VERKEHRSSICHERHEITSREPORT 2015 - Zukunft aus Erfahrung Strategien zur Unfallvermeidung auf den Straßen Europas - DEKRA Road Safety
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DEKRA Automobil GmbH VERKEHRSSICHERHEITSREPORT 2015 Zukunft aus Erfahrung Strategien zur Unfallvermeidung auf den Straßen Europas Unfallgeschehen: Mensch: Geringeres Fahrzeugtechnik: Zahl der Verkehrs Unfallrisiko durch Noch viele offene toten EU-weit seit Alkohol-Interlocks Fragen vor der mögli 1991 um 65 Pro und optimierte chen Realisierung des zent gesunken Fahrausbildung autonomen Fahrens
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Editorial Der Verkehrssicherheit nachhaltig verpflichtet M D it dem inzwischen achten Europäischen Verkehrssicherheitsreport in Folge setzt EKRA eine Erfolgsgeschichte fort. Die internatio- strengungen aller Beteiligten erforderlich. Denn erklärtes Ziel ist es, dass 2020 in der EU nale Resonanz, die diese Publikation erfährt, ebenso weniger als 16.000 Menschen wie die Tatsache, dass der Report häufig auch seitens bei Verkehrsunfällen ums Le- der Politik sowie von Verbänden und Organisatio- ben kommen. Das ist mit ei- nen zitiert wird, unterstreichen dessen über die Jahre nem prozentualen Rückgang erlangte Reputation. Er ergänzt nachhaltig das von wie von 2012 auf 2013 gerade DEKRA vor inzwischen 90 Jahren begonnene Enga- so zu schaffen – und wird an- gement für die Verkehrssicherheit. gesichts der bisher schon er- zielten Rückgänge auch im- Das Ziel, die Sicherheit auf den Straßen zu ver- mer schwieriger. bessern, haben unsere Gründerväter im Jahr 1925 in unserer Satzung festgehalten. Diesem Ziel sind Im vorliegenden Report wir verpflichtet – nicht nur in Deutschland und Eu- zeigen wir auf, wo unserer ropa, sondern in mehr als 50 Ländern weltweit, in Ansicht nach die größten Po- Dipl.-Ing. (FH) Clemens Klinke, Mitglied des V orstands denen DEKRA aktiv ist. So legen wir zum Beispiel tenziale liegen, um dieses Ziel DEKRA SE und Vorsitzender der G eschäftsführung mit der periodischen Fahrzeugüberwachung eben- zu erreichen oder ihm zumin- DEKRA Automobil GmbH so wie mit den zahlreich durchgeführten Crashtests dest so nahe wie möglich zu ganz wichtige Grundsteine für die Verbesserung der kommen. Dies betrifft neben Verkehrssicherheit. Darüber hinaus werden unse- Handlungsfeldern wie präventiven Maßnahmen – re Unfallanalytiker regelmäßig hinzugezogen, wenn darunter etwa Alkohol-Wegfahrsperren – und Ver- es darum geht, die Ursachen von Verkehrsunfällen kehrserziehung, Rettungswesen, Infrastruktur und zu ermitteln. Zugleich sind unsere Sachverständi- Straßenbau sowie Verkehrsüberwachung und Ge- gen auch in zahlreichen nationalen wie internatio- setzgebung insbesondere auch die Fahrzeugtechnik. nalen Gremien als kompetente Gesprächspartner Speziell in diesem Bereich erleben wir seit Jahren geschätzt. eine Entwicklung, die in gar nicht so ferner Zu- kunft die Vision vom autonomen Fahren zur Reali- Dass es im Hinblick auf die weitere Verringerung tät werden lassen könnte. Erst unlängst hat Bundes- der Zahl an Getöteten und Verletzten auf den Stra- verkehrsminister Alexander Dobrindt verkündet, zu ßen noch viel zu tun gibt, zeigen die jährlichen Ver- diesem Zweck auf der Autobahn A 9 eine digitali- kehrsunfallzahlen. Zwar hat sich der positive Trend sierte Teststrecke einzurichten. Dass auf dem Weg in der EU auch 2013 fortgesetzt. Gegenüber 2012 zum autonomen Fahren noch viele Fragen offen sind ging die Zahl der Verkehrstoten um rund 7,3 Prozent und zahlreiche rechtliche Hürden genommen wer- von 28.136 auf 26.073 zurück. Diese Zahl ist aber den müssen, kommt im vorliegenden Report eben- nach wie vor viel zu hoch. Um bis zum Jahr 2020 die falls zur Sprache. Gleichzeitig blicken wir in die von der EU angestrebte nochmalige Halbierung der Vergangenheit zurück und zeigen auf, welche Maß- Zahl der jährlichen Verkehrstoten gegenüber dem nahmen beziehungsweise Entwicklungen für den bis Jahr 2010 zu erreichen, sind also weiterhin große An- heute erreichten Stand von großer Bedeutung waren. 2|3
Inhalt Editorial 3 Der Verkehrssicherheit nachhaltig verpflichtet Dipl.-Ing. (FH) Clemens Klinke, Mitglied des V orstands DEKRA SE und Vorsitzender der G eschäftsführung DEKRA Automobil GmbH Grußwort 5 Verkehrssicherheit im Zeichen von Mobilitätswandel und digitaler Vernetzung Alexander Dobrindt (MdB), Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur 90 Jahre DEKRA 6 Auf dem Weg in eine sichere Welt DEKRA hat 2015 allen Grund zum Feiern: Seit 90 Jahren sorgen unsere Experten für Sicherheit. Dieser Verkehrssicherheitsreport zeigt, dass dabei bis heute Kraftfahrzeuge und die Straßenverkehrssicherheit eine zentrale Rolle spielen. Einleitung 8 Weniger Unfalltote und Verletzte dank konsequenter Sicherheitsmaßnahmen Verkehrssicherheitsarbeit, das zeigen die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte immer wieder aufs Neue, kann keine Eintagsfliege sein, sondern ist nur als permanenter Prozess erfolgreich. Dass insbesondere in Europa die Zahl der bei Verkehrsunfällen Getöteten und Verletzten seit Jahrzehnten sinkt, ist vor allem dem Zusammenspiel technischer, organisatorischer und infrastruktureller Maßnahmen zur präventiven Unfallvermeidung und Unfallfolgenminderung zu verdanken. Unfallgeschehen 18 Auf gutem Weg – aber längst nicht am Ziel Grundsätzlich könnte der Trend positiver kaum sein: Fast überall in Europa ist die Zahl der Verkehrstoten in den vergangenen Jahrzehnten gesunken. Und das, obwohl der Fahrzeugbestand und das Straßenverkehrsaufkommen stark zugenom- men haben. Allerdings werden noch lange nicht alle Unfallvermeidungspotenziale ausreichend genutzt. Unfallbeispiele/ 28 Fahrzeuggenerationen im Vergleich Crashtests Sechs ausgewählte Fälle Faktor Mensch 34 Mehr Verantwortungsbewusstsein am Steuer! Das Fehlverhalten von Fahrzeugführern ist nach wie vor die häufigste Unfallursache. Neben nicht angepasster Geschwindigkeit, riskanten Überholvorgängen oder Vor- fahrtmissachtung passieren viele Unfälle auch durch Fahren unter Alkoholeinfluss. Für Letzteres könnte der Einsatz sogenannter Alkohol-Interlocks Abhilfe schaffen. Auch öffentlichkeitswirksame Kampagnen und nicht zuletzt die konsequente Weiter entwicklung des Fahrerlaubniswesens sind wichtige Beiträge zu mehr Sicherheit. Fahrzeugtechnik 48 Autofahren ohne Fahrer? Während in den klassischen Sicherheitsbereichen die Potenziale weitgehend aus- geschöpft zu sein scheinen, bieten moderne Fahrerassistenzsysteme noch vielfältige Möglichkeiten, um Unfälle zu vermeiden oder ihre Folgen abzumildern. Infrastruktur 62 Schnelle Hilfe und verständliche Regeln Neben fahrzeugspezifischen Systemen spielt zur Erhöhung der Verkehrssicherheit auch die Infrastruktur eine ganz entscheidende Rolle. Mit dem Ausbau und Unterhalt von Straßen beziehungsweise der Sicherung mit entsprechenden Schutzeinrichtungen ist es dabei nicht getan. Optimierungspotenzial bieten auch das Rettungswesen und die möglichst EU-weite Vereinheitlichung der Verkehrsregeln. Fazit 68 Zukunft verkehrssicher gestalten Verkehrssicherheitsarbeit, das haben die verschiedenen Kapitel in diesem Report nachhaltig gezeigt, ist keine Eintagsfliege, sondern ein ständiger Prozess. Unseren heutigen Status quo insbesondere rund um die Fahrzeugsicherheit verdanken wir letztendlich der über die Jahrzehnte konsequent vorangetriebenen Weiterentwick- lung teilweise bahnbrechender Ideen. Ansprechp artner 70 Noch Fragen? Ansprechpartner und Literaturverweise für den DEKRA Verkehrssicherheitsreport 2015 IMPRESSUM DEKRA Verkehrssicherheitsreport 2015 – Zukunft aus Erfahrung Herausgeber: Verantwortlich für Realisation: ETMservices, ein Geschäfts Bildnachweis: Atelier Busche: Seite 1; Daimler und Benz Stiftung: 1; A. DEKRA Automobil GmbH den Herausgeber: bereich der EuroTransportMedia Berg: 11; K. Bergman: 37; W. Blaube: 65; BMVI: 5; BMW: 12, 50; Daim- Stephan Heigl Verlags- und Veranstaltungs-GmbH ler: 9, 10 (2), 12, 13, 14, 17; DEKRA: 6–7, 28–33, 60, 66; Dräger: 38; Handwerkstraße 15 DVR: 42; A. Fischer: 22, 24, 44, 63, 64; Fotolia: 13, 65, 67; F. Frieser: 68; 70565 Stuttgart Handwerkstraße 15, 70565 Stuttgart Getty Images: 72; Google:17, 49; HeERO project coordinated by ERTICO Konzeption/Koordination/ Tel. (07 11) 78 61- 0 www.etmservices.de ITS-Europe: 26; Honda: 15; Imago: 3, 5, 8, 11, 34, 36, 54, 56, 59; Redaktion: Wolfgang Sigloch Fax (07 11) 78 61-22 40 Geschäftsbereichsleiter: Thomas Göttl M. Hernandez: 53; T. Küppers: 3, 16, 22, 46, 54, 58; F. Van Loock: 43; Redaktion: Matthias Gaul Michelin: 8; ÖAMTC: 46; J. Pauls: 11; picture-alliance: 41; A. Rosar: 18, www.dekra.com Geschäftsführer: Oliver Trost 20; H. Schacht/www.berlinpressphoto.de: 5; Karin Berg/Taxikurir: 37; April 2015 Layout: Florence Frieser Projektleiter: Alexander Fischer Volvo: 9, 16, 48, 51, 52; Wikipedia: 24; K. Yves: 47; A. Zweygarth: 62
Grußwort Verkehrssicherheit im Zeichen von Mobilitätswandel und digitaler Vernetzung U nser Land ist so mobil wie nie. Und: Die Mo bilitätsbedürfnisse sowie die damit verbun dene Verkehrsdynamik werden weiter zuneh von uns initiierten „Runden Tisch Automatisiertes Fah ren“ identifizieren wir die men. Umso wichtiger ist es, Mobilität so effizient, entscheidenden rechtlichen, umweltschonend und vor allem so sicher wie mög wissenschaftlichen und ge lich zu gestalten. Beim Thema Verkehrssicherheit sellschaftlichen Kernpunkte hat gerade Deutschland große Erfolge zu verzeich und erarbeiten Handlungs nen. In unseren Anstrengungen dürfen wir jedoch optionen. Fragen der Daten nicht nachlassen. hoheit und -sicherheit, tech nischer Standards und der Die Welt der Mobilität steht inmitten eines tief künftigen Verantwortlichkei greifenden Wandels: Digitalisierung und Vernet ten müssen klar geregelt sein. zung sind ihr wesentlicher Treiber. Mit der digita Denn: Auch die Mobilität von len Durchdringung des gesamten Mobilitätsgesche morgen braucht Akzeptanz, hens verbinden sich erheblicher Mehrwert für jeden ein nachvollziehbares und einzelnen Verkehrsteilnehmer, enorme Effizienz verbindliches Regelwerk und Alexander Dobrindt (MdB), Bundesminister potentiale für das Gesamtsystem sowie ein deutli technische Verlässlichkeit. für Verkehr und digitale Infrastruktur ches Plus an Sicherheit. Digitale Schlüsselinnovati onen in der Automobilentwicklung wie sensorisch In diesem Prozess sind wir gesteuerte Abstands- oder Abbiegeassistenten stei auf kompetente Partner wie DEKRA angewiesen. gern die Verkehrssicherheit auf unseren Straßen. Im Jahr 1925 als Deutscher Kraftfahrzeug-Über Gleiches gilt für intelligente Verkehrstechnologien wachungsverein gegründet, engagiert sich DEKRA in den Bereichen Fahrzeuge und Infrastruktur so seit nunmehr 90 Jahren für mehr aktive und passi wie ihre kommunikative Vernetzung. Diese Ent ve Sicherheit im Straßenverkehr. Zum diesjährigen wicklungen werden wir fördern und v orantreiben. Jubiläum gratuliere ich herzlich. Zugleich freue ich mich, dass der D EKRA Verkehrssicherheitsreport Unter den Bedingungen des digitalen Wan 2015 ein Themenspektrum widerspiegelt, das ge dels sowie den weiter wachsenden Anforderungen rade auch die neuen Megatrends der mobilen Welt an Schnelligkeit und Komfort ist Verkehrssicher aufgreift und vertieft. Damit unterstreicht DEKRA heit eine wichtige Aufgabe. Entwicklungen der Mo einmal mehr: Verkehrssicherheitsarbeit ist eine bilität 4.0 wie das automatisierte oder autonome Daueraufgabe, die ständig auf der Höhe der Zeit Fahren werfen neue verkehrssicherheitsrelevante sein muss. Und sie ist eine Aufgabe, der sich mög Fragenauf. Diesen Fragen stellen wir uns. In dem lichst viele stellen müssen. 4|5
90 Jahre DEKRA Auf dem Weg in eine sichere Welt DEKRA hat 2015 allen Grund zum Feiern: Seit 90 Jahren sorgen unsere Experten für Sicherheit. Dieser Verkehrssicher- heitsreport zeigt, dass dabei bis heute Kraftfahrzeuge und die Straßenverkehrssicherheit eine zentrale Rolle spielen. Doch unser Anspruch reicht schon lange deutlich weiter: Ob im Verkehr, bei der Arbeit oder zu Hause – DEKRA erfüllt das zentrale Bedürfnis der Menschen nach Sicherheit. J ede Zeit hat ihre Visionäre. Anfang des 20. Jahr- hunderts ist der Großindustrielle Hugo Stinnes einer von ihnen. Er erkennt die Herausforderun- gen für die Sicherheit, die sich aus der raschen Mo- torisierung ergeben. Gemeinsam mit anderen Per- sönlichkeiten entwickelt er deshalb die Idee einer freiwilligen technischen Überwachung von Kraft- fahrzeugen. Das ist die Geburtsstunde von DEKRA: Am 30. Juni 1925 wird der Deutsche Kraftfahrzeug- Überwachungs-Verein e.V. beim Amtsgericht Ber- lin-Mitte eingetragen. Der Auftrag ist in der Sat- zung unmissverständlich formuliert: „Der Verein Bereits 1925, im Gründungs- hat den Zweck, (...) die Betriebs- und Verkehrs jahr von DEKRA, haben die sicherheit der Kraftfahrzeuge (...) zu unterstützen Fuhrparkbetreiber in Deutschland und zu fördern.“ erkannt, dass Sicherheit eine Stefan Kölbl, Vorsitzender des Vorstands DEKRA e. V. und DEKRA SE wichtige Grundlage ihres Ge- Schnell setzt sich die Idee durch. Unternehmen schäftserfolgs ist. Damals eröff- und öffentliche Einrichtungen mit eigenem Fuhr- nete der Kraftfahrzeugverkehr park treten dem Verein bei; DEKRA sorgt als kom- Als 1960 die periodische Hauptuntersuchung ein- neue Chancen und verunsicherte petenter Partner für die Zuverlässigkeit und Sicher- geführt wird, erhält DEKRA die Anerkennung als gleichzeitig mit zunehmenden heit der Fahrzeuge. Anfang der 1930er-Jahre ist Überwachungsorganisation. Dadurch profitieren Unfallzahlen. Die Gründerväter DEKRA bereits an rund 80 Standorten mit Prüfstel- auch private Fahrzeughalter von unserer Expertise. des DEKRA e.V. haben daher die len vertreten. Der Zweite Weltkrieg stoppt die posi- DEKRA leistet seitdem im Personenverkehr einen Förderung der Verkehrssicherheit tive Entwicklung zunächst. Aber schon im Jahr 1946 wesentlichen Beitrag zur Verkehrssicherheit. Und zum satzungsgemäßen Auftrag beginnt von Stuttgart aus der Neuaufbau. Bald ist das nicht nur in Deutschland, sondern inzwischen des Vereins erhoben. DEKRA überall in Deutschland vertreten. auch international: Mit jährlich 26 Millionen Fahr-
zeugprüfungen, davon elf Millionen in Deutschland, vor einem Innovationsschub. sind wir mit Abstand weltweit die Nummer eins. Fahrerassistenzsysteme und neue Technologien rund um DER SICHERHEIT VERPFLICHTET das automatisierte Fahren werden uns völlig neue Di- Auf der Basis des langjährigen Know-hows rund mensionen der Sicherheit er- um die Fahrzeugprüfung beginnt DEKRA in den öffnen. 1990er-Jahren, in neue Geschäftsfelder zu expandie- ren. Mit innovativen Dienstleistungen etablieren wir Es liegt also an unserem uns unter anderem in der Produkt- und Systemzer- Willen und unserer Ent- tifizierung, der Materialprüfung und im Gebraucht- schlossenheit, ob Vision Zero wagenmanagement. Zu Beginn des neuen Jahrtau- Realität wird. Ich bin mir sends ist DEKRA in fast allen europäischen Ländern sicher: Wenn Industrie, Wis- präsent. Heute sind wir in mehr als 50 Ländern auf senschaft und Expertenorga- allen fünf Kontinenten tätig und in einer guten Aus- nisationen wie DEKRA eng gangsposition für die weitere internationale Expan- zusammenarbeiten, dann las- sion. Dem Auftrag Sicherheit sind wir dabei stärker sen sich noch sehr viel mehr verpflichtet als je zuvor – in der Verkehrssicherheit, Leben retten. Wir bei DEKRA aber auch rund um Arbeit und Haushalt. Dank un- sind fest entschlossen, einen serer Prüfungen, Zertifizierungen und Inspektionen maßgeblichen Beitrag zur können Industrieunternehmen sicher produzieren Vision Zero zu leisten – unter und Verbraucher auf die Sicherheit von Produkten anderem dadurch, dass wir vertrauen. Mit professionellen Beratungsleistungen neue Technologien in der Ent- und Qualifizierungen fördern wir zudem die Pro- wicklungsphase begleiten und zesssicherheit und den Arbeitsschutz in Betrieben. Fahrzeuge nach neuesten Me- Und seit Kurzem sorgen wir auch im Schienen- und thoden und auf Basis hoher Luftverkehr für mehr Sicherheit. Standards prüfen. Auf Basis dieser langjährigen Erfahrung wird DEKRA seine Rolle als Treiber und Vordenker für mehr Sicherheit in der Welt noch weiter ausbauen. Wir wollen zum globalen Partner für eine sichere Welt werden. Das ist ein ehrgeiziges Ziel. Aber wir haben alle Chancen, es zu erreichen. Eines ist aller- dings klar: Geht es beispielsweise um weitere Fort- schritte in der Verkehrssicherheit, dann sind auch heute Visionäre gefragt. Denn die Geschichte zeigt, dass wir kühne Visionen brauchen, um große Z iele zu erreichen. VISION ZERO IST MÖGLICH DEKRA unterstützt die Vision Zero des Deutschen Verkehrssicherheitsrates. Angesichts von 26.000 Verkehrstoten allein in Europa scheint es auf den ersten Blick unmöglich, das Ziel von null Verkehrs- toten zu erreichen. Aber die bisherigen F ortschritte stimmen zuversichtlich. So ist die Zahl der Ver- Auch Lkw-Prüfungen gehören schon seit Jahrzehnten zum Portfolio von DEKRA. kehrstoten in Deutschland seit 1970 um 85 Prozent von 21.300 auf 3.300 gesunken. In rund 600 europäi In Frankreich sorgt DEKRA seit der verpflichtenden Einführung der „Contrôle T echnique“ schen Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern gab im Jahr 1992 für mehr Verkehrssicherheit auf den Straßen. es zumindest schon einmal ein Jahr, in dem keine Verkehrstoten zu beklagen waren. In den USA sind Mit der flächendeckenden Einführung des HU-Adapters wird die Voraussetzung dafür es mehr als 100 solche Städte, und auch in Japan gibt geschaffen, dass bei einer Hauptuntersuchung im Fahrzeug verbaute elektronische Sicherheits- es Beispiele. Und wir alle wissen: Die Mobilität steht systeme auf Vorhandensein und Funktion überprüft werden können. 6|7
Einleitung Weniger Unfalltote und Verletzte dank konsequenter Sicherheitsmaßnahmen Verkehrssicherheitsarbeit, das zeigen die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte immer wieder aufs Neue, kann keine Eintagsfliege sein, sondern ist nur als permanenter Prozess erfolgreich. Dass insbesondere in Europa die Zahl der bei Verkehrsunfällen Getöteten und Verletzten seit Jahrzehnten sinkt, ist vor allem dem Zusammenspiel präventiver technischer, organisatorischer und infrastrukturel- ler Maßnahmen zur Unfallvermeidung und Unfallfolgenminderung zu verdanken. Zahlreiche Sicher- heitstechnologien wurden über die Zeit konsequent weiterentwickelt und haben nun mit der Möglich- keit des teilautomatisierten Fahrens eine neue Dimension in Sachen Verkehrssicherheit eröffnet. Meilensteine auf dem Weg zu mehr Mobilität und Verkehrssicherheit 1902 Der 1921 Das 1946 1947 Colonel John Paul Stapp Brite Frederick Duesenberg Der französische Rei- führt im Muroc Testareal in der W. Lancester Model A ist fenhersteller Michelin US-amerikanischen Mojawe-Wüste erfindet die das erste patentiert den ersten im Rahmen des von ihm geleiteten Scheiben Fahrzeug Gürtelreifen, der 1949 „deceleration projects“ erste Selbst- bremse und mit hydrauli unter dem Marken versuche durch, bei denen er auf meldet sie zum scher Brems namen Michelin-X einem Raketenschlitten mehrfach Patent an. anlage. vorgestellt wurde. Verzögerungen bis an seine Belas- tungsgrenze ausgesetzt ist. 190 0 | | | | 1910 | | | | 1920 | | | |
on Road Safety“) der WHO. Die Zahlen des aktu- Der „Global Status Report ell vorliegenden Berichts von 2013 sind dabei alles on Road Safety“ 2013 ist andere als beruhigend: Seit 2007 konnten zwar 88 der zweite Bericht der Länder die Zahl der Verkehrstoten reduzieren, in Weltgesundheitsorganisation 87 Ländern stieg sie jedoch an. Dabei erzielten ins- WHO, der sich dem Thema besondere Länder mit hohen Einkommen entspre- Verkehrssicherheit widmet. chende Erfolge, während Länder mit mittleren und Danach sterben weltweit niedrigen Einkommen dagegen mit Abstand mehr jährlich schätzungsweise Verkehrstote zu verzeichnen hatten. 1,24 Millionen Menschen bei Verkehrsunfällen, bis zu 50 Bereits 2004 hat die WHO unter anderem fünf Millionen Menschen werden Schlüsselfaktoren definiert, die auch in jedem Land pro Jahr verletzt, 59 Prozent gesetzlich verankert werden sollten: Geschwindig- der Verkehrstoten sind zwi- keitsbeschränkungen vor allem im Stadtverkehr schen 15 und 44 Jahren alt. (höchstens 50 Stundenkilometer), maximal zuläs- Und: Die häufigste Todesursa- siger Blutalkoholspiegel von 0,5 g/l, Helmpflicht che bei der Gruppe der 15- bis für Fahrer und Mitfahrer von Motorrädern, Gurt- 29-Jährigen sind Verletzungen pflicht für alle Fahrzeuginsassen und das Benutzen durch Verkehrsunfälle. von Kindersitzen. Das Problem: Laut WHO haben von 182 untersuchten Staaten nur 28 – darunter auch die meisten Staaten der Europäischen Union – entsprechende Regelungen für alle fünf Risiko- faktoren erlassen. Lediglich vier Staaten (Estland, Finnland, Frankreich und Portugal) bewerteten laut WHO-Bericht die Durchsetzung dieser Rege- lungen als „gut“. EU-ZIEL: 50 PROZENT WENIGER V ERKEHRSTOTE BIS 2020 O b Studien der W eltgesundheitsorganisation WHO, Leitlinien der EU-Kommission oder nationale Programme und Kampagnen in aller Obwohl die Entwicklung in Europa im Vergleich zu vielen anderen Regionen der Welt deutlich bes- Herren Länder: Das Thema Verkehrssicherheit hat ser aussieht, bewertet die EU-Kommission Stra- in den letzten Jahrzehnten ungemein an Bedeu- ßenverkehrsunfälle und ihre Folgen auch weiter tung gewonnen. Nicht ohne Grund. Denn obgleich hin als großes gesellschaftliches Problem. Ein in zahlreichen Staaten der Welt die Zahlen der bei Fokus im laufenden Aktionsprogramm sollte da- Straßenverkehrsunfällen Getöteten und Verletzten bei verstärkt auf Maßnahmen liegen, die dazu mehr oder weniger konstant sinken, besteht nach beitragen, Unfälle möglichst schon im Vorfeld zu wie vor großer Handlungsbedarf. Das zeigt unter vermeiden, heißt es in einem im Oktober 2014 ver- anderem der „Globale Statusbericht über die Si- öffentlichten Arbeitspapier der EU-Kommission. cherheit im Straßenverkehr“ („Global Status Report Erklärtes Ziel im Rahmen des aktuellen Aktions- 1951 Der Ungar Béla Barényi 1954 1959 Der Volvo-Ingenieur Nils meldet sein Konzept einer Zur Überprüfung Ivar Bolin meldet den Dreipunkt- „gestaltfesten Fahrgastzelle der Fahreignung Sicherheitsgurt zum Patent an. mit Knautschzonen vorne und wird in Deutsch- hinten“ zum Patent an. land die medizi- 1959 Mercedes-Benz bringt nisch-psychologi- mit dem Mercedes 220 S/SE 1951 In Deutschland wird die sche Untersuchung (W111) das erste Auto mit Hauptuntersuchung (HU) für (MPU) eingeführt. Sicherheitsfahrgastzelle auf Kraftfahrzeuge eingeführt. den Markt. 1930 | | | | 1940 | | | | 1950 | | | | 1960 8|9
Einleitung Erster Mercedes-Benz- Crashtest am 10. September programms „On the move – for safer roads in Eu- nen, die maßgeblich zur Verkehrssicherheit beigetra- 1959. Mit diesem Frontal- rope“ ist bis zum Jahr 2020 die Halbierung der gen haben. Die neuen Fahrerassistenzsysteme lassen aufprall eines Fahrzeugs Zahl der Verkehrstoten gegenüber 2010. mitunter auch vergessen, dass erst mit der Entwick- der Baureihe W 111 (1959 lung des Radialreifens Ende der 1940er-Jahre die bis 1965) beginnen die Dieses Ziel lässt sich nach Ansicht der EU-Kom- heutigen „gutmütigen“ Fahreigenschaften der Fahr- Crashtests von Mercedes. mission insbesondere dadurch erreichen, dass man zeuge möglich wurden: Der Reifen ist das Bauteil, menschliches Fehlverhalten als die häufigste Un- das über den Kraftschluss zur Fahrbahn das Fahr- fallursache durch den Einsatz elektronischer Syste- zeug auf der Straße hält. Nicht vergessen werden me kompensiert. Dazu geeignet seien insbesonde- sollte auch die Scheibenbremse. Im Gegensatz zur re: elektronisches Fahrdynamikregelsystem EVSC Trommelbremse lässt ihre Bremswirkung bei Erwär- (Electronic Vehicle Stability Control), Geschwin- mung weniger stark nach: Das früher vor allem bei digkeitswarner, Notbremssystem AEBS (Advanced längeren Bergabfahrten so gefürchtete „Bremsen Emergency Braking System), Spurhalteunterstüt- fading“ ist heute – zumindest bei Pkw – kein Thema zung (Lane Support = Lane Departure Warning + mehr. Die gute Regelbarkeit speziell der hydrauli- Lane Keeping), Alkohol-Interlock, automatisches schen Scheibenbremse ist eine wesentliche Voraus- Notrufsystem (E-Call) für alle Fahrzeuge inklu setzung für moderne, leistungsfähige bremsbasierte sive Motorräder, schwere Nutzfahrzeuge und Bus- Assistenzsysteme wie ABS und ESP. Bereits 1902 er- se, Gurtwarner (Seat Belt Reminder) für alle Fahr- hielt der Brite Frederick W. Lancester ein Patent und zeuginsassen und Reifendruckkontrollsystem (Tyre gilt seither als Erfinder der Scheibenbremse. Pressure Monitoring System). Große Bedeutung misst die EU auch dem Unfalldatenspeicher (Event Eine geradezu revolutionäre Grundlage für alle Data Recorder) bei, um über die Vorgänge bei einem nachfolgenden Sicherheitssysteme hat zweifelsohne Unfall genauere Erkenntnisse zu erhalten. der über mehrere Jahrzehnte für die damalige Daimler-Benz AG tätige Konstrukteur Béla B arényi PIONIERE DER PASSIVEN SICHERHEIT geschaffen: 1951 meldete der gebürtige Ungar sein Konzept einer „gestaltfesten Fahrgastzelle mit Diese noch verhältnismäßig jungen Systeme stehen Knautschzonen vorne und hinten“ zum Patent an. aktuell am Ende einer langen Reihe von Meilenstei- Ohne eine solche Karosserie, die heute Standard ist, 1963 Béla 1965 Der Verbraucher- 1971 Die Barényi meldet anwalt Ralph Nader Daimler-Benz die von ihm veröffentlicht sein Buch AG meldet entwickelte „Unsafe at Any Speed“ einen pra- „Sicherheits- und macht damit auf xistauglichen lenkwelle für eklatante Sicherheits- Fahrer-Airbag Fahrzeuge“ mängel von damaligen zum Patent an. zum Patent an. US-amerikanischen Fahr- zeugen aufmerksam. 1960 | | | | 1965 | |
könnten alle anderen Systeme des Insassenschutzes bei schweren Unfällen nicht wirksam werden. Auf Barényi geht auch die 1963 zum Patent Dr. Walter Eichendorf a ngemeldete „Sicherheitslenkwelle für Fahrzeuge“ Präsident des Deutschen zurück. Die Neuerung: Derartige Anlagen drin- Verkehrssicherheitsrats (DVR) gen nur noch sehr wenig in die Fahrgastzelle ein und geben in Kombination mit einem Sicherheits- Aufklärende Maßnahmen sind unverzichtbar lenkrad beim Anprall des Fahrers nach. Ein Lenk- Kampagnen sind in der Verkehrs- orientierte Kommunikationsprojek- rad, das auch bei schweren Frontalkollisionen nicht sicherheitsarbeit unverzichtbar, te zu fokussieren, zum Beispiel in unkontrolliert in den Innenraum eindringt, ist selbstverständlich aber auch kein Schulen, Fahrschulen oder Diskothe- auch heute noch wichtig und die Voraussetzung da- „Allheilmittel“, das alle Probleme ken, wenn es um eine Kampagne für, dass der Fahrerairbag optimal schützen kann. löst. Verkehrssicherheitskampagnen speziell für junge Fahrer geht. versuchen zunächst, Aufmerksam- Auch wenn der Einfluss verhal- Bereits 1959 schlug die Geburtsstunde eines wei- keit zu wecken, Wissen zu vermit- tensbeeinflussender Maßnahmen teln, ein Problembewusstsein zu auf die Reduzierung der Unfall- teren bahnbrechenden Systems: Der schwedische zahlen nicht immer erfasst werden schaffen und für das Thema zu sen- Volvo-Ingenieur Nils Ivar Bolin meldete den Drei- sibilisieren. Es soll in sicherheitsför- kann, ist international unbestrit- punkt-Sicherheitsgurt zum Patent an. Gestaltfeste derlicher Weise auf das Verhalten ten, dass aufklärende Maßnahmen Fahrgastzelle mit Knautschzonen und angelegter von Verkehrsteilnehmern eingewirkt wichtig sind. Auch für den DVR Sicherheitsgurt – heute mit Gurtstraffer und Gurt- werden. Kampagnen machen deut- sind im Sinne der Sicherheitsstra- lich, was wünschenswertes Verhal- tegie „Vision Zero – keiner kommt kraftbegrenzer – sind nach wie vor wesent liche ten im Straßenverkehr ausmacht. um, alle kommen an“ öffentlich- Voraussetzungen für die passive Sicherheit von Doch eine intelligente Kampagne keitswirksame Kampagnen, die Fahrzeuginsassen. Dies gilt nicht nur bei Frontal- muss es erst einmal in das Bewusst- das Verhalten der Verkehrsteilneh- kollisionen, sondern auch bei Seitenkollisionen und sein einer möglichst breiten Öffent- mer positiv beeinflussen, weiterhin Fahrzeugüberschlägen. lichkeit schaffen. Dabei sollte nicht wichtiger Bestandteil seiner Prä- auf Schockeffekte gesetzt werden, ventionsarbeit. Denn das Leben deren Wirkung schnell wieder ver- ist zu schön, um es leichtsinnig im VORREITER BEI ELEKTRONISCHEN pufft. Auch wenn eine Kampagne Straßenverkehr aufs Spiel zu set- SICHERHEITSSYSTEMEN nur aus „bunten Plakaten“ besteht, zen, um es mit der zentralen Bot- wird sie keinen nachhaltigen Effekt schaft der bundesweiten Verkehrs- 1971 wurde von der Daimler-Benz AG ein praxis erzielen. Deshalb ist es wichtig, sich sicherheitskampagne „Runter vom tauglicher Fahrer-Airbag zum Patent angemeldet. Er zusätzlich auf kleinere zielgruppen- Gas“ zu sagen. unterstützt die Rückhaltewirkung des Sicherheits- gurtes bei schweren Frontalkollisionen. Nach und nach kommen später der Beifahrer-Airbag, diverse Lenkbarkeit und Richtungsstabilität des Fahrzeugs. Seiten-Airbags und der Knie-Airbag zum Einsatz. Das System wurde bald um die Antriebsschlupfrege- Heute gehören in der Regel sechs bis acht Airbags lung ASR erweitert, um auch bei großer Beschleuni- zur Standardausstattung eines Pkw. Ab Oktober gung die Fahrstabilität zu gewährleisten. 1978 begann ebenfalls bei Daimler-Benz der Einbau des Antiblockiersystems ABS in Serienfahrzeuge. Im Jahr 1995 führten die Robert Bosch GmbH ABS ermöglicht eine Vollbremsung mit nahezu ma- und Mercedes-Benz mit dem Elektronischen Sta- ximaler Verzögerung bei gleichzeitigem Erhalt von bilitätsprogramm ESP ein weiteres bremsbasiertes 1971 An Fahr- 1974 Ab 1. Januar werden in zeugen werden der Bundesrepublik Deutschland die ersten Haupt- Dreipunkt-Sicherheitsgurte für die scheinwerfer mit Vordersitze von neu zugelassenen der Zweifaden- Pkws Pflicht. Auf den Rücksitzen tritt Halogen-Glüh die Gurteinbaupflicht für alle neuen lampe (H4) für Pkws am 1. Mai 1979 in Kraft. Ab Abblend- und 1. August 1984 wird ein Verwar- Fernlicht aus nungsgeld für das Nichtanlegen gerüstet. der Sicherheitsgurte verhängt. | | 1970 | | | | 1975 10 | 11
Einleitung fahrdynamisches Assistenzsystem ein. Damit ver- zeuge der Fall, weltweit dagegen nur bei 59 Prozent. fügt der Fahrer über eine zusätzliche aktive Unter- Nach neuesten Berechnungen von Bosch werden im stützung des Fahrzeuges in Situationen, die quer- Jahr 2016 in Europa bereits 91 Prozent der neu zuge- dynamisch kritisch sind – zum Beispiel Über- oder lassenen Pkw und leichten Lkw bis zu sechs Tonnen Untersteuern. International üblich wurde die Be- mit solchen Systemen ausgestattet sein. Dieser An- zeichnung Electronic Stability Control (ESC). Wel- teil wird sich bis 2021 auf 94 Prozent erhöhen. che Bedeutung das System hat, zeigt sich daran, dass neutralen Untersuchungen zufolge ESP nahezu je- In Europa ging diese Entwicklung freilich in den zweiten zumeist schweren oder tödlich verlau- Etappen und von Land zu Land sehr unterschiedlich fenden Alleinunfall verhindern kann. Damit ist es vonstatten (Schaubild 1). In Schweden beispielsweise nach dem Sicherheitsgurt und noch vor dem Airbag nahm die Ausrüstungsrate zwischen 2003 und 2004 das zweitwichtigste Sicherheitssystem im Auto. von 15 auf 69 Prozent erfreulich stark zu und stieg dann weiter bis zum Jahr 2005 auf 85 Prozent. Das Elektronische Fahrdynamikregelsysteme (EVSC liegt vor allem daran, dass Trafikverket, das staat- Electronic Vehicle Stability Control) sind Pflichtaus- liche schwedische Zentralamt für Verkehrswesen, stattung für fast alle Pkws, Wohnmobile, Lkws und aufgrund eigener Studien schon sehr früh das Poten- Busse, die seit dem 1. November 2011 erstmals eine zial von ESP zur Unfallschwere-Reduktion und Un- Typzulassung für Europa erhalten haben. Seit 1. No- fallvermeidung erkannt und daraufhin Druck auf vember 2014 müssen alle Fahrzeuge, wenn sie neu in die Fahrzeugimporteure ausgeübt hat. Entsprechend den Verkehr kommen, mit EVSC ausgestattet sein. wurden (fast) nur noch mit ESP ausgerüstete Fahr- Europaweit war dies 2014 nach Angaben der Robert zeuge nach Schweden importiert, bei Volvo gehör- Bosch GmbH bereits bei 84 Prozent aller Neufahr- te ESP bereits zur Serienausrüstung. In Deutschland verlief der Anstieg eher 1 konstant von 55 Prozent im ESP-Ausrüstung in Etappen Jahr 2003 auf 80 Prozent im Neuesten Berechnungen zufolge werden im Jahr 2016 in Europa bereits 91 Prozent der neu zugelassenen Jahr 2009. Noch einmal an- Pkws und leichten Lkws bis zu sechs Tonnen mit elektronischen Fahrdynamikregelsystemen ausgestattet sein. ders war die Entwicklung 100 in Frankreich. Während EU-Gesetzgebungs das Land 2003 mit einer 80 verfahren Europa ESP-Ausstattungsrate von Schweden 35 Prozent noch an zweiter Anteil in Prozent Deutschland 60 zur Spanien Stelle hinter Deutschland obligatorischen Großbritannien lag, stieg sie bis 2007 ver- 40 Ausrüstung von Frankreich gleichsweise verhalten auf Fahrzeugen mit ESP 46 Prozent und nahm bis 2009 sogar auf 41 Prozent 20 ab. Eine der Ursachen hier- für war die staatliche Re- 0 gelung zur Förderung von 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Jahr Fahrzeugen, die weniger als Jahr Quelle: Robert Bosch GmbH 120 Gramm CO2 pro gefah- 1976 Ab 1. Januar gilt in 1978 Ab Oktober der Bundesrepublik Deutsch- werden Fahrzeuge land die Helmtragepflicht für von Mercedes-Benz Motorradfahrer, seit Mitte serienmäßig mit dem 1978 auch für Moped- und Antiblockiersystem Mokickfahrer. Ab 1. August ABS ausgerüstet. 1980 kann bei Zuwiderhand- Das erste Modell mit lung dieser Verstoß mit einem ABS ist die S-Klasse Verwarnungsgeld geahndet (W116). werden. Ab 1. Oktober 1985 müssen auch die Mofafahrer einen Helm tragen. 1975 | | | | 1980
renem Kilometer ausstoßen. Dies kam überwiegend den Kleinfahrzeugen zugute, die in nur geringem Maße mit ESP ausgestattet waren. Die verpflichten- de Einführung von ESP ist auch vor diesem Hinter- grund folgerichtig. VORSCHRIFTEN UND BESSERE INFRA- STRUKTUR M ACHEN STRASSEN SICHERER Auch abseits der Fahrzeugtechnik gibt es eine Rei- he von Meilensteinen, die zur Erhöhung der Ver- kehrssicherheit beigetragen haben. So in Deutsch- land die Einführung des ersten allgemeinen Tempolimits zum 1. September 1957. Seitdem gilt „innerhalb geschlossener Ortschaften“ die Höchst- geschwindigkeit von 50 km/h, falls sie nicht durch entsprechende Verkehrszeichen anders geregelt ist. Inzwischen sind in Deutschland weitere allgemei- ne Tempolimits wie zum Beispiel 100 km/h auf Landstraßen eingeführt worden. Auf den Auto- bahnen gilt seit 1974 die Richtgeschwindigkeit von Allein die Einhaltung der 130 km/h. Da die Geschwindigkeit quadratisch Konsequenzen haben. Für Fahranfänger gilt in der vorgeschriebenen Geschwin- in die kinetische Energie und damit das „Gefähr- Probezeit am Steuer ein absolutes Alkoholverbot. digkeit könnte schon viele dungspotenzial“ eines Fahrzeuges eingeht, sind Unfälle verhindern. angemessene, unter anderem dem Ausbauzustand In Sachen Infrastruktur trug unter anderem die der Straße entsprechende Geschwindigkeitsbe- Ausstattung der Straßen mit Schutzplanken und Be- grenzungen für ein sicheres Verkehrssystem un- tonschutzwänden dazu bei, das Abkommen eines verzichtbar. Fahrzeugs von der Fahrbahn und somit unter Um- ständen schwere Unfälle wie Fahrzeugüberschläge, 1953 wurde die erste „Promillegrenze“ für Kraft- Kollisionen mit Hindernissen – vor allem Bäumen fahrzeugführer in Deutschland eingeführt. Sie be- – am Straßenrand oder fatale Gegenverkehrskollisi- trug damals noch 1,5 Promille und wurde erst onen auf Autobahnen oder autobahnähnlich ausge- strafwirksam, wenn Autofahrer einen Verkehrsun- bauten Fernstraßen zu verhindern. In Deutschland fall verursacht hatten. Aus heutiger Sicht war dieser wurden ab Anfang der 1960er-Jahre zunächst die Au- erste Grenzwert unverantwortlich hoch, angesichts tobahnen mit Schutzplanken ausgestattet. Lange Zeit der enthemmenden und beeinträchtigenden Wir- waren diese Rückhaltesysteme aber ausschließlich auf kungen, die der Genuss von Alkohol haben kann. Die den Anprall von Pkws und Nutzfahrzeugen ausgelegt. Grenze von 0,8 Promille wurde am 14. Juni 1973 vom Der verbleibende offene Abstand zum Boden birgt Bundestag beschlossen. Später sind die Grenzwerte jedoch für Motorradfahrer die Gefahr, bei einem nach und nach noch weiter gesenkt worden. Heute Sturz unter der Schutzplanke durchzurutschen be- können Fahrfehler schon bei 0,3 Promille rechtliche ziehungsweise gegen einen Stützpfosten zu prallen. 1981 Ab Juli bie- 1983 Der deutsche tet Mercedes-Benz Unfallforscher Max in der S -Klasse Danner veröffentlicht (W126) erstmals sein Buch „Gurt oder serienmäßig ein Tod“ und verdeutlicht Fahrzeug mit damit den Nutzen Airbag an. einer gesetzlichen Gurt anlegepflicht, die da- mals in der B evölkerung heftig umstritten war. | | | | 1985 12 | 13
Einleitung zeugüberwachung eine umso größere Bedeutung zu. Der Stellenwert gerade auch der elektronischen Systeme für die Sicherheit der Fahrzeuge ist mittler weile von der Europäischen Kommission aufgegrif fen und in die Rahmenvorgaben zur europaweiten Fahrzeugüberwachung aufgenommen worden. In Deutschland wird 2015 mit der flächendeckenden Einführung des sogenannten HU-Adapters die Voraussetzung d afür geschaffen, dass bei einer Hauptuntersuchung im Fahrzeug verbaute elektro nische Sicherheitssysteme auf Vorhandensein und Funktion überprüft werden können. UNFALLFORSCHUNG: ERSTE WICHTIGE Mittels unterschiedlichster I MPULSE KAMEN AUS DEN USA Sensoren können bei Crash- Die Folge sind nicht selten schwerste oder gar tödli tests wichtige Erkenntnisse che Verletzungen. Insbesondere bei Motorradfahrern Unabhängig von allen technischen und infrastruk für die Entwicklung neuer beliebte Straßen werden daher mittlerweile auf vielen turellen Weiterentwicklungen muss für Beurteilun und sicherer Fahrgastzellen kritischen Streckenabschnitten vermehrt mit einem gen der Fahrzeug- und Verkehrssicherheit immer gewonnen werden. Schutzsystem mit Unterfahrschutz nachgerüstet. das reale Unfallgeschehen auf den Straßen maßge bend sein. Aus den Ergebnissen der Verkehrsunfall TECHNISCHE SYSTEME MÜSSEN forschung lassen sich grundlegende Erkenntnisse für weitere Verbesserungen ableiten. Ihren Anfang nahm E INWANDFREI FUNKTIONIEREN diese Forschung einst in den USA, wo in den frühen Last, but not least darf auch die periodische Fahr 1950er-Jahren der Physiker William Haddon mit ers zeugüberwachung als ein wesentlicher Beitrag zu ten Untersuchungen am Unfallort begann. Er war es mehr Verkehrssicherheit nicht vergessen werden. auch, der Ende der 1960er-Jahre eine Methode ent In Deutschland erfolgte die Einführung der Haupt wickelte, die letztlich bis heute einen wichtigen theo untersuchung bereits 1951. Das französische Pen retischen Rahmen für systematische Überlegungen dant hierzu, die „Contrôle Technique“, wurde erst zum Thema Verkehrssicherheit darstellt. Die „Had 1992 verpflichtend für alle Pkws, Nutzfahrzeuge und don Matrix“ basiert einerseits auf der zeitlichen Glie Busse eingeführt. Grundsätzlich muss die zuverläs derung von Unfällen in drei Phasen – vor, während sige Funktion jedes sicherheitsrelevanten Systems und nach dem Crash – und ordnet andererseits die über die gesamte Nutzungsdauer eines Fahrzeugs Ursachen dem menschlichen Verhalten, dem Fahr gewährleistet sein. Wartung respektive Service der zeug und der Verkehrsinfrastruktur zu. betreffenden Systeme dürfen also nicht vernachläs sigt werden, alle Warnanzeigen sowie Fehlermeldun 1966 bekam Haddon die Leitung der „National gen im Auto sind von den Nutzern ernst zu nehmen. Traffic Safety Agency“ und der „National Highway Da erfahrungsgemäß jedoch viele ältere Fahrzeuge Safety Agency“ übertragen, die 1970 in der „National nicht mehr entsprechend den Herstellervorgaben Highway Traffic Safety Administration“ (NHTSA) gewartet werden, kommt der periodischen Fahr zusammengefasst wurden. Die NHTSA gibt immer 1986 Im Rahmen des europäi- 1988 BMW schen EUREKA-Forschungsprojekts präsentiert mit PROMETHEUS (PROgraMme for der K100 das a European Traffic with Highest erste Serien- Efficiency and Unprecedented motorrad mit Safety) werden erstmals die Mög- ABS. lichkeiten des autonomen Fahrens erforscht. 1985 | | | | 1990 | | | |
wieder wichtige Impulse zur weltweiten Verbesse- zeugsicherheit abzustimmen und den besten Nut- rung der Sicherheit von Kraftfahrzeugen. Unter ih- zen aus den vorhandenen Ressourcen bei der Teil- rer Federführung treffen sich Experten aus der gan- nahme am ESV-Programm zu ziehen, entstand zen Welt auf den ESV-Konferenzen und tauschen 1970 das „European Enhanced Vehicle-Safety ihre neuesten Erkenntnisse zur Fahrzeugsicherheit Committee“ (EEVC). Bereits ein Jahr zuvor war aus. ESV stand zunächst für „International Techni- der Deutsche Verkehrssicherheitsrat DVR gegrün- cal Conference on Experimental Safety Vehicles“, seit det worden. Zu den Schwerpunkten seiner Tätig- 1998 für „The International Technical Conference on keit gehört bis heute die Behandlung von Fragen the Enhanced Safety of Vehicles“. Die ersten Konfe- der Verkehrstechnik, der Verkehrserziehung und renzen dieser Art fanden übrigens in Europa statt, -aufklärung, des Verkehrsrechts sowie der Ver- und zwar 1971 in Sindelfingen und Wolfsburg. kehrsmedizin und -überwachung. Dabei bündelt der DVR die Bemühungen aller beteiligten Stel- Zurück in die USA. Hier begann in den 1950er- len zu einem gemeinsamen und wirksamen Han- Jahren an der Cornell University ein Wissenschaft- deln zur Steigerung der Verkehrssicherheit. Diese ler-Team um den ehemaligen Militärpiloten Hugh de und ähnliche Aktivitäten zeigten auch erste güns- Haven mit der empirischen Auswertung von Auto tige Auswirkungen. Zwar war in Deutschland im unfällen. Die Forscher veröffentlichten 1955 die le- Jahr 1970 mit 21.332 Verkehrstoten noch ein ab- gendäre ACIR-Studie (ACIR = Automotive Crash soluter Höchstwert zu verzeichnen, danach gelang Injury Research) und setzten damit einen Standard es aber, den fatalen Trend der Vorjahre nachhaltig in der Unfallforschung. Ein Ergebnis der Studie war, zu brechen. dass viele Fahrzeuginsassen bei einem Unfall nur deshalb ums Leben kamen, weil sie aus dem Auto Auf Initiative der Bundesregierung begannen geschleudert wurden. zu dieser Zeit wissenschaftliche Teams in Heidel- berg, Berlin und Hannover damit, Unfälle vor Ort In Europa wurden systematische Sicherheits- zu dokumentieren. Eine vom NATO-Ausschuss studien dieser Art erst in den späten 1950er-Jah- für Umweltfragen in Auftrag gegebene Pilotstu- ren gestartet. So untersuchte man zum Beispiel die zur Unfallanalyse, an der seitens Deutschlands in Schweden basierend auf realen Unfalldaten die die Bundesanstalt für Straßenwesen BASt betei- Wirksamkeit von Sicherheitsgurten. In den 1960er- ligt war, führte 1973 zur Gründung der Unfallfor- Jahren stiegen dann verstärkt auch die Automobil- schung an der Medizinischen Hochschule Hanno- hersteller in die Unfallforschung ein. So analysiert ver. Insbesondere unter Professor Dietmar Otte hat und rekonstruiert zum Beispiel die Unfallforschung sie durch die kontinuierliche Erhebung und Aus- von Mercedes-Benz seit 1969 reale Verkehrsunfälle, wertung von Straßenverkehrsunfällen mit kom- um weitere Erkenntnisse für die Sicherheitsentwick- binierter medizinischer und technischer Analy- lung der eigenen Modelle zu gewinnen. se dazu beigetragen, problematische, risikoreiche und oft auch tödliche Verletzungsmechanismen zu ÜBER 3.000 CODIERTE verstehen und Gegenmaßnahmen zu entwickeln. PARAMETER PRO UNFALL Hiermit konnte unter anderem die Wirksamkeit von verbesserten Fahrzeugstrukturen, Sicherheits- Um in Europa alle nationalen Forschungs- und gurten und Airbags sowie von Fahrradhelmen und Entwicklungsaktivitäten im Bereich der Fahr- Protektoren nachgewiesen werden. 1995 Die Robert Bosch GmbH 2002 Mercedes 2006 Die und Mercedes-Benz führen mit führt das vor- Honda Gold dem Elektronischen Stabilitäts- beugende Insas- Wing ist das programm ESP ein bremsba- senschutzsystem erste Serien- siertes fahrdynamisches Assis- PRE-SAFE in der motorrad mit tenzsystem ein. Das erste damit S-Klasse (W220) Airbag. ausgestattete Fahrzeug ist das ein. S-Klasse Coupé CL (C140) von Mercedes-Benz. 1995 | | | | 20 0 0 | | | | 20 05 14 | 15
Einleitung INTERNATIONALE INSTITUTIONEN ALS TREIBER FÜR MEHR VERKEHRSSICHERHEIT Wenn es um Impulse für mehr Verkehrssicher- heit auf den Straßen geht, ist es das Miteinander staatlicher und privatwirtschaftlicher Institutio- nen, das die Verkehrssicherheit als gemeinsames Ziel voranbringt. In Deutschland gehört zu den privatwirtschaftlichen Institutionen das 1969 vom HUK-Verband der Haftpflicht-, Unfall- und Kraft- fahrtversicherer gegründete Münchner Büro für Kfz-Technik, das 1997 zum Institut für Fahrzeug sicherheit München (IFM) umbenannt wurde. Unter der Leitung von Professor Klaus Langwieder gingen Bei diesem DEKRA Crash von hier aus viele wichtige Impulse in die Welt, die test wird deutlich, dass der Seit 1999 kooperiert die Medizinische Hoch- der Verbesserung der Sicherheit von Lkws, Pkws und Fahrer, beispielsweise im schule in Hannover mit der Technischen Universi- Motorrädern dienten. Besonders zu erwähnen sind VW Golf II, bei e inem Frontal tät Dresden im Gemeinschaftsprojekt GIDAS (Ger- hier auch die Verbesserungen von Kindersitzen im zusammenstoß nur eine man In-Depth Accident Study) der BASt und der Pkw. Die Aktivitäten des IFM wurden 2006 von der geringe Überlebenschance Forschungsvereinigung Automobiltechnik der Deut- in Berlin gegründeten Unfallforschung der Versiche- hätte. schen Automobilindustrie. Jährlich werden dabei rer (UDV) übernommen. etwa 2.000 Unfälle mit Personenschaden in den Re- gionen Dresden und Hannover aufgenommen. Das 1978 entstand die DEKRA Unfallforschung. Zu ih- Erhebungsteam dokumentiert am Unfallort alle re- ren Aufgaben gehörte zunächst die Erarbeitung und levanten Informationen zu Fahrzeugausstattung und Verbesserung von damals noch weitgehend unzurei- -beschädigung, Verletzungen der beteiligten Perso- chenden Methoden der Rekonstruktion von Straßen- nen, Rettungskette sowie Gegebenheiten der Unfall- verkehrsunfällen. Mehr und mehr waren das Wissen stelle. Jeder dokumentierte Unfall wird detailliert und die Kompetenz der DEKRA Sachverständigen rekonstruiert, beginnend mit der Unfallentstehung aber auch bei der Verbesserung der Fahrzeug- und und der Reaktion der Beteiligten über die Kollisio- Verkehrssicherheit gefragt. So bearbeitet die DEKRA nen bis hin zum Endstand der Fahrzeuge. Dabei wer- Unfallforschung seit den 1980er-Jahren mehrere na- den charakteristische Größen wie Bremsverzögerun- tionale und internationale Projekte zur Sicherheit gen, Einlauf- und Kollisionsgeschwindigkeiten sowie von Lastkraftwagen, Tankfahrzeugen, Pkws, Motor- Daten zu den Verletzungsmustern und zur Verlet- rädern, Fußgängern und zur Sicherheitsausstattung zungsschwere ermittelt. Der Umfang der Dokumen- von Straßen. Das Engagement der DEKRA Unfall- tation beläuft sich in GIDAS auf mehr als 3.000 co- forschung findet seine Anerkennung durch die Ein- dierte Parameter pro Unfall. Diese sind wiederum bindung in immer neue Verkehrssicherheitsprojekte. die Grundlagen für nachgelagerte Forschungen zu den Wirkfeldern und Nutzenpotenzialen von neuen In den 1960er-Jahren wurde in Österreich das und verbesserten Fahrzeugsicherheitselementen und Kuratorium für Verkehrssicherheit gegründet, das Schutzsystemen in ganz Europa. sich bis heute dem Thema der präventiven Verkehrs 2011 Seit 1. Novem 2013 Der Fuß ber müssen alle neu gänger-Airbag homologierten Fahr von Volvo gewinnt zeugmodelle in Europa bei den 11. Inter serienmäßig mit ESP net Auto Awards ausgestattet sein. des Portals AutoScout24 den Sonderpreis „Zukunft“. 2010 2011 2012
sicherheitsarbeit widmet. In der Tschechischen INTEGRIERTE KONZEPTE ERÖFFNEN Republik arbeitet seit 1992 das Transport Research NEUE SICHERHEITSPOTENZIALE Centre (CDV), das 2007 in eine öffentliche For schungsinstitution überführt wurde. Die finnische Letztendlich haben die Bemühungen aller Beteiligten Liikenneturva ist eine Forschungseinrichtung mit dazu geführt, dass der Straßenverkehr in Europa im dem Ziel, die Verkehrssicherheit über die Sensibi Verlauf der vergangenen Jahrzehnte wesentlich siche lisierung und Aufklärung der Bevölkerung zu er rer geworden ist. Diese Entwicklung ist noch lange höhen. In Frankreich entstand 2011 durch die Zu nicht am Ende. Obwohl die passive Sicherheit inzwi sammenführung der renommierten Institutionen schen schon weit ausgereizt zu sein scheint, e rgeben INRETS (Institut national de recherche sur les trans sich aus den Möglichkeiten der aktiven Sicherheit ports et leur sécurité) und LCPC (Laboratoire central und insbesondere mit der erweiterten Sichtweise der des ponts et chaussées) das Institut IFSTTAR (Ins integrierten Sicherheit nach wie vor neue Potenziale. titut français des sciences et technologies des trans Integrale Konzepte bündeln Elemente der aktiven ports, de l‘aménagement et des réseaux). Durch den und passiven Sicherheit in einem durchdachten Ge ganzheitlichen Ansatz der Forschung in den Berei samtsystem zur Vermeidung respektive Folgenmin chen Verkehrssicherheit, Nachhaltigkeit, Ökologie derung von Unfällen. Das Fernziel ergibt sich aus der und Ausbildung werden hier verschiedene Blick „Vision Zero“ – also keinen Toten und Schwerverletz winkel auf die Sicherheit ermöglicht und neue Im ten bei Straßenverkehrsunfällen. Auf dem Weg dort pulse geschaffen. In den Niederlanden deckt das For hin ist es jedes Jahr eine neue Herausforderung, die schungsinstitut SWOV (Stichting Wetenschappelijk Zahl der getöteten und schwer verletzten Teilnehmer Onderzoek Verkeersveiligheid) den gesamten Be am Straßenverkehr immer weiter zu senken. Hierzu reich der Straßenverkehrssicherheit ab. will auch der vorliegende DEKRA Verkehrssicher heitsreport wieder einen Beitrag leisten. Traditionell stark ist die Verkehrssicherheitsfor schung in Schweden aufgestellt. Hier lassen sich als Beispiele VTI (Statens väg- och transportforsknings institut) und das Netzwerk NTF (Nationalförenin gen för Trafiksäkerhetens Främjande) nennen. Im Vereinten Königreich sind zwei Institutionen im Die Fakten in Kürze Bereich der Verkehrssicherheit hervorzuheben: 1983 • Verkehrssicherheitsarbeit ist nur als lenkwelle, Dreipunkt-Sicher wurde das VSRC (Vehicle Safety Research Centre) permanenter Prozess erfolgreich. heitsgurt und Airbag waren gegründet, darüber hinaus engagiert sich seit mehr • EU-Kommission legt stärkeren wichtige Pionierleistungen. als 50 Jahren das TRL (Transport Research Labo Fokus auf Maßnahmen, die Un- ratory) im Bereich der Vermeidung von Unfällen fälle möglichst schon im V orfeld • Verkehrsunfallforschung hat ge vermeiden sollen. meinsam mit Automobilherstellern und Verletzungen. International erfolgt ein reger wichtige Impulse für mehr Sicher Austausch an Erkenntnissen zwischen den Insti • Menschliches Fehlverhalten als heit auf den Straßen gesetzt. tutionen. Die der OECD (Organisation for Econo häufigste Unfallursache lässt sich durch den Einsatz elektronischer • Teilautomatisiertes Fahren kann mic Co-operation and Development) zugeordnete Systeme reduzieren. die Zahl der Getöteten und Ver IRTAD (International Traffic Safety Data and Ana • Radialreifen, Scheibenbremse, ge- letzten im Straßenverkehr weiter lysis Group) ist eine seit 1989 existierende Möglich staltfeste Fahrgastzelle, Sicherheits- reduzieren. keit zum Informationsaustausch. 2014 Im Mai präsentiert der intelligenten Systems „High- Internet-Konzern Google den way Pilot“ kann der Truck bei Prototypen eines selbstfahren- Autobahn-Geschwindigkeiten den Autos. bis zu 85 km/h komplett autonom fahren. 2014 Die Daimler AG prä- sentiert im Juli auf einem 2014 Seit 1. November Neubau-Abschnitt der Au- gilt in der EU die ESP-Pflicht tobahn 14 bei Magdeburg für alle Neuwagen. den „Mercedes-Benz Future Truck 2025“. Mit Hilfe des 2013 2014 2015 16 | 17
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