Von der schwierigen Vermessung der Kurzarbeit - Doku.iab .
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
IAB-KURZBERICHT Aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 24|2021 In aller Kürze Zeitnahe Daten in der Corona-Krise Kurzarbeit in bis dahin unge- kanntem Umfang war der zentrale Rettungsschirm in der Corona-Krise, Von der schwierigen um einen massiven Einbruch in der Beschäftigung zu vermeiden. Vermessung der Kurzarbeit o V n Anfang an bestand ein hohes von Bernd Fitzenberger, Christian Kagerl, Malte Schierholz und öffentliches Interesse an aktuellen Jens Stegmaier Daten zur tatsächlichen u N tzung des Instruments. Amtliche Zahlen -kön nen aus administrativen Gründen erst mit Zeitverzögerung vorgelegt werden. Erste befragungsbasierte Hochrechnungen im rF ühjahr und Kurzarbeit wurde in der Corona-Krise in lität in der Nutzung dieses Instruments Sommer 20 überschätzten den bisher nicht gekanntem Umfang genutzt und der Verzögerung in der Abrechnung Umfang der Kurzarbeit sehr deutlich. und hat sich als zentraler Rettungs- der Kurzarbeitergeldzahlungen kann die Kurzarbeit ist ein sehr flexibles schirm für den Arbeitsmarkt erwiesen. Statistik der BA erst zeitverzögert hoch- In strument und ihre zeitnahe Erfas - sung ist komplex. Am Beispiel der Entsprechend groß war das öffentli- gerechnete Ergebnisse bereitstellen und hochfrequenten IAB-Betriebsbefra - che Interesse an zeitnahen Daten, die nach mehreren Monaten die genaue gung B „ etriebe in der Covid-1-9 Krise“ zunächst nur über Sondererhebungen Anzahl von Kurzarbeitenden angeben. zeigt dieser Kurzbericht zahlreiche in den Betrieben zu bekommen waren. Diese zeitliche Lücke ist angesichts der e F hlerquellen für die Erfassung der Kurzarbeit in zeitnahen Befragungen. Dabei zeigte sich allerdings, dass die Dynamik der Krise und aufgrund des Zahl der Kurzarbeitenden in solchen Be- hohen Informationsbedarfs aber so groß, Die bedeutendste Ursache für eine Überschätzung besteht darin, triebsbefragungen deutlich überschätzt dass andere Lösungen gesucht wurden. dass Betriebe mit Kurzarbeit in der wird. Wir untersuchen, warum es dazu Eine zeitnahe Befragung auf Basis einer Corona-Krise überdurchschnittlich kommt und wie groß diese Überschät- hochrechenbaren Stichprobe schien ein häufig an der Befragung teilnehmen. zung – gemessen an der später vorlie- geeigneter Weg zu sein. Folgerichtig hat Außerdem können die Betriebe zum Zeitpunkt der Befragung die -Be genden amtlichen Statistik – ist. das IAB dieses Thema im Rahmen seiner schäftigten mit Anspruch auf Kurz - Corona-Sondererhebungen regelmäßig arbeitergeld nicht genau eingrenzen Im Jahr 2020 hat die Bundesagentur aufgegriffen. Relativ schnell wurde aber und die rF ageformulierung lässt den für Arbeit (BA) im Jahresdurchschnitt deutlich, dass die hochfrequente IAB-Be- Betrieben Interpretationsspielraum. 2,8 Millionen Kurzarbeitende berichtet triebsbefragung „Betriebe in der Covid- Von administrativen Zahlen ab- weichende Einschätzungen gibt es und es entstanden Ausgaben in Höhe von 19-Krise“ (BeCovid, vgl. Infobox 1 auf am häufigsten bei kleineren Betrie - 22 Milliarden Euro. Damit war 2020 auch Seite 2) – ebenso wie andere Erhebungen, ben und bei Betrieben mit einem- ho der Bedarf an zeitnahen Informationen darunter die viel beachteten Zahlen des hen Anteil an Kurzarbeitenden. über den Umfang der eingesetzten Kurz- ifo Instituts zur Kurzarbeit – die Zahl der arbeit groß. Aufgrund der hohen Flexibi- Kurzarbeitenden überschätzte. Im Fol-
genden zeigen wir, warum es dazu kommt und kann von den Betrieben flexibel festgelegt werden. wie groß diese Überschätzung ist. Die dargestellten Der Arbeitgeber streckt seinen Beschäftigten das Ergebnisse beziehen sich ausschließlich auf den Kurzarbeitergeld dann zunächst vor, die Erstat- Bezug von konjunkturellem Kurzarbeitergeld, das tung durch die BA erfolgt erst bei der nachträg- den überwiegenden Anteil der Kurzarbeit in der lichen Abrechnung der Kurzarbeit. Der hierfür Corona-Krise ausmacht – Saison-Kurzarbeit und einzureichende Leistungsantrag der Betriebe Transferkurzarbeit werden nicht betrachtet. muss spätestens drei Monate nach dem jeweili- Betriebe zeigen der BA vor Einsatz der Kurzarbeit gen Abrechnungsmonat (Kalendermonat, in dem diese zunächst an und beziffern dabei, wie viele kurzgearbeitet wurde) bei der BA vorliegen. Nach Beschäftigte maximal von Kurzarbeit betroffen sein Rückkehr zur Vollauslastung des Unternehmens werden. Eine bewilligte Anzeige erlaubt Betrieben erfolgt eine Schlussprüfung und gegebenenfalls somit, ihren Arbeitsumfang durch Kurzarbeit an- eine Korrektur der Abrechnung. Hier wird be- zupassen. Die tatsächliche Nutzung der Kurzarbeit reits deutlich, dass der Prozess den Betrieben ein kann den in der Anzeige genannten Wert unter- gewisses Maß an Flexibilität sowohl in zeitlicher schreiten und auch die Reduktion der Arbeitszeit Hinsicht als auch bezüglich des tatsächlichen Ein- satzes einräumt. Dies führt dazu, dass die amtli- 1 che Statistik der Bundesagentur für Arbeit (im Fol- Datenbasis Befragung „Betriebe in der Covid-19-Krise“ (BeCovid) genden BA-Statistik) erst zwei Monate nach Ende Seit August 2020 befragt das IAB ungefähr monatlich 1.500 bis 2.000 Betriebe zu ihrem des jeweiligen Berichtsmonats Hochrechnungen Umgang mit der Pandemie. Die Stichprobe entstammt der Betriebsdatei der BA und veröffentlicht und nach sechs Monaten die Zahlen umfasst alle Betriebe mit mindestens einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten festschreibt. Zahlen der BA-Statistik, vor allem die (entweder zum Stichtag 30.11.2019 oder zum Stichtag 28.2.2020), wobei der öffentliche Dienst ausgeschlossen ist. Damit lassen sich über ein Gewichtungsverfahren repräsen- endgültigen, erfassen den Umfang der Kurzarbeit tative Aussagen für alle privatwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland treffen. Die Erhe- dann zwar weitgehend präzise, für eine zeitnahe bung ist ein rotierendes Panel, d. h. Betriebe treten nach in der Regel sechs Teilnahmen Interpretation der Arbeitsmarktlage und mögliche aus der Befragung aus. Neben einem wiederkehrenden Teil an Fragen (bspw. zur Kurz- arbeit) werden in jeder Welle andere Schwerpunkte thematisiert, etwa die Situation am politische Reaktionen in der Dynamik der Covid- Ausbildungsmarkt, Homeoffice, Digitalisierung und Weiteres. Detailliertere Informatio- 19-Pandemie kamen sie allerdings recht spät. nen zur Befragung sind in Backhaus et al. (2021) zu finden. Entwicklung der Kurzarbeit in der A1 Corona-Krise Anzeigen von Kurzarbeit, Kurzarbeitende und Arbeitsausfall Personen in Millionen und Anteile in Prozent Wie viel Kurzarbeit findet sich nun aber im Zuge der Corona-Krise in den Daten der BA? Beispiel Kurzarbeitende (linke Achse) 9 April 2020: Die Betriebe hatten im März und Ap- Beschäftigungsäquivalent (linke Achse) 8 Personen in neuen Anzeigen (linke Achse) ril 2020 zusammengefasst für 10,7 Millionen Be- durchschnittlicher Arbeitsausfall 7 schäftigte Kurzarbeit angezeigt. Die Ausschöpfung je Kurzarbeitendem (rechte Achse) 6 60 lag aber selbst beim Höchststand im April mit Anzahl in Millionen 6 Millionen Kurzarbeitenden deutlich darunter. 5 50 Der Arbeitsausfall betrug durchschnittlich knapp Anteil (in Prozent) 4 40 50 Prozent und entsprach damit grob geschätz- 3 30 ten 3 Millionen Beschäftigungsäquivalenten. Ab- 2 20 bildung A1 zeigt den zeitlichen Verlauf der für 1 10 Kurzarbeit neu angezeigten Beschäftigen, die tat- 0 0 sächlich Kurzarbeitenden auf Basis der späteren Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug 2020 2021 Abrechnungen in Personen, den Arbeitsausfall Lesebeispiel: Im Januar 2021 wurde Kurzarbeit für 1 Million Beschäftigte neu angezeigt, knapp 3,3 Millionen gemäß der durch die Kurzarbeit reduzierten Lohn- Beschäftigte waren im Januar 2021 auf Basis der späteren Abrechnungen in Kurzarbeit, der durchschnittliche Arbeitsausfall in Kurzarbeit betrug 54 Prozent. Damit entsprach der Umfang der Kurzarbeit im Januar 2021 einem und Gehaltssummen und die mit dem Arbeitsaus- Beschäftigungsäquivalent von etwa 1,8 Millionen Beschäftigten. fall gewichtete Anzahl von Kurzarbeitenden (Be- Quellen: Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2021), monatliche Veröffentlichungen zur Kurzarbeit der Statistik der BA (Kurzarbeitende ab Mai 2021 stellen Hochrechnungen dar). © IAB schäftigungsäquivalent). 2 IAB-Kurzbericht 24|2021
Hochrechnungen der Kurzarbeitenden schwieriger gestaltet als zu Beginn der Pandemie während der Covid-19-Pandemie vermutet. Abbildung A2 zeigt die festgeschriebenen Zah- Das IAB hat die hochfrequente Betriebsbefragung len der Kurzarbeitenden bis zum Frühjahr 2021 als BeCovid auf den Weg gebracht, um aktuelle Infor- dunkelblaue Linie. Diese Zahlen werden von der mationen über Betriebe und Beschäftigte während amtlichen Statistik der Bundesagentur für Arbeit der Covid-19-Pandemie bereitzustellen (Bellmann erst mit sechsmonatiger Verzögerung bereitge- et al. 2020; für mehr Details vgl. Infobox 1). Die stellt. Vorläufige Hochrechnungen der BA-Statistik Befragung verfolgte dabei auch das Ziel, zeitnahe gehen daher den endgültigen Zahlen voraus. Eine Daten zur Nutzung von Kurzarbeit bereitzustellen. erste Hochrechnung liegt zwei Monate nach dem Erste Analysen zeigten aber, dass die erhobenen Ende des jeweiligen Berichtsmonats vor (Statistik Angaben zur Zahl der in Kurzarbeit befindlichen der Bundesagentur für Arbeit 2020). Wie Abbil- Beschäftigten über den Ergebnissen der BA-Sta- dung A2 zeigt, lagen die ersten Hochrechnungen tistik lagen. Da zu dem Zeitpunkt unklar war, auf der BA-Statistik (türkisfarbene Linie) zu Beginn welche Ursache diese Überschätzung zurückzu- der Covid-19-Krise um bis zu 1 Million Kurzarbei- führen war, konnten die ermittelten Zahlen nicht tende über den endgültigen Zahlen. Umgekehrt veröffentlicht werden. Stattdessen konzentrierten haben die ersten Hochrechnungen während der sich die Veröffentlichungen des IAB auf Struktur- zweiten Welle den Umfang der Kurzarbeit etwas informationen zur Kurzarbeit (Aminian et al. 2020), unterschätzt. Erst bei der zweiten oder dritten zudem wurde die statistische Unsicherheit bei der Hochrechnung, wenn zusätzliche Abrechnungs- Veröffentlichung herausgestellt. anträge der Arbeitgeber vorliegen, gelingt die Die Überschätzung der Kurzarbeitendenzahl auf Hochrechnung sehr präzise, dann allerdings drei Basis einer Umfrage ist dabei kein Problem, das beziehungsweise vier Monate nach dem Ende des sich auf die IAB-Betriebsbefragung BeCovid be- Berichtsmonats. schränkt hat. So hat das ifo Institut auf Basis sei- Eine zeitnahe Erfassung der Kurzarbeit wurde ner monatlichen Unternehmensbefragungen seit mittels regelmäßiger, aktueller Befragungen wäh- Mai 2020 im Auftrag des Bundesministeriums für rend der Covid-19-Pandemie versucht. Als erstes Finanzen die Zahl der Kurzarbeitenden erfragt und veröffentlichte das ifo Institut Zahlen zur aktuel- zeitnah publiziert (Link/Sauer 2020a). Im Sommer len Entwicklung der Kurzarbeit (Link/Sauer 2020a). 2020 zeigte sich, dass die ifo Hochrechnungen die Hierzu befragt das ifo Institut in seiner monatli- tatsächliche Zahl ebenfalls deutlich überschätzten. Ab November 2020 änderte das ifo Institut seine A2 Hochrechnung, um der Überschätzung Rechnung Hochrechnungen zur Kurzarbeit im Vergleich zu tragen (Link/Sauer 2020b). Auch die Statistik der Zahl der Kurzarbeitenden in Millionen BA erstellt zeitnahe Hochrechnungen, die zu Be- Bundesagentur für Arbeit (festgeschrieben) 7 ginn der Pandemie die Zahl der Kurzarbeitenden Bundesagentur für Arbeit (1. Hochrechnung) 6 ifo Institut ebenfalls leicht überschätzten. IAB-Befragung (mit 95 %-Konfidenzintervallen) Kurzarbeitende (in Millionen) Der starke Anstieg der Zahl an Kurzarbeitenden 5 spiegelte im Jahr 2020 am Anfang der Pandemie 4 die große Wucht des Arbeitsschocks wider. In 3 Ergänzung der Informationen der Statistik der BA wären daher schnell verfügbare und akkura- 2 te Befragungsdaten zur Kurzarbeit hoch relevant 1 gewesen für die schnell zu treffenden wirtschafts- 0 politischen Entscheidungen am Anfang der Pan- Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt demie. Heute muss man jedoch konstatieren, 2020 2021 dass sich die zeitnahe Vermessung der Kurzarbeit Quellen: Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2021), monatliche Veröffentlichungen zur Kurzarbeit der Statistik der BA, monatliche Pressemitteilungen vom ifo Institut, IAB-Befragung „Betriebe in der Covid-19-Krise“ (Wellen durch kurze, hochfrequente Befragungen sehr viel 3–18). © IAB IAB-Kurzbericht 24|2021 3
chen Konjunkturumfrage rund 7.000 Unterneh- Konfidenzband für August 2020 weist in etwa eine men, welcher Anteil der Beschäftigten dort aktuell Länge von 700.000 Kurzarbeitenden auf. Somit in Kurzarbeit ist. Die Ergebnisse liegen dann mit wird deutlich, dass die IAB-Hochrechnung der Er- den monatlichen Ergebnissen der Konjunktur hebung eine hohe statistische Streuung aufweist. umfrage sehr zeitnah vor und das ifo Institut Trotz dieses breiten Bandes unterscheidet sich der konnte in zahlreichen Pressemitteilungen die festgeschriebene Wert der BA-Statistik signifikant jeweils aktuelle Zahl der Kurzarbeitenden noch von der IAB-Hochrechnung – den Gründen hierfür vor Ende des Berichtsmonats veröffentlichen. wird weiter unten nachgegangen. Allerdings waren im Vergleich zu den erst später vorliegenden Angaben der Statistik der BA sehr Betriebe mit Kurzarbeit nehmen häufiger deutliche Abweichungen von zeitweise mehr als an der Befragung teil 2 Millionen Kurzarbeitenden zu konstatieren. Ab- bildung A2 zeigt die vom ifo Institut im Zeitraum Betriebe entscheiden selbst, ob sie an einer frei- Mai bis Oktober 2020 veröffentlichten Zahlen willigen Befragung teilnehmen. Eine besonders (grüne Linie). Beispielsweise lag die vom ifo In- hohe Teilnahmebereitschaft besteht üblicherweise, stitut für Mai 2020 berichtete Zahl von 7,3 Millio- wenn Befragte eine seriöse und vertrauenswürdi- nen Kurzarbeitenden um mehr als 1,5 Millionen ge Institution – zu der idealerweise bereits enge über der festgeschriebenen von der BA-Statistik Kontakte bestehen – gerne bei einem für den Be- im Herbst 2020 berichteten Zahl. Der Schätzfehler fragten wichtigen Thema unterstützen wollen. Aus der ifo Hochrechnungen war so groß, dass das ifo diesen Gründen wurde im postalischen Anschrei- Institut ab November 2020 die eigene Schätzme- ben und in der telefonischen Ansprache die BA als thodik revidiert hat. Seitdem skaliert es die eige- Unterstützerin der Befragung genannt. Als Thema nen Schätzungen herunter, um sie den Hochrech- wurden die Auswirkungen der Corona-Krise auf nungen der BA-Statistik anzupassen (Link/Sauer den Arbeitsmarkt angekündigt. Für Betriebe mit 2020b). Konkret wurden Korrekturfaktoren sepa- Kurzarbeit ist dieses Thema besonders relevant; rat nach Wirtschaftszweigen geschätzt, sodass die zusätzlich erhalten diese Betriebe mit dem Kurz- Hochrechnungen auf Basis der ifo Zahlen in vor- arbeitergeld bereits finanzielle Unterstützung ausgegangenen Monaten den von der BA-Statistik durch die BA. Vor diesem Hintergrund ist eine berichteten festgeschriebenen Zahlen möglichst vergleichsweise hohe Teilnahmebereitschaft von entsprachen. Betrieben mit Kurzarbeit plausibel. Abbildung A3 Die Hochrechnung der Zahl der Kurzarbeiten- (auf Seite 5) zeigt, dass von den Betrieben, die in den auf Basis von BeCovid ergab zwar gegenüber keinem Monat Kurzarbeitergeld von der BA erhal- den Zahlen des Ifo Instituts einen deutlich gerin- ten haben, knapp 20 Prozent an der Befragung teil- geren Wert, allerdings liegt die Zahl immer noch genommen haben. Dieser Anteil erhöht sich auf deutlich über den festgeschriebenen Werten der gut 27 Prozent für Betriebe, die durchgängig von BA-Statistik. Für August 2020 lag die IAB-Hoch- April bis Dezember 2020 Kurzarbeitergeld von der rechnung bei 3,3 Millionen und die ifo Hochrech- BA bezogen haben. Auch wenn im Rahmen einer nung sogar bei 4,6 Millionen, während die festge- Regression für verschiedene weitere Einflussfak- schriebene Zahl der BA-Statistik mit 2,5 Millionen toren kontrolliert wird, ändert dies das Ergebnis Kurzarbeitenden noch einmal deutlich niedriger kaum. Die Information, ob ein Betrieb tatsächlich war (vgl. Abbildung A2). Für die Werte aus der Kurzarbeitergeld bezogen hat, wurde nachträglich IAB-Befragung werden in Abbildung A2 auch die aus administrativen Abrechnungsdaten ermittelt geschätzten 95 %-Konfidenzbänder ausgewiesen, und den Befragungsdaten zugespielt. also deren Stichprobenfehler. Wären 100 Betriebs- Diese Selbstselektion in die Befragung hat zur befragungen auf die gleiche Weise durchgeführt Folge, dass kurzarbeitende Betriebe in der Befra- worden wie hier geschehen, würden die Konfidenz gung überrepräsentiert sind. Im Zuge der Gewich- intervalle von durchschnittlich 95 dieser Befra- tung muss dieser Effekt herausgerechnet werden. gungen den wahren Wert umfassen. Das BeCovid- Betriebe ohne Kurzarbeit erhalten dabei ein etwas 4 IAB-Kurzbericht 24|2021
höheres Gewicht und Betriebe mit (viel) Kurzarbeit A3 ein etwas geringeres Gewicht, um die Selbstselek- Teilnahmebereitschaft der Betriebe bei der IAB-Befragung hängt stark davon tion auszugleichen. Infolge dieser angepassten ab, für wie viele Monate Kurzarbeitergeld bei der BA abgerechnet wurde Gewichtung ist die befragte Stichprobe wieder re- Anteile der teilnehmenden Betriebe in Prozent und 95 %-Konfidenzintervalle präsentativ für die privatwirtschaftlichen Betriebe Betriebe ... in Deutschland. ohne Bezug von Kurzarbeitergeld Die in Abbildung A2 dargestellte IAB-Hochrech- (April bis Dezember 2020) nung basiert auf der angepassten Gewichtung. mit seltenem Bezug von Kurzarbeitergeld (1 bis 2 Monate) Deren Auswirkungen sind massiv: Hätten wir die- mit gelegentlichem Bezug von Kurzarbeitergeld (3 bis 8 Monate) sen Schritt nicht vorgenommen, wäre die Zahl der mit durchgängigem Bezug von Kurzarbeitergeld Kurzarbeitenden aus der IAB-Befragung um bis (April bis Dezember 2020) zu 1 Million höher gewesen. Die IAB-Ergebnisse 17 19 21 23 25 27 29 31 wären damit mehr als doppelt so weit von den Betriebe, die bis Juli 2021 mindestens einmal an der Befragung teilgenommen haben, werden ins Verhältnis gesetzt zu den Betrieben, die bis dahin mindestens einmal kontaktiert wurden. endgültigen Zahlen der BA-Statistik entfernt ge- Quellen: IAB-Befragung „Betriebe in der Covid-19-Krise“ (Wellen 3–15) und administrative Daten der BA. © IAB wesen wie abgebildet. Wir schließen aus diesem Befund, dass Selbstselektion der wichtigste Fak- tor zur Erklärung der Abweichung zwischen den allerersten – nur intern betrachteten Ergebnissen Vergleichbarkeit der Zahlen ein (vgl. Infobox 2 auf der IAB-Befragung – und den endgültigen Zahlen Seite 7). der amtlichen Statistik ist. Es ist aber zu betonen, Um dennoch eine weitergehende Analyse zu dass die in dieser Hinsicht angepasste Hochrech- ermöglichen, erstellen und verwenden wir einen nung ihrerseits administrative Daten aus der Krise Analysedatensatz, der zu jedem im November 2020 braucht und somit ebenfalls nur verzögert verfüg- befragten Betrieb nicht nur die Zahl der Kurzar- bar ist. beitenden laut telefonischer Befragung, sondern Für alle Analysen dieses Kurzberichts wurde die auch die aus den administrativen Abrechnungen nötige Anpassung der Gewichtung vorgenommen. der Betriebe gegenüber der BA enthält. Die Fokus- Bei anderen Themen, zu denen das IAB bislang Er- sierung auf den November 2020 erfolgt hier zu Dar- gebnisse auf Basis von BeCovid ohne diese Korrek- stellungszwecken; sehr ähnliche Ergebnisse liegen tur veröffentlicht hat, konnten keine durch Selbst- auch für die anderen Monate zwischen September selektion begründeten Unterschiede von inhaltlich und Dezember 2020 vor. relevanter Größenordnung festgestellt werden. Im Mittel nennen die Betriebe in der Befragung eine höhere Zahl an Kurzarbeitenden, als sie später gegenüber der BA abrechnen. Hochgerechnet und Abgerechnete Kurzarbeit und berichtete summiert über alle Betriebe im Analysedatensatz Kurzarbeit im Vergleich betrug diese Differenz für November 2020 rund Für November 2020 kommt die IAB-Befragung 0,78 Millionen Personen (2,91 Mio. laut Befragung auf rund 2,97 Millionen Kurzarbeitende, das sind vs. 2,13 Mio. laut verknüpften administrativen Be- 0,58 Millionen mehr als die 2,39 Millionen Kurzar- triebsdaten der BA). beitenden in der BA-Statistik (vgl. Abbildung A2). Exemplarisch für Betriebe mit 10 bis 49 Beschäf- Diese Abweichung kann aber nicht durch die über- tigten enthält Abbildung A4 (auf Seite 6) einzeln proportional häufige Teilnahme an der Befragung für jeden Betrieb im Analysedatensatz die Angaben von Betrieben mit Kurzarbeit erklärt werden, da aus der Befragung sowie aus den Abrechnungen die verwendete Gewichtung dies berücksichtigt. gegenüber der BA (ganz ähnliche Ergebnisse fin- Darüber hinaus gibt es einige wenige Betriebe, die den sich auch für andere Betriebsgrößenklassen). von der IAB-Befragung ausgeschlossen wurden Die starke positive Korrelation der beiden Größen oder die der Verknüpfung mit administrativen Da- ist deutlich sichtbar. Allerdings nennen viele Be- ten der BA nicht zustimmen. Das vergrößert die triebe in der Befragung eine andere – in der Regel beschriebene Abweichung noch und schränkt die höhere – Zahl an Kurzarbeitenden als die, die sie IAB-Kurzbericht 24|2021 5
später gegenüber der BA abrechnen. Darunter sind zent haben. Mithilfe ausführlicher Abrechnungs- auch Betriebe, die zum Zeitpunkt der Befragung listen muss der Arbeitgeber für jeden Beschäftigten von Kurzarbeit berichten, aber dann keinen einzi- einzeln Auskunft geben, wie viele Arbeitsstunden gen Kurzarbeitenden gegenüber der BA abrechnen wegen Kurzarbeit ausgefallen sind. Erst nach Ab- – ein Phänomen, das nun genauer untersucht wird. lauf des Kalendermonats – also nachdem der Um- fang der tatsächlich ausgefallenen Arbeitsstunden bekannt ist – können Betriebe mit einer Frist von Unterschiedliche Messkonzepte drei Monaten Anträge auf Erstattung stellen. Die Worin unterscheiden sich die Daten der BA-Statis- BA-Statistik zählt dann, wie viele Beschäftigte den tik und die Angaben aus der IAB-Befragung? Bei Abrechnungen der Arbeitgeber zufolge im Laufe den Daten der BA-Statistik zum konjunkturellen des Kalendermonats Entgeltausfall wegen Kurzar- Kurzarbeitergeld haben Betriebe einen Antrag auf beit hatten. Erstattung von Kurzarbeitergeld gestellt, der von Während die BA-Statistik also die Abrechnun- der BA geprüft wurde. Dabei wird sichergestellt, gen zur Kurzarbeit erfasst, ist es im Rahmen einer dass die rechtlichen Voraussetzungen für das Kurz- kurzen telefonischen Befragung nicht möglich, arbeitergeld erfüllt sind: Es können nur sozialver- entsprechende Informationen ähnlich präzise zu sicherungspflichtig Beschäftigte1 Kurzarbeitergeld erheben, da die Abrechnung der Betriebe deutlich beziehen und ein Betrieb ist antragsberechtigt, später als das Interview erfolgt. Stattdessen wird wenn mindestens 10 Prozent der Beschäftigten in der IAB-Befragung erfasst, wie viele Beschäftig- des Betriebes (bzw. einer Betriebsabteilung des te „aktuell von Kurzarbeit betroffen“ sind.2 Diese Betriebs) einen Entgeltausfall von mehr als 10 Pro- Formulierung lässt den betrieblichen Auskunfts- personen Spielraum zur Interpretation: „aktuell“ könnte sich beispielsweise nur auf den Tag der Be- A4 fragung beziehen oder die Befragten könnten an Messungen zur Kurzarbeit aus der IAB-Befragung und den Abrechnungen die vergangenen Monate denken – und je länger der Betriebe gegenüber der BA (BA-Abrechnung) im Vergleich der gedachte Zeitraum ist, desto mehr Kurzarbei- Betriebe mit 10 bis 49 Beschäftigten im November 2020 tende sind zu vermuten. Auch die Formulierung 50 „Kurzarbeit“ ist weniger präzise als das Konzept des von der BA erfassten konjunkturellen Kurzarbei- tergelds. Verschiedene Personengruppen können 40 nach Einschätzung des Befragten „kurz arbeiten“, aber keinen rechtlichen Anspruch auf Kurzarbei- tergeld haben (z. B. Inhaberinnen und Inhaber, berichtete Anzahl Kurzarbeitende geringfügig Beschäftigte, bei Bezug von Kranken- 30 geld etc.). Zudem könnte der Betrieb die Anzahl einzelner Betrieb an Kurzarbeitenden aus einer Anzeige gegenüber mehrere Betriebe der BA nennen, bei welcher vorsichtshalber eine 20 größere Anzahl an Personen genannt worden sein könnte. Bessere Formulierungen sind aber schwer zu finden, da die Frage nicht zu komplex werden 10 1 Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht nur für ungekündigte, sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit Ausnahme von Aus- zubildenden. Beschäftigte in Minijobs sind nicht durch Kurzarbeit 0 abgesichert. 2 Die Frage in der Erhebung lautet: „Wie viele Beschäftigte Ihres 0 10 20 30 40 50 Betriebs sind aktuell von Kurzarbeit betroffen? Eine Schätzung ge- abgerechnete Anzahl Kurzarbeitende nügt.“ Falls Betriebe dies nicht beantworten können, erhalten sie diese Nachfrage: „Und können Sie den Wert als Anteil nennen? Wie Quellen: IAB-Befragung „Betriebe in der Covid-19-Krise“ (Welle 6) und administrative Daten der BA. © IAB viel Prozent der Belegschaft Ihres Betriebs ist aktuell von Kurzar- beit betroffen? Eine Schätzung genügt.“ 6 IAB-Kurzbericht 24|2021
darf und die freiwillig an der Befragung Teilneh- alle Betriebe, die laut IAB-Befragung und laut BA- menden nicht überfordern oder verärgern soll, um Abrechnung im November 2020 mindestens einen die Teilnahme an der Befragung nicht zu gefähr- Beschäftigten in Kurzarbeit hatten. Allein für diese den. Somit bestehen konzeptionelle Unterschiede Gruppe ist die Zahl der Kurzarbeitenden laut IAB- zwischen den Daten der BA-Statistik und der IAB- Befragung schon 0,46 Millionen höher als in der Befragung, doch Umfang und Richtung der Abwei- BA-Statistik für alle Betriebe. chungen ließen sich im Vorfeld kaum abschätzen. Eine zweite wichtige Teilgruppe (B) umfasst alle Betriebe, die laut Befragung im November 2020 min- destens einen Beschäftigten in Kurzarbeit hatten, Unterschiedliche Mechanismen führen aber die für denselben Zeitraum keine Abrechnung zu Abweichungen bei der BA eingereicht haben, obwohl sie in ande- Um die Bedeutung unterschiedlicher Mechanis- ren Monaten bereits Kurzarbeitergeld abgerechnet men zur Erklärung der Abweichungen zwischen haben. In dieser Teilgruppe ist es wahrscheinlich, den Abrechnungen der Betriebe gegenüber der BA dass Betriebe kein Kurzarbeitergeld von der BA er- (BA-Abrechnung) und der IAB-Befragung zu unter- halten haben, was in der BA-Abrechnung null Kurz- suchen, zerlegen wir den Analysedatensatz in ver- arbeitende bedeutet, z. B., weil sie die Mindest- schiedene Teilgruppen (vgl. Tabelle T2 auf Seite 8). bedingung von 10 Prozent der Beschäftigten mit Die erste und wichtigste, Teilgruppe A, umfasst Arbeitsausfall nicht mehr erfüllt haben. Alternativ 2 Generierung eines Analysedatensatzes zur Vergleichbarkeit der Zielpopulation der IAB-Befragung und der administrativen Daten der BA Folgende Kriterien führen zum Ausschluss eines Betriebs aus der IAB-Stich- rechnungen (2.291.004 Beschäftigte). Dies bestätigt, dass die im Bericht be- probe: schriebene angepasste Gewichtung um die höhere Teilnahmebereitschaft 1. Ausgeschlossen von der Stichprobenziehung waren Betriebe, die im No- von Betrieben mit Kurzarbeit auszugleichen, erfolgreich war. Geringfügige vember 2019 keinen einzigen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bei Abweichungen nach unten sind zu erwarten, da der Analysedatensatz (IAB- der BA gemeldet hatten (also zum Zeitpunkt der Stichprobenziehung bei der Stichprobe) definitorisch nicht exakt dem BA-Datensatz entspricht, der alle BA nicht registriert waren) oder einer der Branchen Öffentliche Verwaltung, Abrechnungen zur Kurzarbeit enthält. Auch beruht der Analysedatensatz Verteidigung, Sozialversicherung, Private Haushalte angehörten. auf einer Stichprobenziehung, d. h. abhängig von der befragten Stichpro- be hätte die IAB-Befragung auch zu etwas anderen Hochrechnungen kom- 2. Ausgeschlossen waren weiterhin Betriebe, die zu Beginn der Befragung men können. Der Umfang dieses Stichprobenfehlers lässt sich anhand des angaben, dass sie Teil des öffentlichen Dienstes sind. 95 %-Konfidenzintervalls (vgl. Tabelle unten) einschätzen. Beide Kriterien führen zu einer geringfügigen Untererfassung der Kurzarbeit in der IAB-Befragung. Zusätzlich schließen wir Zahl der kurzarbeitenden Betriebe und Beschäftigten – hochgerechnete Befragungs aus Gründen des Datenschutzes einige wenige Betriebe aus, daten im Vergleich zu den Daten der BA-Statistik im November 2020 die der Verknüpfung ihrer Angaben aus der Befragung mit Alle Abrechnungen zur Kurzarbeit (BA-Daten) administrativen Daten nicht zugestimmt haben. Nur für die Betriebe Beschäftigte Betriebe, die ihre Zustimmung erteilt haben, ist es möglich, ex Amtliche Veröffentlichung der BA-Statistik 312.009 2.386.194 post den Vergleich mit den tatsächlichen Abrechnungen vor- abzüglich Betriebe, die bei der Stichproben- zunehmen. –22.458 –95.190 ziehung unberücksichtigt blieben Als Ergebnis erhalten wir einen Analysedatensatz, der für jeden Summe 289.551 2.291.004 enthaltenen Betrieb zwei Messungen zum Umfang der Kurzar- IAB-Befragung (hochgerechnet) beit im November 2020 enthält: Eine Angabe stammt aus der Angaben für die befragten Angaben der befragten telefonischen Befragung, eine andere aus den betrieblichen Betriebe laut BA-Abrechnung Betriebe in der IAB-Erhebung Abrechnungen der Kurzarbeit gegenüber der BA. Zentrale Betriebe Beschäftigte Betriebe Beschäftigte Kennzahlen dieses Analysedatensatzes sind in der rechts ste- henden Tabelle dargestellt. Die Abweichungen zwischen bei- IAB-Hochrechnung -- -- 368.100 2.965.178 den Messungen sind auf ersten Blick überraschend groß und abzüglich Betriebe, die werden in diesem Kurzbericht näher analysiert. keine Zustimmung zur Ver- -- -- –14.248 –59.210 Verwendet man den Analysedatensatz (IAB-Stichprobe) und knüpfung mit administrati- ven Daten gegeben haben rechnet die Fallzahlen der Betriebe zur Kurzarbeit, die der BA laut den Abrechnungen der Betriebe vorliegen, auf Deutsch- Analysedatensatz 291.006 2.125.176 353.852 2.905.968 land hoch, so ist diese Hochrechnung (2.125.176 Beschäftigte) [249.757– [1.840.340– [306.880– [2.499.999– 95 %-Konfidenzintervall 332.254] 2.410.012] 400.824] 3.311.936] sehr ähnlich zur Auszählung aller bei der BA eingegangenen Ab- Quellen: IAB-Befragung „Betriebe in der Covid-19-Krise“ (Welle 6) und administrative Daten der BA. © IAB IAB-Kurzbericht 24|2021 7
wäre denkbar, dass Betriebe dieser Teilgruppe ihre mit mehreren zugehörigen Unternehmenseinhei- Kurzarbeit unter einer anderen Betriebsnummer ten oder mehreren Betriebsstätten entstehen. abgerechnet haben und daher die BA-Abrechnung nicht den IAB-Befragungsdaten zugeordnet werden Bei welchen Betrieben kommt es zu kann. Beispielweise ist dies der Fall, wenn die Kurz- besonders starken Abweichungen? arbeit eines Betriebs gemeinsam mit anderen Be- trieben desselben Unternehmens über einen ande- Wie beschrieben berichten Betriebe im Mittel in ren Standort des Unternehmens abgerechnet wird. der IAB-Befragung von deutlich mehr Kurzarbei- Die Teilgruppe B trägt rund 0,17 Millionen Beschäf- tenden als sie in der BA-Abrechnung aufweisen. tigte zur Gesamtdifferenz bei, außerdem kommt es Auf welche Art von Betrieben trifft dies besonders wegen dieser Gruppe zu deutlichen Abweichungen stark zu? Eine nähere Analyse von Betrieben, die bei der Zahl der Betriebe in Kurzarbeit. im November 2020 sowohl laut Befragung Kurzar- Zusammengenommen lässt sich ein sehr großer beit eingesetzt haben als auch Kurzarbeitergeld bei Teil der beobachteten Lücke zwischen IAB-Befra- der BA abgerechnet haben (Teilgruppe A, die den gung und BA-Statistik auf die beiden Teilgruppen größten Teil der Abweichung ausmacht), liefert A und B zurückführen. Zwei weitere Teilgruppen hierzu Erkenntnisse (vgl. Tabelle T3 auf Seite 9). tragen in geringerem Maße zu den beschriebenen Die Differenz zwischen IAB-Befragung und BA- Abweichungen bei, deshalb gehen wir nur kurz auf Abrechnung ist in fast allen Bereichen verbreitet. sie ein (vgl. Tabelle T2). Einerseits berichten Betrie- Eine wichtige Ausnahme bilden Betriebe, in denen be in der Befragung von Beschäftigten in Kurzarbeit, sich nach eigenen Angaben weniger als 25 Prozent obwohl sie im Jahr 2020 nie Kurzarbeitergeld bei der ihrer Belegschaft in Kurzarbeit befinden; dort wird BA abgerechnet haben (Teilgruppe C; dies betrifft die Kurzarbeit in der Befragung untererfasst (auch 175 Tausend Beschäftigte). Umgekehrt rechnen ei- wenn man Teilgruppe B einbeziehen würde). Zu- nige Betriebe im November 2020 Kurzarbeitergeld sätzlich fallen die Differenzen kleiner aus bei Bran- ab, obwohl sie laut Befragung gar keine Kurzarbeit chen mit wenigen Betrieben und ohne intensive eingesetzt haben (Teilgruppe D; dies betrifft 32 Tau- Nutzung von Kurzarbeit. send Kurzarbeitende). Beides deutet auf Messunge- In welchen Betrieben die Abweichungen beson- nauigkeiten hin, allerdings lässt sich beides auch ders stark sind, kann besser anhand des Quotien- mit Schwierigkeiten bei der Verknüpfung von Be- ten aus der Zahl der Kurzarbeitenden in der IAB- fragungsdaten mit administrativen Daten erklären. Befragung und in der BA-Abrechnung beurteilt Probleme können insbesondere bei Unternehmen werden. Betriebe, in denen laut IAB-Befragung T2 Hochgerechnete Zahl der kurzarbeitenden Beschäftigten im November 2020, Zerlegung in Teilgruppen – Vergleich zwischen IAB-Befragung und den Abrechnungen der Betriebe gegenüber der BA (BA-Abrechnung) Teilgruppen Gesamt (im Analyse- A B C D E datensatz) Betriebe mit Kurzarbeit IAB-Befragung: Betrieb hatte laut Befragung mindestens 1 Beschäftigten in Kurzarbeit Ja Ja Ja Nein Nein BA-Abrechnung: Betrieb hat Kurzarbeit im November 2020 abgerechnet Ja Nein Nein Ja Nein BA-Abrechnung: Betrieb hat Kurzarbeit in einem anderen Monat des Jahres 2020 abgerechnet Ja Nein Zahl der Betriebe (N) 389 52 23 12 1.446 1.922 Beschäftigte in Kurzarbeit Hochgerechnete Zahl der Beschäftigten je Gruppe laut Befragung 2.557.267 173.497 175.204 0 0 2.905.968 Hochgerechnete Zahl der Beschäftigten je Gruppe laut BA-Abrechnung 2.093.337 0 0 31.839 0 2.125.176 Differenz: Beschäftigte laut Befragung – Beschäftigte in der BA-Abrechnung 463.930 173.497 175.204 –31.839 0 780.792 (Standardfehler) (120.767) (31.353) (51.692) (11.612) (0) (135.289) Quellen: IAB-Befragung „Betriebe in der Covid-19-Krise“ (Welle 6) und administrative Daten der BA. © IAB 8 IAB-Kurzbericht 24|2021
mehr als 50 Prozent ihrer Belegschaft von Kurzar- rei hervor. Diese Befunde bestätigen sich in einer beit betroffen sind, geben in der Befragung regel- Regressionsanalyse. mäßig deutlich mehr Kurzarbeitende an als in der Die erhöhten Werte bei Unternehmenszentralen späteren Abrechnung bei der BA; bei Betrieben, in lassen sich erklären, da Zentralen bei der Befra- denen laut Befragung 100 Prozent der Belegschaft gung dazu neigen, auch Kurzarbeitende aus ihren kurzarbeiten, ist dieser Effekt noch ausgepräg- anderen Niederlassungen mitzuzählen. Wir ha- ter. Auch die Betriebsgröße und die Qualifikati- ben Mehrbetriebsunternehmen danach gefragt, onsstruktur spielen hier eine große Rolle: Kleine wie viele Kurzarbeitende sie nur an ihrem eige- Betriebe sind besonders anfällig für Abweichun- nen Standort haben, wodurch sich die Zahl der gen, in geringerem Ausmaß auch Betriebe mit ge- Kurzarbeitenden um etwa 80.000 reduziert und ringqualifizierten Beschäftigten. Bei den Branchen die beschriebene Abweichung bei den Zentralen stechen das Gastgewerbe sowie Verkehr und Lage- deutlich kleiner wird. T3 Hochgerechnete Zahl der Beschäftigten in Kurzarbeit im November 2020 (nur Teilgruppe A), Zerlegung nach verschiedenen Charakteristika der Betriebe – Vergleich zwischen IAB-Befragung und BA-Abrechnung IAB-Befragung BA-Abrechnung Differenz Quotient Beschäftigte im Analysedatensatz (Teilgruppe A) 2.557.267 2.093.337 463.930* 1,22 nach Betriebsgröße 1–9 Beschäftigte 764.579 530.862 233.717* 1,44 10–49 Beschäftigte 814.229 629.518 184.710* 1,29 50–249 Beschäftigte 690.212 648.889 41.323 1,06 250 und mehr Beschäftigte 288.247 284.068 4.179 1,01 nach Wirtschaftszweigen Land- und Forstwirtschaft; Bergbau/Energie/Wasser 4.831 4.831 0 1,00 Verarbeitendes Gewerbe 668.343 590.091 78.252 1,13 Baugewerbe 42.975 47.666 –4.691 0,90 Groß- und Einzelhandel; Instandhaltung von Kfz 386.013 337.780 48.233 1,14 Verkehr und Lagerei 137.084 105.315 31.769 1,30 Gastgewerbe 682.514 479.974 202.541* 1,42 Information und Kommunikation 57.059 59.911 –2.851 0,95 Sonstige Dienstleistungen 480.904 398.486 82.418* 1,21 Bildungs-/Gesundheits-/Sozialwesen 97.542 69.283 28.260 1,41 nach Standorttyp Einzelstandort 1.569.442 1.273.970 295.472* 1,23 Zentrale (Mehrbetriebsunternehmen) 631.974 474.762 157.212* 1,33 Niederlassung (Mehrbetriebsunternehmen) 313.621 310.841 2.781 1,01 nach Anteil der Belegschaft in Kurzarbeit laut Befragung unter 25 % 287.798 396.812 –109.014* 0,73 25 % bis 50 % 380.350 380.135 215 1,00 über 50 % bis unter 100 % 1.220.573 920.999 299.574* 1,33 100 % 668.545 395.390 273.155* 1,69 nach Qualifikationsstruktur Betrieb hat Beschäftigte ohne Berufsausbildung 1.651.366 1.323.813 327.553* 1,25 Betrieb hat ausschl. Beschäftigte mit mind. Berufsausbildung 869.002 735.793 133.209* 1,18 Mit * hervorgehoben sind Differenzen, die sich zum Signifikanzniveau 5 % von Null unterscheiden. Quellen: IAB-Befragung „Betriebe in der Covid-19-Krise“ (Welle 6, Teilgruppe A, N = 389 Betriebe) und administrative Daten der BA. © IAB IAB-Kurzbericht 24|2021 9
Welche Betriebe rechnen keine Um welche Art von Betrieben handelt es sich bei Kurzarbeit ab? dieser Gruppe? Zur Beantwortung dieser Frage wurde eine logistische Regressionsanalyse durch- Eine nennenswerte Zahl an Betrieben gibt in der geführt, die Ergebnisse sind in der Tabelle T4 Befragung die Nutzung von Kurzarbeit an, ohne dargestellt. Der sogenannte marginale Effekt gibt dann aber unter derselben Betriebsnummer für zum Beispiel an, dass Betriebe mit 1 bis 9 Beschäf- den Befragungsmonat Kurzarbeitergeld bei der tigten eine um rund 12 Prozentpunkte höhere BA abzurechnen. Vorstellbar wäre, dass solche Wahrscheinlichkeit aufweisen, keine Kurzarbeit Betriebe mitunter andere als die uns vorliegenden abzurechnen, als Betriebe mit 250 und mehr Be- Betriebsnummern verwenden, über die sie das schäftigten. Entsprechend der oben berichteten Kurzarbeitergeld abrechnen. Um solche Fälle nach Ergebnisse treten derartige Fälle also besonders Möglichkeit auszuschließen, betrachten wir nur häufig bei kleineren Betrieben sowie bei Betrieben Betriebe, die bereits zu einem anderen Zeitpunkt mit geringqualifizierten Beschäftigten auf. Wenn als zum Befragungsmonat im Jahr 2020 unter der nur ein kleiner Teil der Belegschaft in Kurzarbeit ersten Betriebsnummer Kurzarbeitergeld abge- ist, passiert es ebenfalls häufiger, dass kein Kurzar- rechnet haben (Teilgruppe B). beitergeld abgerechnet wird – allerdings rechnen solche Betriebe, wenn sie eine Abrechnung durch- T4 führen, tendenziell mehr Kurzarbeitende ab, als Logistische Regression (gewichtet) zur Erklärung der Wahrscheinlichkeit, sie in der IAB-Befragung angeben, siehe Tabelle T3. dass ein Betrieb keine Kurzarbeit abgerechnet hat, obwohl laut Befragung Mit steigendem Anteil der Belegschaft in Kurzar- Beschäftigte in Kurzarbeit waren beit steigt die Wahrscheinlichkeit einer Abrech nung des Kurzarbeitergelds gegenüber der BA. Marginaler Effekt Standardfehler Betriebsgröße (Referenz: 250 und mehr Beschäftigte) Sowohl die Zusammensetzung der Teilgruppe B 1–9 Beschäftigte 0,1219* 0,0355 als auch die genannten Ergebnisse legen nahe, 10–49 Beschäftigte 0,0601* 0,0267 dass ein Großteil dieser Betriebe tatsächlich keine 50–249 Beschäftigte 0,0069 0,0200 Kurzarbeitenden bei der BA abgerechnet hat, ob- Wirtschaftszweige (Referenz: Groß- und Einzelhandel; Instandhaltung von Kfz) wohl sie laut Befragung Beschäftigte in Kurzarbeit Land- und Forstwirtschaft; Bergbau/Energie/ –0,1000* 0,0458 hatten. Eine mögliche Erklärung ist, dass Betriebe Wasser Verarbeitendes Gewerbe 0,0786 0,0563 zum Zeitpunkt der Befragung nur eine vorläufige Baugewerbe 0,1153 0,1015 Abschätzung des später abgerechneten Umfangs Verkehr und Lagerei –0,0677 0,0519 an tatsächlicher Kurzarbeit vornehmen können. Gastgewerbe –0,0154 0,0515 Zudem können Erinnerungsfehler oder Interpreta- Information und Kommunikation 0,0378 0,0883 tionsspielräume zu abweichenden Angaben in der Sonstige Dienstleistungen 0,0197 0,0414 Befragung führen. Des Weiteren wurden Anträge Bildungs-/Gesundheits-/Sozialwesen 0,1248 0,0763 auf Kurzarbeit mitunter auch abgelehnt – so ist z. B. Standorttyp (Referenz: Einzelstandort) anzunehmen, dass kleinere Betriebe, die häufiger Zentrale (Mehrbetriebsunternehmen) 0,0389 0,0526 keine eigene Personalabteilung oder entsprechend Niederlassung (Mehrbetriebsunternehmen) 0,1357 0,1057 Anteil der Belegschaft in Kurzarbeit laut Befragung (Referenz: 100 %) zuständige Person haben, häufiger fehlerhafte An- unter 25 % 0,2385* 0,0495 träge oder Abrechnungen vorgelegt haben. 25 % bis 50 % 0,0821* 0,0304 über 50 % bis unter 100 % 0,0598 0,0323 Qualifikationsstruktur Fazit (Referenz: Betrieb hat ausschließlich Beschäftigte mit mindestens Berufsausbildung) Betrieb hat Beschäftigte ohne Berufsausbildung 0,0677* 0,0328 Kurzarbeit ist ein zentrales Instrument zur Stabili- sierung des Arbeitsmarkts in Krisenzeiten – und in Mit * hervorgehoben sind Koeffizienten, die sich zum Signifikanzniveau 5 % von Null unterscheiden. Lesehilfe für durchschnittliche marginale Effekte in Prozentpunkten: In Betrieben mit 1 bis 9 Beschäftigten ist einer solchen schweren Krise wie der aktuellen in- die Wahrscheinlichkeit, keine Kurzarbeit abzurechnen, um 12,19 Prozentpunkte höher verglichen mit Betrieben, die 250 und mehr Beschäftigte haben. folge von Corona sind zeitnahe Daten von hoher Be- Quellen: IAB-Befragung „Betriebe in der Covid-19-Krise“ (gepoolter Datensatz der Wellen 3, 4, 6 und 7 von Sep- deutung. Da die genauen Zahlen zum tatsächlichen tember–Dezember, Teilgruppen A und B, N = 1.499 Betriebe) und administrative Daten der BA. Die Regression enthält zusätzlich Indikatorvariablen für die jeweiligen Monate. © IAB Umfang der Kurzarbeit der Bundesagentur für Ar- 10 IAB-Kurzbericht 24|2021
beit erst mit nahezu sechs Monaten und auch erste Angesichts dieser Befunde haben wir bis zu die- Hochrechnungen mit zwei Monaten Verzögerung sem Kurzbericht von einer Veröffentlichung von vorliegen, war es 2020 naheliegend, kurzfristige Hochrechnungsergebnissen zur Zahl der Kurzar- Befragungen durchzuführen und auf dieser Basis beitenden auf Basis der IAB-Befragung abgesehen. aktuelle Hochrechnungen vorzunehmen. Das IAB Retrospektiv ist festzuhalten, dass die IAB-Hoch- hat Fragen zum Umfang der Kurzarbeit in seine rechnung trotz der Überschätzung zumindest den Prof. Bernd Fitzenberger, PhD 2020 gestartete, hochfrequente Betriebsbefragung Trendverlauf der tatsächlichen Entwicklung der ist Direktor des IAB. „Betriebe in der Covid-19-Krise“ aufgenommen. Die Kurzarbeit ab August 2020 sehr gut widerspiegelt. Bernd.Fitzenberger@iab.de Hochrechnung der Zahl der Kurzarbeitenden auf Somit kann aufgrund der aktuellsten Ergebnisse Basis dieser IAB-Befragung führte zu einer deut- der IAB-Befragung davon ausgegangen werden, lichen Überschätzung gegenüber den später vor- dass sich der Rückgang der Kurzarbeit bis zum Ok- liegenden Hochrechnungen und endgültig festge- tober 2021 fortgesetzt hat und die Zahl der Beschäf- schriebenen Werten der BA-Statistik. tigten in Kurzarbeit im Oktober 2021 unterhalb von Unsere Analyse der Problematik in der IAB-Be- 700 Tausend Personen liegt. fragung nutzt den methodischen Umstand, dass Ein weiterer Hinweis darauf, dass eine neu ge- Christian Kagerl das IAB als Teil der BA die IAB-Befragungsergeb- startete zeitnahe Erhebung in einer sehr dynami- ist Mitarbeiter in der nisse mit administrativen Daten der BA verknüp- schen ökonomischen Entwicklung Kurzarbeit nur Forschungsgruppe des Direktors am IAB. fen kann. Oft liegen nur Befragungsergebnisse vor unvollkommen erfassen kann und damit zu einer Christian.Kagerl@iab.de und man kann allenfalls mutmaßen, zu welchen Überschätzung führen kann, ergibt sich daraus, Ergebnissen man bei einer alternativen Messme- dass die auf Basis des einmal im Jahr erhobenen thode gekommen wäre. Die vorgestellten Ergeb- IAB-Betriebspanels hochgerechnete Zahl der Be- nisse erlauben damit lehrreiche Einblicke zu den schäftigten in Kurzarbeit deutlich näher an den Gründen für eine solche Überschätzung. festgeschriebenen Zahlen der BA-Statistik liegt. So nehmen kurzarbeitende Betriebe etwas häu- Da das IAB-Betriebspanel einen hohen Anteil an figer an der Befragung teil, ein Umstand der einen Panelbetrieben aus der Zeit vor der Krise aufweist, Teil der Überschätzung erklärt und in der Gewich- ist die Selektion in die Befragung vernachlässigbar. Dr. Malte Schierholz war Mitarbeiter im Kom- tung berücksichtigt werden kann. Fehlerhafte Ant- Zusätzlich beurteilen die Befragten die Zahl der petenzzentrum Empirische worten von Befragten – die ebenfalls nennenswert betroffenen Beschäftigten in der Regel mit einem Methoden und bei der Forschungsgruppe des zur Überschätzung in der IAB-Betriebsbefragung größeren zeitlichen Abstand, was eine genauere Direktors im IAB. Derzeit ist er beitragen und nicht zeitnah korrigiert werden Abschätzung der tatsächlichen Zahl erlaubt. Es zu Gast an der Carnegie Mellon University. können – sind bei kleineren Betrieben und bei bleibt aber das Problem, dass das IAB-Betriebspa- mschierh@andrew.cmu.edu Betrieben mit einem hohen Anteil an Kurzarbei- nel keinen zeitlichen Vorteil gegenüber den festge- tenden am häufigsten. Auch kann es sich bei den schriebenen Zahlen der BA-Statistik aufweist. Angaben der Betriebe immer nur um eine Schät- Wie bereits ausgeführt, überschätzten zu Be- zung handeln, da noch vor Ablauf des Kalender- ginn der Pandemie auch die nach zwei Monaten monats erfasst werden soll, wie viele Beschäftigte vorliegenden ersten Hochrechnungen der BA den im gesamten Monat kurzarbeiten werden. Betriebe tatsächlichen Umfang der Kurzarbeit, wenn auch können den Umfang der Kurzarbeit aber flexibel in deutlich geringerem Maße als die Befragungsda- der aktuellen Geschäftslage anpassen, und ein- ten. Die Hochrechnungen der BA-Statistik konnten Dr. Jens Stegmaier zelne Beschäftigte (insbesondere Minijobber oder im Verlauf der Krise verbessert werden und liefern ist Mitarbeiter in den For- schungsbereichen „Betriebe Auszubildende) können – aus Sicht der Befragten seit August 2020 eine sehr zuverlässige Einschät- und Beschäftigung” sowie – ebenfalls von Kurzarbeit betroffen sein, ohne dass zung des Umfangs der Kurzarbeit. Ein Nowcasting „Panel Arbeitsmarkt und sozi- ale Sicherung” am IAB. sie Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben und da- direkt nach dem abgelaufenen Monat bleibt jedoch Jens.Stegmaier@iab.de mit in den Abrechnungen der Betriebe gegenüber weiter eine große methodische Herausforderung, der BA nicht erfasst werden. Ein weiterer Grund da die BA-Statistik für die erste Hochrechnung Zeit ist, dass die Eingrenzung der für die Abrechnung benötigt und sehr zeitnahe Befragungen eine zum der Kurzarbeit relevanten Betriebseinheit in der Zeitpunkt der Erhebung bisher nicht präzise zu be- Befragung schwierig ist. ziffernde Überschätzung aufweisen. IAB-Kurzbericht 24|2021 11
Literatur Aminian, Armin; Bellmann, Lutz; Braun, Wolfgang; Fitzen- berger, Bernd; Kagerl, Christian; Koch, Theresa; König, Corinna; Leber, Ute; Pohlan, Laura; Schierholz, Malte; Stegmaier, Jens (2020): Im Oktober war weiterhin ein Drittel der Betriebe im Verarbeitenden Gewerbe und im Gastgewerbe in Kurzarbeit, IAB-Forum vom 6.11.2020. Backhaus, Nils; Bellmann, Lutz; Gleiser, Patrick; Hensgen, Sophie; Kagerl, Christian; Koch, Theresa; König, Corin- na; Kleifgen, Eva; Leber, Ute; Moritz, Michael; Pohlan, Laura; Robelski, Swantje; Roth, Duncan; Schierholz, Malte; Sommer, Sabine; Stegmaier, Jens; Tisch, Ani- ta; Umkehrer, Matthias; Aminian, Armin (2021): Panel ‚Betriebe in der Covid-19 Krise’ – 20/21. In: Eine Längs- schnittstudie in deutschen Betrieben – Welle 1–14, FDZ- Datenreport 13/2021 (de), Nürnberg, 23 S. Bellmann, Lutz; Kagerl, Christian; Koch, Theresa; König, Corinna; Leber, Ute; Schierholz, Malte; Stegmaier, Jens; Aminian, Armin (2020): Was bewegt Arbeitgeber in der Krise? Eine neue IAB-Befragung gibt Aufschluss, IAB- Forum vom 25.9.2020. Link, Sebastian; Sauer, Stefan (2020a): Monatlicher Now- cast der realisierten Kurzarbeit auf Basis von Unterneh- mensbefragungen. Beschreibung des Forschungsauf- trags fe 3/19: Rahmenvertrag Wissenschaftliche (Kurz-) Expertisen zu Grundsatzfragen der Finanz-, Steuer- und Wirtschaftspolitik, ifo Institut, München (https://www. ifo.de/node/56671). Link, Sebastian; Sauer, Stefan (2020b): »Lockdown light« lässt Kurzarbeit im November wieder etwas ansteigen. Ifo Schnelldienst 12/2020, ifo Institut, München (https:// www.ifo.de/publikationen/2020/aufsatz-zeitschrift/lock down-light-laesst-kurzarbeit-im-november). Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2020): Grundlagen: Methodenbericht – Hochrechnung der realisierten Kurz- arbeit nach dem SGB III, Juni 2020, Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg (https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/ Statischer-Content/Grundlagen/Methodik-Qualitaet/Me thodenberichte/Leistungsstatistik/Generische-Publikati onen/Methodenbericht-Kurzarbeit-Hochrechnung-2020. pdf). Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2021): Ange- zeigte und realisierte Kurzarbeit – Deutschland, Ost/ West, Länder, Kreise und Agenturen für Arbeit (Zeit- reihe Monats- und Jahreszahlen), Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg (https://statistik.arbeitsagentur.de/ SiteGlobals/Forms/Suche/Einzelheftsuche_Formular. html?nn=1524090&topic_f=kurzarbeit-zr2 ). Impressum | IAB-Kurzbericht Nr. 24, 15.11.2021 | Herausgeber: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit, 90327 Nürnberg | Redaktion: Elfriede Sonntag und Martina Dorsch | Grafik & Gestaltung: Nicola Brendel | Foto: Wolfram Murr, Fotofa- brik Nürnberg, Jutta Palm-Nowak und privat | Druck: MKL Druck GmbH & Co. KG, Ostbevern | Rechte: Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des IAB | Bezug: IAB-Bestellservice, c/o wbv Media GmbH & Co. KG, Auf dem Esch 4, 33619 Bielefeld; Tel. 0911-179-9229 (es gelten die regulären Festnetzpreise, Mobilfunkpreise können abweichen); Fax: 0911-179-9227; E-Mail: iab-bestellservice@wbv.de | IAB im Internet: www.iab.de. Dort finden Sie unter anderem diesen Kurzbericht zum kostenlosen Download | Anfragen: iab.anfragen@iab.de oder Tel. 0911-179-5942 | ISSN 0942-167X 12 IAB-Kurzbericht 24|2021
Sie können auch lesen