Werbung kann auch vorliegen, wenn nicht Werbung draufsteht - und bei Glücksspiel ist es ebenso!
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RECHT RECHT Werbung kann auch vorliegen, wenn nicht Werbung draufsteht – und bei Glücksspiel ist es ebenso! SIGMAR ROLL Der 7. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hat im vorliegenden Fall im Eilverfahren bestätigt, dass die zuständige Lan- desmedienanstalt zu Recht die Ausgestaltung eines Sponsorenhinweises als unzulässige Werbung für Glücksspiel untersagt hatte (Beschluss vom 20.08.2020, Az. 7 CS 20.356). * Leitsätze des Bearbeiters A erhob gegen diesen Bescheid Klage, Teilnahme am Glücksspiel zu schaffen 1. Glücksspielveranstalter dürfen als über die zum Zeitpunkt des vorliegen- und unterfalle damit dem Werbebe- Sponsor einer Fernsehsendung den Eilverfahrens noch nicht entschie- griff, der § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV 2012 auftreten. den war. Dagegen war der gleichzeitig zugrunde liege. Seine Ausstrahlung sei 2. Nach dem Rundfunkrecht ist ein gestellte Eilantrag der A auf Wieder- daher als von der sofort vollziehbaren Hinweis auf den Sponsor erforder- herstellung der aufschiebenden Wir- Anordnung der M erfasste Handlung lich. kung im Hinblick auf die gegen den untersagt. 3. Die Gestaltung dieses Hinweises Bescheid erhobene Klage sowohl durch Gegen diesen Beschluss wendet sich darf nicht zur Teilnahme am das Verwaltungsgericht (VG) als auch die A mit ihrer Beschwerde. Sie bringt Glücksspiel bzw. Wetten auffordern durch den Bayerischen Verwaltungsge- u.a. vor, der Sponsor verwende den oder anreizen. richtshof (VGH) als Beschwerdeinstanz Slogan für seine Imagepflege und sei abgelehnt worden. damit bereits mehrfach in Erscheinung Mit Bescheid vom 04.10.2019 droh- getreten. Auch bleibe die Bezeichnung Sachverhalt te die M der A für den Fall, dass sie »Rekordlotterie« deutlich hinter der re- weiterhin oder erneut Werbung für das gelmäßigen »Jackpot-Werbung« zurück, Die A ist ein privater Rundfunkanbieter Angebot https://X... in ihrem Programm die wegen des umfassenden Werbever- und verbreitet bundesweit das Fernseh- verbreite, ein Zwangsgeld in Höhe von bots des § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV 2012 programm »S«. 10.000 Euro an. Auch hiergegen erhob ebenfalls nicht zulässig sein dürfte. Dabei erfolgte ein Sponsoring durch die A Klage und beantragte einstwei- Auch die Ziehung der Lottozahlen, einen Online-Glücksspielanbieter X. ligen Rechtsschutz. Das VG lehnte mit die mit einer Bekanntgabe der Gewin- Im Zusammenhang mit der Sendung Beschluss vom 27.01.2020 (Az. M 17 S ne verbunden sei, sei geeignet, zum wurde auf den Sponsor unter Nennung 19.5092) den Antrag auf Anordnung Glücksspiel anzureizen. der Website https://X... und des Slogans der aufschiebenden Wirkung ab. Zur »Die Rekordlotterie aus den USA« hin- Begründung führte es aus, entgegen der gewiesen. Die für A als Aufsicht zustän- Auffassung der A beinhalte der streit- dige Landesmedienanstalt M stellte mit gegenständliche Sponsorhinweis auch Argumentation des Gerichts Bescheid vom 17.07.2018 in Ziffer 1) unzulässige Werbung für öffentliches fest, dass die A durch die Ausstrahlung Glücksspiel im Fernsehen im Sinne des II. (…) Vielmehr ist nach der im Ver- von Werbung in mindestens 17 Fällen § 5 Abs. 3 Satz 1 Glücksspielstaatsver- fahren des vorläufigen Rechtsschut- gegen das Verbot verstoßen habe, im trag (GlüStV 2012). Denn der zusätzlich zes allein möglichen summarischen Fernsehen für öffentliches Glücksspiel zur Nennung des Namens des Sponsors Überprüfung der Sach- und Rechtslage zu werben, und missbilligte dies. In gesendete Hinweis auf die »Rekordlot- davon auszugehen, dass die Klage auf Ziffer 2) des Bescheids wurde der A die terie aus den USA Powerball, spielbar Aufhebung der Zwangsgeldandrohung Ausstrahlung dieser Werbung in ihrem bei ...« gehe über einen Sponsorhinweis Programm untersagt und in Ziffer 3) nach dem damals geltenden § 8 Rund- wurde die sofortige Vollziehung der funkstaatsvertrag (RStV) hinaus. Er sei * voller Wortlaut dieser Entscheidung siehe Verfügungen unter Nr. 1 und 2 ange- objektiv geeignet, bei einem noch nicht www.bag-jugendschutz.de/recht_rechtsprechung_ ordnet. motivierten Zuschauer einen Anreiz zur jugendschutz.html 120 3/2021
RECHT voraussichtlich keinen Erfolg haben Der nach § 8 Abs. 1 RStV [jetzt § 10 Abs. Der Rückgriff auf den eigenen wird. Deshalb muss die Interessenab- 1 Medienstaatsvertrag – MStV] vorge- Werbebegriff ist erforderlich, um nicht wägung im Eilverfahren zum Nachteil schriebene Hinweis auf die Finanzie- wegen der getrennten Vorschriften für der A ausfallen. rung durch den Sponsor dient zugleich Werbung und Sponsoring in § 7 und § 8 1. (…) Denn die A hat in ihrer Beschwer- der Selbstdarstellung des Sponsors und RStV – jetzt § 8 und 10 MStV – eine am deschrift keine Gründe gegen die Recht- der Transparenz der in die Produktion Sinn und Zweck der staatsvertraglichen mäßigkeit des Grundverwaltungsakts bzw. Sendung einfließenden Unterstüt- Regelungen des GlüStV orientierte dargelegt, sondern ausgeführt, dass zungsleistungen (…). Die gesetzliche Auslegung von vornherein auszuschlie- es vorliegend nicht streitentscheidend Regelung in § 8 Abs. 1 RStV nimmt zwar ßen. auf dessen Rechtmäßigkeit ankomme. werbliche Wirkungen des Sponsorhin- Entscheidend sei vielmehr, dass in Nr. 2 weises in Kauf und erhebt das Ziel der Dies erschließt sich auch daraus, dass des Bescheids vom 17.07.2018 »nur« Förderung eigener geschäftlicher Belan- § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV [2012] nicht auf Fernsehwerbung und nicht Sponsoring ge des Sponsors zum Gesetzeszweck; die rundfunkrechtliche Legaldefinition untersagt worden sei und daher die A Sponsoring hat jedoch der Selbstdar- von Werbung in § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV nicht gegen die Untersagungsverfügung stellung durch Programmförderung zu verweist, zu der beispielsweise auch verstoßen habe. Alleine aus diesem dienen und auf konkrete Transaktions- nicht die nach § 7 Abs. 7 Satz 1 RStV Grund sei die streitgegenständliche und Konsumanreize zu verzichten verbotene Schleichwerbung (§ 2 Abs. 2 Androhung des Zwangsgelds rechts- (vgl. § 8 Abs. 3 RStV [jetzt § 10 Abs. 3 Nr. 8 RStV), das Teleshopping (§ 2 Abs. widrig, ungeachtet der Rechtmäßigkeit MStV]; …). Die Grenzlinie zwischen der 2 Nr. 10 RStV) und die in § 2 Abs. 2 der zugrundeliegenden Untersagungs- Selbstdarstellung und Konsumanreizen Nr. 11 definierte Produktplatzierung verfügung. ist durch die gesetzliche Zulassung gehört, auch wenn all diese Erschei- 2. Das Beschwerdevorbringen vermag einer Produktdarstellung in bewegten nungsformen in § 7 RStV genannt der Beschwerde nicht zum Erfolg zu Bildern weniger trennscharf ausgestal- werden (…). verhelfen. (…) tet worden, zumal sog. imageprägende Das VG ist zu Recht davon ausgegan- Slogans seit dem 13. Rundfunkände- Zwar unterfallen seit der Neuregelung gen, dass der von der A verwendete rungsstaatsvertrag (RÄStV) rundfunk- des § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV [2012] Hinweis auf die »Rekordlotterie aus den rechtlich nicht mehr grundsätzlich Sponsorhinweise im Sinne des § 8 RStV USA Powerball, spielbar bei ...« von ausgeschlossen sind, da der Hinweis- somit nicht mehr »per se« dem Wer- dem in Nr. 2 des Bescheids der M vom pflicht auch mit der Einblendung eines beverbot für öffentliches Glücksspiel 17.07.2018 enthaltenen Verbot erfasst entsprechenden unterscheidungskräfti- im Fernsehen, im Internet sowie über ist. (…) gen Zeichens genügt werden kann (vgl. Telekommunikationsanlagen, aber Das Sponsoring von Sendungen § 8 Abs. 1 Satz 2 RStV [jetzt § 10 Abs. 1 weiterhin immer dann, wenn sie – wie ist (…) die zum Zwecke der Eigendar- Satz 2 MStV]). andere Werbeformen – zum Wetten stellung bzw. Förderung des eigenen auffordern oder anreizen (…). Nach Images geleistete Unterstützung von Auch wenn Sponsoring nicht mehr alledem ist mithin trotz der geänderten Rundfunksendungen. vom Werbebegriff des § 5 Abs. 3 Satz 1 Rechtslage unabhängig von der Frage GlüStV [2012] umfasst ist, da – anders der rundfunkrechtlichen Zulässigkeit Sponsoring umfasst nach der als noch im Glückspielstaatsvertrag eines Sponsorhinweises anhand des Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 9 RStV 2008 – die Vorschrift nicht länger auf glücksspielrechtlichen Werbebegriffs jeden Beitrag einer natürlichen oder § 8 RStV (Sponsoring), sondern nur im Einzelfall zu prüfen, ob dieser juristischen Person oder Personenver- noch auf § 7 RStV (Werbung) verweist, wegen seiner konkreten Ausgestaltung einigung, die an Rundfunktätigkeiten folgt daraus für den in § 5 Abs. 3 GlüStV unzulässige Werbung im Sinne des § 5 oder an der Produktion audiovisueller [2012] normierten Werbebegriff aber Abs. 3 Satz 1 GlüStV [2012] darstellt. Werke nicht beteiligt ist, zur direkten kein grundsätzlich geändertes Begriffs- oder indirekten Finanzierung einer verständnis (…). Vielmehr ist davon Die Einzelfallprüfung erfolgt zu- Sendung, um den Namen, die Marke, auszugehen, dass weiterhin aufgrund sätzlich vor dem Hintergrund, dass das Erscheinungsbild der Person oder der ordnungsrechtlichen Zielsetzung generell eine Grenzziehung zwischen Personenvereinigung, ihre Tätigkeit des Staatsvertrags das Glücksspiel- zulässiger und unzulässiger Werbung oder ihre Leistung zu fördern. Die jetzt recht einen eigenen Werbebegriff schwierig ist, weil es von Beeinflussung geltende Definition des § 2 Abs. 2 Nr. 10 verwendet, der weiter zu bemessen hin zu Manipulation nur ein ganz klei- MStV ist inhaltlich gleich, aber im ist als der in dem von der Rundfunk- ner Schritt ist. Anwendungsbereich auf rundfunkähn- freiheit geprägten Rundfunkrecht, das liche Telemedien und Video-Sharing Werbung als (Haupt-)Bestandteil der Dies ist vorliegend zu bejahen. Das erweitert. Finanzierungsgrundlagen des privaten VG hat zutreffend anhand des in § 5 Rundfunks reguliert (…). Abs. 3 Satz 1 GlüStV [2012] geltenden Werbebegriffs (...) festgestellt, dass 3/2021 121
RECHT der über die Nennung des Namens setzungen für eine wirksame Suchtbe- des Sponsors hinausgehende Hinweis Anmerkung kämpfung zu schaffen, auf die »Rekordlotterie aus den USA 2. durch ein begrenztes, eine geeignete Al- Powerball, spielbar bei ...« geeignet ist, Zu der vorliegenden Entscheidung ist ternative zum nicht erlaubten Glücksspiel eine Anreizwirkung zu entfalten und darauf hinzuweisen, dass sich zwischen- darstellendes Glücksspielangebot den damit als unzulässige Werbung zu zeitlich fast alle Vorschriften und auch die natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung qualifizieren ist. Gesamtsituation verändert haben. Der in geordnete und überwachte Bahnen zu Rundfunkstaatsvertrag ist seit 07.11.2020 lenken sowie der Entwicklung und Aus- Unzulässige Werbung, die sich vom Medienstaatsvertrag abgelöst worden breitung von unerlaubten Glücksspielen in nach § 5 GlüStV 2012 bzw. 2021 und damit ist auch der Regelungsbereich Schwarzmärkten entgegenzuwirken, bestimmt, ist von den zuständigen breiter geworden. Der Glücksspielstaats- 3. den Jugend- und den Spielerschutz zu Aufsichtsbehörden zu unterbinden. vertrag 2012 wird zum Juli 2021 durch gewährleisten, Dabei hat gegenüber dem privaten eine völlig geänderte Neufassung ersetzt, 4. sicherzustellen, dass Glücksspiele Fernsehanbieter die zuständige Lan- die wesentlich kleinteiligere Regelungen ordnungsgemäß durchgeführt, die Spieler desmedienanstalt als Aufsichtsbehörde enthält. Zentral dabei ist die Legalisierung vor betrügerischen Machenschaften ge- tätig zu werden; dies ist unabhängig von Online-Glücksspiel im Zuge eines schützt, die mit Glücksspielen verbundene von einem möglichen Vorgehen der Lizensierungsverfahrens, was die in der Folge- und Begleitkriminalität abgewehrt Glücksspielaufsicht gegen den Glücks- Vergangenheit vorgenommenen Duldun- werden, und spielanbieter. gen ersetzen soll und damit gleichzeitig 5. Gefahren für die Integrität des sportli- Regulierung und Abgrenzung zu unzulässi- chen Wettbewerbs beim Veranstalten und Dass der Sponsor möglicherweise rund- gem Glücksspiel ermöglichen soll. Vorteil Vermitteln von Sportwetten vorzubeugen. funkrechtlich zulässig den Begriff zur ist sicher die Einheitlichkeit der Regelung, Hinzu kommen als Motive Wettbewerbs- Imagepflege einsetzt, ändert nichts an so dass zukünftig z. B. Probleme bzgl. bun- schutz und eigene fiskalische Interessen. der Qualifizierung dieses Hinweises als desweiter Werbung für nur in Schleswig- Werbung im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz Holstein zugelassene Angebote (vgl. OLG Der Minderjährigenschutz ist ausdrücklich 1 GlüStV [2012]. Ebenso zutreffend hat Köln, Urteil vom 30.10.2020, Az. I-6 U durch das allgemeine Teilnahmeverbot das VG ausgeführt, dass die Bezugnah- 47/20) wohl der Vergangenheit angehö- in § 4 Abs. 3 Satz 2 GlüStV 2021 geregelt. me der A auf die regelmäßige »Jackpot- ren (s.a. Dr. Jörg Ukrow in: ZfWG 2/2021, Inhaltlich wird durch die Sonderregelung Werbung« als Beleg dafür, dass die von S. 164-174); europäische Unterschiede für Volksfeste u.ä. in § 4 Abs. 3 Satz 4 ihr verwendete Bezeichnung »Rekord- bleiben aber (zur Neuregelung kritisch GlüStV 2021 die Harmonisierung zu § 6 lotterie« hinter dieser deutlich zurück- Tonia Koch in: www.deutschlandfunk.de/ JuSchG hergestellt. Als weitere Ausnahme bleibe, insofern nicht durchgreifend neuer-gluecksspielstaatsvertrag-das-rin dürfen Jugendliche an Gewinnspielen im sei, da es sich beim staatlichen Lotto gen-um-einen.724.de.html?dram:article_ Fernsehen unter bestimmten Vorausset- um legales Glücksspiel handele, id=496226). zungen bereits ab 14 Jahren teilnehmen, das vom umfassenden Werbeverbot weil § 11 MStV dies im Zusammenspiel mit des § 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV [2012] von Dennoch bleibt einiges aus der Entschei- § 2 Abs. 11 GlüStV 2021 zulässt. Grundla- vornherein nicht umfasst sei. dung auch zukünftig bedeutsam: Sowohl ge hierfür ist die am 15.04.2021 in Kraft die Medienaufsicht als auch die Glücks- getretene »Satzung zur Durchführung Die hier erfolgte Abgrenzung zu spielaufsicht sind für ihren je eigenen der Gewinnspielvorschriften des Medien- legalem Glücksspiel bleibt eher unver- Bereich mit derartigen Angeboten befasst. staatsvertrages« (Gewinnspielsatzung ständlich: Die Regelung in § 5 Abs. 3 Die Beachtung der Vorschriften soll durch – GSS). Betroffen sind nur private – nicht GlüStV 2012 gilt ja gerade für legale aufsichtliche Maßnahmen sichergestellt öffentlich-rechtliche – Anbieter (§ 1 GSS). Angebote; Werbung für unerlaubte werden. Die Vorschriften sind komplex Abgrenzende Regelungen gibt es für ganze Glücksspiele ist in § 5 Abs. 5 GlüStV und kompliziert, was eine Einzelfall- Gewinnspielsendungen einerseits (§ 3 2012 generell verboten – § 5 Abs. 7 betrachtung erfordert und gleichwohl Abs. 1 Satz 1 iVm § 2 Abs. 1 Nr. 2 GSS) GlüStV 2021 regelt dies nun ausdrück- die Grenzziehung schwierig macht. Auf und für als unentgeltlich definierte Spiele lich für Werbung und Sponsoring. Au- staatlicher Seite sind uneinheitliche Mo- andererseits (§ 2 Abs. 2 iVm § 2 Abs. 1 ßerdem gibt es keinen Rechtsanspruch tive anzutreffen: Glücksspiel soll zulässig Nr. 4 GSS). Das Entgelt pro Teilnahme ist dergestaltet, dass man für sich etwa sein, aber ein übermäßiger – was ist das durch § 11 Abs. 1 Satz 6 MStV derzeit auf gleiches Recht beanspruchen könnte, genau? – Anreiz vermieden werden. Nach 0,50 Euro begrenzt, wobei aber mehrfache weil bei einem Dritten etwas zu Unrecht § 1 GlüStV 2021 sind gleichrangige Ziele Teilnahme zugelassen ist. Nicht ganz ein- bewilligt oder geduldet wurde; man des Staatsvertrages deutig ist die Anwendbarkeit bei rundfunk- könnte nur das rechtmäßige Handeln 1. das Entstehen von Glücksspielsucht und ähnlichen Telemedien nach § 74 JMStV. der Verwaltung einfordern. Wettsucht zu verhindern und die Voraus- 122 3/2021
RECHT Am 01.04.2021 ist das Adoptions- Übergabe zu ordern; im Übrigen fehle Gesetz und Gesetzgebung hilfegesetz (BGBl I 2021, S. 226-236) es an einem Wettbewerbsverhältnis in Kraft getreten, mit dem vor allem (OLG Brandenburg, Urt. v. 02.03.21, Beratung und Information bei Adoptio- Az. 6 U 83/19). Kritisch ist anzumer- Die Änderungen im Jugendschutzge- nen verstärkt werden soll; z. B. ist jetzt ken, dass hier einer Verflüchtigung der setz sind am 01.05.2021 in Kraft ge- in § 9a AdVermiG eine verpflichtende Verantwortung für Versandhandels- treten. Damit ist aus der BPjM die Bun- Beratung bei Stiefkindadoptionen vorgänge durch zwischengeschaltete deszentrale für Kinder- und Jugendme- normiert. Nähere Ausführungen dazu Geschäftspartner der Weg bereitet wird. dienschutz (BzKJ) geworden, die nach machen Dr. Andreas Botthof (in: NJW Angaben auf ihrer Website sukzessive 16/2021, S. 1127-1131) und Prof. Dr. Durch gedruckte Flyer und auf Fa- die Arbeitsprozesse an die erweiterten Jörg Reinhardt (in: JAmt 2/2021, S. 62- cebook war für ein Rockkonzert mit gesetzlichen Aufgaben anpassen wird. 68 und 3/2021, S. 129-135). Alkoholausschank und Stripshow auf Inhaltlich besonders bedeutsam ist die einem Privatgelände geworben worden. Formulierung eines Schutzzieles für Das Gesetz zur Reform des Vormund- Nachdem ein Veranstalter nicht ermit- den Kinder- und Jugendmedienschutz schafts- und Betreuungsrechts (BGBl I telbar war und der Grundstückseigner in § 10a JuSchG und die zusätzliche Be- 2021, S. 882-937) wird planmäßig erst – wahrheitswidrig – eine Verantwort- rücksichtigung von Umständen außer- 2023 in Kraft treten. lichkeit in Abrede gestellt hatte, erging halb der Medienwirkung etwa Interak- eine polizeiliche Allgemeinverfügung, tionsrisiken bei der Alterseinstufung Der völlig neu gefasste Glücksspiel- worin die Veranstaltung u.a. wegen zu von Medienangeboten (§ 10b JuSchG). staatsvertrag (z. B. www.verkuendung- erwartender Verstöße gegen Vorschrif- Inwieweit der Pflichtenkatalog für bayern.de/gvbl/2021-97/) tritt zum ten des Gaststätten- und des Jugend- Plattformanbieter bei nutzergenerierten 01.07.2021 in Kraft (vgl. Urteilsanmer- schutzrechts untersagt wurde. Der Inhalten (§ 24a JuSchG) Wirkung zeigt, kung oben). Grundstückseigner klagte dagegen bleibt abzuwarten. Zu nennen ist auch und machte geltend, es stehe ihm frei, die Erweiterung der Parental-Guidance- Das Gesetz zur Bekämpfung sexu- Gäste zu einer privaten Veranstaltung Regelung in § 11 Abs. 2 JuSchG. Erste alisierter Gewalt gegen Kinder (vgl. zu empfangen. Der BayVGH (Beschl. v. Aufsätze zu den Neuregelungen: Hil- KJug 1/2021, S. 32) ist verabschiedet 14.12.2020, Az. 10 ZB 20.2656) hat gert/Sümmermann in: K&R 5/2021, (hierzu www.haufe.de/recht/weitere- die Klageabweisung bestätigt; zu Recht S. 297-303; Erdemir in: ZRP 2/2021, rechtsgebiete/strafrecht-oeffentl-recht/ sei hier das Vorliegen von Öffentlich- S. 53-56, oder über www.tvdiskurs.de strafenverschaerfungen-bei-kindes keit bejaht worden: Jeder der den im – dort weitere Beiträge von Ávila Gon- missbrauch-geplant_204_519814. Schneeballsystem verteilten Flyer zález/Heinen und von Gangloff. html; Rörig in: DRiZ 3/2021, S. 94 f; erhalten habe oder auf der öffentlich Bussweiler in: ZRP 3/2021, S. 84-87; zugänglichen Facebook-Seite diesen Das Kinder- und Jugendstärkungs- Franzke in: ZJJ 1/2021, S. 46-53). gesehen habe, habe sich als Teilneh- gesetz (KJSG) ist zum größten Teil am mer per eMail anmelden können; ein 10.06.2021 in Kraft getreten (BGBl I geschlossener Personenkreis habe nicht 2021, S. 1444-1464). Es enthält u.a. vorgelegen. Vorgaben für eine bessere Kommuni- Rechtsprechung kation von Fachkräften beim Kinder- Trotz ihrer regelmäßigen Eilbedürftig- schutz, mehr Möglichkeiten den Ver- keit stellt eine Inobhutnahme in der bleib in einer Pflegefamilie anzuord- In einer wettbewerbsrechtlichen Regel rechtlich keine Notstandsmaß- nen, Schaffung von Ombudsstellen für Streitigkeit ist eine Verpflichtung eines nahme dar, weshalb eine adäquate Be- Kinder und nicht zuletzt in Vorberei- im Ausland ansässigen und in Deutsch- gründung erforderlich ist. Wird im Ver- tung weiterer gesetzlicher Änderungen land tätigen Logistikunternehmens lauf ein entgegenstehender Elternwillen eine Orientierung an inklusiven Vorstel- verneint worden, neben dem Händler geltend gemacht, ist zu differenzieren lungen. Hierzu s. u.a. Meysen in: Fam- dafür Sorge tragen zu müssen, dass zwischen dem form- und fristfreien Wi- RZ 6/2021, S. 401-411; Beckmann/ ein jugendschutzrechtskonformer derruf der Zustimmung, was die unver- Lohse in: JAmt 4/2021, S. 178-185. Versand von Tabakwaren und gleich- zügliche Herbeiführung einer familien- gestellten Erzeugnissen erfolge (§ 10 gerichtlichen Entscheidung erforderlich Am 22.05.2021 ist das Gesetz zum Abs. 3 und 4 iVm § 1 Abs. 4 JuSchG). Die macht, und einem verwaltungsrechtli- Schutz von Kindern mit Varianten in Übernahme der Versandabwicklung chen Widerspruch, über den letztlich der Geschlechtsentwicklung (BGBl I durch Übergabe an einen Paketdienst- die Verwaltungsgerichtsbarkeit befindet 2021, S. 1082-1084) in Kraft getreten. leister stelle keine Abgabe im Sinne des (VG München, Beschl. v. 21.12.2020, Zum Regierungsentwurf von § 1631e Gesetzes dar, so dass auch keine Ver- Az. M 18 S 20.6711 m. Anm. Sieper in: BGB s.a. Prof. Dr. Katharina Lugani in: pflichtung bestehe, über den Händler- jurisPR-SozR 10/2021 Nr. 3). NZFam 7/2021, S. 281-286. auftrag hinaus selbst die eigenhändige 3/2021 123
RECHT Im Zusammenhang mit dem Infekti- Prädiktive Gentests bei Minderjähri- onsschutzgesetz (Covid-19 und Ma- Schrifttum gen – Recht auf Wissen erst ab 18? sern) sind in jüngster Zeit eine Vielzahl Der Verdacht auf eine vererbte Erkran- von Gerichtsentscheidungen ergangen, kung kann durch genetische Tests die sich mit Kindern und Jugendlichen, Der Shitstorm und das allgemeine bestätigt oder ausgeräumt werden. We- aber auch der Jugendhilfe befassen. Persönlichkeitsrecht des Betroffenen gen möglicher Auswirkungen auf das Einige Inhalte und Fundstellen sollen Unter Querbezug zum Umgang mit gesamte Leben allein durch die Kennt- hier kurz angesprochen werden: (analogen) Demonstrationen unter nis knüpft das Gendiagnostikgesetz an Einem Elternteil ist die Alleinentschei- Schaffung eines Belagerungszustands die Einwilligungsfähigkeit an, was man dungsbefugnis über die Masern-Imp- wird auf die rechtlichen Hürden bei aber nicht pauschal mit Minderjährig- fung zum Zweck des Kindergarten- Maßnahmen gegen einen »virtuellen keit gleichsetzen dürfe. besuchs zugesprochen worden, weil Pranger« eingegangen. Lara Wiese in: MedR 3/2021, dieser der sozialen Entwicklung des Prof. Dr. Christian Gomille in: S. 235-239. Kindes förderlich sei (AG Dieburg, ZUM 2/2021, S. 81-89. Beschl. v. 07.12.2020, Az. 51 F 308/20 Zu »Grenzen der Meinungsfreiheit bei Vorgehen bei »Gewichtigen Anhalts- SO bestätigt vom OLG Frankfurt/M., Hassreden aus straf- und persönlich- punkten« für eine Kindeswohlgefähr- Beschl. v. 08.03.2021, Az. 6 UF 3/21, keitsrechtlicher Sicht« s.a. Wandtke/ dung aus Sicht der Heilberufe mit zustimmenden Hinweisen in: JAmt Ostendorff in: ZUM 1/2021, S. 26-35. Nach Beschreibung des Spannungs- 4/2021, S. 214, sowie von Meyer-Götz feldes zwischen Kinderschutz und in: NZFam 4/2021, S. 174, und von Vom NetzDG zum DSA: Wachablö- Schweigepflicht wird die Prüfung der Zempel in: NZFam 8/2021, S. 373). sung beim Kampf gegen Hate Speech? Erforderlichkeitsschwelle für die Einbe- Gleiches erfolgte für die Teilnahme – Diskussionsstand zu beiden Gesetzes- ziehung des Jugendamtes als Zentrum an einem Corona-Test zum Zwecke vorhaben und deren Vereinbarkeit. des Abwägungsprozesses dargestellt. des Schulbesuchs (AG Mainz, Beschl. Neben der Deskription des aktuellen Heimann/Berthold/Clemens/ 04.05.2021, Az. 34 F 126/21). gesetzgeberischen Vorgehens wird auf Witt/Fegert in: JAmt 2/2021, S. 68-74. Mit dem Thema »Familiengerichte und unionsrechtliche Kritik im Hinblick auf Pandemieschutz« befasste sich Dr. Gud- Herkunftslandsprinzip und Haftungs- Digitaler und analoger Schulbedarf run Lies-Benachib in: NZFam 10/2021, privilegierung eingegangen. außerhalb der Lernmittelfreiheit – S. 448 f. Zu dem auch in der Tagespres- Dr. Andreas Grünwald/Christoph Neuregelungen im § 21 SGB II und die se bekanntgemachten und inzwischen Nüßing in: MMR 4/2021, S. 283-287. Chancen für bessere Teilhabe aufgehobenen Beschluss des AG Wei- Hierzu s.a. »Digital Services Act (DSA-E) Trotz der Neuregelungen sind die mar vom 08.04.2021 (Az. 9 F 148/21), Europäisches Recht für soziale Medien« Voraussetzungen für die Beschaffung mit dem eine Maskenpflicht auf dem in: tv-diskurs 2/2021, S. 94-97; von digitalen Geräten für Schüler, die Schulgelände untersagt worden war, »Soziale Netzwerke als Akteure für ein besonders – aber nicht nur – bei Dis- gibt es eine kritische Anmerkung von ‚besseres‘ Internet?« von Dr. Sophie tanzunterricht benötigt werden, nach Gietl in: NZFam 9/2021, S. 421-423, Tschorr, in: MMR 3/2021, S. 204-208. wie vor nicht eindeutig geklärt. die vornehmlich auf juristische Schwä- Prof. Dr. Maria Wersig in: info chen hinweist. Ebenfalls über die Mas- Die Regulierung digitaler Geschäfts- also 1/2021, S. 8-11. kenpflicht in der Schule entschied das modelle im neuen Medienstaatsver- Zu ähnlichen Themen: »Die Leistungen VG Würzburg (Beschl. v. 23.04.2021, trag für Teilhabe am sozialen und kulturel- Az. W8 E 21. 546 und W 8 E 21.548), Medienrechtliche Übersicht darüber, len Leben in der Gemeinschaft nach über die Testpflicht in der Schule der welche bisher nicht erfassten Akteure dem Starke-Familien-Gesetz – Eine VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. wie Medienintermediäre, Video-sha- faktische Regelbedarfserhöhung?« 29.04.2021, Az. 1 S 1204/21), über ring-Dienste oder Anbieter von Benut- von Dr. Gunnar Formann in: SGb beides das OVG Lüneburg (Beschl. zeroberflächen nun dem Regulierungs- 3/2021, S. 149-153; »Kinderzuschlag v. 23.04.2021, Az. 13 MN 212/21). rahmen unterworfen sind und welche 2020/2021 – ein immer noch steiniger Integrative Lerntherapie wurde nach Verpflichtungen dies beinhaltet. Weg aus der Armutsfürsorge« von Udo der landesrechtlichen Corona-Bekämp- Frey/Rudolph/Frey/Radtke in: CR Geiger in: ZFSH-SGB 2/2021, S. 71-81. fungsVO für privilegiert durchführbar 3/2021, S. 209-216. angesehen (VG Schleswig-Holstein, Das weitere Spezialproblem »Auswir- Beschl. v. 12.01.2021, Az. 1 B 4/21). kungen des Medienstaatsvertrages und des ÄnderungsG zum TelemedienG auf Sigmar Roll das Herkunftslandprinzip« behandelt Psychologe/Jurist, Richter am Bayerischen Prof. Dr. Rolf Sack in: WRP 5/2021, Landessozialgericht Zweigstelle Schweinfurt S. 557-561. 124 3/2021
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