UNSERHEER EINE INFORMATION DES BMLV

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UNSERHEER
                   EINE INFORMATION DES BMLV
                                                                                                       BEILAGE ZUR 2. AUSGABE 2021

                   Vor 30 Jahren: Sicherungseinsatz
                   an der jugoslawischen Grenze
                                                  Mehr als 7.500 Soldaten des Bundesheeres gingen in den
                                                  letzten Junitagen 1991 gemeinsam mit der Gendarmerie und
                                                  der Zollwache in einen heiklen Einsatz: Sie sicherten während der
                                                  schweren Kämpfe im damaligen Jugoslawien den Luftraum und
                                                  die österreichische Staatsgrenze zur heutigen Republik Slowenien.

                             Alarmiert! Ende Juni 1991 reichten die
Foto: Bundesheer

                              Kämpfe zwischen slowenischen Milizen
                              und jugoslawischer Armee bis direkt an
                             die österreichische Grenze. Zum Schutz
                               der Bevölkerung sicherten Panzer des
                                     Bundesheeres die Grenzregion.

                   Seit Beginn der 1980er-Jahre                  Grenzsicherung Österreichs zu         Auseinanderdriften des südlich
                   herrschte in Österreich eine                  Jugoslawien, wie wichtig bewaffnete   von Österreich gelegenen
                   breitere Debatte über die Sinn-               Streitkräfte und somit das Bundes-    Vielvölkerstaates kam für die
                   haftigkeit einer militärischen                heer für Österreich ist. Damals       Öffentlichkeit überraschend.
                   Landesverteidigung. Später im                 galt es bewaffnete Auseinander-       Im Heer selbst hatte man aber
                   Jahr 1991 zeigte sich dann beim               setzungen von österreichischem        bereits Jahre zuvor mit den
                   Einsatz des Bundesheeres zur                  Territorium fernzuhalten. Das         Planungen für ein derartiges

                                                                                                                        UNSERHEER
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Zerfalls-Szenario und eine „Eskalie-   können, wie betont wurde. Kurz
rung der Lage in Jugoslawien“ be-      darauf verfügte der damalige Vertei-            Der Zerfall
gonnen. Mit den Unabhängigkeits-       digungsminister Werner Fasslabend
erklärungen von Slowenien und          am 28. Juni dennoch – „zum                     Jugoslawiens
Kroatien am 25. Juni 1991 (siehe
auch Infokasten rechts) war es dann
                                       Schutz der österreichischen Bevöl-
                                       kerung“ – den Sicherungseinsatz
                                                                                       1991–1999
so weit: Die Regierung in Belgrad      gemäß § 2, Abs. 1 lit. a des Wehr-
                                                                                    Als Jugoslawienkriege (auch Bal-
beauftragte die Volksarmee und die     gesetzes (das heißt zur militäri-            kankriege genannt) wird eine
Bundespolizei mit der Sicherung        schen Landesverteidigung) und die            Serie von Kriegen in den Jahren
des Staatsgebietes – mit weitrei-      Verlegung von in Bereitschaft be-            1991 bis 1999 auf dem Gebiet
chenden Folgen: Truppen wurden         findlichen Soldaten in die unmittel-         des ehemaligen Jugoslawiens be-
in Bewegung gesetzt und Grenz-         bare Grenzregion. Am 29. Juni mel-           zeichnet. Ihre Wurzeln hatten die
                                                                                    Kämpfe in jahrelangen vielschich-
übergänge geschlossen. Milizen         dete das Verteidigungsministerium            tigen ethnischen, religiösen, natio-
errichteten im ganzen Land zahl-       bereits knapp 5.000 Mann aus                 nalistischen und ökonomischen
reiche Straßensperren.                 ganz Österreich im Einsatz an der            Problemen. In Kroatien und Slo-
                                       slowenischen Grenze, in den kom-             wenien ergaben Volksabstimmun-
Bald darauf brachen erste Kämpfe       menden Tagen sollten es sogar                gen große Mehrheiten für eine
                                                                                    Loslösung aus dem Staat Jugosla-
aus: An mehreren Grenzübergängen       noch mehr werden. Als Reaktion               wien. Daraufhin erklärten diese
kam es ebenso wie an anderen           auf Luftraumverletzungen durch die           beiden jugoslawischen Teilstaaten
Stellen im Land zu Feuergefechten      jugoslawische Volksarmee wurde               am 25. Juni 1991 ihre Unabhän-
zwischen jugoslawischer Armee          zudem die Luftraumüberwachung                gigkeit.
und slowenischen Territorialkräften,   mit Draken- und Saab-105Ö-Flug-
                                                                                    Die Zentralregierung in Belgrad
der Grenzübergang Spielfeld wurde      zeugen intensiviert.                         bewertete dieses Ausscheren als
sogar von Flugzeugen angegriffen.                                                   Verfassungsbruch und versuchte
Um nicht den Eindruck einer Provo-     Die Sicherungslinie des Bundes-              die Unabhängigkeitsbestrebungen
kation zu vermitteln, wurde auf        heeres verlief mehr als 300 Kilo-            militärisch zu vereiteln. Es kam
eine Mobilmachung verzichtet, die      meter weit von Bonisdorf im Bur-             zum sogenannten 10-Tage-Krieg in
                                                                                    Slowenien, der mit einem Waffen-
als möglicher Vorwand für einen        genland entlang der steirischen              stillstand im Juli endete.
verstärkten Einsatz bewaffneter        und Kärntner Grenze bis zum Drei-
Kräfte im Grenzraum hätten dienen      ländereck Italien-Österreich-Slowe-          In den folgenden Monaten aller-
                                                                                    dings brachen auch in Kroatien
                                              Großes Aufgebot Das Bundesheer
                                                                                    und 1992 in Bosnien und Herze-
                                              verlegte im Sommer 1991 mehr als      gowina heftige Kämpfe aus, die
                                                 7.500 Soldaten, zahlreiche Fahr-   bis 1995 dauerten. In weiterer
                                                       zeuge und Gerätschaften in   Folge kam es von 1998 bis 1999
                                                          den Süden Österreichs.
                                                                                    zum Kosovokrieg, bei dem im Rah-
                                                                                    men der „Operation Allied Force“
                                                                                    auch die NATO mit zahlreichen
                                                                                    Luftangriffen aktiv in das Kampf-
                                                                                    geschehen eingriff.

                                                                                    Während der Jugoslawienkriege
                                                                                    kam es aufseiten der unterschied-
                                                                                    lichen Kriegsparteien zu Massen-
                                                                                    vertreibungen, ethnischen
                                                                                    Säuberungen, Massakern und
                                                                                    umfangreichen Zerstörungen.
                                                                                    Schätzungen zufolge mussten
                                                                                    bei den Kämpfen mindestens
                                                                                    120.000 Menschen (Zivilisten
                                                                                    und Soldaten) ihr Leben lassen.
                                                                                    Die verübten Kriegsverbrechen
                                                                                    beschäftigten noch Jahre später
                                                                                                                           Fotos: Bundesheer

                                                                                    den Internationalen Strafgerichts-
                                                                                    hof in Den Haag.

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Interessierte Bevölkerung Die Soldaten des Bundesheeres wurden vor Ort von der Bevölkerung freundlich empfangen – im Bild zu sehen
Kürassier-Jagdpanzer in Bad Radkersburg.

nien. Im Einsatz befanden sich da-              zer standen im Mittelpunkt des                   sonen zurückverlegt. Offiziell been-
mals die Landwehrstammregimen-                  Interesses. Die überfliegenden                   det wurde der Sicherungseinsatz
ter 71, 72 und 73 (Kärnten) sowie               Draken-Abfangjäger, die an der                   dann am 31. Juli. Um trotzdem
52 und 53 (Steiermark), außerdem                Grenze patrouillierten, wurden                   jederzeit auf mögliche Konfliktver-
Teile der 3. Panzergrenadierbrigade,            in Österreich nach einer Luftraum-               schärfungen reagieren zu können,
des Jagdpanzerbataillons 7, des                 verletzung einer jugoslawischen                  wurden ab 1. August eine Jagdpan-
Jagdpanzerbataillons 4 und des                  MiG-21 laut beklatscht.                          zerkompanie für den Bereich der
Versorgungsregiments 2 aus Graz                                                                  Steiermark und eine Jägerkompa-
sowie Einheiten der Militärakade-               Nachdem sich die Lage in Slowe-                  nie in Kärnten weiter bereitgehalten
mie und des Pionierbataillons 2                 nien rasch wieder beruhigte begann               und die Patrouillentätigkeit an der
aus Villach. Ergänzt wurden diese               das Bundesheer am 9. Juli mit der                Grenze und in der Luft fortgeführt.
Truppen durch Kräfte des Fliegerab-             Rückverlegung erster Kräfte. Vor
wehrbataillons 2 aus Zeltweg und                allem die schweren motorisierten                 Der Kommandant der eingesetzten
der 4. Panzergrenadierbrigade aus               Einheiten wurden in ihre Garniso-                Verbände, General Eduard Fally,
Wels. Die Akzeptanz für den Einsatz             nen zurückverlegt. Drei Wochen                   zeigte sich in der Nachbetrachtung
und die sichtbare Präsenz des Hee-              später war dann auch für die übri-               mit dem Einsatz und dessen Ablauf
res war in der Bevölkerung von An-              gen Verbände der Einsatz wieder                  durchaus zufrieden. Viele der
fang an groß. Die Soldaten wurden               vorbei, wurden die letzten einge-                Soldaten hatten erst drei Ausbil-
überaus freundlich empfangen, Pan-              setzten Kräfte in ihre Stammgarni-               dungsmonate hinter sich

                                                                                                                       UNSERHEER
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Luftraumüberwachung Während des Sicherungseinsatzes führten Saab-Draken und Saab-105Ö verstärkt Überwachungsflüge durch. Dafür wurde auch
                   scharfe Munition geladen.

                   und waren „zehn Tage hautnah mit-                1991 zusätzlich eine ganze Reihe                 „Vom liebsten Feind zum guten
                   ten im Geschehen“. Insgesamt wa-                 anderer Einsätze zu bewerkstelligen              Freund“ schrieb der Kurier, in der
                   ren 7.650 Mann mit 1.400 Räder-                  hatte: So standen rund 2.000 Sol-                Krone lautete eine Schlagzeile
                   und 170 Ketten- sowie 62 Luftfahr-               daten im Assistenzeinsatz an der                 „Notwendige Armee“ – in Anspielung
                   zeugen präsent. Das Ziel, ein Über-              ungarischen Grenze und versahen                  auf die kurz zuvor noch diskutierte
                   greifen der Kampfhandlungen zu                   etwa 1.000 Mann Dienst im Rah-                   Bundesheer-Abschaffung. Die Presse
                   verhindern und die Bevölkerung zu                men diverser UN-Missionen. Weite-                titelte gar „Ein Wunder namens
                   beruhigen, sei erreicht worden, so               re 200 Heeresangehörige befanden                 Bundesheer“ und schrieb: „Mitten
                   Fally. Der General führte die pro-               sich im Iran, wo das Heer begin-                 in Europa hat sich gezeigt, wie we-
                   blemlose Abwicklung des Siche-                   nend mit Anfang Mai 1991 bis                     nig berechenbar die Zukunft ist. Die
                   rungseinsatzes auch darauf zurück,               Ende Juli desselben Jahres ein                   Tatsache, dass sich buchstäblich
                   dass der Krisenfall seitens des                  Feldspital betrieb. Dazu kam nach                vor unserer Haustür ein veritabler
                   Heeres unter dem Titel „OpFallYU“                verheerenden Regenfällen noch ein                Krieg abspielt, hat Konsequenzen.
                   bereits seit 1987 „in Bearbeitung“               Katastrophenhilfseinsatz zur Bewäl-              Die Landesverteidigung mit allen
                   gewesen sei: „Es war alles durch-                tigung des Hochwassers in der                    ihren Facetten hat ganz plötzlich
                   dacht, wir sind nie in Verlegenheit              Wachau und im Laabental.                         wieder ihren berechtigten Vorrang:
                   gekommen.“                                                                                        Wer heute noch von einer Abschaf-
                                                                    All diese Einsätze brachten dem                  fung des Bundesheeres spricht,
                   Dies ist umso bemerkenswerter,                   Bundesheer große Anerkennung der                 läuft Gefahr, politisch entmündigt
                   als das Bundesheer im Sommer                     Bevölkerung und in den Medien:                   zu werden.“
Foto: Bundesheer

                   Impressum: Amtliche Publikation der Republik Österreich / Bundesministerium für Landesverteidigung. Medieninhaber, Herausgeber und
                   Hersteller: Republik Österreich / Bundesministerin für Landesverteidigung, BMLV, Roßauer Lände 1, 1090 Wien. Erscheinungsjahr: 2021.
                   Druck: Heeresdruckzentrum 18-101010100.

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