WESTFALISCHES ARZTEBLATT - Ärztekammer Westfalen-Lippe
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H 11235 E WESTFALISCHES ARZTEBLATT 3/05 Mitteilungsblatt der Ärztekammer Westfalen-Lippe und der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe KRANKENHAUS AUFSUCHENDE HILFE FÜR OBDACHLOSE Privatisierung: Ein Gespenst verliert seinen Schrecken FORTBILDUNG Borkum-Programm greift aktuelle Fortbildungsthemen auf DISKUSSION Patientenverfügung und lebenserhaltende Maßnahmen In diesem Heft: 39 Seiten Fortbildungs- ankündigungen
INHALT EDITORIAL Fettnäpfchen und Pferdefüße Krankenhaus Krankenhäuser-Privatisierung: Ein Gespenst verliert D as GMG verpflichtet im § 73 b die Krankenkassen, Verträge zur hausarzt- zentrierten Versorgung abzuschließen. Kassenärztliche Vereinigungen sollen daran be- teiligt sein. Das macht auch Sinn, denn es geht seinen Schrecken Rechtliche Aspekte der Privati- sierung von Krankenhäusern Der ideale Arbeitsplatz im 7 8 um die flächendeckende Sicherstellung der medi- Krankenhaus: Sagen Sie uns zinischen Grundversorgung. Seit Herbst 2004 Ihre Meinung! 10 verhandelt die KVWL mit den westfälisch-lippi- schen Krankenkassen über einen kollektiven Fortbildung Vertrag zur hausarztzentrierten Versorgung, der Borkum-Programm greift zu einer geregelten Zusammenarbeit zwischen Haus- und Fachärzten beitragen soll. aktuelle Fortbildungsthemen auf 11 Mit großem Mediengetöse hat die BEK einen bundesweiten Vertrag zur hausarztzentrierten Diskussion Versorgung aufgelegt, der zum 1. März 2005 Dr. Ulrich Thamer, Patientenverfügung und lebens- umgesetzt sein sollte. Vertragspartner ist freilich 1. Vorsitzender der erhaltende Maßnahmen 13 nicht die KV, sondern der Hausarztverband und der Apothekerverband. Die Beteiligung der Apo- Kassenärztlichen Vereinigung Aufsuchende Hilfe theker ist notwendig, um den Vertrag mit den Westfalen-Lippe zur integrierten Versorgung nach § 140 notwen- „Meinem Kumpel geht’s nicht digen Kriterien des Fachübergreifenden auszu- gut, fahren Sie mal vorbei!“ 18 statten. Damit greift die BEK in den Topf der Anschubfinanzierung der integrier- ten Versorgung und belastet Krankenhäuser und Vertragsärzte mit bis zu 1 % des für die Regelversorgung zur Verfügung stehenden Geldes. Immerhin fließt ein Teil davon an einen Teil der Vertragsärzte zurück. Viele der finanziell begünstigten Hausärzte feiern einen lang ersehnten berufs- Magazin politischen Erfolg und ein zusätzlich bezahltes „5. Quartal“. Andere erahnen die mit diesem Vertrag verbundenen Gefahren für das Kollektiv der Vertragsärzte. So Informationen aktuell 4 gibt es besorgte Netzverbünde, die den Beitritt ihrer Mitglieder zum BEK-Ver- Persönliches 20 trag mit dem Ausschluss aus dem Netz sanktionieren. Wie immer sich die KV Ankündigungen der Akademie auch zu diesem Vertrag positioniert – sie wird immer irgendwo in ein Fettnäpf- für ärztliche Fortbildung der chen treten. Man hat den Eindruck, dass der Gesetzgeber solche Fettnäpfchen für ÄKWL und KVWL 24 die verschiedenen Arztgruppen mit Kalkül aufgestellt hat. Keiner wird den BEK- Fortbildung in den Vertrag bedienen können, ohne nicht irgendwo anzuecken. Das geht ganz eindeu- Verwaltungsbezirken 64 tig über einen sinnvollen Wettbewerb hinaus. Ankündigungen des Instituts So begünstigt der Vertrag u. a. eine Rationierung in der Arznei- und Heilmit- telversorgung und schreibt eine Behandlung nach Leitlinien vor, die die Therapie- für ärztliches Management 22 freiheit in Frage stellen. Mit dem Apotheker tritt neben der BEK ein zusätzlicher Bekanntmachungen der ÄKWL 23 „Kontrolleur“ auf. Ein kritischer Kollege schrieb mir spontan, dass sich der Arzt Bekanntmachungen der KVWL 58 in diesem Vertrag zum Werbeträger für die BEK macht. Er betonte dabei, dass die BEK hier die Puppen tanzen lässt ohne selbst einen Cent zu bezahlen. Impressum 60 Trotz oder gerade wegen aller Fettnäpfchen hat sich der Vorstand der KVWL bereits klar zu Grundsätzen der hausarztzentrierten Versorgung positioniert: 1. Jeder Arzt, der die Anforderungen des jeweiligen Vertrages erfüllt, hat einen Anspruch auf Teilnahme. 2. Die qualitativen Anforderungen an teilnehmende Vertragsärzte müssen entwe- der bereits erfüllt sein oder kurzfristig berufsbegleitend von jedem zu erfüllen sein. 3. Fachärzte sind in Hausarztverträge zu integrieren; eine Finanzierung von fach- ärztlichen Leistungen erfolgt ggf. über einen Vertrag nach § 140 a ff. SGB V. 4. Die KVWL muss in die Abwicklung und möglichst auch in die Vertragsge- staltung eingebunden sein. Diese Essentials werden bei den Verhandlungen über einen kollektiven Ver- trag in Westfalen-Lippe eine wichtige Rolle spielten. Westfälisches Ärzteblatt 3/2005
INFORMATIONEN AKTUELL ARZTGEHÄLTER: DEUTSCHLAND IST SCHLUSSLICHT IN EUROPA Neues Tarifrecht muss Ärztinnen und Ärzte deutlich besser berücksichtigen „Der neue Tarifvertrag für den öf- Vor diesem Hintergrund warnt nach den neuen Anfangsstufen besol- fentlichen Dienst ist eine große Chan- Prof. Flenker die kommunalen und det werden.“ Lange Ausbildung, gro- ce, um die Arbeit an deutschen Kran- kirchlichen Krankenhausträger, die ße Verantwortung und in der Regel kenhäusern für Ärztinnen und Ärzte Neuordnung des Tarifrechts für eine überdurchschnittliche Leistung müss- wieder attraktiver zu machen. Wir Absenkung der Vergütung gerade bei ten entsprechend honoriert werden. müssen sie unbedingt nutzen!“ for- Berufsanfängern auszunutzen. „Zu Dafür werde sich in den Tarifver- dert der Präsident der Ärztekammer Beginn ihrer Berufstätigkeit oder bei handlungen auch die Ärzte-Gewerk- Westfalen-Lippe, Prof. Dr. Ingo Flen- Stellenwechseln, die in der Weiterbil- schaft Marburger Bund einsetzen. ker. Schlechte Arbeitsbedingungen dung zum Facharzt sehr häufig vor- Der Kammerpräsident betonte, und mangelhafte Bezahlung hätten kommen, dürfen Ärztinnen und Ärzte dass es sich nicht um überzogene For- bislang zahlreiche Kolleginnen und nicht einfach in die Anfangsfelder ei- derungen der Ärzteschaft handle, son- Kollegen in andere EU-Staaten ge- ner neuen Tarif-Systematik eingeord- dern um eine Chance für die Klini- trieben. Zur Zeit seien rund 4.800 net werden“, betont der Klinikarzt ken, im Kampf um den ärztlichen Arztstellen in Deutschland unbesetzt. Flenker. „Natürlich sind Ärzte zur Nachwuchs ihre Position zu behaup- Denn deutsche Kliniken seien insbe- Zeit ihres Berufseinstiegs nach min- ten: „Jedes Jahr kehren hunderte sondere bei den Gehältern nicht kon- destens sechs Jahren Studium und ei- deutsche Krankenhausärzte ihrer Hei- kurrenzfähig, weiß der Kammerpräsi- nem Praktischen Jahr (PJ) mehrere mat den Rücken, weil die Arbeitsver- dent: „Skandinavische oder englische Jahre älter und wesentlich qualifizier- hältnisse in anderen europäischen Ärzte lachen über unsere Gehälter!“ ter als diejenigen, die üblicherweise Staaten ungleich komfortabler sind.“ GESETZESINITIATIVE GEFORDERT REHABILITATIONSSPORT UND DIABETES Ärztekammer fordert Werbeverbot für Schönheits-OPs 165 Sportgruppen bringen Die Werbung für medizinisch nicht äußeres Erscheinungsbild und damit Diabetiker in Bewegung notwendige Schönheitsoperationen ihr Leben optimiert werden.“ muss endlich verboten werden. Prof. Unverständlich findet der westfäli- Mit niedrigschwelligen Sportange- Dr. Ingo Flenker, Präsident der Ärzte- sche Ärztepräsident, dass die Regie- boten werben 165 Diabetes-Sport- kammer Westfalen-Lippe, fordert die rung trotz der Initiativen der Bundes- gruppen in Nordrhein-Westfalen für Bundesregie- ärztekammer gegen den Schönheits- mehr Bewegung bei Diabetikern. rung deshalb wahn und einer Gesetzesinitiative der Denn bei noch nicht insulinpflichti- auf, das Heil- Bundesländer im Herbst vergangenen gen Diabetikern kann durch gezielte mittelwerbe- Jahres noch nicht reagiert hat. „Die Steigerung der Bewegungsaktivitäten gesetz so Werbebeschränkungen des Heilmit- die Einnahme von oralen Antidiabeti- schnell wie telwerbegesetzes gelten bislang nur ka vermieden werden – dies gelingt möglich zu für seriöse medizinische Behandlun- allerdings nur bei entsprechender ändern, um ei- gen, die auf die Heilung von Krank- Trainingskonsequenz. ne Handhabe heiten ausgerichtet sind“, empört sich Diabetiker zu mehr Bewegung zu gegen die ebe- Prof. Flenker. Schon deshalb müsse motivieren und ihnen die Schwellen- nso verführeri- das Gesetz auch auf Verfahren ausge- angst vor Sport und Bewegung zu sche wie irre- dehnt werden, die ohne Not ange- nehmen, darauf sind die Diabetes- führende An- wandt würden und dabei oft mit ho- sportgruppen, die im LandesSport- Prof. Dr. Ingo Flenker preisung von hen Risiken verbunden seien. Bund organisiert sind, spezialisiert. Schönheits- „Die Einschränkungen des Heil- Rehabilitationssport kann für läng- operationen zu haben: „Die Ärzte- mittelwerbegesetzes bei der Anprei- stens 50 Übungseinheiten in einem schaft kann und will es nicht länger sung medizinischer Leistungen sind Zeitraum von 18 Monaten bei Diabe- hinnehmen, dass Kliniken und einzel- ein sinnvoller Verbraucherschutz, den tes außerbudgetär verordnet werden. ne Kollegen agressiv für Brustvergrö- die Ärzteschaft voll unterstützt“, be- Weitere Informationen zu den ßerungen, Nasenkorrekturen oder tont Kammerpräsident Flenker. „Die- Sportangeboten gibt es beim Landes- Fettabsaugen werben, als seien diese se Einschränkungen müssen auch die SportBund, Kiyo Kuhlbach, Tel. Behandlungen leicht und risikolos. oft irreführende Werbung für Schön- 02 03/73 81-866 oder im Internetan- Gerade jungen Menschen darf nicht heitsoperationen treffen. Die Lücke gebot der Kassenärztlichen Vereini- suggeriert werden, mit den Mitteln im Gesetz muss nun dringend ge- gung Westfalen-Lippe unter: www. der plastischen Chirurgie könnte ihr schlossen werden.“ kvwl.de. 4
INFORMATIONEN AKTUELL FACHTAGUNG: DEN WECHSEL GESTALTEN FORUM QUALITÄT IM GESUNDHEITSWESEN Neuorientierung im Umgang mit der Neue Wege in der Versorgung: Hormontherapie in den Wechseljahren Brustzentren in Nordrhein-Westfalen Aktuelle internationale Stu- umstände der Frauen im mittle- Zur Verbesserung der Behandlung von Patientinnen mit Brust- dien stellen übereinstimmend ren Alter ebenso zu Wort wie krebs werden in NRW Brustzentren eingerichtet. Im Fokus stehen fest: Bei der Hormontherapie Fragen und Problemstellungen dabei die Orientierung an festgelegten Qualitätsstandards und die in den Wechseljahren überwie- aus ärztlicher Sicht. kooperative Gestaltung der Behandlung des Mammakarzinoms gen die gesundheitlichen Risi- Die von den Ärztekammern mit festgelegten Verbindlichkeiten für alle beteiligten Koopera- ken ihren Nutzen. Die betroffe- in NRW unterstützte Tagung tionspartner. Qualitätsentwicklung und -management in den Brust- nen Frauen sind verunsichert, wird vom Netzwerk Frauen zentren sind als lernendes System angelegt. Die in den Kranken- wie sie Linderung finden kön- und Gesundheit NRW veran- hausplan aufgenommenen Brustzentren sollen in einem Zertifizie- nen und Ärzte und Berater ste- staltet und findet am 22.04. in rungsverfahren regelmäßig nachgewiesen, dass sie die an sie ge- hen vor der Frage, was sie Düsseldorf im Haus der Ärzte- stellten Qualitätsanforderungen erfüllen. Die Zertifizierung soll Frauen heute raten können. schaft statt. Weitere Informa- erstmals spätestens ein Jahr nach der Anerkennung für den Kran- Die Fachtagung „Den Wech- tionen sowie Unterlagen zur kenhausplan und dann in dreijährigen Abständen erfolgen. sel gestalten – Neuorientierung Anmeldung erhalten Interes- Wie die Anforderungen aus dem Zertifizierungsverfahren in die im Umgang mit der Hormon- senten über die Koordinations- Praxis umgesetzt werden, damit wird sich das Forum Qualität im therapie in den Wechseljahren“ stelle Frauen und Gesundheit Gesundheitswesen NRW unter dem Thema „Neue Wege in der will über den internationalen NRW, Alte Vlothoer Str. 47 – Versorgung: Brustzentren in NRW“ beschäftigen. Das Forum fin- Forschungsstand informieren 49, 32105 Bad Salzuflen, Tel. det am 17.03.2005 in Köln statt. Weitere Informationen zum Fo- und weiterführende Perspekti- 0 52 22/63 62 94, E-mail: koor- rum Qualität im Gesundheitswesen sowie das Programm zur Ver- ven aufzeigen. Dabei kommen dinationIZFG@frauengesund- anstaltung und das Anmeldeformular gibt es im Internet unter die Sichtweisen und Lebens- heit-nrw.de. www.forum-qualitaet-nrw.de. Westfälisches Ärzteblatt 3/2005 5
INFORMATIONEN AKTUELL STEUERUNGSWIRKUNG DER PRAXISGEBÜHR AUSSTELLUNG Patienten waren 2004 zurückhaltend bei Arztbesuchen Durchschnittlich haben im Jahr sich die Rückgänge dann auf einem 2004 in Westfalen-Lippe 5,5 Prozent deutlich geringeren Niveau eingepen- weniger Patientinnen und Patienten delt. ihren Hausarzt aufgesucht als noch Deutlich weniger wurde in 2004 im Jahr 2003. Einen Rückgang der auch der ärztliche Notfalldienst an Patientenzahl von mehr als 11 Pro- Wochenenden, Feiertagen und am zent gegenüber dem Vorjahr mussten Mittwochnachmittag in Anspruch ge- die niedergelassenen Fachärzte ver- nommen. Rund 20 Prozent weniger kraften. „Das ist ganz klar ein Effekt Patienten suchten eine Notfallpraxis der Praxisgebühr, die die niedergelas- auf oder baten um einen Hausbesuch. senen Ärzte seit Januar 2004 für die „Nach einem Jahr Praxisgebühr Krankenkassen einziehen müssen“, sollten wir aber auch analysieren, ob kommentiert Dr. Ulrich Thamer, 1. die neue Zuzahlung nicht am falschen Adelheid Schöpfer zeigt Vorsitzender der Kassenärztlichen Ort und in die falsche Richtung steu- Werke im Ärztehaus Münster Vereinigung Westfalen-Lippe. ert“, fordert der KVWL-Vorsitzende Besonders im ersten Quartal des Dr. Thamer. „Es wäre schädlich für Exponate von Adelheid Schöpfer- Jahres 2004 hielten sich die Westfalen die Betroffenen und kontraproduktiv zeigt eine neue Austellung im Ärzte- zurück: In den Praxen der Hausärzte für unser Gesundheitswesen, wenn haus in Münster. Adelheid Schöpfer fehlte jeder elfte, in den Facharztpra- vordringlich sozial schwächere Be- bevorzugt in ihrer Acrylmalerei die xen sogar jeder achte Patient. Dafür völkerungsschichten, deren Morbi- Form der reduzierten Darstellung. war es im November und Dezember dität vergleichsweise hoch ist, durch Dabei geht es der Künstlerin nicht um 2003 zu massiven Vorzieheffekten ge- die Praxisgebühr von einem notwen- eine fotografisch genaue Wiedergabe, kommen. Im Laufe des Jahres haben digen Arztbesuch abgehalten würden.“ sondern um die Darstellung ihrer sub- jektiven, gefühlten Eindrücke. LEHRER UND ÄRZTE IM TEAM Die Ausstellung ist noch bis zum 31.03.2005 im Ärztehaus Münster, Schulische Gesundheitsförderung braucht Unterstützung Gartenstraße 210 –214, zu sehen. Sie ist montags bis freitags zwischen 8.00 Schulische Gesundheitsförderung für Kinder und Jugendliche steht im Zen- und 17.00 Uhr für Besucher geöffnet. trum des Projektes MediPäds. Das Projekt, welches 1997 auf Initiative der KVWL und der ÄKWL gegründet wurde, setzt auf Teamarbeit. Lehrer und Ärz- FACHTAGUNG te entwickeln Unterrichtsprojekte, die sie dann gemeinsam umsetzen. Dabei BRUSTZENTREN sollen die Schüler lernen, verantwortlich mit ihrer eigenen Gesundheit und der „Neue Wege in Europa“ Gesundheit anderer umzugehen. Typisch für das MediPäds-Modell ist die ei- genständige, kreative Arbeit der Lehrer und Ärzte. Es gibt keine einengenden Vorgaben für die Projekte, sondern maximale Gestaltungsfreiheit. An der Fachtagung „Brustzentren – Wenn Sie Interesse haben, im Rahmen von MediPäds Gesundheitsunterricht Neue Wege in NRW und Europa“ des in Kooperation mit Schulen anzubieten, wenden Sie sich an: Medusana Stiftung Ministeriums für Gesundheit, Sozia- gGmbh, Ulrike Kowalewsky, Tel. 05 22 3/18 83 20 (mo. – fr. 9.00 bis 12.00 les, Frauen und Familie Nordrhein- Uhr), E-mail: ulrike.kowalewski@medusana.de. Weitere Informationen erhal- Westfalen am 8.12.2003 in Düssel- ten Sie auch im Internet unter www.medusana.de. dorf nahmen neben nationalen Refe- rentinnen und Referenten auch Ver- treter aus dem Ausland teil. Der Bericht über die Entwicklung in den einzelnen Ländern ist in einer Dokumentation zusammengefasst, die von interessierten Ärztinnen und Ärzten unter nachstehender Adresse bezogen werden kann: Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes NRW, Broschü- renstelle, 40190 Düsseldorf, oder per E-Mail: info@mail.mgsff.nrw.de. 6 Westfälisches Ärzteblatt 3/2005
KRANKENHAUS Krankenhaus-Privatisierung: Ein Gespenst verliert seinen Schrecken Ein Gespenst geht um unter Deutschlands Krankenhäusern: das Gespenst der Privatisierung. Das Klischee besagt: Bei einer Privatisierung werden in großem Umfang Mitarbeiter entlassen, die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen verschlechtern sich, private Krankenhausträger schränken Leistungen ein und führen bei den Patienten eine Risikoselektion durch. Doch was stimmt wirklich an diesem Klischee? von Prof. Dr. Ingo Flenker, Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe D ie Privatisierung deutscher Privatisierungen von Krankenhäu- als zuvor. Tendenziell stehen die Krankenhäuser breitet sich sern lösen in der Bevölkerung Ängste Krankenhäuser nach der Privatisie- aus wie ein Buschfeuer. vor einer schlechteren Versorgung rung sogar besser da. Klinikkonzerne wie Helios oder Rhön und höheren Kosten aus. Christian Als Ursache für die Privatisierun- wachsen immer schneller. Spektaku- Zimmermann, der Präsident des All- gen werden die finanziellen Probleme lär war die Übernahme der fünf Klini- gemeinen Patienten-Verbandes, be- und der Investitionsstau bei öffent- ken des LBK Hamburg durch Askle- fürchtet: „Dann wird für die Kranken- lich-rechtlichen, aber auch frei-ge- pios zum Jahreswechsel – obwohl die häuser bei der Behandlung eines Pa- meinnützigen Trägern angesehen. Hamburger Bevölkerung sich mehr- tienten nicht mehr die Krankheit, son- Hinzu kommt die Auffassung, private heitlich gegen eine Privatisierung dern der Geldbeutel entscheidend Klinikträger würden die notwendigen ausgesprochen hatte. Laut Statistik sein“. Und ein hessischer Landtags- Umstrukturierungen besser managen der Deutschen Krankenhausgesell- abgeordneter äußert sich zur geplan- können. Bei allen Kliniken ging die schaft sind zur Zeit etwa 14 % der ten Privatisierung der Uniklinika Initiative zur Privatisierung von den Krankenhäuser in privater Träger- Marburg und Gießen knapp: „Privati- öffentlich-rechtlichen Trägern aus. schaft. Nach Prognosen von Banken sierung tötet“. Als Betriebsform für die übernomme- und Unternehmensberatungen soll ihr Diese tief greifenden Befürchtun- nen Krankenhäuser wurde die GmbH Marktanteil in den nächsten fünf Jah- gen gibt es auch bei Ärzten. Wie erle- oder die gGmbH gewählt. Erstaunli- ren sogar bis auf 30 % anwachsen. ben betroffene Kollegen die Privati- cherweise wurden kaum Beschäftigte Wie konnte es zu dieser „Privatisie- sierung ihrer Krankenhäuser? Im entlassen, Personalreduktionen wur- rungswelle“ kommen? Oft ist die Pri- Auftrag der Dienstleistungsgewerk- den erreicht, indem freie Stellen nicht vatisierung der einzige Ausweg aus schaft Ver.di hat die Unternehmens- besetzt wurden. Allerdings sind priva- dem Dilemma der ständig wachsen- beratung PLS-RambØll zu diesen te Träger bemüht, klassische Service- den Defizite. Die staatliche Investi- drängenden Fragen eine Studie leistungen wie Reinigung, Catering, tionsförderung – Stichwort „duale Fi- durchgeführt. Der Titel: „Fallstudie: Wäscherei, aber auch Sterilisation nanzierung“ – wird in den Zeiten der Privatisierung von Krankenhäusern“. und Labor auszulagern. Die in der chronisch maroden öffentlichen Kas- Die Studie konzentrierte sich auf die Bevölkerung gefürchteten Begleiter- sen immer weiter zurückgefahren. Situation der Beschäftigten, die nega- scheinungen wie Risikoselektion, Der Rückgang der Investitionsförder- tiven und positiven Effekte von Priva- Leistungseinschränkung oder Ratio- mittel hat nach Schätzungen der tisierungen sowie die Erfolgsfaktoren nierung wurden – mit einer Ausnah- Deutschen Krankenhausgesellschaft für Privatisierungen. Untersucht wur- me – nicht festgestellt. inzwischen zu einem Investitionsstau den die Privatisierungen von Klini- Aber es trifft auch zu, dass Mitar- von bis zu 50 Mrd. Euro geführt. Die ken, die in die Konzerne Helios, beiter über eine höhere Arbeitsbela- Personal- und Sachkosten der Kran- Rhön, Wittgenstein und den „Ökume- stung durch eine größere Arbeitsver- kenhäuser steigen schneller als die nischen Dachverband Kirchlicher dichtung klagten. Dies führte zu einer budgetierten Entgelte, die lediglich Träger“ übernommen worden. leicht gesunkenen Arbeitszufrieden- um die Steigerungsraten der Grund- heit. Die meisten privaten Träger wol- lohnsumme steigen dürfen. Gerade Überraschende Ergebnisse len Haustarifverträge abschließen, die öffentlich-rechtliche Krankenhäuser sich allerdings oft am BAT anlehnen. sind von dieser Entwicklung betrof- Die Ergebnisse sind überraschend Zu schwer wiegenden Veränderungen fen. Oft sind die Kommunen froh, ih- und widersprechen dem gängigen kam es beim Einkommen der Be- re defizitären Krankenhäuser an kapi- Klischee. Zentrale Aussage der Stu- talstarke private Träger verkaufen zu die: Keinem der Krankenhäuser geht können. es nach der Privatisierung schlechter Fortsetzung auf S. 10 Westfälisches Ärzteblatt 3/2005 7
KRANKENHAUS Grundsatz gilt, dass die Arbeitsverträge Rechtliche Aspekte der inhaltlich unverändert auf den Erwerber Privatisierung von Krankenhäusern des Krankenhauses übergehen. Es ist anlässlich des Betriebsüberganges also Die Privatisierung kommunaler aber GmbH etc.). Dabei ist sowohl die Über- nicht erforderlich (und auch nicht ange- auch kirchlicher Einrichtungen macht tragung des Krankenhausbetriebes auf zeigt), mit dem neuen Arbeitgeber einen vor den Krankenhäusern nicht halt. Be- eine bereits bestehende Gesellschaft neuen Arbeitsvertrag abzuschließen. reits in der Vergangenheit wurden viele denkbar wie auch die Gründung einer Vielmehr bleibt das bisherige Arbeits- Krankenhäuser in eine private Rechts- neuen GmbH anläßlich dieses Veräuße- verhältnis ohne Änderung bestehen. form überführt oder auch an kommer- rungsvorganges. Kennzeichnend für Dies gilt allerdings nur insoweit, als zielle Krankenhausträgergruppen veräu- diese Fälle ist, dass neben der Rechts- der betroffene Mitarbeiter dem Be- ßert. formänderung auch ein „Eigentümer- triebsübergang nicht widerspricht. Jeder wechsel“ stattfindet. einzelne Mitarbeiter hat nach den ge- Formen der Privatisierung In den Fällen der oben beschriebenen setzlichen Bestimmungen die Möglich- Formalprivatisierung ist eine nachträgli- keit, dem Betriebsübergang mit Wir- Seit den siebziger Jahren werden die che Real-Privatisierung keineswegs ausge- kung für sein persönliches Arbeitsver- kommunalen Krankenhäuser in NRW schlossen. Sie ist sogar wesentlich er- hältnis zu widersprechen. Dann ver- nicht mehr als kommunale Regiebetrie- leichtert, weil in diesen Fällen dann nur bleibt dieser Mitarbeiter beim bisheri- be sondern als so genannte Eigenbetrie- noch die Geschäftsanteile der schon be- gen Arbeitgeber. Eine solche Entschei- be geführt und haben schon damit eine stehenden Krankenhaus GmbH auf den dung macht allerdings nur dann einen gewisse, insbesondere betriebswirt- neuen Eigentümer übertragen werden Sinn, wenn der bisherige Arbeitgeber schaftliche Selbständigkeit gegenüber müssen. Dies kann – abgesehen von den weiterhin über Beschäftigungsmöglich- der Kommunalverwaltung erhalten. Die nötigen politischen Entscheidungen – keiten für diesen Arbeitnehmer verfügt. frei-gemeinnützigen, vor allem kirch- nahezu unter Ausschluss der Öffentlich- Ansonsten riskiert der widersprechende lichen Krankenhäuser, die in Nord- keit geschehen, sodass die betroffenen Arbeitnehmer die betriebsbedingte rhein-Westfalen zwei Drittel aller Kran- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter häufig Kündigung seines Arbeitsverhältnisses kenhäuser ausmachen, wurden häufig erst nach der vollzogenen Veräußerung wegen Fortfall des Arbeitsplatzes. Inso- als Einrichtungen von Kirchengemein- von dieser Tatsache Kenntnis erhalten weit wird der Widerspruch gegen einen den, Orden etc. geführt. Die vollständi- (z. B. bei der Veräußerung des Kranken- Betriebsübergang für einen angestell- gen Herauslösung aus dem kommuna- hauses St. Barbara Attendorn GmbH an ten Krankenhausarzt in der Regel nicht len bzw. kirchlichen Gefüge und die die Rhön-Klinikum AG). in Erwägung zu ziehen sein. rechtliche Verselbstständigung haben Nicht unerwähnt bleiben soll die Besonderheiten hinsichtlich des In- nicht zuletzt durch die Einführung des Möglichkeit einer Rechtsumwandlung halts der Arbeitsverhältnisse bestehen Fallpauschalensystems noch einmal zu- innerhalb des öffentlich-rechtlichen Systems, dort, wo der bisherige Arbeitgeber tarif- sätzliche Bedeutung gewonnen. Dabei wie es unlängst bei den Hochschulklini- gebunden ist. Dies ist bei kommunalen ist zwischen verschiedenen Formen der ka des Landes Nordrhein-Westfalen ge- Krankenhäusern regelhaft der Fall. Hier Privatisierung zu unterscheiden. schehen ist. Hier fand eine Überführung sind folgende Fälle zu unterscheiden: Häufig beabsichtigt der bisherige aus einem landeseigenen Betrieb in eine Sind der alte und der neue Arbeitgeber ta- Krankenhausträger lediglich eine Privati- andere öffentlich-rechtliche Rechts- rifgebunden, so findet ein sofortiger sierung in formaler Hinsicht, will aber die form, nämlich die Anstalt öffentlichen Wechsel auf das beim neuen Arbeitge- Führung des Krankenhauses nicht auf- Rechts, statt. Dabei bleibt der öffent- ber geltende Tarifrecht statt, auch wenn geben. In diesen Fällen findet lediglich lich-rechtliche Charakter der Einrich- dies ungünstigere Konditionen auf- ein Wechsel der Rechtsform hin zu ei- tung und beispielsweise die Diensther- weist. Eine solche Situation könnte bei- ner privaten Rechtsform (meist der ei- reneigenschaft (Möglichkeit der Be- spielsweise bei der Veräußerung eines ner GmbH) statt, bei der der bisherige schäftigung von Beamten) erhalten. kommunalen Krankenhauses an einen Träger dann alleiniger Gesellschafter kommerziellen Krankenhausträger ein- bleibt. Gleichwohl ist dies rein formal Rechtliche Folgen treten, der seinerseits mit den Gewerk- eine Änderung in der Person des Kran- schaften einen Haustarifvertrag abge- kenhausträgers, ohne dass sich die wirt- In allen beschriebenen Fällen der schlossen hat. Da die kommerziellen schaftlichen Eigentumsverhältnisse real Rechtsformänderung liegt ein so ge- Krankenhausträger häufig noch keine flä- ändern. nannter Betriebsübergang im Sinne von chendeckenden Tarifverträge abge- Die (seltenere) Form der Real-Privati- § 613 a des Bürgerlichen Gesetzbuches schlossen haben, ist diese Gefahr zur sierung erfolgt durch Veräußerung des vor. Diese Vorschrift regelt den automa- Zeit noch vergleichsweise gering. Krankenhausbetriebes an einen meist tischen Übergang der Arbeitsverhält- Unterliegt der neue Arbeitgeber eben- kommerziellen Krankenhauskonzern (z. nisse, die mit dem alten Klinikträger be- so wie der alte Arbeitgeber dem gleichen B. Rhön-Klinikum AG, Asklepios stehen, auf den neuen Arbeitgeber. Im Tarifrecht, so treten hinsichtlich der tarif- 8 Westfälisches Ärzteblatt 3/2005
KRANKENHAUS lichen Regelungen keine Änderungen Trägerwechsel in Krankenhäusern ein. – Gefahr oder Chance Ist nur der alte Arbeitgeber tarifgebunden, für die ärztlichen Mitarbeiter? nicht aber der neue Krankenhausträger, Dienstag, 05.04.2005, der das Krankenhaus übernimmt, so 16.00–19.00 Uhr wird das bisher geltende Tarifrecht in Kassenärztliche Vereinigung Einzelvertragsrecht überführt (transpo- Westfalen-Lippe, niert). Die tarifvertraglichen Regelun- Robert-Schimrigk-Straße 4–6 44141 Dortmund gen, können im beiderseitigen Einver- nehmen zukünftig zugunsten aber auch Die Krankenhauslandschaft verändert sich rasch: Mit bedingt zuungunsten des Arbeitnehmers geän- durch die Einführung eines völlig neuen Fallpauschalensystems dert werden. Gegen den Willen des Ar- und den schärfer werdenden Klinikwettbewerb kommt es vie- beitnehmers wird eine Veränderung der lerorts zu tief greifenden Umstrukturierungen einzelner Kliniken in Form von Fusionen, Änderungen der Rechtsform (z. B. in eine vormaligen Tarifregelungen nur auf GmbH) oder Übernahme durch private Träger. dem Weg einer Änderungskündigung möglich sein, im ersten Jahr nach dem Privatisierung und Trägerwechsel – diese Begriffe schüren zu- Betriebsübergang ist sie rechtlich aus- nächst einmal Ängste bei den ärztlichen Mitarbeiterinnen und Mit- geschlossen. arbeitern: Änderungskündigung, Gefährdung des Arbeitsplatzes, Einkommensverlust, Schließung des Klinikstandortes, Einschrän- Sind weder der alte noch der neue Kran- kung des Leistungsspektrums, Verlust von Kompetenzen, Ver- kenhausträger tarifgebunden, so werden schlechterung des Betriebsklimas bis hin zum Mobbing, schärfere die privatrechtlichen Arbeitsverträge Leistungskontrolle und Leistungsverdichtung sowie Einschrän- unverändert auf den neuen Arbeitgeber kung der Weiterbildungsmöglichkeiten sind nur einige Stichworte. überführt. Dies gilt auch und insbeson- Die strukturellen Veränderungen im Krankenhaus können aber dere für den gesamten Bereich der auch Chancen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in sich kirchlichen Arbeitgeber, die lediglich bergen: etwa eine leistungsbezogene übertarifliche Vergütung, eine kirchliches Kollektiv-Arbeitsrecht an- Personalentwicklung, die Ärztinnen und Ärzte auf die Übernahme wenden, welches aber nicht die Qualität neuer Aufgaben und auf fachliche Herausforderungen in der Kli- eines Tarifvertrages hat. nik gezielt vorbereitet und langfristig an das Haus bindet, eine vertraglich zugesicherte strukturierte Weiterbildung, die Festle- gung neuer Leistungsschwerpunkte mit hohem Spezialisierungs- Mitbestimmungsrechte grad oder eine zukunftsorientierte Unternehmensführung, die in der Personalvertretung Infrastruktur und Personal investiert. Die Privatisierung von kommunalen Die Veranstaltung möchte unter dem Motto „Sie fragen – wir ant- worten“ Betroffenen oder an der Thematik Interessierten Orientie- Einrichtungen unterliegt dem Mitbe- rung geben und vor allem zu rechtlichen Fragen Transparenz stimmungsrecht des Personalrates. In- schaffen. Bereits mit der Anmeldebestätigung erhalten Sie einen soweit bestehen im Zusammenhang mit Faxbogen, mit dem Sie vorab Ihre Fragen an die Podiumsteilneh- einer anstehenden Privatisierung, sei es mer richten können. nun eine Formal-Privatisierung oder ei- Als Gesprächspartner stehen Ihnen zur Verfügung: ne Real-Privatisierung, qualifizierte Einflussmöglichkeiten auf die Entschei- • Prof. Dr. med. Ingo Flenker, Präsident der Ärztekammer West- dungen des bisherigen Krankenhausträ- falen-Lippe und Stellvertretender Vorsitzender des Marburger gers. Diese Mitwirkungsrechte ermög- Bundes – Landesverband Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz lichen den Einstieg in Verhandlungen zu • Dr. Manfred Krukemeyer, Vorsitzender der Gesellschafterver- sammlung der Paracelsus Kliniken Deutschland Personalüberleitungsverträgen, in denen • Norbert H. Müller, Fachanwalt für Arbeitsrecht Zusatzvereinbarungen zur Personal- • Dr. med. Bernd van Husen, Chefarzt der Kinder- und Jugendpsy- überleitung und vor allem zur Weiter- chiatrie des St. Josefs-Hospitals Bochum-Linden geltung des öffentlichen Tarifrechtes getroffen werden können. In solchen Schriftliche Anmeldung an Institut für ärztliches Management Personalüberleitungsverträgen besteht der Ärztekammer Westfalen-Lippe insbesondere die Möglichkeit festzule- Postfach 40 67, 48022 Münster gen, dass die das Krankenhaus überneh- Fax: 02 51/929-22 49 mende Krankenhaus-GmbH dem Kom- E-Mail: management@aekwl.de munalen Arbeitgeberverband beitritt Auskunft: Guido Hüls, Tel.: 02 51/929-22 10 und dort die Mitgliedschaft aufrechter- hält. Teilnehmergebühr: 20,00 Euro Westfälisches Ärzteblatt 3/2005 9
KRANKENHAUS schäftigten nicht. Ärztliche Kollegen interessant sein, z. B. durch struktu- lios, Rhön, Wittgenstein und dem sind nach einer Privatisierung tenden- rierte Programme zur Fort- und Ökumenischen Dachverband Kirch- ziell sogar besser gestellt. Bei den Weiterbildung sowie Führungskräf- licher Träger auch auf Asklepios, Führungskräften wurden leistungsbe- teentwicklung mit konzernweiten Neue Pergamon, Eifelhöhenklinik zogene Entgeltkomponenten einge- Perspektiven, wie sie Helios anbietet. und andere übertragbar sind. Nicht al- führt. Durch professionellere und ef- le Träger verfolgen die gleiche Fir- fektivere Managementstrukturen kam Fazit: menphilosophie; bei der Ameos-Kli- es zu schnelleren Entscheidungen und Vorurteile hinterfragen nik in Bremen wurde im Februar zu strategischen Neuausrichtungen wegen der Einführung eines neuen wie z. B. dem Aus- und Aufbau von Die Ergebnisse der Studie klingen Tarifvertrages sogar gestreikt. Die Er- Spezialisierungen. Hierfür notwendi- fast zu gut. Einem anderem Auftrag- gebnisse machen jedoch Mut, Vorur- ge Investitionen konnten getätigt wer- geber als Ver.di würde man sie ver- teile zu hinterfragen und eine in der den, was unter den früheren Trägern mutlich nicht glauben und Eigeninter- eigenen Klink anstehende Privatisie- nicht möglich gewesen wäre. Auch essen unterstellen. Es bleibt abzuwar- rung auch als Chance zu begreifen. für junge Ärzte können private Träger ten, ob die guten Ergebnisse bei He- Der ideale Arbeitsplatz im Krankenhaus – sagen Sie uns Ihre Meinung! Ä rztinnen und Ärzte in den Kliniken leisten hervorra- gende Arbeit und sorgen dafür, dass rund um die Uhr, an sie- ben Tagen in der Woche und an 365 Tagen im Jahr eine hochwertige Pa- tientenversorgung sichergestellt ist. In Hochglanzbroschüren, Internetauftrit- ten und Stellenanzeigen werben Kli- niken mit ihrer Versorgungsqualität und dem breiten Angebotsspektrum. Am Mittwoch, 6. April 2005, Präsident Im schärfer werdenden Wettbewerb laden wir Sie ein, in der Zeit Prof. Dr. Ingo Flenker um Patienten, zuweisende Ärzte und von 13.00 bis 15.30 Uhr mit uns und die Vorstandsmitglieder Vereinbarungen mit Kostenträgern zu sprechen. Unter der Telefon- Dr. Lydia Berendes sind Marketing und Öffentlichkeitsar- nummer 02 51/929-9000 Dr. Rudolf Kaiser beit für das einzelne Haus wichtiger erwarten Ihren Anruf Dr. Theodor Windhorst denn je. Um im Wettbewerb bestehen zu können, brauchen Krankenhäuser aber vor allem eines: qualifizierte und platz im Krankenhaus aus? Hierzu sönlichen Einschätzungen und Anre- motivierte Ärztinnen und Ärzte! Und bitten wir Sie um Ihre Meinung. Ru- gungen sollen in eine „Checkliste“ die gewinnt man nur mit attraktiven fen Sie uns an! Machen Sie Vorschlä- einfließen, die vor allem jungen Kol- Arbeitsbedingungen! Mit Rücksicht ge, beschreiben Sie uns, wie Sie sich leginnen und Kollegen signalisieren auf den drohenden oder vielerorts be- den idealen Arbeitsplatz vorstellen. soll: „Worauf müssen wir bei der reits vorhandenen Ärztemangel wer- Sagen Sie uns, was Sie an Ihrem Ar- Stellenwahl besonders achten?“ Viel- den ärztliche Mitarbeiterinnen und beitsplatz oder Arbeitsumfeld stört. leicht entsteht aber aus dem Idealbild Mitarbeiter von Kliniken zwar stärker Lassen Sie uns aber ebenfalls wissen, eines ärztlichen Arbeitsplatzes auch umworben als in der Vergangenheit, was Sie an Ihrem Arbeitsplatz in der der nötige Druck auf die Kranken- die Arbeitsrealität ist in vielen Kran- Klinik schätzen. Auch gute Beispiele hausträger und -verwaltungen, den kenhäusern aber noch meilenweit von sind gefragt. Arbeitsplatz Krankenhaus und die dem Prädikat „zufriedenstellend“ ent- Aus den Gesprächen mit Ihnen Ressource ärztliche Arbeitskraft stär- fernt. möchten wir einen Gegenentwurf zu ker als bisher als unverzichtbaren Teil Wir möchten von Ihnen wissen: den vielerorts herrschenden misera- einer zukunftsgerichteten Unterneh- Wie sieht für Sie ein „zufriedenstel- blen Arbeitsbedingungen in den menskultur im Krankenhaus zu se- lender“ oder gar der „ideale“ Arbeits- Krankenhäusern entwickeln. Ihre per- hen. 10 Westfälisches Ärzteblatt 3/2005
FORTBILDUNG Borkum-Programm greift aktuelle Fortbildungsthemen auf Auf Borkum hat der Fortschritt eine lange Tradition. „Wir bemühen uns, bewährte Veranstaltungen wieder aufzugreifen, aber auch neue thematische Akzente zu setzen,“ fasst Prof. Dr. Eckhard Most, Vorsitzender der Akademie für ärztliche Fortbildung der ÄKWL und der KVWL, die Vorbereitungen für die 59. Fortbildungswoche zusammen. Mit dem Westfälischen Ärzteblatt sprach der Kardiologe aus Paderborn über eine Fortbildungswoche unter den Vorzeichen einer gesetzlich verordneten Pflichtfortbildung. WÄB: Welche Veranstaltungen wür- Weiterbildungskurse den Sie Borkum-Neulingen besonders angeboten werden. ans Herz legen? WÄB: Seit 2004 ha- Prof. Most: Jeder Teilnehmer wird ben wir eine gesetzli- seine individuellen Schwerpunkte set- che festgeschriebene zen. Dem Neuling Fortbil- empfehle ich unser dungs- Hauptprogramm mit pflicht. Nehmen dem Titel „Was gibt es die Kolleginnen Neues in der Medi- und Kollegen diese zin?“, gedacht für den Pflicht wahr? Hausarzt und Kliniker. Prof. Most: Ja. In un- unseren bisherigen Erfahrungen wer- Das Angebot wurde serem Kammerbereich den fleißig Punkte gesammelt und da- wegen vorzüglicher nahm die Ärzteschaft bei darauf geachtet, ob durch Zusatz- Akzeptanz im vergan- bis auf wenige Ausnah- punkte die Effizienz noch gesteigert genen Jahr thematisch men auch ohne die werden. erweitert. Referenten jetzt verankerte Pflicht- WÄB: Borkum ist die Traditionsver- und Teilnehmer profi- fortbildung die erfor- anstaltung schlechthin in der ärzt- tierten von den lebhaf- Prof. Dr. Eckhard Most derliche Fortbildungs- lichen Fortbildung. Welche aktuellen ten und nutzbringen- pflicht wahr. Das bis- Trends beobachten Sie beim Wissen- den Diskussionen. Hinweisen möchte her geltende, freiwillige Fortbil- erwerb? ich auch auf die Kombinierbarkeit mit dungszertifikat scheiterte leider an Prof. Most: Der allgemeine Trend anderen, interessanten Veranstaltun- der konsequenten Dokumentation. geht schon seit längerem weg von der gen. Die Ärzteschaft hat das Ziel der Poli- reinen Frontalveranstaltung hin zum WÄB: Für wen ist dieses Angebot tik, auch die Fortbildung zu regle- Workshop, zu Kursen und Qualitäts- besonders interessant? mentieren, nicht voll erkannt. Glück- zirkeln, also zum Wissenserwerb in Prof. Most: Die Fortbildungsakade- licherweise gelang es den ärztlichen kleineren Arbeitsgruppen mit engem mie unserer Kammer möchte die ge- Selbstverwaltungsorganen, die Inhal- Kontakt zum Referenten. Nach Ver- samte Ärzteschaft ansprechen. Bor- te der Fortbildung in ärztlicher Hand abschiedung der neuen Fortbildungs- kum bietet die vorzügliche Gelegen- zu behalten und somit eine externe satzung durch unsere Kammerver- heit, niedergelassene und in Kliniken Regelung zu verhindern. sammlung ist der Trend zu struktu- tätige Ärztinnen und Ärzte zu- WÄB: Ist Fortbildung unter dem Ge- rierten, interaktiven Fortbildungs- sammenzubringen, um gegenseitig setz nur eine lästige Pflicht? maßnahmen über Print-, Online- und voneinander zu lernen und fachüber- Prof. Most: Die meisten Ärztinnen audiovisuelle Medien mit nachgewie- greifend zu diskutieren. Dabei treten und Ärzte betrachten die Fortbildung sener Qualifizierung und Auswertung wir nicht in Konkurrenz zu den Fort- als Teil ihrer beruflichen Qualifika- des Lernerfolges nicht zu übersehen. bildungsmaßnahmen der Fachgesell- tion völlig unabhängig von den neuen Hierbei ist die Ärztin und der Arzt zu- schaften, die ein auf den jeweiligen und bisherigen gesetzlichen Regelun- nächst einmal auf sich selbst gestellt. Schwerpunkt spezialisiertes Themen- gen. Allerdings müssen jetzt Punkte Man sollte nur aufpassen, dass der spektrum vermitteln. Unser Ziel ist gesammelt, dokumentiert und von interkollegiale, verbale Gedankenaus- der fundierte, wissenschaftlich gesi- den Vertragsärzten der KV vorgelegt tausch nicht zu kurz kommt. cherte Praxisbezug, der ad hoc umge- werden. Modifiziert gilt das auch für WÄB: Wenn man Teilnehmer fragt, setzt werden kann. Ergänzend darf die Klinikärzte. Dies ist sicherlich lä- was das wichtigste an der Borkumwoche ich darauf hinweisen, dass neben der stig, könnte aber durch elektronische ist, rangiert das Gespräch unter Kol- Fortbildung sehr gut frequentierte Verfahren vereinfacht werden. Nach legen gewiss ganz oben... Westfälisches Ärzteblatt 3/2005 11
FORTBILDUNG Prof. Most: Natürlich steht ßes Jubliäum zum runden Ge- immer der vermittelte Inhalt burtstag? an erster Stelle. Sie haben Prof. Most: Aber ja! Wir wol- recht, dass das Gespräch unter len ähnlich wie bei dem 50- Kollegen dazu geeignet ist, jährigen Jubiläum die 60. vieles zu vertiefen, eine Ab- Fortbildungswoche festlich stimmung für die praktische gestalten. Umsetzung zu erreichen und WÄB: Was wird für den Vor- natürlich auch persönliche sitzenden der Akademie der Kontakte zu pflegen. Das reiz- Höhepunkt der Borkumwoche volle an der Borkumer Fortbil- sein? dungswoche ist das Faktum, Prof. Most: Einen einzelnen dies alles in einer entspannten Höhepunkt zu definieren, ist Atmosphäre zu verbinden oder kaum möglich, da es auf Bor- unter einen Hut zu bringen. kum viele, gleichwertige Hö- Das fachliche Engagement al- hepunkte gibt. Für mich per- ler Beteiligten ist vorbildlich, sönlich ist die Fortbildungs- das nicht fachbezogene Ge- woche in Borkum einer der sprächnach getaner Arbeit wichtigen Höhepunkte unserer auch unter Berücksichtigung Bemühungen um eine konzen- der gastronomischen Be- trierte, qualitativ hochwertige sonderheiten auf Borkum er- Fortbildung mit regem, un- und auffrischend. komplizierten und freund- WÄB: Ist Borkum im Mai fest lichen Gedankenaustausch, in westfälischer Hand? der für das gegenseitige Ver- Prof. Most: Auch in diesem ständnis und die Förderung Jahr sind sicherlich wieder der ärztlichen Solidarität von Teilnehmer aus anderen Kam- Wichtigkeit ist. Meine Mitar- merbereichen mit dabei, die beiterinnen und Mitarbeiter meisten Kolleginnen und Kol- der Akademie und ich werden legen kommen traditionsge- uns sehr viel Mühe geben, den mäß aus Westfalen-Lippe. organisatorischen Rahmen für WÄB: Nach der 59. kommt alle Teilnehmer übersichtlich die 60. Fortbildungswoche. und angenehm zu gestalten. Gibt es nächstes Jahr ein gro- kd KVWL informiert auf Borkum Bei der Fortbildungswoche auf Borkum im Mai wird die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe erstmalig mit eigenen Informationsangeboten vertreten sein. Neben den Service-Centern, die „Erste Hilfe in allen Fragen rund um die vertragsärztliche und -psychotherapeutische Tätigkeiten bieten, stehen den Borkum-Teilnehmern auch Fachleute zu den unterschiedlichsten Themengebieten zur Verfügung: Sie brauchen Beratung zum Thema Arznei- und Heilmittel, zum Beispiel in Hinblick auf Verordnung und Wirtschaftlichkeit? Sie benötigen Rat zur Praxisfüh- rung, -gestaltung, -marketing? Sie haben Fragen zu den neuen Versorgungsformen oder wünschen sich eine Niederlassungsberatung? Ob EBM2000plus, der neue Ho- norarverteilungsvertrag oder Qualitätsmanagement in der Praxis: Die Mitarbeiter der KVWL bieten auch im Rah- men der Fortbildungswoche Informationen und kompe- tente Hilfe an. 12 Westfälisches Ärzteblatt 3/2005
PATIENTENVERFÜGUNG Patientenverfügung und lebenserhaltende Maßnahmen Die Entscheidung des 12. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes vom 17.3.2003 war Thema einer Veranstaltung, bei der am 29. Januar Juristen und Ärzte über die Einstellung lebensverlängernder Maßnahmen bei entscheidungsunfähigen Patienten disku- tierten. Rund 200 Ärztinnen und Ärzte waren der Einladung des Ethik-Rates der Ärztekammer und der Akademie für Ärztliche Fortbildung der ÄKWL und der KVWL gefolgt. Von Dr. Eugen Engels, Vorsitzender des Ethik-Rates der Ärztekammer Westfalen-Lippe N ach Einführung in das The- gerichtig bestellte das zuständige nach dessen Lebensentscheidungen, ma durch den Vorsitzenden Amtsgericht mit Beschluss vom Wertvorstellungen und Überzeugun- des Ethik-Rates, Dr. Eugen 18.1.2001 den Sohn des Patienten gen zu bestimmen. Engels, folgten Statements der Vorsit- zum Betreuer. 3. Das Zivilrecht kann nicht etwas zenden Richterin des 12. Zivilsenates Der Sohn als Betreuer beantragte erlauben, was das Strafrecht verbietet. des Bundesgerichtshofes, Dr. jur. am 8.4.2002 beim Amtsgericht die Danach wird zwischen – Meo-Micaela Hahne, des Lehrstuh- Einstellung der Ernährung über die jeweils erlaubter – so ge- linhabers der Universität Bielefeld PEG-Sonde, da eine Besserung des nannter Sterbehilfe im ei- Prof. Dr. jur. Wolfgang Schild und Zustandes seines Vaters nicht zu er- gentlichen bzw. engerem des Vormundschaftsrichters Dam- warten sei. Die Einstellung entspre- Sinne (irreversibler töd- horst aus Coesfeld. Zur Podiums- che dem früher geäußerten Wunsch licher Verlauf mit un- bzw. Plenumdiskussion standen zu- seines Vaters. mittelbarer Todesnähe) dem zur Verfügung Prof. Dr. Hugo In Form einer Patientenverfügung und so genannter Sterbe- van Aken, Intensivmediziner und hatte der Vater für den Fall seiner Ent- hilfe im weiteren Sinne (ir- Lehrstuhlinhaber der Universität scheidungsunfähigkeit unter anderem reversibler tödlicher Ver- Münster, Dr. Günnewig, Geriater aus verfügt, dass im Falle einer irreversib- lauf, ohne dass der Sterbe- Recklinghausen, Dr. Kaiser, Palliativ- len Bewusstlosigkeit, eines schwer- vorgang bereits eingesetzt mediziner aus Gütersloh und Dr. sten Dauerschadens des Gehirns oder hat) unterschieden. Dr. Eugen Engels May, Medizinethiker aus Bochum. des dauernden Ausfalles lebenswich- Daraus folgt, dass ein Die Leitung der Veranstaltung lag in tiger Funktionen seines Körpers oder Behandlungsabbruch von vornherein der Hand eines Juristen, nämlich des im Endstadium einer zum Tode füh- ausschließlich dann in Frage kommt, Landgerichtspräsidenten Klaus Schelp renden Krankheit keine Intensivbe- wenn das Grundleiden des Betroffe- aus Münster. handlung mehr vorgenommen dürfe nen bereits einen irreversiblen töd- Die Entscheidung des Bundesge- und die Ernährung einzustellen sei. lichen Verlauf genommen hat. Oder richtshofes (BGH) war erforderlich Zusammenfassend, verständlicher- anders ausgedrückt: Liegt ein irrever- geworden, nachdem das schleswig- weise ohne Anspruch auf Vollständig- sibler tödlicher Verlauf nicht vor, holsteinische Oberlandesgericht in keit, im Folgenden die wesentlichsten würden sich sowohl das Verlangen ei- Abweichung von der Rechtsspre- Aussagen des Beschlusses, den 12. nes Betreuers nach einem Abbruch chung der Oberlandesgerichte Frank- Zivilsenat des BGH am 17.3.2003 ge- der Behandlung wie auch eine etwai- furt und Karlsruhe eine Pflicht des fasst hat. ge diesbezügliche Billigung des Vor- Betreuers verneint hatte, seine Ein- 1. Eine so genannte Patientenverfü- mundschaftsgerichtes als rechtswid- willigung in den Abbruch der Ernäh- gung, in der ein Patient lebenserhal- rig darstellen. rung eines selbst nicht mehr entschei- tende oder lebensverlängernde Maß- 4. Die Umsetzung des geäußerten dungsfähigen, irreversibel geschädig- nahmen für den Fall ablehnt, dass bzw. des mutmaßlichen Willens des ten Patienten vormundschaftsgericht- sein Grundleiden einen irreversiblen Betroffenen ist exklusive Aufgabe des lich genehmigen zu lassen. tödlichen Verlauf genommen hat und Betreuers – wenn denn ein solcher Es ging um einen damals 72-jähri- er entscheidungsunfähig ist, ist von bestellt worden ist – als gesetzlicher ge Patienten, der am 29.11.2000 in- den behandelnden Ärzten, dem u. U. Vertreter des Patienten. Die Erklärung folge eines Herzinfarktes einen hypo- eingesetzten Betreuer und dem Vor- des Betreuers zum Abbruch lebenser- xischen Gehirnschaden mit der Folge mundschaftsgericht als verbindlich zu haltender Maßnahmen bedarf für ihre eines apallischen Syndroms erlitt und betrachten. Wirksamkeit jedoch der vorherigen seitdem über eine PEG-Sonde ernährt 2. Liegt keine Patientenverfügung vormundschaftgerichtlichen Geneh- wurde. Er war bewusstlos. Eine Kon- vor, ist der mutmaßliche Wille des migung, wenn sich der Betreuer mit taktaufnahme war nicht möglich. Fol- Betroffenen zu eruieren. Dieser ist ärztlicherseits angebotenen lebenser- Westfälisches Ärzteblatt 3/2005 13
PATIENTENVERFÜGUNG haltenden Maßnahmen nicht einver- Wie steht es beim Ersteinsatz le- Konsens zwischen Betreuern, Ärzten, standen erklärt und es insoweit zu ei- bensverlängernder Maßnahmen bei Pflegenden und Angehörigen getrof- nem Konflikt kommt. einem entscheidungsunfähigen Pa- fen werden, sodass ein Vormund- 5. Bis zur Entscheidung des Vor- tienten mit einem entsprechend schaftsgericht nicht eingeschaltet mundschaftsgerichtes ist die lebens- niedergeschriebenen Patientenwillen? werden muss. verlängernde oder -erhaltende Be- Ist es tatsächlich so, wie Juristen Kernaussage der BGH-Entschei- handlung bei medizinischer Indika- aus der BGH-Rechtsprechung ablei- dung war ja, dass eine qualifizierte tion auch ohne entsprechende Einwil- ten, dass bereits das Vormundschafts- Patientenverfügung für alle Beteilig- ligung des Betreuers bzw. sogar ge- gericht dann angerufen werden müs- ten, insbesondere auch für die behan- gen dessen ausdrückliche Anweisung ste, wenn es darum geht, eine Infu- delnden Ärzte, rechtlich bindend ist. durch die behandelnden Ärzte zwin- sionsverweilkanüle zu legen oder Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass gend fortzusetzen. Stimmt das Vor- Atemhilfsmittel einzusetzen? Eine ein Arzt, der bewusst hiergegen ver- mundschaftsgericht dem Behand- nicht praktikable Lösung! Die Akutsi- stößt, sich der Körperverletzung lungsabbruch allerdings rechtskräftig tuation, die Notsituation kann und schuldig macht und deswegen belangt zu, ist dies für die behandelnden Ärz- darf hiermit nicht gemeint sein. werden kann. te verbindlich. Erst später, wenn möglicherweise 6. Eine gesetzliche Regelung der ein Krankheitsverlauf mit infauster Patientenwille steht aufgeworfenen Problematik ist auch Prognose eingetreten ist, wenn sich über der Behandlungspflicht nach Auffassung des BGH wün- die Frage z. B. der künstlichen Ernäh- schenswert. Sicher war es das Anlie- rung stellt – Vormundschaftsgericht? Denn der Patientenwille, die Auto- gen des Bundesgerichtshofes, ange- Sollte nicht klarer zum Ausdruck nomie des Patienten, steht über der sichts bislang fehlender gesetzlicher gebracht werden, dass Raum für eine Behandlungspflicht des Arztes, und Regelung für mehr Rechtssicherheit vormundschaftliche Kontrolle nur ist damit höher einzustufen als der zu sorgen. Allerdings waren insbe- dann besteht, wenn Arzt und Betreuer Grundsatz ärztlichen Handelns: „Sa- sondere aus juristischen Kreisen kriti- in der Auslegung einer Patientenver- lus aegroti suprema lex.“ Auch dies sche Fragen aufgeworfen worden, die fügung unterschiedlicher Auffassung wurde noch einmal klar gemacht und uns Ärzte zunehmend verunsichert sind? Will oder kann überhaupt ein hierin stimmten die Juristen ebenfalls hatten und einige von uns leider im- Vormundschaftsrichter dieser schein- überein: Das Vormundschaftsgericht mer noch verunsichern. baren Machtfülle, die ihm durch die- braucht nur angerufen zu werden, sen Beschluss zuerkannt wurde, nach- wenn kein Konsens zwischen Betreu- Offene Frage kommen? Ist ein Richter nicht über- er und behandelndem Arzt zur Ein- fordert, in den Grenzbereich zwi- stellung lebensverlängernder Maß- Einige Knackpunkte seien genannt: schen Leben und Tod mit juristischen nahmen erreicht werden kann. Werden Patientenrechte nicht eher Mitteln eingreifen zu müssen? Aus der Rechtsprechung des BGH eingeengt, wenn trotz Vorliegens ei- Im Verlauf der Veranstaltung wurde ist auch abzuleiten, dass beim Erst- ner Patientenverfügung im Stadium deutlich, dass die besonders von einsatz lebensverlängernder Maßnah- der Entscheidungsunfähigkeit das Juristen kontrovers vorgetragenen men das Vormundschaftsgericht an- Vormundschaftsgericht angerufen Ansichten eher auf Missverständnis- zurufen ist, wenn die Patientenverfü- werden muss? Muss das Gericht sen, Definitions- und Argumenta- gung eines mittlerweile entschei- überhaupt immer angerufen werden? tionsproblemen beruhten, die für Ärz- dungsunfähig gewordenen Patienten Darüber hinaus ist die wichtigste te nicht unbedingt praktische Rele- z. B. die Anlage einer PEG verbietet, bindende Vorgabe, dass die Krankheit vanz aufwiesen. der behandelnde Arzt aber trotzdem des Betroffenen einen irreversiblen Von den Juristen wurde überein- diese Maßnahme aus seiner ärztlichen tödlichen Verlauf genommen haben stimmend klargestellt, dass wir Ärzte, Sicht für sinnvoll und ratsam hält. und die unmittelbare Todesnähe gege- wenn sie sich in in Fragen zu Ent- Deutlich wurde auch, dass es nicht ben sein muss, um lebensverlängern- scheidungen am Lebensende entspre- die Angehörigen sind, die die notwen- de Maßnahmen einzustellen. chend ihres Berufsethos verhalten, digen Entscheidungen treffen. Ent- Was verstand der 12. Zivilsenat des keine Sorgen haben müssen, juris- scheidungen sind in der Patientenver- BGH unter „irreversiblem tödlichen tisch belangt zu werden. fügung getroffen. Auch ein Betreuer Verlauf“? Unter unmittelbarer Todes- Es zeigte sich auch, dass bislang „transportiert“ lediglich den Willen nähe? nur sehr vereinzelt Vormundschafts- des Patienten. Dies soll nicht bedeu- Wenn wir vom Abbruch lebensver- gerichte zu Fragen der Einstellung le- ten, dass man als Arzt nicht den Be- längernder Maßnahmen sprechen, bensverlängernder Maßnahmen bei treuer und die Angehörigen in seine meinen wir oft die Einstellung der Er- entscheidungsunfähigen Patienten Überlegungen mit einbezieht und auf nährung über eine so genannte PEG. mit einer qualifizierten Patientenver- diese Weise letztlich doch eine ge- Konsequenterweise gehört hierzu fügung Stellung nehmen mussten. meinsame und von allen Seiten ak- doch auch die parenterale Ernährung, Dies bedeutet offensichtlich, dass die zeptierte Lösung erreicht. also die Ernährung über Infusionen. meisten dieser Entscheidungen im Insbesondere Dr. Hahne wies dar- 14 Westfälisches Ärzteblatt 3/2005
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