Vom Bildflug zum virtuellen Flug über das Bundesland Salzburg
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Vom Bildflug zum virtuellen Flug über das Bundesland Salzburg Roland WÜRLÄNDER, Manfred FARTHOFER und Klaus WENGER-OEHN Zusammenfassung In den Jahren 2002 und 2003 wurde über das gesamte Bundesland Salzburg ein photogrammetrischer Bildflug mit dem vorrangigen Ziel von landesweit aktuellen Farborthophotos durchgeführt. Dieser Artikel behandelt einerseits die Optimierung der digitalen photogrammetrischen Bearbeitungskette in Hinblick auf die Qualität der Ergebnisse und zeigt andererseits die vielfältigen Möglichkeiten der digitalen Datengrundlagen für weitergehende Anwendungen auf. Insbesondere die Realisierung eines virtuellen Fluges über das Bundesland Salzburg mit einer online-tauglichen Technologie und dessen mögliches Anwendungsspektrum wird detailliert vorgestellt. 1 Einführung Die Salzburg AG, als das Energieversorgungsunternehmen im Bundesland Salzburg, Österreich, verwendet seit 1999 in ihrem GIS für Projektierungs- und Betriebsführungszwecke im Stadtgebiet Salzburg digitale Orthophotos mit einer Auflösung von 10 cm. Aufgrund der sehr positiven Erfahrungen bei der Verwendung dieser Orthophotos entstand der Wunsch die Verfügbarkeit von digitalen Farborthophotos auf das gesamte Bundesland Salzburg und dessen Randbereichen (1.345 Grundkarten im Blattschnitt 1:5.000 mit insgesamt 8.406 km²) auszudehnen. Nach verschiedenen Gesprächen wurde als Partner das Büro Ingenieurkonsulent für Vermessungswesen, Dipl. Ing. Wenger-Oehn, gefunden, das zu diesem Zeitpunkt (2000) gerade das Orthophotoprojekt „Brenner- Basistunnel“ (WENGER-OEHN, WÜRLÄNDER 2003) fertig gestellt hatte. Schnell zeigte sich, dass eine Auflösung von 10 cm, wie im Stadtgebiet für 65 km² vorhanden, aus organisatorischen, technischen und finanziellen Gründen nicht zielführend ist. Um möglichst frühzeitig die Orthophotos zur Verfügung zu haben, und dabei das gesamte Bundesland mit einem homogenen Flug abzudecken, war geplant die gesamte Fläche im Sommer 2002 zu befliegen und die Orthophotos bis Mitte 2003 fertig zu stellen. Leider vereitelten die Witterungsbedingungen im Sommer 2002 dieses Vorhaben und der Flug musste auf zwei Jahre (Sommer 2002 und Sommer 2003) aufgeteilt werden (siehe Abbildung 1). Dementsprechend verlängerte sich auch die Projektslaufzeit auf Mitte 2004. Neben der internen Verwendung der digitalen Orthophotos in der Salzburg AG ( für Planung und Trassierung von Leitungsanlagen, Vorbereitung der Vermessungsarbeiten, digitaler „Lokalaugenschein“, attraktiver Hintergrund für jede Art von Kartenausgabe, usw.), wurde
Roland Würländer, Manfred Farthofer, Klaus Wenger-Oehn als Ziel auch die Abgabe von Orthophoto-Nutzungsrechten an Dritte im Sinne von Geo- Basisdaten definiert. Abb. 1: Projektsplan für die Erstellung von digitalen Orthophotos für das Land Salzburg Die in den nachfolgenden Kapiteln 2 bis 4 näher erläuterten Untersuchungen und Arbeitsschritte der Photogrammetrie (Bildflugplanung, Paßpunktberechnung, Digitalisierung der Bilder, digitale Aerotriangulation, digitales Orthophotomosaik) wurden mit Ausnahme des Bildfluges (externe Vergabe) am Büro des Ingenieurkonsulenten Wenger-Oehn durchgeführt. 2 Der Bildflug Salzburg 2.1. Bildflugplanung und -durchführung Der Hauptzweck des Bildflugs lag in der Erstellung von digitalen Farborthophotos im Blattschnitt 1:5.000. Entsprechend dieser Vorgabe wurden die Parameter des Bildfluges so optimiert, dass mit wirtschaftlichen Methoden ein hochqualitatives, homogenes Farborthophotomosaik mit der Bodenauflösung von 25cm über das ganze Land Salzburg erstellt werden kann. Dazu zählen die Festlegung auf einen mittleren Bildmaßstab von 1:15.000 und die Brennweite von 30cm, die wegen ihres schmalen Aufnahmewinkels nur geringe Radialversetzungen von 3D-Objekten (Häuser, Bäume etc.) aufweist. Weitere Kriterien zur Qualitätssicherung waren die Beachtung einer Sonnenstandshöhe von mindestens 45° (im September bis 40°) und die möglichste Vermeidung von Zeitunterschieden von mehr als einer Stunde zwischen benachbarten Flugstreifen. Der
Vom Bildflug zum virtuellen Flug über das Bundesland Salzburg gesamte Bildblock wurde als Blattschnittflug (Bildmitten im Zentrum der Blätter 1:5.000) mit Ost-West-Ausrichtung durchgeführt und die Projektionszentren durch differenzielle GPS- Messung (dGPS) am Flugzeug mitbestimmt. Die bei dGPS-Flügen üblichen Querstreifen zur Minimierung des Bedarfs an Passpunkten wurden nicht nur am Rand des Flugblockes, sondern auch innerhalb des Gebietes in einem Abstand von ca. 25 Bildern der Längsstreifen geflogen. Damit wird neben einer Qualitätssteigerung der nachfolgenden Bildorientierung (siehe Kap. 2.2.) auch die Unterteilung des digitalen photogrammetrischen Arbeitsablaufes in Teilblöcke ermöglicht. Das Ergebnis des Bildfluges, der wegen ungünstiger Witterungsbedingungen erst im Jahr 2003 abgeschlossen werden konnte, sind 3782 Farbdiapositive (23cmx23cm) und die zugehörigen Projektionszentren im System WGS84. Die Farbdiapositive wurden an einem Scanner Vexcel UltraScan 5000 mit Rollfilmeinheit in einer Auflösung von 12-14µm (je nach Bildmaßstab zur Sicherstellung einer Bodenauflösung von besser als 25cm) digitalisiert. 2.2. Passpunktbestimmung und Aerotriangulation Die für die Einpassung ins Landessystem (Gauss-Krüger M31) verwendeten Passpunkte und die Ergebnisse der Aerotriangulation (AT) sind entscheidend für die Genauigkeit aller nachfolgend erstellten photogrammetrischen Produkte. Da neben der Orthophotoerstellung auch der Einsatz des Bildfluges für photogrammetrische Auswertungen vorgesehen ist, wurde dieser Aspekt besonders beachtet und mit folgenden Kriterien umgesetzt: • Messung von mindestens je drei Vollpasspunkten mit dGPS in den Blockecken und an den Endpunkten aller Querstreifen (Minimalkonfiguration) durch die Vermessungsabteilung der Salzburg AG. • Zusätzliche Verwendung von regelmäßig verteilten Passpunkten (Abstand ca. 10 Bilder) und Kontrollpunkten aus dem Projekt Salzburger Grundkarte 1:5.000 (SGK). • Durchführung einer digitalen AT mit zusätzlicher manueller Erfassung von photogrammetrischen Neupunkten. • Berücksichtigung der Geoidundulation sowohl bei der Berechnung der dGPS- Passpunkte als auch bei den Projektionszentren (siehe Kap. 2.3). 2.3. Anmerkungen zur Geoidundulation Die Blockkonfiguration und Passpunktverteilung bei Bildflügen mit dGPS-Registrierung geht üblicherweise (siehe z.B. ACKERMANN 1994) davon aus, dass die mit dGPS erfassten Projektionszentren die Vielzahl von Höhenpasspunkten im Inneren des Bildblockes ersetzen können. Nun ist die Höhendefinition in fast allen Landessystemen, so auch in Österreich, auf orthometrischen Höhen (Höhen über dem Geoid) aufgebaut, während die dreidimensionalen kartesischen Koordinaten der dGPS-Messung nach Umrechnung ins Landessystem üblicherweise Höhen über dem Ellipsoid (Bezugsfläche der Landesvermessung und Kartenabbildungen) liefern. Die Differenz zwischen diesen unterschiedlichen Höhensystemen bezeichnet man als Geoidundulation. Sie schwankt im Land Salzburg in etwa zwischen den Werten von -3 und +3 m.
Roland Würländer, Manfred Farthofer, Klaus Wenger-Oehn Um diese Beträge wären also die mit dGPS gemessenen Höhen der Projektionszentren gegenüber den Höhen im Landessystem verfälscht. Jedoch bieten die Berechnungsprogramme für Aerotriangulationen in der Regel die Möglichkeit, einen konstanten und linearen Korrekturfaktor an den Projektionszentren je Flugstreifen – die sogenannte Driftkorrektur – anzubringen. Damit lassen sich systematische Fehler der dGPS- Messungen korrigieren. Dies gilt ebenso für die Geoidundulation, soweit sich Ihre räumliche Variabilität durch einen konstanten und linearen Faktor beschreiben lässt. Dies wird üblicherweise angenommen und ist sicher innerhalb des Genauigkeitspotentials der Bildorientierung für den überwiegenden Teil der photogrammetrischen Bildblöcke zutreffend. Unsere Erfahrungen bei der Aerotriangulation der Bildflüge „Unterinntal 1999“ und „Brenner Basistunnel“ (siehe WENGER-OEHN, WÜRLÄNDER 2003) weisen jedoch darauf hin, dass dies im Alpenraum genauer untersucht werden muss. Deshalb wurden am Institut für Geodäsie und Geophysik der TU Wien mit dem dort auf Grundlage des europäischen Geoids EGG97 (DENKER et. al., 1996) und weiterer Verdichtungen mittels Lotabweichungsmessungen und Geländemodell erarbeiteten Geoidmodells für die Projektionszentren die Ge oidundulationen berechnet und die Ergebnisse am Büro Wenger- Oehn analysiert. Für ausgewählte Flugstreifen (Flachgau, Kalkalpen, Zentralalpen) wurde mittels einer linearen Regression die korrigierende Wirkung der Driftparameter simuliert. Die in der Abbildung 2 dargestellten Residuen geben einen Hinweis auf den in der Aerotriangulation verbleibenden Höhenfehler. 0,4 0,3 0,2 0,1 0 -0,1 Profil Flachgau -0,2 Profil Kalkalpen -0,3 Profil Zentralalpen -0,4 Abb. 2: Undulationsfehler [m] nach Driftkorrektur an den Projektionszentren
Vom Bildflug zum virtuellen Flug über das Bundesland Salzburg Dieser Höhenfehler ist in dem nur leicht hügeligen Profil Flachgau mit wenigen Zentimetern sicher zu vernachlässigen, während die Flugprofile Kalkalpen und Zentralalpen maximale Abweichungen von 0,2m bis 0,4m aufweisen. Diese Werte befinden sich in etwa in der Größenordnung der im Rahmen der AT zu erwartenden Höhengenauigkeit. Somit wird ersichtlich, dass im Alpenraum wegen der dort stark variierenden Geoidundulation (Einfluss der Gebirgskörper auf das Schwerefeld) ein dGPS-Flug mit minimaler Passpunktkonfiguration zumindest für Maßstabsbereiche von ca. 1:20.000 und größer nicht ausreichend ist. Es sollte also eine deutliche Verdichtung der Höhenpasspunkte im Gebiet oder - wesentlich eleganter und kostengünstiger - eine Korrektur der dGPS-Höhen um die Geoidundulation erfolgen. Mit Ausnahme des Teilblockes Flachgau wurde deshalb für die Aerotriangulation Salzburg die Geoidundulation an den Projektionszentren berücksichtigt. Auch bei der Transformation der mit dGPS gemessenen Passpunkte in das Landessystem konnten in Fällen von großräumigen Festpunktnetzen im Gebirge die Spannungen zwischen den Punkten durch Korrektur um die Geoidundulation wesentlich vermindert werden. 2.4. Ergebnisse der Aerotriangulation Bereits in KERSTEN, 1999 wurde nachgewiesen, dass eine digitale AT für die wirtschaftliche Orientierung von großen Bildblöcken auch im Alpenraum geeignet ist. Dies wird durch unsere Erfahrungen mit dem System MATCH-AT (siehe ACKERMANN, KRZYSTEK 1997) durchaus bestätigt. Der in Abbildung 1 vorgezeichnete ambitionierte Zeitplan wäre mit einer analytischen AT nicht denkbar gewesen. Das Gesamtgebiet wurde für die AT in 7 Teilblöcke unterteilt. Für die drei in 2002 beflogenen Teilblöcke liegen die Ergebnisse bereits vor, wesentliche Parameter sind in der Tabelle 1 wiedergegeben. Tab. 1: Parameter der AT-Blöcke Salzburg (Bildflug 2002) Block Bilder Streifen Passp. Checkp. σ0 rms PPneu rms PPsgk rms Check RMS Proj. σ X,Y,Z (Charakter) l/q H/V H/V [µm] x/y/z [m] x/y/z [m] x/y/z [m] x/y/z [m] x/y/z [m] 0,08 0,16 0,19 0,15 0,06 Flachgau 721 18 / 3 107 / 94 26 / 23 4,93 0,07 0,17 0,23 0,14 0,07 (Hügelland) 0,03 0,07 0,22 0,28 0,25 0,06 0,10 0,10 0,19 0,07 Tennengau 467 15 / 2 61 / 60 15 / 10 5,17 0,05 0,11 0,08 0,18 0,07 (Bergland) 0,03 0,07 0,12 0,29 0,27 Pinzgau 0,07 0,13 0,20 0,21 0,07 Nord 692 17 / 3 95 / 76 70 / 46 5,02 0,07 0,15 0,24 0,20 0,07 (Bergland) 0,04 0,09 0,24 0,15 0,25 Die mittlere Genauigkeit für alle Beobachtungen (σ0) liegt mit ca. 5µm unter der halben Pixelgröße der Originalbilder und wird bei analytischen AT’s nur mit sehr hoher Sorgfalt erreicht. Die aus dem Projekt digitale SGK übernommenen Pass- und Kontrollpunkte (rms PPsgk und rms Check) passen sehr gut zum übergeordneten Passpunktsystem (rms PPneu). Damit ist zu erwarten, dass die landesweiten Orthophotos und die für die besiedelten
Roland Würländer, Manfred Farthofer, Klaus Wenger-Oehn Gebiete vorliegenden Grundkarten geometrisch übereinstimmen. Der mittlere Fehler an den Kontrollpunkten ist in keinem Fall höher als die Auflösung der Orthophotos von 25cm. Für die Eignung dieses Bildfluges im Rahmen von photogrammetrischen Auswertungen ist der Wert (σX,Y,Z) zu beachten, der die Standardabweichung (Zuverlässigkeit) aller Punkte der AT wiedergibt. Der auffällig schlechtere Genauigkeitswert für Z (Höhe) basiert auf der Kamerageometrie (Brennweite 30cm). Für neu ausgewertete natürliche Objekte müssen neben dieser inneren Genauigkeit der AT zusätzlich weitere Fehlereinflüsse (Messungenauigkeit, Definitionsunsicherheit) berücksichtigt werden, so dass ein mittlerer Fehler der Objekte mit etwa 0,3m in der Lage und 0,8m in der Höhe zu erwarten ist. 3 Erstellung eines landesweiten Orthophotomosaiks Die Erstellung eines landesweiten, homogenen Orthophotomosaiks in der feinen Auflösung von 25cm innerhalb von wenigen Monaten ist auch mit der zunehmenden Leistungsfähigkeit moderner Arbeitsplatzrechner eine anspruchsvolle technische und logistische Aufgabe. Folgende Herausforderungen mussten u.a. gemeistert werden: • Digitalisierung von knapp 4.000 Luftbildern in einer Auflösung von zumeist 12µm möglichst unter Vermeidung auch feiner Verschmutzungen (Staub etc.). • Handhabung der digitalen Bilder mit einem Gesamtvolumen von ca. 4 TeraByte. • Erstellung eines geometrisch und radiometrisch homogenen Orthophotomosaiks trotz mehrerer Tages- und eines Jahressprungs im Bildflug. Eine entscheidende Grundlage für die Qualität des Orthophotomosaiks wird bei der Digitalisierung gelegt. Bereits mit der Digitalisierung beginnt die radiometrische Anpassung von inhomogenen Bildern verschiedener Flugtage. Damit wird es der später zum Einsatz kommenden Mosaikierungssoftware erleichtert oder gar erst ermöglicht, die radiometrischen Unterschiede in den Bildern auszugleichen. Die Berechnung der Farborthobilder erfolgte mit der Software OrthoMaster (Inpho GmbH) mit den Orientierungen aus der digitalen AT und dem Geländemodell des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen (BEV) mit einer Auflösung von 10m. Für die Mosaikierung aller Bilder mit der Software OrthoVista (Inpho GmbH) ist die Datenmenge zu groß. Mit der Einteilung des Bildfluges in 7 Teilblöcke für die AT ergeben sich jedoch sinnvolle, praktikable Teilgebiete. Für die geometrische Qualität ist dabei entscheidend, dass die sehr hohe innere Genauigkeit der Teilblöcke (siehe Tabelle 1) auch über das Gesamtgebiet gewährleistet ist. Dies bietet die Software MATCH-AT mit der Fähigkeit zur unabhängigen Triangulation von Teilblöcken mit anschließender gemeinsamer Berechnung der AT. Die radiometrische Anpassung über Flugtage und auch über Teilblöcke hinweg gelingt mit OrthoVista erfolgreich und wirtschaftlich. Große Blöcke wurden automatisch berechnet, die nach intensiver Kontrolle des Gesamtmosaiks verbleibenden wenigen unsauberen Übergänge oder Doppelabbildungen von 3D-Objekten wurden zusätzlich durch nachträgliche manuelle Schnittlinienfestlegung korrigiert. Die Abbildung 3 zeigt einen Ausschnit t aus dem Farborthophotomosaik Salzburg mit Überlagerung von Vektoren aus
Vom Bildflug zum virtuellen Flug über das Bundesland Salzburg der digitalen SGK, die aus inzwischen veralteten Bildflügen stammen. Damit ist eine hohe Übereinstimmung dieser beiden grundlegenden vermessungstechnischen Datengrundlagen für das Land Salzburg dokumentiert. Abb. 3: Ausschnitt aus dem Farborthophoto Salzburg mit Überlagerung der digitalen SGK 4 Realisierung eines virtuellen Überflugs Das hochwertige Orthomosaik ist zusammen mit einem geeigneten Oberflächenmodell eine optimale Grundlage für einen virtuellen Flug über reale Landschaften wie das Bundesland Salzburg. Mit wenigen zusätzlich in 3D modellierten Objekten (Gebäude, Brücken etc.) können auf dieser Datengrundlage nahezu photorealistische 3D-Ansichten erzeugt werden (WÜRLÄNDER et. al. 1996). Allerdings hat ein virtueller Überflug für sich alleine, abgesehen für Pilotenschulungen, keine besondere wirtschaftliche Bedeutung. Erst die Verknüpfung mit zusätzlichen raumbezogenen Informationen und die benutzerfreundliche Bereitstellung dieser Information in Rechnernetzwerken (Intranet / Internet) führt zu der gewünschten Akzeptanz und zu einer weitreichenden Verfügbarkeit dieser Technologie.
Roland Würländer, Manfred Farthofer, Klaus Wenger-Oehn 4.1. Anforderungen an Daten und System Diese skizzierten Wunschvorstellungen an einen virtuellen Flug lassen sich in die vier Anforderungsklassen Datenqualität, Animation, Komfort und Informationsgehalt DATENQ UALITÄT KO MFO RT (Orthophoto, DHM, (Interaktion, intelligente 3D-Objekte, Texturen) Nutzerführung ...) SYS TEM FÜR VIRTUELLEN ANIMATIO N FLUG INFO RMATIO N (schnell, fließend, (Raumbezogenen Daten, geeignet für Internet) Graphiken ...) Objekte gruppieren (siehe Abbildung 4). Abb. 4: Anforderungsklassen an ein geeignetes System für einen virtuellen Flug Eine hohe Datenqualität durch Verwendung von hochaufgelösten Farborthophotos und von Höhenmodellen (DHM) mit feiner Maschenweite ermöglicht dem Anwender einen hohen Wiedererkennungswert der Landschaft, der mit einer zusätzlichen dreidimensionalen Darstellung von markanten Objekten inkl. Texturen in Richtung photorealistische Landschaftsdarstellung gesteigert werden kann. Für einen virtuellen Flug von entscheidender Bedeutung ist die Geschwindigkeit der Darstellung einer bewegten 3D- Szene (Animation). Der Nutzer eines virtuellen Fluges möchte rasch die interessanten Objekte oder Landschaften besuchen und von verschiedenen Blickwinkeln betrachten können, und dies. auch über das Internet ohne nervtötende Wartezeiten mit möglichst fliessenden Animationen. Für die Akzeptanz eines virtuellen Fluges ist auch ein hoher Komfort wichtig, wie zum Beispiel eine einfache, schnell erlernbare interaktive Steuerung und eine intelligente Nutzerführung (Vermeidung sinnloser Flugrichtungen, vordefinierte Flugwege). Ohne die Einbindung von zusätzlichen raumbezogenen Informationen ist ein virtueller Überflug jedoch ein Mittel ohne Zweck. Erst wenn in der virtuellen Landschaft zusätzliche Informationen (z.B. touristische Infrastruktur, Versorgungsstrukturen u.v.m.) dargestellt werden, entsteht ein visuell ansprechendes räumliches Informationssystem. Nach eingehenden Untersuchungen erfüllt das 3D-Visualisierungssystem Skyline (www.skylinesoft.com) am besten unsere hohen Ansprüche. Für dieses System werden am Büro Wenger-Oehn ein landesweites DHM und erste praktische Anwendungen erstellt. 4.2. Erstellung eines geeigneten Oberflächenmodells Zur Erstellung des für die virtuelle Landschaft grundlegenden digitalen Oberflächen- (DOM) oder Höhenmodells (DHM) wurden drei Varianten in Erwägung gezogen:
Vom Bildflug zum virtuellen Flug über das Bundesland Salzburg Die Verwendung eines kostengünstig verfügbaren großräumigen DHM (MONA) mit einer Rasterweite von 75m kommt nicht in Betracht, da sie einen zu geringen Wiedererkennungswert bietet (siehe Abbildung 5 oben). Der Einsatz des bereits für die Orthophotoerstellung genutzten DHM des BEV ist die auf den ersten Blick naheliegendeste Variante. Da jedoch für die weitere geplante vielseitige Anwendung des virtuellen Fluges die Nutzungsrechte kompliziert und teuer wären, und das DHM der festen Erdoberfläche nicht optimal für 3D-Visualisierungen geeignet ist, wurde sie zugunsten der dritten Variante verworfen. Nach ersten Untersuchungen bietet die Software Match-T (KRZYSTEK, ACKERMANN 1995) zur automatischen DHM-Ableitung die Möglichkeit, ein für Visualisierungszwecke geeignetes DOM direkt aus dem Bildflug Salzburg in einem Bruchteil der Zeit einer herkömmlichen photogrammetrischen Geländemodellerstellung (ca. 8 Mannjahre) zu erarbeiten. Bei professioneller Wahl der Berechnungsparameter wird die Oberfläche von größeren zusammenhängenden 3D-Objekten (z.B. Waldgebiete) modelliert, während einzelstehende 3D-Objekte wie Häuser oder Hecken teilweise geglättet werden. Zusätzlich verbleiben jedoch häufig fehlerhafte Bereiche wie Innenstädte mit dichter Bebauung, Seeoberflächen oder die Übergänge von den Waldoberflächen auf den Boden.
Roland Würländer, Manfred Farthofer, Klaus Wenger-Oehn Abb. 5: Virtuelle 3D-Ansichten der Salzburger Stadtberge (oben Höhenmodell mit Rasterweite 75m / unten halbautomatisch erstelltes Oberflächenmodell 10m) Im Rahmen eines Projektes der Christian Doppler Forschungsgesellschaft, an dem auch das Büro Wenger-Oehn beteiligt ist, wurden am Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung der TU Wien Filtermethoden für Laserscanning-Daten zur Anwendung auf automatisch erstellte DHM mit Match-T weiterentwickelt und durch das Büro Wenger-Oehn getestet. Diese Ergebnisse zeigen eine mit diesen Filtermethoden erzielbare deutliche Qualitätssteigerung für die Erstellung von DHM mit einem sehr geringen verbleibenden Aufwand für die manuelle Überarbeitung. Dabei entsteht kein DHM im herkömmlichen Sinn, sondern ein für die Anforderungen eines virtuellen Überflugs optimiertes Oberflächenmodell. Eine 3D-Ansicht auf Grundlage dieses Oberflächenmodells ist in der Abbildung 5 unten wiedergegeben. Die weitere Verfeinerung durch zusätzliche Modellierung von 3D-Objekten (z.B. die Salzburger Festung) ist auch nach der Erstellung des Oberflächenmodells möglich.
Vom Bildflug zum virtuellen Flug über das Bundesland Salzburg 5 Zusammenfassung und Ausblick Die Befliegung Salzburg 2002/2003 erlaubt auf Grundlage der hier vorgestellten photogrammetrischen Vorarbeiten (Digitalisierung, AT) neben dem digitalen Farborthophotomosaik für die verschiedensten Anwendungsfälle auch landesweite, qualitativ hochwertige photogrammetrische Auswertungen sowohl an digitalen als auch an analytischen Auswertesystemen. Als mögliche Anwendungsgebiete seien u.a. Raumplanung, Verkehrswegeplanung, Immissionskataster, Forstwirtschaft, Wasserwirtschaft, Wildbach und Lawinenverbauung, Aktualisierung der SGK 1:5.000 etc. genannt. Mit dem in ein leistungsfähiges Visualisierungssystem integriertem Orthophotomosaik und DOM wird der Weg zu einem landesweiten, dreidimensional erlebbaren Informationssystem für viele Anwendungen (Raumplanung, Tourismus, Immobilien- und Waldbewirtschaftung, Sportveranstaltungen u.v.m.) beschritten, das in der zunehmend vernetzten modernen Informationsgesellschaft auch vielen Nutzern einfach zur Verfügung gestellt werden kann. 6 Literatur Ackermann, F. (1994): Practical experiences with GPS supported aerial triangulation. Photogrammetric Record 14 (84), p. 861-874, 1994. Ackermann, F., Krzystek, P. (1997): Complete automation of digital aerial triangulation. Photogrammetric Record 15 (89), p. 645-656, 1997. Denker, H., D. Behrend, W. Thorge (1996): The European Gravimetric Quasigeoid EGG96. IAG Symposia 117, Proceed. of GraGeoMar96, Tokyo, 1996, Springer Verlag. Kersten, T. (1999): Digitale Aerotriangulation über die ganze Schweiz. Vermessung, Photogrammetrie, Kulturtechnik, Nr. 9, 1999. Krzystek, P., F. Ackermann (1995): New investigations into the practical performance of automatic DEM Generation. Proc. of the ACSM/ASPRS Convention, Charlotte, 1995. Wenger-Oehn, K., R. Würländer (2003): Ein internationales photogrammetrisches Projekt mit höchsten Anforderungen – Erstellung der Planungsgrundlagen für den Brenner Basistunnel. Österr. Zeitschrift f. Vermessung & Geoinformation, 2/2003, S.122-129. Würländer R., M. Gruber, H. Mayer (1996): Photorealistic Terrain Visualization using Methods of 3D-Computer-Graphics and Digital Photogrammetry. Int. archives of Photogrammetry and Remote Sensing, Vol. 31, Part B4, 972-977.
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