Welche Prozesse im Unternehmen sind reif für die Cloud? - Die Prozesslandkarte - ein Werkzeug für die Auswahl und Ein-führung von Cloud Lösungen
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KURZLEITFADEN Welche Prozesse im Unternehmen sind reif für die Cloud? Die Prozesslandkarte – ein Werkzeug für die Auswahl und Ein- führung von Cloud Lösungen
1. Welche Prozesse im Unternehmen sind reif fahren unterstützen, wie beispielsweise Kammern, Ver- für die Cloud? bände, Wirtschaftsförderer oder IT-Berater. Digitalisierung ist notwendig, um wettbewerbsfähig zu Das Auswahlverfahren neuer IT-Systeme, die künftig bleiben. Dieses Mantra scheint auch bei Kleinen und Mitt- über Cloud-Technologien zur Verfügung gestellt werden leren Unternehmen (KMU) angekommen zu sein. Aber sollen, hat für sämtliche Fachabteilungen und die Men- wann ist ein Unternehmen überhaupt reif für Cloud-Lö- schen im Unternehmen Konsequenzen. Für eine ein- sungen bzw. welche Unternehmensprozesse kommen zelne Person ist die Auswahl und finale Entscheidung für dafür in Frage? oder gegen neue Systeme daher eine schwere und vor allem undankbare Aufgabe. Um diese Frage zu beantworten, bedarf es einer Ana- lyse der Prozesse im Unternehmen. Die von der Mittel- Strategische Fragestellungen: stand 4.0- Agentur Cloud entwickelte Prozesslandkarte hilft bei der Beantwortung. Hier werden nicht nur tech- Besteht in Unternehmensgesprächen (intern, wie nische Bereiche und die IT-Entwicklung berücksichtigt, extern) eine gemeinsame Grundlage über die sondern auch strategische Entscheidungen und orga- Abläufe? Kennen die Entscheider die konkreten nisatorische Bereiche im Unternehmen. Dazu müssen Abläufe? Ist die Bedeutung des Prozessdenkens zunächst einmal die Ziele der Cloud-Einführung bekannt erkannt worden? Inwieweit spielen die Zusammen- sein. Entscheider wünschen sich beispielsweise mobilen hänge zwischen den Prozessen eine Rolle? Zugriff auf Geschäftsapplikationen, schnellere und fle- xiblere Geschäftsabläufe. Die IT-Anforderungen hinge- gen lauten oft eher IT-Sicherheit und Reduzierung der Auch wenn die Anschaffung gerne zur „Chefsache“ erklärt IT-Kosten. wird, ist jedes Unternehmen gut beraten, im Vorfeld ein „Beschaffungsgremium“ zu bilden, in dem gemeinsam Der Weg zur richtigen Cloud-Lösung und zur Entschei- beraten und ausgewählt wird. Dieses Gremium sollte dung über Make or Buy (Eigenentwicklung oder Beauftra- aus Personen bestehen, die unterschiedliche Funktionen gung eines Dienstleisters) sollte daher mit einer Ist-Ana- im Unternehmen haben und die neuen IT-Systeme und lyse im eigenen Unternehmen beginnen. Mit dieser Cloud-Technologien auf unterschiedliche Art und Weise Publikation möchten wir Multiplikatoren, wie z.B. Kam- nutzen und anwenden werden (siehe Abbildung 1). mern, Verbänden oder Mittelstand 4.0- Kompetenzzen- tren ein einfaches Erhebungsinstrument für Cloud-reife Die jeweiligen Personen im Beschaffungsgremium ste- Prozesse zur Verfügung stellen. hen stellvertretend für ihren Fachbereich. Sie haben verschiedene Sichtweisen auf Abläufe und Arbeitser- Zielgruppen des Leitfadens gebnisse, kennen Zusammenhänge zwischen den Pro- zessen und können über Alltagsprobleme aus dem Dieser Kurzleitfaden richtet sich an Vertreter kleiner und Betrieb berichten. mittlerer Unternehmen, die ihre bisherigen IT-Strukturen kritisch hinterfragen oder deren IT-Landschaft aufgrund Es kann daher nur die logische Konsequenz sein, neben ihres Alters aktualisiert werden muss. Zu den Lesern den Entscheidern auch die Personen in den Auswahl- zählen neben den Entscheidern und Fachleuten aus den und Entscheidungsprozess von IT-Systemen aus der Unternehmen ebenfalls externe Institutionen und Bera- Cloud zu integrieren, die künftig damit arbeiten müssen tungsunternehmen, die Unternehmen im Auswahlver- und ihren Erfahrungsschatz mit einbringen. 2
„Prozesse und Cloud“ Abbildung 1: Akteure eines Beschaffungsgremiums Fachliche Einordnung welche die Prozessoptimierung unterstützen soll. Die IT muss „agil“ und wandlungsfähig sein, um mit den Pro- Viele Unternehmen haben in der Vergangenheit daher in zessveränderungen Schritt halten zu können. Doch wie Prozessorientierung und Prozessoptimierung investiert. wandlungsfähig sind die IT-Strukturen in deutschen Das maßgebliche Ziel dabei war und ist, im Unterneh- Unternehmen? mensalltag effizienter zu werden. Einen wichtigen Bei- trag dazu liefert der Einsatz von IT-Systemen, mit deren Um flexibel und wandlungsfähig zu bleiben, muss ein Hilfe viele Arbeitsschritte und Abläufe ganz oder teil- Umdenken stattfinden. Denn für jedes Unternehmen ist weise automatisiert und beschleunigt werden können. es fatal, einem hohen Auftragsvolumen nicht nachkom- Die Unternehmens-IT hat sich zu einer wichtigen, wenn men zu können, weil die momentane IT-Landschaft nicht nicht sogar zentralen Lebensader für viele Unternehmen genügend Leistung hat und sie auch nicht den „Spitzen- entwickelt. zeiten“ flexibel angepasst werden kann - zumindest nicht ohne finanziellen und personalintensiven Aufwand.Cloud Mit der Prozessorientierung haben viele Unternehmen Computing kann hier die Lösung sein. zudem – bewusst oder unbewusst – die Eigenschaft gewonnen, sich besser und schneller an Veränderungen Um Potenziale, für den Einsatz von Cloud-Technolo- des Marktes anpassen zu können. Mit der zunehmenden gien im Unternehmen identifizieren und nutzen zu kön- Digitalisierung hat diese „Fähigkeit der Flexibilität“ ext- nen ist die Einführung von prozessorientiertem Den- rem an Bedeutung gewonnen. Doch um echte Wirkung ken daher unbedingt wünschenswert. Dennoch ist dies zu entfalten, braucht es nicht nur die Eigenschaft, Pro- bei vielen Unternehmen nicht der Fall. Aus unterschied- zesse anzupassen, sondern auch die IT-Landschaft, lichen Gründen suchen Unternehmer daher Unterstüt- zung hinsichtlich der Digitalisierung und für den Einsatz von Cloud-Lösungen. Die Ausgangssituationen und Pro- blemstellungen sind dabei sehr uneinheitlich und vielfäl- Strategische Fragestellungen: tig. Einige Unternehmen sind von bestimmten Bereichen ihres Arbeitsalltags genervt, beispielsweise vom hohen Wie sehen die IT-Strukturen in einem durchschnitt- Kommunikationsaufwand, bei der Umplanung von Aufträ- lichen KMU aus? Wie flexibel und anpassungsfähig gen, durch spontane Kundenwünsche oder das Einschie- ist das Unternehmen beispielsweise mit einem Ser- ben von Neuaufträgen. Andere lesen von einem prakti- ver, der seit knapp sieben Jahren unter dem Schreib- schen Umsetzungsbeispiel in einer Fachzeitschrift und tisch des Chefs tapfer seine Dienste verrichtet? sagen sich, „das geht bei mir doch auch“. 3
„Prozesse und Cloud“ Im Unternehmensgespräch stehen die Beteiligten dann Mittelstand 4.0-Agentur Cloud kostenlos nutzen. vor der Herausforderung, als erstes den entsprechen- den Ablauf zu beschreiben und ein gemeinsames Ver- 2. Cloud Computing ständnis zu erzeugen. Mit der reinen Beschreibung eines Unternehmensprozesses ist es aber nicht getan. Es ist Insbesondere Informations- und Kommunikationstech- auch von Bedeutung, wie dieser Prozess in die weite- nologien (IuK-Technologien) und der stetige Ausbau des ren Unternehmensabläufe eingebunden ist, da Verän- Breitbandnetzes können dem Mittelstand helfen, die derungen in einem Prozess Auswirkungen auf andere Zusammenarbeit und Koordination zwischen verschie- Prozesse haben. Diese Zusammenhänge und Abhängig- denen Fachabteilungen und betrieblichen Funktionen zu keiten sind zunächst zu identifizieren, um die Potenziale verbessern und die dahinterliegenden Prozesse zu unter- von Cloud-Lösungen für Unternehmen richtig einschät- stützen. zen zu können. Cloud Computing ist dabei eine Form der bedarfsgerech- Zielsetzung des Leitfadens ten und flexiblen Nutzung von IT-Leistungen. Zusätzlich kann der Zeitaufwand für Abstimmungs- und Koordinati- Der „Kurzleitfaden Prozesse und Cloud“ bietet einen Ein- onsprozesse verringert werden. Entsprechende Dienst- stieg in das „Beschaffungsverfahren“ von IT-Systemen, leistungen, wie z.B. Kollaborationsplattformen, werden die über Cloud-Technologien zur Verfügung gestellt wer- über das Internet bereitgestellt und bei externen Pro- den können. Im Vordergrund steht – neben den Prozes- vidern nach Nutzung abgerechnet. Die Idee ist, eine sen – die Unterstützung bei der strategischen Entschei- Nutzung „on-Demand“, also nur bei Bedarf, damit eine dungsfindung. Der Leitfaden liefert zudem eine erste Umverteilung von Investitions- zu Betriebsaufwand. Hilfestellung, damit Unternehmen eigene Anforderungen formulieren können, um später die für sich passenden Dies kann z.B. über verschiedenen Liefermodelle von Lösungen auswählen zu können. Cloud-Leistungen (Private, Public und Hybrid Cloud) erreicht werden. Unternehmen mit dem Wunsch nach Mission der Mittelstand 4.0- Agentur Cloud höchstmöglicher Kontrolle entscheiden sich vermutlich für eine Private Cloud und betreiben den Cloud-Service Die Mittelstand 4.0-Agentur Cloud ist Teil der Förderiniti- selber. Wohingegen der Wunsch nach Komfort ein Unter- ative „Mittelstand 4.0 - Digitale Produktions- und Arbeits- nehmen eher zu einem externen, öffentlichen Anbieter prozesse“, die im Rahmen des Förderschwerpunkts „Mit- als Dienstleister für diesen Service führen wird. Misch- telstand-Digital – Strategien zur digitalen Transformation formen von Private und Public Cloud, z.B. je nach Art der der Unternehmensprozesse“ vom Bundesministerium für Daten, finden sich dann in der Hybrid Cloud wieder. Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert wird. Nutzen von Cloud Computing Die Agentur unterstützt durch ihre Arbeit Multiplikatoren wie beispielsweise Kompetenzzentren, Kammern oder Der Nutzen liegt dabei im Potenzial der Verlagerung der Verbände, die Unternehmen auf dem Weg in die Digita- Kosten (nutzungsabhängige Bezahlung der Services), lisierung begleiten. Hierbei liegt der besondere Schwer- der schnellen Realisierbarkeit (Leistung wird vom Dienst- punkt auf Themen- und Fragestellungen zu Industrie 4.0, leister gekauft und muss nicht selber bereitgestellt wer- welche sich in die folgenden Teilbereiche untergliedern: den), der Vielfalt an Auswahlmöglichkeiten von Produkten und Serviceangeboten und damit in einer höheren Agili- ► Prozessoptimierung, Smart Products und Smart Ser- tät und Flexibilität des Unternehmens. Vorteile liegen in vice der permanenten und ortsunabhängigen Vereinfachung von Wartung und Support, der Reduzierung von IT-Per- ► Cloud-Technologie und Migration sonal und Softwarekosten, der Verfügbarkeit der Daten sowie in der übergreifenden Anwendung. Die Nachteile ► Betriebliche Erfolgsfaktoren und Vorgehensweisen liegen vor allem im Bereich der vermeintlich fehlenden Kontrolle („meine Daten werden von Dritten gespeichert Die Mittelstand 4.0- Agentur Cloud hilft, indem sie mit- und ich weiß nicht wo“), keine 100% Verfügbarkeit (oder telständische Unternehmen mittels Multiplikatoren (z.B. nur mit erheblichen Kosten), notwendige Anpassungen in Kammern, Verbände, Wirtschaftsförderungseinrichtun- den Prozessen und fehlende Standards, die eine Wech- gen usw.) die praktische Bedeutung von Cloud-Services selbarriere darstellen können. vermittelt und sie bei der Einführung, Nutzung und Inte- gration von Cloud-Anwendungen in unternehmerischen Eigenschaften von Cloud Computing Prozessen unterstützt. Unternehmen und Multiplikatoren können die Unterstützungsleistungen und -angebote der Cloud Computing zeichnet sich durch fünf grundlegende 4
„Prozesse und Cloud“ Abbildung 2: Grundlegende Eigenschaften von Cloud Computing Eigenschaften aus: Verfügbarkeit der IT-Leistung über beruflichen Umfeld genutzt. Dennoch sind die Vorteile ein Breitband-Netzwerk, potentiell unbegrenzte von Cloud Computing vielen Menschen noch unklar. Dies gilt auch für den Unterschied zwischen Cloud Computing IT-Ressourcen, schnelle und lastabhängige Bereitstel- und dem klassischen Server im Unternehmen. Tabelle lung, messbare Nutzung von Ressourcen und die Fähig- 1 vergleicht den Betrieb eines eigenen Servers mit dem keit zur automatisierten Eigenversorgung (siehe Abbil- Einsatz von Cloud Computing. dung 2). Eigener Server Cloud Computing Die schnelle Skalierbarkeit erlaubt es dem Unternehmen, Breitband-Netz- Ja Ja innerhalb von Minuten Leistungen hinzuzubuchen oder werk abzugeben. Kostengünstig realisierbar wird diese Unbegrenzte Res- Nein Ja sourcen Teilung von Ressourcen jedoch nur durch eine gemein- Lastabhängige Nein Ja same Ansammlung von IT-Ressourcen, bereitgestellt Bereitstellung durch den Cloud-Anbieter. Dabei ist es wichtig, dass die Daten unterschiedlicher Nutzer sauber voneinan- Messbare Nut- Nein Ja der getrennt sind (Mandantenfähigkeit). Unterschiedliche zung Cloud-Nutzer können nicht auf die Daten und Cloud-Be- Automatisierte Nein Ja reiche eines jeweils anderen Nutzers zugreifen. Darü- Eigenversorgung ber hinaus zahlen Cloud-Nutzer nur die Leistungen, die sie auch wirklich nutzen (Verbrauchsmessung). Dieses Tabelle 1: Vergleich zwischen einem im Unternehmen genutzen Vorgehen und die flexible Skalierung in Minuten werden klassischen Server und Cloud Computing allerdings nur möglich, wenn der Cloud-Anbieter nicht mehr eingreifen muss. Bereitstellungsprozesse werden Der eigene Server kann sowohl ausschließlich über das automatisiert, der Kunde wählt bedarfsgerecht mit weni- firmeninterne Netzwerk betrieben werden als auch von gen Mausklicks seine „Cloud-Leistung“ selbst aus. außen über das Internet erreichbar sein. So können Mit- arbeiter von außerhalb mit ihren Geräten auf Datenbe- Cloud Computing wird schon seit Jahren im privaten und stände des Betriebsservers zugreifen. Für Unternehmen, 5
„Prozesse und Cloud“ die auf eine eigene anpassungs- und wandlungsfähige Betriebssystem und vorinstallierten Basisanwendun- IT-Umgebung angewiesen sind, zeigt diese Tabelle, dass gen, nutzen? Dann ist der Bereich Platform as a Service Cloud Computing diesen Anforderungen deutlich besser (PaaS) relevant. Wenn es nur um reine Anwendungen gerecht werden kann. Gerade die skalierbaren Ressour- geht, lohnt sich vielleicht die Nutzung einer Anwendung cen und die lastabhängige Bereitstellung von Rechen- in der Cloud. Dazu existieren bereits eine Reihe von Soft- leistung über die Internetleistung sind für Unternehmen, ware as a Service-Lösungen (SaaS), welche auch bereits die flexibel und beweglich bleiben möchten, Argumente, im Paket mit Anmeldung, Abrechnung und Schnittstellen die für den Einsatz von Cloud Computing sprechen. zum Datenaustausch in Form von vollständig integrierten Geschäftsprozessen (Business Process as a Service, Strategische Fragestellungen: BPaas) erhältlich sind. Die Wege in die Cloud sind daher sehr unternehmensspezifisch und abhängig von der ver- Bei der Anschaffung eines neuen leistungsstarken folgten Strategie. Servers bezahlen Unternehmen auch die Leistung, die sie im Alltagsgeschäft häufig gar nicht abrufen. Ein Schritt-für-Schritt-Vorgehen kann dabei hilfreich sein. Ergo: die eigene IT ist nicht ausgelastet. Wäre es Ein kleines Beispiel soll das verdeutlichen: Wenn alle für ein Unternehmen daher nicht wirtschaftlicher, nur Eingangsrechnungen digital erfasst werden sollen, dann die Leistung zu buchen, die auch wirklich benötigt betrifft das natürlich den Prozess der Rechnungskontrolle wird? und den Kontierungs- und Buchungsprozess, aber auch den Zahlungsprozess und Anforderungen aufgrund der rechtlichen Vorschriften zur Archivierung von Belegen. Wege in die Cloud Schnittstellen zwischen verschiedenen digitalen Syste- men sind dabei praktisch nicht zu vermeiden und erfor- Entscheidend für eine sinnvolle Auswahl ist dabei die dern eine Integration, die einen reibungslosen Arbeitsab- Klärung der Ausgangsfragestellungen im Unternehmen: lauf ohne neue Medienbrüche garantieren kann. Zudem Möchten Unternehmen Infrastruktur-Leistungen, also liegen diese Abläufe sehr nah beieinander. Es existieren z.B. Rechenleistung, Speicherplatz oder Netzwerkstruk- also in der Regel Abhängigkeiten. Doch wie verhält es turen aus der Cloud beziehen? sich mit Prozessen, bei denen in einem ersten Gedan- kengang keine Verbindung erkannt wird? Können diese Diese Lösungen finden sich im Bereich Infrastructure as zu einem späteren Zeitpunkt sinnvoll und ohne großen a Service (IaaS). Oder möchten sie lieber ganze Platt- Aufwand in das neue digitale System eingebunden wer- formen, in Form von vorkonfigurierten IT-Systemen mit- den? Abbildung 3: Zusammenhänge zwischen Unternehmensorientierung, Fachprozessen und Cloud-Lösungen 6
„Prozesse und Cloud“ 3. Mehrwert des Instruments 4. Die „Prozesslandkarte“ – der Weg zu Cloud- Reife Die meisten KMU nutzen aktuell bereits verschie- dene (teils integrierte) Systeme zur Unterstützung ihrer In unübersichtlichen oder unbekannten Umgebungen Geschäftsprozesse. Einzelne Funktionsbereiche wie bei- verschafft eine Landkarte dem Benutzer einen Über- spielsweise der Einkauf oder das Kundenmanagement blick. Die Perspektive wechselt und es werden Orte und sollen durch den Einsatz der IT optimiert, perfektioniert Wege gefunden sowie deren Verbindungen miteinander und auf Effizienz getrimmt werden. Das zentrale Problem erkannt. Ebenso verhält es sich bei einer Prozessland- ist dabei, dass mit steigender Autonomie der jeweiligen karte. Sie verschafft einen Überblick über das eigene Funktionsbereiche auch die Kosten zur Abstimmung und Unternehmen, die Wertschöpfung für den Kunden, aber Koordination zwischen den Bereichen steigen. auch über die notwendigen, unterstützenden Tätigkei- ten. So können, wie bei einer Landkarte, die Prozesse in Cloud Computing bietet viele Möglichkeiten, die Prozesse einem Unternehmen aufgezeigt werden. zu optimieren. Im Mittelpunkt steht dabei die Unabhän- gigkeit von Zeit und Ort. Durch diese Flexibilität werden Bei der Prozesslandkarte handelt es sich auf oberster Vernetzung und verteiltes Arbeiten durchgängig möglich. Ebene um eine allgemeinverständliche Darstellung der Um Cloud-Technologien für die Umsetzung einer Digi- verschiedenen Bereiche eines Unternehmens. Diese talstrategie einzusetzen, ist es wichtig, die Prozesse im Darstellung ähnelt noch stark der funktionsorientierten Unternehmen zu kennen. Sichtweise (also der Aufbauorganisation eines Unter- nehmens), und soll es dem Anwender ermöglichen, sich Dazu ist es notwendig, dass die Personen, deren Funk- schnell in den Aufbau des Unternehmens hineinzuverset- tionsbereiche von der Einführung von Cloud-Techno- zen (siehe Abbildung 4). logien betroffen sind, am Entscheidungsprozess betei- ligt werden. Ein Geschäftsführer wird eher als Stratege Dargestellt sind dabei die Kernbereiche, hinter denen die Unternehmensziele im Blick haben. Bereichslei- sich die Prozesse (also die Ablauforganisation) verbirgt. ter und Facharbeiter werden hingegen eher mit der tak- Der Wiedererkennungswert für das Unternehmen steht tischen und operativen Brille auf das Unternehmen bli- hierbei im Vordergrund. Die Prozesse werden – sozusa- cken. Daher ist es sinnvoll, die verschiedenen Personen gen – aus der Vogelperspektive betrachtet und in vier aus unterschiedlichen Positionen im Unternehmen einzu- Bereiche gegliedert: beziehen (siehe Abbildung 3). ► Die Sichtbarkeit und Wirkung nach außen gestal- Die Prozesslandkarte spricht dabei jede der drei Ziel- ten kunden- und marktorientierte Prozesse in einem gruppen an, indem sie die verschiedenen Sichtwei- Unternehmen. Ganz gleich in welcher Branche ein sen berücksichtigt (z.B. Prozesssicht und Technologie- Unternehmen tätig ist, es hat Produkte oder Dienst- sicht) sowie den Entscheidungsprozess und die spätere leistungen, die vertrieben werden müssen. Für diese Umsetzung unterstützt. Es werden konkrete Potenziale sind passende Absatzmärkte zu erschließen und durch Cloud-Lösungen identifiziert. Typen von Cloud-Lö- Angebote für die Kunden zu erstellen. Hat ein Produkt sungen werden dann direkt auf mögliche, relevante Pro- den Weg zum Kunden gefunden, ergeben sich von zesse abgebildet. Dabei werden die unterschiedlichen Seiten des Unternehmens Dienstleistungen, die mit Prozessarten (Dienstleistungsprozesse und unterneh- angeboten werden, um die Kundenbindung zu erhö- mensspezifische Prozesse) betrachtet. So können durch- hen und Folgeaufträge zu gewinnen. aus völlig neuartige webbasierte Dienstleistungen entste- hen, sogenannte Smart Products oder Smart Services. ► Die Kernprozesse bilden das Herzstück eines Unter- nehmens. Bei produzierenden Unternehmen han- Mit der Prozesslandkarte der Mittelstand 4.0-Agentur delt es sich um die Abläufe, die mit der Erstellung Cloud wird das Ziel verfolgt, das Bewusstsein in Unter- des Produktes verbunden sind. Bei Dienstleistungs- nehmen zu schärfen, in Prozessen zu denken, um die unternehmen entfällt die Produktion im klassischen strategischen Entscheidungsprozesse im Rahmen von Sinne, hier gleicht die Erstellung der Produkte eher Cloud Computing zu unterstützen. Zudem ist sie ein der Produktentwicklung in produzierenden Unterneh- Werkzeug, welches den Auswahl- und Einführungspro- men. Der Materialfluss ist steuerndes Element in den zess an verschiedenen Stellen im Rahmen der Migration Kernprozessen und verbindet Produktion und Logis- vorbereitet und die organisatorischen Auswirkungen ver- tik. Abrundend umfasst der Forschungsprozess die deutlicht (siehe auch Kurzleitfaden „Auswahl und Einfüh- Entwicklung neuer Produktionsverfahren, Materialien rung von Cloud-Lösungen“). oder Dienstleistungskonzepte. 7
„Prozesse und Cloud“ Abbildung 4: Oberste Ebene der Prozesslandkarte ► In Unternehmen gibt es auch interne Unterstützungs- Complianceprozesse, mit deren Ausrichtung rechtli- prozesse, welche die anderen Prozessbereiche bei che und selbstgesetzte Vorgaben eingehalten werden. der Durchführung ihrer Aufgaben unterstützen. Dazu Der Kommunikationsprozess ist ein übergreifender zählen die klassische Beschaffung von Materialien Prozess, der zudem Einfluss auf die Reaktionsfähig- oder Werkzeugen, ebenso wie die Beschaffung und keit und Agilität des Unternehmens hat. Hinzu kommt, Entwicklung des notwendigen Personals im Bereich dass die Bedeutung der Informationstechnologie des Personalmanagements. Die Buchhaltung ist gerade aufgrund der Digitalisierung weiter zunimmt. das finanzielle Herzstück der Prozesse und für die Abwicklung aller finanziellen Geschäftsvorfälle sowie für die Beschaffung und Verwendung von Finanzmit- Diese (einfache) Variante der Prozesslandkarte ist als teln zuständig. Die Lenkung und Steuerung der Kos- Unterstützungswerkzeug in Erstgesprächen mit Unter- ten und Leistungen obliegt dann den Prozessen des nehmen gedacht. Bereits in einem ersten Gespräch Controllings. Aufgrund der zunehmenden Bedeu- kann damit ohne aufwendige Analyse und Modellierung tung für viele Unternehmen ist hier auch das Energie- ein gemeinsames Verständnis über die Prozesse des management angesiedelt. Bei Wartung- und Instand- betrachteten Unternehmens entstehen. D.h. nicht, dass haltungsprozessen handelt es sich wiederum um im weiteren Verlauf eines Auswahl- und Einführungspro- klassische Unterstützungsprozesse der Produktion. zesses nicht eine detaillierte Geschäftsprozessmodel- lierung sinnvoll sein kann, z.B. im Rahmen einer Neu- ► Des Weiteren gibt es Unternehmensabläufe, die sich gestaltung der Geschäftsprozesse (Business Process nicht eindeutig den oben beschriebenen Bereichen Reengineering). An dieser Stelle geht es aber um die zuordnen lassen. Dabei handelt es sich um über- Identifikation von Potenzialen und dazu ist die Prozess- greifende Prozesse, deren Aufgaben in alle Bereiche landkarte ein geeignetes Werkzeug. Zu Beginn einer hineinreichen. Das Qualitätsmanagement in einem solchen Diskussion ist dem Unternehmen, das nach Unternehmen ist ganzheitlich zu sehen ebenso wie Unterstützung sucht, oft unklar, wo die Reise hingehen 8
„Prozesse und Cloud“ wichtig, ein Ziel und damit eine Strategie zur Erreichung der Unternehmensziele zu entwickeln. Die Prozesslandkarte unterstützt an dieser Stelle somit die Zielfindungsphase und steht damit am Anfang, d.h. noch vor dem eigentlichen Anforderungs- und Auswahl- prozess (siehe auch Kurzleitfaden „Auswahl und Einfüh- rung von Cloud-Lösungen“). Darüber hinaus unterstützt sie im weiteren Verlauf die Analysephase, um wei- tere Potenziale aufzuzeigen. Dies erfordert eine tiefere Betrachtung der Prozesse, in der deutlich wird, aus wel- chen Einzelschritten der Prozess besteht. Dazu wurde eine erweiterte Sicht der Prozesslandkarte konzipiert, die sich in verschiedene Detailansichten weiter aufteilt, durch die die Anwender navigieren können (siehe Abbil- dung 5). Ausgehend vom Prozess auf der oberen Ebene ist es möglich, in einer anderen Ansicht in die Details zu ver- zweigen. Dazu wird der entsprechende Prozess ausge- wählt und die sich darunter befindenden Prozesse kom- men zum Vorschein. An dieser Stelle werden erste Anwendungsbeispiele, Fragestellungen und Praxisbei- spiele, die sich aus dem Cloud-Potenzial ergeben, aufge- zeigt (siehe Abbildung 6). Abbildung 5: Einzelne Prozessschritte Durch weiteres Verzweigen werden dann im nächsten Schritt die Cloud-Potenziale deutlich, welche den ein- soll. Nicht immer steht gleich fest, dass es sich um die zelnen Prozessen zugeordnet sind. So bekommen die Digitalisierung von Unternehmensabläufen handelt oder Anwender einen kurzen Überblick, in welcher Form der an welchen Stellen etwas geschehen soll. Daher ist es Einsatz von Cloud Computing diesen Prozess unterstüt- Abbildung 6: Prozessschritte im Detail 9
„Prozesse und Cloud“ Abbildung 7: Cloud- Potenziale zen kann und welche Vorteile für das Unternehmen dabei Cloud-Lösungen entstehen. entstehen (siehe Abbildung 7). Anwendungs- und Praxisbeispiele erleichtern zudem die Schritt für Schritt bzw. Ebene für Ebene können die Nachvollziehbarkeit und Übertragbarkeit auf das eigene Anwender tiefer in die Prozesslandschaft navigieren, ihre Unternehmen. Eine Übersicht der relevanten Fragestel- Prozesse identifizieren und ein gemeinsames Verständ- lungen für eine Entscheidung ausgehend vom jeweiligen nis über die Möglichkeiten von Cloud-Lösungen schaffen. Teilprozess geben weitere Hilfestellung zu der für das Darüber hinaus werden in den tieferen Ebenen dann die jeweils betrachtete Unternehmen relevanten Lösung. Potenziale für Cloud-Lösungen aufgezeigt, was die Aus- wahl der konkreten Lösungen eingrenzt und als Grund- Wir wünschen Ihnen viel Spaß bei der Prozessanalyse lage für die Suche nach Cloud-Anbietern dienen kann. mit der Prozesslandkarte der Agentur Cloud und einen klareren Weg in die Cloud! 5. Fazit Für weitere Inforamtionen, Leitfäden oder Broschüren Mit der Prozesslandkarte wird nun ein Werkzeug zur besuchen Sie gerne unsere Webseite unter: Verfügung gestellt, das den Multiplikatoren und Mittel- stand 4.0- Kompetenzzentren und anderen Stakeholdern http://www.cloud-mittelstand.digital/ bei der Entscheidung und auf dem Weg in die Cloud als Kommunikationshilfe und –basis dient. Dabei steht die Bewusstseinswerdung im Vordergrund des Einsatzes dieses Tools. Durch die verschiedenen Sichten auf die Prozesse eines Unternehmens ist es möglich, das unternehmensindivi- duelle Potenzial für Cloud Computing zu erkennen. die Prozesslandkarte nutzt dabei die prozessorientierte Sichtweise als Grundlage und dient gleichzeitig als Aus- gangsbasis für die Zielfindung und Analyse hinsichtlich möglicher Mehrwerte, die durch den Einsatz von 10
Mittelstand 4.0 Über Mittelstand 4.0 – Digitale Produktions- und Arbeitsprozesse Die Mittelstand 4.0-Agentur Cloud besteht aus den Projektpartnern Fraunhofer IAO, der Hoch- schule Osnabrück und der IT-Dienstleistungs- gesellschaft mbH Emsland (kurz: it.emsland). Sie unterstützt durch ihre Arbeit Multiplikato- ren wie beispielsweise Kammern oder Ver- bände, die Unternehmen auf ihrem Weg in die Digitalisierung begleiten. In der Förderinitia- tive „Mittelstand 4.0 - Digitale Produktions- und Arbeitsprozesse“ werden bundesweit Mittel- stand 4.0-Kompetenzzentren, ein Kompetenz- zentrum Digitales Handwerk und vier Mittelstand 4.0-Agenturen im Rahmen des Förderschwer- punkts „Mittelstand-Digital – Strategien zur digitalen Transformation der Unternehmens- prozesse“ vom Bundesministerium für Wirt- schaft und Energie (BMWi) gefördert. Der För- derschwerpunkt unterstützt Unternehmen beim intelligenten Einsatz von modernen Informa- tions- und Kommunikationstechnologien (IKT) und stärkt damit ihre Wettbewerbsfähigkeit. „Mit- telstand-Digital“ setzt sich zusammen aus den Förderinitiativen „Mittelstand 4.0 – Digitale Pro- duktions- und Arbeitsprozesse“, „eStandards: Geschäftsprozessestandardisieren,Erfolgsichern“und „Einfach intuitiv – Usability für den Mittelstand“. Weitere Informationen finden Sie unter www.mittelstand-digital.de Impressum Verleger: Rechtsform: Für den Inhalt Verantwortlicher Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und gem. § 55 II RStV: Mittelstand 4.0-Agentur Cloud c/o Fraunhofer- Organisation IAO ist eine rechtlich nicht selbstän- Hochschule Osnabrück Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO dige Einrichtung der Fraunhofer-Gesellschaft zur Liane Haak Nobelstr. 12 Förderung der angewandten Forschung e.V. Kaiserstrasse 10c 70569 Stuttgart 49809 Lingen (Ems) als rechtlich nicht selbständige Einrichtung der Vertretung: Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der Präsident des Vorstandes: Umsatzsteuer-Identifikationsnummer angewandten Forschung e.V. Prof. Dr.-Ing. Reimund Neugebauer gem. § 27a Umsatzsteuergesetz: DE 129515865 Hansastraße 27 c Vereinsregister: 80686 München Amtsgericht München Text und Redaktion: Telefon +49 89 1205-0 Registernummer: Liane Haak, Markus Holznagel, E-Mail: kontakt@cloud-mittelstand.digital VR 4461 Alexander Bose, Sascha Baden
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