UNSERE PENSIONEN Fakten statt Mythen - ooe.arbeiterkammer.at - Arbeiterkammer Oberösterreich
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
VORWORT Andrea Heimberger, MSc Andreas Stangl AK-DIREKTORIN AK-PRÄSIDENT FAKTEN STATT MYTHEN: WAS SIE ÜBER UNSER PENSIONSSYSTEM WISSEN SOLLTEN Immer wieder wird von verschiedensten Seiten eine Umstrukturierung des österreichischen Pensionssystems gefordert. Dabei übersehen Viele, dass bereits substanzielle Reformen im österreichischen Pensionsrecht durchgeführt worden sind. Diese Reformen werden nach haltig wirken und berücksichtigen auch die langfristigen Perspektiven, wie etwa den erwar teten Anstieg der Lebenserwartung. Der oft geforderte Systemwechsel hin zu mehr Betriebs- und Privatpensionen wurde bisher zum Glück nicht vollzogen, was nicht zuletzt der breiten Ablehnung durch Arbeiterkammer und Gewerkschaften zu verdanken ist. Anstatt einer Stabilisierung des starken öffentlichen Systems im Umlageverfahren soll laut Regierungsübereinkommen jedoch das hochriskante Kapitaldeckungssystem ausgebaut werden, indem die private Altersvorsorge verstärkt zu för- dern ist. Gleichzeitig wird mehr oder weniger subtil, eine Panik vor einem explodierenden Pensionssystem geschürt. Dabei zeigt sich, dass Österreich mit dem Umlageverfahren im Vergleich zu anderen Ländern, die verstärkt auf das Kapitaldeckungsverfahren gesetzt haben, sehr gut fährt. Die Prognosen für eine langfristige Sicherung der Pensionen sind gut. Der Bundeszuschuss zu den Pensionen war in den letzten Jahren vor der Corona-Pandemie sogar rückläufig! Auch unser Nachbarland Deutschland hat großes Interesse am österreichischen Pensionssystem gezeigt, sogar von einem „Referenzmodell“ war die Rede. Es lohnt sich also zu hinterfragen, woher die Panikmache kommt. Wer verdient daran, wenn die „Privatvorsorge“ als unumgängliche Notwendigkeit hingestellt und „Eigenvorsorge“ über Solidarität gestellt wird? Welche Faktoren spielen neben der Demografie noch eine Rolle? Wir haben die wichtigsten Fakten zum Thema Pensionen in dieser Broschüre für Sie zusam- mengefasst. Sie werden sehen: Unser staatliches Pensionssystem nach dem Umlageverfahren ist den anderen Varianten punkto Verlässlichkeit und Lebensstandardsicherung überlegen. Es ist wichtiger denn je, sich gemeinsam dafür einzusetzen, dass auch noch unsere Kinder und Enkelkinder die Vorteile der gesetzlichen und solidarischen Absicherung für das Alter genießen können! Andrea Heimberger, MSc Andreas Stangl AK-Direktorin AK-Präsident 2
INHALT Abkürzungsverzeichnis 4 Sinn und Ziel eines guten Pensionssystems 5 Unterschiedliche Systeme 6 Der Vergleich macht sicher 7 Das Drei-Säulen-Modell funktioniert in der Praxis nicht! Andere Länder rudern zurück! 8 Leistungsspektrum der Pensionsversicherung und Pensionsarten 10 Rehabilitation, Invaliditätspension 13 Pensionsleistung 14 Pensionskonto / Pensionshöhen 15 Gender Pension Gap 17 Was heißt Pensionssplitting? 18 Finanzierung der Pensionen 18 Prognosen 20 Wie ist es möglich, dass die Ausgaben trotz steigender Anzahl von Pensionisten/-innen weitgehend konstant bleiben? 22 Pensionsantrittsalter 23 Stellschrauben – politisches Agieren 24 Fazit 26 AK-Forderungen 27 Impressum 28 3
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS AKOOE Arbeiterkammer Oberösterreich ALG Arbeitslosengeld AMS Arbeitsmarktservice AP Alterspension ASVG Allgemeines Sozialversicherungsgesetz BIP Bruttoinlandsprodukt BM Beitragsmonate BMF Bundesministerium für Finanzen BMSGPK Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz BSVG Bauern-Sozialversicherungsgesetz BUAK Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse BUP Berufsunfähigkeitspension BVAEB Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau GSVG Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz HP Hinterbliebenenpension IAO Internationale Arbeitsorganisation IP Invaliditätspension IWF Internationaler Währungsfonds J Jahre Mio Million(en) OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Cooperation and Development) PV Pensionsversicherung SchwA Schwerarbeit SVS Sozialversicherung der Selbständigen VM Versicherungsmonate 4
SINN UND ZIEL EINES GUTEN PENSIONSSYSTEMS Eine wichtige Säule des Sozialstaates ist das nehmerinnen und Arbeitnehmer in das staat gesetzliche Pensionssystem Österreichs, das liche Pensionssystem zu stärken. Künftige auf einer solidarischen Pflichtversicherung Reformen dürfen nicht mehr auf Kosten der Reformen dürfen nach dem Umlageverfahren basiert, bei dem ASVG-Versicherten gehen. Es ist weder eine nicht mehr auf die Pensionsversicherungsbeiträge der aktuell weitere Anhebung des gesetzlichen Pensions Kosten der Arbeit- Erwerbstätigen direkt an die Pensionsbezie- antrittsalters noch eine Senkung der Pensions nehmer/-innen her/-innen ausbezahlt werden. Die erwerbstä höhe notwendig, um unser Pensionssystem passieren! tigen Generationen können von zukünftigen in seiner derzeitigen Form abzusichern. Generationen verlässlich das Gleiche erwarten (sogenannter Generationenvertrag). Der Sinn Auf alle Fälle muss auf die Lebensplanung darin besteht in der weitgehenden Vermei der Betroffenen Rücksicht genommen wer dung des Kapitaldeckungssystems, wo Bei- den. Die Menschen brauchen Planbarkeit, träge (hoch-)riskant am Finanzmarkt angelegt verständliche Pensionsregelungen und eine Rücksicht auf die werden müssen. verlässliche soziale Absicherung im Alter. Lebensplanung Nach den umfassenden Pensionsreformen Ziel ist es, allen Erwerbstätigen Pensionen zu in der Vergangenheit sollte auf die derzeit garantieren, die den Lebensstandard sichern bestehenden Pensionsregelungen vertraut und vor Altersarmut schützen, wobei sich der werden können. Ein im Pensionsrecht prak Staat dazu verpflichtet, diese Pensionen durch tizierter Vertrauensschutz stellt grundsätz Zuschüsse zu sichern. lich sicher, dass sich kurzfristig nichts Gra vierendes verschlechtern darf – vor allem kurz vor dem Pensionsantritt. Daher werden In Würde altern üblicherweise längere Übergangsfristen be schlossen, wodurch Veränderungen im Pen Die gesetzliche Pensionsversicherung sorgt sionsbereich Zeit brauchen, um wirksam zu dafür, dass die Wechselfälle des Lebens nicht werden. zu Altersarmut führen. Wie zum Beispiel eine Teilpflichtversicherung u.a. bei Zeiten der Kindererziehung, Arbeitslosigkeit oder Krank- Bürgerinitiative heit, eine freiwillige Weiter- und Höherver- der Arbeiterkammer Oberösterreich sicherung, eine Ausgleichszulage und vieles mehr. Damit soll ein weitestgehend lücken- 2019 hat die AKOOE eine Bürgerinitiative ge loser Versicherungsverlauf erreicht werden, startet. Die Forderung war, unser staatliches um einen Zugang zur Alterspension für mög Pensionssystem in der Verfassung zu veran lichst alle Versicherten zu gewährleisten. kern, um die Pflichtversicherung, das Umlage verfahren und die Ausfallshaftung des Bundes abzusichern. Für einen Gesetzesbeschluss im Sicherheit und Vertrauen Nationalrat reicht eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen aus. Um aber ein Ver Gerade in Krisenzeiten (Finanzkrise, Covid- fassungsgesetz zu ändern, muss mindestens Krise) hat sich eindrucksvoll gezeigt, dass un die Hälfte der Mitglieder anwesend sein und ser gesetzliches Pensionssystem einen absolut eine Mehrheit von zwei Drittel dem Gesetzes stabilen Faktor im Wirtschaftssystem darstellt. vorschlag zustimmen. Das würde besser vor Die Pensionen wurden verlässlich ausbezahlt politischer Willkür schützen! Aufgrund der und trugen so zum Erhalt der Kaufkraft bei. vielen Stimmen wurde das Anliegen der Versicherte dürfen darauf vertrauen, dass sie AK Oberösterreich wohl im Ausschuss be mit Sicherheit ihre Pensionsleistung erhalten. handelt, jedoch dort nicht weiterverfolgt. Al lerdings legt die sozialdemokratische Parla- Leider haben die vielen Einschnitte der letz mentsfraktion dem Nationalrat einen diesbe ten Jahre und die anhaltenden Debatten nicht züglichen Antrag immer wieder vor – zuletzt dazu beigetragen, das Vertrauen der Arbeit im Oktober 2021. 5
UNTERSCHIEDLICHE SYSTEME Die staatlichen Pensionen sind sicher. Die Kapitaldeckungssystem gesetzliche Pension muss und wird auch in Zukunft den Lebensstandard jener Men Finanzkrise, Bankenkrise, Schuldenkrise, schen sichern, die aus dem Arbeitsleben aus Corona-Krise, niedriges Zinsniveau, Insolven scheiden. Dafür ist unser Umlagesystem am zen: ein bisschen viel Risiko, um darauf seine besten geeignet. Altersvorsorge aufzubauen! Dazu kommen noch hohe Verwaltungskosten, geringe Trans- parenz und kaum Kontrollmöglichkeiten so Umlagesystem wie enorme (Kosten-) Nachteile bei vorzeiti ger Auflösung. Die Gewinner sind die Ver- Der Generationen- Umlagesystem bedeutet, dass die Pensions sicherungsunternehmen, die als Aktiengesell vertrag beruht auf versicherungsbeiträge der aktuell Berufstäti schaften ihren Aktionären zur Gewinnaus Solidarität gen direkt an die Pensionistinnen und Pensio- schüttung verpflichtet sind. nisten ausbezahlt werden, also „umgelegt“ werden. Jede Generation finanziert so mit ih Im Kapitaldeckungsverfahren ist es ohne Be ren Beiträgen nicht die eigene Altersvorsorge, lang, ob Sie arbeitslos, krank oder aus einem sondern die ihrer Eltern und Großeltern. Wir sonstigen Grund gerade nicht imstande sind, sprechen in diesem Zusammenhang auch die fälligen Prämien einzuzahlen – es bietet vom Generationenvertrag, basierend auf dem eben keinen sozialen Ausgleich. Das sieht Prinzip der Solidarität. man besonders deutlich in jenen Ländern, in denen das Pensionssystem auf dem Kapital- Betriebs- und Privat- Nur ein staatliches Pensionssystem kann einen deckungssystem beruht. Außerdem haben bei pensionen können sozialen Ausgleich bieten, indem auch für Weitem nicht alle Versicherten Zugang zu nur eine sinnvolle Zeiten ohne Erwerbstätigkeit (zum Beispiel einer Betriebspension (in Österreich aktuell Ergänzung, keines- Zeiten der Kindererziehung, Krankheit, Ar rund 25 Prozent) und eine private Vorsorge falls aber ein Ersatz beitslosigkeit) staatliche Einzahlungen (Teil können sich die wenigsten leisten. für die staatliche versicherung) geleistet werden sowie eine Pension sein. „Mindestpension“ (in Form einer Ausgleichs Es ist nicht nachvollziehbar, dass nach wie vor zulage) garantiert wird. kritisiert wird, der Staat könne sich das ge setzliche Pensionssystem nicht mehr leisten. Das Umlagesystem wirkt sich außerdem posi Gleichzeitig aber wird mit Steuergeldern die tiv auf die Wirtschaftsentwicklung aus, weil risikoreiche Pensionsvorsorge auf dem Kapi die Pensionistinnen und Pensionisten die von talmarkt gefördert. 2019 hat die Finanzmarkt- den Erwerbstätigen eingezahlten Beiträge aufsicht im Zusammenhang mit der prämien auch wieder ausgeben. Wie hoch die realen geförderten Zukunftsvorsorge die Skepsis der Pensionen tatsächlich ausfallen können, hängt Arbeiterkammer bestätigt: Von 33 Produkten u.a. von den Faktoren Beschäftigung und Ein hätten weniger als die Hälfte positive Erträge kommen ab. erzielt, 18 Produkte verzeichneten sogar eine negative Entwicklung nach Kosten. Das staatliche Pen- Deshalb sind eine gute Entwicklung der Real sionssystem ist nicht wirtschaft sowie eine gute Beschäftigungslage nur sicherer, sondern die wichtigsten Voraussetzungen für sichere Auswirkungen der Finanzkrise auch viel kosten- Pensionen. Alles, was das Wirtschaftswachs günstiger: niedrigere tum fördert, sichert auch unsere Pensionen. Die Finanzkrise 2008/2009 war für betrieb- Verwaltungskosten, Dieser positive Effekt setzt sich fort: Vom liche und private Pensionen verheerend. kein Werbeaufwand, Umlageverfahren gehen – im Gegensatz zum In den Industrieländern fiel der Marktwert keine Profitmaxi- kapitalgedeckten System – auch in Krisenzei privater Pensionssparpläne laut OECD 2009 mierung. ten die Kaufkraft erhaltende Effekte aus, die um gigantische fünf Billionen Dollar! Zum wiederum das Wachstum fördern und wie Glück hatte in Österreich der Widerstand automatische Stabilisatoren wirken. von AK, Gewerkschaften und anderen einen 6
radikaleren Umbau des Systems in Richtung seither die betrieblichen Pensionen vieler Drei-Säulen-Modell verhindert. Der Schaden Leistungsberechtigter gekürzt, für die sich da ist trotzdem groß genug: Mehrmals wurden durch unaufholbare Lücken ergeben haben. DER VERGLEICH MACHT SICHER Eindeutige Vorteile bei der gesetzlichen Pensionsversicherung Gesetzliche Pensionsversicherung Private Altersvorsorge (unselbständig Pflichtversicherte) (unselbständig Pflichtversicherte) Arbeitnehmerbeiträge ~ 36 Prozent ~ 100 Prozent Arbeitgeberbeiträge ~ 44 Prozent 0 Prozent Bei staatlich geförderter Zukunftsvorsorge: jährliche Bundesbeiträge ~ 20 Prozent Förderung maximal 132,73 Euro im Jahr (2022) Lebensstandard Profit / Marktanteil Ziel Armutsvermeidung Gewinnmaximierung ausreichende Pensionen für alle von 15 bis zu 30 Prozent* Verwaltungskosten weniger als 1 Prozent (in Prozent der eingezahlten Prämien) Aufwertung der Beiträge JA NEIN Jährliche Anpassung der JA NEIN laufenden Leistung Mindestertrag JA fraglich Anrechnung von Keine Einzahlung keine Leistung Teilversicherungszeiten Armutsvermeidung JA (Ausgleichszulage) NEIN Gewinnorientierung NEIN JA Umlageverfahren Kapitalverfahren Verfahren Generationensolidarität spekulativ /Veranlagungsrisiko Staatshaftung JA NEIN Rechtsdurchsetzung risikolos beim Sozialgericht hohes Risiko beim Zivilgericht braucht rentierliche Veran- Wirtschaftskreislauf wirkt stabilisierend lagungsmöglichkeiten ein kompetenter Anbieter mit ge- viele Anbieter mit teils Marktsituation setzlich definiertem Angebot unübersichtlichen Klauseln AK Grafik Quellen: BMF, BMSGPK, eigene Berechnungen; * inklusive Marketingkosten und Aufwand für Vertragsabschluss 7
DAS DREI-SÄULEN-MODELL FUNKTIONIERT IN DER PRAXIS NICHT! ANDERE LÄNDER RUDERN ZURÜCK! Das sogenannte Drei-Säulen-Modell – also In England und in den USA beträgt die Netto- staatliche Pension, Betriebspension und pri ersatzrate rund 25 bzw. 47 Prozent und das vate Zusatzpension – funktioniert in der Pensionsantrittsalter liegt bei 68 bzw. 67 Jah Praxis nicht. Viele Menschen mussten in der ren. De facto sind jedoch viele Menschen ge jüngsten Vergangenheit dramatische Verluste zwungen, weit darüber hinaus für ein zusätz bei ihren Betriebspensionen hinnehmen. liches Einkommen zu sorgen. Nur wenige Viele Betriebe bieten so etwas gar nicht an. können sich private Und eine zusätzliche private Pensionsvorsorge Die Pensionssysteme verschiedener Staaten Pensionsvorsorge können sich auch nur die wenigsten Men sind zwar nicht so einfach miteinander ver leisten. schen leisten. Wirklich tragfähig ist nur die gleichbar, da zum Beispiel in den skandinavi erste Säule. schen Ländern Arbeitgeber verstärkt in die Pflicht genommen werden, aber ein roter Kapitalmarkt nicht Viele Länder, die auf kapitalgedeckte Systeme Faden zieht sich bei allen durch: die kapital geeignet, Lebens- gesetzt haben und damit hohe Verluste hin gedeckten Vorsorgemodelle sind mehr oder standard im Alter zu nehmen mussten, bemühten sich um „Repa weniger gescheitert. sichern raturen“ im System. Um Pensionsleistungen annähernd interna- In Polen wurden über 80 Prozent aus der pri tional vergleichbar zu machen, wird ein ideal vaten Vorsorge in das öffentliche System typischer Lebenserwerbsverlauf angenom rücktransferiert. men: Berufseinstieg mit 22 Jahren, durch- gehende Erwerbstätigkeit mit Durchschnitts In den Niederlanden wird ein ständiges einkommen bis zum Erreichen des Regelpen Steigen des Pensionsantrittsalters bis über sionsalters. 70 Jahre befürchtet (in Österreich 65). Der OECD-Durchschnitt für die Nettoersatz In Schweden wurde ein Automatismus (auto quoten eines Durchschnittsverdieners aus ge matische Pensionskürzungen, um die Finan setzlichen (öffentlichen und privaten) Syste zierbarkeit ohne staatliche Zuschüsse zu ge men liegt bei 62,4 Prozent, jedoch viel nied- währleisten) eingeführt. Allerdings waren die riger, wenn nur Pflichtversicherungssysteme Ergebnisse politisch nicht vertretbar und der berücksichtigt werden. Anders in Österreich, Staat musste in den letzten Jahren mehrmals wo alleine das gesetzliche Pensionssystem eine sehr hohe Zuzahlungen leisten, um die Pen- hohe Nettoersatzrate ermöglicht. sionshöhe stabil zu halten. Der Automatis mus hat sich folglich keineswegs bewährt. 8
Pensionshöhe im Internationalen Vergleich PENSIONSHÖHE IM INTERNATIONALEN VERGLEICH – NETTOERSATZRATE 100 % 87,1 90 % 81,7 80,3 nur möglich mit sehr starkem Anteil 80 % an Betriebs- und Privatrenten 70 % 63,2 56,2 58,1 60 % 52,9 50 % 40 % 30 % 20 % PA PA PA PA PA PA PA 10 % 65 71 65 68 67 65 67 0% Österreich Italien Spanien Finnland Deutschland Schweden UK AK Grafik Quelle: Pensions at a Glance 2021, eigene Berechnungen PA = Pensionsantrittsalter Obwohl das österreichische Pensionssystem in Altersvorsorge, die allen Versicherten zugute Es sind immer poli- ternational als zukunftsfit bewertet wird und kommt, dem Ausbau des unsolidarischen und tische Entscheidun- in praktisch allen Teilaspekten besser dasteht hochriskanten Kapitaldeckungssystems ge- gen,anwelchenStell- als beispielsweise das deutsche Rentensystem, opfert. Da eine Mindestertragsgarantie prak schrauben gedreht ist nun zu befürchten, dass die türkis-grüne Re tisch abgeschafft wurde, ist das volle Veranla- wird, um das System gierung auch in Österreich eine Schwächung gungsrisiko von den Pensionskassen-Berech zu stabilisieren. des gesetzlichen Pensionssystems verursacht, tigten zu tragen. Dieses wird durch Wegfall indem die private Altersvorsorge verstärkt ge der Veranlagungsgrenzen noch drastisch ver fördert wird. Damit wird eine überwiegend schärft. Wenn die Performance schlecht ist, gut funktionierende und existenzsichernde kommt es automatisch zu Pensionskürzungen. 9
LEISTUNGSSPEKTRUM DER PENSIONS- VERSICHERUNG UND PENSIONSARTEN Spezielle Absiche- Unschlagbare Leistungen auch eine Reihe von Regelungen, damit die rung für viele Wech- Wechselfälle des Lebens nicht zu Altersarmut selfälle des Lebens Die gesetzliche Pensionsversicherung bietet führen (welche aus unterschiedlichen Töpfen nach versicherungsmathematischen Grund finanziert werden). sätzen bestimmte Leistungen. Daneben aber Versicherungsfall Versicherungsfall Versicherungsfall des Alters der geminderten Arbeitsfähigkeit des Todes Alterspension Invaliditätspension (IP) für Hinterbliebenenpensionen: Langzeitversicherten- Arbeiter/-innen pension („Hackler- Witwenpension Berufsunfähigkeitspension (BUP) regelung“) für Angestellte Witwerpension Korridorpension Schwerarbeitspensionen Medizinische + berufliche Maß- Sonderruhegeld nahmen der Rehabilitation Waisenpension Zusätzliche Leistungen freiwillige Weiter- und Einkauf von Schulzeiten Nachentrichtung Höherversicherung Ausgleichszulage verjährter Beiträge Teilversicherung wegen Pflegegeld Kindererziehungszeiten, Zurechnungszuschlag bei Invalidität Jährlicher Ausgleich Arbeitslosigkeit oder Krankenversicherung für der Inflation (Pensions- Krankheit Pensionisten/-innen anpassung) Versicherungsmathematische Grundsätze be Kein Kostenrisiko stimmen die Pensionsberechnung. Die Pen- bei der Rechtsdurchsetzung sionshöhe ergibt sich aus der Kontoerstgut schrift zuzüglich der jährlichen Kontogut- Für die gerichtliche Durchsetzung von sozial schrift. Je höher das Einkommen, desto höher rechtlichen Ansprüchen gibt es beim Arbeits- die Pension. Je mehr Versicherungsjahre, und Sozialgericht Sonderregelungen, die eine desto höher die Pension. Die jährliche Pen- hürdenfreie Rechtsdurchsetzung ermögli Jährlicher Ausgleich sionsanpassung gleicht die Inflation im Zeit chen. So besteht kein Rechtsanwaltszwang, der Inflation verlauf aus. Eine Pensionierung ist auch vor was Kosten spart. Gerichts- und Gutachter dem Regelpensionsalter möglich. Aber es gilt: kosten trägt der Staat / die Pensionsversiche Je später in die Pension, desto weniger Ab rungsanstalt. Fahrtkosten werden ersetzt. schläge. Erst nach dem Regelpensionsalter in Pension zu gehen lohnt sich auf jeden Fall: Für jedes Jahr nach dem Regelpensionsalter Höherversicherung gibt es 4,2 Prozent Zuschlag, bis maximal 12,6 Prozent sowie zusätzlich einen „Auf Diese freiwillige Zusatzversicherung in der schub Bonus“. Das heißt, der PV-Beitrag von Pensionsversicherung ermöglicht eine Erhö Dienstgeber/-in und Dienstnehmer/-in wird hung des künftigen Pensionsanspruchs, sofern halbiert, für die Pensionsberechnung bleiben eine Pflicht-, Weiter- oder Selbstversicherung aber die vollen Beiträge aufrecht. vorliegt. Mit der ersten Einzahlung beginnt 10
die Höherversicherung. Höherversicherungs ACHTUNG: Keine Höherversicherung, wenn ohnehin eine Aus- beiträge führen zur Gewährung eines soge nannten „besonderen Steigerungsbetrages” gleichszulage bzw ein Ausgleichszulagen- oder Pensionsbonus zur monatlichen Pension (samt jährlicher Er- in Betracht kommt, also die Pensionshöhe den jeweils geltenden höhung), der allerdings weder in der Konto Richtsatz nicht erreichen wird (2022: für Alleinstehende 1030,49 erstgutschrift noch im Pensionskonto ausge bzw 1141,83 bzw 1364,11 Euro oder für Ehepaare 1625,71 bzw wiesen ist, sondern erst bei Pensionsantritt 1841,29 Euro). berechnet wird. Die Höhe und den Zeitpunkt der Beitrags leistung können von Versicherten innerhalb TIPP: Um die konkreten Auswirkungen einer Höherversicherung auf der jeweils geltenden Jahreshöchstgrenze die Pensionshöhe in Erfahrung zu bringen, wird ein Beratungsge- selbst bestimmt werden (Grenzwert 2022: spräch bei der Pensionsversicherungsanstalt unbedingt empfohlen! 11.340 Euro). Aktuelle Pensions-Zugangs-Voraussetzungen Pensionsart Frauen Männer Zugangsalter Zugangsalter geboren Wartezeit geboren Wartezeit in Jahren in Jahren 60 - 65 180 VM 180 VM keine Ein- keine Ein- Alterspension Anhebung ab (davon 84 BM 65 (davon 84 BM schränkungen schränkungen 2024 Erwerb) Erwerb) Langzeit- 57 - 62 versichertenpension ab 1.1.1959 Anhebung ab 540 BM ab 1.1.1954 62 540 BM (Hacklerregelung) 2024 Langzeit- von 1.1.1959 von 1.1.1954 versichertenpension 55 480 BM 60 540 BM bis 31.12.1963 bis 31.12.1958 mit Schwerarbeit relevant keine Ein- Korridorpension 62 480 VM 62 480 VM ab 2028 schränkungen relevant keine Ein- Schwerarbeitspension 60 540 VM 60 540 VM ab 2024 schränkungen 20J SchwA/ 20J SchwA/ Sonderruhegeld bei keine Ein- keine Ein- 52 Leben od. 57 Leben od. 15 Nachtschwerarbeit schränkungen 15 J/30 J schränkungen J/30 J Invaliditätspension / 180 BM od. 180 BM od. keine Einschränkungen keine Einschränkungen Rehabilitationsgeld 300 VM 300 VM 11
2020 waren in Österreich 4,067 Mio. Menschen pensionsversichert (Jahresdurchschnitt) PENSIONSVERSICHERTE – 2020 Pensionsversicherte Frauen und Männer alle Pensionsversicherten 4.066.699 unselbständig Pensionsversicherte 3.471.518 davon PV Arbeiter 1.294.149 davon PV Angestellte 2.121.903 BVAEB1 55.466 selbständig Pensionsversicherte 595.181 SVS der gewerblichen Wirtschaft 463.636 SVS der Landwirtschaft 131.545 AK Grafik Quelle: Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger 2020 bezogen in Österreich 2,436 Mio. Menschen eine Pension (Dezember 2020) PENSIONSBEZIEHER – 2020 Pensionsleistungen nach Art Frauen und Männer alle Pensionen 2.436.069 alle Direktpensionen (IP+AP) 1.944.324 Alterspensionen 1.802.635 davon normale Alterspension 1.719.923 davon Langzeitversichertenpensionen 25.084 davon Korridorpensionen 23.077 davon Schwerarbeiterpensionen 32.430 davon vorzeitige AP bei langer Vers.Dauer 2.121 Invaliditätspension 141.689 Hinterbliebenenpensionen 491.745 Witwen/Witwerpensionen 444.424 Waisenpensionen 47.321 AK Grafik Quelle: Dachverband der österreichischen Sozialversicherungsträger 12
Die insgesamt rund 2,44 Millionen Pensionen teilen sich auf folgende Pensionsarten auf: PENSIONEN NACH PENSIONSART, SOZIALVERSICHERUNG BUNDESWEIT, 2020 (2 %) (18 %) Alterspensionen* (1.719.913) Vorzeitige Alterspensionen (82.712) Invaliditätspensionen** (141.699) (6 %) Witwen-/Witwerpensionen (444.424) Waisenpensionen (47.321) (71 %) (3 %) * Alterspensionen inkl. Invaliditätspensionen ab dem 60./65. Lebensjahr ** Invaliditätspensionen vor dem 60./65. Lebensjahr AK Grafik Quelle: Jahresbericht der österreichischen Sozialversicherung, 2021 Der Anteil an Invaliditätspensionen an den Eigenpensionen ist mit 7,29 Prozent im Jahr 2020 kontinuierlich sinkend. REHABILITATION, INVALIDITÄTSPENSION Seit 2014 gilt der Grundsatz „Reha vor Pen- tet sein, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeit Eine gänzliche sion“. Es wurde eine Reihe von Maßnahmen nehmer, denen ein Arbeiten aus gesund- Abschaffung der gesetzt, um die Gesundheit der Menschen zu heitlichen Gründen nicht mehr möglich ist, Invaliditätspension erhalten. Für Menschen geboren ab 1.1.1964, ihren Anspruch auf eine Pension bzw. Reha kommt für die AK die durch Krankheit vorübergehend arbeits bilitationsgeld leichter durchsetzen können. nicht in Frage! unfähig sind, gibt es keine befristete Invalidi Nur 7,29 Prozent aller Eigenpensionen sind tätspension (IP) bei Arbeitern bzw. Berufs- Invaliditätspensionen. unfähigkeitspension (BUP) bei Angestellten mehr. Stattdessen erbringen Gesundheitskasse, Der Grund dafür ist jedoch leider nicht eine Pensionsversicherungsanstalt und Arbeits „gesündere“ Gesellschaft, sondern ein restrik marktservice Rehabilitationsleistungen und tiverer Zugang. Krank und damit arbeitsunfä zahlen den Betroffenen Rehabilitations- bzw. hig zu werden, ist eine Herausforderung! Umschulungsgeld – mit dem Ziel, dass die Zum einen ist die Höhe der Invaliditätspensio Menschen wieder gesund und arbeitsfähig nen deutlich niedriger als die der Alterspen- werden und so ihren Arbeitsplatz erhalten sionen. Zum anderen werden mittlerweile bzw. eine neue Arbeit finden oder sogar einen rund 65 Prozent aller Anträge auf Invalidi anderen Beruf erlernen können. Je jünger die tätspension abgelehnt. Ein Klagsverfahren zu rehabilitierende Person, desto höher na gegen den abgelehnten Bescheid ist eine ner türlich die Wahrscheinlichkeit der Wieder venaufreibende Angelegenheit, der sich nie Es ist ja nicht so, eingliederung! mand aussetzt, wenn nicht wirklich (subjek dass jemand sagt: tiv) Arbeitsunfähigkeit vorliegt! Zudem haben Mich freut’s nicht Wenn es im erlernten Beruf aus gesundheit- Invaliditätspensionisten/-innen statistisch ge mehr, ich geh jetzt lichen Gründen nicht mehr geht, kann eine sehen eine um rund zehn Jahre geringere in Invaliditäts- berufliche Umschulung eine echte zweite Lebenserwartung als Menschen mit einer pension! Chance darstellen. Dennoch muss unser Pen Alterspension. sionssystem auch in Zukunft dafür ausgerich 13
PENSIONSLEISTUNG Können Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh heißt der Vergleich des letzten Netto-Ein mer in der Pension ihren Lebensstandard kommens mit der zu erwartenden Netto- weitgehend aufrechterhalten? Eine Antwort Pension. Und diese liegt in Österreich zwi auf diese Frage gibt die Nettoersatzrate, das schen 70 und 80 Prozent – fallweise darüber. BEISPIEL: Ein Arbeiter mit Medianeinkommen wird im Jahr 2023 etwa 3000 Euro brutto (1/14 des Jahres- einkommens) im Monat verdienen, das sind 2065 Euro netto. Er wird 2023 mit 2180 Euro brutto in Alterspension gehen. Abzüglich Krankenversicherung und Lohnsteuer sind das 1773 Euro netto. Die Bruttoersatzrate beträgt 72,7 Prozent. Die Nettoersatzrate ist erheblich höher: sie beträgt 85,8 Prozent, weil weder Arbeitslosen- noch Pensionsversicherungsbeiträge anfallen. Österreich steht da international ziemlich gut einem Durchschnittsverdiener weit über da: Die Nettoersatzrate liegt in Österreich bei dem OECD Durchschnitt. NETTOERSATZRATEN IM INTERNATIONALEN VERGLEICH (DURCHSCHNITTSVERDIENER (1,0) 100 % 89,2 87,1 90 % 84,0 81,7 80,3 80 % 74,4 70 % 63,2 62,4 60 % 56,2 52,9 50 % 40 % 36,5 30 % 20 % 10 % 0 e ich k n ien h len * ar d CD n d nd re lie an eic lan de lan Po rla er em Ita kr nn OE we ch e t n Sp an i h s ed Ös Dä Fr F Sc ut Ni De AK Grafik Quelle: OECD Pensions at a Glance 2021 * OECD: Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 14
PENSIONSKONTO / PENSIONSHÖHEN Pensionskonto dem Verbraucherpreisindex). Damit ist eine Transparenz des Pensionsberechnung auf Basis einer einheit- Pensionskontos: Für alle ab 1955 Geborenen gibt es seit 2014 lichen Rechtslage und eine relativ einfache man kann jeder- ein Pensionskonto, das den Lebenseinkom Vorausberechnung der zu erwartenden Pensi zeit in die aktuelle mensverlauf klar abbildet. Aufbauend auf der on möglich. Das Pensionskonto ist leistungs Kontogutschrift Kontoerstgutschrift (dafür wurden die besten orientiert, es gilt die Formel „80/65/45“. Einsicht nehmen 28 Jahre bis 31.12.2013 herangezogen) wer Wer mit 65 Jahren und 45 Versicherungsjah den pro Jahr 1,78 Prozent der Jahresbeitrags ren in Pension geht, soll 80 Prozent seines grundlage auf das Konto gutgeschrieben durchschnittlichen (Lebens-) Erwerbseinkom- und es erfolgt eine jährliche Aufwertung mens als Pension erhalten. (Details dazu auf der Pensionsgutschrift (grundsätzlich nach www.neuespensionskonto.at) SO WERDEN TEILPFLICHTVERSICHERUNGSZEITEN BEWERTET (2022) Versicherungszeiten auf Grund von … Beitragsgrundlage Arbeitslosengeld (ALG) Überbrückungshilfe 70 Prozent der Bemessungsgrundlage des täglichen Übergangsgeld (AMS) ALG-Bezuges Weiterbildungsgeld Umschulungsgeld ab 1.2014 2022: tägl. EUR 82,14 Notstandshilfe und erweiterte Überbrückungs- 92 Prozent des Wertes von Versicherungszeiten auf hilfe sowie auch bei Nichtbezug dieser Leistungen Grund von Arbeitslosengeld (das heißt 92 Prozent wegen Anrechnung des Partnereinkommens von 70 Prozent = 64,4 Prozent) Ruhen von ALG, (erweiterte) Überbrückungs- 70 Prozent des durchschnittlichen mtl. Entgelts, hilfe, Notstandshilfe wegen Urlaubsentschä- ermittelt aus der letzten Jahresbeitragsgrundlage vor digung dem Ruhen Sonderunterst ützung, Beihilfe zur Deckung des diese Geldleistung Lebensunterhaltes, Übergangsgeld (nach ASVG) Krankengeld das 30fache der (tägl.) Bemessungsgrundlage des Rehabilitationsgeld ab 1.2014 Krankengeldes das 30fache der (tägl.) Bemessungsgrundlage des Wiedereingliederungsgeld ab 7.2017 Krankengeldes abzüglich des auf Grund der Wieder- eingliederungsteilzeit herabgesetzten Entgelts Wochengeld das 30fache des (tägl.) Wochengeldes Präsenz-, Ausbildungs- und Zivildienstleistende 2022: mtl. EUR 2.027,75 Kindererziehung 2022: mtl. EUR 2.027,75 Eine Dienstleistung als Zeitsoldat bzw. Ausbildungs- 133 Prozent des Monatsgeldes, der Dienstgradzulage dienstleistende ab dem 13. Monat Pflegekarenzgeld ab 1.2014 2022: mtl. EUR 2.027,75 Pflegeteilzeitkarenzgeld ab 1.2014 das aliquote Pflegekarenzgeld Überbrückungsgeld der BUAK ab 1.2015 das Überbrückungsgeld Familienzeitbonus ab 3.2017 tägl. EUR 22,60 AK Grafik Quelle: PV, Stand 1.1.2022 15
Zur Erinnerung: in Die Beiträge für diese Teilpflichtversiche zahl an Versicherungsmonaten gebührt zu einem Pensions- rungszeiten zur Pensionsversicherung leisten sätzlich ein Ausgleichszulagenbonus oder ein system mit Kapital- Bund, das Bundesministerium für Landesver Pensionsbonus, wenn das Gesamteinkom deckungsverfahren teidigung, das Arbeitsmarktservice oder ein men unter dem jeweiligen Grenzbetrag liegt würden diese Zeiten öffentlicher Fonds. und solange der rechtmäßige, gewöhnliche überhaupt nicht oder Aufenthalt im Inland ist. Bei Vorliegen von nur gegen zusätzliche 360 Beitragsmonaten wird maximal auf 1141 Prämienzahlungen Pensionshöhe Euro aufgestockt, mit 480 Beitragsmonaten berücksichtigt! auf 1364 Euro. Der Familienrichtsatz mit 480 Die höchstmögliche ASVG-Pension im Jahr Beitragsmonaten liegt bei 1841 Euro. 2022 beträgt 3727 Euro brutto. Die Pensionsschere bei den unselbständig Er Wenn nur eine sehr niedrige Pension bezo werbstätigen in Oberösterreich klafft erheb gen wird, kommt zusätzlich eine Ausgleichs lich auseinander. Betrachtet man die durch zulage dazu. Die Pension wird (für Allein- schnittliche Höhe aller Direktpensionen, be- stehende) auf 1030 Euro aufgestockt (Stand kommen Frauen um 45 Prozent weniger Pen- 2022). Bei Vorliegen einer bestimmten An sion als Männer (Stand Dezember 2020). DURCHSCHNITTLICHE PENSIONSHÖHEN FÜR OÖ NACH GESCHLECHT, PER DEZEMBER 2020 ALLE DIREKTPENSIONEN 1.126 (= ohne HP) 2.063 1.139 Alle Alterspensionen 2.160 Vorzeitige 1.698 Alterspensionen 2.512 1.134 Regelalterspensionen 2.103 881 IV/BU-Pensionen 1.347 AK Grafik Quelle: PVA OÖ; Pensionshöhen der Unselbständigen, ohne Hinterbliebenenpensionen Pensionsanpassung höher angepasst werden. Was grundsätzlich für Niedrigstpensionsbezieher zu begrüßen Alle Pensionen aus der Pensionsversicherung ist, bedeutet jedoch für bestimmte Gruppen sind jährlich mit dem Anpassungsfaktor zu von Pensionsbeziehern/-innen eine Entwer vervielfachen, welcher vom Sozialminister tung ihrer Pensionen, was dem Vertrauens- durch Verordnung festgesetzt und kundge prinzip entgegensteht. Zudem widerspricht macht wird. Die Anpassung der Leistung spie es auch dem Äquivalenzprinzip, wonach die gelt die Entwicklung des Verbraucherpreises ausbezahlte Leistung vom einbezahlten Bei wider und ist von Amts wegen vorzunehmen. trag abhängen soll. Allerdings weicht der Gesetzgeber seit 2004 Altersarmut sollte generell mit anderen Stell immer wieder durch einfachgesetzliche Ein schrauben bekämpft werden, nicht durch griffe von dieser Regelung der Pensions- (politische) Eingriffe in die jährliche Pensions anpassung ab, indem niedrigere Pensionen anpassung. 16
GENDER PENSION GAP Frauen haben in den Mitgliedsstaaten der EU der Realität sehr oft keine wirkliche Wahl 2018 durchschnittlich um 30 Prozent weni freiheit. Speziell in Oberösterreich sind flä ger Pension bekommen als Männer. Öster chendeckende Kinderbetreuungsangebote – reich liegt mit 38,7 Prozent auf Platz vier. ein Hauptkriterium für die Wahlfreiheit – ein politisches Stiefkind! Einer aktuellen Studie des WIFO (Trapez. Analyse, 2020) zufolge sind nicht die etwas Die Pensionsreform 2003 brachte u.a. die wenigeren Versicherungsmonate der Frauen lebenslange Durchrechnung. Anstatt der 15 aufgrund des (noch) früheren Pensionsantritts besten Jahre werden nun 40 Jahre für die Pen die Hauptursache, sondern das (lebenslang) sionsberechnung zugrunde gelegt, was für geringere Einkommen. Frauen besonders nachteilig ist. Da fallen Zei ten von Kindererziehung mit den anschlie Dies ist komplex verzahnt mit mehreren The ßenden Teilzeit-Jobs sowie Zeiten von Ange menbereichen, wie bestehende Beschäftigungs- hörigenpflege gehörig ins Gewicht! und Einkommensunterschiede, „frauentypi sche“ unterentlohnte Branchen, Teilzeit- und Die Regierung meint nun, mit einem ver atypische Beschäftigung und eine völlig un pflichtenden Pensionssplitting die zuvor von gleiche Verteilung von (unbezahlter) Care- ihr verursachten Probleme auf individueller Arbeit (Kinder und Pflege). Frauen haben in Ebene lösen zu können! 17
WAS HEISST PENSIONSSPLITTING? Der (meist männliche) erwerbstätige Eltern Ehepaare mit einer einmaligen Opting-out- teil überträgt einen Teil der eigenen monatli Möglichkeit. Es sollen fixe 50 Prozent aus der chen Pensionskontogutschrift (bis zu 50 Pro Summe beider Einkommen auf beiden Pen zent) an den erziehenden (meist weiblichen) sionskonten gutgeschrieben werden. Elternteil. Dabei wird die künftige Pensions Noch völlig offen leistung des einen gesenkt und des anderen Viele Gründe sprechen gegen die geplante ist, ob diese ge- erhöht. Also praktisch eine (innerfamiliäre) Form des Pensionssplittings, zudem sind etli planten Änderun- Umverteilung zwischen Arbeitnehmern/-in che Fragen offen. Das Problem „Altersarmut” gen umgesetzt nen auf individueller Basis. Geplant ist laut wird damit in die Familie verlagert, sollte werden. Regierungsübereinkommen ein verpflichten nach Auffassung der Arbeiterkammer aber des („automatisches“) Pensionssplitting für ein gesellschaftspolitischer Auftrag bleiben! FINANZIERUNG DER PENSIONEN Der Bund leistet Beiträge an die Pensionsver übersteigen. Dieser Zuschuss vom Bund wird sicherungsträger zur Finanzierung der Pen- in Relation zum jeweiligen Bruttoinlands sionen, wenn die Aufwendungen die Erträge produkt (BIP) gestellt. Bundesbeitrag = Ausfallhaftung + Partnerleistung + Bundesbeitrag für Teilversicherte Bundesmittel = Bundesbeitrag + Ausgleichszulagen ENTWICKLUNG DER AUSFALLHAFTUNG IN PROZENT DES BIP 2,4 2,3 2,4 2,3 2,3 2,2 2,3 2,2 2,1 2,1 2,1 2,0 1,8 1,8 1,7 1,7 1,7 1,6 1,4 1,2 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 AK Grafik Quelle: Jahresbericht der österreichischen Sozialversicherung, 2021 18
Die Finanzierung ist seit den 1990er Jahren wieder ansteigt. Dazu sind gerechte Lohnstei Unsere Pensionen stabil. Der Bundeszuschuss war in den letzten gerungen und ein Mindestlohn bei Vollzeit sind finanzierbar drei Jahren vor Corona sogar rückläufig. von 1700 Euro brutto notwendig. Wie viel der Bund zu den Pensionseinnahmen Auch die Beitragsbelastung sollte gerecht zuschießen muss, damit der gesamte Pensions verteilt werden. Generell sind die Beitrags- aufwand gedeckt ist, hängt neben der demo sätze der Selbständigen niedriger (gewerbliche grafischen Entwicklung auch wesentlich da Selbständige: 18,5 Prozent, freie Selbständige: Erarbeiteten Wohl- von ab, ob es gelingt, die Arbeitslosigkeit zu 20,0 Prozent, Bauern: 17,0 Prozent). Durch stand in der Gesell- bekämpfen. Je mehr Menschen in das Pen- die sogenannte „Partnerleistung“, finanziert schaft fair verteilen sionssystem einzahlen, desto weniger muss der aus Steuergeldern, wird die Differenz bis zum Staat zuschießen. Wesentlich ist auch, dass Beitragssatz der Unselbständigen in der Höhe die Lohnquote (= Anteil der Löhne/Gehälter von 22,8 Prozent durch den Bund aufge an der gesamten erarbeiteten Wertschöpfung) stockt. AUSFALLHAFTUNG* IN PROZENT DES PENSIONSAUFWANDES 2020 VA öffentlich Bediensteter (BVAEB) 35,3 SVS der Landwirte 84,8 SVS der gewerblichen Wirtschaft 44,0 PV der Arbeitnehmer/-innen 13,8 AK Grafik Quelle: Jahresbericht der Österreichischen Sozialversicherung, 2021 *Ausfallhaftung ohne Ersätze für Ausgleichszulagen; exkl. Partnerleistung Arbeitnehmer/-innen finanzieren mit ihren zent zuschießen, zu den Pensionen der Ge Beiträgen (2020) 86,2 Prozent ihrer Pensio werbetreibenden musste der Staat 44 Prozent nen selbst! Das heißt, der Staat musste zu den dazuzahlen, bei den Landwirt/-innen 84,4 unselbstständig Versicherten nur 13,8 Pro Prozent. 19
PROGNOSEN Ja, Pensionen kosten Geld. Trotzdem sind sie schüsse kurzfristig und die „Babyboomer“ mit auch langfristig finanzierbar! telfristig bis etwa 2030 erhöhen. Langfristig aber – ab 2040 – wird sich die Ausfallhaftung Im Gegensatz zu fragwürdigen Prognosen, bis zum Jahr 2070 wieder bei 14,3 Prozent des die vielfach rein auf Geschäftsinteressen be- BIP einpendeln. Übrigens stabil seit den 1990er ruhen, belegen seriöse Langzeitberechnungen: Jahren! Die größte Ausgabendynamik ist zu Die Finanzierung des Pensionssystems läuft künftig vielmehr in den Bereichen Pflege und nicht aus dem Ruder! Der Aufwand als Anteil Gesundheit zu erwarten. (Ageing Report 2021 des BIP liegt relativ konstant bei ± 14 Pro- der EU-Kommission) zent des BIP. Die COVID-Krise wird die Zu ENTWICKLUNG DER PENSIONSAUSGABEN IN ÖSTERREICH (IN PROZENT DES BIP) 15,5 % 15,1 15,1 15,0 % 14,7 14,6 14,5 % 14,3 14,0 % 13,3 13,5 % 13,0 % 12,5 % 2019 2030 2040 2050 2060 2070 AK Grafik Quelle: Ageing Report 2021, BMF, BMSGKP; * inkl. Ausgleichszulagen und Rehabilitationsgeld Ageing Report Alterssicherungskommission in Österreich Auf EU-Ebene werden alle drei Jahre im Rah men des „Ageing Reports“ Langfristprojektio- Die Kommission zur langfristigen Finanzie nen altersabhängiger Ausgaben (z.B. Pensio rung der Alterssicherungssysteme überwacht nen) erstellt, wobei die Pensionspolitik natür die Entwicklung der gesetzlichen Pensions lich eine Angelegenheit der einzelnen Natio versicherung als auch der Pensionen des öffent nalstaaten bleibt. Die EU-Kommission sowie lichen Dienstes und ging mit 1. Jänner 2017 internationale Organisationen (OECD, IAO, aus der damaligen Kommission zur langfristi IWF oder Weltbank) stellen länderübergrei gen Pensionssicherung hervor. Das Gremium, fende Vergleiche von Pensionsentwicklung bestehend aus 20 Mitgliedern und einem Vor und Pensionspolitik an. Der letzte Ageing sitzenden hat sich nach einigen Startschwie Report wurde am 7. Mai 2021 veröffentlicht. rigkeiten im November 2019 konstituiert. 20
Zu den Aufgaben der Kommission gehört es che Reduktion der öffentlichen Pensionsaus unter anderem, jährlich ein Gutachten für gaben vorzusehen ist. Das heißt nichts ande die nächsten fünf Jahre über die voraussicht- res, als dass für einen deutlich wachsenden liche Gebarung der gesetzlichen Pensionsver Anteil Älterer ein schrumpfender Anteil am sicherung und über die Kostenentwicklung BIP reserviert werden soll. Die Folgen dieser der Beamtenpensionen zu erstellen. Zudem – mittlerweile ja schon längst abgewählten – hat sie alle drei Jahre einen Bericht über die Zielsetzung sind absehbar: geringere Pen- langfristige Entwicklung und Finanzierbar sionen (für die heute Jungen!), kaum noch keit des Pensionssystems vorzulegen. sozialer Ausgleich bei Krankheit, Arbeits- losigkeit oder CareArbeit und Altersarmut Sobald der Referenzpfad um mehr als drei für einen viel breiteren Teil der Bevölkerung. Prozent überschritten wird, muss die Alters- sicherungskommission der Regierung im Die letzten Gutachten der Alterssicherungs Sinne des Nachhaltigkeitsmechanismus Vor kommission wurden im November 2021 pu schläge unterbreiten. Nicht unumstritten ist bliziert. Trotz der verschärften Vorgaben wird dabei der nach wie vor zugrunde liegende hier – wie auch im Ageing Report 2021 – ein „Schüssel-Pfad“ aus dem Jahr 2000, wonach nur moderater Anstieg des Pensionsaufwan als Zielvorgabe gilt, dass ab 2030 eine deutli des in Relation zum BIP prognostiziert. 21
WIE IST ES MÖGLICH, DASS DIE AUS- GABEN TROTZ STEIGENDER ANZAHL VON PENSIONISTEN/-INNEN WEITGEHEND KONSTANT UND STABIL BLEIBEN? Das wird hauptsächlich durch das Beharren Die Lebenserwartung steigt nicht mehr so auf dem Umlagesystem von Arbeiterkammer stark wie angenommen. und Gewerkschaft sowie durch die Pensions reformen der letzten Jahre ermöglicht und Die Erwerbsquoten zwischen 55 und 64 lässt sich folgendermaßen erklären: Jahren sind erheblich angestiegen. Das heißt: die Pensionsreformen wirken und Das Bevölkerungswachstum ist u.a. auf die Beschäftigung hat sich positiv ent- grund der Zuwanderung höher als bisher wickelt. angenommen: Für 2020 wurde eine Ge samtbevölkerung in Österreich von 8,4 Mio. Die seit 2004 stabile Produktivitätssteige errechnet (Statistik Austria 2004). Tatsäch rung von 1,6 bis 1,8 Prozentpunkten wird lich wuchs die Bevölkerung deutlich stär (pandemiebedingt) nur kurzfristig sinken ker (2020: 8,9 Mio. Menschen). und sich rasch wieder auf gutem Niveau erholen. Die hohe Produktivität der Ar- beitnehmer/-innen trägt wesentlich zur Finanzierung des Pensionssystems bei. Seit dem Pensionsharmonisierungsgesetz (2004) werden Neuzugänge nicht mehr an die Lohnentwicklung, sondern an den Ver braucherpreisindex angepasst. Die Pensions höhen sind dadurch etwas sinkend – oder wie der Gesetzgeber es formuliert: „Die Anpassungen sind weniger großzügig.“ Das heißt, die Reformen machen weiter hin hohe Erstpensionen möglich und ge hen dann in etwas moderatere Anpassung der Pensionen über. Angleichung des ursprünglich großzügigen Beamtensystems (von 80 Prozent des Letzt bezugs auf Lebens-Durchrechnung) sowie eine Reduktion der Beamten-Anzahl Fokus auf Anhebung des faktischen Pen- sionsantrittsalters durch erschwerte Zu gänge zu den vorzeitigen Alterspensionen (Anheben von Antrittsalter, Anheben von Versicherungs- bzw Beitragsmonaten) 22
PENSIONSANTRITTSALTER Hackeln bis zum Umfallen? Auf dem Abstell Mittlerweile sind psychische Erkrankungen gleis beim Arbeitsmarktservice? Das Pensions die Hauptursache für eine Zuerkennung von antrittsalter ist praktisch immer ein politi Invaliditätspension bzw Rehabilitationsgeld sches „Heißes-Eisen-Thema“. Die Arbeiter- (2020: 42,4 Prozent aller Zuerkennungen). kammer hat dazu eine eindeutige Position: Andererseits verlieren viele Ältere ihre Jobs Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die und finden keinen neuen Arbeitsplatz mehr. besonders lange gearbeitet und in die Pen- Die COVID-Pandemie wird vermutlich noch sionsversicherung eingezahlt haben, sollen verschärfend wirken. auch früher in Pension gehen können. Grund sätzlich bekennen wir uns jedoch zu dem Da sind auch die Unternehmer/-innen gefor Ziel, das faktische Pensionsalter anzuheben. dert: sie müssen dafür sorgen, dass ihre wich tigste Ressource, nämlich Arbeitnehmer/-in Arbeitsbedingungen Das gesetzliche Pensionsalter der Frauen liegt nen nicht mit 50 oder 55 auf die Straße ge- müssen es möglich derzeit bei 60 (ab 2024 sukzessive in Halbjah setzt werden! Und genauso sollen sie für Ar machen, gesund und resschritten bis 2028 auf 65 Jahre angehoben), beitsbedingungen sorgen, die es den Menschen mit Freude länger das der Männer bei 65 Jahren. Tatsächlich ge möglich machen, gesund und mit Freude zu arbeiten. hen die Menschen aber früher in Pension. länger zu arbeiten. Das hat viele Gründe. Bei den unselbständig Versicherten gingen Die Rahmenbedingungen in der Arbeitswelt Männer 2020 im Schnitt mit 63,2 Jahren in machen es den Arbeitnehmerinnen und Ar Pension (vorzeitige Alterspension oder „regu beitnehmern immer schwieriger, länger zu läre“ Alterspension), Frauen mit 60,6 Jahren. arbeiten. Einerseits werden die Arbeitsbedin Männer gingen somit um 1,8 Jahre vor ihrem gungen immer härter: Arbeitsdruck, Über regulären Pensionsantrittsalter (65 Jahre) in stunden und psychische Belastungen steigen. Pension und Frauen sogar um 0,6 Jahre nach Eine Arbeitsstunde war 2019 um rund 22 Pro ihrem regulären Pensionsantrittsalter (derzeit zent produktiver als noch im Jahr 2000. Der 60 Jahre). pro Stunde ausgezahlte Bruttolohn ist preis bereinigt aber nur um etwa 14 Prozent ge wachsen. DURCHSCHNITTL. ZUGANGSALTER DER NEUZUGÄNGE ZU DEN EIGENPENSIONEN*, 2020 (PENSIONSVERSICHERUNGEN DER UNSELBSTÄNDIGEN) Männer IV-/BU-Pension 54,0 Jahre Männer (vorz.) Alterspension 63,2 Jahre Frauen IV-/BU-Pension 50,1 Jahre Frauen (vorz.) Alterspension 60,6 Jahre AK Grafik Quelle: Jahresbericht der Österreichischen Sozialversicherung 2020; *Eigenpensionen = alle Pensionen ohne Hinterbliebenenpensionen Nur Menschen mit gesundheitlichen Ein schränkungen gehen gezwungenermaßen doch um einiges früher in Pension. 23
Gesamt gesehen steigt das faktische Pensions kontinuierlich an, was im Sinne der Erhaltung antrittsalter aller Versicherten in Österreich unseres Pensionssystems auch gewünscht ist. DURCHSCHNITTLICHES PENSIONSANTRITTSALTER ALLER DIREKTPENSIONEN 60,5 % 60,3 60,0 % 59,8 59,6 59,5 % 59,3 59,2 59,1 59,0 % 58,9 58,5 % 58,0 % 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 AK Grafik Quelle: Jahresbericht der österreichischen Sozialversicherung 2021; * Invaliditätspensionen, vorzeitige Alterspensionen, Alterspensionen STELLSCHRAUBEN – POLITISCHES AGIEREN Folgende Stellschrauben sind möglich: Eingriff in die jährliche Pensionsanpassung Kürzung/Ausweitung der Bundesmittel Anhebung des Antrittsalters (im Extremfall (z.B. Eingriffe bei Ausgleichszulagen, Teil eine Pensionsautomatik) pflichtversicherung) Änderungen bei den Zugangsvoraussetzun Arbeitsmarktpolitik / Vollbeschäftigung / gen zu den Pensionen (Wartezeit) Lohnquoten Änderungen bei den Beitragsleistungen Verstärkter Ausbau der zweiten und dritten (ASVG/GSVG/BSVG, Partnerleistungen) Säule – sprich der privaten Pensionsvorsorge 24
Konservative Parteien tendieren zu… Soziale Pensionspolitik sieht so aus… Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters Anhebung des faktischen Pensionsalters Erkennt die Leistungen eines Erwerbsleben an. 45 Jahre sind genug, damit anschließend eine Verschärfte Zugänge zu allen Pensionsarten existenz- und lebensstandardsichernde Pension zusteht Erleichterungen beim Zugang zur Invaliditäts- Reduktion der Partnerleistungen pension Angleichung der Beitragsleistungen von Jährliche „Zuckerl“ bei der Pensionsanpassung Selbständigen an jene der Unselbständigen Reduktion der Teilpflichtversicherungszeiten Klare gesetzliche Regelungen bei der jährlichen bzw. deren Anrechnung Pensionsanpassung Das staatliche Pensionssystem wird krank- Stolz sein auf die im internationalen Vergleich geredet. Angst wird verbreitet und die Menschen gute Absicherung verunsichert. Generationsgerechtigkeit bedeutet auch, dass der stark wachsenden Bevölkerungsgruppe der über 65-Jährigen künftig auch ein etwas größeres Verstärkte Förderung von privaten Vorsorge- Stück vom wachsenden Bruttoinlandsprodukt modellen zusteht. Eine weitere Anhebung des gesetzli- chen Pensionsantrittsalters würde hingegen die Arbeitsmarktlage und auch die Pensionsleis- tung von jungen Menschen verschlechtern. Unter dem Deckmantel der „Generations- Vollbeschäftigung bei hohen Lohnquoten gerechtigkeit“ wird alt gegen jung ausgespielt Verlässlicher Zugang für alle zum gesamten Pensionssystem – und deshalb Verankerung des gesetzlichen Pensionssystems sowie der Ausfallhaftung des Bundes in der Verfassung An manchen Stellschrauben wurde und wird bereits ge außertourlich mittels politischer Beschlüsse und zudem dreht: Die Zugangsvoraussetzungen zu den verschiedenen nur aliquotiert. Die ursprünglich gültige Formel 40/65/80 Pensionsarten wurden durch die vergangenen Pensions lautet nun 45/65/80. Das heißt: Die Pensionsleistung be reformen verschärft oder Pensionsarten überhaupt abge trägt mit 65 Lebensjahren nach 45 Arbeitsjahren 80 Pro schafft. Die jährliche Pensionsanpassung wird schon län zent des (durchschnittlichen) Lebenseinkommens (früher: ger nicht wie gesetzlich vorgesehen angepasst, sondern nach 40 Arbeitsjahren). 25
FAZIT Die Alterung unserer Gesellschaft wird uns chen Arbeitsbedingungen, die an die Leis in den nächsten Jahren durchaus vor Heraus tungsfähigkeit der älter werdenden Beschäf forderungen stellen. Aber nicht nur die Demo tigten angepasst werden. grafie ist entscheidend, sondern vielmehr die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und der Wir sollten uns darüber freuen, dass unsere Umgang der Betriebe mit ihren Mitarbeite Lebenserwartung steigt, auch wenn dadurch rinnen und Mitarbeitern. der Staat geringfügig mehr an Steuermitteln für unsere Pensionen zuschießen muss! Um Möglichst viele Menschen in guter Beschäfti diesen Spagat zwischen Leistungssicherung gung, das ist das Um und Auf für ein funktio und Kostendämpfung gut gelingen zu lassen, Pensionen sichern nierendes Pensionssystem. Wichtig ist daher wurden in den letzten Jahren nachhaltige durch viele die Schaffung von hochwertigen Arbeitsplät Pensionsreformen durchgeführt. Zumindest Menschen in guter zen mit guten Arbeitsbedingungen und ho für die unselbständig Versicherten braucht es Beschäftigung hen Löhnen und Gehältern, der Abbau von keine weiteren Einschnitte mehr! Überstunden, weil dadurch verhindert wer den kann, dass sich manche Menschen krank Die Arbeiterkammer wird sich jedenfalls auch arbeiten, während andere gar keine Arbeit weiterhin für ein gerechtes, stabiles und staat haben, eine Arbeitszeitverkürzung bei den liches Pensionssystem einsetzen, damit jene Vollzeitarbeitsplätzen – mit einem Ausgleich Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet ha bei Lohn und Personal – und ein existenz ben, ihren Ruhestand finanziell abgesichert sichernder Mindestlohn. Die Vereinbarkeit genießen können. Und damit jene, die aus von Beruf und Familie muss umfassend un gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbei terstützt werden. ten können, nicht auf der Strecke bleiben. Wir brauchen mehr betriebliche Gesund Und vor allem: Unser gesetzliches Pensions heitsförderung und einen besseren Arbeit system ist auf hohem Niveau stabil und lang nehmerschutz. Wir brauchen einen respekt fristig finanzierbar, sofern die oben beschrie vollen und wertschätzenden Umgang mit benen Wege beibehalten bzw die noch offenen den Kolleginnen und Kollegen, und wir brau Forderungen umgesetzt werden. 26
Sie können auch lesen