Corona Krise - Ausgabe 2/2020 - www.lebenshilfe-salzburg.at - Lebenshilfe Salzburg

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Corona Krise - Ausgabe 2/2020 - www.lebenshilfe-salzburg.at - Lebenshilfe Salzburg
Ausgabe 2/2020

                                                   www.lebenshilfe-salzburg.at

Schwe
        r-
 punk t
Thema           Corona Krise

 Wir hatten 82 Verdachtsfälle Seite 6
 3 Monate zu Hause Seite 12
 Vitamin i – Innovation durch Inklusion Seite 21
Corona Krise - Ausgabe 2/2020 - www.lebenshilfe-salzburg.at - Lebenshilfe Salzburg
Vor.wort

                                                     Liebe Leserin!
Michael Russ (li), Guido Güntert (re)
                                                     Lieber Leser!

Wie nicht anders zu erwarten, füllt Corona einen Großteil dieses Heftes. Viele unserer
Klient*innen zählen, so wie viele ihrer Eltern, zur Risikogruppe. So stellte die Führung der
Dienstleistungsangebote der Lebenshilfe in Corona-Zeiten eine enorme Herausforderung
dar, die fast täglich Entscheidungen verlangte, die die Abwägung zwischen den Werten `kör-
perliche Gesundheit´ und `persönlicher Freiheit´ erforderten. Oberste Prämisse war, die Zahl
der Kontaktpunkte so gering wie möglich und damit das Virus aus den Einrichtungen fern zu
halten, was auch bedeutete, dass Angehörige über weite Strecken ihren Söhnen und Töchter
lediglich auf digitalem oder telefonischem Wege begegnen konnten.

Somit waren die Einschränkungen teilweise schmerzhaft, aber wir glauben, dass sie unver-
meidbar waren. Der Erfolg, dass wir bisher nicht einen Krankheitsfall in unseren Einrichtungen
verzeichnen müssen, spendet allen Betroffenen jedoch Trost. Lassen sie uns gemeinsam auf
Holz klopfen, dass es so bleibt. In den Ländern, die anfangs locker mit Corona umgegangen
sind, wie z. B. Großbritannien, ist die Sterblichkeitsrate in Altersheimen besonders hoch.
Auch wenn Menschen mit Behinderungen, wie so oft, hier nicht extra genannt werden, ist
davon auszugehen, dass die Sterblichkeitsrate in den britischen Behinderteneinrichtungen
auch sehr hoch ist. Und sicher will niemand, dass bei uns das Gleiche passiert. Darum wer-
den wir wachsam bleiben.

Eigentlich hatten wir gehofft, Ihnen in diesem Heft von der Eröffnung des Vereinsprojektes
„Moosstraße 7“ berichten zu können. Aber Corona hat, neben ein paar anderen Dingen,
unseren Zeitplan ordentlich durcheinandergebracht. Wir hoffen das Projekt, bestehend aus
einem Secondhandgeschäft, einem Café und einem Atelier, im Herbst zu eröffnen. Wie das
alles ausschauen soll, lesen Sie im Inneren dieses Heftes.

Und noch etwas Wichtiges gibt es: Der Landesvorstand der Lebenshilfe Salzburg sucht neue

Vorstandsmitglieder. Haben Sie Interesse daran, die Entwicklung der Lebenshilfe Salzburg

mitzubestimmen? Wollen Sie sich für Menschen mit Behinderung einsetzen? Haben Sie gute

Ideen? Wenn Sie Näheres über die Vorstandsarbeit wissen wollen, melden Sie sich doch bei

Michael Russ entweder telefonisch 0664/2614802 oder per Mail michael.russ@lebenshilfe-
salzburg.at. Wir brauchen Sie!

Michael Russ                            Guido Güntert
Präsident                               Geschäftsführer
Lebenshilfe Salzburg                    Lebenshilfe Salzburg

 Lebenshilfe Salzburg | jeder.mensch 2/2020
Corona Krise - Ausgabe 2/2020 - www.lebenshilfe-salzburg.at - Lebenshilfe Salzburg
Inhalt
                                                                      Impressum
Schwer.punkt 4 CORONA KRISE                                           Offenlegung gemäß §25 des
                                                                      Mediengesetztes, ZVR-Zahl:
		            4 Immer einen Schritt voraus                            738515690
		            6	Guido Güntert: „Wir hatten 82 Verdachtsfälle“
                                                                      Eigentümer, Herausgeber,
		            8	Personen, die den Betrieb am Laufen hielten		        Verleger:
		           10	Landesrat Heinrich Schellhorn: „Niemand war          Lebenshilfe Salzburg, Verein für
                                                                      Menschen mit Behinderung,
                 auf so eine Situation vorbereitet!“
                                                                      A-5020 Salzburg,
		           12	3 Monate zu Hause                                    Nonntaler Hauptstraße 55,
                                                                      Telefon: +43 (0)662 82 09 84,
		           13	Stammtisch, Coaching und Webinare per Video
                                                                      www.lebenshilfe-salzburg.at,
		           14	Die Corona-Zeit ohne meine Tochter                   verein@lebenshilfe-salzburg.at
		           15 Erfahrungsberichte aus den Einrichtungen
                                                                      Für den Inhalt verantwortlich:
		           17	Wie sichtbar waren Menschen mit Behinderungen        Michael Russ (Präsident),
                 in der Krise?                                        A-5020 Salzburg,
                                                                      Nonntaler Hauptstraße 55

          Vor.gestellt 18	
                          Angelika Noisternig: Hoch soll sie leben!   Redaktion:
                                                                      Michael Russ (mr),
                                                                      Mag. Claudia Tomasini (tom).
      Lebens.wichtig 19	
                        Mitreden, Mitentscheiden                      Namentlich gekennzeichnete
                                                                      Beiträge spiegeln die Meinung der
                                                                      Autoren wider und müssen nicht
          Lebens.nah 20	
                        Markus geht auf Sendung                       mit der Meinung der Redaktion
                                                                      oder der Herausgeber überein-
		  „Vitamin i“ – Innovation durch Inklusion
 21	                                                                 stimmen.
		  Unser neues Projekt „Moosstraße 7“
 22	
                                                                      Grundlegende Richtung:
                                                                      Information über Anliegen der Men-
       Selbst.redend 23	
                        Persönliche Erfahrungen in der Zeit           schen mit geistiger und mehrfacher
                                                                      Behinderung und ihrer Angehörigen.
                              der Corona Krise                        Der Verein Lebenshilfe ist unabhän-
                                                                      gig von politischen Parteien und
                                                                      Kirchen.
 Pin.wand 26	
             Benefizlauf alleine
		        26 Flohmarkt der Lebenshilfe Salzburg                       Grafik:
		26 Ein Heim für den Baumschläfer                                    HG-CROSSMEDIA, Salzburg

		26	5.000 Euro von Firma Backhausen                                Fotos:
		27	       Unsere Rettung: Selbstgenähte Masken!                    Coverfoto: Adobe Stock
                                                                      Fotos: Lebenshilfe Salzburg
		27 Zivildiener gesucht!                                             (falls nicht anders angegeben)
		27 Babyelefantenabstandhalter
                                                                      Druck:
                                                                      Geschützte Werkstätten
                                                                      integrative Betriebe GmbH

                                                                      Spendenkonto:
                                                                      IBAN: AT07 3500 0000 9106 6696
                                                                      BIC: RVSAAT2S
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Immer einen
                                                               nach Hause nehmen, müssen diese bis
                                                               zumindest Ostermontag zu Hause behal-
                                                               ten. Innerhalb der Wohnhäuser werden die

Schritt voraus
                                                               Stockwerke streng getrennt und 12-Stun-
                                                               den Dienste eingeführt. Die meisten Werk-
                                                               stätten werden geschlossen, ein Notbetrieb
                                                               bleibt allerdings aufrecht. Mitarbeiter*innen,
Die Corona Pandemie hat uns vor noch nie                       die in den betroffenen Tiroler Gebieten wa-
dagewesene Herausforderungen gestellt.                         ren, werden zur Selbst-Isolation aufgerufen.
Im Vordergrund all unserer Maßnahmen stand
immer die sichere Begleitung unserer Klient*innen              Mittwoch, 18. März: Einrichtung von drei
und Mitarbeiter*innen durch die Krise. Auszug aus              Zentrallagern im Bundesland für Desinfek-
der Chronologie der Krisen-Bewältigung.                        tionsmittel, Schutzmasken, Handschuhe,
                                                               und Seife. Besonders die Bestellung der
                                                               Masken stellt die Lebenshilfe vor große
                 Freitag, der 13. März: zum ersten Mal tritt   Herausforderungen. Freiwillige im ganzen
                 das Corona-Krisen-Team der Lebenshilfe        Bundesland unterstützten mit selbstge-
                 zusammen. Das erste und vorerst letzte        nähten Masken. Bis Ende Mai werden fast
                 Mal trifft man sich im Besprechungsraum,      1.500 selbstgenähte Masken geliefert!
                 sitzt so weit wie möglich auseinander.
                 Erste Handlung: Trennung der Bereiche         Sonntag, 22. März: Erste bestätigte
                 Wohnen und Arbeit. Alle folgenden Schrit-     Corona-Erkrankung eines Klienten aus einer
                 te werden täglich über Videokonferenzen       Werkstätte im Pongau. Keine Ansteckungs-
                 besprochen, auch an Sonn- und Feiertagen.     gefahr, da drei Werktage zwischen Verlas-
                 Im Krisenteam: Geschäftsführer Guido Gün-     sen der Werkstätte und erster Krankheits-
                 tert, die Regional- und Bereichsleitungen,    zeichen lagen. Der Mann ist mittlerweile
                 Öffentlichkeitsarbeit und Betriebsrat.        wieder genesen.

                 Montag, 16. März: Zum Schutz der              Mittwoch, 25. März: Mitarbeiter*innen
                 Bewohner*innen werden Wochenend-              des Ambulatoriums sowieder Frühförde-
                 Heimfahrten vorerst eingestellt. Ange-        rung und Familienbegleitung werden zur
                 hörige, die ihre Söhne und Töchter mit        Kurzarbeit angemeldet.

4   Lebenshilfe Salzburg | jeder.mensch 2/2020
Corona Krise - Ausgabe 2/2020 - www.lebenshilfe-salzburg.at - Lebenshilfe Salzburg
CORONA KRISE           Schwer.punkt

                                                 mit Corona Verdachtsfällen und dem richti-
                                                 gen Anlegen der Schutzkleidung.

                                                 Dienstag, 22. April: Das Krisen-Team
                                                 erreichen Berichte über Klient*innen, die
                                                 sich durch die neue Situation in ungewohn-
                                                 tem Licht zeigen. Wir möchten uns ein
                                                 größeres Bild machen und starten eine
                                                 umfassende Umfrage bei allen Wohnhaus-
                                                 und Werkstättenmitarbeiter*innen über ihre
                                                 Beobachtungen.

                                                 Freitag, 8. Mai: Die erfreulichen Zahlen las-
                                                 sen ein behutsames Hochfahren all unserer
                                                 Dienstleistungen wieder zu.
Dienstag, 31. März: Die erste Ausgabe
des „Fürberg-Kurier“ erscheint. Das Team         Mitte Juni ist alles wieder im Normalbe-
in der Fürbergstraße – Klient*innen und          trieb. Die erste Krise scheint überstanden
Mitarbeiter*innen haben sich überlegt, eine      zu sein. Ohne die konsequente Beachtung
Zeitung in leichter Sprache zu machen, um        aller Hygienemaßnahmen seitens der
für die Bewohner*innen etwas Abwechs-            Angehörigen, Mitarbeiter*innen und Men-
lung in die Corona-Zeit zu bringen. In der       schen mit Behinderungen wäre das nicht
Zeitung gibt es Geschichten, Rätsel, Man-        möglich gewesen. Ihnen allen wurde vieles
dalas, was Lustiges, Gossip aus der Welt         abverlangt, doch es hat sich ausgezahlt. Ge-
der Stars & Sternchen, Kreativtipps und          meinsam gehen wir gestärkt aus der Krise
einfache Gymnastikübungen für daheim.            hervor!
Insgesamt erscheinen bis zur Einstellung
Mitte Mai 10 Ausgaben dieser grandiosen
Zeitung, die über die Landesgrenzen hinaus
mit Begeisterung gelesen wird.

Mittwoch, 8. April: Um für den Notfall
gerüstet zu sein, richtet die Lebenshilfe
in Absprache mit dem Land zwei „Covid-
Häuser“ in der Stadt Salzburg und Zell am
See ein. Diese sollen für Personen, die
getestet werden und in der Zwischenzeit
in Quarantäne müssen und für leichte Fälle                                                                Wolfgang
                                                                                                          Mösenbacher,
bereitstehen. Auch Personal für die Covid-
                                                                                                          Wohnhaus
Häuser wird gesucht – die Lebenshilfe setzt                                                               Gruberstraße
dabei auf Mitarbeiter*innen, die sich freiwil-                                                            wirbt für
lig melden.                                                                                               die Aktion
                                                                                                          #stayathome.
Donnerstag, 9. April: Unsere Diplomier-
ten Gesundheits- und Krankenpflege-
Mitarbeiter*innen erhalten eine vom Land
organisierte Hygieneschulung im Umgang

                                                                      Lebenshilfe Salzburg | jeder.mensch 2/2020   5
Corona Krise - Ausgabe 2/2020 - www.lebenshilfe-salzburg.at - Lebenshilfe Salzburg
„      Wir hatten 82
                                                             Verdachtsfälle“                          Guido Güntert

                                                              Lebenshilfe Geschäftsführer Guido Güntert
                                                              manövrierte die Lebenshilfe durch die Krise.
                                                              Ziel jeder Maßnahme war es, die Menschen mit
                                                              Behinderungen bestmöglich zu schützen.

jeder.mensch: Gehen wir                     Zu Beginn war es wirklich täg-       Ausgangspunkt war immer das,
zurück zum Donnerstag,                      lich, auch Samstag und Sonntag,      was die Bundesregierung und die
den 12.3., als bekannt wur-                 immer per Video-Konferenz. 13        Landesregierung vorgaben. Das
de, dass nach diesem Wo-                    Kolleg*innen waren da drin, u.a.     war immer unser Minimum. Zu-
chenende alles anders wird.                 der Betriebsrat, die Regionallei-    sätzlich mussten wir auf unsere
An diesem Tag gingen die                    tungen, die Öffentlichkeitsarbeit.   besondere Situation schauen, ob
ersten Anweisungen an die                   Bis heute haben wir uns ins-         wir weitere oder andere Maßnah-
Mitarbeiter*innen in den                    gesamt 39 Mal getroffen. Das         men setzen müssen.
Werkstätten und Wohnhäuser                  Krisenteam war von der ersten
raus. Wie ist es Ihnen da ge-               Stunde an damit beschäftigt, die     Was war Ihre größte Angst
gangen und was waren diese                  Lebenshilfe neu zu denken und        oder Herausforderung?
ersten Schritte?                            sich damit auseinander zu setzen,    Das war immer das Thema:
Güntert: Am 12. März ist es                 wie wir die Sicherheitsmaßnah-       Haben wir einen positiven Fall?
mir schlecht gegangen, weil ich             men gestalten können, um eine        Besonders in der Anfangszeit war
selbst krank zu Hause gelegen               Infektion zu vermeiden. Das ist      das jeden Tag Thema. Weil es
bin. Aber ich hatte die Sicherheit,         uns dann auch sehr gut gelun-        da auch die meisten Verdachts-
ein gutes Team zu haben und war             gen. Aber wir waren mit einem        fälle gab und es war täglich eine
natürlich über das Handy in Kon-            komplett neuen Thema beschäf-        unsichere Situation, ob wir einen
takt. Zu diesem Zeitpunkt ging              tigt und es war schon eine große     COVID-19 positiven Fall haben
es darum, ob wir die Systeme                Herausforderung zu einer guten       und dann allfällig eine ganze Ein-
Werkstätte /Wohnhaus trennen                Einschätzung zu kommen, was          richtung sperren müssen.
und da war die Entscheidung                 zu tun ist. Aber durch die Größe
sehr klar, das in sehr schneller            des Krisenteams, in dem wir mit      Wie viele Testungen gab es
Geschwindigkeit übers Wochen-               Dr. Kranewitter vom Ambulatori-      insgesamt?
ende umzusetzen.                            um auch eine gute medizinische       Wir hatten bei den Mitarbeiter*-
                                            Expertise mit im Team hatten,        innen bis Mitte Juni 55 und bei
Es wurde dann auch sehr                     konnten wir das recht gut be-        den Klient*innen 27 Verdachtsfäl-
rasch von Ihnen das Krisen-                 werkstelligen.                       le. Alle negativ. Zwei Klient*innen
team gebildet, das ab dem                                                        aus Werkstätten haben sich
16. März täglich virtuell                   Welche Entscheidungen                nach dem Lock down im famili-
zusammengekommen ist.                       mussten getroffen werden             ären Umfeld angesteckt, waren
Wie muss man sich die Arbeit                und was waren die Parameter          aber schon zu Hause. Aber zum
des Krisenteams vorstellen?                 für diese Entscheidungen?            Glück sind auch diese beiden

 6   Lebenshilfe Salzburg | jeder.mensch 2/2020
Corona Krise - Ausgabe 2/2020 - www.lebenshilfe-salzburg.at - Lebenshilfe Salzburg
CORONA KRISE           Schwer.punkt

wieder genesen. Wir haben           Eine 2. Welle ist möglich.           und die notwendige Schutzaus-
es durch die konzentrierte und      Wie ist die Lebenshilfe darauf       rüstung.
verantwortungsvolle Arbeit der      vorbereitet?
Mitarbeiter*innen geschafft,        Eigentlich durch die erste Welle.    Wo verbringen Sie heuer
keinen einzigen Fall in einem       Da mussten wir den Umgang            Ihren Urlaub?
Wohnhaus zu haben.                  lernen und vieles umsetzen. Wir      Keine Ahnung! Meine Frau und
                                    haben zwei Werkstätten so adap-      ich sind sehr gern in Italien, das
Wie war während dieser Zeit         tiert, dass wir potentiell COVID-    machen wir auf keinen Fall. Es
die Zusammenarbeit mit              positive Patient*innen begleiten     wird wahrscheinlich Urlaub hier
dem Land und den anderen            könnten. Das ist eine Struktur,      im Salzburger Land werden und
Trägern?                            die wir innerhalb von 48 Stunden     wir werden unser wunderschö-
Ich habe durch meine Kolleg*in-     wieder hochfahren könnten. Und       nes Bundesland genießen!
nen in den Bundesländern einen      wir haben alle Konzepte im Haus
Vergleich und da sticht das Land
Salzburg ganz klar hervor. Die
erste Videokonferenz war schon
                                       Jeden Freitag richtete sich Geschäftsführer Guido Güntert
am 17.3. – gemeinsam mit dem
Land, der Landessanitätsdirektion      an alle Mitarbeiter*innen mit neuen Informationen.
und den anderen großen Trägern.        Hier ein Auszug aus einem der „Corona-Briefe“
Die Haltung des Landes war ganz        vom 27. März an das „Hartholz-Team“:
klar: wir unterstützen euch und
werden alles dafür tun, dass ihr
                                       Liebes Hartholz-Team der Lebenshilfe Salzburg,
Träger gute Arbeit leisten könnt.
                                       diese Woche erreichte mich ein Mail einer Wohnhausleitung. Es
Schwieriger als der Lockdown           war ein langes Mail und es war spürbar, wie ergriffen die Kollegin
wurde von vielen das                   vom Engagement und den Leistungen ihrer Mitarbeiter*innen
Hochfahren empfunden.                  ist. Auch die Diplomkrankenpflegekraft und die Regionalleitung
Woran lag das?                         wurden in diesem Mail mit tiefer Dankbarkeit und hohem Respekt
Es gibt Aspekte, wo es noch            bedacht.
keine Sicherheit gibt. Das einzu-
                                       Ich kann diese Ergriffenheit gut nachvollziehen – auch ich spüre tie-
schätzen und mit dem Alltag in
                                       fe Dankbarkeit, wenn ich mir zwischendurch klar mache, dass wir
Verbindung zu bringen ist schwie-
                                       uns in einer Situation befinden, die absolut keiner von uns je auch
rig. Wir haben z.B. beschlossen,
                                       nur ansatzweise erlebt hat, geschweige denn daran gedacht hätte,
dass es heuer aus Sicherheits-
                                       dass unser Alltag sich einmal so drastisch verändern könnte! Und
gründen keine Urlaubsaktionen
                                       in dieser Situation, auch wenn die Herausforderung so groß ist und
geben wird, weil wir davon aus-
                                       uns an unsere Grenzen bringt, gelingt so vieles. Hut ab!
gehen, dass viele die neugewon-
nene Freiheit genießen werden          Die Kollegin aus dem Wohnhaus hat ihre Mitarbeiter*innen als
und es wieder eng zugehen wird.        wahre Heldinnen und Helden bezeichnet. Dem kann ich mich nur
Da haben wir Sorge. Unser tägli-       anschließen – waren die Mitarbeiter*innen der Lebenshilfe in der
cher Umgang hat ja mit viel Nähe       Zeit vor Covid die Heldinnen und Helden gegen Barrieren in Kopf
zu tun und da müssen wir gute          und Alltag, so sind sie heute die Heldinnen und Helden gegen
Rahmenbedingungen schaffen,            Covid!
um das Virus möglichst draußen
                                       Ich bedanke mich von Herzen bei Ihnen für ihr Heldentum und darf
zu halten. Das war und bleibt die
                                       auch die besten Grüße und Wünsche von Landesrat Schellhorn
größte Herausforderung.
                                       überbringen, der sich regelmäßig bei mir erkundigt, wie es der
                                       Lebenshilfe geht - xund bleim!

                                                                            Guido Güntert
                                                                   Lebenshilfe Salzburg | jeder.mensch 2/2020   7
                                                                            Geschäftsführung
Corona Krise - Ausgabe 2/2020 - www.lebenshilfe-salzburg.at - Lebenshilfe Salzburg
Wer braucht noch
                                                                                                        Masken und
                                                                                                        Desinfektions-
                                                                                                        mittel? Auch
                                                                                                        das Team
                                                                                                        „Sturkturservice“
                                                                                                        war besonders
                                                                                                        gefordert.

Personen, die den Betrieb
am Laufen hielten
Im Hintergrund waren viele Personen nötig, die dafür sorgten, den Betrieb während der
Corona-Krise am Laufen zu halten. Zentral war dabei das Krisenteam, welches zu
Beginn des Lockdowns beinahe jeden Tag tagte. Die dort beschlossenen Maßnahmen
wurden dann schnellstmöglich von den unterschiedlichen Teams umgesetzt.

Drehscheibe für                             perger vor einem umfangreichen      fälle und die entsprechende
Corona-Verdachtsfälle                       Aufgabenpaket. Sie war primär       Kommunikation mit den Häusern
Zuständig für die fachliche Ent-            mit dem DGKP-Team (Diplomier-       zuständig. Bei ihr sind die Fäden
wicklung und Innovation in der              te Gesundheits- und Kranken         zusammengelaufen, wenn es
Lebenshilfe stand Maria Bogens-             Pfleger*innen) für die Verdachts-   irgendwo in der Lebenshilfe – sei
                                                                                es bei KlientInnen oder Mitarbei-
                                                                                terInnen – Testungen gab. Sie
                                                                                hat sich dann in Kooperation mit
                                  J etzt sind wir dabei, die Zeit
                                                                                1450 (Rettung), Sanitätsbehörde
                                  gemeinsam aufzuarbeiten.                      und dem Landeskrankenhaus
                                  Wir haben die Einrichtungen                   bemüht, dass die Lebenshilfe
                                                                                sehr schnell zu den Testergebnis-
                                  und alle Angehörigen
                                                                                sen kommt. Das war am Anfang
                                   gebeten, ihre Erfahrungen                    schwierig, funktionierte aber mit
                                  mit uns zu teilen, damit wir                  der Zeit immer besser.
                                  daraus Entwicklungsschritte
                                  ableiten können.“
                                                        Maria Bogensperger

 8   Lebenshilfe Salzburg | jeder.mensch 2/2020
Corona Krise - Ausgabe 2/2020 - www.lebenshilfe-salzburg.at - Lebenshilfe Salzburg
CORONA KRISE           Schwer.punkt

     Masken und Desinfek-
     tionsmittel – begehrte
     Güter im Frühjahr 2020
     Hygieneplanung, Beschaffung
     und Auslieferung von angemes-
     sener Schutzkleidung, Masken,                                                                            Letica Stepanovic
     Desinfektionsmittel und Pflege-                                                                          war eine von vielen
     betten standen auf der Agenda                                                                            Reinigungskräften,
                                                                                                              die durch erhöhte
     des Teams der Strukturservices.
                                                                                                              Hygienemaßnahmen
     Die Besorgung dieser Güter war
                                                                                                              für mehr Sicherheit
     in einer Zeit, wo die österreichi-                                                                       sorgten.
     sche Bevölkerung sogar Nudeln
     und Klopapier hamsterte, anfangs
     eine schier unlösbare Aufgabe.
     Das Lebenshilfe-Team zeigte sich
     jedoch hartnäckig und kreativ,           Die IT-Abteilung sorgte dafür,           Kurzarbeit – neue,
     wodurch nie ein Engpass ent-             dass an den zahlreichen Online-          arbeitsrechtliche
     stand.                                   Teamsitzungen auch alle not-             Herausforderungen
                                              wendigen Personen teilnehmen             Auch die Lebenshilfe musste
     Für den Bedarfsfall wurden               konnten. Michael Riedel sagt             Kurzarbeit anmelden. Das betraf
     „Quarantäne-Häuser“ geschaf-             dazu: „Die Wochen mit den                MitarbeiterInnen des Ambula-
     fen, wo Menschen mit leichtem            Ausgangsbeschränkungen waren             toriums und der Frühförderung,
     Covid-19-Verlauf betreut werden          für uns beruflich und privat eine        deren Tätigkeit für diese Zeit
     können. Diese Stationen wurden           bewegte Zeit. Zu den erhöhten            nicht angeboten werden durfte.
     zum Glück nicht benötigt.                Belastungen zu Hause kamen               Betriebsrat und Personalabteilung
     Einen wesentlichen Beitrag leis-         auch noch eine Vielzahl neuer            standen dazu in gutem Austausch
     teten auch die Reinigungskräfte          Heimarbeitsplätze und Leitungs-          und setzten die – sich manchmal
     in der Lebenshilfe. Sie waren ver-       probleme in kurzer Zeit dazu. Wir        von einem auf den anderen Tag
     antwortlich dafür, die verstärkten       sind froh, wenn wieder der Alltag        ändernden - Bestimmungen um.
     Hygieneauflagen in den Einrich-          einkehrt!“                               Außerdem wurde eine eigene
     tungen und der Landesgeschäfts-                                                   Corona-Betriebsvereinbarung
     stelle umzusetzen.                                                                ausgehandelt.

                                                                                       Das Team der Personalabteilung
                                                                                       war unter anderem in Kontakt mit
                                                                                       dem Arbeitsinspektorat und dem
                                                                                       AMS, musste alle Fortbildungen
                                                                                       und Kurzzeitpraktika absagen
                                                                                       und war zu Beginn der Krise mit
                                                                                       einem Bewerbungseinbruch
                                                                                       konfrontiert. Beim Roten Kreuz
                                                                                       meldeten sich für die Lebenshilfe
                                                                                       Salzburg 25 ehemalige Zivildiener.
                                                                                       Diese konnten in ihren früheren
                                                                                       Einrichtungen eingesetzt werden.
Auch der Betriebsrat war während Corona intensiv mit arbeitsrechtlichen Fragen
beschäftigt (Archivbild).

                                                                                 Lebenshilfe Salzburg | jeder.mensch 2/2020   9
Corona Krise - Ausgabe 2/2020 - www.lebenshilfe-salzburg.at - Lebenshilfe Salzburg
Schwer.punkt             CORONA-KRISE

„      Niemand war
       auf so eine
                                                                               und allen Trägern: wöchent-
                                                                               liche Meetings, in denen wir
                                                                               alle gemeinsam es geschafft
                                                                               haben, trotz aller Unterschie-
                                                                               de eine gemeinsame Vor-
                                                                               gangsweise festzulegen. Und

       Situation
                                                                               als Lebenshilfe darf ich sagen:
                                                                               es war eine traumhaft gute
                                                                               Kommunikation mit dem Land

       vorbereitet!“
                                                                               in einem sehr guten Klima.
                                                                               Welche Meilensteine waren
                                                                               für Sie die wichtigsten?
                                         Soziallandesrat Heinrich Schellhorn
                                                                               Wichtig war, dass die Menschen
                                                                               in den Einrichtungen sich sicher
                                                                               gefühlt haben und nicht das
                                                                               Gefühl hatten, eingesperrt zu
Gehen wir drei Monate zurück:               Schutz anzugehen und die richti-   sein. Ab dem Zeitpunkt, ab dem
Wie haben Sie den Anfang                    gen organisatorischen Maßnah-      es Lockerungen gab, war das
des Shutdowns erlebt und                    men zu treffen, um diesen Schutz   eine große Gratwanderung. Mir
was war für Sie persönlich die              zu garantieren. Das war für uns    persönlich ist das Grundrecht auf
größte Herausforderung?                     alle eine große und komplett       Teilhabe und Privatsphäre sowie
Schellhorn: Nachdem ich in                  neue Herausforderung.              auf Austausch sehr wichtig. Das
Salzburg verantwortlich für                                                    ist die schwierige Aufgabe, dies
vulnerable Gruppen bin, nämlich             Im Namen der Lebenshilfe darf      seit den Lockerungen gemein-
die Bewohner*innen in Seni-                 ich ein großes Kompliment an       sam umzusetzen. Das ist fast
orenwohnhäusern und in den                  das Land aussprechen. Es gab       schwieriger als am Anfang der
Behinderteneinrichtungen war es             von Anfang an eine gute Zu-        Shutdown, als das Schutzbedürf-
für mich sehr heikel, das Thema             sammenarbeit mit dem Land          nis im Vordergrund stand.

10   Lebenshilfe Salzburg | jeder.mensch 2/2020
CORONA KRISE           Schwer.punkt
Soziallandesrat Heinrich Schellhorn
im Gespräch mit Claudia Tomasini
(Lebenshilfe).

        Für unsere Mitarbeiter*innen         sam anschauen, welche Mehr-           Wenn Sie sich nun diese
        war ein ganz wichtiger Schritt       aufgaben oder Mindereinnahmen         3 Monate anschauen: Welche
        die Einrichtung der COVID-           in den einzelnen Leistungsbe-         Lehren können wir daraus
        Häuser. Allein die Sicherheit,       reichen gegeben sind. Diese           ziehen, was können wir
        dass wir im Fall einer Erkran-       werden wir ausgleichen, wo es         mitnehmen?
        kung eines Klienten/einer            notwendig ist. Genauso wichtig        Sollte es zu einer zweiten Welle
        Klientin eine vorübergehende         ist mir aber der Blick auf die Men-   kommen, sind wir viel besser
        gute Unterbringungsmöglich-          schen mit Behinderungen und           vorbereitet, was die Schutzaus-
        keit haben, hat viel Druck ge-       ihre Angehörigen: Dort, wo die        rüstung angeht, da haben wir
        nommen. Wissen sie, wie das          Betreuung selbst übernommen           Reserven aufgebaut. Insgesamt
        in den anderen Bundesländern         wurde in der Covid-19-Phase und       hoffe ich, dass in der Gesell-
        gelöst wurde?                        trotzdem Eigenbeiträge vorge-         schaft eine größere Bereitschaft
        In anderen Ländern ist das nicht     schrieben waren, wird es auto-        für das Miteinander entstanden
        so klar gelaufen. Für mich war       matisch von Seiten des Landes         ist. Und was ganz wichtig ist, ist
        es von Anfang an wichtig, den        eine Rückverrechnung geben.           zu lernen, dass ein funktionieren-
        Menschen und den Trägern                                                   der Sozialstaat mit dem dichten
        Sicherheit zu geben und ich habe     In den Medien stand die Ziel-         sozialen Netz, das wir aufgebaut
        mir mit großer Sorge die interna-    gruppe in den Seniorenwohn-           haben, enorm wichtig ist in so
        tionalen Berichte angeschaut und     häusern im Fokus. Menschen            einer Krise. Das muss auch die
        gewusst, wie wichtig es ist, dafür   mit Beeinträchtigung in Wohn-         Lehre für die Zukunft sein. Und
        zu sorgen, dass diese Menschen       einrichtungen, von denen viele        das ist auch mein Bestreben in
        bei einem Verdachtsfall sofort       zu einer Risikogruppe gehören         der Politik, dass es zu keinen
        in ein vollprofessionelles medi-     und ähnliche strenge Bedin-           Einsparungen im Sozialbereich
        zinisches Umfeld kommen, um          gungen hatten wie in Senio-           kommt, weil man Schulden
        die anderen Bewohner*innen           reneinrichtungen, waren kaum          aufgebaut hat, sondern dass man
        und die Mitarbeiter*innen zu         Thema, sind schlicht nicht im         eine Garantie für den Sozialstaat
        schützen. Dieser Weg hat sich        Bewusstsein von Medien und            abgibt!
        bewährt. Wir hatten keine Fälle      Bevölkerung. Woraus schlie-
        in den Behinderteneinrichtungen,     ßen Sie das? Sehen Sie hier           Zum Abschluss eine private
        aber wir wären darauf vorbereitet    mehr Aufklärungsbedarf?               Frage: Wie werden Sie
        gewesen!                             Auch wir bemühen uns sehr,            heuer Ihren Sommerurlaub
                                             dass wir die Themen, die Men-         verbringen?
        Wir als Lebenshilfe haben eine       schen mit Behinderungen be-           Schellhorn (lacht): Auf Urlaub
        große Solidarität des Landes         treffen, in die Medien bringen.       geht’s in die Südoststeiermark.
        erlebt – auch finanziell, beson-     Aber ich kann nach sieben Jahren      Leider zu kurz, aber ein paar Tage
        ders in Bezug auf die Tagsätze.      Regierungsarbeit sagen, dass          gehen sich schon aus.
        Was kommt finanziell auf uns         man da öfter auf taube Ohren
        als Träger noch zu, welche           stößt, als wenn es um andere Be-      Vielen Dank für das Gespräch!
        Kosten übernimmt das Land?           völkerungsgruppen geht. Das ist
        Ich habe sofort die Devise raus-     eine gemeinsame Aufgabe, mehr
        gegeben, dass wir keinen Träger      den Fokus auf die Sichtbarkeit zu
        im Stich lassen und uns gemein-      legen.

                                                                             Lebenshilfe Salzburg | jeder.mensch 2/2020   11
Schwer.punkt

3 Monate zu Hause
Susanna Riebl ist die Mutter von Moritz (31), der in der                          Wie ging es der Familie
Außengruppe der Werkstätte Seekirchen arbeitet und im                             emotional in dieser
Wohnhaus Oberndorf wohnt. Moritz war exakt                                        Zeit des ungewohnten
drei Monate zu Hause. Eine Zeit mit Höhen und Tiefen.                             Zusammenlebens?
                                                                                  Gefühlsmäßig war es eine Hoch-
                                                                                  schaubahn. Auch wenn Moritz
jeder.mensch: Wie haben Sie                 1000er Puzzle gemacht, das er zu      bereits 31 Jahre alt ist, ist er eher
Mitte März den Shut down                    Weihnachten bekommen hat mit          kindlich und über den Verstand
erlebt?                                     dem Motiv Salzburg bei Nacht.         nur schwer zu erreichen. Er zieht
Fr. Riebl: Moritz war schon                 Moritz ist ein wahrer Puzzle König    viel Aufmerksamkeit in intensiver
am Freitag da, weil es sein                 und hatte das Puzzle in 2 Tagen       Weise auf sich und versteht es
Heimfahr-Wochenende war. Wir                fertig. Wir haben auch gemein-        ausgezeichnet, meinen Mann und
wurden noch am Wochenende                   sam gekocht und Kuchen geba-          mich zu polarisieren. Das war in
von Simone vom Wohnhaus der                 cken, aber auf Dauer war das          dieser Corona-Zeit in verstärktem
Lebenshilfe informiert, dass wir            alles nicht mehr so interessant.      Ausmaß der Fall, da er die ersten
uns entscheiden müssten, ob er                                                    zwei Monate rund um die Uhr mit
bei uns bleibt oder im Wohnhaus;            Waren Sie auch mit der                uns verbracht hat.
im letzteren Fall hätten wir ihn            Werkstätte in Kontakt?
allerdings während der folgenden            Die Werkstätte hat glücklicher-       Konnte man ihn auch alleine
Wochen/ Monate nicht sehen                  weise ab 24. März Heimarbeit          lassen?
dürfen und so haben wir ent-                angeboten, die wir sehr gern          Ja, Moritz ist kein Spaziergänger
schieden, dass er bei uns bleiben           angenommen haben. Beschäf-            und mein Mann und ich konnten
soll.                                       tigung war unglaublich wichtig!       schon auch einmal gemeinsam
                                            Moritz hat sich gleich seine          spazieren gehen oder einen klei-
Wie haben Sie die Zeit                      Arbeitsaufträge gewünscht: „Ha-       nen Ausflug ohne ihn machen.
verbracht?                                  kerl“ und „Clip an der Kordel“...,    So etwas ist möglich. Uns war es
Moritz fährt mit meinem Mann                diese Auftragsarbeiten sind fan-      wichtig, Moritz schon sehr früh
gerne Tandem, da kann er gut                tastisch: u.a. zwei riesige Schach-   zu möglichst hoher Selbständig-
Energien abladen. Er ist auch ein           teln mit 20.000 Hakerl. Wir haben     keit zu erziehen. Er kann alleine
begeisterter Mandala- Maler und             einen eigenen „Arbeitsplatz“ für      Bus- und Bahnfahren und tut das
hat in dieser Zeit viele Manda-             Moritz eingerichtet, wo er sich       sehr, sehr gerne! Als es wieder
las gemalt. Und wir haben ein               ausbreiten konnte.                    möglich war, hat er Ausflüge mit

12   Lebenshilfe Salzburg | jeder.mensch 2/2020
CORONA KRISE            Schwer.punkt

dem Bus nach Mattsee und mit         haben sich während der Corona-        mäßige Radfahren etliche Kilos
dem Zug zum Attersee und zum         Zeit auch Karten geschrieben.         „abgespeckt“) Ich finde, Moritz
Traunsee unternommen. Das sind                                             ist unglaublich gewachsen in
so seine Highlights!                 Wie war für Sie die Kommuni-          dieser Zeit; Er kann seine Ge-
                                     kation mit der Lebenshilfe?           fühle oft schwer ausdrücken,
Wollte er wieder in die Werk-        Perfekt. Manuela von der Au-          wenn etwas nicht passt - jetzt
stätte und ins Wohnhaus?             ßengruppe war super. Sie hat die      artikuliert er sich viel besser oder
Empfindet er das Wohnhaus            Aufträge gebracht und geholt und      schreibt es auf. Er hat auch vom
als sein Zuhause?                    auch Simone vom Wohnhaus hat          ersten Corona-Tag an begonnen,
Ja, unbedingt, das Wohnhaus ist      uns immer wieder informiert.          Tagebuch zu schreiben und hat
sein Zuhause! Aber er wusste,                                              das bis jetzt beibehalten. Heraus-
dass es vorher nicht möglich         Wenn Sie zurückschauen.               ragend für mich ist auch, dass
ist und hat es gut akzeptieren       Würden Sie Moritz wieder zu           er die ganze Corona-Zeit über
können. Aber er hat sich schon       Hause behalten?                       keinen einzigen epileptischen
sehr aufs Wohnhaus gefreut.          Eigentlich schon. Drei Monate         Anfall hatte.
Besonders auf seine Lieblings-       waren einfach lang, aber wir
Betreuer*innen, aber auch auf die    haben die Zeit auch gut genutzt.      Vielen Dank für das Gespräch
anderen Bewohner* innen. Sie         (z.B. hat Moritz durch das regel-     und alles Gute!

Stammtisch, Coaching und
Webinare per Video
In Windeseile wurde während
der Corona-Zeit das Angebot
für Klient*innen, aber auch
Mitarbeiter*innen an die Situ-
ation angepasst. So hat das                                                                           Englischkurs
PACT-Team 2 Mal wöchentlich                                                                           per Video:
einen Stammtisch angeboten –                                                                          Die neuen
                                                                                                      Erfahrungen
natürlich virtuell – der gut ange-
                                                                                                      wurden
nommen wurde. Für die teilneh-                                                                        durchwegs
menden Klient*innen war der                                                                           positiv erlebt.
Stammtisch per Video eine gute
Möglichkeit, neue Leute kennen-
zulernen und sich auszutauschen.     Auch Fortbildungen konnten            erzählt Monika Daoudi-Rosen-
                                     teilweise mit diesem Programm         hammer aus der Personalabtei-
Besonders gebraucht wurde            stattfinden. „Besonders gut           lung. Das Video-Seminar wurde
Einzelcoaching-Einheiten von         angenommen wurde der „Hu-             sehr gut angenommen und das
PACT, die auch per „microsoft        morcocktail“, bei dem bis zu 15       Thema „Humor“ hat besonders
teams“ abgehalten und gerne          Leute aus 7 Einrichtungen an 6        für Menschen, die nonverbal
angenommen wurden.                   Terminen teilgenommen haben“,         sind, gut funktioniert.

                                                                     Lebenshilfe Salzburg | jeder.mensch 2/2020   13
Schwer.punkt             CORONA KRISE

Die Corona-Zeit
ohne meine Tochter
Ein Erfahrungsbericht von Hannelore Luschan

                                                                 Simone Luschan mit Unterstützerin in der Werkstätte.

Meine Tochter Simone wurde                  erfolgen. Eltern und Angehörige       den Eltern. Bewohner*innen in
vom 16.03. bis 12.06.2020 im                sind grundsätzlich, vor allem aber    Senioreneinrichtungen verblei-
Wohnhaus Wals beispielgebend                in diesen schwierigen drei Corona     ben 365 Tage im Jahr in ihren
betreut. Selbstverständlich war             Monaten, keine Nebensache. Sie        Einrichtungen. Menschen mit
diese Situation für alle Beteilig-          sind ein wichtiges Rädchen in         Beeinträchtigung arbeiten wo-
ten eine große Herausforderung,             der Betreuung und in der Zusam-       chentags in Werkstätten und
da die 24-Stundenbetreuung für              menarbeit zwischen Werkstätte-        wohnen periodisch auch noch im
meine Tochter und auch mich                 Wohnhaus-Elternhaus.                  Elternhaus. Auch bei Besuchen
Neuland waren. Simone hat sich                                                    kommt das Umkehrprinzip zum
im positiven Sinn verändert.                Was mich betroffen gemacht hat        Tragen. Bewohner in Senioren-
Durch den Abbau vor allem vom               war die Tatsache, dass auch nach      einrichtungen sind alt, Besucher
Morgenstress und der konstanten             gut verlaufenen Aufenthalten Zu-      sind größtenteils jung und auch
mehrstündigen Betreuung des                 hause Angehörige keinen Zutritt       zahlreicher (Kinder, Enkelkinder,
gleichen Mitarbeiters/der glei-             zu den jeweiligen Wohnhäusern         Geschwister, Freunde, ehemalige
chen Mitarbeiterin wurde Simone             hatten, während Therapeut*innen       Nachbarn usw.). Menschen mit
viel ausgeglichener, ruhiger, ohne          und Fußpfleger*innen der Aufent-      Beeinträchtigung in Wohneinrich-
Verlust von Mobilität.                      halt in den Zimmern der Be-           tungen sind größtenteils jung und
                                            wohner möglich war. Dies rührt        die Besucher (Eltern) sind alt und
Gewünscht hätte ich mir einen               sicher aus der Tatsache, dass         in geringer Anzahl meist nur ein
besseren Informationsaustausch              Menschen mit Beeinträchtigung         Elternteil.
zwischen Mitarbeiter*innen                  in einen Topf mit Senior*innen
und Angehörigen, vor allem, da              geworfen werden. Bei Bewoh-           Trotz einiger Hindernisse, wie
meine Tochter nicht kommuni-                nern von Senioreneinrichtun-          oben beschrieben, gratulie-
zieren kann. Aufgrund der Tat-              gen handelt es sich aber um           re ich allen – Betreuer*innen,
sache, dass ich das Wohnhaus                Menschen, die in ihrem letzten        Bewohner*innen und Angehöri-
nicht betreten konnte, war ich              Lebensabschnitt betreut und           gen -, dass wir alles so gut ge-
auf deren Aussagen angewie-                 gepflegt werden. Bei Menschen         schafft haben. Diese drei Monate
sen. Wichtige Informationen,                mit Beeinträchtigung ist das doch     mit Corona waren eine Heraus-
wie aktueller Stand über Heim-              umgekehrt der Fall. Diese sind        forderung für alle Betroffenen, für
fahrzeiten, Besuchszeiten und               zum Großteil aktiv, ja teilweise      alle war es das erste Mal und ich
Bewohneraktualitäten wie Grup-              sogar überaktiv und befinden sich     hoffe, auch das letzte Mal!
penöffnungen usw. sollten direkt            bei der gewählten Wohnform auf
vom Wohnhaus auf schnellstem                dem Weg zur Selbständigkeit
Weg (per E-Mail oder telefonisch)           und im Ablösungsprozess von

14   Lebenshilfe Salzburg | jeder.mensch 2/2020
CORONA KRISE           Schwer.punkt

Erfahrungsberichte aus den
Einrichtungen
Während in der Coronakrise die Arbeit in den Werkstätten sehr reduziert war –
pro Werkstatt kamen nur ein bis vier Klient*innen - gab es in den Wohnhäusern durchgehend
24-Stundenbetreuung. Das machte es notwendig, Werkstattbetreuer*innen in den
Wohnhäusern einzusetzen. Ein Experiment, das in jeder Hinsicht geglückt ist.

Besuche während der Corona-Zeit waren nicht                         Ein Gartenkonzert mit großem Abstand
erlaubt, aber Zaungespräche mit großem Abstand                      war das größte Highlight im Seniorenwohnhaus
wurden ermöglicht.                                                  in Gneis. Danke für diesen Lichtblick!

Wohnhaus Abtenau                      zu machen, brachte einiges an        Erich Winkler hält auch fest, dass
Josef Gsenger (Klient) und Erich      Abwechslung. In der Bärlauch-        die Entschleunigung einigen
Winkler (Werkstätte Abtenau) aus      zeit gab es öfter mal Nudeln mit     der Klient*innen sehr gut getan
Abtenau, haben dazu einiges zu        selbstgemachtem Bärlauchpes-         hat. In der Früh gab es keinen
berichten: „Wir hatten das Glück,     to. Der Begegnungsraum des           Stress damit, rechtzeitig fertig
dass es im Wohnhaus in Abtenau        Wohnhauses ließ sich gut für die     zu werden, um in die Werkstatt
gute Räume gibt. Hierher konnten      Industriearbeit nutzen, die sonst    gehen zu können. Viele der
wir einiges von der Werkstattrou-     in der Werkstatt erledigt wird.      sonst üblichen Termine mussten
tine verlegen, was für manche
Klient*innen sehr wichtig war.
Außerdem konnten wir viele
Wanderungen und Spaziergänge
machen, weil wir in einer sehr                                                                     Josef und
selbständigen Gruppe waren.“                                                                       Erich sind der
                                                                                                   Meinung, dass
Die Abtenauer hatten auch den                                                                      es ihnen in der
Vorteil, dass der kleine Ort von                                                                   Coronazeit
                                                                                                   sehr gut
viel Natur umgeben ist. Kräuter
                                                                                                   gegangen ist.
suchen, um Salben und Säfte

                                                                     Lebenshilfe Salzburg | jeder.mensch 2/2020   15
Schwer.punkt             CORONA-KRISE

                                                                                 wohnen ältere Damen, die ihre
                                                                                 Zeit auch sehr genossen haben.
                                                                                 Auch die 12-Stunden Dienste
                                                                                 waren für alle super, weil man
                                                                                 mehr mit den Bewohner*innen
                                                                                 machen konnte. Zum Beispiel
                                                                                 gemeinsam den Wohnraum zu
                                                                                 dekorieren, zu basteln, im Garten
                                                                                 zu sein oder spazieren zu gehen.
Beim Essen im Wohnhaus Radstadt – das Bild entstand vor
                                                                                 Wichtig war in der Zeit, dass es
drei Jahren im Rahmen eines Kochworkshops.
                                                                                 auch Arbeit von der Werkstätte
                                                                                 gegeben hat. Eine Bewohnerin
coronabedingt ausfallen, das                aufgenommen, die Zusammenar-         hat die Dampf-Bügelstation von
Pflichtprogramm war kleiner als             beit funktionierte sehr gut.“        der Werkstätte ins Wohnhaus
sonst. Daraus hat man einiges               Die einrichtungsübergreifende Zu-    geliefert bekommen und täglich
gelernt. Josef Gsenger wird in              sammenarbeit in der Coronakrise      Bügelaufträge erledigt, andere
Zukunft vormittags später in der            hat zweifellos das gegenseitige      haben Auftragsarbeiten gemacht.
Werkstatt anfangen, um sich in              Verständnis zwischen Werkstatt-      Dadurch hatten wir eine gute
Ruhe fertigmachen und mit Ge-               und WohnhausmitarbeiterInnen         Struktur.
nuss frühstücken zu können, eine            stark verbessert. Man hat die Ar-
Form der Altersteilzeit.                    beit der jeweils anderen gesehen     Als dann nach 2 Monaten die
                                            und verstanden. Dadurch konnten      ersten Klient*innen von den
Wohnhaus                                    einige Missverständnisse und         Eltern wieder zurück ins Wohn-
Rottmayrgasse                               Vorurteile ausgeräumt werden.        haus durften, haben sie sich sehr
In der Stadt Salzburg gibt es eini-         Die Videos mit den Interviews        gefreut. Besonders natürlich jene
ge Unterschiede zu den Lebens-              aus Abtenau und der Rottmayr-        aus dem Teilbetreuten Wohnen.
hilfe Einrichtungen in den Gauen.           gasse finden Sie auf der Face-
Während die Wohnhäuser in den               bookseite der Lebenshilfe Salz-      Rückblickend muss ich sagen,
Gauen meist Klient*innen aus                burg.                                dass das Runterfahren einfacher
einer einzigen Werkstatt bewoh-                                                  zum Annehmen war, als das wie-
nen, leben in den Wohnhäusern               Wohnhaus Radstadt                    der Hochfahren. Die langsamen
in der Stadt Personen aus unter-            Ramona Salicevic: „Die ersten        Etappen waren zum Teil verwir-
schiedlichen Werkstätten. Außer-            zwei Monate waren nur 8 von 19       rend und das war schwieriger zu
dem kennen sich Wohnhaus- und               Bewohner*innen da. Den Ange-         kommunizieren als das völlige
Werkstattbetreuer*innen unter-              hörigen war die Sicherheit sehr      Runterfahren mit den allgemein
einander nicht so gut, wie das in           wichtig und sie waren von Anfang     gültigen strikten Regeln.
den kleineren Orten der Fall ist.           an sehr kooperativ. Die 8 Leute
Trotzdem hat der coronabedingte             waren auf 3 Gruppen aufgeteilt       Fachwerkstätte
Wechsel auch in Salzburg gut                und es ist ihnen super gut gegan-    Fürbergstraße
funktioniert.                               gen. In der mittleren Wohnung        Doris Forster und Kathi Premm:
                                            war zum Beispiel eine Dame mit       „Die Corona-Krise hat uns alle
Manfred Müller, Betreuer in der             Autismus alleine im Stockwerk,       völlig unerwartet und unvorberei-
Werkstatt Kreuzhofweg, war                  der es sehr gut getan hat, so viel   tet in allen Lebensbereichen ge-
einige Wochen lang im Wohn-                 ungeteilte Aufmerksamkeit zu be-     troffen. Sowohl die Beschäftigten
haus Rottmayrgasse tätig: „Wir              kommen mit wenig zusätzlichen        als auch die Unterstützer*innen
wurden im Wohnhaus sehr gut                 Reizen. Im oberen Stockwerk          mussten höchste Flexibilität

16   Lebenshilfe Salzburg | jeder.mensch 2/2020
CORONA KRISE      Schwer.punkt

beweisen, um sich auf die neuen     sehr wenig Unterstützung aus-
Lebensumstände einzustellen.        kommen. Neben der Begleitung
Veränderung schüren Unsicher-       in der Werkstätte wurde auch
heiten und Ängste, doch das         versucht, mit den Beschäftigten,
Team von Unterstützungsperso-       die das wollten, telefonisch oder
nen und Beschäftigten aus der       per Email Kontakt zu halten. So
Fürbergstraße hat es geschafft,     entstand die Idee, ihnen auf digi-   Erich Girlek
diesen zu trotzen und aus der       talem Weg kleine Beschäftigun-
schwierigen Lage das Best-          gen wie Mandalas oder Rätsel
mögliche herauszuholen. In der      fürs „Home Office“ zukommen
Fürbergstraße arbeiten viele        zu lassen. Aus diesem ursprüng-      Wie sichtbar
Beschäftigte, die ihren Alltag      lich kleinen Funken, entstand bald
nahezu selbständig bestreiten,      das Projekt „Fürberg Kurier.         waren
die alleine wohnen oder mit nur
                                                                         Menschen mit
                                                                         Behinderungen
                                                                         in der Krise?
                                                                         Auch „Der Tag der Inklusion“
                                                                         am 5. Mai stand ganz im
                                                                         Zeichen der Krise.
                                                                         Jetzt zeigte sich: wie inklusiv ist
                                                                         unsere Gesellschaft wirklich?
                                                                         Wie sichtbar – oder unsichtbar
                                                                         – sind Menschen mit Behinde-
                                                                         rungen und ihre Angehörigen
                                                                         in herausfordernden Zeiten
                                                                         wie diesen?

Der Fürberg Kurier                                                       Selbstvertreter Erich Girlek
Das ist eine digitale Zeitung in einfacher Sprache, die den Daheim-      forderte bei der Online-Presse-
gebliebenen den eingeschränkten Alltag verschönern und die               konferenz: „Der Grundsatz der
Langeweile etwas vertreiben sollte. Neben den „Mitmach-Seiten“           Selbstvertretung „Nichts über
zum Ausmalen und Rätseln wurden Beiträge rund um das Thema               uns ohne uns“ muss auch in
Corona in Einfacher Sprache und mit vielen Bildern erklärt, es gab       Krisenzeiten gelten. Deshalb
eine Fortsetzungsgeschichte über die erste große Liebe, lustige          müssen Menschen mit Behin-
Bildstrecken, etwas zum Lachen und vieles mehr. Aus der kleinen          derungen in den Krisenstäben
Idee wurde schnell ein umfangreiches Projekt, das mit 2 Ausgaben         eingebunden werden!“
pro Woche nicht nur bei den Leser*innen sondern auch bei den             Und weiter: „Es wird noch
Produzent*innen für reichlich Abwechslung sorgte.                        schwieriger für Menschen mit
                                                                         Lernschwierigkeiten, einen
Hier gibt´s den Fürbergkurier zum Nachlesen:                             Job am ersten Arbeitsmarkt
www.lebenshilfe-salzburg.at/aktuelles/der-neue-fuerberg-kurier.html      zu bekommen. Ich fordere die
                                                                         Bundesregierung auf, hier ein
                                                                         Konzept vorzulegen.“
                                                                                                  17
Vor.gestellt

                                                                          Hoch soll sie
                                                                          leben!
                                                                           Angelika Noisternig feierte während der
                                                                           Corona-Zeit ihren 60. Geburtstag!
                                                                           Mit 40 Jahren bei der Lebenshilfe, davon
                                                                           15 als Betriebsratsvorsitzende, hat sie
                                                                           wie kaum eine andere die Lebenshilfe
                                                                           mitgestaltet und mitgeprägt.
   Unvergessen sind für viele
   Mitarbeiter*innen die perfekt
   organisierten, stimmungsvollen
   Betriebsausflüge! Allen Aufga-                    „Der Grundstein zu meiner lang-        Ich putzte mit der damaligen
   ben und Herausforderungen ist                     jährigen Tätigkeit bei der Lebens-     Leiterin das leere Haus durch, da
   Angelika immer mit viel Herz und                  hilfe wurde im Jahr 1978 gelegt.       am nächsten Tag die Klient*innen
   noch mehr Verstand entgegenge-                    Damals absolvierte ich im Rah-         vom 14-tägigen „Sommerlager“
   treten. Ein Engagement, das mit                   men meiner Ausbildung zur Dipl.        zurückkehrten. 25 Jahre bis Sep-
   unglaublich hohem Vertrauen der                   Behindertenpädagogin ein 10-wö-        tember 2017 durfte ich die Men-
   Mitarbeiter*innen vergolten wur-                  chiges Praktikum im Wohnhaus           schen in der Franz-Gruber-Straße
   de! Sie war auf vielen verschie-                  Tamsweg. Nach dem Abschluss            in ihren Lebensphasen begleiten.
   denen Ebenen tätig: als Mitglied                  meiner Ausbildung startete ich         Diese Arbeit war mir immer eine
   und Funktionärin der AUGE, als                    im August 1980 meine fast              Herzensangelegenheit und ich
   Vorsitzende des Wirtschaftsbe-                    40-jährige Betriebszugehörigkeit       habe sie mit viel Engagement
   reichs 17 der GPA-dip Salzburg                    wieder im Wohnhaus Tamsweg.            verrichtet. Durch Paul Ellmauer,
   und als Mitglied des Bundes-                      Ich kann mich noch gut an die          der damals neben seiner Tätigkeit
   ausschusses der GPA. Innerhalb                    3-Bettzimmer, 24-Stundendienste        als Betriebsratsvorsitzender auch
   der Lebenshilfe ist sie Betriebs-                 und 14-tägigen Urlaubsaktionen         im Wohnhaus beschäftigt war,
   ratsvorsitzende, Mitglied des                     erinnern. Nach meiner Karenz-          bekam ich einen Einblick in die
   Aufsichtsrates und war bis zuletzt                zeit zog es mich in die Stadt          Betriebsratsarbeit und kandidierte
   immer auch mit all ihren positiven                Salzburg, wo ich im Herbst 1986        1994 auf der Ersatzliste. Mittler-
   Eigenschaften in der Begleitung                   in der Werkstätte der Gerhard          weile bin ich ein Vierteljahrhun-
   von Menschen mit Beeinträchti-                    Hauptmannstraße erneut bei der         dert Betriebsrätin, fast 15 Jahre
   gung tätig.                                       Lebenshilfe einstieg. Nach einer       davon als Vorsitzende. Es war
                                                     weiteren Karenz von 1990 bis           eine schöne, lehrreiche, spannen-
Liebe Angelika, wir wünschen                         1992 wollte ich in Teilzeit in die     de, schwierige und trotzdem im-
                                                     Werkstätte zurückkehren. Der           mer erfüllende Aufgabe, die aber
dir alles Gute zum Geburtstag
                                                     damalige Direktor Heinz Fischer        nur mit dem Rückhalt im Team
und zum wohlverdienten (Teil)-                       teilte mir aber mit, dass eine Teil-   so gut zu bewältigen war. Wie
Ruhestand. Denn für wenige                           zeitbeschäftigung aus pädagogi-        es aber ohne Rückendeckung
Stunden als Betriebsrätin und                        schen Gründen in der Werkstätte        aus dem Team nicht funktioniert,
                                                     nicht möglich ist. Stattdessen bot     funktioniert es auch nicht ohne
Ehrenvorsitzende des Betriebs-
                                                     er mir eine Teilzeitstelle im Wohn-    Rückhalt aus der Kollegenschaft -
rates bleibst du der Lebenshilfe                     haus Franz-Gruber-Straße an. An        vielen Dank dafür an alle!“
noch erhalten und das freut die                      meinen ersten Arbeitstag dort                              Angelika Noisternig

Mitarbeiter*innen sehr!                              kann ich mich noch gut erinnern.

   18   Lebenshilfe Salzburg | jeder.mensch 2/2020
Lebens.wichtig

Mitreden, Mitentscheiden
Die Dienstleistungen der Lebenshilfe –
also die Arbeits- und Wohnangebote, der
Kindergarten, die Frühförderung,
das Ambulatorium – sind in der Lebenshilfe
gemeinnützigen GmbH zusammengefasst.
Darüber steht als „Mutter“ der Lebenshilfe
der Verein. Dieser wird von einem
ehrenamtlichen Vorstand geleitet, der
auch die Aufgabe hat, die Richtung
vorzugeben und vor allem darauf zu achten,
dass die Interessen der Menschen mit
Behinderungen und der Angehörigen
gewahrt werden.

„Ohne die Lebenshilfe würde es schlecht
um die Umsetzung der Rechte von Men-
schen mit Behinderungen stehen. Wir sind
die einzigen, die sich als Angehörigen-Ver-
ein auch um deren Interessen einsetzen“,
erklärt Präsident Michael Russ. Der Hartnä-
ckigkeit des Vorstandes ist es beispielswei-
se zu verdanken, dass nach vielen Jahren
das Salzburger Behindertengesetz überar-
beitet wurde.

    nser Vorstand setzt sich aus
   U
   Eltern, Geschwistern, aber auch
   Expert*innen zusammen, die alle
   ein Ziel haben: Gemeinsam das
   Beste für Menschen mit
                                               Neue Mitglieder gesucht!
   Behinderungen in unserer                    Einige Vorstandsmitglieder können schon auf viele
                                               Jahre Erfahrung zurückblicken. So wertvoll diese
   Gesellschaft zu erreichen“, so Russ.
                                               Erfahrung ist, braucht es wieder neue Blickwinkel und
                                               neue Menschen, die bereit sind, als Vorstandsmitglied
Sechs Mal im Jahr trifft sich der Vorstand,    der Lebenshilfe etwas zu bewegen. Der zeitliche
um die Richtung zu besprechen, in die es       Rahmen hält sich in Grenzen – der Mehrwert für
gehen soll. Konzepte aus der Lebenshilfe       Menschen mit Behinderungen ist ein Vielfaches!
GmbH werden geprüft, bevor sie in die          Wenn Sie Lust haben, sich bei uns einzubringen,
Umsetzung gehen. Ein anderer wichtiger         melden Sie sich einfach direkt bei unserem Präsidenten
Aufgabenbereich sind Finanzangelegenhei-       Michael Russ, michael.russ@lebenshilfe-salzburg.at,
ten und Fundraising.                           Tel. (0664) 26 14 802

                                                                Lebenshilfe Salzburg | jeder.mensch 2/2020   19
Foto: Adobe Stock
Lebens.wichtig

Markus geht auf Sendung
Im letzten Herbst hat die Radiofabrik der Lebenshilfe Salzburg einen Platz in der Lehrredaktion
angeboten. In diesem Kurs können Interessierte lernen, wie man Radio macht.
Markus Schaidreiter, ein Klient aus der Werkstatt Bischofshofen, hat den Kurs besucht und
erfolgreich bestanden. Seine erste Radiosendung „Buntes Allerlei mit Markus“ lief am
18. Juni um 18 Uhr.

In acht Modulen hat Markus
Schaidreiter die Grundlagen des
Radiomachens gelernt. Das ging
vom Medienrecht über Tontech-                                                                      Radiofabrik-
nik, Audioschnitt, Storytelling,                                                                   Programmchefin
Recherche bis zu Interview und                                                                     Eva Schmidhuber und
                                                                                                   Markus Schaidreiter
Moderation. Wie allen anderen
                                                                                                   beim Unterschreiben
TeilnehmerInnen fiel ihm man-                                                                      der Sendevereinbarung.
ches schwerer und manches
leichter. Storytelling und Mode-
ration waren seine Lieblingsge-
biete.

Storytelling, also Geschichten
erzählen, ist etwas, das er gut
kann, er schreibt selber Geschich-          In seiner ersten Sendung ging es    Die Empfangsmöglichkeiten sind:
ten. In den Sendungen wird er               darum, wie er zum Radiomachen         107,5 MHz (UKW) für die Stadt
ab und zu eine vorlesen. Er wird            gekommen ist und was er in sei-        Salzburg, im Flachgau,
aber auch die Geschichten und               ner Sendung so vorhat. Nachhö-         Tennengau & Grenznähe
Bücher anderer vorstellen, Film-            ren kann man die Sendung unter:        Bayern und Oberösterreich
kritiken und Berichte über neue             https://cba.fro.at/458312              97,3 MHz (UKW) für den
Videospiele wird es auch gehen.                                                     Süden Salzburgs oder
Natürlich wird auch Inklusion               Der fixe Termin für „Buntes             online unter
eine Rolle spielen. Dazu wird er            Allerlei mit Markus“ ist an jedem        www.radiofabrik.at
Interviews mit Kolleg*innen aus             dritten Donnerstag im Monat von
der Lebenshilfe machen.                     18 Uhr bis 18 Uhr 30.               Hören Sie sich das an!

20   Lebenshilfe Salzburg | jeder.mensch 2/2020
Lebens.nah

„Vitamin i“ – Innovation durch Inklusion
 Landesberufsschülerinnen gehen mit einer Kampagne in Kooperation
 mit der Lebenshilfe Salzburg in die Offensive.

 Die Abschlussklasse Medienfachmann/            Im Zuge der Recherche bekamen die Schü-
 frau der Landeberufsschule 2, entwickelt       lerinnen Einblicke in drei Werkstätten in
 ein Konzept mit dem sie Salzburger             Stadt und Land Salzburg. „Die Lebenshilfe
 Unternehmerinnen und Unternehmer               arbeitet teilweise schon sehr erfolgreich mit
 dazu animieren wollen, bestimmte               einigen regionalen Betrieben zusammen.
 Arbeitsprozesse an die Werkstätten der
 Lebenshilfe abzugeben. „Vitamin i –
 Innovation durch Inklusion“ lautet der                ie Lebenshilfe arbeitet schon sehr
                                                      D
 Titel der ehrgeizigen Kampagne.                      erfolgreich mit einigen regionalen
                                                      Betrieben zusammen.
 Inklusion heißt eingebunden und unter-
 stützt zu werden, in Gesellschaft und                Es ist beeindruckend, mit wieviel
 Arbeitswelt. Initiiert durch das vom                 Geschick und Freude die Klientinnen
 Land Salzburg geförderte Projekt                     und Klienten bei der Arbeit sind.“,
 „INKLUSIVEberatung-#bettertogether“
                                                      sagt Natalie Binder, Projektleiterin.
 hat sich die Medienklasse der Landes-
 berufsschule 2 intensiv mit dem Thema
 „beeinträchtigte Menschen“ in der der
 Arbeitswelt beschäftigt. Trotz der derzeit     Trotzdem ist immer noch Luft nach oben.
 erschwerten Umstände und Abstandsrege-         Wir sind stolz darauf für diese Menschen
 lungen, gelang es den Schülerinnen ihr Her-    eine Kampagne auf die Beine stellen zu
 zensprojekt perfekt umzusetzen. Entwickelt     dürfen.“
 wurde eine Kampagnenidee samt umfas-
 sender Werbemittel, die nun der Lebenshil-
 fe zur Verfügung gestellt werden.

 Mit ihrer Idee sollen Salzburger Unterneh-
 merinnen und Unternehmer informiert
 und zur Kooperation mit den Lebenshilfe
 Werkstätten animiert werden. Etwa um
 Fachkräfte zu entlasten und einfache, aber
 notwendige Arbeiten an die Werkstätten
 auszulagern. Oder einfach um den Ar-
 beitsalltag durch eine „Vitamin i-Kur“ posi-
 tiv zu beeinflussen. „Vitamin i“ steht dabei
 für Inklusion, aber auch dafür, dass es oft
 besser ist, kleine Arbeitsprozesse auszula-
 gern – gleichsam als “Medikament“ für das
 eigene Unternehmen.                            Die Schülerinnen der Abschlussklasse Medienfachmann/frau
                                                der Berufsschule 2 stellen Geschäftsführer Guido Güntert
                                                die Ergebnisse ihres Projektes vor.

                                                                      Lebenshilfe Salzburg | jeder.mensch 2/2020   21
Lebens.nah

Unser neues Projekt
„Moosstraße 7“
Vor drei Jahren besuchte eine kleine Gruppe des Vereins die                       Café „Lebensküche“
Lebenshilfe Vorarlberg. Besonders beeindruckend waren                             Das Cafe (100m2) wird von
dabei die zwei Brockenhäuser der Lebenshilfe Vorarlberg, in                       Montag bis Freitag, 10 bis 18 Uhr
denen ein Secondhandgeschäft und ein Café kombiniert wurden.                      geöffnet sein. Betrieben wird es
Seit damals ist der Landesvorstand der Lebenshilfe Salzburg                       von der Lebensküche (Tochterge-
auf der Suche nach passenden Räumlichkeiten, um ein ähnliches                     sellschaft des Vereins Lebenshil-
Projekt umzusetzen. Endlich sind diese Räumlichkeiten gefunden.                   fe Salzburg). Neben dem Gast-
                                                                                  gewerbepersonal werden auch
                                                                                  einige Lebenshilfe-Klient*innen
Ziele des Projekts                          Secondhandgeschäft                    für ein paar Stunden in der Wo-
Obwohl sich die Lage in den                 „Lebensladen“                         che geringfügig beschäftigt.
letzten Jahren deutlich gebessert           Im Secondhandgeschäft (200m2
hat, stehen viele Menschen mit              inklusive Pausenraum) sollen          Zeitplan
intellektueller Beeinträchtigung            Sachspenden und Produkte aus          Die Eröffnung der Moosstraße 7
immer noch am Rande der Ge-                 Lebenshilfewerkstätten ver-           ist für Ende September/Anfang
sellschaft. Um hier gegenzusteu-            kauft werden. Eine Gruppe von         Oktober geplant. Den genauen
ern, hat sich der Vorstand der Le-          acht Lebenshilfe-Klient*innen         Eröffnungstermin werden wir Ih-
benshilfe Salzburg entschlossen,            soll hier – unter Anleitung von       nen zusenden. Falls sie hochwer-
in Salzburg eine Einrichtung nach           Betreuer*innen und ehrenamtli-        tige Dinge haben, die Sie nicht
dem Vorbild der „Brockenhäu-                chen Mitarbeiter*innen – Sach-        mehr benötigen, spenden Sie
ser“ der Lebenshilfe Vorarlberg             spenden entgegennehmen,               diese bitte für den Lebensladen.
zu eröffnen. Ein Secondhandge-              sortieren und zum Verkauf             Bitte unterstützen Sie das Projekt
schäft, ein Cafe und ein Atelier/           aufbereiten. Natürlich sollen auch    auch, indem Sie es besuchen.
Fortbildungsraum soll Menschen              die Kunden beraten werden. Öff-       Das Team der Moosstraße 7
mit Beeinträchtigung die Mög-               nungszeiten: Montag bis Freitag,      freut sich auf Sie.
lichkeit bieten, auch außerhalb             10 bis 18 Uhr.
des üblichen Lebenshilfesettings
mit Menschen in Kontakt zu                  Atelier/Fortbildungs-
kommen. Sie sollen dort auch                raum „Lebenskunst“                     Gut erhaltene
Fertigkeiten erwerben, die ihnen            Im Atelier (100m2) wird es Fortbil-    Waren nehmen
helfen sollen, einen geschützten            dungsmöglichkeiten geben. Die          wir für
Arbeitsplatz zu finden.                     im Geschäft tätigen Klient*innen       unseren
                                            werden hier lernen, wie man            neuen
Geschäftslokal                              aus alten Dingen etwas Neues           Second-Hand Lebensladen in
Nach längerer Suche wurde mit               machen kann (Upcycling). Das           der Moosstraße 7 gerne an!
einem im Erdgeschoß gelegenen,              Atelier soll aber allen Lebenshilfe
ca. 410 m2 großen Lokal in der              Beschäftigten für Kunstwork-           Bitte wenden Sie sich dazu an:
Moosstraße 7, 5020 Salzburg ein             shops und Fortbildungen offen-         Gerhard Haupt,
geeignetes Objekt gefunden. Es              stehen. Ein Teil dieser Fortbildung    Tel. 0664/839 4 739,
gibt wenige Parkmöglichkeiten,              soll für Menschen mit und ohne         e-mail: gerhard.haupt@
aber eine Bushaltestelle direkt vor         Behinderung inklusiv ausge-            lebenshilfe-salzburg.at
dem Geschäft.                               schrieben werden.

22   Lebenshilfe Salzburg | jeder.mensch 2/2020
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