die Pensionsleistung be­
reformen verschärft oder Pensionsarten überhaupt abge­     trägt mit 65 Lebensjahren nach 45 Arbeitsjahren 80 Pro­
schafft. Die jährliche Pensionsanpassung wird schon län­   zent des (durchschnittlichen) Lebenseinkommens (früher:
ger nicht wie gesetzlich vorgesehen angepasst, sondern     nach 40 Arbeitsjahren).

                                                                                                                 25
FAZIT
                     Die Alterung unserer Gesellschaft wird uns      chen Arbeitsbedingungen, die an die Leis­
                     in den nächsten Jahren durchaus vor Heraus­     tungsfähigkeit der älter werdenden Beschäf­
                     forderungen stellen. Aber nicht nur die Demo­   tigten angepasst werden.
                     grafie ist entscheidend, sondern vielmehr die
                     Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und der        Wir sollten uns darüber freuen, dass unsere
                     Umgang der Betriebe mit ihren Mitarbeite­       Lebenserwartung steigt, auch wenn dadurch
                     rinnen und Mitarbeitern.                        der Staat geringfügig mehr an Steuermitteln
                                                                     für unsere Pensionen zuschießen muss! Um
                     Möglichst viele Menschen in guter Beschäfti­    diesen Spagat zwischen Leistungssicherung
                     gung, das ist das Um und Auf für ein funktio­   und Kostendämpfung gut gelingen zu lassen,
 Pensionen sichern   nierendes Pensionssystem. Wichtig ist daher     wurden in den letzten Jahren nachhaltige
       durch viele   die Schaffung von hochwertigen Arbeitsplät­     Pensionsreformen durchgeführt. Zumindest
 Menschen in guter   zen mit guten Arbeitsbedingungen und ho­        für die unselbständig Versicherten braucht es
    Beschäftigung    hen Löhnen und Gehältern, der Abbau von         keine weiteren Einschnitte mehr!
                     Überstunden, weil dadurch verhindert wer­
                     den kann, dass sich manche Menschen krank       Die Arbeiterkammer wird sich jedenfalls auch
                     arbeiten, während andere gar keine Arbeit       weiterhin für ein gerechtes, stabiles und staat­
                     haben, eine Arbeitszeitverkürzung bei den       liches Pensionssystem einsetzen, damit jene
                     Vollzeitarbeitsplätzen – mit einem Ausgleich    Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet ha­
                     bei Lohn und Personal – und ein existenz­       ben, ihren Ruhestand finanziell abgesichert
                     sichernder Mindestlohn. Die Vereinbarkeit       genießen können. Und damit jene, die aus
                     von Beruf und Familie muss umfassend un­        gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbei­
                     terstützt werden.                               ten können, nicht auf der Strecke bleiben.

                     Wir brauchen mehr betriebliche Gesund­          Und vor allem: Unser gesetzliches Pensions­
                     heitsförderung und einen besseren Arbeit­       system ist auf hohem Niveau stabil und lang­
                     nehmerschutz. Wir brauchen einen respekt­       fristig finanzierbar, sofern die oben beschrie­
                     vollen und wertschätzenden Umgang mit           benen Wege beibehalten bzw die noch offenen
                     den Kolleginnen und Kollegen, und wir brau­     Forderungen umgesetzt werden.

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