Wem gehört die Stadt? - Wahlprogramm zur Bürgerschaftswahl in Bremen am 26. Mai 2019
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Wem gehört die Stadt? Wahlprogramm zur Bürgerschaftswahl in Bremen am 26. Mai 2019
II Kolumnentitel
Wem gehört die Stadt?.............................................. 5 Umwelt und Grünflächen schützen und ökologisch entwickeln ............................................. 19 Kapitel 1: Stadt für alle entwickeln – sozial und zukunftsfähig........................................... 7 Kleingärten erhalten und unterstützen, Zugang zur Natur für alle verbessern ....................... 19 Den Ausverkauf städtischer Flächen stoppen .......... 7 Ökologische Ernährung für öffentliche Küchen ....... 20 Bezahlbarer Wohnraum durch aktive Mietenpolitik .................................................. 8 Jugendkultur stärken, Freiräume ermöglichen ........ 20 Wohnraumförderung neu aufstellen, Für eine offene und lebendige Neubauflächen sozial steuern ................................... 8 Stadtkultur für alle .................................................. 20 Leerstand und Brachflächen in Freie Szene und Subkultur stärken .......................... 21 städtisches Eigentum überführen.............................. 9 Gute Arbeitsbedingungen auch Lebendige Innenstadt demokratisch entwickeln ....... 9 in der Kultur ermöglichen ......................................... 21 Nebenzentren stärken und benachteiligte Bürgerhäuser und kulturelle Stadtteile aufwerten.................................................. 9 Bildung systematisch fördern .................................. 21 Anders bauen und sanieren: sozial, ökologisch, Wir vergessen nicht! vielfältig und nicht mehr so hässlich ........................ 10 Erinnerungskultur in Bremen ................................... 21 Kitas endlich für alle ................................................. 10 Kapitel 2: Soziale Gerechtigkeit und Teilhabe für alle organisieren......................... 22 In die Zukunft investieren – Kita-Qualität verbessern .......................................... 11 Gleiche Chancen und gute Möglichkeiten für alle Kinder .................................. 22 Gute Arbeitsbedingungen und Beitragsfreiheit in Bremer Kitas und Horten...................................... 11 Kinder und Jugendliche und ihre Familien unterstützen ...................................... 23 Gute Bildung für alle: soziale Spaltung des Schulsystems überwinden ................................ 12 Weg mit Hartz IV – Für eine menschenwürdige Mindestsicherung für alle........................................ 24 Schulbau und Schulsanierung: weder privatisieren noch verschleppen .............................. 13 Menschen im Alter – für ein Leben in Selbstbestimmung und Selbständigkeit .................. 26 Lehrkräfte ausbilden, Fachpersonal durch gute Arbeitsbedingungen gewinnen ......................... 14 Menschenwürdige Pflege – besser für Bedürftige, Angehörige und Personal ...................... 26 Inklusion auch an den Schulen weiterentwickeln ..... 14 Drogenpolitik: Prävention statt Repression............. 27 Sprachförderung intensivieren ................................ 15 Drogenhilfe: Unterstützung statt Vertreibung ......... 27 Schule mit Schüler*innen – nicht gegen sie............... 15 Gesundheitsversorgung: wohnortnah, Gleiche Bildung – gleiche Chancen........................... 16 gemeinnützig, demokratisch kontrolliert ................ 27 Weiterbildung stärken Ambulante Versorgung durch und absichern .......................................................... 16 Gesundheitszentren verbessern ............................. 28 Einen ÖPNV für alle finanzieren ................................ 17 Hebammen verzweifelt gesucht .............................. 28 Bus- und Straßenbahnnetz Mehr Pflegepersonal ist besser für uns alle – ausbauen und attraktiver machen ........................... 17 Pflegeberufe aufwerten .......................................... 28 Sichere Radwege ausbauen ..................................... 17 Investitionsprogramm für bremische Krankenhäuser ...................................... 29 Weg von der autogerechten, hin zur lebenswerten Stadt ...................................... 18 Für eine menschenwürdige Psychiatrie ................... 29 Raus aus der Kohle – Energiewende vor Ort ............. 18 Sport bewegt, macht Spaß und stärkt den sozialen Zusammenhalt .................................... 30 Abfall- und Wasserwirtschaft: regionalisieren und rekommunalisieren ................... 19 Bäder stärken und bezahlbar machen ..................... 30
Sport fördern – für alle ............................................ 30 Leiharbeit, prekäre Arbeitsverhältnisse und Diskriminierung in der Arbeitswelt bekämpfen ....... 40 Verbraucher*innenschutz stärken............................ 30 Den öffentlichen Dienst attraktiv Kapitel 3: Diskriminierung bekämpfen, und wettbewerbsfähig machen ................................ 41 eine Stadt der Vielfalt organisieren ..................... 31 Erwerbslose stärken und unterstützen, Gleicher Lohn und gleiche geförderte Beschäftigung ausbauen ....................... 42 Chancen für Frauen ................................................. 31 Ausbildungskrise beenden: Frauenpolitische Infrastruktur ausbauen, für ein Recht auf Ausbildung ................................... 43 Frauenpolitik stärken .............................................. 32 Eine Landesausbildungsumlage für Bremen ........... 43 Gegen Gewalt, für sexuelle Selbstbestimmung .................................................. 32 Berufsschulen stärken ............................................ 44 Sexarbeit: Selbsthilfe stärken Wirtschaftlichen Strukturwandel statt Kriminalisierung.............................................. 33 aktiv gestalten ........................................................ 44 Queeres L(i)eben respektieren Innovation fördern, und fördern ............................................................. 33 Wirtschaftsförderung neu aufstellen...................... 44 Queerpolitik ist Querschnittsaufgabe...................... 33 Branchen brauchen spezifische Unterstützung ...................................... 45 Migration gehört zu unserer Welt – Flucht ist kein Verbrechen ...................................... 34 Das wichtigste Fachkräftepotenzial sind die Beschäftigten ............................................ 46 Dezentral wohnen statt Massenunterkünfte ........... 34 Alternativen zum Kapitalismus Bleiberecht statt ständige Angst – stützen und stärken ................................................ 46 kein Mensch ist illegal.............................................. 35 Hochschulstandort Bremen ausbauen .................... 47 Unbegleitet heißt nicht allein................................... 35 Prekäre Arbeit an den Ankommen – teilhaben – Teil der Hochschulen beenden ............................................ 48 Gesellschaft sein..................................................... 36 Studium und Leben bezahlbar machen ................... 48 Rassismus entschieden entgegentreten.................. 36 Hochschulen demokratischer gestalten ................. 48 Gute Zukunft und gute Arbeitsbedingungen unabhängig von der Herkunft................................... 36 Zukunft der Medien demokratisch und sozial gestalten .......................... 49 Wahlrecht und politische Teilhabe .......................... 37 Internetzugang als Grundrecht Selbstbestimmung und volle Teilhabe und Daseinsvorsorge .............................................. 49 für Menschen mit Behinderungen............................ 37 Digitalisierung für einen transparenten Staat Für eine bürgernahe und und besseren Bürgerservice nutzen ........................ 49 grundrechtsorientierte Sicherheit .......................... 38 Zukunftsfähige Hafenentwicklung Polizei und Feuerwehr angemessen statt Warten auf den OTB ........................................ 50 ausstatten und besolden ........................................ 39 Einsatz für Entwicklung, internationale Die Justiz arbeitsfähig machen und Zugang Zusammenarbeit und Frieden.................................. 50 zu Gerechtigkeit für alle absichern .......................... 39 Stadtentwicklung für Bremen-Nord ......................... 51 Den Strafvollzug als Weg in die Gesellschaft gestalten ................................... 39 Bremen-Nord gesundheitspolitisch, sozial und kulturell aufwerten ................................. 52 Kapitel 4: Wirtschafts- und Strukturentwicklung .............................................. 40 Bremerhaven: Herausforderungen annehmen ........ 52 Landes-Mindestlohn anheben Für eine zivile und moderne und Tarifbindung stärken ........................................ 40 maritime Wirtschaft in Bremerhaven....................... 53
Kapitel 5: Finanzieren und entscheiden: gerecht und gemeinsam ......................................... 53 Bremer Finanzen: Wer bekommt »das ganze Geld«? ................................................... 53 Haushalt saniert – Stadt kaputt .............................. 54 Was kostet der Wiederaufbau der sozialen Infrastruktur? ............................................. 55 Notwendige Investitionen in Schulen und Sanierung tätigen .............................................. 55 Kredite aufnehmen verboten – was tun? .................. 55 Verwaltung wieder handlungsfähig machen .......................................... 56 Geld ist da. Wo ist das Personal? ............................................... 57 Städtische Gesellschaften von Schulden entlasten, privatisierte rekommunalisieren ............. 57 Bürgerbeteiligung ausbauen, Beiratsrechte verbindlich machen................................................. 58 Stadtteilkonferenzen in Bremerhaven stärken......... 59
Vorwort 5 Wem gehört die Stadt? In Bremen und Bremerhaven treten die sozialen Ge- lichen Dienst, denn ihre Gehaltsentwicklung hat weder gensätze in besonderer Weise hervor. Hier leben viele mit anderen Bundesländern noch mit der Privatwirt- Millionäre, während ein Drittel aller Kinder in Armut schaft Schritt gehalten. Stattdessen hat der scharfe Per- leben muss. Hier werden Autos, Flugzeuge und Raum- sonalabbau ihre Arbeitsbelastung erhöht und zusätzlich fahrttechnologie produziert, während Schulgebäude die Unzufriedenheit der Bürger*innen mit den Abläufen in verfallen und es in den Schulen und Krankenhäusern der Verwaltung. Familien, die keinen Kita-Platz bekom- an Personal fehlt. Diese Gegensätze sind Ergebnis men haben, und Schüler*innen, die in einem besser aus- einer Politik, die Reiche und Unternehmen von Steuern gestatteten Bildungssystem nachhaltigere Lernerfolge, entlastet und dafür öffentliche Ausgaben gekürzt und bessere Abschlüsse und Zeugnisse geschafft hätten: Sie öffentliche Dienste privatisiert hat. Diese Politik führt alle haben die Belastung getragen. dazu, dass immer größere Teile unserer Städte immer weniger Menschen gehören: Ehemals gemeinnützig Für die Zukunft ist deshalb für uns klar: Diejenigen, verwaltete Wohnungen gehören börsennotierten die die Hauptlast der jahrelangen Sparpolitik getragen Immobilienkonzernen. Wer arm ist, wird von Polizei und haben, sind jetzt als erste dran, wenn es um bessere Ordnungsdienst aus dem öffentlichen Raum oder von öffentliche Leistungen geht. Damit das gelingt, müssen steigenden Mieten aus seinem Stadtteil verdrängt, und wir aus dem wahrscheinlichen Regierungswechsel im selbst Schulen und Kitas werden von profitorientierten Land Bremen einen Politikwechsel machen: hin zu Investoren gebaut. mehr sozialer Gerechtigkeit, also nach links. Wir wollen das ändern – wir wollen Städte, die allen Unser Politikwechsel geht darüber hinaus, die kommen- gehören. Und wir sagen, wie das geht. den Haushaltsspielräume in den Dienst der sozialen Gerechtigkeit zu stellen. Er wirft die Frage auf: Wem In vielen Bereichen ist Bremen inzwischen das gehört die Stadt? Schlusslicht unter allen Bundesländern: bei Arbeits- losigkeit und Armut. Bei der Mietbelastung, das heißt Wir wollen, dass diese Frage in Zukunft anders beant- dem Anteil des Einkommens, den Familien für Wohnen wortet wird als bisher. Wir wollen die Praxis beenden, ausgeben müssen. Beim Vergleich der Schulleistungen. dass die Stadtentwicklung von privaten Investoren Bei den Ausgaben für die Hochschulen. Beim Anteil der gestaltet wird und die Stadt sich darauf beschränkt, Leiharbeit. Bei der Erwerbstätigkeit von Alleinerziehen- ihnen Flächen zu verkaufen und Prämien dafür zu be- den. Ohne eine aktive Politik für soziale Gerechtigkeit zahlen, dass ein paar Wohnungen für ein paar Jahre und für Investitionen in die Zukunft wird sich das nicht nicht ganz so teuer sind. Wir wollen, dass Wohnungs- ändern lassen. politik sich darauf konzentriert, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Die Bürgerschaftswahl 2019 ist eine besondere Wahl. Das Land Bremen steht sehr wahrscheinlich vor Wir wollen die öffentliche Hand und öffentliche einem Regierungswechsel. zwölf Jahre rot-grüne Regie- Unternehmen stärken: die kommunalen Wohnungs- rung gehen zu Ende. Die nächste Landesregierung wird baugesellschaften GEWOBA und STÄWOG und die von einem neuen Parteienbündnis getragen werden. öffentlichen Verkehrsbetriebe. Die Entsorgungsbetriebe wollen wir wieder zu komplett öffentlichen Unterneh- Nach zwölf Jahren hartem Sparkurs stehen ab 2020 men machen. wieder etwas mehr Mittel zur Verfügung. Auch wenn diese Mittel nicht ausreichen werden, um alle dringen- Wir stellen uns klar allen entgegen, die den Sparkurs den Bedarfe zu decken, ist die Frage: In was werden sie im öffentlichen Bereich fortsetzen und stattdessen investiert? Wem sollen sie zugutekommen? Das wird Private mit allem beauftragen wollen: mit dem Bau nicht nur durch Regierungskonstellationen entschieden, von Kitas und Schulen, die dann teuer angemietet sondern auch durch politischen Druck von unten. Wir werden müssen. Mit dem Bau von Wohnungen und der wollen dabei helfen, diesen zu formieren und ihm eine Gestaltung der Innenstadt, so dass die Allgemeinheit Stimme zu geben. keine Mitsprache hat. Wir werden nicht zulassen, dass öffentliche Unternehmen wie private, profitorientierte In den vergangenen zwölf Jahren sind die öffentlichen Konzerne arbeiten und so die GEWOBA, die kommuna- Ausgaben soweit eingefroren worden, dass die Lücke len Kliniken, die Bremer Lagerhaus (BLG) der öffentli- zwischen Ausgaben und Einnahmen des Landes ge- chen Kontrolle und Einflussnahme entzogen werden. schlossen wurde. Aber den Preis dafür haben nicht alle in gleicher Weise bezahlt. Bezahlt haben Mieter*- Denn auf diese Weise wird die Stadt privatisiert. Sie innen, denn es wurde nicht in sozialen Wohnungsbau gehört flächendeckend nicht mehr denen, die in der investiert. Bezahlt haben Geringverdiener*innen, denn Stadt leben, sondern denen, die sie wie ein auf Profit der Landesmindestlohn wurde aufgegeben und die öf- ausgerichtetes Unternehmen betreiben. Vieles davon fentliche Hand selbst hat die Leiharbeit hochgetrieben. ist schon heute Realität. Wir wollen weg von dieser Bezahlt haben Beamt*innen und Angestellte im öffent- Entwicklung.
6 Vorwort Wir wollen, dass das Bundesland Bremen die Spiel- muss der öffentliche Raum für alle ein angenehmer Ort regeln für Arbeit gestaltet. Mit einem Wiederein- zum Aufenthalt sein und darf nicht nur auf Konsum und stieg in den Landesmindestlohn, mit der Stärkung von Transport ausgerichtet sein. Wir brauchen Raum für Tarifbindung und guter Arbeit. Mit festen Vorgaben, für Kultur, Freizeit und Feiern. Bremen soll keine Schlaf- wie viele Menschen eine Pflegekraft, eine Mitarbeiter*in stadt werden, sondern braucht Orte und Möglichkeiten im Jugendamt, eine Erzieher*in gleichzeitig höchstens für Kneipen, Clubs, Freiluftparties und Festivals. zuständig sein darf. Mit einer besseren staatlichen Kontrolle von Lohn- und Arbeitsbedingungen in den Bremen und Bremerhaven sind Städte des Wachstums, Bereichen, von denen man weiß, dass sie dort gerne der Offenheit, der Vielfalt und der internationalen mal unterlaufen werden. Verbundenheit. Wir wollen, dass Zuwanderung als Chance und als Selbstverständlichkeit betrachtet wird. Wenn die Stadt allen gehören soll, müssen wir ein gutes Für einen Hafen- und Exportstandort wäre die Idee, sich Leben in allen Stadtteilen ermöglichen und dazu alle global abschotten zu wollen, absurd. Schon weil viele Politikbereiche gegen die soziale Spaltung in Stellung Gründe, aus denen Menschen fliehen oder durch Migra- bringen. Wir brauchen zusätzliche Ressourcen im Kita- tion nach besseren Perspektiven suchen, auch mit der Ausbau nicht nur in Stadtteilen, in denen viele Eltern Geschichte und Gegenwart von Kolonialismus, unglei- berufstätig sind und Betreuungsplätze im Zweifelsfall cher Wirtschaftsordnung, Waffenexporten und den einklagen würden, sondern gerade da, wo viele Kinder Folgen einer ökologisch nicht haltbaren Wirtschafts- von frühkindlicher Förderung besonders profitieren. Wir weise zu tun haben – alles Faktoren, mit denen auch brauchen zusätzliche Ressourcen für Schulen in armen Bremen und Bremerhaven in problematischer Weise Stadtteilen. Deshalb wollen wir für den Schulbau eine verbunden waren und sind. öffentliche Gesellschaft beauftragen, weil nur so die nö- tigen Kredite aufgenommen werden können. Wir müssen Die verstärkte Zuwanderung nach 2015 hat deutlich dafür sorgen, dass es nicht nur in Oberneuland, sondern gemacht, wie viele Wohnungen und Ausbildungsplätze auch in Oslebshausen genügend Kinder-, Allgemein- und schon vorher fehlten, wie schlecht die Angebote zur Fachärzt*innen gibt, damit Gesundheitsversorgung nicht Integration in den Arbeitsmarkt schon vorher waren. nur formal für alle existiert, sondern real für jede*n gut Das müssen wir ändern – im Interesse aller. zugänglich ist. Wir wollen Hochschulen, die für alle in Bre- merhaven und Bremen funktionieren. Dazu gehört, dass Wir erleben eine Zeit, in der in Frage gestellt wird, ob wir die Hochschule endlich so ausstatten, dass Studien- Geflüchtete aus Seenot gerettet werden sollen, in der gänge nicht geschlossen, sondern ausgebaut werden und Rassismus vom nicht eingestandenen Vorurteil zur sie auch für junge Menschen offenstehen, deren Eltern offenen politischen Haltung geworden ist. Fortschritte nicht viel Geld haben. in der Gleichstellung von Frauen werden in der öffentli- chen Debatte zurückgedrängt, und reaktionäre Kräfte Die kapitalistische Wachstumslogik zerstört die Lebens- greifen immer lauter die Berechtigung von Menschen grundlagen auf diesem Planeten. Umweltpolitik ist für an, ihre Sexualität und Identität jenseits der Vorstel- DIE LINKE deshalb ein zentraler Bestandteil der notwen- lungen der 50er Jahre zu leben. Rechte Strömungen, digen sozial-ökologischen Wende unserer Gesellschaft. die mal verdeckt und mal ganz offen Faschismus und Wir verstehen es als unsere Aufgabe, vor Ort für eine NS-Traditionen aufgreifen, sind in den letzten Jahren Energiewende, den Schutz von natürlichen Ressourcen, zum relevanten Teil unserer politischen Landschaft eine ökologische Verkehrswende und eine auf Nach- geworden. In diesen Zeiten wollen wir gemeinsam Farbe haltigkeit ausgerichtete Wirtschaft einzutreten. Um der bekennen und klar machen: Bremerhaven und Bremen Klimakrise zu begegnen, müssen global und konkret vor sind kein Pflaster für rechte Hetze. Auf Hass, Angst Ort deutlich stärkere Maßnahmen ergriffen werden, als und Provinzialität kann man keine Zukunft für Bremen es der rot-grüne Senat in den vergangenen zwölf Jahren und Bremerhaven bauen. Im Gegenteil: Wir wollen, dass getan hat. Bremen und Bremerhaven sich als solidarische Städte begreifen, die Menschen in Not aufnehmen und für Die ganze Stadt für alle, das bedeutet auch Mobilität alle hier lebenden Menschen ein Leben in Würde und für alle: sozial, alters- und kindergerecht, barriere- Sicherheit organisieren. frei, ökologisch, autoarm, mit kostenlosem ÖPNV und einer sicheren und komfortablen flächendeckenden Antifaschismus ist elementarer Bestandteil und Aus- Fahrradinfrastruktur. Noch immer wird die Verkehrs- druck eines demokratischen Grundverständnisses. planung in erster Linie an Autos ausgerichtet, wäh- Dazu gehört auch, faschistischen und rechtsextremen rend die schwächeren Verkehrsteilnehmer*innen an Kräften auf der Straße, in den Betrieben, in den Parla- den Rand von Wegen und Straßen gedrängt werden. menten wie überall sonst keinen Raum zu überlassen. Gerade für junge und ältere Menschen ist diese Situa- Es bedeutet, sich der eigenen Geschichte zu stellen tion gefährlich. Wege und Straßen müssen möglichst und Konsequenzen für heute zu ziehen. Dazu gehört, barrierefrei und sicher sein, vor allem für Menschen faschistischen Kräften, mit denen die AfD offen mit eingeschränkter Beweglichkeit. Wir wollen die Ver- zusammenarbeitet und die in ihr vertreten sind, teilung des Straßenraums neu verhandeln und Platz keinen Meter Raum zuzugestehen. Wir sind entsetzt zugunsten von Fußgänger*innen und Radfahrer*innen darüber, dass der antifaschistische Konsens – umverteilen sowie Spielraum für Kinder und attraktive Verurteilung des Nazismus, Erinnerungskultur, Zusam- Plätze für alle schaffen. menarbeit der demokratischen Kräfte, Ablehnung von Antisemitismus und Rassismus – heute offen in Frage Der öffentliche Raum muss für alle da sein – diese gestellt wird. Demokratie, Freiheitsrechte und soziale Überzeugung stellen wir einer Verdrängungspolitik ent- Rechte müssen verteidigt werden. gegen, wie sie aktuell rund um den Bahnhof praktiziert wird, um den City-Gate-Investor*innen ein »sauberes« Die Entwicklung einer Stadt ist das Werk tausender Umfeld zu präsentieren. In einer lebenswerten Stadt Köpfe, Hände und Herzen. Wir wollen dafür sorgen,
Kapitel 1: Stadt für alle entwickeln 7 dass alle sich an diesem Werk beteiligen können und Miteinander. Für einen wirklichen Politikwechsel, durch die Entwicklung nicht im Sinne der wenigen, die viel den eine andere Welt Gestalt annehmen soll, wollen besitzen, sondern der vielen, die die Stadt mit Leben wir Mehrheiten in der Gesellschaft schaffen: in den füllen, verläuft. Dafür wollen wir gesellschaftliche Stadtteilen, an den Arbeitsplätzen, in Gewerkschaften, Diskurse verschieben, andere Entscheidungen in der Vereinen, Initiativen, auf Parties, im und außerhalb vom Bürgerschaft, der Stadtverordnetenversammlung und Parlament. Wir wissen, dass es auf diesem Weg erhebli- den Beiräten treffen und die Politik des Senats und die che Widerstände geben wird, aber wir rechnen auch auf Praxis der Verwaltung und der städtischen Gesellschaf- viele, die uns darin unterstützen, kritisch begleiten und ten verändern. Wir geben uns nicht mit der Verwaltung gegen diese Widerstände antreiben werden. Wir wollen der Mängel zufrieden. Wir haben eine grundlegend diesen Weg gemeinsam gehen, damit die Stadt uns andere Vorstellung von Stadtgesellschaft und sozialem allen gehört. Kapitel 1: Stadt für alle entwickeln – sozial und zukunftsfähig Den Ausverkauf worten das Modell, den Erbbauzins stark abzusenken städtischer Flächen stoppen für Projekte, die niedrige Mieten zusichern oder die auf der Fläche soziale und/oder genossenschaftliche Der Verkauf von städtischen Flächen in Bremen Wohnungsprojekte realisieren. und Bremerhaven muss sofort gestoppt werden. Das ist der wichtigste Politikwechsel für die Stadtentwick- In den letzten zwei Jahrzehnten gilt die politische lung und die Wohnungspolitik. Städtische Flächen, die Beschlusslage, möglichst viele öffentliche Immobilien einmal verkauft sind, kommen meistens nicht wieder. frei zu machen, um sie bestmöglich zugunsten der Sie fehlen für sozialen Wohnungsbau, für Schulen und Haushaltssanierung zu verkaufen. Das zentralisierte Kitas, für öffentlichen Raum und für Gewerbeimpulse. Bremer Liegenschaftsmanagement durch die Immobi- Während andere Städte das längst erkannt haben, lien Bremen AöR hat seit Gründung den Auftrag, sich Bodenbevorratung betreiben und Flächen wieder zu- dadurch zu finanzieren. Zusätzlich wurden auch die rückkaufen, geht die Privatisierung des Bodens im Wirtschaftsförderung Bremen (WFB), Eigenbetriebe und Land Bremen bislang ungebremst weiter. Ob auf den bremische Gesellschaften politisch beauftragt, Flächen neuen Entwicklungsflächen im Hulsberg-Viertel, in der zu verkaufen, um zur Eigen- bzw. Haushaltssanierung Überseestadt, auf dem Rennbahngelände oder in der beizutragen. Diese Praxis wollen wir umkehren. Der von Innenstadt: Alles soll verkauft werden. Damit macht Immobilien Bremen verwaltete Grundstücksbestand eine Stadt sich langfristig handlungsunfähig. darf nicht weiter verringert werden, sondern muss durch strategische Ankäufe gezielt gesteigert werden. Wir wollen diese Entwicklung umkehren. Die Öffentlich- Dabei muss auch die Übertragung von Grundstücken keit braucht wieder mehr Flächen, um die Bedürfnisse Bremer Eigenbetriebe und Gesellschaften geprüft der Gesellschaft nach preiswertem Wohnen, öffentli- werden. cher Bildung, Erholung und nichtkommerzieller Kultur zu befriedigen. In diesem Zusammenhang nimmt das Rennbahn- gelände eine besondere Rolle ein. Als aktuell DIE LINKE will, dass städtischer Boden nicht mehr ver- größte Fläche in städtischem Besitz muss gewähr- kauft wird. Stattdessen soll Boden, den die Stadt nicht leistet werden, dass eine Veräußerung an Investoren selbst nutzt, im Erbbaurecht vergeben werden. Das nicht in Betracht kommt. Die Stadt hat hier die bedeutet: Jemand kann darauf Gebäude errichten und Aufgabe, in Zusammenarbeit mit den Akteuren im die Flächen nutzen, aber der Boden bleibt im Eigentum Quartier Wohnen, Leben und Arbeiten zu gestalten der Stadt. Die Stadt erhält dafür eine jährliche Über- und umzusetzen. Kriterien bzw. Bestandteile dieser lassungsgebühr, den sogenannten Erbbauzins. Nach Umsetzung müssen neben dem Instrument des Ablauf des Erbpachtvertrages fällt die Fläche an die Erbbaurechts die Herstellung von bezahlbarem Stadt zurück, und der bisherige Nutzer erhält für die Wohnraum, sozial-ökologische Standards und eine Gebäude den Restwert erstattet. Der Nutzer kann alles wohnortnahe Versorgung mit einem Ausbau der auf der Fläche tun, was der Erbpachtvertrag zulässt, öffentlichen Verkehrsinfrastruktur sein. aber er kann nicht mit dem Boden spekulieren. Der Wertzuwachs des Bodens verbleibt bei der Stadt. Der Um leere Flächen für den Bau bezahlbarer Wohnungen Boden, und damit das städtische Vermögen, wird nicht sowie dringend benötigte öffentliche Infrastruktur wie verzehrt, sondern erhalten. Schulen, Kitas und Stadtteileinrichtungen zu nutzen, soll der Senat konsequent Flächen ankaufen und von Über Erbbauverträge kann die zukünftige Nutzung sehr Vorkaufsrechten Gebrauch machen. Dafür muss auch viel genauer gestaltet werden als mit Verkauf. Wenn es das Instrument des erzwungenen Ankaufs durch Ent- um Wohnungsbau geht, können Mietpreisbindungen eignung angewendet werden. Wohnraum, der aus vorgegeben werden oder die Umwandlung in Eigen- Spekulation auf steigende Immobilienpreise leer steht tumswohnungen ausgeschlossen werden. Die Stadt oder nicht saniert wird, soll enteignet bzw. zwangs- kann tatsächlich steuern, was auf ihren Flächen pas- saniert werden. Wir treten dafür ein, dass Mieter*innen siert – und so auch dafür sorgen, dass die Bevölkerung bei Totalsanierungen ein Bleibe- bzw. Rückkehrrecht mit bezahlbarem Wohnraum versorgt wird. Wir befür- erhalten. Wenn Menschen leerstehenden Wohnraum
8 Kapitel 1: Stadt für alle entwickeln oder Flächen besetzen, unterstützen wir sie dabei, dort Die städtische Wohnungsbaugesellschaft GEWOBA ist bleiben zu dürfen und den Zustand zu legalisieren, wenn von zentraler Bedeutung dafür, guten und bezahlbaren sie das wollen. Wohnraum für die breite Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Unter Rot-Grün wurde die GEWOBA jedoch zu Was mit zentralen Grundstücken passiert, darf nicht von profitorientiert ausgerichtet: Die GEWOBA muss hohe den Profitaussichten und von den Interessen privater Ausschüttungen erwirtschaften, erhöhte durchaus auch Investoren abhängen. die Mieten und unternahm nichts, um wichtige Woh- nungsbestände wie die Grohner Düne, die ehemaligen Bezahlbarer Wohnraum Gagfah-Bestände oder die Schlichtsiedlungen an der durch aktive Mietenpolitik Holsteiner Straße und am Sacksdamm anzukaufen. Im Gegenteil: Es wurden auch in den letzten Jahren immer In den letzten Jahren sind die Mieten in Bremen massiv wieder Wohnungen verkauft. Wenn diese Ausrichtung gestiegen, schneller als im Bundesdurchschnitt. In kei- nicht verändert wird, werden in Zukunft immer weniger nem anderen Bundesland müssen Haushalte einen so der knapp 42 000 GEWOBA-Wohnungen für Haushal- hohen Anteil ihres Einkommens für Wohnen ausgeben. te in Frage kommen, die sich nur eine niedrige Miete Wer seine Wohnung wechseln muss, findet oft keine be- leisten können. zahlbare Alternative mehr in seinem Stadtteil. Günstiger Wohnraum verschwindet; Was neu gebaut wird oder DIE LINKE will, dass der Erfolg der GEWOBA nicht an saniert wird, ist meistens unerschwinglich teuer. hohen Gewinnen und Ausschüttungen, sondern an mög- lichst günstigen Mieten gemessen wird sowie an der Rasant steigende Mieten sind kein Naturgesetz. Es liegt Investition für bezahlbaren Wohnraum über Ankauf und im Interesse der privaten Eigentümer, die Miethöhe zu Neubau. Dafür wollen wir die Gewinnausschüttung der realisieren, die der Markt hergibt – aber es ist die Aufga- GEWOBA an die Aktionäre massiv senken. Es ist wich- be der Stadt, dem entgegenzuwirken, damit Wohnen tig, dass die GEWOBA weiterhin ihre Wohnungen saniert für die breite Bevölkerung bezahlbar bleibt. und auf einem guten Stand hält. Ebenso wichtig ist aber, dass die GEWOBA ein Angebot vorhält, das Mieter*innen Das wichtigste Instrument für bezahlbaren Wohnraum eine günstige Miete sichert. ist, dass ein genügend großer Anteil der Mietwohnun- gen sich in städtischer Hand befindet. Das dämpft Bremen braucht ein kommunales Wohnungsbaupro- auch die Mieten, die von privaten Vermietern verlangt gramm für 5 000 Wohnungen! Die Stadtgemeinde muss werden können. In Wien zum Bespiel gehören 43 Pro- sich direkten Einfluss auf das Agieren der GEWOBA zent aller Wohnungen und 56 Prozent aller Mietwoh- sichern, die einen relevanten Teil des notwendigen nungen kommunalen, gemeinnützigen oder genossen- Neubaus leisten soll. Die Aktiengesellschaft GEWOBA schaftlichen Trägern. Im Land Bremen gilt das lediglich muss wieder zu 100 Prozent in öffentliche Hand. Statt für 16,5 Prozent aller Wohnungen bzw. 27 Prozent aller Gewinne an Anteilseigner abzuführen, müssen poten- Mietwohnungen. zielle Überschüsse für sozialen Wohnungsbau und Quartiersentwicklung eingesetzt werden. Vormalig Das genügt nicht, um entsprechend Einfluss auf den privatisierte kommunale Wohnungen müssen rekommu- Markt zu nehmen. DIE LINKE will, dass dieser Anteil nalisiert, die gesamte städtische Wohnraumversorgung systematisch gesteigert wird: durch eine aktive Neu- muss wieder nach gemeinwohlorientierten Grundsätzen bau- und Ankaufpolitik der öffentlichen Hand und der ausgerichtet werden. städtischen Wohnungsbaugesellschaft GEWOBA und durch die stärkere Förderung von genossenschaftlichen Wohnraumförderung neu aufstellen, Modellen. Kleine Wohnungsbaugenossenschaften und Neubauflächen sozial steuern ähnliche Initiativen mit sozialem Anspruch wollen wir fördern durch eine gezielte städtische Unterstützung Bis in die 90er Jahre gab es in Bremen und Bremerhaven bei der Planung und Umsetzung von Bauvorhaben, mit nicht nur deutlich mehr städtische Wohnungen, sondern einer Anschubfinanzierung und durch die Option, dass zeitweise bis zu 90 000 Sozialwohnungen – also Woh- die Stadt für Vermögenslose die Einlage tätigt. nungen, deren Bau öffentlich gefördert wurde und die für Haushalte mit geringem Einkommen reserviert sind. Vor allem das Viertel, die Neustadt und Walle sind Von den Sozialwohnungen ist kaum etwas übriggeblie- derzeit von »Gentrifizierung« bedroht. Gentrifizierung ben: Heute gibt es nur noch ca. 8 300 Sozialwohnungen bedeutet, dass in besonders attraktiven Stadtteilen in Bremen und Bremerhaven, weil die Verträge ausliefen die bisherige Wohnbevölkerung verdrängt wird: durch und keine neuen dazukamen. schnell steigende Mieten, durch Luxussanierungen, durch die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigen- Seit 2012 hat der Senat vier Wohnraumförderprogram- tumswohnungen. Dagegen fordern wir den Einsatz von me aufgelegt, um neue Sozialwohnungen zu schaffen. sozialen Erhaltungssatzungen (Milieuschutzsat- Wo städtische Flächen verkauft oder neues Baurecht zungen), wie das in anderen Städten längst praktiziert geschaffen wird, sind die Investoren verpflichtet, wird. Wenn die Stadt für ein bestimmtes Gebiet eine 25 Prozent der neuen Wohnungen als Sozialwohnungen soziale Erhaltungssatzung erlässt, dann werden alle zu errichten. Dadurch sind bislang viel zu wenige Sozial- mietpreisrelevanten Maßnahmen von Sanierung, Neu- wohnungen entstanden. Zwischen 2012 und Ende 2017 bau, Umbau, Umnutzung in Eigentumswohnungen oder sind gerade einmal 453 neue Sozialwohnungen geschaf- Abriss genehmigungspflichtig. Luxussanierungen kön- fen worden und davon nur 231 durch die 25-Prozent- nen gestoppt, Neubau und Umbau an Mietpreisbegren- Quote, die der Senat als wesentliches Instrument gegen zungen gekoppelt werden. Werden Immobilien verkauft, die Wohnungsnot ausgibt. hat die Stadt ein Vorkaufsrecht. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass die Bewohner*innen nicht aus ihrem Der Senat betreibt diese Wohnraumförderung ohne Viertel vertrieben werden. Geld; jedenfalls ohne Geld aus dem Haushalt.
Kapitel 1: Stadt für alle entwickeln 9 Die Förderung besteht in verbilligten Krediten für der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und die Investoren; der Zinsnachlass wird finanziert aus Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum Bundesmitteln und aus den Einnahmen durch die oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt vorzeitige Ablösung von früheren Sozialwohnungen. werden.« sollen über ein Jahr leerstehende Gebäude Der Sozialwohnungsbau ist grundsätzlich unterfinan- und Brachflächen ohne anstehenden Baubeginn in städ- ziert: Die Förderung reicht nicht aus, um zusammen tisches Eigentum überführt werden, wozu ein entspre- mit der geforderten Miete von maximal 6,50 Euro pro chendes Gesetz von der Bürgerschaft zu beschließen Quadratmeter die Baukosten zu decken. Die Folge: Alle ist. Die entsprechenden Objekte sollen für den Bau Wohnungen außerhalb der Quote sind entsprechend von städtischem Wohnraum und sozialer Infrastruk- teurer. Der Senat hat keinen Überblick, welche Mieten tur genutzt werden. So kann u. a. Wohnraummangel dort verlangt werden oder wie viele neue Wohnungen entgegengearbeitet und die Bebauung von Grünflächen sofort als Eigentumswohnungen verkauft werden. verhindert werden. Auf diese Weise ist die Sozialwohnungsquote nur ein Trostpflaster für überteuerten Wohnungsbau, Lebendige Innenstadt eine ohnehin nur auf 20 Jahre begrenzte soziale demokratisch entwickeln Zwischennutzung. Die Innenstadt wird ihre Funktion in Zukunft verändern. DIE LINKE will das System der Wohnraumförderung Durch die Digitalisierung des Handels wird weniger Ver- neu aufstellen. Wenn der Boden nicht verkauft, son- kaufsfläche benötigt. Dadurch wird Raum frei, der für dern im Erbbaurecht vergeben wird (wie oben ausge- Wohnen, Kultur, vielfältiges Gewerbe und öffentliches führt), senkt das die Baukosten, und es wird gleichzeitig Leben genutzt werden kann, von dem eine lebendige möglich, entsprechende Mietpreisbindungen im Vertrag Innenstadt getragen wird. Das ist eine Chance, die festzuschreiben. Neubauflächen sollen überwiegend genutzt werden sollte. für bezahlbares Wohnen genutzt werden: mindestens 30 Prozent für Sozialwohnungen, die aber höher geför- Leider wird diese Chance derzeit vergeben, indem auch dert werden müssen; mindestens 20 Prozent für Ge- die Entwicklung der Innenstadt privaten Investoren nossenschaften und Baugemeinschaften; ein weiterer überlassen wird. Diese bauen profitorientiert aus- Anteil für mietpreisgebundene Wohnungen oberhalb schließlich für zahlungskräftige Zielgruppen und der Sozialwohnungs-Miete; für 20 Jahre keine Um- privatisieren den öffentlichen Raum. DIE LINKE wandlung in Eigentumswohnungen. Die Sozialbindung möchte, dass diese Fehlentwicklung gestoppt wird. muss deutlich verlängert werden, auf mindestens 40 In die zukünftige Innenstadt gehören soziales und stu- Jahre. Auf städtischen Flächen soll eine »Bremer Miet- dentisches Wohnen, kulturelle und wissenschaftliche preisbremse« gelten (max. 90 Prozent der örtlichen Einrichtungen, kleine inhabergeführte Läden und Vergleichsmiete). Gewerbebetriebe und vor allem viel Platz für freien Aufenthalt ohne Konsumzwang, mit Sitz- und Aufent- Selbstgenutztes Wohneigentum ist seit jeher eine haltsmöglichkeiten für alle, mit öffentlichen Toiletten wichtige Form der Vermögensbildung und der Alters- und kostenfreier Trinkwasserversorgung. Das geht nur, sicherung für diejenigen, die ihr Einkommen nicht aus wenn ein hinreichender Teil der Flächen und Gebäude Kapital, sondern aus Lohnarbeit erzielen. Dies ist auch in öffentlicher Hand behalten und entsprechend im Erbpacht-Modell möglich. Wir befürworten, dass der gestaltet wird. Erwerb von Wohneigentum für Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen gefördert wird, aber vorzugs- Nebenzentren stärken und weise für den Erwerb von bestehenden Wohnungen und benachteiligte Stadtteile aufwerten Häusern – nicht als weitere Quersubventionierung für die Neubau-Investoren. Auch in nicht innenstadtnahen Stadtteilen muss die Lebensqualität gesteigert werden. Dazu gehört Wohnraum fehlt dringend auch für diejenigen, die eine ausgewogene Einzelhandelsstrategie und ein von Wohnungslosigkeit bedroht oder betroffen sind. durchdachtes Wochenmarktkonzept unter Berück- Notwendig sind Wohnungskontingente im öffentlichen sichtigung der jeweiligen Bevölkerungszusammen- Besitz, die dafür reserviert sind. Die Unterbringung in setzung. Quartiere brauchen Aufenthaltsqualität Pensionen und Billig-Hotels ist keine Lösung. Darüber durch öffentliche Plätze, Bürgerhäuser, Familien- hinaus wollen wir, dass auf größeren Neubauflächen und Quartiersbildungszentren und die Förderung auch Wohnungen für sogenanntes »einfaches Wohnen« von kulturellen Einrichtungen und Begegnungsstätten. vorgesehen werden bzw. Bestandswohnungen im städ- Perspektivisch sollen zudem in benachteiligten tischen Besitz dafür vorgehalten werden. Damit auch Stadtteilen Sozialzentren entstehen, in denen diejenigen selbständig wohnen können, für die Groß- ein dezentraler Bürgerservice, eine umfassende wohnanlagen nicht das Richtige sind oder die lieber Gesundheitsversorgung und Beratungsstellen ver- auf Wohnkomfort verzichten, wenn sie die Miete selbst bindlich zur Verfügung stehen. Stadtteilbezogene Sport- bezahlen können. angebote und die lokalen Sportvereine brauchen eine auskömmliche öffentliche Finanzierung. Vermüllte Leerstand und Brachflächen Straßenzüge sind häufig Ausdruck ausbeuterischer in städtisches Eigentum überführen Mietverhältnisse und rechtswidriger Überbelegung durch die Vermieter. Gegen dieses Phänomen wollen In Anlehnung an Art. 14 Abs. 2 GG »Eigentum verpflich- wir mit notwendigen Anpassungen der Orts-gesetze tet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allge- und stärkeren Kontrollen vorgehen. Spielhallen und meinheit dienen.« und Abs. 3 S. 1 »Eine Enteignung ist Wettbüros sind in vielen Stadtteilen ein zunehmendes nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig.« in Ver- Problem; wir wollen die Mindestabstände vergrößern bindung mit Art. 15 S. 1 GG »Grund und Boden, Natur- und über das Baurecht entsprechende Einrichtungen schätze und Produktionsmittel können zum Zwecke stärker beschränken.
10 Kapitel 1: Stadt für alle entwickeln Anders bauen und sanieren: sozial, ökologisch, Stadtteilen die Mehrheit der Kinder nicht Deutsch als vielfältig und nicht mehr so hässlich Familiensprache erlernt, fällt den Kitas eine besondere Bedeutung zu. Deshalb muss der Kita-Ausbau in Bre- Es müssen nicht noch mehr einfallslose Würfel gebaut men und Bremerhaven weiter vorangetrieben werden. werden, um zu beweisen: Profitorientierte Investoren Für den Skandal der letzten Jahre, als in Bremerhaven schaffen weder interessante Architektur noch lebendi- 400 Kinder und in Bremen bis zu 1 700 Kinder keinen ge Quartiere, noch Wohnanlagen, die auf ein soziales Kita-Platz bekamen, ist der Senat verantwortlich, weil Miteinander und beste ökologische Standards ausge- er über Jahre auf der Bremse stand beim U3-Ausbau. legt sind. Die Investoren-Architektur baut große, op- Die vielen Kinder und Eltern, die keinen Krippenplatz tisch anspruchslose Quader mit maximierter Nutzfläche bekamen, haben für die Haushaltssanierung des Senats und langweiligen Grundrissen und nennt das »markant«. bezahlt. Ganze Stadtteile wurden bei der U3-Versor- Daran ändern auch Architektenwettbewerbe wenig, gung abgehängt. Im Jahr 2017, vier Jahre nach Inkraft- wenn fast alle Entscheidungen vom Investor bereits treten des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz vorgegeben sind. ab dem ersten Geburtstag eines Kindes, klaffte die U3-Versorgung je nach Stadtteil extrem auseinander: Stattdessen ist Folgendes umzusetzen: Die Stadt muss In Gröpelingen beispielsweise gab es für 19 Prozent der einen Planungsprozess unter Beteiligung von Beirat unter 3-jährigen Kinder einen Krippenplatz, in Horn- und Stadtteil durchführen und auf dieser Grundlage Lehe für 54 Prozent der Kinder. jemanden suchen, der die Ergebnisse ausführt. Sie muss zusätzliche ökologische Förderprogramme aufle- Inzwischen hat sich diese Kluft zwischen den Stadttei- gen, die Dachbegrünungen, eine ökologische Energie- len bei der Krippenversorgung durch die Mobilbauten versorgung, Regenwassernutzung, Holzbauweisen etc. in Containern etwas geschlossen, von ausreichenden gezielt fördern. Damit die vielfältigen Haushalte und und dauerhaften Lösungen kann aber noch lange nicht unterschiedlichen Gewerbebetriebe eine für sie richtige die Rede sein. Noch immer fehlen hunderte Plätze, vor Bleibe finden, muss auf unterschiedliche, flexible allem Kinder und Eltern aus Stadtteilen mit niedrigem Grundrisse ebenso geachtet werden wie auf Begeg- Durchschnittseinkommen finden keine Kita-Plätze: Blu- nungsräume und das Entstehen lebendiger Straßenzü- menthal, Osterholz, Hemelingen, Burglesum, Vegesack ge. Die kleinen Grünflächen, Spielplätze und Innenhöfe oder Vahr wurden auch beim Kita-Ausbau benachteiligt. sind wichtiger als beeindruckende, aber häufig nutz- lose Großanlagen. Die Stadt muss eine Strategie des Mit diesem sozial ungerechten Ausbau muss Schluss ressourcenschonenden, alltags- und frauengerechten sein – alle Kinder und Eltern haben das Recht auf Planens und Bauens entwickeln und die Planung nicht einen Kita-Platz. Wir wollen das Ausbauprogramm an Katalogbildern orientieren, sondern an bestehenden fortschreiben und bis zum Jahr 2025 eine U3-Versor- funktionierenden Quartieren. Gendergerechte Stadt- gung von 60 Prozent erreichen – in allen Stadtteilen. entwicklung achtet auf eine ganzheitliche Infrastruktur, Der Kita-Ausbau darf nicht knapp auf Kante genäht auf kurze Wege, eine gute Verkehrsanbindung, Nahver- sein, auch um die unterjährige Aufnahme von Kindern sorgung, Bildungseinrichtungen, Überschaubarkeit und zu ermöglichen, wenn sie ein Jahr alt werden und der Aufenthaltsqualität, damit nachbarschaftliches Mitein- Rechtsanspruch greift. Die Familienplanung richtet ander entstehen kann und bewahrt bleibt. sich schließlich nicht nach dem Kita-Jahr. Wir wollen Einrichtungen mit Platz für Differenzierung, Bewegungs- Interessante Architektur und lebendige Viertel angebote, Ruheräume, Eltern-Cafés, Vätergruppen etc., entstehen vor allem dann, wenn vorhandene Gebäude um die Kitas zu Kinder- und Familienzentren weiter- und räumliche Situationen kreativ genutzt und von zuentwickeln. vielfältigen sozialen Gruppen angeeignet werden. Der Umnutzung und Sanierung vorhandener Gebäude ist Wir wollen eine gerechte Kita-Versorgung in allen Stadt- daher der Vorzug vor Abriss und Neubau zu geben. teilen, dazu gehört auch, den Rechtsanspruch auszu- Urbanität entsteht, indem Vorhandenes anders genutzt weiten. Bisher haben unter 3-jährige Kinder nur einen und Neues in bestehende Strukturen eingepasst wird – Anspruch auf vier Stunden Betreuung pro Tag, wenn nicht mit der Abrissbirne. die Eltern keine Berufstätigkeit oder Ausbildung nach- weisen können. Das wollen wir ändern, wir wollen für In den vergangenen Jahren haben sich Bürger*innen alle Kinder einen Mindestanspruch von sechs Betreu- bei verschiedenen städtebaulichen Projekten im Sinne ungsstunden pro Tag. Wir wollen einen Rechtsanspruch einer Gemeinwohlorientierung eingebracht. Die von auch für Grundschulkinderbetreuung, wohnortnahe den jeweiligen senatorischen Behörden zugesagte Versorgung und durchgängige Einrichtungen. Das Bürgerbeteiligung entpuppte sich jedoch häufig als bedeutet: Alle neuen Einrichtungen sollen Angebote Farce, letztendlich wurden in der Regel die Interessen für unter 3-Jährige, 3- bis 6-Jährige und bei Bedarf für von Bauverwaltung und Investoren berücksichtigt. Grundschulkinder vorhalten. Die Horte müssen bedarfs- Wir fordern deshalb eine transparente und verbindliche gerecht ausgebaut und erhalten bleiben. Solange Ganz- Bürgerbeteiligung bei der Stadtteilentwicklung. tagsschulen in der Nachmittagsbetreuung nicht den gleichen qualitativen Anforderungen unterliegen wie Kitas endlich für alle die Horte, sollten diese bestehen bleiben. Bis zum Jahr 2025 soll in allen Bestandseinrichtungen Durchgängig- Krippen und Kindergärten sind Orte des sozialen Ler- keit erreicht sein. nens. Sie können zum Abbau sozialer Ungleichheit bei- tragen und dem gesellschaftlichen Ausschluss entge- Wir wollen ein Sanierungsprogramm für die Bestandsge- genwirken, den viele Kinder erleben müssen. In Zeiten, bäude und Neubau, zunehmend auch durch die öffentli- wo in unserem Bundesland jedes dritte Kind in Armut che Hand. In Bremen wurde der Ausbau zuletzt ver- aufwachsen muss, wo Kinderreichtum leider allzu oft stärkt privaten Investoren überlassen. Das reicht bis hin einhergeht mit Einkommensarmut und wo in einigen zur Trägervergabe an Kita-Ketten, die zu ausländischen
Kapitel 1: Stadt für alle entwickeln 11 Aktienkonzernen gehören, und zum Flächenverkauf festschreiben und uns mittelfristig für kleinere Elemen- an Bauinvestoren, die auch große Kaufhausketten targruppen von 15 Kindern einsetzen, insbesondere in besitzen. Einer solchen Kommerzialisierung der Kita- sozial benachteiligten Stadtgebieten. Die Vergrößerung Landschaft in Bremen stellen wir uns entschieden der Elementargruppen auf 21 oder 22 Kinder, die in entgegen! Die Trägervergabe soll in einem Dreiklang dieser Legislaturperiode gesetzlich ermöglicht wurde, kommunaler Träger, lokaler gemeinnütziger Träger und haben wir immer abgelehnt und tun das auch weiterhin. Elternvereine stattfinden. Die Freien Träger und Eltern- Entsprechend wollen wir die Änderung der Richtlinie vereine sollen bedarfsdeckend finanziert werden. wieder rückgängig machen ebenso wie die Aufnahme Für einen angemessenen Anteil der Stadt am Kita-Aus- von zweieinhalbjährigen Kindern in die Elementargrup- bau wollen wir eine Personalverstärkung bei Immobilien pen. Dafür braucht es weiterhin einen massiven U3- Bremen mit dem Ziel, dass jede zweite Neubau-Kita Ausbau und eine Personaloffensive. in öffentlicher Hand gebaut wird. So behält die Stadt eigene Flächen und Gebäude und damit verbundene Wir wollen jenseits der Mindestausstattung verläss- Gestaltungsspielräume. lich Zusatzpersonal für Kitas in Gebieten mit hohem Kinderarmuts-, Migrations- und Sprachförderanteil. Ein-Eltern-Familien haben einen höheren Bedarf an Die bisherige Regelung der sozialindikatorgebundenen Unterstützung bei der Kindererziehung und Sorgearbeit. Ausstattung für Kitas ist zwischen 2010 und 2018 nicht Deshalb fordern wir, dass Alleinerziehende den Betreu- angepasst worden, neu eröffnete Kitas in benachteilig- ungsumfang bewilligt bekommen, den sie als Bedarf ten Stadtteilen haben in den vergangenen zehn Jahren anmelden. Das bedeutet, dass sie einen Vollzeitplatz keine Zusatzressourcen erhalten. Der nun geplante Ein- bekommen können, auch ohne in Vollzeit berufstätig satz von Sozialpädagog*innen in einigen Einrichtungen zu sein. Wir wollen zudem, dass bei der Vergabe von ist ein guter Anfang, der aber längst nicht reicht, um die Kita-Plätzen, wenn es mehr Anmeldungen als Plätze in Bedarfe zu decken. Wir wollen daher eine verbindliche einer Kita gibt, »alleinerziehend« als Kriterium für die Zusatzausstattung von einer Stelle in jeder einzelnen Aufnahme eines Kindes berücksichtigt wird. Das ist Gruppe in Stadtteilen mit hoher Armutsbetroffenheit, notwendig, weil Ein-Eltern-Familien eben nicht auf ein Sprach- und sonstigen Förderbedarfen, die automatisch zweites Elternteil zählen können. Dafür wollen wir das an die Entwicklung in den Stadtteilen angepasst wird. Aufnahmeortsgesetz ändern. Damit Alleinerziehende z. B. einer Erwerbstätigkeit nachgehen können, müssen Der zusätzliche Einsatz von Personal in benachteiligten ausreichend Betreuungsangebote vorhanden sein, die Stadtteilen stärkt auch die Möglichkeiten der Sprach- auch in Tagesrandzeiten eine Kinderbetreuung gewähr- förderung: Die alltagsintegrierte Sprachförderung funk- leisten. Wir setzen uns daher für eine Ankereinrichtung tioniert gut über gezielte Projekte wie Kochgruppen, pro Stadtteil ein, die bedarfsgerechte Betreuungsplätze Kunst und andere Aktivitäten, dafür braucht es aber das speziell für Alleinerziehende und Eltern, die irreguläre notwendige Personal. Die Sprachstanderhebung wollen Arbeitszeiten haben, anbietet. Für Schichtarbeiter*innen wir früher durchführen und anders gestalten. Der CITO- wollen wir außerdem die Kindertagespflege im Haus- Test, den Kinder derzeit in einem Alter von viereinhalb halt der Sorgeberechtigten so ausgestalten, dass sie bis fünf durchlaufen, ist zu spät und testet nur den bereits ab einem Kind existenzsichernd für die Tages- passiven Wortschatz. Nicht nur das Verstehen, sondern pflegeperson ist, und insbesondere alleinerziehenden auch die Anwendung der Sprache ist wichtig für die Schichtarbeiter*innen damit eine passgenauere Unter- Verständigung und den Schuleintritt, daher wollen wir stützung gewähren. früher den Sprachstand der Kinder erheben und ein anderes Testverfahren einführen. Wir wollen prüfen, ob In die Zukunft investieren – die additive Sprachförderung nach der Sprachstander- Kita-Qualität verbessern hebung ausgeweitet werden muss. Wir wollen uns dafür einsetzen, dass Erzieher*innen, die eine Weiterbildung Ein früher Eintritt in die Kindertagesbetreuung fördert zur Sprachförderkraft machen, für diese Zusatzqualifi- die ganzheitliche Entwicklung des Kindes und verbes- kation auch zusätzlich vergütet werden. sert nachgewiesenermaßen die späteren Bildungschan- cen eines Kindes. Dieser positive Einfluss von Kinderta- In den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der Kinder geseinrichtungen hängt allerdings stark von der Qualität mit anerkanntem Förderbedarf in der Stadtgemeinde der Betreuung und damit vom Betreuungsschlüssel Bremen verdoppelt, von rund 750 auf 1 500. Hinzu kom- sowie der pädagogischen, räumlichen und strukturellen men noch die Kinder, deren Förderbedarfe noch nicht Ausstattung der Einrichtung ab. festgestellt wurden. Der Senat hat die Zusatzausstat- tung für Kinder mit Förderbedarf erhöht, sie ist jedoch DIE LINKE will deshalb die Einführung von besseren immer noch nicht bedarfsdeckend. Auch hier wollen Fachkraft-Kind-Relationen in allen Altersstufen. wir eine automatisch an die Bedarfe angepasste und Vor drei Jahren wurde die Möglichkeit geschaffen, die bedarfsdeckende Zusatzausstattung für die Kita-Grup- Gruppengröße im U3-Bereich auf bis zu zehn Kinder pen, in denen Förderkinder sind. Wir wollen eine Quali- zu erweitern. Wir wollen diese Maßnahme rückgängig fizierungsoffensive für Assistenzen und Fachkräfte, um machen. Die gesetzliche Mindestausstattung für Ele- Kinder mit körperlichem, geistigem oder seelischem mentargruppen mit 3- bis 6-jährigen Kindern in Bremen Förderbedarf gezielt fördern zu können. sieht eine Fachkraft für 20 Kinder vor. Der Übergang von der derzeitigen Betreuungsrelation von 1:5 in der Gute Arbeitsbedingungen und Krippe zu 1:20 in Elementargruppen stellt einen Bruch Beitragsfreiheit in Bremer Kitas und Horten für die Kinder dar, er ist pädagogisch auch nicht vertret- bar und für die Erzieher*innen eine Zumutung. Gute Kita-Qualität steht und fällt mit den Erzieher*innen, Ausbau und Qualitätsverbesserungen sind nicht mach- Wir wollen die Mindestausstattung in Elementar- bar ohne ausreichendes und gut qualifiziertes Personal. gruppen daher auf zwei Erzieher*innen für 20 Kinder Wir wollen die Attraktivität der Erzieher*innen-
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