Whitepaper MieterstromPlus! - Den Solarstrom zu den Mieterinnen und Mietern bringen!

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Whitepaper MieterstromPlus! - Den Solarstrom zu den Mieterinnen und Mietern bringen!
Whitepaper
  MieterstromPlus!
  Den Solarstrom zu den
  Mieterinnen und Mietern bringen!

Autor/innen: Julia Memmert, Andrea Rumler, Volker Quaschning,
Bernhard Siegel

Ein Projekt von                                                 Gefördert durch
Whitepaper MieterstromPlus! - Den Solarstrom zu den Mieterinnen und Mietern bringen!
Impressum

Herausgeber/innen:
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
Badensche Straße 52, 10825 Berlin
Tel. +49 (0)30 30877- 0
www.hwr-berlin.de
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Treskowallee 8, 10318 Berlin
Tel. +49 30 5019 – 0
www.htw-berlin.de

Autor/innen:
Julia Memmert, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
Andrea Rumler, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
Volker Quaschning, Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Bernhard Siegel, Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin

Stand: Februar 2022

Gestaltung:
Paula Becker, Constanze Diekmann

Über das Projekt:
Diese Veröffentlichung ist entstanden im Forschungsprojekt „MieterstromPlus! Den Solarstrom
zu den Mieterinnen und Mietern bringen!“.

Förderung:
Das Projekt wird mit finanzieller Unterstützung des Instituts für angewandte Forschung Berlin
(IFAF Berlin) durchgeführt.
Whitepaper MieterstromPlus! - Den Solarstrom zu den Mieterinnen und Mietern bringen!
Zusammenfassung

                                     Solarenergie spielt eine zentrale Rolle für die
                                     Energiewende im städtischen Raum. Dabei
                                     bietet das Modell des sogenannten Mieter-
                                     stroms, das Mieterinnen und Mietern ermög-
                                     licht, auf dem Hausdach erzeugten Solarstrom
                                     zu beziehen, großes Potenzial für eine bürger-
                                     nahe Energiewende. Anderweitig ungenutzte
                                     Dachflächen werden zum Energielieferanten,
                                     und die Versorgung von erneuerbaren Ener-
                                     gien für Bürgerinnen und Bürger wird transpa-
                                     rent und erfahrbar. Für den vor Ort produzierten
                                     Mieterstrom entfallen die Netzentgelte, wo-
                                     durch dieser zu einem kostengünstigen Preis
Inhaltsverzeichnis                   an die Bewohnerschaft abgegeben werden
                                     kann und diese auch im finanziellen Sinne di-
                                     rekt von der Energiewende profitieren lässt.
1 Den Solarstrom zu den
  Mieterinnen und Mietern bringen    Trotz dieser Vorteile wird das Potenzial des Mo-
                                     dells bislang bei weitem nicht ausgeschöpft. Oft
2 Mieterstrom aus Sicht der          scheitert die Realisierung der Projekte an der
  Mieterinnen und Mieter             hohen Komplexität der regulatorischen Vorga-
                                     ben und den von der Politik gesetzten schwieri-
3 Mieterinnen und Mieter erreichen   gen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Des
                                     Weiteren wird mit dem Mieterstrom-Angebot oft
4 Zukunft Mieterstrom –              ein zu geringer Abnahmeanteil in der Hausbe-
  Chancen und Herausforderungen      wohnerschaft realisiert, um die Solaranlagen
                                     wirtschaftlich betreiben zu können.

                                     Zwei Befragungen in ausgewählten Mieter-
                                     stromprojekten der Stadt Berlin decken Poten-
                                     ziale für eine stärkere Beteiligung von Mieterin-
                                     nen und Mietern an Mieterstromprojekten auf.
                                     Aus den Studienergebnissen werden Empfeh-
                                     lungen für ein erfolgreiches Mieterstrom-Marke-
                                     ting und nötige politische Weichenstellungen
                                     abgeleitet. Dabei werden verschiedene Green
                                     Nudging Ansätze vorgestellt und ihre Anwen-
                                     dungsmöglichkeiten im Kontext Mieterstrom
                                     aufgezeigt.
Whitepaper MieterstromPlus! - Den Solarstrom zu den Mieterinnen und Mietern bringen!
1 Den Solarstrom zu den Mieterinnen                  Das Forschungsprojekt MieterstromPlus!
  und Mietern bringen
                                                     Solarstrom, wenn er als Mieterstrom gelten und
Mieterstrom – Energiewende im städtischen            vom gesetzlich geregelten Mieterstromzuschlag
Raum                                                 profitieren soll, muss direkt vor Ort verbraucht
                                                     werden können und unterliegt den mitunter kom-
Nachhaltige Energieversorgung nimmt für das          plexen Regelungen des Erneuerbare Energie
Erreichen der Klimaschutzziele eine Schlüssel-       Gesetzes (EEG). Daneben wird, um Mieterstrom-
rolle ein. In Deutschland zählen circa 85% der       projekte wirtschaftlich betreiben zu können, eine
Treibhausgas-Emissionen zu den energiebe-            bestimmte Eigenverbrauchsquote, d.h. eine Min-
dingten Emissionen, wie sie beispielsweise bei       destanzahl an Abnehmer/innen des solaren
der Umwandlung von fossilen Energieträgern in        Stromprodukts, benötigt.
Wärme und Strom entstehen (UBA, 2021).
                                                     Die Erzeugung erneuerbarer Energie auf Solar-
Auch in Berlin stellen Steinkohle, Gase und Mi-      strombasis findet breite Akzeptanz in der Bevöl-
neralölprodukte die drei fossilen Energieträger      kerung (AEE, 2021). Allerdings variieren in Mie-
mit dem größten CO2-Ausstoß dar. Diese kom-          terstromprojekten in Deutschland die Anteile der
men insbesondere in den Sektoren Stromerzeu-         Bewohner/innen, welche sich für das regionale
gung, Fernwärmeerzeugung und Verkehr zum             Solarstromprodukt vom Hausdach entscheiden,
Einsatz (AfS, 2020). Solaranlagen können dabei       mitunter stark (Schäfer, 2019). Dies hemmt, ne-
in allen drei Bereichen zur Emissionsreduzierung     ben den komplexen rechtlichen Rahmenbedin-
beitragen: In erster Linie wird Strom bereitge-      gungen, die breite Umsetzung des Konzepts.
stellt, der in den Gebäuden verwendet wird. Dar-     Hier setzt das vom Institut für angewandte For-
über hinaus kann Solarstrom aber auch zum Be-        schung Berlin (IFAF Berlin) geförderte For-
treiben von Wärmepumpen sowie von Ladesäu-           schungsprojekt MieterstromPlus! an. Ziel dieses
len für Elektroautos genutzt werden.                 von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Ber-
                                                     lin und der Hochschule für Technik und Wirtschaft
Auf dem Weg zur klimaneutralen Hauptstadt            Berlin gemeinsam durchgeführten Projektes ist
spielt Photovoltaik (PV) für Berlin daher eine we-   es, zu ermitteln, was Menschen motiviert, Solar-
sentliche Rolle. Wie im Masterplan Solarcity fest-   strom vom Dach zu beziehen und was mögliche
gehalten, will Berlin bis 2050 ein Viertel seines    Hinderungsgründe sind (IFAF Berlin, 2021).
Stromverbrauchs durch Solarstrom von PV-Anla-
gen auf Berliner Dächern decken (SenWEB,             Des Weiteren möchte das IFAF-Projekt die Be-
2020). Um dieses Ziel zu erreichen, wird ein maß-    dürfnisse der Mieter/innen bei der Gestaltung von
geblicher Ausbau von Solaranlagen auch auf           Produkten und Dienstleistungen rund um solare
Mehrfamilienhäusern bzw. Mietshausdächern            Stromversorgung ermitteln. Dazu soll auch ge-
benötigt (SenUVK, 2019). Der dort erzeugte So-       klärt werden, ob von den Mieterinnen und Mietern
larstrom kann dann als sogenannter Mieterstrom       weitere Dienstleistungen rund um das Thema
direkt für die lokalen Stromversorgung der Haus-     Strom gewünscht sind. Beispiele dafür sind An-
bewohner/innen genutzt werden. Diese profitie-       wendungen intelligenter Stromzähler (Smart Me-
ren dabei von einem günstigen Preis für ein hoch-    ter), das Leasing von energiesparsamen Geräten
wertiges und regionales Ökostromprodukt. Denn        oder Ladeinfrastruktur für E-Mobilität.
Mieterstrom ist per Gesetz immer mindestens
10% günstiger als der Grundversorgungstarif          Aus den gewonnenen Erkenntnissen werden
(BNetzA, 2021), und durch den Vor-Ort-Ver-           Vorschläge zur Weiterentwicklung des Mieter-
brauch entfallen Netzentgelte.                       strommodells und des Marketings für dieses

                                                                                                    4
nachhaltige Stromprodukt entwickelt (IFAF Ber-                Abbildung 2 gibt einen Überblick zur Strichprobe
lin, 2021). Im Folgenden werden die wichtigsten               der Haushaltbefragung. Diese setzte sich circa
Projektergebnisse dargelegt.                                  zur Hälfte aus weiblichen und zur Hälfte aus
                                                              männlichen Teilnehmenden zusammen. 55% der
2 Mieterstrom aus Sicht der Mieterinnen                       Befragten waren Mieterstromkund/innen und
  und Mieter                                                  40% hatten sich für einen anderen Stromtarif ent-
                                                              schieden. 5% der Teilnehmenden wussten nicht,
Haushalts-Befragung in acht Berliner Mieter-                  welchen Stromtarif sie haben und befanden sich
strom-Projekten                                               zum Teil im Grundversorgungstarif.

Um die Motive und Hinderungsgründe für den                    Auch Alters- und Einkommenstechnisch konnte
Wechsel zum Mieterstrom bei den Mieterinnen                   die Befragung verschiedenste Haushalte errei-
und Mietern zu evaluieren, wurden 2020 im Rah-                chen. 47% der Befragten waren über 50 Jahre alt
men des Forschungsprojekts MieterstromPlus!                   und 53% jünger. 92% der Teilnehmenden mach-
189 Mieter/innen in acht ausgewählten Mieters-                ten eine Angabe zu ihrem Einkommen, wobei
tromprojekten der Berliner Stadtwerke befragt                 56% ein Haushaltnettoeinkommen bis 2000 € an-
(siehe Abbildung 1).                                          gaben. Bei circa einem Drittel der Befragten han-
                                                              delte es sich um Haushalte mit Kindern, bei ei-
Um ein möglichst repräsentatives Bild zu erhal-               nem weiteren Drittel um Singlehaushalte. Der
ten, konnten die Teilnehmenden sowohl online                  Rest der Stichprobe bestand aus Mehrpersonen-
als auch telefonisch an der Befragung teilneh-                haushalten ohne Kinder.
men. Der web-basierte Fragebogen enthielt
hauptsächlich skalenbasierte Fragenformate, die
durch einige offene Fragen ergänzt wurden. Die
erhobenen Daten wurden mittels statistischer Da-
tenanalyse ausgewertet.

Abbildung 1: Übersicht der Berliner Mieterstromprojekte der
quantitativen Haushaltsbefragung im Jahr 2020: Kaulsdorf
Nord - Hellersdorf, Karower Chaussee - Pankow, Pankevier-
tel - Pankow, Seefelder Straße - Hohenschönhausen, Moll-      Abbildung 2: Stichproben-Merkmale der quantitativen Befra-
straße - Mitte, Alt Treptow - Treptow, Sewanstraße - Lich-    gung mit 189 Haushalten
tenberg, Sedanstraße - Steglitz

                                                                                                                      5
Motivatoren und Hinderungsgründe für den                     Auch den Mieterstrombeziehenden war letzterer
Wechsel                                                      Punkt sehr wichtig - die Transparenz der Preisge-
                                                             staltung wurde als zweitwichtigstes Kriterium
Auf Seite der Mieterstromkund/innen waren die                nach der Stromherkunft aus erneuerbaren Ener-
zwei Hauptargumente für den Bezug von Mieter-                giequellen genannt (vgl. Tabelle 4).
strom sowohl die Unterstützung der Energie-
wende als auch der attraktive Preis des Strom-               Bei fast der Hälfte der Kund/innen anderer Strom-
produkts. Als wichtigste Kriterien für den Wechsel           produkte (46%) wurde als Hinderungsgrund für
zum Mieterstromanbieter wurden im Rahmen der                 den Wechsel zu Mieterstrom angegeben, dass es
quantitativen Befragung von Mieterstromkund/in-              bei Abschluss des Mietvertrages noch keine So-
nen „Nachhaltigkeit/Umweltschutz“, eine „ver-                laranlage auf dem Dach gegeben habe. 42%
brauchsnahe Erzeugung“ und ein „günstiger                    nannten einen günstigeren Strompreis bei einem
Preis“ genannt (vgl. Tabelle 1).                             anderen Anbieter als relevantes Kriterium bei der
                                                             Entscheidung gegen Mieterstrom. Des Weiteren
Motive für die Wahl von Mieterstrom                          gab jeweils ein Viertel der Befragten an, dass der
                                                             Wechsel-Aufwand sowie fehlende Zeit, sich mit
                                                             dem Thema zu beschäftigen, mitentscheidend
                                                             gewesen seien (vgl. Tabelle 2). Das Thema Preis
                                                             scheint für Haushalte mit Kindern eine höhere
                                                             Relevanz zu haben. Diesen war der Strompreis
                                                             und die Vertragslaufzeit bei der Stromanbieter-
                                                             wahl signifikant wichtiger als Haushalten ohne
                                                             Kinder.
Tabelle 1: Ergebnisse der quantitat. Befragung von Mieter-
stromkund/innen (n=104, Mehrfachauswahl möglich)
                                                             Faktoren bei der Stromanbieterwahl (Kund/in-
Gründe, nicht zum Mieterstrom zu wechseln                    nen, die keinen Mieterstrom beziehen)

                                                             Tabelle 3: Ergebnisse der quantitat. Befragung von Nicht-
                                                             Mieterstromkund/innen (n=76, Mehrfachauswahl möglich)

Tabelle 2: Ergebnisse der quantitat. Befragung von Nicht-
Mieterstromkund/innen (n=76, Mehrfachauswahl möglich)
                                                             Faktoren bei der Stromanbieterwahl (Mieter-
                                                             strom Kund/innen)
Mieterstromkund/innen zeigten ein im Schnitt hö-
heres Umweltbewusstsein als Befragte, die kei-
nen Mieterstrom bezogen. Diese gaben als wich-
tigste Kriterien bei der Stromanbieterwahl den
Strompreis, die Strompreisgarantie und die
Transparenz der Preisgestaltung an (vgl. Tabelle
3).                                                          Tabelle 4: Ergebnisse der quantitat. Befragung von Mieter-
                                                             stromkund/innen (n=104, Mehrfachauswahl möglich)

                                                                                                                     6
Potenziale für den Ausbau des Kund/innen-            lich. Der Altersdurchschnitt lag bei 48 Jahren, wo-
  stamms                                               bei zum Zeitpunkt der Befragung 56% unter 50
                                                       Jahre und 44% über 50 Jahre alt waren. Die zum
  Interessanterweise scheinen viele der Befragten,     Teil telefonisch und zum Teil via Videokonferenz
  die noch keinen Mieterstrom beziehen, offen für      geführten Interviews wurden mittels einer qualita-
  das Konzept zu sein. In der Umfrage schlossen        tiven Inhaltsanalyse ausgewertet und ermögli-
  lediglich 18% der Befragten den zukünftigen          chen einen tieferen Einblick in die Motivlage der
  Wechsel zu Mieterstrom für sich aus. 32% der         Mieterstrombeziehenden.
  Umfrage-Teilnehmenden, die zum Zeitpunkt der
  Befragung keinen Mieterstrom bezogen, hatten         Unterschiedliche Motive für Mieterstrom-
  Interesse am Mieterstrom Bezug und 50% gaben         bezug
  an, vielleicht Interesse daran zu haben.
                                                       Insbesondere ließen sich in den Tiefeninterviews
                                                       drei Haupttypen an Mieterstrombeziehenden
Fast ein Drittel der Befragten,                        identifizieren und charakterisieren: Umweltbe-
die kein Mieterstrom beziehen,                         wusste, Preisbewusste sowie Effizienz- und
haben Interesse an dem Stromprodukt                    Transparenzbewusste.

                                                       Für den Typ Umweltbewusste ist das Hauptkrite-
  Darüber hinaus gaben 26% an, sich im teureren        rium bei der Stromanbieterwahl die nachhaltige
  Grundversorgungstarif zu befinden. Für diese         Stromerzeugung und die Transparenz dieses
  Kund/innen-Gruppe wäre Mieterstrom eigentlich        Prozesses bzw. der Stromherkunft. Der Preis
  schon aus rein finanziellen Gründen die attrakti-    spielt für diesen Typ eine nachgeordnete Rolle.
  vere Wahl. Des Weiteren gaben 39% der Nicht-         Im Gegensatz dazu sind für den Typ Preisbe-
  Mieterstromkund/innen an, Ökostrom zu bezie-         wusste die Vertragskonditionen ausschlagge-
  hen, was darauf hinweisen könnte, dass auch be-      bend. Hier spielen der Preis, die Preisstabilität
  stehende Vertragsbindungsfristen oder die Loya-      und wie flexibel die Vertragskonditionen, wie z.B.
  lität zum aktuellen Stromversorgungsunterneh-        Mindestvertragslaufzeit und Möglichkeiten der
  men eine Rolle spielen könnten.                      Vertragskündigung, gestaltet sind eine entschei-
                                                       dende Rolle. Nachhaltigkeit und Transparenz
  Qualitative Befragung in vier Berliner Mieter-       über die Stromquelle werden von diesem Typ
  strom-Projekten                                      Kund/innen zwar begrüßt, stellen aber ein nach-
                                                       geordnetes Auswahlkriterium dar. Der dritte Typ,
  Ergänzend zur primär quantitativen Haushaltsbe-      Effizienz- und Transparenzbewusste, begrüßt die
  fragung wurden im Frühjahr 2021 18 Tiefeninter-      Möglichkeit der Stromerzeugung auf sonst unge-
  views in drei Berliner Mieterstromprojekten der      nutzten Dachflächen und die Möglichkeit, den
  Berliner Stadtwerke (Kaulsdorf Nord in Hellers-      Strom ohne Weiterleitung direkt vor Ort verbrau-
  dorf, Mollstraße in Mitte, Sewanstraße in Lichten-   chen zu können. Auch dass nachvollzogen wer-
  berg) und einem Projekt der Bürgerenergie Berlin     den kann, wo und wie der Strom erzeugt wird,
  (Fuldastraße / Ossastraße Neukölln) geführt. Mit     überzeugt. Hier steht nicht per se das Motiv Um-
  Hilfe dieses qualitativen Forschungsparts konn-      weltschutz im Vordergrund, sondern dass vor Ort
  ten die Erkenntnisse aus der quantitativen Unter-    verfügbare Ressourcen transparent und effizient
  suchung vertieft und erweitert werden.               genutzt werden.
  Unter den 18 Interviewteilnehmenden bezogen
  11 Mieterstrom und 7 keinen Mieterstrom. 39%         Die unterschiedlichen Typen der Mieterstrombe-
  der Interviewten waren weiblich und 61% männ-        ziehenden machen deutlich, welch großes Poten-

                                                                                                        7
zial die Projekte haben, breite Teile der Bevölke-   zu differenzieren und Unterschiede herauszustel-
    rung für die Nutzung der Solarenergie zu begeis-     len. Insbesondere können hierfür die Vorteile der
    tern. Das Mieterstrom-Modell macht das für viele     Vor-Ort-Produktion genutzt werden, um Mieter-
    eher technisch-abstrakte Thema der nachhalti-        strom von anderen Ökostromtarifen abzugren-
    gen Stromerzeugung direkt vor Ort erfahrbar und      zen. Auch eine transparente Preisgestaltung
    nachvollziehbar. Gleichzeitig bietet es die Mög-     kann helfen, den Kund/innenstamm in Mieter-
    lichkeit, die Bürgerinnen und Bürger auch finan-     stromprojekten zu erweitern. Dieser Aspekt war
    ziell von der Energiewende profitieren zu lassen.    im Rahmen der Befragung für Kund/innen alter-
                                                         nativer Stromprodukte besonders wichtig. Trans-
    Dadurch kann die Unterstützung für Energie-          parenz kann dabei zum einen helfen, den attrak-
    wende und Klimaschutz auch in Schichten der          tiven Preis von Mieterstrom hervorzuheben und
    Bevölkerung ausgebaut werden, die nicht dem          zum anderen Vertrauen zum Anbieter zu generie-
    Stereotyp von Öko-Supermarkt-Einkäufer/innen         ren. Letzteres war im Rahmen der Mieterstrom-
    oder Grün-Wählenden entsprechen.                     Befragung als weiterer wichtiger Faktor für die
                                                         Stromanbieterwahl zu erkennen.

Mieterstromkund/innen – 3 Haupttypen                     Zielgruppe Neumieter/innen

Umweltbewusste                                           Strom zählt zu den sogenannten Low-Involve-
•   Hauptsache erneuerbare Energiequellen                ment-Produkten. Über diese machen sich Ver-
•   Bestmögliche Transparenz über Stromherkunft          braucher/innen oft wenig Gedanken, da es meist
    erwünscht                                            keine wahrnehmbaren Qualitätsunterschiede
•   Preis spielt eine nachgeordnete Rolle                zwischen den Produkten gibt. Darüber hinaus
                                                         steht das Produkt in Deutschland allen Mieterin-
Preisbewusste                                            nen und Mietern zur Verfügung, auch ohne aktive
•   Der günstige(re) Preis ist Hauptkriterium            Wahl eines Stromanbieters. Denn wer in eine
•   Attraktive Vertragskonditionen erwünscht
                                                         neue Wohnung zieht, wird automatisch mit Strom
•   Nachhaltigkeit und Transparenz erwünscht,
    spielen aber eine untergeordnete Rolle               zum Grundversorgungstarif versorgt. Dieser Hin-
                                                         tergrund impliziert, dass die Wechselmöglichkeit
Effizienz- und Transparenzbewusste                       zum Mieterstromanbieter möglichst nieder-
•   Vor Ort Faktor auschlaggebend                        schwellig gestaltet sein sollte. Im Kontext der Um-
•   Nutzung sonst ungenutzter Dachflächen und            frageergebnisse erscheint es zudem besonders
    Transparenz der Stromquelle                          wichtig, den Wechsel zum richtigen Zeitpunkt an-
                                                         zustoßen. Denn das Timing scheint eine ent-
                                                         scheidende Rolle bei der Wahl für Mieterstrom zu
    3 Mieterinnen und Mieter erreichen                   spielen. Wie oben beschrieben, war bei einem
                                                         großen Teil der Nicht-Mieterstrom-Kund/innen
    Einfache und transparente Kommunikation              ausschlaggebend, dass es bei Abschluss des
                                                         Mietvertrages noch keine Solaranlage auf dem
    Da es sich beim Mieterstrom um ein relativ kom-      Dach gegeben hatte. Es scheint, dass die Wahl
    plexes Konzept handelt, das an viele technische      des Stromanbieters meist im Zuge des Einzugs
    und rechtliche Maßgaben gekoppelt ist, ist es be-    getroffen wird und ein späterer Wechsel unwahr-
    sonders wichtig, das Produkt für potenzielle         scheinlicher ist. Der Fokus sollte daher, wo mög-
    Kund/innen möglichst einfach und transparent zu      lich, auf der Gewinnung von Neukund/innen vor
    kommunizieren. Dabei ist es sinnvoll, Mieter-        und bei Einzug in die Wohnung mit Mieterstrom-
    strom von anderen nachhaltigen Stromprodukten        Option liegen.

                                                                                                          8
An dieser Stelle können sich die Immobilienbesit-    Sichtbarkeit erhöhen und Identifikationsflächen
zenden und Hausverwaltungen maßgeblich ein-          schaffen
bringen, indem bereits vor Einzug Informationen
zum Mieterstrom und der Solaranlage auf dem          Es gibt bereits einige Beispiele für die Wirksam-
Dach bereitgestellt werden. Für die Umsetzung        keit von Marketingmaßnahmen, die durch eine
von Mieterstromprojekten im Bestand ist eine Be-     Erhöhung der Sichtbarkeit eines Produktes des-
teiligung der Bewohner/innen am Planungs- und        sen Konsum zu steigern versuchen. Beispiels-
Umsetzungsprozess besonders wichtig. Hinzu           weise konnte an Buffets durch die prominentere
kommt, dass im Rahmen der Haushaltbefragung          Platzierung von gesunden Speisen im Vergleich
der Mieterinnen und Mieter für das Thema Solar-      zu den ungesünderen Optionen ein erhöhter
energie im Schnitt ein weit größeres Involvement     Konsum der gesünderen Speisen beobachtet
gemessen wurde als für das Thema Strom an            werden (Bucher et al., 2016). Um die Sichtbarkeit
sich. Das unterstreicht das Potenzial, das Mieter-   der Mieterstrom Option zu erhöhen, kann man
strom im Kontext einer bürgernahen Energie-          beispielsweise in Hauseingängen eine digitale
wende hat.                                           Zähluhr aufhängen, die über den aktuellen Ta-
                                                     ges- oder Wochenstand der Solarstromproduk-
Green Nudging                                        tion vom Hausdach informiert. Diese Visualisie-
                                                     rung könnte als Anker bzw. als „Reminder“ für
Eine weitere Möglichkeit, die Beteiligung an Mie-    den Wechsel zum nachhaltigen Stromprodukt
terstrom sowohl in Neubau- als auch in Be-           dienen und darüber hinaus die Identifikation der
standsprojekten zu erhöhen, ist die Anwendung        Bewohner/innen mit dem Stromprodukt vom ei-
von sogenannten Nudging-Techniken. Nudging           genen Hausdach steigern. Interaktive Elemente
wird abgeleitet von dem englischen Verb „to          einer solchen digitalen Anzeige können die Sicht-
nudge“ (dt.: anstupsen, anstoßen). Nudges ste-       barkeit weiter erhöhen. Unmittelbar daneben
hen für eine bewusste Änderung der sogenann-         sollte darüber hinaus auf die Möglichkeit, diesen
ten menschlichen Entscheidungsarchitektur bzw.       Solarstrom zu beziehen, sowie auf ein einfach
des Umfelds, in dem Entscheidungen getroffen         gestaltetes Informations- und Wechselangebot
werden. Ohne finanzielle Anreize zu setzen oder      hingewiesen werden.
Optionen zu verbieten, soll dabei das Umfeld der
Entscheidungssituation so gestaltet werden,          Mieterstrom als „Default Option“
dass die Wahl der für die einzelne Person oder
die Gesellschaft vorteilhaftesten Option begüns-     Während das oben beschriebenen Beispiel einer
tigt wird (Thaler & Sunstein, 2008). Parallel dazu   Solarstrom-Zähluhr relativ einfach umzusetzen
zielt Green Nudging darauf ab, ein möglichst         sein dürfte, bedarf es einer Veränderung auf po-
klima- und umweltfreundliches Verhalten zu mo-       litischer Ebene, um die Vorteile einer „Default Op-
tivieren (BMU, 2021). Im Kontext Mieterstrom         tion“ im Mieterstromkontext nutzen zu können.
bieten sich vor allem drei Ansätze an, um einen      Unter einer sogenannten „Green Default“ (dt.:
kleinen „Stups“ in Richtung mehr Beteiligung zu      grüne Voreinstellung) wird die automatische Vor-
geben. Durch einfach zugängliche Informationen       auswahl einer nachhaltigen Option verstanden.
zur Solarstromproduktion vor Ort und deren Vor-      Im Kontext Stromversorgung wäre das die Vor-
teile kann die Sichtbarkeit erhöht werden. Außer-    einstellung auf einen nachhaltigen Stromtarif, wo-
dem würde sich der Mieterstromtarif hervorra-        für sich Mieterstrom optimalerweise anbieten
gend als sogenannte Green Default Option eig-        würde. Denn zum einen ist er für die Verbrau-
nen. Darüber hinaus ließen sich soziale Ver-         cher/innen günstiger als die in Deutschland aktu-
gleichsmechanismen nutzen, um die die Beteili-       ell genutzte „Default Option“ Grundversorgungs-
gungsquote zu erhöhen.                               tarif. Zum anderen wäre dieser auch aus umwelt-

                                                                                                      9
politischer Sicht sehr viel geeigneter, um die Er-    weise zu kommunizieren, dass 33% der Hausbe-
reichung der Klimaschutzziele Deutschlands vo-        wohner/innen den Solarstrom vom Dach nutzen,
ranzubringen. In mehreren Studien konnte belegt       sollte man den potenziellen Mieterstrom Kund/in-
werden, dass Defaults die Wahrscheinlichkeit, er-     nen aufzeigen, dass bereits jede/r Dritte den vor
neuerbare Energien zu beziehen, erhöhen kön-          Ort auf dem Hausdach produzierten Solarstrom
nen (u.a. Ebeling & Lotz, 2015; Hedlin & Sun-         nutzt. Denn die Mengenangabe jeder Dritte wird
stein, 2016; Vetter & Kutzner, 2016). Hier könnten    größer assoziiert als das Äquivalent 33% (Lamp,
und sollten die Instrumente politischer Weichen-      2001) und ist daher besser geeignet, als Motiva-
stellung sinnvoll genutzt werden.                     tor zu wirken.

Sozialer Vergleich und Normsetzung                    Die Rolle von Zusatzdienstleistungen

Der soziale Vergleich zielt im Nudging darauf ab,     Um den Anteil an Mieterstromkund/innen weiter
durch die Kommunikation sozialer Normen eine          zu erhöhen, könnte neben der zielgruppenorien-
Verhaltensänderung zu induzieren. Mit dem Prä-        tierten Kommunikation und der Anwendung von
sentieren sozialer Normen im Sinne von verbrei-       Nudging-Techniken auch das Anbieten von an
tetem Verhalten und dem Heranziehen positiver         den Solarstrom gekoppelten Zusatz-Dienstleis-
Rollenmodelle kann das individuelle Verhalten         tungen eine Rolle spielen. Im Rahmen der Befra-
beeinflusst werden (Cialdini, 2017).                  gung gaben knapp die Hälfte der Mieterinnen und
                                                      Mieter an, Interesse an Visualisierungsmöglich-
Konkret wird dabei kommuniziert, dass ein er-         keiten des eigenen Stromverbrauchs durch Intel-
wünschtes Verhalten bereits von der Mehrheit ei-      ligente Stromzähler („Smart Meter“) zu haben.
ner relevanten Vergleichsgruppe praktiziert wird.     Des Weiteren interessierten sich 20% für Smart-
So wurde beispielsweise beobachtet, dass Men-         Home-Anwendungen und jeweils 23% für E-La-
schen ihren Energieverbrauch dem niedrigeren          destation und Stromsparberatungen. 11% der
Durchschnittswert angepasst haben, nachdem            Befragten gaben an, Interesse am Leasing ener-
sie Informationen erhalten hatten, wie hoch bzw.      giesparsamer Haushaltsgeräte zu haben (vgl. Ta-
niedrig der durchschnittliche Energieverbrauch        belle 5).
der Haushalte in der Nachbarschaft war (Schultz
et al., 2007). In diesem Sinne kann der soziale       Zukünftig dürften intelligente Energie-Messsys-
Vergleich umweltfreundliches Verhalten motivie-       teme in Wohngebäuden eine immer größere
ren.                                                  Rolle spielen (BSI, 2022). Der Einbau in Mieters-
                                                      tromprojekten ist allerdings ein bedeutender Kos-
Im Kontext Mieterstrom könnten zur Erhöhung           tenpunkt, der den Mieter/innen bisher keinen di-
der Beteiligung in der Kommunikation zum Mie-         rekten Nutzen liefert. Hier könnten kreative Ideen
terstromangebot insbesondere relative Verglei-        zur anderweitigen Nutzung der Datenschnittstelle
che mit der direkten Nachbarschaft und Hausbe-        neue Möglichkeiten offenlegen. Insbesondere
wohnerschaft genutzt werden. Der Bezug des            wenn die Smart Meter auch für die Visualisierung
nachhaltigen Stromprodukts würde dabei als so-        des individuellen Stromverbrauchs jedes Haus-
ziale Norm kommuniziert werden. Je näher die          halts genutzt würden, könnte das die Attraktivität
Vergleichsgruppe an der individuellen Lebensre-       von Mieterstrom steigern und die Projekte rentab-
alität der angesprochenen Individuen ist, desto       ler machen. Durch beispielsweise eine minuten-
effektiver wirkt die Intervention (Sunstein, 2014).   genaue Visualisierung des Stromverbrauchs
Wichtig dabei ist, dass die Botschaft positiv asso-   könnte zum einen das individuelle Verhalten
ziiert ist und die Vergleichsgruppe möglichst groß    stromsparender gestaltet und zum anderen der
erscheint (vgl. Cialdini, 2003). Anstatt beispiels-   Solarerzeugung zeitlich angepasst werden.

                                                                                                     10
Dadurch könnten Kosten eingespart und positive            Stationsbasiertes Car-Sharing, d.h. eine wohn-
Umwelteffekte erzielt werden. Ein weiteres Bei-           ortnahe Car-Sharing Station, an der das Auto
spiel für die Nutzung der Datenschnittstellen ist         nach der Benutzung wieder abgegeben wird,
die Verknüpfung mit weiteren Smart-Home-Kom-              wirkt verkehrsentlastend (Nehrke & Loose,
ponenten. Auch diese Anwendung würde einen                2018). Darüber hinaus fördert das Erleben von
Zusatznutzen für die Bewohner/innen generieren            Mobilität mit Hilfe der vom eigenen Hausdach er-
und könnte zudem die Attraktivität der Immobilie          zeugten Solarenergie die Akzeptanz der Solaran-
zu steigern.                                              lagen (Local Energy Consulting, 2020).

Ein weiterer Zusatznutzen aus der Erzeugung               4 Zukunft Mieterstrom –
von Mieterstrom kann mit Hilfe der Sektoren-                Chancen und Herausforderungen
kopplung erreicht werden. Durch eine Integration
von Wärmepumpen kann der Solarstrom auch für              Klimaschutz und erfolgreiche Markenkommu-
die Wärmeversorgung von Mietswohnungen ge-                nikation
nutzt werden, was ein attraktives ergänzendes
Geschäftsfeld darstellt. Des Weiteren kann durch          Mieterstromprojekte können einen erheblichen
die Kombination von Mieterstrom mit der solaren           Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele leis-
Strom-Belieferung von E-Ladesäulen die Eigen-             ten. Gleichzeitig steigern die Dach-PV-Anlagen
verbrauchsquote der Immobilie gesteigert wer-             potenziell die Attraktivität der Immobilien und tra-
den.                                                      gen zu einem Imagegewinn für Wohnungsunter-
                                                          nehmen bei. Es werden bereits von mehreren
Die Nachfrage nach Elektro-Autos und Ladestati-           Dienstleistern White-Label-Lösungen für die Um-
onen ist steigend (Statista, 2021) und gewinnt            setzung von Mieterstromprojekten angeboten.
insbesondere im städtischen Raum an Relevanz              Dadurch können Immobilieneigentümer/innen
(Agora Verkehrswende, 2021). Die Installation             oder Wohnungsbaugesellschaften selbstständig
von Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge                als Marke für das Mieterstromangebot auftreten,
kann insbesondere im Neubau oder, wenn im Be-             ohne selbst den Mehraufwand für das Bereitstel-
standsbau für die Umsetzung des Mieterstrom-              len der Dienstleistung zu haben.
Projekts eine Modernisierung von Teilen des
Hausnetztes nötig wird, sinnvoll sein. Im groß-           Teilhabe an der Energiewende ermöglichen
städtischen Raum kann auch eine Kombination
der solar-gespeisten E-Ladesäulen mit E-Car-              Des Weiteren ermöglicht das Mieterstrom-Modell
Sharing Konzepten angeboten werden.                       den Bürgerinnen und Bürgern eine direkte Teil-
                                                          habe an der Energiewende. Im Vergleich zu an-
Interesse an Zusatzdienstleistungen                       deren Arten der solaren Stromerzeugung, bei de-
                                                          nen der Solarstrom direkt in das öffentliche Netz
                                                          eingespeist wird, hat Mieterstrom den Vorteil,
                                                          dass es die Mieterinnen und Mietern vor Ort
                                                          durch den relativ niedrigen Strompreis des
                                                          Stromprodukts direkt von der Energiewende pro-
                                                          fitieren lässt. Auch sorgt der Solarstromanteil im
                                                          Mieterstromtarif für eine erhöhte Preisstabilität in
Tabelle 5: Ergebnisse der quantitat. Befragung von Mie-   Zeiten volatiler Energiemärkte. Denn der auf dem
ter/innen in acht Berliner Mieterstromprojekten (n=189,
                                                          Dach produzierte Solarstrom ist in seinen Pro-
Mehrfachauswahl möglich)
                                                          duktionskosten nicht vom Energiemarkt abhän-
                                                          gig. Des Weiteren können Mieterstromprojekte

                                                                                                           11
im Idealfall Umweltschutz erlebbarer und greifba-    Quellenverzeichnis
rer machen als das allein durch Steuerpolitik
möglich wäre. Wenn die Politik ihre Bürgerinnen      [AAE] Agentur für erneuerbare Energien (2021).
und Bürger bei der Energiewende mitnehmen                   AAE-Akzeptanzumfrage 2021.
möchte, bieten Mieterstromprojekte dazu eigent-             https://www.unendlich-viel-energie.de/media-
lich ideale Voraussetzungen.                                thek/grafiken/aee-akzeptanzumfrage-2021

                                                     Agora Verkehrswende (2021): Charge, Set, Go! Elec-
EEG-Novelle
                                                            trifying Urban Transport in Germany and Po-
                                                            land. https://www.agora-verkehr-
Leider lassen die Regelungen des Erneuerbare-               swende.de/en/publications/charge-set-go/
Energien-Gesetzes (EEG) die Projekte jedoch oft
am Rande der Wirtschaftlichkeit operieren und        [AfS] Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (2020).
setzen somit wenig finanziellen Anreiz für die               Energie- und CO2-Daten in Berlin 2019. Vor-
breite Umsetzung des Konzepts. Mit einer Direkt-             läufige Ergebnisse.
stromlieferung, wie im Falle von Mieterstrompro-             https://download.statistik-berlin-branden-
jekten, geht nach dem EEG die Pflicht zur Zah-               burg.de/9d2b3de55f0ff291/bdf8a0877633/SB
                                                             _E04-05-00_2019j01_BE.pdf
lung der vollen EEG-Umlage auf den in der Im-
mobilie eigenverbrauchten Solarstrom einher.
                                                     Bucher, T., Collins, C., Rollo, M. E., McCaffrey, T. A.,
Dies kann in Kombination mit einer niedrigen Ein-            De Vlieger, N., Van der Bend, D., Truby, H. &
speisevergütung für den nicht vor Ort verbrauch-             Perez-Cueto, F. J. (2016). Nudging consum-
ten Solarstrom die Wirtschaftlichkeit von Mieters-           ers towards healthier choices: a systematic
tromprojekten gefährden.                                     review of positional influences on food
                                                             choice. British Journal of Nutrition, 115(12),
Die geplante Abschaffung der EEG-Umlage zum                  2252-2263.
01.01.23 ist vor diesem Hintergrund zu begrü-
                                                     [BNetzA] Bundesnetzagentur (2021). Mieterstrom.
ßen. Auch hat die Änderung des EEG im Jahr
                                                            https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Vpor-
2021 bereits kleine Verbesserungen gebracht.
                                                            tal/Energie/Vertragsarten/Mieter-
Der Mieterstromzuschlag wurde erhöht und darf
                                                            strom/start.html
auch von externen Dienstleistungsunternehmen
in Anspruch genommen werden, wenn die Solar-         [BMU] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz
anlage selbst im Besitz der Immobilieneigentü-              und nukleare Sicherheit (2021). Green
mer/innen ist. Zudem wurde das Stromnutzungs-               Nudging. Unterstützung für klimafreundliches
konzept auf die Quartiersebene ausgeweitet, was             Verhalten von Mitarbeitenden in Unterneh-
die Mieterstromnutzung nicht mehr nur auf das               men. https://www.klimaschutz.de/pro-
Gebäude, in dem die Solarstromproduktion statt-             jekte/green-nudging
findet, begrenzt (Ullrich, 2021).
                                                     [BSI] Bundesamt für Sicherheit in der Informations-
                                                             technik (2022). Roadmap-Prozess.
Nichtdestotrotz bleibt der Wirtschaftlichkeitsfak-
                                                             https://www.bsi.bund.de/DE/Themen/Unter-
tor weiterhin ein kritischer Punkt für die Umset-            nehmen-und-Organisationen/Standards-und-
zung von Mieterstrom-Projekten. Um die Ziele                 Zertifizierung/Smart-metering/Roadmap-Pro-
des Berliner Masterplans Solarcity zu erreichen,             zess/roadmap-prozess_node.html
ist eine umfassende Änderung der gesetzlichen
Rahmenbedingungen und Anreizsysteme nötig.           Cialdini, R. B. (2003). Crafting Normative Messages
                                                              to Protect the Environment. Current Direc-
                                                              tions in Psychological Science, 12(4), 105-
                                                              109.

                                                                                                          12
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       ads/stars_wp4_t41_projektbe-                             sionen
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