Vom Raffball zum Handball

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Vom Raffball zum Handball
130-137_Handball    21.09.2007          13:09 Uhr            Seite 130

          S P O RTA RT E N | H A N D BA L L

                                                                                                            Vom Raffball zum Handball
                                                                   SAMMLUNG WÖLL

                                                                                                                                       Ingolf Wöll, Heinz Harauer

                   Mag. Helmut Kogler (Jg. 1952)
                                                                                            andball wurde als Konkurrenz-       Handball auf Großfeld
                   Der „Handball-Professor“
                   Mag. Helmut Kogler war 1974 Torjäger in
                   der Handball-Staatsliga bei Tulln und Sto-
                                                                                   H        produkt zum Fußballsport wäh-
                                                                                            rend des Ersten Weltkrieges in
                                                                                   Deutschland erfunden und entwickelte
                                                                                                                                Aus den Mitteilungen des Christlich-deut-
                                                                                                                                schen Turnvereins St. Pölten geht hervor,
                                                                                                                                dass es in den späten 20er-Jahren neben
                   ckerau, Teamspieler, Trainer, Staatsliga-                       sich in den 20er-Jahren zu einer der po-     einer Leichtathletikriege auch eine solche
                   Schiedsrichter und Verbandsfunktionär. Ein                      pulärsten Sportarten in Österreich. Als      für Handball gab und dass regelmäßig in
                   Mann, der dem Handball seine gesamte                            Vorläufer des Handballspiels gelten eini-    der „Übungsschulturnschule“ geübt wurde.
                   Freizeit widmet. Vor allem der Jugend will                      ge „Turnspiele“, wie zum Beispiel Korb-      Am 18. April 1937 fand auf dem Odo-
                   der „Handball-Professor“ seinen Sport in                        ball, Torball und das erstmals 1891 vorge-   Hahn-Turnplatz (heute UNION-Sportan-
                   erster Linie näherbringen. Was ihm auch                         stellte „Raffball“.                          lage) ein Handballvergleichskampf zwi-
                   immer wieder glänzend gelingt: Staats- bzw.                     Es war Carl Schelenz (Berlin), der 1920      schen Wien und NÖ statt. Unter Mit-
                   Landesmeistertitel stehen auf der Tagesord-                     das Feldhandball-Spiel in Wien und Graz      wirkung von sechs St. Pöltner „Turn-
                   nung. Und das nicht nur bei den St. Pöltner                     vorstellte, wo es mit Begeisterung auf-      brüdern“ war es möglich, die Wiener mit
                   Handballteams ESV und UNION, sondern                            genommen wurde. Vielleicht trug zur ra-      7:6 zu besiegen.
                   auch mit den Schülern im St. Pöltner Gymna-                     schen Einführung in Österreich auch bei,     Auch die Arbeiterturner hatten vor 1934
                   sium. 2002 und 2004 qualifizierte er sich mit                   dass man Handball, gegenüber dem Fuß-        eine Handballmannschaft in St. Pölten.
                   seiner Schülermannschaft für die Schul-WM.                      ball, zur Not auch barfuß spielen konnte.    Von ihnen wurde vor allem in den 20er-
                                                                                   In den Nachkriegsjahren waren Sport-         und frühen 30er-Jahren das heute längst
                                                                                   schuhe für viele unerschwinglich.            vergessene „Raffball“ gespielt. Der ehe-
                     S E IT E N B L I C K                                          Die Österreicher waren jedenfalls ge-        malige Arbeiterturner „Pipsl“ Peschek
                     Das war Raffball                                              lehrige Schüler, denn beim ersten Hand-      erzählte im St. Pöltner Sommerbad von
                     Spielfeld: Länge bis zu 200 m, Brei-                          ball-Länderkampf zwischen Österreich         regelrechten Schlachten, die sich die
                     te 20 m. Je sieben Spieler versuch-                           und Deutschland (13. September 1925)         Arbeitersportler im Raffball und später
                     ten einen in der Mitte des Spiel-                             gingen die Österreicher mit 6:3 als Sie-     dann im Handball auf dem Sportplatz hin-
                     feldes liegenden Vollball (10 cm                              ger hervor. Bei der Arbeiterolympiade in     ter den Stadtsälen geliefert haben sollen:
                     Durchmesser) „aufzuraffen“, um                                Wien (1931) siegte Österreich im Ent-        „Bei uns war ja fast jeder Turner auch
                     diesen über die Mallinie des Geg-                             scheidungsspiel gegen Deutschland vor        gleichzeitig Leichtathlet und Handball-
                     ners zu befördern. Nicht selten arte-                         60.000 Zuschauern mit 10:9, und beim         spieler,“ so die braun gebrannte Turn-
                     te das zu einer kleinen Prügelei aus.                         ersten olympischen Männer-Großfeld-          legende im Jahre 1994.
                     (Beckmanns Sportlexikon/1933)                                 Turnier in Berlin (1936) holte das Öster-    Aus der Festschrift „50 Jahre St. Pöltner
                                                                                   reich-Team Silber in die Alpenrepublik.      Sportklub (1913–1963)“ geht hervor, dass

                                                                                   130                                            S P O R T S T A D T S T. P Ö L T E N
Vom Raffball zum Handball
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           im Jahre 1935 unter Leitung von Lem-                           St. Pölten weitergeführt. Mit der ehe-
           böck sowie unter Mitarbeit von Waldert,                        maligen Sportanlage des Christlich-deut-
           Alois und Josef Jantsch eine eigene                            schen Turnvereins (CDTV) am Traisen-
           Handballsektion im SC St. Pölten ins                           strand (heute UNION-Sportanlage) hatten
           Leben gerufen wurde, die jedoch nicht                          die Mitglieder des Eisenbahner-Sports
           sehr lange Bestand hatte. In „Öster-                           eine neue Heimstätte gefunden, auf der
           reichs Sport-Jahrbuch 1935“ scheinen                           während des Krieges neben der Kampf-
           noch die St. Pöltner Handball-Mann-                            mannschaft auch die Jugend sowie ein
           schaften „Sturm 19“ und „Sportverein                           Damenteam trainierte.
           Viehofen“ auf.
           1936 wurde die Bundesbahner-Sport-                             Fünf Vereine in St. Pölten
           vereinigung (BBSV) mit Sitz in Wien ge-                        Gleich fünf Vereine, BSV Glanzstoff,
           gründet. Eine Schar von Leichtathleten,                        SC Harland, ESV, ATUS und UNION
           Turnern, Raff- und Handballspielern nütz-                      St. Pölten, belebten nach dem Zweiten
           te die Gelegenheit, um unter diesem                            Weltkrieg die Handball-Szene in St. Pöl-
           Dach in St. Pölten ein Handballteam zu                         ten. Ein Beweis, dass Handball zu einer
           gründen. Es waren vorwiegend jene                              beliebten Sportart geworden war. Vorrei-                     St. Pöltens UNION-Handballerinnen waren 1947
           Sportler, die nach der Auflösung der Ar-                       ter war die UNION St. Pölten, die bereits                    UNION-Landesmeister von NÖ. 3. Reihe: Hermine
           beiter-Turnvereine im Jahre 1934 vereins-                      im Frühjahr 1946 unter ihrem Sektions-                       Öckher (Sandner), Stefanie Zöchling (Herler), Jose-
                                                                                                                                       fa Limlei (Harmer), Traudl Stamberg (Binder), Ger-
           los waren. Die Bekanntesten waren da-                          leiter Josef Hatzhengst sowohl mit einer                     trude Leitgeb (Nolz). 2. Reihe: Erika Ring (Langford),
           mals Franz Staudinger, Hans Pecina,                            Damen- als auch mit einer Herrenmann-                        Berta Stix (Grüneis), Gretl Sassmann. 1. Reihe:
           Hans Nemec, Johann Wotapeck, Johann                            schaft Freundschaftsspiele austrug. Stolz                    Frieda Hametner (Prinz), Maria Hiesberger (Mader),
                                                                                                                                       Erika Matzinger (Schmutz), Hilde Hiesberger (Rendl).
           Schmidl, die Gebrüder Zens, Rudolf Tif-                        wird im UNION-Jahresbericht vermerkt,                                                                 SAMMLUNG WÖLL
           finger und Willi Morent.                                       dass die Herren-Mannschaft, verstärkt
           Im Jahre 1938 wurde der Sportbetrieb in                        durch Heimkehrer, den ganzen Sommer
           der Reichsbahnsportgemeinschaft (RSG)                          über ungeschlagen blieb. Im Herbst

             Auch die Damen des Eisenbahner-Sportvereins verschrieben sich in St. Pölten sehr           UNION-Handballer (1948) vor einem Freundschaftsspiel gegen KAC (Klagenfurt).
             früh dem Handballsport. Das Bild zeigt die Damenmannschaft des Jahres 1949.                Stehend: Leo Graf, Hanns Geier, Ferdinand Schmutz, Toni Schimanko, Erich Douscha,
             Stehend: Navar, Haider, Artner, Oberleitner, Hunger. Hockend: Goiser, Höbert, Kuchar.      Gustav Klausriegler, Franz Nolz, Erwin Harmer. Kniend: Erich Rendl, Franz Gugerell,
             Sitzend: Knopfhart, Weinkopf, Wögerer.                                        ARCHIV ESV   Sepp Stachelberger.                                                    SAMMLUNG WÖLL

           S P O R T S T A D T S T. P Ö L T E N                                                                               131
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                   S E IT E N B L I C K
                                                                      schaftsbetrieb auf Großfeld begonnen.                        In den Wintermonaten wurde bereits
                   Die Handballfamilie                                Nach dem Zweiten Weltkrieg dauerte es                        in den frühen 50er-Jahren eine Mini-
                   „Stachelberger“ – ein Name, der                    über ein Jahr, bis sich im Herbst 1946                       Meisterschaft in der Halle gespielt. In
                   untrennbar mit dem Handballsport                   wieder einige Funktionäre und Sportler                       Niederösterreich beteiligten sich mit
                   in St. Pölten verbunden ist. In der                zusammenfanden, um den Eisenbahner-                          Harland, UNION und dem ESV drei
                   „Handballfamilie Stachelberger“                    Sportverein (ESV) St. Pölten zu reakti-                      Mannschaften aus St. Pölten an diesem
                   wird bereits in der vierten Genera-                vieren. Der aktive Handballfunktionär                        Bewerb. 1973 schloss sich Österreich
                   tion Handball gespielt.                            Karl Spendelhofer war es, der wieder                         der internationalen Entwicklung in Rich-
                   Josef Stachelberger, seit 1946 über                eine Handball-Mannschaft zusammen-                           tung Hallenhandball an. Diesem Trend
                   viele Jahre aktiver Spieler, Stütze                trommelte und mit einer großen Schar                         folgten auch die UNION und der ESV.
                   und Motor der UNION-Mannschaft,                    von Spielern, wie Luger, Quasnitschka,                       Bis zur Saison 1983/84 spielten beide
                   war von 1956 bis 1970 Präsident                    Altmann, Snor, Merzinger, Mundl, Mühl-                       Klubs in der Handball-Landesliga. Nach
                   des NÖ Handballverbandes und von                   bauer, Artner, Wögerer, Eder, Denk,                          dem Aufstieg der UNION in die Staats-
                   1958 bis 1970 Vizepräsident im                     Weinzettl, Wagner, Bernhard, Lahner,                         liga B trennten sich die Wege für immer.
                   Österreichischen Handballbund.                     Kurzmann, Knappl, Bauch u. a. m., unter-
                   Auch seine Söhne und Enkelkinder                   stützt von den „Alten“ Franz Staudin-                        Hochschaubahn der Gefühle
                   haben sich als Spitzenspieler einen                ger, Hans Nemec und Alfred Aigner,                           Die junge UNION-Mannschaft scheiterte
                   Namen gemacht. Die Jüngsten im                     die Handballsektion ins Leben rief. Im                       1982 unter Sektionsleiter Ing. Helmut
                   „Stachelberger-Team“ sind Kerstin                  Herbst 1947 wurde der Verein mit einem                       Kocevar und Trainer Karl Paris in Inns-
                   (Jg. 1994) und Michael (Jg. 1998).                 Herren- und Damenteam (bis 1953) beim                        bruck noch im Aufstiegsturnier. Doch
                                                                      NÖ Handball- und Faustballverband an-                        zwei Jahre später führte Trainer Man-
                                                                      gemeldet.                                                    fred „Mandi“ Goll aus Krems die „jungen

                   Josef Stachelberger sen. (1911–1981).                  Handball-Stadtauswahl St. Pölten 1948: Stehend: Ernst Huber (UNION), Hanns Geier (UNION), Alois Kurzmann (ESV),
                                               ARCHIV UNION               Ferdinand Schmutzer (UNION), Toni Schimanko (UNION), Walter Luger (ESV), Hans Wagner (ESV), Anton Farsky
                                                                          (Glanzstoff). Kniend: Karl Mayer (UNION), Gustav Klausriegler (UNION), Erwin Harmer (UNION).        SAMMLUNG WÖLL

                                                                      132                                                             S P O R T S T A D T S T. P Ö L T E N
Vom Raffball zum Handball
130-137_Handball      21.09.2007               13:09 Uhr             Seite 133

                                                                                                                                               S P O RTA RT E N | H A N D BA L L

                                                                                                                                                S E IT E N B L I C K
                                                                                                                                                Die defekte Lichtmaschine
                                                                                                                                                Eine heitere Geschichte aus dem
                                                                                                                                                Jahre 1946: Die Mannschaft der
                                                                                                                                                UNION St. Pölten war mit einem
                                                                                                                                                Bus zu einem Wettspiel nach Ober-
                                                                                                                                                österreich unterwegs. Nach Ein-
                                                                                                                                                bruch der Dunkelheit und einem
                                                                                                                                                Defekt der Lichtmaschine des Uralt-
                                                                                                                                                LKWs musste der Langstreckler
                                                                                                                                                Rudi Herres sieben Kilometer vor
                                                                                                                                                dem Bus mit einer Laterne einher-
                                                                                                                                                laufen, um den Bus samt Mann-
                                                                                                                                                schaft sicher ins Ziel zu bringen.
             Damen- und Herrenmannschaft SC Glanzstoff (ca. 1948): Stehend: Bruno Haas, Franz Laimer, Franz Etzelberger, Josef
             Angerer, Ferdinand Übelbacher, Otto Schmidl, Karl Haiderer, Anton Farsky, Helmut Lager, Günther Hirzenberger, Peter
             Stitzer, Sektionsleiter Johann Pavlovsky. Kniend: Grete Gruber, Grete Neuhedl, Anni Bosch, Steffi Krendl, Erika Ange-
             rer, Erna Schmid (Rybnikar), Lotte Neuhedl, Hedi Neussner, Mitzi Neuhedl.                                  GEORG RYBNIKAR

             UNION-Handball-Oldies 1976: 2. Reihe: Kurt Lanzenlechner, Franz Nolz, Erwin Harmer, Kurt Mayer, Josef Stachel-
             berger, Ing. Bruno Haas, Hanns Geier, Leo Graf, Erich Rendl, Sepp Stachelberger jun., Walter Novak, Alfred Prinz.
             1. Reihe: Anton Baldt, Alfred Jascha, Josef Hatzhengst, Rudolf Herres, Josef Sturmlehner.              ARCHIV UNION

           Wilden“ aus St. Pölten in die Staatsliga                       liga absteigen musste. Ing. Helmut
           B. Erstmals konnte dabei der ehemalige                         Kocevar bestellte den Ungarn dann auch
           polnische Junioren-Teamspieler Wojtiech                        als Cheftrainer und engagierte mit dem
           Lobaza eingesetzt werden.                                      ehemaligen Teamtorhüter Franz Zhorny
           Karl Paris war es dann, dem es 1985 als                        († 2006) aus Krems einen Routinier. Die
           sportlichen Leiter gelang, den 227-fachen                      Quintessenz: Überzeugende Rückkehr in
           ungarischen Nationalteamspieler, drei-                         die B-Liga.
           fachen WM- und zweifachen Olympia-                             Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit,
           teilnehmer Stefan Szilagyi zur UNION zu                        wann St. Pölten mit den großartig spie-
           lotsen. Ein Glücksgriff! Auch wenn die                         lenden Aktiven in der Staatsliga A spielen
           Mannschaft 1987 neuerlich in die Landes-                       wird.

           S P O R T S T A D T S T. P Ö L T E N                                                                                          133
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          S P O RTA RT E N | H A N D BA L L

                                                                        In der Saison 1992/93 war es so weit:                     freien Platz verkaufte er an West Wien
                                                                        Erstmals schaffte eine St. Pöltner Mann-                  und übergab die Handballsektion an
                                                                        schaft den Sprung in die höchste österrei-                Mag. Gabriele Mayer. Mit Wilhelmsburg
                                                                        chische Handballliga. Doch der Dämpfer                    schloss der Klub eine Spielgemeinschaft
                                                                        kam völlig überraschend: Zum Klassen-                     ab, die im Herbst 2007 aufgelöst wurde.
                                                                        erhalt in der Premieren-Saison fehlte nur                 Der Handballsport in St. Pölten wurde
                                                                        ein Tor! Zwei Jahre später stand mit                      wieder zu neuem Leben erweckt. 2006/
                                                                        einem zweiten Platz hinter Köflach der                    07 spielte das UNION-Herrenteam in der
                                                                        Wiederaufstieg erneut fest.                               Landesliga eine dominierende Rolle.
                                                                        1999 war dann das Handball-Jahr St. Pöl-                  Zweimal qualifizierte sich die junge
                                                                        tens schlechthin: Sowohl im positiven als                 Mannschaft bereits für die Aufstiegs-
                     UNION-Sektionsleiter Ing. Helmut Kocevar mit
                                                                        auch im negativen Sinn. Mit einem fünf-                   runde für die Staatsliga B, scheiterte aber
                     Wojtiech Lobaza.                    ARCHIV UNION
                                                                        ten Platz im Meister-Play-off „schramm-                   stets an routinierteren Mannschaften. Ein
                                                                        ten“ die Hypo-Burschen knapp an einem                     junges, engagiertes Funktionärsteam gibt
                                                                        Europacupplatz vorbei. Doch der größte                    aber nicht auf. Will zurück ins Rampen-
                                                                        Erfolg der Vereinsgeschichte wurde nicht                  licht.
                                                                        zum Startschuss einer goldenen Ära – im
                                                                        Gegenteil! Sektionsleiter Ing. Helmut Ko-                 Ein Titel für die
                                                                        cevar musste seine wohl bitterste Nieder-                 Vereinsgeschichte
                                                                        lage einstecken: Sponsoren sprangen ab,                   Auch der ESV St. Pölten spielte über
                   Auf einen Blick                                      neue Geldgeber konnten keine gefunden                     Jahre hervorragenden Handball. Franz
                                                                        werden. Da ging er dann den Weg                           Trimmel, Helmut Kogler, Andrew Biesen-
                   Handball-Sektionsleiter                              eines verantwortungsbewussten Funktio-                    berger, Harald Beilschmied, zuletzt die
                   der UNION                                            närs: Rückzug aus der Staatsliga A, den                   Brüder Andreas und Gerhard Sulzbacher

                   1945 Josef Hatzhengst
                   1945 Josef Stachelberger
                   1952 Alois Wuchse
                   1953 Dr. Erich Knörzinger
                   1958 Hanns Geier
                   1959 Helmut Lager
                   1964 Heinz Nusterer
                   1965 Ulrich Christalon und
                        Herbert Luger
                   1967 Franz Moser
                   1968 Wilfried Teufl und
                        Franz Moser
                   1970   Dieter Hieger
                   1972   Sepp Stachelberger
                   1973   Josef Stachelberger
                   1974   Mag. Walter Snor
                   1976   Sepp Stachelberger
                   1978   Peter Douscha
                   1982   Ing. Helmut Kocevar
                   2003   Mag. Gabriele Mayer
                   2007   Ing. Udo Stachelberger
                                                                          Kam 1984 zur UNION St. Pölten und war dann über zehn Jahre eine echte Stütze – Wojtiech Lobaza.   JOHANN BRUNNER

                                                                        134                                                          S P O R T S T A D T S T. P Ö L T E N
Vom Raffball zum Handball
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                                                                                                    S P O RTA RT E N | H A N D BA L L

                                                                                                    Auf einen Blick
              S E IT E N B L I C K

                                                                                                    Vereine von Viktor Szilagyi

              Viktor „Figo“ Szilagyi (Jg. 1978)                                                     bis 1999
                                                                                                    1999–2000
                                                                                                                 UNION St. Pölten
                                                                                                                 ATSV Innsbruck
              Champions League-Sieger                                                               2000–2001    TSV Bayer Dormagen
                                                                                                    seit 2005    THW Kiel
                                                       1995, NÖ-Landessportschule: Vik-
                                                       tor Szilagyi feiert mit 600 Fans den
                                                       größten Erfolg der UNION-Hand-               Erfolge von Viktor Szilagyi
                                                       baller. Es war der sechste Platz in
                                                                                                    2000   Österreichs Handballer des
                                                       der Handball-Staatsliga.
                                                                                                           Jahres
                                                       2007, Kieler Ostseehalle: 10.500
                                                                                                    2005   EHF-Pokalsieger mit TUSEM
                                                       Zuschauer jubeln. THW Kiel ist
                                                                                                           Essen
                                                       wieder deutscher Handballmeister
                                                                                                    2006   Supercup-Sieger mit dem
                                                       und Cupsieger.
                                                                                                           THW Kiel
                                                       Nur wenige Tage später: Jetzt ma-
                                                                                                    2006   Deutscher Meister mit dem
                                                       chen 25.000 Fans den Platz vor
                                                                                                           THW Kiel
                                                       dem Kieler Rathaus zu einem Toll-
                                                                                                    2006   Deutscher Meister mit dem
                                                       haus! THW Kiel mit „Figo“ Szila-
                                                                                                           THW Kiel
                                                       gyi ist Champions League-Sieger.
                                                                                                    2007   Champions League-Sieger mit
                                                  GEPA PICTURES

                                                       Beim 29-jährigen österreichischen
                                                                                                           dem THW Kiel
                                                       Teamspieler ist die Freude trotzdem
                                                                                                    2007   DHB-Pokalsieger mit dem
                                                       gedämpft. Denn im Mai 2006 erlitt
                                                                                                           THW Kiel
              er einen Kreuzbandriss mit kompliziertem Meniskusschaden und verbringt
              seither mehr Zeit bei den Ärzten als bei der Mannschaft. Doch es geht wie-
              der aufwärts! Einer Fortsetzung der sportlichen Karriere steht nichts mehr
              im Wege.
              Eine Karriere, die mit sieben Jahren bei der UNION St. Pölten begann. Va-
              ter Stefan war damals Trainer und brachte den Klub von der Landesliga in
              die Handball-Staatsliga A. Erfolge für den jungen Viktor gab es bereits im
              Schulhandball, wo die Teams von Mag. Helmut Kogler Jahr für Jahr um
              Österreichs Meistertitel mitspielten. Mit 16 Jahren debütierte Viktor in der
              HBLA, im Österreichischen Nationalteam erzielte der 1,96 Meter große
              Rückraumspieler bei 99 Einsätzen bislang 457 Tore. Seine erste Einberufung
              erhielt er für das Länderspiel gegen Litauen am 16. Februar 1998. Dabei
              erzielte er zwei Tore.
              Über ATSV Innsbruck wechselte er in die deutsche Bundesliga. Vorerst zu
              Bayer Dormagen, dann zu TUSEM Essen. Mit dem Klub holte er sich 2005
              den EHF-Pokal. Danach kam der deutsche Traditionsklub finanziell ins
              Trudeln und musste zwangsweise in die Regionalliga absteigen. Kiel nützte
              die kostenlose Freigabe und gab dem eingefleischten HSV-Fan („Wenn ich
              nicht Handballer geworden wäre, wäre ich Fußballtorhüter beim HSV“)
              einen Ein-Jahres-Vertrag, der später bis 2008 verlängert wurde.

           S P O R T S T A D T S T. P Ö L T E N                                               135
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                   Auf einen Blick

                   Sektionsleiter ESV
                   St. Pölten
                   1948   Karl Spendelhofer
                   1951   Alfred Aigner
                   1951   Johann Bernhard
                   1968   Willi (Karl) Weilguni
                   1970   Anton Denk
                   1981   Franz Rehak
                   1987   Anton Sicker
                   1993   Gottfried Schmid
                   1995   Christian Graf

                                                                Diese Mannschaft holte unter Spielertrainer Uwe Conrad (1989) den einzigen NÖ Meistertitel in der Geschichte
                                                                der Handball-Sektion des ESV St. Pölten.                                                             ARCHIV ESV

                                                            trugen viel dazu bei. Das war vor allem                     den. Im Februar 1990 kam es zur end-
                                                            auf die ausgezeichnete Jugendarbeit                         gültigen Trennung. Gründungsmitglieder
                                                            zurückzuführen. Jahrelang waren Nach-                       waren DI Bernhard Knoll, Günther Kihssl,
                                                            wuchsteams des ESV St. Pölten bei den                       DI Helmut Zieritz und Edda Lutz.
                                                            Österreichischen Meisterschaften mit da-                    Nach kurzen Trainer-Gastspielen von Ka-
                                                            bei.                                                        tarina Foglsingerova und dem Kärntner
                                                            Der Klub war über Jahre hindurch ein                        Heimo Lange nahm im August 1990
                                                            fixer Bestandteil der Handball-Landesliga                   Wilhelm Doskocil das sportliche Ruder in
                                                            und holte sich in der Saison 1988/89                        die Hand. Der Erfolg stellte sich bereits
                                                            unter Spielertrainer Uwe Conrad und Co-                     ein Jahr später ein: Das junge Team ge-
                                                            Trainer Franz Trimmel den ersten und ein-                   wann den Landesmeistertitel und danach
                                                            zigen Landesmeistertitel – mit dem jüngs-                   das Aufstiegsturnier in Kapfenberg.
                                                            ten Team aller Zeiten! An diese Leistung                    Doch nach nur einer Saison sah Doskocil
                                                            konnte kein ESV-Team mehr anschlie-                         in St. Pölten keine sportlichen Perspekti-
                                                            ßen. Ende Juni 1995 hieß es dann: Rien                      ven und es kam auf der Trainerbank 1993
                                                            ne va plus – der ESV St. Pölten hat aufge-                  zu einem Wechsel: Przemyslaw Hirn-
                                                            hört zu existieren.                                         schall löste den Erfolgscoach, der das
                                                                                                                        Team sogar in den Europacup (gegen
                                                            Die Mädchen am Kreis                                        Kültürsport Ankara) geführt hatte, ab.
                                                            Als „Anhängsel“ der Männer-Sektion                          Und nach einem weiteren Jahr in der
                                                            fühlten sich die UNION-Damen nie richtig                    höchsten Spielklasse ging’s bergab. Aus
                                                            wohl. Auch wenn sie bereits 1987/88 eine                    finanziellen, aber auch sportlichen Grün-
                                                            Saison in der Staatsliga spielten. Mit Lilia                den – einige Spielerinnen beendeten ihre
                                                            Topea als Spielertrainerin wurde erstmals                   Laufbahn wegen Familienplanungen –
                                                            Höhenluft geatmet, ehe man freiwillig                       musste der Gang in die NÖ Landesliga
                                                            wieder in die Landesliga zurückkehrte.                      angetreten werden. Seither spielten die
                                                            1989 gab es die ersten Gedanken, eine                       UNION-Damen in Niederösterreichs
                                                            eigene Damenhandball-Sektion zu grün-                       höchster Spielklasse mit unterschied-

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Vom Raffball zum Handball
130-137_Handball   21.09.2007         13:09 Uhr      Seite 137

                                                                                                               S P O RTA RT E N | H A N D BA L L

           lichen Erfolgen. An einen Aufstieg ist      Hallenhandball in der Jahnturnhalle. Mit
           noch nicht zu denken. Die Mädchen sind      viel Enthusiasmus! „Wenn wir etwa in
           noch zu unroutiniert, um sich eventuell     Traismauer spielten, fuhren wir mit dem
           schon für höhere Aufgaben empfehlen         Rad hin“, erinnert sich Elfriede Schiff-
           zu können. Doch die Sektionsleitung         mann. Sie spielte auch neun Jahre bei
           baut auf die nachdrängende Jugend, die      Philips Wien (1954–1963) in der Staats-
           in fünf verschiedenen Altersklassen an      liga, ehe sie zu ihrem Stammverein
           der Meisterschaft teilnimmt.                ESV nach St. Pölten zurückkehrte. 1983
           Wie bei den Herren gab’s auch bei           startete dann die erste reguläre Hallen-
           den Damen einen echten Lokalrivalen:        meisterschaft in der Landesliga NÖ/Wien.
           Über einige Jahre hindurch spielten         Die „Stammliga“ der „Eisenbahner-Mäd-
           auch die ESV-Damen Handball. Zuerst         chen“, wo sie in der Saison 1991/92 mit
           zweigleisig, im Sommer Kleinfeld-Hand-      einem fünften Platz das Highlight in der
           ball im Rennbahnstadion, im Winter          Vereinsgeschichte erlebten.

              Nationalteamspieler St. Pölten (Stand: September 2007)

              Name                        Jahrgang        Verein              Land
              Herren
              Werner Lint                 1978            Leoben              AUT
              Viktor Szilagyi             1978            THW Kiel            GER
              Damir Djukic                1984            Alcobendas          ESP
              Klaus Stachelberger         1975            HC Linz AG          AUT
              Andreas Stachelberger       1978            HC Linz AG          AUT
              Ibish Taqui                 1980            UHK Krems           AUT
              Markus Wagesreiter          1982            Hildesheim          GER
              Wolfgang Filzwieser         1984            IFK Trelleborg      SWE
              Helmut Kogler               1952            ESV St. Pölten      AUT

              Damen
              Helga Mossgöller            1967             UNION St. Pölten   AUT
              Waltraud Frosch (Wagner)    1968             UNION St. Pölten   AUT

              Juniorennationalteam 1987
              Harald Beilschmied        1968               ESV St. Pölten     AUT
              Andreas Schreiber         1969               ESV St. Pölten     AUT

              Jugendnationalteam 1987
              Arthur Peschl               1970            ESV St. Pölten      AUT
              Dieter Gruberbauer          1970            ESV St. Pölten      AUT
              Wolfgang Schmid             1970            ESV St. Pölten      AUT

              Jugendnationalteam 1988
              Stefan Hofer                1988            UNION St. Pölten    AUT
              Sebastian Riegler           1988            UNION St. Pölten    AUT

              Jugendnationalteam 1990
              Boris Kuljanac              1990            UHK Krems           AUT
                                                                                                        Gerhard Sulzbacher, einer der jungen Wilden der
                                                                                                        UNION St. Pölten (2007).             WOLFGANG MAYER

           S P O R T S T A D T S T. P Ö L T E N                                                   137
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