Urogenitalinfektionen mit Chlamydia trachomatis
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DIAGNOSTIK + THERAPIE INFEKTIONEN IN GYNÄKOLOGIE UND GEBURTSHILFE Schrifttum beim Enzymimmunoassay (EIA) die Sensitivität 65–95% und Urogenitalinfektionen mit die Spezifität 92–100%. Im Vergleich dazu weniger günstig sind die Para- meter des Immunfluoreszenztests, der Chlamydia trachomatis stark den subjektiven Faktoren Ent- nahmetechnik und Untersucher un- Udo B. Hoyme terliegt. Bei beiden Testprinzipien muss im Übrigen mit einem erhebli- Chlamydien sind die am häufigsten vorkommenden sexuell chen Anteil falsch positiver, aber auch übertragbaren Keime in Deutschland. Infektionen mit diesen falsch negativer Resultate gerechnet Bakterien erhöhen beträchtlich das Risiko für Extrauteringravi- werden, vor allem infolge zu gerin- dität und Sterilität. Eine Therapie mit systemisch verabreich- ger Partikelzahl in der Untersu- ten Antibiotika ist Erfolg versprechend. chungsprobe oder zu geringer Anti- gendiskrimination durch den Testan- Chlamydien sind obligat intrazellulä- mit geeigneten, zum Teil speziellen tikörper z.B. gegenüber Staphylo- re Bakterien, die als infektiöse Ele- Watteträgern (optimal: Kalziumalgi- coccus aureus (19). mentarkörperchen extrazellulär oder nat) Abstriche aus dem Zervikalkanal als nicht infektiöse (jedoch meist me- gewonnen. Von Bedeutung ist die Be- Eine neue Nachweisqualität der DNA- tabolisch aktive) Retikularkörperchen reitstellung des adäquaten Trans- Sonde (DNA-Hybridisierung) wurde in Endosomen der Wirtszelle vorkom- portmediums. Nach Entfernung des durch die Entwicklung der PCR erreicht men und dieser ATP entziehen. Sie Spekulums können die urethralen Ab- (16). Hier beträgt die Sensitivität sind somit Energieparasiten. Ein neu- striche nachgeholt werden, wenn die theoretisch 100% bei ausgesprochen er Taxonomievorschlag unterteilt das vaginale Exploration zwischenzeitlich hoher Spezifität. Eine ungünstige Be- Genus Chlamydiaceae u.a. in Chlamy- eine Indikation ergab. einflussung der Testparameter ist aber dia (C.) trachomatis, C. muridarum, C. wegen der Anfälligkeit gegenüber Ver- suis sowie Chlamydophila (Cp.) psit- Der rasche, praktikable, zuverlässige unreinigungen im Untersuchungsab- taci, Cp. abortus, Cp. caviae, Cp. fe- und zugleich kostengünstige Nach- lauf möglich. Hinsichtlich der Chla- lis, Cp. pecorum und Cp. pneumoniae weis von Chlamydia trachomatis ist mydien-LCR (Ligase-Kettenreaktion) sowie weitere Genera (wie Simkania weiterhin problembeladen, wobei bis bzw. ihrer Wertigkeit und kontinuier- und Waddlia), deren medizinische Be- zum heutigen Tag bei den praxisbe- lichen Verfügbarkeit auf dem Markt deutung noch unklar ist. währten Verfahren wie Zellkultur oder ist eine eindeutige Aussage zur Zeit Enzymimmunoassay zellreiches Pro- nicht möglich, nachdem eine Zu- Chlamydia trachomatis ist der am häu- benmaterial unabdingbare Voraus- rücknahme wegen nicht reproduzier- figsten vorkommende sexuell über- setzung ist (9, 24). Für die Polyme- barer Testergebnisse im Jahre 2002 tragbare Mikroorganismus in Deutsch- rasekettenreaktion (PCR) trifft diese erfolgte. land. Als genitale Chlamydieninfek- Maxime nicht zu. tion wird unabhängig vom klinischen Die erwähnten Testcharakteristika Sen- Erscheinungsbild primär die Koloni- In der Diagnostik ist EIA sitivität und Spezifität müssen im Üb- sation der Eintrittspforten Cervix ute- besser als Zellkultur rigen so interpretiert werden, dass mit ri und/oder Urethra, die somit als Ausnahme der Zellkultur bei jedem Keimreservoire fungieren, mit Chla- Für die Zellkultur gilt, dass sie mit 60 Verfahren falsch positive oder, wie bei mydia trachomatis vom Serotyp D-K bis 70(–95)% eine mäßige Sensitivi- allen Nachweismethoden, falsch ne- bezeichnet. Eine gesetzliche Melde- tät bei hoher Spezifität aufweist (17), gative Befunde auftreten können. Ge- pflicht besteht nicht, wird aber dis- für die tägliche Praxis aber wegen ih- ben Anamnese oder Klinik Anlass zu kutiert. res erheblichen technischen und lo- Zweifel an der Diagnose, so muss un- gistischen Aufwandes wenig geeig- bedingt mit einem alternativen Test- Chlamydiennachweis net ist (5, 6, 18). verfahren gegenkontrolliert werden, aus der Cervix uteri auch unter dem forensischen Aspekt. In den letzten Jahren ist eine Reihe Chlamydia trachomatis wird in der von alternativen, preiswerten und Serologie in der Akut- Frauenheilkunde typischerweise im ausreichend zuverlässigen Antigen- diagnostik ohne Bedeutung Zusammenhang mit der Abklärung des nachweismethoden (s. Tab. 1) entwi- Fluor genitalis bzw. einer Zervizitis ckelt und eingeführt worden: Bezo- Der zytologische Chlamydiennach- bei der gynäkologischen Untersu- gen auf die klassische Referenzme- weis ist entgegen anders lautenden chung nachgewiesen. Dabei werden thode Zellkultur betragen so im Berichten keinesfalls spezifisch oder 339 FRAUENARZT n 48 (2007) n Nr. 4 339
DIAGNOSTIK + THERAPIE Methoden zum Nachweis von Chlamydien Methode Sensitivität Spezifität Bewertung Sonstiges Gewebekultur 40–85% 100% relativ aufwändig, „Goldener Standard“ evtl. mehrere Passagen Immunfluoreszenz- 50–90% >95% subjektive Faktoren falsch negativ bei niedriger mikroskopie (IFT) erheblich AG-Konzentration; falsch positiv bei unspezifischer AK-Bindung Enzymimmunoassay 0–100% >99% praktikabel, objektiv falsch positiv/negativ analog IFT (EIA) höher bei blockierenden AK DNS-Hybridisierung 60–93% 83–93% praktikabel, objektiv falsch negativ analog IFT; Amplifikation falsch positiv bei hoher DNS- durch PCR! Dichte (z.B. bei bakterieller Vaginose, Kolpitis) Polymerase- 56–100% >99% praktikabel, objektiv störanfällig durch Verunreinigung; Kettenreaktion (PCR) aufwändig hinsichtlich falsch negative Befunde nahezu Logistik und Kosten ausgeschlossen Tab. 1: Charakteristika der direkten Nachweisverfahren für Chlamydia trachomatis aus der Cervix uteri. sensitiv, auch nicht unter Berück- selbst klinisch nicht mehr bedeut- Während für die Effizienz eines indi- sichtigung zusätzlicher spezieller same Kolonisationen nachzuweisen zierten Screenings neben den ge- Kriterien (6, 20). Eine vergleichba- vermögen und damit in gewissem nannten Aspekten auch die Prävalenz re Unsicherheit besteht bei der Chla- Sinne in die Irre führen können. Die in der untersuchten Population von mydienserologie, die in der Frauen- wissenschaftliche Datenlage und Dis- Bedeutung ist, sollte sich die Ent- heilkunde epidemiologischen und kussion zur PCR im Screening erlau- scheidung für eine gezielte Untersu- wissenschaftlichen Fragestellungen ben bislang keine fundierte Ent- chung auf die folgenden Kriterien dient, in der Akutdiagnostik jedoch scheidung. gründen: ohne Bedeutung geblieben ist. Im n Patientin 24 Jahre oder jünger, Übrigen schließt auch ein negati- n neuer Sexualpartner, n abnormer zervikaler Ausfluss, Praktische Aspekte ves serologisches Resultat eine u.U. n zervikale Blutung beim Abstrich, der Diagnostik frühe Infektion nicht sicher aus (19). Für die Praxis dürfte die Entschei- n mehrfacher Partnerwechsel beim dung für ein Testverfahren von den derzeitigen Partner und Im Fazit gilt weiterhin folgerichtig lokalen Gegebenheiten bzw. dem An- n keine Anwendung von Barriere- für das Chlamydienscreening in der gebot des Referenzlabors abhängig methoden zur Kontrazeption. Schwangerschaft, dass gemäß den sein. In der Regel wird ein zellrei- Damit können etwa 85 bis 90% aller Empfehlungen in erster Linie ein EIA cher Abstrich aus der Zervix, der Ure- chlamydienpositiven Patientinnen er- oder die DNA-Hybridisation, in zwei- thra, den Fimbrien oder der Kon- fasst werden (9). ter Linie der IFT unter Berücksichti- junktiva zum Einsatz kommen. Bei gung aller Störfaktoren das Optimum hoher Keimkonzentration ergeben Infektionen in der darstellen (10, 18). Eine PCR sowie sich bei keinem der beschriebenen Gynäkologie (mit Einschränkung) die Kultur die- Verfahren wesentliche Erkennungs- nen derzeit der Bestätigung oder dem probleme, anders jedoch bei niedri- Fluordiagnostik ist primär stets die Ausschluss der Infektion bei Zweifel gen Konzentrationen, wie sie für Bewertung eines Symptoms, bei dem am Ergebnis des zum Screening ein- chronische Infektionen typisch sind. ätiologisch die Infektion der Cervix gesetzten Verfahrens. Dies ist u.a. Hier dürfte in der Zukunft auch die uteri dominieren kann und gegebe- mit der Kostensituation und -er- Domäne der PCR liegen, eventuell nenfalls auf Chlamydien abgeklärt stattung begründet, aber auch da- selbst bei der Analyse von weiblichen werden sollte, das aber in der Diffe- mit, dass hochsensitive Verfahren Harnproben. renzialdiagnostik auch unter dem Ge- 340 FRAUENARZT n 48 (2007) n Nr. 4
DIAGNOSTIK + THERAPIE Algorithmus Symptom (!) Fluor genitalis Abb. 1: Algorithmus Symptom (!) Fluor genitalis nach Hoyme/Mendling 2004. FRAUENARZT n 48 (2007) n Nr. 4 341
DIAGNOSTIK + THERAPIE sichtspunkt der Karzinomfrüherken- dometritis und auch mit einer Salpin- ergeben. Aus diesem Grund muss die nung, der Hormonsituation, der Dis- gitis assoziert ist, bei Chlamydien et- mikrobiologische Diagnostik in zeit- position und der psychosomatischen wa im Verhältnis 1:10. Bei positivem gemäßen Untersuchungen auf laparo- Reaktion Berücksichtigung finden Chlamydiennachweis, der als Risiko- skopisch unter visueller Kontrolle ge- muss. Auch zytologische Bewertun- marker gilt, sollten auch die Partner- wonnenen intraabdominalen Proben gen als Atypien oder dysplastische diagnostik sowie neben der Diagnos- beruhen (s. Abb. 2) (10). In der Pra- Veränderungen des Zervixepithels wur- tik auf Neisseria gonorrhoeae und Her- xis besteht im Übrigen häufig eine Dis- den gehäuft im Zusammenhang mit pes-simplex-Virus die serologische Un- krepanz zwischen den mikrobiologi- Chlamydieninfektionen gefunden (6). tersuchung zum Nachweis von Syphilis, schen Befunden von der Zervix/Ure- Eine karzinogene Wirkung von Chla- Hepatitis B und HIV veranlasst wer- thra und denen von den Eileitern: Chla- mydien ist allerdings nicht belegt. den (9). Im Übrigen ist die Salpingi- mydien, die in der Zervix nicht tis in den westlichen industrialisier- nachweisbar sind, können durchaus in In der Fluordiagnostik ist es essen- ten Staaten ausgesprochen selten ge- hoher Prävalenz von den Tuben iso- ziell, das zum Symptom Ausfluss füh- worden, sodass aktuelle zahlenstarke liert werden (s. Tab. 2). Dies spricht rende Syndrom zu erkennen. In die Untersuchungen nicht vorliegen. Als für das Konzept, sowohl zervikale und Bewertung gehen Ausflusscharakter, Ursache für dieses Phänomen werden urethrale Abstriche als auch Tubenab- vaginaler pH-Wert, Geruchstest und u.a. die intensivierte allgemeine STD- striche auf Chlamydien und Gonokok- Nativmikroskopie ein. So genannte bzw. spezielle HIV-Prävention, die ver- ken zu untersuchen, um die Isolati- Suchkulturen haben keine diagnosti- mehrte Aufklärung sowie angepasste onsrate zu erhöhen bzw. aufgestiege- sche Relevanz, da sie den Nachweis Antibiotikaregime diskutiert. ne und nicht mehr die Zervix betref- der anspruchslosesten, am schnells- fende Infektionen sicher zu erfassen. ten wachsenden Bakterienarten er- Tubar-Abstrich per geben und im Prinzip die erwartete Laparoskopie Der zweifelsfreie Nachweis der Sal- normale Flora des Mundes, des Dar- pingitis ist derzeit nur durch die La- mes und der Haut widerspiegeln. The- Der Erregernachweis bei der Salpingi- paroskopie gewährleistet (12, 25), und rapeutisch ist dies nicht von Rele- tis ist problematisch, da die Gewin- zwar anhand der folgenden Kriterien: vanz, es sei denn, es handelt sich um nung repräsentativer Proben den di- n Hyperämie der Tubenserosa; einen durch den Geschlechtsverkehr rekten Zugang zu den Eileitern erfor- n Ödem der Tubenwand; übertragenen Erreger, im Wesentli- dert bzw. Zervixproben im Wesentli- n Exsudat auf der Tubenserosa bzw. chen also um Chlamydien oder Go- chen den Nachweis von Standortflora aus den Ostien hervorquellend (12). nokokken. Die Orientierung am Syn- drom erlaubt anders betrachtet aber geradezu die Vorhersage der vorherr- schenden Erregerarten, die bei dieser Vorgehensweise durch die gewählte adäquate Therapie regelhaft erfasst werden (s. Abb. 1 auf S. 341). 90% der Urethra-Infektionen bleiben symptomlos Das Erscheinungsbild der Chlamy- dieninfektion reicht vom typischen mukopurulenten Ausfluss aus der Cer- vix uteri bis zur unspezifisch wirken- den Zervizitis und völlig asymptoma- tischen Verlaufsformen. Chlamydien- infektionen betreffen häufig auch die Urethra, wobei über 90% aller Frau- en asymptomatisch sind; andernfalls wird über Harndrang, Pollakisurie und Dysurie (Urethralsyndrom) geklagt (9). Bei allen Formen der bakteriell be- dingten Zervizitis muss bedacht wer- Abb. 2: EndoSwab (Merete Medical GmbH, Berlin) zur laparoskopischen Entnahme von den, dass diese häufig mit einer En- Abstrichproben. 342 FRAUENARZT n 48 (2007) n Nr. 4
DIAGNOSTIK + THERAPIE Für die Laparoskopie spricht außer- dem, dass nur mit ihrer Hilfe eine kor- Chlamydia trachomatis bei Salpingitis-Patientinnen rekte und zumindest in wissenschaft- lichen Untersuchungen unerlässliche Erfurt Brihmer Brunham Hoyme Einstufung des Schweregrades der Er- 2006 1989 1988 1989 krankung möglich ist. Hinzu kommen n 281 64 38 71 die Gewinnung der repräsentativen mi- Zervix 33+4* 36 4 11 krobiologischen Probe sowie evtl. der Urethra 4** n.d. n.d. 10 Einstieg in die chirurgische Therapie. Eileiter 58 12 2 8 nur Eileiter 27+13* 0 1 3 Der klinische Verlauf einer Chla- Summe 77 36 5 17 mydien-Salpingitis erscheint meist * Tubenabstrich ausschließlich Cervix uteri gegenübergestellt, keine urethralen Proben ** zervikale und urethrale Proben, Fälle nur in 1994/95 ausgesprochen gutartig und symp- tomarm. Bezüglich des möglichen morphologischen Grades der Tuben- Tab. 2: Wenn in der Zervix keine Chlamydien gefunden wurden, kann das Bakterium oft dennoch in den Tuben nachgewiesen werden. schädigung bestehen dagegen offen- sichtlich keine Unterschiede zwischen Die hohe Prävalenz von Chlamydien- Akutsituation gilt die Chlamydiense- Chlamydien- und sonstigen Infektio- antikörpern bei tubarer Sterilität oder rologie geradezu als „malpractice“. nen. Die Symptomarmut der Chlamy- ektoper Gravidität belegt die Bedeu- dieninfektion stellt ein klinisches Di- tung des Erregers in der Ätiologie die- Infektionen in der lemma dar: Einerseits weisen nur 30 ser Komplikationen. Andererseits wei- Schwangerschaft bis 60% aller Frauen, bei denen eine sen gerade Patientinnen mit Chlamy- Salpingitis klinisch diagnostiziert wur- dienantikörpern eine in Bezug auf Chlamydia trachomatis ist ein das prä- de, diese Erkrankung auch bei lapa- Salpingitis leere Anamnese auf, was und peripartuale Risiko erhöhender Fak- roskopischer Kontrolle wirklich auf hypothetisch mit dem subklinischen tor. Häufig treten die Infektionen erst (25), andererseits gilt in Umkehrung, Verlauf der Erkrankung bei gleichzei- nach der Entlassung aus der Klinik in dass bei anders lautenden klinischen tig erheblicher Schädigung der Tu- Erscheinung, so dass der Zusammen- Diagnosen erst die Laparoskopie die benmukosa erklärt werden kann (25). hang mit der Geburt verkannt wird. Entzündung erkennen lässt (s. Tab. Es darf aber keinesfalls aus dem Vor- 3). Von den Spätfolgen sind neben liegen entsprechender Antikörper mit Die Kolonisation der Cervix uteri be- der Rezidivneigung und den chroni- letzter, die Patientin bzw. das Paar dingt neben der Gefährdung des Neu- schen Schmerzzuständen die Auswir- erheblich belastender „Sicherheit“ da- geborenen für die Mutter die Dispo- kungen auf die Fertilität wesentlich. rauf geschlossen werden, dass eine sition zur Chorioamnionitis sub par- So ist das Risiko einer Extrauterin- tubare Sterilität auch wirklich durch tu sowie dann im Wochenbett zur so- gravidität nach einer Salpingitis um Chlamydien bedingt ist; auch an- genannten späten postpartualen das 7- bis 10-Fache erhöht. Die Rate derswo lokalisierte Chlamydieninfek- Endometritis. Hier sind im Gegensatz der tubaren Sterilität beträgt zwi- tionen führen zu vergleichbaren Se- zum gewöhnlich milden klinischen schen 6 und 70% (24). rokonversionen. In der Bewertung der Verlauf – vergleichbar der Endome- tritis-Salpingitis bei der nicht- schwangeren Frau – die morphologi- Differenzialdiagnose der klinisch vermuteten/diagnostizier- schen Veränderungen schwerwiegend, ten Salpingitis und laparoskopische Bewertung (n=979) zumal sie ebenfalls zur sekundären laparoskopische Diagnose % tubaren Sterilität führen bzw. auch Jacobson & eine Disposition zur Extrauteringra- Erfurt 2006 Weström, 1969 vidität begründen können (24). akute Salpingitis, TOA 28,7 65,4 Normalbefund 19,1 22,6 Trotz weiterhin widersprüchlicher Un- akute Appendizitis 3,3 2,9 tersuchungsergebnisse gelten ge- Endometriose 12,3 2,0 häuftes Auftreten von vorzeitigem Bla- Corpus-luteum-Zyste (Einblutung) 13,0 1,5 sensprung, Chorioamnionitis, Frühge- chronische Salpingitis 6,2 0,7 burt, niedrigem Geburtsgewicht und Adhäsionen 17,5 – eine damit erhöhte perinatale Morbi- Verschiedenes – 4,9 dität und Mortalität als gesichert (13, 14). Bei der Geburt kommt es infolge Tab. 3: Die Laparoskopie ergibt nicht selten ein deutlich anderes Bild als die klinische der Infektion der Cervix uteri zur Über- Untersuchung. tragung auf das Kind; bei 18–50% der FRAUENARZT n 48 (2007) n Nr. 4 343
DIAGNOSTIK + THERAPIE Fälle tritt eine Einschlusskörperchen- Die Chlamydieninfektion wird in der schluss der 14. SSW begonnen werden. konjunktivitis und bei 11–18% eine unkomplizierten Form mit Tetracy- Es wird empfohlen, den Therapieerfolg atypische Pneumonie auf; Otitis me- clin oder Doxycyclin über mindestens durch eine Kontrolle drei bis vier Wo- dia und Infektionen des Nasopharynx zehn Tage behandelt (21). Ver- chen nach Behandlungsende sicherzu- wurden ebenfalls beobachtet (2, 7, 9, gleichbar wirksam, von der Compli- stellen. Die adäquate Behandlung der 11, 22). Bei Neugeborenen wird am ance überlegen, aber auch teuerer, Chlamydieninfektion in der Schwan- 5.–11. Lebenstag eine zunächst meist sind Roxithromycin und das als Ein- gerschaft erfolgt gemäß den CDC-Guide- einseitige, nach weiteren 2–7 Tagen maltherapie einsetzbare Azithromy- lines (3) auch mit Azithromycin 1 g als häufig beidseitige mukopurulente, ge- cin (s. Tab. 4). Einmaldosis (3, 23), auch Amoxicillin legentlich hämorrhagische konjunk- 3 x 500 mg p.o. für sieben Tage ist ver- tivale Sekretion mit einem deutlichen Für Deutschland hat eine entsprechende gleichbar aktiv. Die Partnertherapie ist Lidödem beobachtet. Normalerweise Kommission der DGGG für die Schwan- stets obligat. entstehen keine Bindehaut- oder gar gerschaft aufgrund guter Wirksamkeit Hornhautnarben (2, 9). und Verträglichkeit die Therapie mit Die Empfehlungen gelten sinngemäß Erythromycinethylsuccinat oral 4 x 800 auch für die Therapie im Wochenbett In Bewertung der beschriebenen Ge- mg für mindestens sieben Tage emp- bzw. in angepasster Dosierung beim fährdungssituation wurde bereits 1992 fohlen, daneben steht Erythromycin- erkrankten Neugeborenen (40 bis 60 von der Deutschen Gesellschaft für base 4 x 500 mg für ebenfalls sieben mg Erythromycin pro kg Körperge- Perinatale Medizin und der Deutschen Tage. Bei Unverträglichkeit kann die wicht und Tag für 14 Tage). Die nach- Gesellschaft für Gynäkologie und Ge- Dosis halbiert und die Einnahmezeit träglich erkannte Exposition des Kin- burtshilfe mit Hilfe einer von der Stan- entsprechend verlängert werden (1, 3). des unter der Geburt stellt keine In- dardkommission „Infektionen in der Erythromycinestolat ist im Übrigen we- dikation zur Therapie dar, muss aber Perinatalen Medizin“ erarbeiteten ge- gen seiner Lebertoxizitiät in der dem Neonatologen mitgeteilt werden meinsamen Stellungnahme ein Scree- Schwangerschaft kontraindiziert. Die und Anlass zu gezielter Überwachung ning auf Chlamydien in der Schwan- Behandlung sollte möglichst unmit- sein (4). Die Kontrolle sollte frühes- gerschaft bei Erstuntersuchung telbar nach der Diagnosestellung, aus tens 48 Stunden nach Abschluss der empfohlen (10, 18). Darauf hat der Sicherheitsgründen aber nicht vor Ab- Therapie erfolgen (3, 10). Bundesausschuss der Ärzte und Kran- kenkassen mit der Änderung der Mut- terschaftsrichtlinien vom 22. Novem- Antibiotische Therapie der Chlamydieninfektion ber 1994 in adäquater Weise reagiert: n Azithromyzin* p.o. 1 g single dose n Doxycyclin p.o. 2 x 100 mg für 7d Seit dem 1.4.1995 ist das Screening auf Chlamydien in der Schwanger- schaft obligat, abrechenbar und auf- n Erythromycin-Base** p.o. 4 x 500 mg für 7d grund zahlreicher zur Verfügung ste- n Erythromycin-Ethylsuccinat** p.o. 4 x 800 mg für 7d hender diagnostischer Tests auch weit- n Ofloxacin p.o. 2 x 300 mg für 7d gehend praktikabel. Es soll bei der ers- n Levofloxacin p.o. 1 x 500 mg für 7d ten Schwangerschaftsuntersuchung * auch in graviditate (Amoxicillin p.o. 3 x 500 mg 7d) ** auch in graviditate (evtl. halbe Dosis für 14d) und bei sich zusätzlich stellender In- dikation in der 30. bis 34. SSW nach Information und Einverständnis vor- Tab. 4: Behandlung der Infektion mit Chlamydia trachomatis (Sexually Transmitted Diseases genommen werden. Die Abstriche von Treatment Guidelines 2006). Cervix uteri und Urethra können für die Gewebekultur, den EIA, die DNA- Antibiotische Therapie bei Salpingitis/PID Hybridisierung sowie für Amplifikati- onsverfahren aus Ersparnisgründen n Cefotetan/Cefoxitin i.v. plus Docycyclin p.o./i.v. gepoolt werden, beim IFT sind zwei n Clindamycin i.v. plus Gentamicin i.v. n Levofloxacin/Ofloxacin i.v. (plus Metronidazol i.v.) Objektträger anzulegen (10). n Ampicillin/Sulbactam i.v. plus Doxycyclin p.o. n Levofloxacin/Ofloxacin p.o. (plus Metronidazol p.o.) Therapie der Chlamydieninfektion n Cetriaxon i.v. (s.d.) plus Doxycyclin p.o. (plus Metronidazol p.o.) In der Therapie kann aufgrund der n Cefoxitin i.m. (s.d.) plus Doxycyclin p.o. (plus Metronidazol p.o.) dargestellten adäquaten Diagnostik gezielt und damit kosteneffizient vor- Tab. 5: Antibiotika bei Salpingitis und Pelvic Inflammatory Disease (Sexually Transmitted gegangen werden. Diseases Treatment Guidelines 2006). 344 FRAUENARZT n 48 (2007) n Nr. 4
DIAGNOSTIK + THERAPIE Im Zusammenhang mit der Chlamy- nen, dass die nachgewiesenen Anti- 15. Martin DH, Gottschalk SB, Schuth CR et al.: Erythromycin vs. silver nitrate for dieninfektion steht die Beibehaltung gen- bzw. DNA-Strukturen trotz be- newborn ocular prophylaxis. Annual Mee- der Blenorrhoeprophylaxe (3, 11), die reits abgestorbener Chlamydien noch ting Infectious Disease Society for Obste- trics and Gynecology, 3–5 August 1989, weiterhin von den zuständigen Fach- nicht resorbiert sind. Quebec City, Quebec, Canada. verbänden in Deutschland als Stan- 16. Pao CC, Lin S-S, Yang T-E et al.: Deoxyri- dard of Care erachtet und empfohlen Die Partnerbehandlung ist immer in- bonucleic acid hybridization analysis for the detection of urogenital Chlamydia tra- wird. Die klassische Credé-Prophylaxe diziert, wenn beim jeweiligen Sexu- chomatis infections in women. Am J Obs- mit 1% Silbernitrat darf nicht nur als alpartner Chlamydia trachomatis (oder tet Gynecol 156 (1987) 195. 17. 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