Vorhang auf für die Kultur - Evangelisch-reformierte ...

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Vorhang auf für die Kultur - Evangelisch-reformierte ...
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                                                                                  Post CH AG
Kirchenblatt für die Evangelisch-reformierten Kirchgemeinden beider Appenzell    AZB 9100 Herisau

                                                                       September 2021 Nr.7 108.Jahrgang

                               ute AR
        p ro -T h e ater in Re
     Im                         21
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                                                    Vorhang auf für die Kultur
      am  2                          Seite 17
                            mehr auf
      
Vorhang auf für die Kultur - Evangelisch-reformierte ...
Biblische Betrachtung

         Der kostbare Teil unserer Kultur
                Angenommen: Ein paar Menschen landen auf einer                 waren nicht besser als unsere. Kulturpessimismus
                einsamen Insel, wo noch nie Menschen gelebt haben.             nennt man dieses Phänomen: «Dann ist wohl leicht zu
                Sie werden zunächst die Insel durchstreifen und                entscheiden, dass die Damaligen tausendmal glückseli-
                überlegen, was zu tun ist, damit sie überleben: eine           ger dran waren als die Jetzigen», schreibt Platon!
                Quelle finden, Früchte und Holz sammeln, Feuer ma-                Ich möchte dieses negative Weltbild nicht teilen.
                chen, fischen, Werkzeuge bauen, Hütten errichten …             Weil ich im Rückblick und beim Studium alter Kulturen
                aber wie fängt Mann Fische und holt Frau Wasser?               erkenne, dass alles immer der Veränderung unterwor-
                Wie leben sie zusammen? Was machen sie, wenn es                fen war und ist. Vor zwei Jahren stand ich mitten in
                Streit gibt?                                                   den Ruinen der antiken Stadt Persepolis und bestaunte
                                                                               überwältigt die herrlichen alten Reliefs: 500 v. Chr. an-
                Das alles sind Fragen des Zusammenlebens, oder eben            gefertigt, 200 v. Chr. zerstört, heute noch sichtbar. Oder
                der Kultur des Zusammenlebens. Dazu gehören neben              ich steh in der St. Galler Altstadt und sehe die Orte, an
                den Regeln im Alltag auch die Sprache, die Religion            denen meine Vorfahren gewirkt haben. Kleine Spuren
                und die Wirtschaft, der Umgang mit der Natur, mit der          sind noch erhalten, und viele Geschichten, die wir uns
                Musik, der Literatur, der Kunst, den Traditionen und           immer wieder erzählen. Geschichten von Liebe und
                der Bräuche. Das alles gehört zur Kultur. Dahinein wer-        Schmerz, Misserfolg und Glanz, Aufbau und Abbruch.
                den wir geboren und gestalten sie mit.                         Kommen und Gehen.
                                                                                  Unser persönliches Leben, unsere Biografie, ist hin-
                                                                               eingewoben in die jeweilige Zeit. Wir sind geprägt von
                                                                               der Kultur, die unsere Kindheit ausmacht, kohorten-
                                                                               spezifisch sagt die Soziologie. Wir laufen Gefahr diese
Die alt-                                                                       Zeiten zu vergolden, weil es so anstrengend ist, sich
persische                                                                      immer wieder mit den neuen Gegebenheiten ausein-
Residenzstadt                                                                  anderzusetzen.
Persepolis
                                                                                  In der Landwirtschaft und in der Biologie spricht
im heutigen
Iran –
                                                                               man auch von Kultur, und meint damit das, was man
500 v. Chr.                                                                    hegt und pflegt, anbaut oder sät. Der Landwirt muss
erbaut,                                                                        jedes Jahr neu ansäen. Er kann von seiner Erfahrung
200 v. Chr.                                                                    profitieren oder den Erzählungen seiner Vorfahren ver-
zerstört.                                                                      trauen, «alles prüfen, das Gute behalten». Ich bin als
Quelle: Sina
Moradbakhti,
                                                                               Christ darauf angewiesen im Austausch mit andern zu
unsplash.com                                                                   stehen, zuzuhören, zu fragen, zu staunen, abzuwägen,
                                                                               ohne zu (ver)urteilen oder gar auszugrenzen. In Liebe.
                «Das Abendland geht unter … », so hört und liest Mann          Das ist der kostbare Teil unserer Kultur. Alle anderen
                und Frau ab und zu, wenn Veränderungen anstehen                Versuche sind zum Scheitern verurteilt.
                oder neue Moden oder Lebensformen Einzug halten.                                 Klaus Stahlberger, Pfarrer in Walzenhausen
                Das sind grosse Worte, meist aus Angst vor Verände-
                rung geäussert, aus Mutlosigkeit oder Bequemlichkeit.
                «Das haben wir noch nie so gemacht» ist das Argument               Randnotiz
                aller, die zu faul zum Denken sind. Interessant scheint            Einer der Privatdozenten für Kunstgeschichte des Mittelalters
                mir die Tatsache, dass sich diese Diskussionen in jeder            an der Uni Basel pflegt in der ersten Vorlesung die neuen Stu-
                Generation wiederholen.                                            denten und Studentinnen zu fragen: «Wer von Ihnen hat die
                   Beim Bau der ersten Eisenbahnstrecken wehrten                   Bibel schon einmal ganz gelesen, von vorne bis hinten?»
                sich die Landwirte dagegen, aus Furcht, die fauchen-
                den Lokomotiven würden die Kühe auf der Weide zu                   Meistens betretenes Schweigen.
                Tode erschrecken. So war es auch nach der Erfindung
                                                                                   «Dann kommen Sie bitte in einem halben Jahr wieder zur nächs-
                der Elektrizität, der Einführung des Frauenstimm-
                                                                                   ten Einführungsvorlesung, und lesen Sie bis dann die Bibel. Wie
                rechts, des Internets und jetzt wieder bei der Diskus-
                                                                                   wollen Sie profanen und sakrale Gebäude und ihren Schmuck
                sion über die «Ehe für alle»!                                      verstehen, wenn Sie die Bibel nicht gelesen haben?»
                   Kultur ist stets im Wandel. Und es ist die grosse He-
                rausforderung, sich in diesem Wandel zurecht zu fin-               Meistens gibt’s von hektischer Unruhe bis zu kleinen Tumulten
                den. Der Versuch die «guten alten Zeiten» zu retten,               alle möglichen Reaktionen.
                muss als Illusion scheitern, denn die damaligen Zeiten

MAGNET Nr.7/2021                                                           2
Vorhang auf für die Kultur - Evangelisch-reformierte ...
Editorial

          Impressum                 Liebe Leserin,
 Kirchenblatt für die Evan-
 gelisch-reformierten Kirch-        lieber Leser
 gemeinden beider Appenzell
 (erscheint monatlich)              Kürzlich, beim Schauen einer Dokumentation zum Thema
 Herausgegeben im Auftrag
 der Synode der Evangelisch-
                                    Transgender, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Da
 reformierten Landeskirche          berichteten Menschen verschiedenen Alters von ihren Sorgen
 beider Appenzell
                                    und Nöten, von ihrem Alltag mit einem nicht eindeutigen
 Redaktionskommission
 Judith Husi­stein, Stein (jh);     Geschlecht. Obwohl so geboren, ist es für sie ein langer und
 Isabelle Kür­steiner, Walzenhau-   schwieriger Prozess, sich so zu akzeptieren. Dass unsere Welt      Karin Steffen, Redaktorin
 sen (iks); Jonathan Németh,
 St.Gallen (jn); Annette Spitzen-   Menschen klar als weiblich oder männlich definiert, macht die-
 berg, Reute-Oberegg (as);          sen Prozess nicht einfacher. Transgendermenschen fühlen sich
 Lars Syring, Präs., Bühler (sy)
                                    auch mit der Ansprache in diesem Editorial nicht mitgemeint.
 Redaktion
 Karin Steffen (ks)                    Was spräche also dagegen, wenn an dieser Stelle die Anrede
 Oberer Rickenbach 3                lauten würde «Liebe Leser:innen»? Gut möglich, dass diese
 9411 Schachen b. Reute
 Tel. 071 891 64 14                 Anschrift Sie verwirrt und Sie nicht genau wissen, was damit
 magnet@ref-arai.ch                 gemeint ist. Oder aber Sie ärgern sich, dass die Suche nach der
 Magnet-Download
 www.ref-arai.ch                    korrekten, inklusiven Schreibweise nun auch Einzug ins Kir-
 Produktion                         chenblatt hält. Doch vielleicht gehören Sie genau zu den Men-
 Appenzeller Druckerei AG,          schen, die sich bei dieser Anrede zum ersten Mal mitgemeint
 9100 Herisau
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                                    und angesprochen fühlen. Und das würde mich freuen. Oder
 Sie bitte direkt der örtlichen     sind Sie anderer Meinung? Schreiben Sie uns!
 Kirchgemeinde
                                       Unter dem Arbeitstitel «Was fehlt, wenn die Kultur fehlt»
 WEMF
 Beglaubigte Auflage 3300           wollte die Redaktionskommission die fehlenden kulturellen
 Magnet online                      Anlässe bzw. die fehlende Arbeit für Kulturschaffende während
 www.magnet.jetzt
 www.ref-arai.ch
                                    der Pandemie beleuchten. «Kultur ist immer, die kann gar nicht
                                    fehlen», beschied mir mein jugendlicher Sohn in der Diskussion
                                    um mögliche Inhalte des Hefts. Und da hat er natürlich recht.
                                    Alles, was die Menschen je geschaffen haben, ist Kultur, berich-
                                    tet denn auch die Performancekünstlerin Isabel Rohner auf
                                    Seite 4. Und somit ist auch Kultur, wie wir miteinander um-
                                    gehen, kommunizieren. Unbestritten ist, Kultur, wie auch
                                    Sprache, sind nicht statisch, sondern in ständigem Wandel.
                                    Ich bin gespannt, wie diese Entwicklung in der nahen Zukunft
                                    weitergehen wird.
                                       Mit diesem Heft durfte ich die Redaktion von Heinz Mauch-
                                    Züger übernehmen. Herzlichen Dank, Heinz, für die unkompli-
                                    zierte Übergabe und deine Geduld bei der Beantwortung
                                    meiner unzähligen Fragen. Ich freue mich sehr, zusammen mit
                                    unserem tollen Magnet-Team, spannende Hefte für Sie alle zu
                                    produzieren.

                                    Herzlich, Ihre

Titelbild: Vorhang auf
für die Kultur
Bild: Jonathan Németh

                                                              3                                                   MAGNET Nr.7/2021
Vorhang auf für die Kultur - Evangelisch-reformierte ...
Thema

                   Was fehlt, wenn Kultur fehlt
                 Die radikalste Antwort auf diese Frage ist wohl, dass         und Relevanz erlangen, braucht es einen grossen, le-
                 der Mensch fehlt, wenn es auf dieser Erde keine Kul-          bendigen kulturellen Kosmos, einen dichten Humus
                 tur mehr gibt. Anders herum formuliert wird es Kul-           von Kulturschaffen.
                 tur geben, solange es Menschen gibt, denn alles was              Mit dem Wegfall der Ausstellungs- und Auftrittsmög-
                 Menschen je geschaffen haben, ist Teil der Kultur.            lichkeiten fielen nicht nur die geschützten Freiräume
                                                                               weg, in welchen experimentiert, gefragt und vor allem
                 Es mag auf dieser Erde wohl andere Lebensformen mit           hinterfragt werden konnte. Es verschärfte sich auch für
                 Kultur geben. Für den Fall seines Aussterbens sind            viele Kulturschaffende die schon vor der Corona-Krise
                 diese jedoch für den Menschen irrelevant. So dass das,        prekäre finanzielle Lage. Eine Studie von Suisseculture
                 was wir im weitesten Sinne des Wortes unter Kultur            Sociale kommt zum Schluss, dass mehr als die Hälfte
                 verstehen, erst mit dem Auslöschen des Menschen ver-          aller Kulturschaffenden in der Schweiz 40 000 Fran-
                 schwinden würde.                                              ken oder weniger pro Jahr verdienen und dass die so-
                    In einer enger gefassten Definition von Kultur sind
                 damit vor allem die «schönen Künste» gemeint. Diese
                 gehören zur Essenz unserer Gesellschaft und lassen                So lange wir noch mitten in der
                 sich nicht isolieren oder digitalisieren. Am 12. März
                 2020 rief die WHO die Pandemie aus, was zu tiefgrei-              Krise stecken, sollten wir anders
Labiles
Gleichgewicht,
                 fenden Veränderungen in diversen Bereichen des Le-
                 bens und Zusammenlebens führte, mit den Corona-
                                                                                   Denkende nicht verurteilen.
Performance      Lockdowns unter anderem zur Schliessung von Aus-
von Isabel
                 stellungsräumen, Dancefloors, Theater- und Konzert-           ziale Absicherung der Kulturschaffenden im Pensions-
Rohner.
Quelle: Nina
                 bühnen sowie Kinosälen. Chöre durften nicht mehr              alter und bei Erwerbsausfall mangelhaft ist. Mit dem
Mann             singen, Menschen sich nicht mehr treffen.                     Wissen um die schon vor der Pandemie schwierige fi-
                                                                               nanzielle Situation vieler Kulturschaffenden fand der
                                                                               Kanton Zürich, später gefolgt von Basel, einen gesamt-
                                                                               gesellschaftlich interessanten und zukunftsweisenden
                                                                               Ansatz zur Unterstützung von hauptberuflich und selb-
                                                                               ständig erwerbend künstlerisch Tätigen. Diese beka-
                                                                               men für einige Monate ein fixes monatliches Ersatzein-
                                                                               kommen, einem «bedingungslosen Grundeinkommen»
                                                                               nicht unähnlich, da es für einmal nicht um Qualitäts-
                                                                               ansprüche und ausweisbare Erfolge ging, sondern be-
                                                                               wusst um den Erhalt der kulturellen Vielfalt, um eine
                                                                               lebendige und brodelnde Kulturlandschaft.
                                                                                  In Schweizer Städten gibt es eine Fülle von grossar-
                                                                               tigen kulturellen Einrichtungen und auch auf dem
                                                                               Land sind Kulturperlen auszumachen. Diese Orte der
                                                                               Kultur sind wesentlich für unsere Gemeinschaft, denn
                                                                               Kultur schafft Orte des Austausches und der Förderung
                                                                               der Gemeinschaft, Orte des Lernens, Orte der Refle-
                                                                               xion und der Sinnstiftung, Denkräume, Möglichkeits-
                                                                               träume. Dadurch ist Kultur ein Grundpfeiler für Inno-
                                                                               vation und Weiterentwicklung der Gesellschaft. Dass
                                                                               Menschen zusammenkommen, zusammen etwas an-
                                                                               hören, anschauen und reflektieren, gemeinsam an et-
                                                                               was teilnehmen und erschaffen, gehört zum Wesen der
                 Für die Kunstschaffenden bedeutete der Wegfall all die-       Kultur und dadurch auch des Menschseins. Während
                 ser Orte der Kunst und Kultur nicht nur mangelnde             der Pandemie war dies zeitweise nicht mehr möglich.
                 Sichtbarkeit der eigenen Arbeit, sondern auch eine ge-        Es gab viele Versuche, pandemietaugliche digitale For-
                 wisse Isolation, denn die Kulturszene lebt vom Aus-           mate für die Kunst zu finden, darunter auch sehr span-
                 tausch und der gegenseitigen Inspiration, Befruchtung         nende Experimente. Abgefilmte und gestreamte Thea-
                 und Stärkung. Damit einzelne erfolgreiche Namen               terstücke oder Konzerte geben wohl einen Eindruck
                 wachsen können, die eine gesteigerte Aufmerksamkeit           des Geschehens wieder, kommen aber nie an eine

MAGNET Nr.7/2021                                                           4
Vorhang auf für die Kultur - Evangelisch-reformierte ...
Thema

                                                                     Isabel Rohner, Performance-Künstlerin, Mohren (Reute)

                                                                                                                              In der
                                                                                                                              Schwebe,
                                                                                                                              Performance
                                                                                                                              von Isabel
                                                                                                                              Rohner.
                                                                                                                              Quelle: Uli
                                                                                                                              Schläpfer

Live-Vorführung heran. Die archaische Form des Zu-             nen wie Abbruch der Beziehungen und gesellschaftli-
sammenkommens und gemeinsam an einer Handlung                  chem Ausschluss möglich ist. Je nachdem, welche Er-
Teilnehmens, hat eine Kraft, die sich nicht in den digi-       fahrung man selbst und in seinem nächsten Umfeld mit
talen Raum transformieren lässt. So hat ein Theater-           Krankheit, Leid und Tod im Zusammenhang mit Covid
oder Konzertbesuch seine ganz eigene, ihm innewoh-             machen musste, wie stark man durch die Covid-Ein-
nende Poesie: Von unterschiedlichsten Orten her strö-          schränkungen finanziell in seiner Existenz bedroht ist
men Menschen, die sich meist nicht kennen, durch die           und welche Medien und Stimmen man verfolgt, ergibt
Stadt, nehmen einen Weg auf sich, um zu einer be-              sich eine unterschiedliche Wahrnehmung der Covid-
stimmten Zeit an diesen bestimmten Ort des Gesche-             Situation. Mit diesen Unsicherheiten des «Nicht sicher
hens zu gelangen und dort gemeinsam an einer Vorfüh-           Wissens» müssen wir wahrscheinlich leben lernen,
rung teilzunehmen. Und diese kommt wiederum nur                denn erst wenn das Virus und vor allem die Wechsel-
zustande, weil andere Menschen über mehrere Wo-                wirkung zwischen Virus und menschlichem Handeln –
chen oder Monate all ihre Energien für diesen speziel-         unseren Corona-Massnahmen – genügend erforscht
len Anlass gebündelt haben.                                    sind, werden wir uns aus einer zeitlichen Distanz her-
                                                               aus eine Wahrheit kreieren können.
                                                                  So lange wir noch mitten in der Krise stecken, soll-
    Kultur ist für das                                         ten wir anders Denkende nicht verurteilen, sondern

    Menschsein essenziell.                                     uns daran erinnern, dass Gespräche uns ermöglichen,
                                                               mit unserem Gegenüber in Austausch zu treten und
                                                               eigene Gedanken und Erfahrungen mit denen anderer
   Andere Formate, die bewusst für die Kamera oder             Menschen zu vergleichen, zu revidieren oder in an-
den digitalen Raum konzipiert und produziert wurden,           dere Bahnen zu lenken. Und oft entstehen neue Er-
funktionierten besser und ermöglichten einem grösse-           kenntnisse und Gedanken erst im Gespräch und im
ren Publikum Teilnahme an Anlässen. Deswegen von               Zusammenfluss unterschiedlichster Meinungen und
Demokratisierung der Kunst zu sprechen, scheint mir            Ansichten. Und als eine Art des Dialogs können auch
dennoch voreilig.                                              die «schönen Künste», die Kultur als Ort des Austau-
   Während des Ausnahmezustands der Coronazeit                 sches und der Förderung von Gemeinschaft, als Ort der
fanden auch starke Veränderungen in unserer Ge-                Reflexion und der Sinnstiftung wichtige Denkräume
sprächskultur statt. Viele Menschen mussten die Erfah-         eröffnen. Doch dazu müssen wir Kultur auch in Krisen-
rung machen, dass ein Gespräch über das Thema Covid            zeiten pflegen, leben und leben lassen. Kultur ist für
nicht ohne Streit, Gehässigkeiten, bis hin zu Sanktio-         das Menschsein essenziell.

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Vorhang auf für die Kultur - Evangelisch-reformierte ...
Thema

 Eine Geschichte in Bildern erzählen
             Geschichten erzählen, das ist seine Leidenschaft; ob           Deshalb musste ich diesen Teil des Handwerks zuerst
             in einem oder in mehreren Bildern, das sei dahin-              lernen.» Németh ist überzeugt, dass die Macht der Bil-
             gestellt. Um die ganze Vielfalt dieses Genres leben            der gross ist, weshalb er aufpassen müsse, was er zeige.
             zu können, hat sich unser Magnet-Illustrator Jona-             Da gäbe es auch Ideen, die er nicht veröffentliche.
             than Németh in der Pandemie selbständig gemacht.
                                                                            Kultur prägt Alltag
             «Ich zeichne, seit ich laufen kann und ich habe viele          «Durch die Masse der Bilder – jeder kann mit seinem
             Ideen, bin vielseitig. Das sind sicher meine Stärken.          Handy Bilder in grossen Mengen herstellen und zur
             Immer Gleiches zu machen, langweilt mich», erklärt             Selbstdarstellung auf die sozialen Medien stellen – prä-
             der St. Galler, der seit einigen Jahren auch den Magnet        gen sie in grossem Umfang unseren Alltag. Durch diese
             mit seinen Zeichnungen intensiviert. «Das Geschich-            Flut haben sie nach meiner Meinung etwas von ihrer
             ten erzählen in einem Bild oder in mehreren Bildern,           Magie verloren. Es ist fast nicht mehr möglich, Neues
             das ist mein Antrieb. Schlussendlich ist es die Idee. In       zu erfinden. Alles gab es schon. Kunst wird heute nur
             welcher Technik ich sie ausführe – ob gemalt oder ge-          noch zitiert. Wir leben deshalb in einer speziellen Zeit
             zeichnet – ist schlussendlich weniger wichtig. Die             und ich weiss nicht, wo das hinführt», ergänzt Németh.
             Wahl der Technik ist meine ganz persönliche Spiel-
             wiese. Ich mache, was ich gerade Lust habe.»                   Reduktion aufs Wesentliche
                                                                            Gerade infolge dieser Bilderflut ist es Jonathan Németh
             Rückhalt durch die Frau                                        wichtig, seine Zeichnungen auf das Wesentliche zu re-
             Als zweifacher Vater entschied sich Jonathan Németh            duzieren. Klare, einfache, flächige Linien sind sein Zei-
             in der Pandemie, seinen Teilzeitjob als Zeichenlehrer          chen. Alles Unwichtige lässt er weg. Ausserdem ist er
             an den Nagel zu hängen und ganz auf «jonathan-zeich-           Mitinitiator von «Drink & Draw St. Gallen». Hier trifft
             net» zu setzen. Besser könnte es der Titel seiner Home-        sich ein buntgemischtes Völklein in der Militärkantine
             page nicht ausdrücken. «Ich habe lange im Leben ge-            zum Zeichnen. Vom Schüler über die Studentin bis
             braucht, bis ich sicher war, dass ich für meine Zeich-         zum pensionierten Architekten sind Zeichnenbegeis-
             nungen auch einen Preis verlangen kann. Ein weiterer           terte jeden Alters und jeder Profession anzutreffen.
             Schritt war dann die Selbständigkeit.» Da habe seine           «Während der Pandemie ist es etwas eingeschlafen,
             Frau den entscheidenden Ausschlag gegeben. Zum ei-             aber nun starten wir erneut durch», erklärt Jonathan
             nen arbeitet sie und so hat die Familie ein gesichertes        Németh begeistert. Und am Magnet, was fasziniert ihn
             Einkommen und zum anderen bestärkte ihn seine Part-            da? «Die Carte blanche!».
             nerin stets in seiner Arbeit.                                                                         Isabelle Kürsteiner

             Krisen sind Chancen
             Da kam die Pandemie für ihn gerade zum richtigen
             Zeitpunkt. «Ich hatte mehrere Jobs gleichzeitig. Und
             eine Krisensituation ist immer eine Chance, hinzu-
             schauen. Das tat ich und stellte fest, dass eine solche
             Situation auf Zeit unbefriedigend ist. Auch durch den
             Rückhalt meiner Frau entschied ich mich nicht wie
             sonst zu ‹safety first›, sondern fürs Zeichnen. Nun ar-
             beite ich als Auftragsillustrator, mein Talent ist eine
             Dienstleistung. Natürlich mache ich daneben auch ei-
             gene Sachen.» Sagts und zieht aus einer Schublade ein
             Kinderbilderbuch. Mehr sei dazu nicht verraten.

             Kunst kann man lernen
             Der Ehemann und Familienvater ist überzeugt: «Kunst                                                                          Jonathan
             kann man lernen.» Es gibt Tipps und Tricks, die man                                                                          Németh –
                                                                                                                                          Selbstbildnis
             kennen muss. «Auch ich habe das gelernt, sodass die
                                                                                                                                          2021.
             Betrachtenden meine Geschichten ‹lesen› können. An-                                                                          Quelle: Jonathan
             fangs wurden meine Bilder nicht immer verstanden.                                                                            Németh

MAGNET Nr.7/2021                                                        6
Vorhang auf für die Kultur - Evangelisch-reformierte ...
Thema

Gestickte Bilder, die kontemplative
  Kunst von Hella Sturzenegger
  «Ich sticke, weil ich langsam denke, sehe und höre»,          ihr riet, einen kaufmännischen Beruf zu erlernen. Sie
  sagt Hella Sturzenegger von sich selbst. Ein Kontrast         folgt einer uralten Kunst in Frauenhand, Ausgrabun-
  zur heutigen Zeit, in der alles schnell gehen muss und        gen belegen sie seit 3 000 Jahre  v. Chr. Es ist eine aus-
  die Langsamkeit in unserer Gesellschaft ein Nischen-          sterbende Kunst, Bilder werden heute kaum mehr
  dasein führt. Kein Wunder, hat sich für sie in der Co-        gestickt (gewoben eher) und im Zeitalter der Digitali-
  ronazeit nichts geändert, denn ihr Lebensstil ent-            sierung verlagert sich die Bildkunst ins Virtuelle. In
  sprach bereits vorher dem durch die Pandemie ge-              Kalabrien, wohin sie Anfang der 60er Jahre zog, grün-
  forderten Stillstand.                                         dete sie eine Stickschule für Mädchen, förderte ihre

  Als ich im Zeughaus Teufen vor den Bildern von Hella
  Sturzenegger stand, hat mich deren Ausstrahlung ge-                      Bilder zu sticken ist
  packt und nicht mehr losgelassen. Und als ich sah, dass
  die im Jahr 1936 geborene Frau in Reute AR beheima-                      ihre Berufung.
  tet ist (wenn auch nie da gewesen), vertiefte dies mein
  Interesse.                                                    künstlerischen Ausdrucksfähigkeiten und gab ihnen
                                                                die Möglichkeit zu einem Zusatzverdienst. 1974 zog
  Aussterbende Kunst                                            sie zurück in ihre Geburtsstadt Zürich, wo sie bis
  Bilder zu sticken ist ihre Berufung, die sie schon als        heute lebt. «Ihre Wohnung gleicht einer Klause, die
  Kind erkannte und durchzusetzen wusste, obwohl                Werkstatt einer schlichten, klösterlichen Zelle»,
  ihre alleinerziehende Mutter kein Geld hatte und man          schreibt F. Röttger.

                                                                                                                             Ein Kunstwerk
                                                                                                                             entsteht:
                                                                                                                             Die Künstlerin
                                                                                                                             Hella Sturzen-
                                                                                                                             egger bei der
                                                                                                                             Arbeit.
                                                                                                                             Quelle: zVg

                                                            7                                                        MAGNET Nr.7/2021
Vorhang auf für die Kultur - Evangelisch-reformierte ...
Thema

             Prophetische Kunst                                                Ihre Kunst hat etwas Zeitloses
             Grossformatige Werke wurden oft in Gemeinschaft
             ausgeführt, auch ihre Arbeiten für die Kirche, die                und gleichzeitig Prophetisches.
             grossformatigen Teppiche für die Pauluskirche Zürich
             und das Werk Maria Magdalena für Zürich-Wipkingen.            Flüchtlingsboote von heute in 1 000 Jahren im Meer
             In der Regel aber fertigt sie keine Auftragswerke, son-       aufgefunden werden. Immer wieder fliehen ganze Völ-
             dern lässt sich inspirieren von Begegnungen, Erfahrun-        ker in der Hoffnung, einen besseren Ort zu finden. Die
             gen und Eindrücken.                                           Flüchtlinge bringen dabei ihre bunten Geschichten mit.
                Ihre Kunst hat etwas Zeitloses und gleichzeitig Pro-       Alle diese Farben vereinigen sich zum Schwarz»,
             phetisches. Wenn ich an das Bild «bruciato» (ver-             schreibt die Künstlerin.
             brannt) denke aus Kalabrien, ich sah die darin verwo-
             benen verkohlten Äste, die versteinerten Seeigel, das         Kunst aus der Stille geboren
             verbrannte Schwarz der Bildmitte und sehe aktuell die         Wiewohl sie mit der Institution Kirche nicht nur gute
             Nachrichten der brennenden Wälder im Süden. Und               Erfahrungen machte, erlebe ich ihre Kunst als eine Spi-
             als ich vor dem Bild «Mare Nostrum» stand, stockte            rituelle. Sie ist aus der Stille geboren und führt uns als
             mir ein Moment lang der Atem. Was da im Meer                  Betrachtende dazu, in Resonanz zu gehen mit dem
             schwebte, waren Menschen. «Im letzten Jahrhundert             Kunstwerk und uns dadurch inspirieren oder befragen
             führten Deutsche und Amerikaner ihre Kriege im Mit-           zu lassen.
             telmeer. Sie versenkten Schiffe, Kunstwerke, Waffen                                                 Annette Spitzenberg
             und Menschen. Kaum zu denken, dass die maroden

                                                                                                                                        Das gestickte
                                                                                                                                        Bild Burciato
                                                                                                                                        entstand
                                                                                                                                        1993.
                                                                                                                                        Quelle: zVg

MAGNET Nr.7/2021                                                       8
Vorhang auf für die Kultur - Evangelisch-reformierte ...
Thema

                            Was tust du eigentlich?
               Befasst sich das Amt für Kultur mit der Vergangen-
               heit oder entwickelt es vielmehr Neues? Diese Fra-
                                                                                          Biografie: lic.phil. Ursula Steinhauser ist 36 Jahre
               gen werden mir als Leiterin des Amts für Kultur von                        alt und studierte an der Universität. Später absol-
               Appenzell Ausserrhoden häufig gestellt. Organisato-                        vierte sie ein Nachdiplomstudium an der Zürcher
               risch gehört das Amt für Kultur dem Departement                            Hochschule für angewandte Wissenschaften in
               für Bildung und Kultur an und führt mit der Denkmal-                       Kommunikation, Management und Leadership.
               pflege und der Kantonsbibliothek zwei eigene Abtei-                        Nach langjähriger Tätigkeit als Kulturvermittlerin
               lungen, die sich vor allem mit der Pflege des kultu-                       in verschiedenen Museen und als freiberufliche
               rellen Erbes befassen. Zudem ist es für die kantonale                      Archäologin leitete sie ab 2015 bis 2020 das See-
               Kulturförderung zuständig und leistet dazu Beiträge                        museum Kreuzlingen. Seit Juli 2020 steht sie dem
               aus dem Kulturfonds. Allen drei Bereichen ist ge-                          Amt für Kultur des Kantons Appenzell Ausser-
               meinsam, dass die Kulturvermittlung ein wichtiger                          rhoden vor.
               Teil ihrer Aufgabe ist.

               Appenzell Ausserrhoden ist einerseits durch sein be-                    Dialog, Vernetzung und Kontinuität sind die Grundlage
               deutendes kulturelles Erbe und die Volkskultur und                      für sämtliche meiner Tätigkeiten. «Kultur» ist ein le-
               andererseits durch Innovation und zeitgenössische                       bendiger Organismus, der ständig neu ausgehandelt
               Kunstformen geprägt. Aus diesem Spannungsfeld ent-                      werden muss. Essentiell dafür ist die Sicherung der
               stehen besonders im Bereich von künstlerischen Pro-                     kulturellen Infrastruktur und des kulturellen Erbes so-
               duktionen und der Baukultur auch neue Formen, die                       wie das Ermöglichen von barrierefreier kultureller Teil-
               weit über die Kantonsgrenzen ausstrahlen. Aktuellstes                   habe. Konkret sollen möglichst viele Bevölkerungs-
               Beispiel dafür ist das kürzlich lancierte Förderpro-                    gruppen zur Auseinandersetzung mit Kultur angeregt
               gramm «TaDA – Textile and Design Alliance». Gemein-                     und in ihren kulturellen Eigenaktivitäten unterstützt
               sam mit den Kantonen St. Gallen und Thurgau und                         werden. Dies geschieht beispielsweise mit der Unter-
               über einem Dutzend Ostschweizer Textilfirmen er-                        stützung verschiedenster Museen und Kulturinstitutio-
               möglicht der Kanton Appenzell Ausserrhoden Kultur-                      nen in Form von Leistungsvereinbarungen, Denkmal-
               schaffenden aus der ganzen Welt, sich vor Ort mit tex-                  pflegebeiträgen, mit der Herausgabe des Kulturblattes
               tiler Kreation und technischer Innovation auseinander-                  «OBACHT KULTUR» oder durch die Förderung von
               zusetzen – und aus der Tradition Neues und Zukunfts-                    Kulturprojekten in den Bereichen Theater, Musik,
               weisendes zu schaffen.                                                  Kunst, Film und weitere mehr. Die dadurch verursach-
                                                                                       ten Kantonsausgaben sind direkte Investitionen in die
                                                                                       Zukunft unserer Gesellschaft. Denn Kultur hilft mit,
                                                                                       gesellschaftliche Herausforderungen zu meistern, stif-
                                                                                       tet Identität, stärkt die Region und ist ein nicht zu ver-
                                                                                       nachlässigender Wirtschaftsfaktor. Kurz: Kultur ist die
                                                                                       Voraussetzung dafür, dass wir als Gesellschaft beweg-
                                                                                       lich bleiben und die ständigen Veränderungen bewälti-
                                                                                       gen können. Deshalb empfinde ich es als Privileg, ge-
                                                                                       meinsam mit meinen Kolleg*innen zum kulturellen
                                                                                       Profil des Kantons beizutragen. Denn diese Schnitt-
                                                                                       stelle von Dialog, Kultur, Identität und Innovation
                                                                                       treibt mich seit jeher an. Einerseits liegt mir viel am
                                                                                       Bewahren und Erforschen von Kulturerbe, anderer-
                                                                                       seits habe ich den Fokus in meiner beruflichen Biogra-
                                                                                       fie immer mehr auch auf Kulturvermittlung und kultu-
                                                                                       relle Teilhabe gelegt. Heute ist es mir mein wichtigstes
                                                                                       Anliegen – daraus und aus dem Jetzt – gemeinschaftlich
                                                                                       die Zukunft mitzuentwickeln. Und genau das, das tut
Die in London ansässige Mode- und Textildesignerin Ganit Goldstein entwickelte
während ihrer Residency bei TaDA ein interaktives Stickereiprojekt mit Virtual
                                                                                       und soll das Amt für Kultur!
Reality-Anwendungen. Sie arbeitete dafür unter anderem bei der Firma Tisca in
Bühler AR. Quelle: Ladina Bischof                                                              lic.phil. Ursula Steinhauser, Leiterin Amt für Kultur AR

                                                                                   9                                                               MAGNET Nr.7/2021
Vorhang auf für die Kultur - Evangelisch-reformierte ...
Thema

                                     Wo bleibt Bond?
             Ich habe lange gewartet. Und gelohnt hat es sich                gespitzt. Bleibt da noch Platz für die kleinen Indepen-
             nicht. Bisher jedenfalls. Der neue 007-Film ist noch            dent-Filme? Oder sehen wir zukünftig nur noch die
             immer nicht im Kino. Gut, zugegeben: Das ist nicht              grossen Blockbuster, die Geldmaschinen aus Holly-
             wirklich wichtig. Die Welt wird sich weiter drehen,             wood? Klar. Die Fragen standen schon vor 20 Jahren im
             auch wenn Bond sie aktuell nicht retten kann.                   Raum. Aber da war die Zahl der Kinobetreiber noch
                                                                             deutlich grösser.
             Trotzdem: Ich gehe gerne ins Kino. Ich mag es, wenn                Marc-Uwe Kling hat sich entschieden, seinen Film
             im Saal das Licht aus- und der Vorhang aufgeht. Mich            sofort digital zur Verfügung zu stellen. Über die ein-
             fasziniert das Spiel des Lichtes auf der Leinwand. Frü-         schlägigen Portale konnte er gekauft werden. Für Bond
             her knatterte noch der Projektor. Dann kann ich eintau-         lag dieser Schritt nicht nahe. Zu gross ist der Erwar-
             chen in die Geschichte. Und deshalb bedaure ich es              tungsdruck, zu hoch die Summe, die er wieder einspie-
             sehr, dass die Kinos zur Zeit auf Sparflamme laufen. Die        len muss. Denn auch die Produktionsgesellschaften
             heiss erwarteten Känguru-Chroniken habe ich im März             wissen, dass digital nicht die Lösung ist. Höchstens
             2020 gerade noch im Kino gucken können. Dann kam                eine Notlösung, oder Endverwertung. Das Erlebnis im
             der erste Lockdown. Für den Film von Marc-Uwe Kling             Kino, die grosse Leinwand, das ist eine andere Haus-
             der wohl denkbar schlechteste Start.                            nummer.

             Der Start des neuen Bond-Films ist inzwischen mehr-             Ähnliches wissen auch die Theaterbetreiber. Es macht       Wann kommt
             fach verschoben worden. Ursprünglich sollte der Film            für sie keinen Sinn, die Aufführungen einfach abzufil-     der neue
                                                                                                                                        Bond? Der
             schon im November 2019 in die Kinos kommen. Doch                men und dann über das Internet zur Verfügung zu stel-
                                                                                                                                        Start des neu-
             dann wurde der Film auf April 2020 verschoben. Mit              len. Damit Theater funktioniert, braucht es einen          en Bond-Films
             dem Beginn der Corona-Pandemie wurde erst Novem-                Raum, braucht es Zuschauer und Resonanz. Die drei          ist inzwischen
             ber 2020 als neuer Termin genannt und schliesslich              Dimensionen lassen sich nicht einfach so auf zwei re-      mehrfach
             der 2. April 2021. Aktuellen Prognosen zufolge kommt            dimensionieren. Wer das versucht, muss die Mittel des      verschoben
             der Agent im Auftrag seiner Majestät nun vielleicht am          Films einsetzen. Das sprengt den Theaterrahmen.            worden.
                                                                                                                                        Quelle: sy
             30. September zum Einsatz. Wer wollte sich da schon                Als Kirche stehen wir vor demselben Problem wie
             festlegen?                                                      die Theatermacher. Wir können die Gottesdienste
                Immerhin ist es der 25. Teil der Reihe. Und bisher           nicht einfach 1 zu 1 abfilmen. Wer will denn sehen,
             war James Bond immer zur Stelle, manchmal auch erst             wie sich der Pfarrer oder die Pfarrerin vom Platz erhebt
             in allerletzter Minute. Es besteht also Hoffnung, be-           und zum Tisch geht? Was im normalen Gottesdienst in
             gründete Hoffnung.                                              der Kirche überhaupt kein Problem ist, funktioniert
                Doch wie viele Kinos werden die Coronazeit über-             digital nicht. Ich bleibe so vor meinem Computer der
             haupt überleben? Wie wird sich die Kinolandschaft               unbeteiligte Beobachter, der oft gerne vorspulen
             entwickeln? Ich befürchte, dass gerade viele kleine Ki-         möchte. Die Sehgewohnheiten haben sich verändert.
             nos die Zeit kaum überstehen werden. Die vergange-              Und wenn die Resonanz fehlt, bleibt das alles sinnlos.
             nen 20 Jahre waren schon hart genug, die Konkurrenz
             durch Internet und verschiedene Streaming-Angebote              Was würde Bond dazu sagen? Ich weiss es nicht. Viel-
             hat den Kinos schwer zugesetzt. Wie in vielen Berei-            leicht verrät er es uns Ende des Monats. Vielleicht.
             chen unserer Gesellschaft hat sich die Lage erneut zu-                                                      Lars Syring

MAGNET Nr.7/2021                                                        10
Thema

       Unternehmen und Kultur
Unternehmen sind soziale Organisationen mit dem
Zweck, durch die Deckung von Bedürfnissen Gewinn
zu erzielen und damit auf dem Markt zu bestehen. In
der Entwicklung der Wirtschaft seit der ersten indus-
triellen Revolution haben sich die Gewichtungen je
nach dem Hintergrund der Führungsvorstellungen
immer wieder verschoben. Unternehmenskulturen
prägten über die Firmen hinaus die gesellschaftli-
chen Entwicklungen. Sie stehen gegenwärtig unter
dem Stichwort Industrie 4.0 wiederum an einer
Schwelle der Veränderung.

Der Mensch als Arbeitskraft, über Jahrhunderte die
zentrale Grösse in den aus Werkstätten zu Manufaktu-
ren anwachsenden Betrieben, erlebte schon damals, je
nach Arbeitgeber, ganz verschiedene Verhältnisse.
Ausnützung und Druck kamen genauso vor, wie Sorge              Unternehmen reagierten mit Anreizen                      Arbeit als
um das Wohlergehen der Arbeitnehmenden. Im Span-               Die Veränderung von der Kraft des Produzenten hin        gemeinsames
                                                                                                                        Engagement
nungsfeld von Produktivität, Innovation und Konkur-            zur Macht des Konsumenten, der unter einer Vielzahl
                                                                                                                        an der Unter-
renz im Markt waren unpopuläre Entscheidungen wie              von Anbietern auswählen konnte, hatte tiefgreifende      nehmens- und
Schliessungen und Umstrukturierungen immer wieder              Auswirkungen auf die Ausgestaltungen von Unterneh-       Gesellschafts-
notwendig, um den Entwicklungen folgen zu können.              menskulturen. Gab es bis in die neunziger Jahre des      entwicklung.
Je nachdem, ob der schnelle Profit oder die Erhaltung          vergangenen Jahrhunderts für die Entwicklung der         Quelle: Leon-
                                                                                                                        Oalh2MojUuk,
von Erfahrung, Wissen und Können im Mittelpunkt                Dienstleistungsgesellschaft noch genügend Arbeitneh-     unsplash.com
standen, suchten die Unternehmensführungen nach                mende, so änderte sich das gegen Ende des Jahrhun-
entsprechenden Wegen und Lösungen.                             derts zusehends. Produktionen wurden zunehmend in
                                                               «billigere» Länder verlagert. Unternehmen reagierten
                                                               mit Anreizen in Sachen Lohn und Arbeitszeitgestal-
    Partizipativer Ansatz ist                                  tung und sie begannen, bei Umstrukturierungen die
                                                               Prozesse vom üblichen «Oben nach Unten – top down»
    auch heute noch wirksam.                                   in ein partizipatives Geschehen umzugestalten, wo
                                                               auch von «Unten nach Oben – bottom up» nach Lösun-
                                                               gen gesucht wurde.
Wandel der Arbeitskraft zum Überwachenden
Mit der Mechanisierung in der zweiten Hälfte des 18.           «Frömmigkeit» könnte wegweisend sein
und des 19. Jahrhunderts erfolgten Herausforderungen,          Dieser partizipative Ansatz ist auch heute noch wirk-
die gesellschaftlich zu gewaltigen Umbrüchen führten.          sam. Gut ausgebildete Arbeitskräfte, ein zunehmender
War der Mensch anfänglich noch eine äusserst gesuchte          Mangel an Fachkräften, ob im Gewerbe oder in Gross-
Grösse, um in der Zusammenarbeit mit den Maschinen             betrieben, verlangen einen differenzierteren Umgang
die Produktivität zu erreichen, wurde seine Rolle durch        zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden. Die
die Verbesserung der Maschinen immer kleiner, bis er           Digitalisierung wird jedoch auch in Zukunft unpopu-
im Laufe des 20. Jahrhunderts aus den Werkhallen               läre Entscheide fordern. Berufe werden verschwinden
mehr und mehr verschwand und im Rahmen von Rati-               und neue Arbeitsfelder müssen sich entwickeln. Arbeit
onalisierungen und Automatisierungen noch in der ra-           als sinnstiftende Grösse bedarf einer ausgeweiteten
ren Funktion als Überwachender tätig wurde.                    Definition, wo ein Engagement wie Hausarbeit, Kin-
                                                               dererziehung, Betreuungsaufgaben im privaten Umfeld
Berufsstolz geriet ins Wanken                                  und Einsatz in Behörden und Vereinen als Arbeitsfel-
Der Begriff «Rationalisierung» löste nach dem zweiten          der eine Aufwertung erfahren. Der alte christliche Be-
Weltkrieg ähnliche Gefühle aus, wie es heute der Aus-          griff der Frömmigkeit als nutzbringender Einsatz für
druck «Digitalisierung» tut. Die Gesellschaftlichen Pa-        die Gemeinschaft auf der Basis einer lebensfreundli-
rameter von Arbeits- und Berufsstolz, welche sich im           chen Überzeugung könnte sich hier als wegweisend
Laufe der Entwicklung zur Leistungsgesellschaft als            erweisen.
zentrale Grössen etabliert hatten, gerieten ins Wanken.                                            Heinz Mauch-Züger

                                                          11                                                     MAGNET Nr.7/2021
Weitblick

                                                                Die Pilger
                                      Eine Installation von Johann Kralewski in der Offenen Kirche, St. Gallen

                  Wie Pilger sind wir unterwegs, von         ändern oder sich darauf besinnen, was      Menschheitsfamilie. Woraus sich nicht
                  einem Ort zum nächsten, in unter-          Leben für sie überhaupt heisst, was        wenige Fragen ergeben: Wie bewegen
                  schiedlichen Lebenslagen und Rollen,       wirklich wichtig ist. Manche wollen be-    wir uns als Gemeinschaft in unseren
                  aus unterschiedlichen «Beweg»-             wusst Neuland betreten, manche gehen       Lebensräumen? Wie bewegen wir uns
                  Gründen. 17 lebensgrossen Skulptu-         los, weil nichts mehr geht, ohne Kom-      auf der Erde? Könnte Innehalten eine
                  ren von Johann Kralewski laden uns         pass, ohne Richtung, ohne Ziel.            Hilfe für Fragen in unserem Leben und
                  zum Innehalten ein.                            Wie Pilger sind wir unterwegs, und     unserem Zusammenleben sein? Wie be-
                                                             wie Pilger brauchen wir Pausen zum         gegnen wir den Bewegungen der
                  Selbst in der so ungewöhnlichen Coro-      Innehalten. Die 17 lebensgrossen           Menschheit, denjenigen, die sich un-
                  na-Zeit, die unsere Bewegungsfreiheit      Skulpturen von Johann Kralewski laden      freiwillig bewegen müssen?
                  einschränkt, bewegen wir uns von ei-       uns zum Innehalten ein. Sie laden uns
                  nem Ort zum anderen, von einer Le-         ein, uns einen Moment der Ruhe zu          Ausstellung
                  benswelt in die nächste. Die Assoziatio-   schenken, unseren Aktivismus herun-        Offene Kirche St. Gallen,
                  nen zum Thema «Pilgern» sind vielfäl-      ter zu fahren, das, was uns so wichtig     Böcklinstrasse 2, 9000 St. Gallen
                  tig, die damit zusammenhängenden Fra-      ist, «sich setzen» zu lassen, unsere Ge-   28. August–24. September 2021
                  gen zeitlos aktuell und kulturübergrei-    danken loszulassen und unsere Vorein-      Montag–Mittwoch, 14.00–16.00 Uhr /
                  fend. Spätestens seit Hape Kerkelings      stellungen für einen Moment «auszu-        Führungen auf Anfrage
                  Buch «Ich bin dann mal weg» hat das        setzen».
                  Wort den kirchlichen Stallgeruch verlo-        «Die Pilger» fordern auch unseren      Kirche St. Mangen, Kirchgasse 17,
                  ren und boomt, innerhalb und ausser-       Umgang mit dem Fremden und Ande-           9000 St. Gallen
                  halb religiöser Gemeinschaften. Wie Pil-   ren heraus und weisen uns einen Weg        25. September–31. Oktober 2021
                  ger sind wir unterwegs, mit vielerlei      vom Vorurteil zum «einander ein Ge-        Montag –Sonntag 11.00–17.00 Uhr /
                  Anliegen, Nöten, Wünschen – mit unse-      sicht geben». Bei näherer Betrachtung      Führungen auf Anfrage
                  rem ganz eigenen «Rucksack». Manche        sehen wir individuell ausgearbeitete Fi-
                  brauchen aus privaten oder beruflichen     guren, die miteinander durch das Ein-
                  Gründen eine Auszeit, manche möch-         heitsgrau verbunden sind – Individuen
                  ten den Alltag vergessen, das Leben ver-   und gleichzeitig Teil einer einzigen       www.wirkraumkirche.ch

Die Instal-
lation von
Johann
Kralewski in
der Offenen
Kirche und
ab 25. Sep-
tember in
der Kirche
St. Mangen in
St. Gallen lädt
zum Innhalten
ein.
Quelle: zVg

MAGNET Nr.7/2021                                                               12
Weitblick

                    Neue Internetplattform sagt Intoleranz
                und religiösem Analphabetismus den Kampf an

Seit dem 1. Juli ist mit «religion.ch»     Ängste abbauen und Verständnis
eine neue Internetplattform online,        fördern
die mit Sachwissen und Meinungs-           «Umso wichtiger ist es, die Bedeutung
austausch gesamtgesellschaftlichen         religiöser Traditionen in breiten Kreisen
Herausforderungen wie religiösem           ins Gespräch zu bringen mit dem Ziel,
Analphabetismus, Intoleranz und Ras-       Ängste abzubauen, Verständnis zu för-
sismus entgegenwirken will.                dern und den Weg zu gegenseitigem Re-
                                           spekt und friedlichem Zusammenarbei-
«religion.ch» hat sich zum Ziel gesetzt,   ten der Religionsgemeinschaften zu eb-
der breiten Öffentlichkeit ein lebendi-    nen», erklärt Katja Joho, Geschäftsführe-
ges und vielfältiges Abbild der schwei-    rin von IRAS COTIS. Die interreligiöse
zerischen Religionslandschaft zu prä-      Arbeitsgemeinschaft ist ein nationales
sentieren, die sich in den vergangenen     Netzwerk, das sich seit bald 30 Jahren
Jahrzehnten stark verändert hat. Einer-    für den Austausch, den Dialog und die        urteile gegenüber Religion, Spiritualität
seits haben zugewanderte Religionsge-      Zusammenarbeit zwischen Menschen             oder auch spezifischen Religionen wie
meinschaften dazu geführt, dass sie plu-   mit unterschiedlichem religiösem und         dem Islam im Umlauf sind. «In der mul-
ralistischer geworden ist und durch        kulturellem Hintergrund engagiert.           tireligiösen Schweiz ist der Bedarf an
neue Akteur:innen mitgestaltet wird.       Mit «religion.ch» soll genau dies be-        Sachwissen und direkter Begegnung
Dabei werden künftig insbesondere is-      zweckt werden: «Wir möchten stereo-          grösser denn je», da sind sich Joho und
lamische Traditionen an Gewicht ge-        typen Vorstellungen von Religion und         Estermann einig.
winnen.                                    religiösen Menschen entgegenwirken
   Andererseits lässt sich gleichzeitig    und zu einem guten und friedlichen Zu-       Multireligiös und multimedial
feststellen, dass die Landeskirchen zu-    sammenleben von Menschen mit ver-            «religion.ch» versteht sich als Aus-
nehmend Mitglieder – und damit auch        schiedenen Weltanschauungen beitra-          tauschplattform, in welcher Autor:innen
an Bedeutung – verlieren. Die Zahl der     gen», sagt Rafaela Estermann, Redakti-       aus dem Netzwerk von IRAS COTIS ak-
Konfessionslosen und der religiös dis-     onsleiterin von religion.ch.                 tuelle und gesellschaftlich relevante
tanzierten Menschen wächst stetig, ge-         Die Mitgliedschaft in religiösen Ge-     Themen aufgreifen und vertiefen. Dar-
nauso wie die zugewanderten Gemein-        meinschaften im Allgemeinen ist rück-        unter befinden sich nicht nur
schaften. Diese Entwicklungen werden       läufig, wobei viele Menschen nach wie        Vertreter:innen verschiedener Religi-
das multireligiöse Zusammenleben in        vor auf der Suche sind nach religiösen       onsgemeinschaften, sondern auch Reli-
der Schweiz vor grosse Herausforderun-     und spirituellen Erfahrungen. Das            gionskritiker und Fachpersonen aus der
gen stellen.                               heisst jedoch nicht, dass nicht viele Vor-   Wissenschaft.

                                                                                                                                    Setzen sich mit
                                                                                                                                    «religion.ch»
                                                                                                                                    für den inter-
                                                                                                                                    religiösen
                                                                                                                                    Dialog in der
                                                                                                                                    Schweiz ein:
                                                                                                                                    Katja Joho
                                                                                                                                    und Rafaela
                                                                                                                                    Estermann
                                                                                                                                    (von links).
                                                                                                                                    Quelle: Vera
                                                                                                                                    Rüttimann

                                                              13                                                            MAGNET Nr.7/2021
Weitblick

                       Neuer Auftritt der Landeskirche                                                        Reden hilft!
             Der Kirchenrat der Evangelisch-refor-        für die Kirche grosse Bedeutung, Men-       Hilfe zur Selbsthilfe für Betroffene von
             mierten Kirche beider Appenzell              schen auf der ganzen Welt erkennen          Tinnitus und chronischen Schmerzen
             freut sich, ein neues Logo und gleich-       das Kreuz als Symbol für den christli-      In einer Selbsthilfegruppe wird das
             zeitig einen technisch, optisch und          chen Glauben.                               Selbstbewusstsein gestärkt. Es entste-
             inhaltlich neuen Webauftritt zu prä-                                                     hen neue Perspektiven, welche helfen
             sentieren.                                   Neuer Webauftritt                           aus der Ohnmacht auszubrechen, die
                                                          Nachdem die Synode im vergangenen           ein Schicksalsschlag auslösen kann. In
             Kreuz im Licht                               Herbst einen neuen Webauftritt der          St. Gallen befinden sich die zwei neuen
             Der Schweizerisch Evangelische Kir-          Landeskirche beschlossen hatte, ist die-    Selbsthilfegruppen «Tinnitus» und
             chenbund konnte im Spätsommer 2020           ser nun seit vergangenem Monat on-          «Chronische Schmerzen» im Aufbau.
             sein hundertjähriges Jubiläum feiern         line. Die neu gestalte Homepage ist
             und verabschiedete gleichzeitig eine         technisch und optisch den heutigen Be-      Lernen mit dem Tinnitus zu leben
             neue Verfassung. Auch der Name und           dürfnissen angepasst und auch auf           Rauschen, Klingeln oder Pfeifen im Ohr.
             das Logo wurden geändert. Neu sind           Smartphones und Tablets mit dem gän-        Das ist Tinnitus, ein Klang in den Oh-
             wir die Evangelisch-reformierte Kirche       gigen Scroll-Modus zu nutzen. Ein gro-      ren, welches jede Person nur für sich
             Schweiz EKS. Das neue Logo «Das              sser Fortschritt ist auch die neue Archi-   hören kann. Für manche Menschen hat
             Kreuz im Licht» lässt Raum für Gottes        vierungsmöglichkeit mit der dazugehö-       es enorme Auswirkungen auf das tägli-
             Schaffen mitten in unserer Wirklichkeit,     rigen Suchfunktion. Bei der Erarbei-        che Leben und verursacht Stress, Angst,
             so der EKS. Als Zeichen der Verbunden-       tung des modernen Designs standen die       Ärger und Schlafprobleme. Die Ohren-
             heit mit der EKS und ihren Mitgliedkir-      Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nut-        geräusche sind nicht heilbar, aber Sie
             chen hat der Kirchenrat der Landeskir-       zer im Vordergrund. Auf der neuen           können lernen mit dem Problem umzu-
             che beider Appenzell das Logo mit            Homepage unter der bekannten Adres-         gehen. Die Selbsthilfegruppe bietet die
             Freude übernommen. Demokratie und            se ref-arai.ch erhalten Sie, ohne grossen   Chance sich mit anderen Betroffenen
             Mitbestimmung und damit verbunden            Suchaufwand, einen detaillierten Über-      auszutauschen, sich gegenseitig zu un-
             regionale Unterschiede und Föderalis-        blick der Angebote und Dienstleistun-       terstützen sowie Wissen und Erfahrun-
             mus waren und sind in der reformier-         gen unserer Landeskirche und natür-         gen zu teilen.
             ten Kirche sehr wichtig. Dennoch ist         lich über die entsprechenden Links
             der Kirchenrat überzeugt, dass die Ver-      auch unserer Kirchgemeinden in den          Chronische Schmerzen
             einheitlichung des Auftritts die Evange-     Kantonen AR und AI.                         Rund 1.5 Millionen Menschen in der
             lisch-reformierten Kirchen stärkt und                      Pfrarrer Konrad Bruderer,    Schweiz leiden unter chronischen
             dass mit der Übernahme des Logos für                      Präsident des Kirchenrates    Schmerzen. Die Ursachen für chroni-
             unsere Landeskirche ein kleiner, aber                                                    sche Schmerzen sind vielfältig, die Fol-
             nicht unwichtiger Beitrag zu dieser                                                      gen nahezu einheitlich: Der Alltag wird
             Stärkung geleistet wird. Das Kreuz hat                                                   zur Qual. In der Selbsthilfegruppe erfah-
                                                                                                      ren Betroffene Verständnis, wechselsei-
                                                                                                      tige Unterstützung und Solidarität. Dies
                                                                                                      motiviert selbst aktiv zu werden, um die

                          Lesungen der Suchtberatung                                                  Lebensqualität wieder zu steigern.

                                                                                                      Rund 200 weitere Selbsthilfegruppen
                              1. und 8. September in Herisau und Teufen
                                                                                                      Die Selbsthilfe St. Gallen und Appenzell
                                                                                                      ist eine von fünf Beratungsstellen der
             Diesen Frühling fand die nationale Akti-     Weitere Informationen sowie den             Frauenzentrale mit Sitz in St. Gallen. Sie
             onswoche «Kinder von suchtkranken El-        Anmeldeflyer finden Sie unter               gewährleistet den Überblick über beste-
             tern» statt. Die kantonale Beratungsstelle   www.sucht-ar.ch.                            hende und geplante Selbsthilfegruppen
             für Suchtfragen organisiert nun am                                                       und ist Anlauf-, Informations- und Bera-
             1. September in Herisau (19 Uhr, Stuhlfa-                                                tungsstelle für und über Selbsthilfegrup-
             brik) und am 8. September in Teufen (19                                                  pen. Rund 200 Selbsthilfegruppen tref-
             Uhr, Zeughaus) exklusiv zwei Lesungen                                                    fen sich in diesem Einzugsgebiet. Die
             des Buches «Mein Name ist Julia». Buch-                                                  Themenvielfalt ist immens. Ein breites
             autorin Julia Keller erzählt darin aus ih-                                               Spektrum an psychischen, somatischen
             rem Leben als betroffenes Kind. «Mit der                                                 und sozialen Themen wird abgedeckt.
             Organisation der Lesungen möchten wir
             das Tabu brechen und die Öffentlichkeit                                                  Anmeldung und Informationen:
             für die Situation dieser Kinder sensibili-                                               Selbsthilfe St. Gallen und Appenzell,
             sieren», so Markus Meitz, Leiter der Ab-                                                 071 222 22 63 oder selbsthilfe@fzsg.ch,
             teilung Gesundheitsförderung.                                                            www.selbsthilfe-stgallen-appenzell.ch

MAGNET Nr.7/2021                                                            14
Weitblick

                          Reise durch die Zeiten
                                                 im KiK-Sommerlager

In der ersten Sommerferienwoche –         wurde es aber vom Tagesausflug in die     die Kirchgemeinden mit den Lagerbei-
dieser mit den vielen Unwettern –         Glasi Hergiswil. Die Geschichte vom       trägen und Kollekten dazu bei. Ihnen
fand das traditionelle KiK-Sommerla-      Glas, das Glasblasen und das Begehen      sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
ger (KiK = Kinder in der Kirche) in       eines Glaslabyrinths war für alle über-   Ein besonderer Dank geht auch an die
Flüeli-Ranft statt.                       wältigend. Vieles davon konnten sie ein   Bertold Suhner-Stiftung: Aufgrund des
                                          zweites Mal bestaunen, da sie mit ih-     Umstands, dass in Graubünden sehr
46 Kinder haben das KiK-Sommerlager       rem eigenen KiK-TV Reportagen erstell-    lange verschärfte Coronavorschriften
besucht. Weit mehr wären gerne dabei      ten, welche an den regnerischen Aben-     bestanden, musste sich das KiK-Som-
gewesen, aber nach wenigen Tagen war      den nochmals bestaunt wurden.             merlager entscheiden, in einen ande-
das Lager bereits komplett ausgebucht,        Mit einem Lagerpreis von 200 Fran-    ren Kanton zu wechseln. Fündig wur-
noch bevor die Werbung überall verteilt   ken pro Kind und 170 Franken für jedes    den wir in Flüeli-Ranft in Obwalden.
werden konnte.                            weitere Kind einer Familie sind die La-   Allerdings verteuerten sich durch die-
                                                                                                                             Gute Stim-
   Wettertechnisch war die Lagerwo-       gerbeiträge für Familien bewusst tief     sen Wechsel die Lagerhauskosten und
                                                                                                                             mung der
che eine Katastrophe, lagermässig war     gehalten. Ein Ziel der KiK-Sommerlager    die Kosten für die Anreise. Die Bertold  Lagerkinder
es ein schönes, entspanntes Lager mit     ist es: auch Kindern aus Familien, wel-   Suhner Stiftung sprang für dieses Defi-  auf dem
vielen glücklichen Kindern. Nebst dem     chen nur geringe finanzielle Mittel zur   zit ein, ihr sei herzlich gedankt.       Bruder Klaus-
ausgelassenen Discoabend, der Talent-     Verfügung stehen, die Teilnahme an                                                 Weg in Flüeli
show, war der Bruder Klaus-Trail in       den Lagern zu ermöglichen. Dass dies                             Gaby Bürig Gsell Ranft.
Flüeli-Ranft ein Highlight. Übertroffen   auch dieses Jahr gelang, dafür tragen            Fachstelle Kinder Jugend Familie Quelle: zVg

                                                           15                                                          MAGNET Nr.7/2021
Weitblick

                                              Zwei neue Mitglieder in den
                                            Zentralvorstand der EFS gewählt
             Die schriftliche Delegiertenversamm-       immer begleitet und ich freue mich,
             lung der Evangelischen Frauen              dieses Interesse nun bei den EFS einzu-
             Schweiz EFS hat zwei neue Frauen           bringen», sagt Liselotte Käser Felder.
             einstimmig in den Zentralvorstand ge-          Die    neu     gewählte     Martina
             wählt: Liselotte Käser Felder und          Zurkinden-Beneš war von 1995 bis            mitglieder und 16 Vereine teilgenom-
             Martina Zurkinden-Beneš. Auch die          2015 Synodalrätin der evangelisch-re-       men. «Wir freuen uns sehr über die
             weiteren statutarischen Geschäfte          formierten Kirche des Kantons Freiburg      hohe Beteiligung und das Vertrauen, das
             wurden von den Mitgliedern geneh-          und von 2008 bis 2015 deren Vizeprä-        dem Zentralvorstand und den beiden
             migt.                                      sidentin. Die Agronomin HTL und Reli-       neu Gewählten ausgesprochen wurde»,
                                                        gionslehrerin ist bestens vernetzt in der   sagt Gabriela Allemann, Präsidentin
             Die neu gewählte Liselotte Käser Felder    schweizerischen       Kirchenlandschaft     EFS. Die Mitglieder haben den Jahresbe-
             ist Vizepräsidentin der Aargauischen       und hat sowohl Kontakte in die Deutsch-     richt 2020, die Jahresrechnung 2020,
             Evangelischen Frauenhilfe, einer der       schweiz als auch in die Romandie. Sie       das Budget 2021 und die Mitgliederbei-
             Kantonalverbände der EFS. Seit 2016        kennt die kirchliche Frauenarbeit auf       träge genehmigt. Die EFS mussten auf
             ist sie Synodale in der Aargauischen       allen Stufen aus eigener Erfahrung.         dieses Jahr die Mitgliederbeiträge um
             Evangelischen Landeskirche. Die Volks-     «Ich freue mich sehr, meine vielfältigen    50 Prozent erhöhen, weil die Einnah-
             wirtschafterin und ehemalige Gemein-       Erfahrungen für die EFS einzubringen        men stark rückläufig sind. Dennoch
             deschreiberin der Reformierten Kirch-      und die Vernetzung im nationalen Be-        bleibt auch für das Jahr 2021 ein budge-
             gemeinde Baden bringt umfangreiches        reich zu stärken», sagt Martina             tiertes Defizit von knapp 50 000 Fran-
             Wissen aus dem Bereich Finanzen und        Zurkinden-Beneš.                            ken. Der Zentralvorstand wird deshalb
             der Gleichstellung mit. «Die Gleichstel-      An der schriftlichen Delegiertenver-     weitere Massnahmen prüfen, um die
             lung der Geschlechter hat mich schon       sammlung haben insgesamt 59 Einzel-         Finanzen der EFS in den nächsten bei-
                                                                                                    den Jahren ins Lot zu bringen.

                                                                                                    Evangelische Frauen Schweiz (EFS)
                                                                                                    Die Evangelischen Frauen Schweiz
                                                                                                    (EFS) sind der Dachverband der refor-
                                                                                                    mierten sowie von ökumenischen Frau-
                                                                                                    enverbänden und Einzelmitgliedern.
                                                                                                    Sie vertreten die Interessen von rund
                                                                                                    37 000 Frauen. Die EFS fördern Frauen
                                                                                                    in Gesellschaft, Kirche und Politik. Die
                                                                                                    EFS nehmen aus Sicht evangelischer
                                                                                                    Frauen Stellung zu aktuellen Fragen.

                                                                                                    www.efs.ch

                                Neuer Kurs «Kirchliches Umweltmanagement
                                    Grüner Güggel» beginnt im Herbst
             Im Oktober 2021 beginnt ein neuer          für Personen an, die ihre Kirchgemein-      zierte Kirchgemeinden in der ganzen
             Lehrgang «Kirchliches Umweltma-            de zum Umweltlabel Grüner Güggel            Deutschschweiz. Die Termine und Orte
             nagement». An sechs Halbtagen ho-          führen wollen. Das Umweltzertifikat         finden sich unter https://oeku.ch/
             len sich die Teilnehmenden das Wis-        Grüner Güggel hat sich als gutes Instru-    lehrgang-kirchliches-umweltmanage-
             sen, wie sie eine Kirchgemeinde zum        ment erwiesen, um Kirchgemeinden            ment-2021
             Umweltlabel Grüner Güggel führen           bei der Umweltarbeit zu unterstützen.
             können. Die Fachstelle oeku nimmt          Es hilft durch ein standardisiertes Vor-    Anmeldungen können bis Ende Sep-
             Anmeldungen entgegen, die Platzzahl        gehen bei der Erarbeitung eines Um-         tember an kurse@oeku.ch gemeldet
             ist beschränkt.                            weltmanagementsystems (UMS). Und            werden. Auskunft erteilt die Fachstelle
                 45 Personen haben sich im vergan-      es erleichtert die Umwelt-Kommunika-        oeku Kirchen für die Umwelt, 031 312
             genen Jahr zu «Kirchlichen Umweltbe-       tion der Kirchgemeinde nach innen           42 46, weitere Informationen befinden
             ratenden» ausgebildet. Nun bietet die      und nach aussen. Im neuen Kurs besu-        sich auf der Website www.oeku.ch.
             Fachstelle oeku den Lehrgang erneut        chen die Teilnehmenden sechs zertifi-                   oeku Kirchen für die Umwelt

MAGNET Nr.7/2021                                                          16
Weitblick

Damit Ströme lebendigen Wassers fliessen
                               SchöpfungsZeit– vom 1. September bis zum 4.Oktober

 Am Samstag, 4. September 2021 fei-         Kirchen für die Umwelt» erarbeitet Un-
 ern die Kirchen Deutschlands, Öster-       terlagen für die Gestaltung von Gottes-
 reichs und der Schweiz den Ökume-          diensten und weiteren Anlässen.
 nischen Tag der Schöpfung am Boden-           Der 1. September gilt bei den Ortho-
 see unter dem Motto «Damit Ströme          doxen Kirchen und der Röm.-kath. Kir-
 lebendigen Wassers fliessen».              che als der Tag der Schöpfung. Der
                                            4. Oktober ist der Gedenktag des Franz
 Die Alpen sind das Wasserschloss vieler    von Assisi. Zwischen diesen beiden Da-
 europäischer Staaten. In den Seen sam-     ten liegt die SchöpfungsZeit– sie                                                  «Damit
 melt sich das Wasser, das Länder und       schliesst auch das Erntedankfest und                                               Ströme
 Menschen verbindet. Die Schöpfungs-        den Bettag mit ein.                                                                lebendigen
 Zeit bietet die Gelegenheit, für das Ge-                                                                                      Wassers
                                            Weitere Informationen:                                                             fliessen».
 schenk des Wassers zu danken und da-
                                                                                                                               Quelle:
 für zu sorgen, dass lebendiges Wasser      www.schoepfungstag.info                                                            Anders Ipsen,
 auch in Zukunft fliessen kann.«oeku        und www.oeku.ch                                                                    unsplash.com

 Improvisationstheater & The Fairy Flute
                                  29. September, 19.00 Uhr in der Turnhalle Reute

 Die Schauspielerin Mirjam Woggon und       Das Impro-Theater ist ein Kulturan-
 der Schauspieler Romeo Meyer verzau-       lass der Gemeinde Reute und der
 bern gemeinsam mit der Flötistin Ruth      Kirchgemeinde Reute-Oberegg. Der
 Bischofberger das Publikum mit Impro-      Eintritt ist frei, es wird eine Kollekte
 visationen, Märcheninterpretationen        erhoben.
 und ihrem Können. Sie werden die Im-
 pulse und Themen des Publikums spon-       Eine vorherige Anmeldung ist möglich
 tan aufnehmen und umsetzen. Bekann-        unter: sekretariat@ref-reute-oberegg.ch
 te Märchen und Erzählungen erhalten        Ein Besuch ist auch ohne Anmeldung         Ruth Bischofberger begleitet das Impro-Theater von
 so überraschende, verblüffende und zu-     möglich. Die Kontaktdaten werden am        Mirjam Woggon und Romeo Meyer auf ihren verschie-
 tiefst komische Wendungen. Das ist         Anlass aufgenommen. Es gelten die dann     densten Flöten musikalisch einfühlsam.
 Kunst auf hohem Niveau!                    aktuellen Corona-Schutzmassnahmen.         Quelle: zVg

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