Walter Borchard Architekt des Rundfunk-gebäudes - Deutschlandradio (Nachlass W. Borchard)

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Walter
Borchard
Architekt
des Rundfunk-
gebäudes

                © Deutschlandradio
                (Nachlass W. Borchard)
Walter Borchard
Die Biographie

                         Am 31. Dezember 1887
                         wird Walter Artur Gustav Borchard in
                         Stettin (heute Szczecin) geboren.
                         Umzug nach Berlin, wo er die Realschule
                         besucht.

                         1903
                         Beginn einer Maurerlehre, die er am
                         5. Oktober 1905 mit dem Gesellenbrief
                         abschließt.

                         Von 1905 bis 1907
                         Studium an der Baugewerkschule
                         Berlin, gleichzeitig Hörer an der Techni-
                         schen Hochschule in Charlottenburg.

                         Von 1909 bis 1910                           Ab 1944
                         Militärdienst, danach Eintritt in das       lebt die Familie Borchard zeitweise in
                         Büro der Architekten Paul Mebes und         Wilhelmshorst bei Berlin. Das Doppel-
                         Paul Emmerich.                              behelfsheim, An den Bergen 16 – 18, ent-
                                                                     wirft Borchard für sich und den befreun-
                         Von 1911 bis 1919                           deten Bankier Kurt Donath (1899 –  1976).
                         Architekt der Bauberatungsstelle der        Das Haus im reduzierten Schwarzwaldstil
                         Provinz Brandenburg.                        steht bis heute, unverputzt im Rohbau.
© Deutschlandradio
(Nachlass W. Borchard)
                         Von 1914 bis 1918
                         Soldat an der Front.

                         Von 1919 bis 1921
                         Leiter der Bauabteilung des Rittergutes
                         Milmersdorf bei Templin, Brandenburg.
                         Danach erneut Mitarbeiter im Büro von
                         Paul Mebes und Paul Emmerich.

                         Am 16. Juni 1923
                         heiratet Walter Borchard die Berlinerin
                         Selma Hertha Hildebrand (1897 – 1982).
                         Die Ehe bleibt kinderlos.                   Schwarzwaldidyll. Das Haus
                                                                     in Willmershorst, An den Bergen 16 –18.
                                                                     © A. Stock

© Deutschlandradio
(Nachlass                Anfang 1925
W. Borchard)
                         Borchard gründet sein eigenes Architek-     Im August 1945
                         turbüro in der Potsdamer Straße 134A.       zieht die Familie in die Kluckstraße 27
                         Er ist Mitglied des Bundes Deutscher        in Berlin-Tiergarten. Am 29. Dezember
                         Architekten (BDA). Im Frühjahr 1939 Ein-    1947 erneuter Umzug in die Ahrweiler-
                         tritt in die Reichskammer der Bildenden     straße 34 in Berlin-Wilmersdorf.
                         Künste (Reichskunstkammer).
                                                                     Am 1. Oktober 1948
                                                                     stirbt Walter Borchard in Berlin. Er wird
Arbeitsstätte.
Das Architekturbüro
Borchard in der
Potsdamer Straße.
© Deutschlandradio
                                                                     am 9. Oktober auf dem Alten St.- Matthäus-
                                                                     Kirchhof in der Großgörschenstraße in
(Nachlass
W. Borchard)

                                                                     Berlin- Schöneberg beigesetzt. Das Grab
                                                                     existiert nicht mehr.
Walter
                                                                                                                                                                                                                                                                              Charakteristisch sind die Doppel-Loggien,
                                                                                                                                                                                                                                                                              die die Häuserfront prägen. Oft sind sie
                                                                                                                                                                                                                                                                              verglast, mit filigraner Sprossenführung.

                                                                                                                Borchard
                                                                                                                                                                                                                                                                              Die Loggien erweitern die Wohnung und
                                                                                                                                                                                                                                                                              sind als Balkon oder Wintergarten nutz-
                                                                                                                                                                                                                                                                              bar. Entsprechende Loggien finden sich
                                                                                                                                                                                                                                                                              auch bei Gebäuden von Mebes und

                                                                                                                Architekt der
                                                                                                                                                                                                                                                                              Emmrich, etwa in der Krochsiedlung in
                                                                                                                                                                                                                                                                              Leipzig Gohlis (1929 – 1930) und an vie-

                                                                                                                Neuen Sachlichkeit
                                                                                                                                                                                                                                                                              len Orten im Berliner Stadtgebiet.
                                                                                                                                                                                                       Schlicht modern.                                                                                                   Krochsiedlung, Leipzig.
                                                                                                                                                                                                       Wohnhaus Sonnenallee,                                                                                              Architekt Paul Mebes (1872 – 1938).
                                                                                                                                                                                                       ehemals Kaiser-Friedrich-                                                                                          © Stadtarchiv Leipzig
                                                                                                                                                                                                       Straße in Neukölln.

                                                                                                                                                                                                                                   Auch größere Bauaufgaben werden stil-
                                                                                                                Weitere Wohn- und Siedlungsbauten                                                                                  sicher bewältigt. Die Wohnanlage an der
                                                                                                                folgen im gesamten Stadtgebiet. Auftrag-                                                                           Prenzlauer Promenade (gemeinsam mit
                                                                                                                geber sind Baugenossenschaften, wie                                                                                Georg Thoféhrn 1930 – 1931) hat spekta-
                                                                                                                der Beamten-Wohnungs-Verein Deutscher                                                                              kuläre Dächer aus vier Zentimeter dicken
                                                                                                                Lokomotivführer, die Gemeinnützige                                                                                 Zylinderschalen, die nach dem Zeiss-                                                   Sonnenallee/Geigerstraße, Berlin.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          © A. Stock
                                                                                                                Heimstättengesellschaft der Berliner                                                                               Dywidag-Verfahren gebaut worden sind.
                                                                                                                Straßenbahn, oder die Bau- und Spar-                                                                               Das Patent war damals erst sechs Jahre
                                                                                                                genossenschaft Gross-Berlin. Bis 1933                                                                              alt. Im Kissingenviertel finden sich ne-
                                           1924/25 Wohnhof Tempelhofer Feld                                     sind fast zwanzig Wohnanlagen doku-                                                                                ben den Zeppelinhäusern noch weitere
                                                                                                                mentiert, von denen einige, wie die                                                                                Wohnbauten von Walter Borchard.
                                                                                                                Zeppelinhäuser in Pankow oder die Wohn-
                                                                                                                anlage Puderstraße in Treptow, heute       Grundriss der Siedlung
                                                                                                                                                           Tempelhofer Feld
1912 bis 1914 entsteht an der Genter/      1925 gründet Borchard in der Potsdamer                               unter Denkmalschutz stehen.
Ecke Luxemburgstraße in Berlin-­Wedding    Straße 134A sein eigenes Architektur-
Borchards erste Wohnanlage (zusam-         büro. 1924/25 entsteht für die Gemein-
men mit Paul Jacob Schallenberger          nützige Heimstättengesellschaft der
                                                                                    Expressiver Schwung.                                                                                               Elsen-/Karl-Kungerstraße.
                                                                                    Wohnhof Tempelhofer Feld.                                                                                          © A. Stock

(1882 – 1955). Nach dem Ersten Weltkrieg   Berliner Straßenbahn die Wohnanlage
engagiert sich Borchard erneut im Sied-    Tempelhofer Feld an der Schöneberger
lungs- und Wohnungsbau.                    Dudenstraße, die noch ein letztes Mal
                                           dem Expressionismus verpflichtet ist.
Bis Mitte der 20er Jahre ist die Archi-
tektur einer expressiven Formensprache
verpflichtet. Später wandelt sich Bor-                                                                                                                                                                                                                                                                                    500 Meter Straßenfront.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Zeppelinhäuser an der
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Prenzlauer Promenade.
chards Architekturauffassung. Mitte der
20er Jahre wird er zu einem bedeuten-
den Vertreter der Neuen Sachlichkeit.
Von da an baut er in einem schlichten,
                                           Privateigentum. Der öffentlich
                                           nicht zugängliche Innenhof.

zweckbetonten Stil, dem er zeitlebens
treu bleiben wird.

Borchards Mietshäuser und Siedlungs-
bauten sind von Paul Mebes beeinflusst,                                                                                                                    1928 nimmt Borchard in der Puder-/Ecke
einem Pionier des sozialen Wohnungs-                                                                                                                       Stuckstraße die runde Ecke vorweg, die
baus am Anfang des letzten Jahrhunderts.                                                                                                                   für das heutige Rundfunkgebäude am
Im Büro Mebes und Emmerich war Bor-                                                                                                                        Hans-Rosenthal-Platz stilprägend ist. Mit
chard mehrere Jahre angestellt.                                                                                                                            der Wohnanlage Puderstraße und den
                                                                                                                                                           Bauten Elsen-/Ecke Karl-Kunger-Straße
                                                                                                                                                           gelingt Borchard in Treptow eine unprä-
                                                                                                                                                           tentiöse Moderne, die zugleich selbst-
                                                                                                                                                           bewusst und bescheiden ist.
                                                                                                                Wohnanlage Puderstraße in Treptow
Die runde Ecke
                                                                                       Nordsternhaus in Berlin-Schöneberg,
                                                                                       Badensche/Ecke Salzburger Straße (1914).
                                                                                       Architekturbüro Mebes und Emmerich.
                                                                                       © Dirk Ingo Franke, CC BY 3.0
                                                                                       , via Wikimedia Commons

Das Rundfunkgebäude am Hans-Rosen-          Nach dem Zweiten Weltkrieg entstehen
thal-Platz hat eine markante runde Ecke.    weitere prominente Bauten mit runder
Borchard waren entsprechende Eck-           Ecke. 1952 das Hotel Kempinski (heute
lösungen aus dem Büro Mebes und             Bristol) an der Ecke Kurfürstendamm/
Emmrich bekannt. Das Haus für die Ver-      Fasanenstraße, 1955 das DeFaKa, das        Galeries Lafayette
                                                                                       Friedrichstraße/Ecke
waltung der Nordstern Versicherung          Deutsche Familienkaufhaus an der           Französische Straße
                                                                                       (1996). Architekt Jean

konnte 1914 zeitgleich mit dem benach-      Tauentzien-/Ecke Rankestraße und 1956      Nouvel (*1945).
                                                                                       © Yves Sucksdorf

barten Rathaus Schöneberg bezogen           das Haus Hardenberg an der Knese-
werden. Der moderne Stahlskelettbau         beck-/Ecke Hardenbergstraße. Alle drei
mit der Travertin-Fassade wurde von         Gebäude sind von Paul Schwebes.
Zeitgenossen als architektonisches Ge-
samtkunstwerk gelobt, weil vom Tür-         Nach der Wende baut Jean Nouvel 1996
schild bis zum Aktenaufzug alles stimmte.   die Galeries Lafayette an der Friedrich-   Ku’damm-Eck
                                                                                       Kurfürstendamm/
                                            straße/Ecke Französische Straße, und       Ecke Joachims-
                                                                                       thaler Straße (2001).

Anfang des letzten Jahrhunderts wird        2001 entsteht das neue Ku’damm-Eck
                                                                                       Architekten Meinhard
                                                                                       von Gerkan (*1935)
                                                                                       und Volkwin Marg
die runde Ecke im Berliner Stadtbild        am Kurfürstendamm/Ecke Joachims-           (*1936). © Moritz
                                                                                       Schmid/RSG Group

zu einer festen Größe. 1912 baut Franz      thaler Straße von den Architekten Ger-
Schwechten das Haus Potsdam (später         kan, Marg und Partner. In Berlin hat die
Haus Vaterland) am Potsdamer Platz.         runde Ecke Tradition, bis heute finden
In Neu-Tempelhof (am heutigen Platz der     sich zahlreiche Beispiele in der Stadt.
Luftbrücke) entstehen 1913 zwei mar-
kante Wohn- und Geschäftsbauten von
Bruno Möhring. 1915 baut Emil Schaudt
an der Ecke Kurfürstendamm/Ranke-
straße das Büro- und Geschäftshaus
Kurfürsteneck (Seidenhaus Michels).

Haus Vaterland am Potsdamer Platz
Köthener/Ecke Stresemannstraße (1912).
Architekt Franz Schwechten (1841 – 1924).
© Bundesarchiv, Bild 183-J1209-500-002/
Fotograf: o. Ang.                                                                                                                 DeFaKa (Deutsches Familien-
                                                                                                                                  kaufhaus) Tauentzienstraße/
                                                                                                                                  Ecke Rankestraße (1955).
                                                                                                                                  Architekt Paul Schwebes
                                                                                                                                  (1902 – 1978). © Willy Pragher,
                                                                                                                                  CC BY 3.0, https://commons.
                                                                                                                                  wikimedia.org/w/index.php?
                                                                                                                                  curid=36981961

                                                                                       Auch im Wohnungs- und Siedlungs-
                                                                                       bau der 20er Jahre findet sich die ­runde
                                                                                       Ecke. 1926 baut Paul Mebes im Kissingen-
                                                                                       viertel an der Neumann-/Ecke Stubnitz-
                                                                                       straße ein Siedlungshaus mit runder Ecke.
                                                                                       Im gleichen Jahr entsteht ein G
                                                                                                                     ­ ebäude
                                                                                       in Lankwitz an der Bruchwitz-/Ecke
                                                                                       Schulstraße von Leberecht Schmidt und
                                                                                       1928 die Eckbebauung an der Puder-/
                                                                                       Ecke Stuckstraße von Walter Borchard.
Technische
                                                                                                                                 Innovation:
                                                                                                                                 Schalengewölbe

Zart und fest. Auf dem fertigen Netzwerk lässt sich
ohne weiteres herumklettern. © ZEISS Archiv

Von 1919 bis 1922 wurde von der                                                      Der Fortschritt
Firma Carl Zeiss Jena für das Deutsche                                               Dünnwandige Schalengewölbe gehören
Museum in München ein Planetariums-                                                  zu den wichtigsten Innovationen des
gerät gebaut. Für die Projektion des                                                 letzten Jahrhunderts. Die selbsttragenden
Sternenhimmels benötigte man einen                                                   Flächen ergänzen die klassischen Bau-
exakt geformten halbkugelförmigen                                                    glieder Säule, Balken, Rahmen und Bogen.
Kuppelbau. Deshalb wurde in Zusam-                                                                                                                    Galant gewölbt. Die Shedhallen der
                                                                                                                                                      Volkswagenwerke 1939. © ZEISS Archiv
menarbeit mit der Baufirma Dyckerhoff     Der Ingenieur
& Widmann AG (Dywidag) ein völlig         „Ich war zunächst überrascht, dass unser
neues Verfahren entwickelt.               eigenartiges Kuppelbauverfahren eine
                                          nützliche Neuerung für den Eisenbeton
Walther Bauersfeld, Chefingenieur von     darstellen soll. Aber ich ließ mich über-
Zeiss, ließ aus normierten Eisenstäben    zeugen. Und so meldeten wir ein Patent
ein Netzwerk in Form der benötigten Kup­ an.“ Walther Bauersfeld
pel aufbauen. Auf Vorschlag der Firma
Dywidag wurde auf das mit einer Beweh-
rung versehene Netz nach dem gerade
erst entwickelten Torkret-Verfahren Beton
aufgespritzt. Die Idee hatte Erfolg. Das
Zeiss-Dywidag-Patent DRP 420823 für
freitragende Kuppeln und Schalengewöl-
be wird seitdem weltweit genutzt.
                                                                                                                                 Die Bauten
                                                                                                                                 Das Jenaer Planetarium ist einer der äl-
                                                                                                                                 testen Bauten nach dem neuen Verfahren.
                                                                                                                                 Später kamen weltweit Großmarkt- und
                                                                                                                                 Messehallen, Bahnhöfe, Flugzeughan-
                                                                                                                                 gars, Sportstätten und Fabrikhallen hin-
                                                                                                                                 zu. Heute sind Spannweiten von bis zu
                                                      Dünner als eine Eierschale.
                                                                                                                                 300 Metern möglich.
                                                      Die Textilfabrik Grafa in
                                                      Buenos Aires. © ZEISS Archiv

                                                                                                                                 Die Zeppelinhäuser
                                                                                                                                 1930 hat Walter Borchard in Berlin-Pan-
                                                                                                                                 kow das Zeiss-Dywidag-Verfahren erst-
                                                                                                                                 mals bei den Dächern von Wohnbauten
                                                                                                                                 verwendet. Das Tonnengewölbe ist über
                                                                                                                                 500 Meter lang.

                                                        Ein Planetarium für
                                                        New York. Das Netzwerk
                                                        wird vom Kuppelrand
                                                        freitragend aufgebaut.
                                                        © ZEISS Archiv
Der fünfgeschossige Verwaltungsbau

Der Bau
                                                                                                                                                                                                                        mit Satteldach und der charakteristischen
                                                                                                                                                                                                                        runden Ecke hat einen winkelförmigen
                                                                                                                                                                                                                        Grundriss. Von der Mittelachse mit dem
                                                                                                                                                                                                                        ovalen Treppenhaus werden die beiden                                             Der Bau für die Bayerischen Stickstoff-
                                                                                                                                                                                                                        Gebäudeflügel erschlossen. Rechts und                                            werke steht in der Tradition der Neuen
                                            Klassisch. Handzeichnung eines frühen
                                                                                                                                                                                                                        links der langen Flure reihen sich die       Betonarbeiten. © Deutschlandradio   Sachlichkeit, wie er für Borchard typisch
                                                                                                                                                                                                                                                                     (Nachlass W. Borchard)
                                            Entwurfs aus dem Büro Borchard.
                                                                                                                                                                                                                        Büros und Labore, deren Größe durch                                              ist. Stilistisch gibt es einige Konzessio-
                                                                                                                                                                                                                        flexible Zwischenwände variiert werden                                           nen an den Zeitgeist des Nationalsozia-
                                                                                                                                                                                                                        kann. Bemerkenswert ist der Raum                                                 lismus, vor allem die wuchtigen Fens-
                                                                                                                                                                                                                        für den Betriebsappell, der auf einer Flä-                                       ter- und Türlaibungen aus Naturstein. Die
                                                                                                                                                                                                                        che von fünfzehn mal zwanzig Metern                                              einzelnen Bauphasen hat Borchard mit                                                                              Verwaltungsgebäude Bayerische
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Stickstoffwerke in Berlin mit Haken-

                                                                                                                                                                                                                        vom vierten Stockwerk bis unter das                                              seiner Kamera umfassend dokumentiert.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           kreuzflagge. © Deutschlandradio
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           (Nachlass W. Borchard)

                                                                                                                                                                                                                        Dach reichte (heute „Raum Dresden“).

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Exkurs
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Wie Paul Mebes und Walter Borchard
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      vertritt auch Otto Rudolf Salvisberg eine
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      gemäßigte Moderne. Als Mitarbeiter im
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Berliner Büro Emil Schaudt und Paul
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Zimmereimer kennt er die runde Ecke.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      1931 baut er ein Büro- und Geschäfts-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      haus für die Schweizerische Unfall-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      versicherungsanstalt (SUVA) in Bern. Es
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      hat auch das Warenhaus von Erich
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Mendelsohns in Chemnitz zum Vorbild.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Erst kommen die
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Fenster, dann folgen
                                                                                                                                                                                                                        Grundriss Verwaltungsgebäude.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  die Zwischenwände.
                                                                                                                                                                                                                        © Deutschlandradio (Nachlass W. Borchard)
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  © Deutschlandradio
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  (Nachlass W. Borchard)

                                            Konkret. Das Modell im Büro Borchard.

                                                                                    Borchards erster Verwaltungsbau (zu-                                                     1908 werden die Bayerischen Stickstoff-    1939 werden die Produktionsstätten in
                                                                                    sammen mit Hellmuth von Stegemann                                                        werke gegründet, um bei der Herstel-       Trostberg und Piesteritz zwei unabhängi-
                                                                                    und Stein (1892 – 1929)) ist das Bankhaus                                                lung von Kalkstickstoff, der für Spreng-   ge Unternehmen. Das ist wahrscheinlich
                                                                                    Markus Goldschmidt-Rothschild von                                                        stoff und als Düngemittel benötigt wird,   der Grund für die Planung des Borchard-
                                                                                    1922 in Potsdam. Es ist weder erhalten                                                   vom Ausland unabhängig zu sein. Pro-       Baus als neue Zentrale der Verwaltung.
                                                                                    noch dokumentiert.                                                                       duktionsstätte ist Trostberg in Bayern.    Nach 1945 kommen die Stickstoffwerke
                                                                                                                                                                             1915 kommen zwei weitere Standorte in      Piesteritz unter sowjetische Verwaltung,
                                                                                    1933 kommt der Siedlungsbau weitge-                                                      Oberschlesien und in Piesteritz bei Wit-   seit 1953 sind sie ein volkseigener Be-
                                                                                    hend zum Erliegen. Borchard plant jetzt                                                  tenberg hinzu. Es folgen weitreichende     trieb der DDR. 2006 wird der tschechi-
                                                                                    Verwaltungsbauten, vor allem für die                                                     Umstrukturierungen, 1933 wird Pieste-      sche Ministerpräsident Andrej Babiš al-
                                                                                    prosperierende Luftfahrtindustrie. Im                                                    ritz endgültig Eigentum der Bayerischen    leiniger Eigentümer der Stickstoffwerke.
                                                                                    Tiergartenviertel und in der Erfurter Stra-                                              Stickstoffwerke. Zeitgleich entsteht die   Das Berliner Verwaltungsgebäude wird
                                                                                    ße, in der Nachbarschaft zum heutigen                                                    Werkssiedlung Piesteritz unter Federfüh-   1945 von den Alliierten beschlagnahmt
                                                                                    Deutschlandradio, entstehen Verwal-                                                      rung des Schweizer Architekten Otto        und kommt in den Besitz der Amerikaner.
                                                                                    tungsbauten, die nicht mehr existieren.                                                  Rudolf Salvisberg.
                                                                                    Am Tirpitzufer 86 - 90 (seit 1949 Reich-
                                                                                    pietschufer) baut Borchard die Verwal-
                                                                                    tung für den Reichsverband der Deut-
                                                                                    schen Luftfahrtindustrie.

                                                                                                                                  Ende der dreißiger Jahre erhält er den
                                                                                                                                  Auftrag für ein Verwaltungsgebäude der
                                                                                                                                  Bayerischen Stickstoffwerke AG. Im Juli
                                                                                                                                  1939 ist der Rohbau fertig. Auch während
                                                                                                                                  des Zweiten Weltkriegs wird, mit Sonder-
                                                                                                                                  genehmigung des Generalbauinspektors
                                                                                                                                  für die Reichshauptstadt, Albert Speer,
                                                                                                                                  weitergebaut. Im April 1941 erfolgt die
                                                                                                                                  Gebrauchsabnahme.

Entwurf. Pläne des Verwaltungsneubaus.                                                                                                                                                                                  Firmenlogo Bayerische Stickstoffwerke.                                           Bau des Verwaltungsgebäudes der
© Deutschlandradio (Nachlass W. Borchard)                                                                                                                                                                               © Deutschlandradio (Nachlass W. Borchard)                                        Bayerischen Stickstoffwerke.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                         © Deutschlandradio (Nachlass W. Borchard)
Das Treppenhaus

Treppenhaus im AOK-Gebäude Kassel.
Architekt Konrad Proll (1957).
© AOK Hessen /Edith Möhle-Oswald

Treppenhaus im Gesundheitsamt
der Stadt Dortmund (1958).
Architekt Will Schwarz (1907 – 1992).
© Alraunenstern – Eigenes Werk,
CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.
org/w/index.php?curid=50938397

                                           Schwungvoll. Das ovale Treppenhaus.
                                           © Deutschlandradio

                                           Das halbrunde Treppenhaus ist fast voll-
                                           ständig im Originalzustand erhalten. Es
                                           ist in der Mittelachse des Gebäudes in
                                           die Hausrückwand gebaut. Vom Haupt-
                                           eingang ist die elegant geschwungene
                                           Treppe durch den Flur und eine kleine
                                           Lobby zu erreichen. Für den von Treppen-    Rund im Hof. Das Treppenhaus ragt in den Hof.
                                                                                       © Deutschlandradio (Nachlass W. Borchard)
                                           läufen, Podesten und Geländern um-
                                           schlossene Raum lautet der Fachbegriff
                                           Treppenauge.

                                                                                       Das Treppenhaus steht in der Tradition
                                                                                       der klassischen Moderne. Vorbild war
                                                                                       vielleicht Erich Mendelsohns Verwal-
                                                                                       tungsgebäude der Metallgewerkschaft
                                                                                       in der Alten Jakobstraße von 1930. Aber
                                                                                       auch anderswo, etwa in Hamburger
                                                                                       Kontorhäusern, finden sich entsprechen-
                                                                                       de Treppenanlagen.

                                                                                       Die elliptisch geschwungene Treppe ver-
                                                                                       weist schon auf die Ästhetik der 50er
                                                                                       Jahre, wo entsprechend gestaltete Trep-
                                                                                       penhäuser eine viel beachtete Bauauf-
                                                                                       gabe sind.

                                           Das Treppenhaus im Bau.
                                           © Deutschlandradio (Nachlass W. Borchard)
Das Funkhaus
                                                                                                                                                               RIAS Funkhaus Luftaufnahme.
                                                                                                                                                               © Simon Detel

                                                                                                                                                                                                                                                                Metamorphosen.                              © Deutschlandradio                                         © Deutschlandradio/Anja Schäfer, 2015
                                                                                                                                                                                                                                                                Die Kantine im 5. Stock.
                                                                                                                                                                                                                                                                © Deutschlandradio
                                                                                                                                                                                                                                                                (Nachlass W. Borchard)

                                                                                                                                                                                             Seit dem 1. Januar 1994 sendet Deutsch-
                                                                                                                                                                                             landradio aus dem ehemaligen RIAS-
                                                                                                                                                                                             Gebäude. Der bundesweite Sender ent-
                                                                                                                                                                                             stand aus dem Zusammenschluss von
                                                                                                                                                                                             Deutschlandfunk (Köln), Deutschland-
                                                                                                                                                                                             sender Kultur (DS-Kultur) und RIAS (bei-
                                                                                                                                                                                             de Berlin) und strahlt inzwischen drei
                                                                                                                                                                                             Programme aus: Deutschlandfunk,
                                                                                                                                                                                             Deutschlandfunk Kultur, Deutschland-
                                                                                                                                                                                             funk Nova.

                                                                                                                                                                                             Der Neubeginn fällt in eine Zeit des tech-
                                                                                                                                                                                             nischen Umbruchs. Mit der Digitalisie-
                                                                                                                                                                                             rung des Rundfunks werden technische         © Deutschlandradio/
                                                                                                                                                                                                                                          Christian Kruppa
                                                                                                                                                                                             und bauliche Veränderungen notwendig.
                                                                                                                                                                                             Ende der 90er Jahre wird das Haus voll-
                                                                                                                                                                                             ständig renoviert. Studios und Schneide-
                                                                                                                                                                                             räume werden digitalisiert und ein News-
                                                                                                                                                                                             room entsteht, um für den Hörfunk der
                                                                                                                                                                                             Zukunft gerüstet zu sein.                                                                                                           Liebevoll. Die Zeichnung aus dem
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Büro Oppert + Schnee zeigt das Dach
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 mit der neuen Leuchtreklame.

                                                                                                                                                                                             2007 wird im Hof des Deutschlandradios
                                                                                                                                                                                             ein neues Hörspielstudio gebaut. Seit
                                                                                                                                                                                             2016 gibt es neue Sendestudios und ei-
                                                                                                                                                                                             nen Newsroom in dem Nachbargebäude
Flagge zeigen. Der neue RIAS.   Seit seiner Gründung am 5. September                                                                                                                         des Borchard-Baus.
© Deutschlandradio
                                1946 war der RIAS (Rundfunk im amerika-
                                nischen Sektor) provisorisch im ehema-
                                ligen Fernamt der Deutschen Reichspost
                                in der Schöneberger Winterfeldtstraße
                                untergebracht. Am 6. Juni 1948 zieht der
                                RIAS in den umgebauten Borchard-Bau.

                                Bombenschäden werden beseitigt, aus                                                                                                                                                                                             © Deutschlandradio/Willi Scholz. Das
                                                                                                                                                                                                                                                                historische Studio 5 steht unter Denkmal-

                                den ehemaligen Büros und Laboren ent-
                                                                                                                                                                                                                                                                schutz: historische Aufnahme und heu-
                                                                                                                                                                                                                                                                tiger Zustand mit Schreibtisch aus RIAS-
                                                                                                                                                                                                                                                                Zeiten (s. u.).
                                stehen Studios, Schneideräume und
                                Redaktionszimmer. Der Raum für den Be-
                                triebsappell wird ein großes Studio mit
                                Bühne für Liveauftritte vor Publikum. Die
                                Möbel kommen per Schiff aus den USA.                                                                                                                                                                                                                                                             Seit dem 24. April 1995 steht der Bor-
Reparatur. Bombenschäden
werden beseitigt.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                chard-Bau unter Denkmalschutz. In der
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Begründung heißt es: „Das Interesse
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 der Allgemeinheit an der Erhaltung des
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 ehem. Verwaltungsgebäudes der Bay-
                                                                            Der flexible Grundriss des funktionalen                                                                                                                                                                                                              erischen Stickstoffwerke, des späteren
                                                                            Baus lässt auch größerer Ein- und Um-                                                                                                                                                                                                                RIAS-Funkhauses, ergibt sich vor allem
                                                                            bauten umstandslos zu, etwa den Einbau                                                                                                                                                                                                               aus der herausragenden geschichtlichen
                                                                            der vielen Studios mit den dazugehöri-                                                                                                                                                                                                               Bedeutung des Gebäudes in Verbindung
                                                                            gen Kontrollräumen, die durch Pano-                                                                                                                                                                                                                  mit seiner wissenschaftlichen, künstleri-
                                                                            ramascheiben miteinander verbunden                                                                                                                                                                                                                   schen und städtebaulichen Bedeutung.“
                                                                            sind. Die Studios sind im Haus-im-Haus-     Arbeitsplätze. Studio in den 50er Jahren.                            Studio im Jahr 2019. Sendestudio auf der
                                                                                                                        © Deutschlandradio/Karl-Heinz Schubert                               neuen Newsfläche im Nachbargebäude
                                                                            Verfahren gebaut, um störende Geräu-                                                                             des Borchard-Baus. © Deutschlandradio/
                                                                                                                                                                                             Christian Kruppa

                                                                            sche beim Sendebetrieb zu verhindern.
                                                                            Das war besonders wichtig, weil der RIAS
                                Haus im Haus.
                                Die neuen Studios 1948.
                                                                            in der Einflugschneise zum Flughafen
                                                                            Tempelhof lag. Das Studio 5 ist im Origi-                                                                                                                                           © Tobi Bohn

                                                                            nalzustand fast vollständig erhalten.
Impressum

Konzept, Recherche und Text
Adolf Stock

Layout
Deutschlandradio Service GmbH

Projektbetreuung
Marion Schwarzkopf, Fernando Gallegos Eytel

© Deutschlandradio, Kommunikation und Marketing,
August 2021

Dank gilt den folgenden Personen und Institutionen
Deutscher Werkbund Berlin
Landesamt für Denkmalpflege Berlin
Carl-Zeiss-Jena GmbH, Archiv
Architekturbüro Brenne
Architekturbüro Oppert und Schnee
Sebastian Düwelt und Ritz Mollema,
die den Fotonachlass betreuen

Eine erste Fassung der Ausstellung entstand 2002.
Sie ist im Jahr 2021 komplett überarbeitet und
aktualisiert worden.

                                        Trotz Recherche war es nicht möglich, bei allen Abbildungen
                                        die Inhaber von Urheberrechten zu ermitteln. Sollten noch
                                        Rechtsansprüche bestehen, bitten wir die Inhaber der Rechte
                                        um Nachricht an die Abteilung Kommunikation und Marketing
                                        von Deutschlandradio: presse@deutschlandradio.de
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