Wie die Deutsche Post in Neuguinea Fuß fasste von Golf Dornseif
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Wie die Deutsche Post in Neuguinea Fuß fasste von Golf Dornseif Von allen ehemaligen deutschen Kolonien hatte es Deutsch-Neuguinea am schwersten, eine moderne Zivilisation auf die weit verzweigten Inselgebiete zu übertragen und techni- schen Fortschritt einzuführen. Der Postdienst stand vor fast unüberwindlichen Problemen, weil internationale Zusam- menarbeit keineswegs selbstverständlich war im Zeitalter kolonialer Eifersüchteleien der großen Nationen. Mehr darüber im folgenden Bericht. Das neue Schutzgebiet des Deutschen Reichs in der Südsee hatte zunächst keinen Anschluss an den Weltpostverein. Wer in Neuguinea einen Brief zur Post bringen wollte, war auf Mittelsmänner angewiesen, auf Gefälligkeiten verschiedener Natur. Wann traf in der Kolonie das nächste Schiff Kurs Sydney, Hong Kong oder San Francisco ein? Der Kapitän übernahm jeweils das Schreiben und vertraute es im nächsten Hafen einem Postamt an, dort mit den Wertzeichen des jeweiligen Landes frankiert. Umgekehrt war alles noch umständlicher: Der Geschäftsfreund oder Verwandte in der alten Heimat schickte seinen Brief an eine zuvor verabredete Adresse in Sydney, Hong Kong oder Frisco als „Zwischenstation“. Hier blieb die Post für Neuguinea erst einmal liegen, vielleicht einige Monate, bis sich wieder ein Kapitän als Abholer einfand für die Schlussphase der Zustellung. Aus dem Inhalt Wie kam die Post nach Neu-Pommern? Briefe wahlweise über Sibirien Die Australier machten immer Ärger Jeder Pflanzer wollte ein Telefon Auf die Holländer war stets Verlass Ist die Funkstation vulkansicher? Machtkampf internationaler Bürokraten Die Neuguinea Kompagnie bat wiederholt das Berliner Reichspostamt um Einrichtung von kolonialen Postniederlassungen, jedoch vergeblich. Es lohnte sich nicht „mangels Umsatz“. Immerhin konnte man im Amtsblatt des Reichspostamts vom 21. April 1887 nachlesen: „Es ist zur Sprache gebracht worden, dass Briefe zum Schutzgebiet Neuguinea infolge unrichtiger Leitung nur mit großer Verspätung an ihren Bestimmungsort gelangten. Die Beförderung der Briefe erfolgte deshalb vorerst ausschließlich über Cooktown in Queensland (Australien), von wo die Sendungen mit Dampfschiffen der Neuguinea Kompagnie abgeholt werden“. In der Verfügung wird auf die neue Bezeichnung KAISER WILHELMS LAND, NEUPOMMERN, NEUMECKLENBURG und NEULAUENBURG hingewiesen. Die Postämter sollten darauf achten, dass wegen der ähnlich lautenden Bezeichnung diese Schreiben nicht nach Mecklenburg, Pommern oder Lauenburg im Reichgebiet fehlgeleitet werden. Schließlich riet man den Postkunden zu einem Ver- merk auf dem Umschlag: GERMAN NEW GUINEA VIA COOKTOWN mit lateinischen Buchstaben (auf keinen Fall Fraktur).
Dampfer SIAR der Neuguinea Kompagnie 1909 Ende 1887 richtete die Neu-Guinea Kompagnie mit ihrem kleinen Dampfer OTTILIE eine regelmäßige Schiffsverbindung alle vier Wochen ein und zwar zwischen Finschhafen, ihrer ersten Niederlassung im Kaiser Wilhelms Land, und Cooktown in Queensland. In Australien hatte der Dampfer Anschluss an die Steamer der British India Steam Navigation Company. Die Briten benötigten für die Route London – Brisbane – Cooktown ungefähr 40 Tage, während OTTILIE in fünf Tagen die Fahrt zwischen Finschhafen und Cooktown schaffte. Die erste deutsche Postagentur in Neuguinea eröffnete man zum 15. Februar 1888 in Finschhafen. Die nächsten beiden folgten am 1. April in Hatzfeldhafen und am 15. Mai in Konstantinhafen. Die erste Postagentur im Bismarck Archipel bot ihre Dienste ab 4. April 1888 in Kerawara an, auf einer kleinen Insel der Neulauenburg Gruppe. Außer Briefpost wurde aber nichts angenommen zur Weiter- beförderung. Reichspostdampfer PRINZ WALDEMAR
Da sich die Route über Cooktown nicht so recht lohnte, rückte das Interesse an engerem Kontakt mit Niederländisch-Indien nun in den Vordergrund als Folge lebhafter Handelsbeziehungen mit den Holländern. 1889 fiel Cooktown dem Rotstift zum Opfer, Wichtiger war fortan Surabaya auf Java als Knotenpunkt, wo laufend niederländische Dampfer mit weltweiten Zielen vor Anker gingen. OTTILIE brachte ihre deutschen Briefe alle sechs Wochen dorthin (wegen der größeren Distanz im Vergleich zu Cooktown). 1891 lief der Schiffspostbetrieb so schleppend und so wenig lukrativ, dass OTTILIE nur noch alle zwei Monate aufkreuzte Kurs Surabaya. Die Post fuhr nun an Bord von Schiffen der niederländischen SUNDA LINE, die zwischen Hamburg und Niederländisch Indien verkehrte. OTTILIE war vom Pech verfolgt: am 14. März 1891 ging der kleine Steamer bei den Purdy Islands nördlich der Station Friedrich Wilhelms Hafen unter und die Neuguinea Gesellschaft musste nun notgedrungen vom NORDDEUTSCHEN LLOYD den Dampfer SCHWALBE chartern. Unter diesen veränderten Umstän- den fiel Surabaya aus und Singapore sollte als Anlaufpunkt dienen zum Umladen der Europa Post. Die Verbindung zwischen Singapore und Neuguinea funktionierte mühsam alle acht Wochen eher schlecht als recht. Am 12. Mai 1891 richtete Heinrich von Stephan, Staatssekretär des Reichspostamts, eine umfang- reiche Denkschrift an Reichskanzler von Caprivi und beklagte die miserablen Postverbindungen mit der jungen Kolonie Deutsch-Neuguinea. Deutschland müsste seinen Jahresbedarf an Baumwolle aus den eigenen Besitzungen in Übersee decken. Stephan empfahl dringend, eine Postdampfer-Verbin- dung zwischen Neuguinea und dem Mutterland einzurichten mit Anschluss in Singapore wegen der ostasiatischen Interessen des Reichs. Den Zuschlag der Ausschreibung erhielt der NORDDEUTSCHE LLOYD für eine Reichspost- dampferlinie zwischen Deutschland und Ostasien. Das Gesetz vom 4. Juli 1885 sicherte der Reederei eine jährliche Subvention zwischen 250.000 und 300.000 Mark für die „Abzweigung“ zwischen Singapore und Neuguinea. Danach dauerte es noch zwei Jahre bis zur Verwirklichung des Plans. Ein weiteres Gesetz vom 20. März 1893 versprach dem Norddeutschen Lloyd zur Unterhaltung der bereits seit 1885 bestehenden Reichspostdampferlinie Kurs Australien und Ostasien alljährlich nochmals 218.000 Mark Zuschuss. Reichspostdampfer MANILA im Peterhafen
Die Fahrten der Neuguinea Zweiglinie begannen am 11. Mai 1893 alle acht Wochen mit den Anlauf- häfen Singapore, Batavia, Surabaya, Friedrich Wilhelms Hafen, Finschhafen und Herbertshöhe. Fracht- und Personenverkehr nahmen deutlich zu und der Betrieb lohnte sich endlich für die Reederei. Nach wie vor fehlte jedoch eine regelmäßige Dampferverbindung zwischen dem Reich bzw. Neu- guinea und Australien. Vom fünften Kontinent bezog Neuguinea vor allem Lebensmittel und Bauholz. Der Kopra Export lief ebenfalls über die Aussies. Ende 1900 stoppte man die Fahrten (alle acht Wochen) zwischen Singapore und Neuguinea zugunsten einer neuen Verbindung (alle zwölf Wochen) zwischen Singapore, Deutsch-Neuguinea und Sydney. Angelaufen wurden jetzt außer den Häfen in Niederländisch-Indien sowie Deutsch-Neuguinea die Orte Townsville, Brisbane und Sydney. Gleichzeitig kam eine Verbindung zustande (ebenfalls durch den Norddeutschen Lloyd) zwischen Hong Kong – Marianen – Karolinen – Neuguinea – Sydney alle zwölf Wochen. Die Linie zwischen Hong Kong und Sydney musste im November 1901 eingestellt werden (mangels ausreichender Fracht). Ersatzweise richtete die Reederei eine Linie Singapore – Sydney ein über Deutsch-Neuguinea und zwar alle sechs Wochen. Im Januar 1901 stand dem Bismarck Archipel eine weitere Verbindung zur Verfügung Kurs Sydney durch die deutsche Jaluit Gesellschaft. Sie unterhielt eine Linie Sydney – Jaluit (Marshall Inseln) – Yap (Karolinen Inseln), 1902 bis Hong Kong fortgeführt. Während der Rückreise wurde alle zehn Wochen Herbertshöhe angelaufen. 1904 dehnte die Jaluit Gesellschaft ihre Aktivität bis zu den Marianen (Saipan) aus. Man leistete sich sogar einen neuen und „taifunfesten“ Dampfer namens GERMANIA. 1903 mischten die Australier mit: Die Reederei Burns Philp & Co. in Sydney sorgte für eine Dampferverbindung zwischen Sydney und Singapore über Deutsch-Neuguinea mit Stop in Herbertshöhe fünfmal jährlich. Der Wettbewerb schadete der deutschen Reederei Norddeutscher Lloyd jedoch keineswegs. 1904 sorgte der Lloyd für eine Verbindung über Australien – Japan – Hong Kong. Neuguinea Post über Sibirien auf Wunsch Die Dampfer der Australien – Japan – Linie hatten in Sydney Anschluss an die Reichspostdampfer des Norddeutschen Lloyd (Austral-Linie) und in Hong Kong Anschluss an die Reichspostdampfer der Ostasien Linie. Zum 1. April 1909 wurde die ehemalige Zweiglinie zwischen Singapore und Deutsch- Neuguinea im alten Umfang weder eingerichtet. Hier verkehrte der Dampfer MANILA alle zehn Wochen zuverlässig. Ab Januar 1914 führte man diese Route, die zunächst in Rabaul endete, bis Käwieng (Neu-Mecklenburg Inselgruppe) weiter. Sie sollte 1915 Apia (Samoa) anlaufen und auf der ganzen Strecke durch Schnelldampfer für Tempo sorgen (Sydney – Neuguinea – Samoa). Postdampfer GERMANIA besucht die Karolinen
Ab 1. April 1909 gab es einen Inseldienst, der im monatlichen Wechsel folgende Reisewege anbot: 1 .Nach dem nördlichen Neu-Mecklenburg und zu den Admiralitätsinseln. 2. Rundfahrt um die Inselgruppe Neu-Mecklenburg. 3. Reise zu den Salomonen und benachbarten Inselgruppen. Beim Kriegsausbruch im August 1914 verfügte Deutsch-Neuguinea über folgende Schiffspost- verbindungen in Richtung Europa: 1. Alle vier Wochen zweimal über Sydney und Hong Kong durch die Reichspostdampfer der Austral- Japan-Line. 2. Alle zehn Wochen einmal über Singapore durch den Reichspostdampfer MANILA des Nord- deutschen Lloyd. 3. Alle 10 Wochen über Sydney durch den Dampfer GERMANIA der Jaluit Linie. Weil seit August 1909 auf Verlangen des Absenders Briefe und Postkarten auch über Sibirien beför- dert wurden, waren Briefsendungen von Berlin nach Rabaul 42 bis 49 Tage unterwegs. Die Post- dienststellen innerhalb von Neuguinea verkehrten untereinander mit regelmäßigen Postdampfern sowie mit Unterstützung von Kanonenbooten und Privatschiffen neben dem Gouvernementsdampfer KOMET. Im Bismarck Archipel hatte man zur Postbeförderung noch die kleinen Küstendampfer SUMATRA und MEKLONG zur Hand, Eigentum des Norddeutschen Lloyd. Landverkehr über befestigte Straßen spielte seinerzeit kaum eine Rolle. Es gab einen brauchbaren Fahrweg für Personenkraftwagen und Fahrräder an der Blanche Bucht zwischen Rabaul und Herbertshöhe. Geplant war eine Fernverkehrsstraße zwischen Käwieng und dem 220 km entfernten Namakanai. Jene Kaiser Wilhelm Straße, 12 Meter breit, war zu 80 Kilometer vollendet bei Kriegsausbruch und hieß später „Boluminski Highway“ zu Ehren ihres Erbauers, des rührigen Bezirkshauptmanns Boluminski. Für die Unterhaltung verpflichtete man die Bewohner der an der Strecke gelegenen Dörfer. Pier von Friedrich Wilhelms Hafen
Die Ingenieure der Reichspost wollten längs dieser Straße eine Telegraphenlinie verlegen mit Anschlüssen für die benachbarten Plantagenbesitzer. Von Friedrich Wilhelms Hafen sollte eine neue Straße zum Hansemann Berg führen. Im Januar 1914 gelang es, eine regelmäßige monatliche Botenpostverbindung zu schaffen zwischen der Postagentur Morobe im äußersten Süden des Kaiser Wilhelm Landes und dem Postort Joma im britischen Protektorat Papua (British New Guinea). Der von der deutschen Regierungsstation kostenlos bereit gestellte eingeborene Postläufer wanderte unter dem Schutz zweier lokaler Polizei- soldaten in vier Tagen nach Joma an der Mambare Bucht. Dort hatte man Anschluss nach Samarai und Port Moresby. Der Hafen wurde angelaufen von drei bedeutenden Reedereien: Burns Philp & Co., der Java-Austral Line, der Niederländischen Koninklyke Paketvaart Maatschappij sowie der japanischen Reederei Nippon Yusen Kaisha. Samarai hatte außerdem Verbindung mit Australien durch die Reichspost- dampfer der Austral-Japan Linie des Norddeutschen Lloyd. Mit Hilfe der sogenannten Urwaldpost war die Verbindung von Morobe erheblich verbessert worden, weil Morobe sonst nur alle zehn Wochen vom Reichspostdampfer MANILA der Singapore-Neuguinea Zweiglinie des Lloyd bedient werden konnte. Der Versuch, eine Seeverbindung zwischen Kieta auf der deutschen Salomon Insel Bougainville und Tulagi auf der britischen Insel Choiseul der Salomon-Gruppe in Gang zu bringen, scheiterte am Unwillen des offenbar deutschfeindlichen Postmeisters vor Ort. Er versteckte seine Blockade hinter dem General Post Office Sydney mit dessen Vorgesetzten und faselte etwas von „organisatorischen Schwierigkeiten unbestimmter Art“. Da aber Deutsch-Neuguinea und die britischen Salomon Inseln dem Weltpostverein als ordentliche Mitglieder angehörten, waren sie verpflichtet, einander keine Hindernisse in den Weg zu legen. Postamt Herbertshöhe um 1909
Am 1. Juli 1914, also vier Wochen vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, hatte die Post in Deutsch-Neuguinea bemerkenswerte Fortschritte aufzuweisen. Jetzt existierten 14 Postdienststellen im Schutzgebiet (Ein Postamt, 11 Postagenturen, eine Posthilfsstelle, eine Telegraphenhilfsstelle). Der Regierungsdampfer KOMET sollte die Aufgaben einer „Seepost“ übernehmen mit eigenem Post- stempel DEUTSCHE SEEPOST DEUTSCH-NEUGUINEA INSELFAHRT. Der Kriegsbeginn machte einen Strich durch diese Pläne. Im Gespräch war darüber hinaus die Einrichtung einer „Seepost“ auf dem Dampfer SUMATRA des Norddeutschen Lloyd. Der Dampfer hätte den Briefaufgabestempel DEUTSCHE SEEPOST DEUTSCH-NEUGUINEA INSELDIENST verwenden dürfen: Die Bezeichnung „Inseldienst“ zeigte an, dass der Dampfer die einzelnen Inseln planmäßig bediente, während KOMET mit dem Hinweis auf „Inselfahrt“ kreuz und quer durch die Südsee dampfte je nach Bedarf wie ein Tramp Frachter. Sämtliche Postdienststellen des Schutzgebiets nahmen gewöhnliche und eingeschriebene Briefsen- dungen (Briefe, Postkarten, Warenproben usw.) unter gleichen Bedingungen wie in Deutschland an. Nachnahme war nur bei eingeschriebenen Briefsendungen zulässig. Dieser Service funktionierte ab August 1901 mit einem Höchstbetrag von 400 Mark, später 800 Mark wie im Reich. Postsendungen konnten nicht zugestellt werden, sondern man musste sie beim Amt abholen. Das Postamt Rabaul besaß eine Schließfachanlage mit 50 Fächern und erfreute sich großer Beliebtheit beim Publikum von nah und fern. Postagentur Finschhafen
Ab 1. Mai 1900 wurde das zulässige Gewicht eines gewöhnlichen Briefs von 15 auf 20 Gramm erhöht. Im Frühjahr 1898 konnten die Postämter eigene Kolonialbriefmarken ausgeben: Reichspost- Wertzeichen mit Überdruck DEUTSCH-NEUGUINEA der Einfachheit halber. Zwei Jahre später kam eine schöne Briefmarke heraus mit einer Abbildung der Kaiserjacht Hohenzollern. Inzwischen ddürfte man Briefmarken im Wert bis zu fünf Mark kaufen. Der Postpaketdienst stellte neuartige Aufgaben und es bot sich eine Zusammenarbeit mit der Niederländischen Postbehörde an. Das Postamt in Herbertshöhe brachte im Jahr 1903 zur Sprache, dass Pakete für Australien und British New Guinea über Aden und Pakete für die Fidji Islands über Colombo geleitet werden mussten, was einigermaßen verwunderlich erschien wegen der bizarren Umwege. Viele Siedler ließen sich dank der günstigen Zollvorschriften ägyptische Zigaretten über Port Tawfik aus Suez oder Alexandrien schicken sowie spottbillige Zigarren von den Philippinen. Der verfeinerte Burentabak kam aus Transvaal in Südafrika, chinesische Seide aus Shanghai oder Hong Kong. Damen bezogen ihre allerneuesten Hutkreationen aus Sydney, ebenso moderne Kleidung nach dem letzten Schrei der Journale. Am 8. September 1900 führte die deutsche Post den Postfracht- stückdienst zwischen dem Reich und Deutsch-Neuguinea ein und zwar für Pakete im Gewicht zwischen fünf und zehn Kilogramm. Deutsche Schiffe beförderten diese Sendungen über Hamburg und Bremerhaven. Fremde Postauswechslungsämter für Postpakete kooperierten, etwa in Java, in Shanghai und Tientsin, Aden, Colombo usw. Hinzu kam ab April 1914 ein Wertpaketdienst über Rabaul. Briefsendungen aus Deutschland reisten über London und Cooktown. Mit den Australiern gab es Probleme, weil die Länder des australischen Staatenbundes damals noch nicht dem Weltpostverein angehörten. So meldete die Postagentur Finschhafen am 27. Juli 1888; „Das Post Office in Cooktown liefert die mit Strafporto belegten Briefe nicht aus, sondern verlangt erst einmal Zahlung der fälligen Nachgebühren. Seepostdampfer SUMATRA
Dadurch erleiden die Sendungen erhebliche Verzögerungen.“ Generell nahmen die australischen Be- hörden (aus wirtschaftlichen Konkurrenzmotiven) gegenüber den deutschen Kolonien in der Südsee eine ziemlich unfreundliche Haltung ein. Nachdem die Dampferverbindung zwischen Finschhafen und Cooktown aufgehoben und durch eine neue Linie zwischen Finschhafen und Surabayo ersetzt wurde, lief die Briefpost nach und von Deutsch-Neuguinea über die Bahnpost zwischen Frankfurt am Main und Basel sowie Genua mit niederländischen Schiffen. Dabei blieb es bis zum Kriegsausbruch 1914. Ab August 1909 konnten (auf Verlangen des Absenders) Briefe und Postkarten über Sibirien per Bahn befördert werden. Als Auswechslungspostamt war die Bahnpost Nummer 8 Berlin –Alexandrowo eingeschaltet. Man musste auf den Briefumschlag schreiben VIA SIBIRIA. Postpakete und Post- frachtstücke beförderte man in Jutesäcken und Weidenkörben. 1903 beantragte das Postamt in Herbertshöhe den Ausbau eines örtlichen Fernsprechnetzes für die Gazelle Halbinsel. So entstanden im Herbst 1905 mit einiger Verzögerung zwei örtliche Netze in Herbertshöhe und Simpsonhafen (später in Rabaul umbenannt). Ab Januar 1906 konnte man in Herbertshöhe miteinander telefonieren sowie in Rabaul ab April. Die Telegraphenlinie Rabaul. – Herbertshöhe verlief über 31 Kilometer. Für die beiden lokalen Fernsprechnetze waren 54 Kilometer zu überwinden mit 82 Kilometer Leitungen (insgesamt). 1914 standen in Herbertshöhe 12 Haupt- und fünf Nebenanschlüsse zur Verfügung. Rabaul bekam 25 Haupt- und 12 Nebenanschlüsse zugeteilt. Jeder möchte jetzt Telefonanschluss Das Beispiel machte Schule und immer mehr Interessenten meldeten sich mit der Bitte um einen Telefonanschluss in der Kolonie. Der Etat des Reichspostamtes für 1914 sah 10.000 Mark vor, um auch in Friedrich Wilhelms Hafen ein Ortsnetz auszubauen. Im August 1914 (bei Kriegsausbruch) Postagentur Stephansort um 1890
funktionierten bereits zehn Haupt- und fünf Nebenanschlüsse vor Ort. Weiter stand auf der Liste des Ausbauprogramms der Ort Käwieng, ein wichtiger Hafen auf der Insel Neu-Mecklenburg, im Interesse zahlreicher Plantagenbesitzer. Die Verlegung der Kabel führte zu allerlei Problemen mit den Eingeborenen in ihren Dörfern, weil sie „Wegezoll“ forderten bzw. Landnutzungsgebühren. Außerdem riefen die Schwarzen nach Schaden- ersatz wegen abgeschlagener Kokospalmen, Bananenstauden und Brotfruchtbäume im Zug der Trassierung. Es gelang mit viel Geduld, die Forderungen der Eingeborenen auf ein zumutbares Maß zu reduzieren. Wegen der Holzschädlinge konnten keine normalen Telegraphenstangen verwendet werden. Er- forderlich waren statt dessen Mannesmannrohre aus Siemens Martin Stahl, sieben bis neun Meter lang. Sie erhielten einen Rostschutzanstrich aus Teerfarbe. Weil die Stahlmasten erhebliche An- schaffungskosten verursachten, kam das Gouvernement auf die „Schnapsidee“, nach einiger Zeit die kostspieligen Gestänge wieder auszugraben und durch lebende Bäume zu ersetzen, die zuvor „gezüchtet“ werden mussten! Man dachte dabei an Kapokbäume und verbuddelte Kapoksämlinge neben den Stahlmasten. Nach zwei bis drei Jahren – so lautete der Plan – seien die schnell wachsenden Kapokbäume „austauschbereit“. Das Klima machte einen Strich durch die Rechnung: 1905 ereignete sich eine Dürreperiode und die Kapoksämlinge verdorrten hoffnungslos. Nun versuchte man Kasuarinen und Eisenholz in Telegraphenmasten zu verwandeln, aber diese Hölzer waren zu schwer und mussten auf teuren Transportwegen beschafft werden. Die Härte der Hölzer ruinierte alle Werkzeuge im Handumdrehen bei der Bearbeitung. Hinzu kam Termitenfraß und Pilzbefall (Trockenfäule). Spätestens nach zwei Jahren zerbrachen die Stangen. Erst um 1912 gelang es, in Neu-Mecklenburg eine brauchbare Holzart zu entdecken die Afzelia bijuga, angeblich fäulnis- und termitenresistent. Ehe die Versuche im Rabaul zum Erfolg führten, begann der Krieg über Nacht. Das Reichspostamt hatte zuvor eingewilligt, weiterhin Stahlmasten zu finanzieren. Kaffeeklatsch der deutschen Kolonistenfrauen
Abgesehen von der Problematik der Telegraphenstangen waren auch die Leitungen stets gefährdet. Porzellan-Doppelglocken wurden vom Holz überwuchert; es beschädigte die Isolation. So traten Drahtbrüche auf, weil Kokosnüsse sowie Palmwedel bis zu sechs Meter Länge auf die Leitungen fielen und sie ruinierten. Eine ausgewachsene Palme wirft jährlich 10 bis 15 abgestorbene Wedel ab. Sie dürfen nicht gekappt werden zur Vorsorge, weil dadurch das Wachstum der Palme und ihr Frucht- ansatz empfindlich leiden würden. Man zog also stramme Schutzdrähte aus acht Millimeter dickem Eisendraht über die gefährdeten Telefondrähte für Abdeckungen, was sich bewährte. Das aus vulkanischer Asche und Bimssteinen bestehende Erdreich war sehr locker, sodass die schweren eisernen Masten nach und nach immer tiefer im Boden versanken und neu gesetzt werden mussten. Erdbeben und Starkregen verursachten Erdrutsche, die oft über größere Entfernungen die Telegraphenlinien verschütteten. Üppiger Pflanzenwuchs unter tropischen Bedingungen fiel über die Leitungen her, sodass sie regelmäßig „geputzt“ werden mussten durch Ausästungen. Am meisten störte der Bambus mit seinen messerscharfen Kanten. Die ersten Fernsprechanlagen liefen noch über Einzelleitungen, denen das feuchte Klima arg zu schaffen machte. In Friedrich Wilhelms Hafen entstand dann der neuartige Doppelleitungsbetrieb mit besserer Absicherung. Die Fernsprechapparate hatten eine tropensichere Konstruktion mit verkupferten Metallteilen. Zahlreiche Störungen wurden durch eine kleine Honigwespe (ohne Stacheln) geschaffen, weil das Insekt durch die Öffnungen am Wecker oder die Umschaltvorrichtungen eindrang und Brutplätze einrichtete. Wurden solche Apparate ausgewechselt, freuten sich die eingeborenen Arbeiter bei der Demontage über den gespeicherten Honigvorrat. Auch die Maden der Wespen mundeten den Eingeborenen vortrefflich! Landungssteg in Finschhafen
Deutsch-Neuguinea war beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs die einzige deutsche Kolonie ohne Anschluss an das Netzwerk der internationalen Seekabel. Als die erste Postverbindung zwischen Finschhafen und Cooktown zustande kam im Jahr 1888, lehnte das General Post Office in Brisbane die Weitergabe von Telegrammen von und nach Deutsch-Neuguinea ab mit der fadenscheinigen Ausrede, dass „die Berechnung der fälligen Gebühren zu kompliziert sei“. Daraufhin wandte sich das Reichspostamt an die Niederländische Postbehörde, die bereitwillig über Niederländisch-Indien ihre Dienste zur Verfügung stellte. Nun konnte man Telegramme nach Finsch- hafen bis Batavia oder Surabayo dem Seekabel anvertrauen mit Weitergabe an Schiffe als Briefe. Das funktionierte in beiden Richtungen reibungslos und die Holländer regelten die Gebührenfrage unbüro- kratisch mit viel Entgegenkommen. Nach dem Zustandekommen der Dampferverbindung zwischen Deutsch-Neuguinea und Singapore wurden die Telegramme in Singapore übergeben, wobei die britische Seekabelgesellschaft gern „anschreiben“ ließ mit späterer Abrechnung über das Auslandsbüro des Reichspostamts. Schließlich war es Sache der Postagenturen in der Kolonie, selber für schnelle und korrekte Bezahlung zu sor- gen. Zur Verrechnung benutzte man deutsche Postwertzeichen, die aber nicht immer auf Vorrat ausreichten. Im Jahr 1890 ließ das Reichspostamt einmal kalkulieren, was die erwünschten Seekabelverbindungen kosten würden. Das Ergebnis sah folgendermaßen aus, bezogen auf die Entfernung vom Sitz des Gouvernements in Friedrich Wilhelms Hafen: Nach Cooktown 2050 Kilometer Kosten 5.125.000 Mark Nach Hong Kong 5000 Kilometer Kosten 12.500,000 Mark Nach Port Darwin 4000 Kilometer Kosten 10.000.000 Mark Mach Macassar 4000 Kilometer Kosten 10.000.000 Mark Nach Labuan 4400 Kilometer Kosten 11.000.000 Mark Nach Manila 4300 Kilometer Kosten 10.750.000 Mark Man errechnete eine jährliche Einnahme von 10 Prozent der Anlagekosten als Erfordernis. Die Wortgebühr sollte 12 Mark betragen. 55 Telegramme täglich mit jeweils 10 Wörtern hätten die Verlegung eines Seekabels gerechtfertigt (aus Kostengründen). Ein derart lebhafter Zuspruch war aber nicht zu erwarten in absehbarer Zeit. Pflanzer in Neu-Mecklenburg als Ansichtspostkarte
Die Holländer vollendeten inzwischen ihre Seekabelverbindung Menado – Yap – Guam mit Koope- ration der Deutsch-Niederländischen Telegraphen-Gesellschaft. Neue Diskussionen und Verhand- lungen folgten. Die Deutschen wollten gern Rabaul und die Insel Nauru (Phosphat-Abbau) sowie Samoa angeschlossen sehen über die Kabelstation Yap. Das wären 7.300 Kilometer gewesen mit knapp 20 Millionen Mark Aufwand. Nachdem die Funkentelegraphie wesentliche Fortschritte zu verzeichnen hatte, überlegten die spar- samen Kolonialbehörden in Berlin, ob man nicht drahtlos billiger davonkommen könnte. So reifte der Plan, ab 1908 auf Yap eine Funkstation einzurichten, nicht zuletzt zum direkten Verkehr mit Handels- und Kriegsschiffen eigener Flagge. Der Knotenpunkt Yap sollte ein Netz ermöglichen zugunsten von Rabaul, Nauru. Apia (Samoa). Über Yap liefen Seekabel Richtung Menado – Guam – Shanghai (Weltkabelnetz). Ausbau der Funkstationen: vulkansicher? Unruhen auf Ponape (Karolinen) sowie in Samoa erreichten Berlin als Eilnachrichten erst mit Verzögerungen über viele Wochen, sogar Monate. Beispielsweise kam es am 18. Oktober 1910 auf Ponape zu dramatischen Unruhen der Eingeborenen mit Ermordungen weißer Beamter. Es dauerte bis zum 2. Dezember, ehe das Gouvernement in Rabaul unterrichtet werden konnte durch Schiffe! Der Dampfer GERMANIA im Dienst der Jaluit Linie brachte die Schreckensbotschaft. Inzwischen kamen Verhandlungen zustande in Berlin mit der Gesellschaft für drahtlose Telegraphie und der Deutsch-Niederländischen Telegraphen-Gesellschaft (Sitz Köln). Beide Unternehmen gründeten die Deutsche Südsee-Gesellschaft für drahtlose Telegraphie mit vereinten Kräften. Am 24. Mai 1912 unterzeichneten die Parteien eine Konzessionsurkunde zu folgenden Konditionen: Die Antennen-Energie der vier Südsee-Großstationen sollte 25 bis 30 Kilowatt betragen. Erwünscht war eine Telegraphier-Geschwindigkeit von mindesten 75 Buchstaben je Minute. Für den öffentlichen Dienst mit Schiffen waren Zusatzeinrichtungen vorgesehen mit 2,5 Kilowatt Antennen-Energie. Alle Stationsplätze stellten die Verwaltungen der Schutzgebiete kostenlos bereit. Annahme und Zustellung der Telegramme war allein Sache des Reichs, das die Gebühren festsetzte. Deutsche Seekabelstation auf der Insel Yap
Funkmast auf Yap Insel Yap: Telegraphenstation
Der Unternehmer (Betreiber) hatte auf eigene Kosten eine Telegraphenleitung neben den erforderlichen Apparaten und Batterien zur nächsten Reichs-Telegraphen-Dienststelle einzurichten und dauernd funktionsfähig zu erhalten. Dafür zahlte das Reich in den nächsten 20 Jahren eine jährliche Beihilfe. Die Gesellschaft verpflichtete sich außerdem, auf Verlangen kleine Zubringerstationen gegen Erhöhung der jährlichen Zuschüsse aufzubauen. Vorgesehen waren solche Zubringer innerhalb DNG in Eitape, Friedrich Wilhelms Hafen und Morobe (Kaiser Wilhelms Land), außerdem in Käwieng (Neu Mecklenburg) und Kieta (Salomon Insel Bougainville) Bis Ende März 1913 erwartete das Reich Vollzugsmeldung. In Deutsch-Neuguinea hatte man eine Großfunkstation geplant im Hinterland von Herbertshöhe (Ebene Bitapaka). Der Standplatz bot eine Reihe von Vorzügen: 1. Die künftige Großfunkstation lag in der Nähe des Regierungssitzes Rabaul und war über gute Straßen erreichbar. Bis zu der Pflanzung Kabakaul am Meer existierte bereits eine Fernsprech- verbindung. 2. Bitapaka lag nur neun Kilometer von der Küste entfernt. Die Plantage Kabakaul hatte einen 120 Meter langen Damm angelegt mit drei Meter Tiefe bei Niedrigwasser. Die zum Bau der Funkstation benötigten Materialien (Lebensmittel, Maschinen, Apparate usw.) konnten mühelos von Schiffen an Land gebracht werden. 3. Es existierte ein Fahrweg von Kabakaul nach Bitapaka, der auch für Lastkraftwagen ausgebaut werden konnte. 4. Bitapaka lag auf einer 140 Meter hohen baumlosen Ebene mit einwandfreien klimatischen Ver- hältnissen ohne Gesundheitsrisiken. 5. Aus militärischer Sicht war der Ort gut gewählt wegen seiner versteckten Lage. Von See aus konnte man die Fußpunkte der Antennentürme und die zugehörigen Stationsgebäude nicht erkennen. Schiffsgeschütze hatten keine Chance irgendetwas zu treffen. Die hölzerne Funkbude auf Yap
Nachdem zahlreiche Bodenproben entnommen worden waren, äußerte die Baufirma plötzlich Bedenken gegen Bitapaka. Angeblich seien die Verhältnisse für Empfang und Sendebetrieb „wegen des vulkanischen Charakters“ der Region ungünstig. Der aus verwitterter vulkanischer Asche zusammengesetzte Boden biete den geplanten Fundamenten der Sendemasten keinen ausrei- chenden Halt. Die Türme der Antennen mussten 120 Meter hoch in den Himmel ragen und aufwendig einbetoniert werden. Auch der benachbarte Vaerzinberg erweckte das Misstrauen vieler Ingenieure, ein erloschener Vulkan. Erdbebenforscher sagten „alle 40 Jahre“ schwere Erschütterungen voraus, die dann Antennenträger mit Asche „einstäuben“ würden bis zur Funktionsunfähigkeit. Experten verwiesen auf das große Beben in der Dampier Straße (gemeint ist eine Wasserstraße) aus dem Jahr 1905. Tatsächlich waren derartige Befürchtungen ernst zu nehmen, denn im Mai 1937 kam es zu einem unterirdischen Vulkanausbuch in der Blanche Bucht und zum Entstehen eines 200 Meter hohen Berges „aus der Tiefe“. Innerhalb von zwei Tagen stieß der Vulkan schätzungsweise 90 Millionen Kubikmeter Asche aus! Nun schien guter Rat teuer. Die Parteien einigten sich auf einen anderen Bauplatz in Neu Pommern, weit entfernt von der riskanten Blanche Bucht. Man dachte auch daran, die für Neuguinea vorgesehene Großstation im Kaiser Wilhelms Land zu errichten und in Rabaul nur eine kleine Zusatzstation anzulegen Zuletzt fiel die Entscheidung doch zugunsten von Bitapaka entgegen allen Befürchtungen. Die von dem 1220 Meter hohen Turm getragene Antenne in Längsform sollte wegen der Erdbeben durch eine Horizontal-Antenne ersetzt werden, gestützt auf vier Türme mit 75 Meter Höhe. Ein weiterer Mast, 45 Meter hoch, diente dem Schiffsfunkverkehr. Das Gouvernement in Rabaul
Pater Andreas als nebenberuflicher Postmeister
Die Bauarbeiten begannen im Frühjahr 1912, wobei sich prompt die Schwierigkeiten häuften. Die Straße, die den Bauplatz mit dem Meer verband, war nur ein provisorisch befestigter Urwaldweg, auf dem schwere Lastkraftwagen keinen Halt unter den Rädern fanden. Eine Verbreiterung der Strecke verhinderte der Baumbestand, und nach heftigen Regengüssen verwandelte sich die Route in einen Sumpf. Auf der Ebene von Bitapaka gab es keine Steine zur Herstellung der Fundamente für sämtliche Türme und Stationsgebäude. Sie mussten auf dem Seeweg aus einem 40 Kilometer entfernten Basalt- steinbruch durch Leichter beschafft werden. Zuvor brauchte man Feldbahngleise bis zum Ufer des Meeres sowie eine Ladebrücke. Sand fehlte gleichfalls und sollte von den Credner Inseln besorgt werden. Viel bestaunt wurde die Steinbrecher-Maschine und bald strömten die Kanaker aus allen Richtungen herbei, um das Ungetüm aus der Nähe betrachten zu dürfen: Sie nannten es respektlos „Furzkracher“. Der Gesundheitszustand der Weißen und Farbigen an der Baustelle ließ arg zu wünschen übrig wegen der schlechten Unterkünfte und eintönigen Kost. Malaria, Durchfallerkrankungen und Erkäl- tungsleiden breiteten sich aus, sodass viele Männer schlapp machten. In einem Schreiben an das Reichspostamt erläuterte die Deutsche Südsee-Gesellschaft für drahtlose Telegraphie am 7. Mai 1914, dass „die Montage in Rabaul als die schwierigste anzusehen sei, die sie jemals erlebt hatte“. Der Abschluss aller Arbeiten sei frühestens zum Oktober 1914 zu erwarten. Als in Europa der Krieg auszubrechen drohte, beschleunigte man die Arbeiten nach besten Kräften. An dem 45 Meter hohen Mast entstand eine Notantenne, sodass ab Ende Juli Funknachrichten aus Yap und Nauru empfangen werden konnten. Auf diesen Inseln war der Betrieb bereits voll im Gang. Mit Hilfe von Schiffsmotoren und dem Motor des Steinbrechers (Furzkracher) gelang es am 8. August 1914 zu senden. Die Nachricht vom Kriegsbeginn wurde am 5. August 1914 gegen 22 Uhr auf- genommen. Postamt in Jaluit
Machtkampf der internationalen Bürokraten Die oberste Leitung des Postwesens im Schutzgebiet Deutsch-Neuguinea hatte sich das Berliner Reichspostamt vorbehalten, doch die Verantwortung für den laufenden Dienst und die Abrechnungen der einzelnen Postagenturen war Sache (seltsamerweise) der Oberpostdirektion Bremen, vielleicht wegen der Hafenverbindung. Die ersten vier Postagenturen in der Kolonie arbeiteten gleichberechtigt und rechneten getrennt mit der Oberpostdirektion Bremen ab. Man bestellte dort die erforderlichen Briefmarken und regelte alle sonstigen Wünsche direkt auf unbürokratische Weise. Das führte zu Komplikationen, denn die Postagenten waren seinerzeit Angestellte der Neuguinea Kompagnie. Das Privatunternehmen sollte für jeden Agenten eine Kaution (Sicherheitsleistung) von 200 Mark stellen. Andererseits durfte die Firma ihren Leuten keine postdienstlichen Vorschriften machen und musste sich zurückhalten, was wiederum zu Kompetenzstreitigkeiten Anlass bot. Durch Versetzungen und Erkrankungen entstanden oft Unregelmäßigkeiten im Postdienst. Wechselte ein Postagent, so wurden die Tagesgeschäfte (Briefmarken, Kassenbestand usw.) einfach formlos und mündlich übergeben. Kein Wunder, dass erhebliche Differenzen in den Abrechnungen auftraten, und niemand wollte dann die Verantwortung übernehmen. Dieser Schlendrian durfte so nicht weiter gehen! Man brauchte eine Zentrale, um die Zügel straff in der Hand halten zu können. Zunächst erhielt die Postagentur Finschhafen eine Aufwertung ihrer Position und durfte sich „Hauptpostagentur“ nennen. Nachdem Finschhafen 1891 aufgegeben werden musste, ernannte man Stephansort sowie Friedrich Wilhelms Hafen zu Hauptagenturen mit größerer Verantwortung. 1892 entschloss sich das Reichspostamt endlich, einen Postfachbeamten nach Friedrich Wilhelms Hafen zu entsenden. Weil er im Postdienst nicht genug zu tun hatte, übernahm die Neuguinea Kompagnie die Hälfte der Besoldung, Ausrüstung, Reisekosten usw. Ergänzend sollte der neue Beamte beim Kaiserlichen Kommissariat, in der Zollabfertigung im Kassenwesen tätig werden. Zentralverwaltung Stephansort um 1910
Dem Kaiserlichen Kommissar war die politische Verwaltung der Kolonie übertragen, weil es noch keinen Gouverneur gab wie in den übrigen Schutzgebieten des Reichs. Dieser Kommissar vertrat auch als Chef die Neuguinea Kompagnie und war somit Vorgesetzter aller Postmitarbeiter, denen zugleich Weisungen des Reichspostamts und der Oberpostdirektion Bremen zugingen. Kompe- tenzstreitigkeiten konnten nicht ausbleiben. Im Herbst 1893 rief das Reichspostamt den einzelnen Beamten verärgert zurück in die Heimat. Im Jahr 1899 ging das Schutzgebiet Deutsch-Neuguinea in die alleinige Zuständigkeit des Deutschen Reichs über. Sollte man jetzt erneut einen Postfachbeamten in die Kolonie schicken, um dort postalische Ordnung zu schaffen? Die Kolonialbehörde hatte einen Teil der Kosten zu tragen und durfte im Gegenzug den Beamten, weil er nicht ausgelastet sein würde, für andere Aufgaben (Zoll, Administration usw.) mit benutzen. Im Frühling 1902 reiste der ausgewählte Fachmann ab und fand einen Schreibtisch in Herbertshöhe vor, wo künftig alle Fäden zusammenlaufen mussten. Am 22. September 1902 verwandelte sich Herbertshöhe in ein ordentliches Postamt mit vielen Vollmachten. Ab Dezember 1904 nahmen die Pflichten des Postbeamten erheblich zu und er bekam jetzt eine „Vollzeitstelle“ genehmigt. Am 20. September 1904 traf der erste „Leitungsaufseher“ in DNG ein. Als im August 1914 der Erste Weltkrieg alle Pläne durcheinander brachte, sah die Besetzung des Postdienstes folgendermaßen aus: Ein Postsekretär als Vorsteher des Postamtes Rabaul, nachdem das Gouvernement 1906 Rabaul zum neuen Regierungssitz bestimmt hatte. Der Sekretär leitete das ganze Post- und Tele- graphenwesen des Schutzgebiets. Zwei Leitungsaufseher als Verwalter der Postagenturen Herbertshöhe und Friedrich Wilhelms Hafen. Ein Leitungsaufseher beim Postamt Rabaul. Die übrigen neun Postagenturen lagen nebenamtlich in den Händen von Regierungsbeamten, Missionaren und Kaufleuten. Ab 1906 dienten überdies zwei qualifizierte Malaien als Hilfskräfte. In Herbertshöhe und Rabaul beschäftigte die deutsche Post sechs Eingeborene beim Telegraphenbau und Entstörungsdienst. Postagentur auf Stelzen isoliert
Am 28. Juli 1914 erfuhr die PLANET, ein Vermessungsschiff der Kaiserlichen Marine, das im Hafen Rabaul zufällig vor Anker lag und über Funkanlagen verfügte, Einzelheiten zum Ultimatum Österreich- Ungarns an Serbien. Es folgten immer bedrohlichere Nachrichten aus Europa Tag um Tag. Die Funkstation Bitapaka lauschte ebenfalls intensiv in den Äther, konnte aber noch nicht senden, weil ihre Montage unvollendet war. Am 2. August 1914 traf der Reichspostdampfer COBLENZ aus Sydney ein. Im Hafen Brisbane – so erzählte der Kapitän – sei die Stimmung der Australier „schon sehr deutschfeindlich“ gewesen. Am 3. August lief die PLANET nachts aus, um sich in der Inselwelt ein Versteck zu suchen, denn das Schiff besaß keinerlei Bewaffnung. Am 5. August 914 gegen 22 Uhr nahm die Funkstation Bitapaka ein Telegramm aus Nauen (Berlin) auf: KRIEG MIT ENGLAND + FRANKREICH + RUSSLAND +BESTÄTIGT EMPFANG Das Gouvernement entschied jetzt: Kriegszustand für das Schutzgebiet. Funkstation Bitapaka sollte als Knotenpunkt für das Ostasiatische Kreuzergeschwader des Grafen Spee bis zur letzten Patrone verteidigt werden. Rabaul und Herbertshöhe wurden zu „Offenen Städten“ erklärt (ohne militärische Einrichtungen), um die Beschießung durch Schiffsartillerie zu verhindern. Landungstruppen des Geg- ners vor den Städten sollten auf keinen Widerstand treffen. Die eingeborene Polizeitruppe zog sich ins Hinterland zurück, ebenso das Gouvernement nach Toma, 10 Kilometer landeinwärts. Dem Gouvernement für Deutsch-Neuguinea unterstanden damals das Kaiser Wilhelms Land, der Bismarck Archipel, die deutschen Salomon Inseln sowie die Karolinen-, Marianen- und Marshall Inseln: insgesamt etwa 240.000 Quadratkilometer. Die Ausdehnung des ganzen Gebiets entsprach ungefähr der Fläche von halb Europa! Graf Spee und dessen Ostasiatisches Kreuzergeschwader waren nicht in der Lage, Deutsch- Neuguinea vor dem Gegner zu schützen, und hatten wichtigere Aufgaben vorzuziehen. Die Südsee- station der Kaiserlichen Marine bestand aus den veralteten kleinen Kreuzern CONDOR (später GEIER) sowie CORMORAN, ergänzt durch das unbewaffnete Vermessungsschiff PLANET. (Kleine Kreuzer waren – genauer betrachtet – Kanonenboote). Kein Schiff der Südseestation hatte eine Panzerung, ihre Bewaffnung war dürftig mit kleinen Kanonen und die Marschgeschwindigkeit ließ zu wünschen übrig, was damals (insgesamt betrachtet) jedoch zur Befriedung aufständischer Eingeborener ausreichte. Die Polizeitruppe mit zwei deutschen Offizieren und zwei Unteroffizieren umfasste etwa 450 ausgebildete Eingeborene. Ihr Einsatz gegen australische Landungstruppen wäre sinnlos gewesen. Die Bewaffnung bestand aus veralteten Gewehren Modell 88 (ohne MG und Feldgeschütze). Ebenso wenig standen Feldfernsprecher mit Zubehör oder andere Nachrichtenmittel zur Verfügung. Poststation Morobe an der britischen Grenze
Die Insel Matupi nahe Rabaul bot eine kleine Kohlenstation für Schiffe mit geringen Vorräten, konnte also den Kanonenbooten gar nicht aushelfen. Alles in allem eine hoffnungslose Kriegslage für Deutschland. Zur Erleichterung des Postverkehrs mit den schwachen deutschen Kräften richtete man einen Feldpostdienst ein, beschränkt auf Postkarten und Briefe bis zu 50 Gramm. Mobile Feldpost- Formationen gab es nicht, weil Personal hierfür fehlte. Die bei den privaten Sprechstellen vorhandenen Klappenschränke, Apparate und Trockenelemente (Batterien) wurden demontiert und nach Rabaul transportiert. Die Postdienststellen Rabaul und Herbertshöhe behielten zwei Streckenapparate als Notlösung. Ohne Feldfernsprecher tappte die klei- ne Truppe ohne Orientierung durch die Landschaft bei eventueller Feindberührung. Die Postfachleute improvisierten deshalb und bastelten eine Reihe von Fernsprechapparaten zusammen, die man leicht auf- und abbauen konnte: dazu dienten Trockenelemente, Kistenbretter usw. Es funktionierte! Am 12. August 1914 erschienen die Australier mit zahlreichen Kriegsschiffen und Truppen- transportern. Gegen 10 Uhr morgens meldete der in Herbertshöhe tätige Leitungsaufseher den Anmarsch einer australischen Truppe auf die Postagentur. Er machte den Klappenschrank durch Wegnahme der Schnüre und Stöpsel unbrauchbar, entfernte die Sicherungen und verdrückte sich in den Busch, um die Telegraphenleitungen nach Bitakapa und Rabaul zu kappen sowie eine neue Direktverbindung zwischen Rabaul und Toma herzustellen, wo der Gouverneur ausharrte. Die Australier drangen in das Postgebäude ein und demolierten alle Anlagen in Herbertshöhe mit Beilhieben und Hammerschlägen. Bis gegen 14 Uhr konnte man zwischen Rabaul und Toma telefonieren. Dann schlug eine Abteilung Matrosen des Torpedoboot-Zerstörers WARREGA alles kurz und klein in Rabaul. Die Lage schien unklar. Abends hieß es, dass die Australier eine sofortige Kapitulation verlangten und mit einer Beschießung aller wichtigen Orte an der Küste drohten. Zunächst blieb es ruhig. Am folgenden Morgen war die australische Kriegsmarine überraschend am Horizont verschwunden. Die Funkstation Bitapaka bemühte sich um neue Orientierung im Äther, konnte aber Yap (Karolinen) nicht erreichen. Die Regierungsdruckerei in Rabaul brachte eine aktuelle Ausgabe des Amtsblatts heraus, ebenso Extrablätter. Papier hatte man reichlich auf Vorrat. Die Funkstation lieferte laufend Kriegsnachrichten nach dem aktuellen Stand dank ihrer Empfangs- möglichkeit in Richtung Pago Pago Inselgruppe, auch Amerikanisch-Samoa genannt. So erfuhr man Einzelheiten über die Belagerung von Lüttich (13. bis. 20. August 1914) brühwarm, wo sich die Belgier gegen die Deutschen wehrten. Nachrichten vom Feldzug in Frankreich blieben aus, wurden offenbar von den Amerikanern aus politischen Rücksichten unterdrückt oder zensiert. Ab 29. August 1914 verstummte Samoa, ebenso Nauru. Am 11. September 1914 entschlossen sich die Australier nach ihrer längeren Ruhepause, den Krieg gegen Deutsch-Neuguinea fortzusetzen. Starke Landungstruppen landeten diesmal konzentriert, um zu bleiben. Das Schicksal der Funkstation war besiegelt. Es gingen etwa 3.000 Soldaten an Land. Nach der Einnahme von Rabaul am 12. September 1914 musste die deutsche Post ihre Tätigkeit einstellen. Am 8. September 1914 war es noch gelungen, die Motorpinasse KALILI von Rabaul über Käwieng nach Macasar in Niederländisch-Indien abzufertigen. Sie sollte dort Lebensmittel, Arzneimittel usw. einkaufen. Mit der Pinasse wurde auch die allerletzte Briefpost für Deutschland befördert, die zu- verlässig angekommen ist. Quellen Schmidt, W.: Geschichte der deutschen Post in den Kolonien und im Ausland (Leipzig 1942)
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