WIE KÖNNEN WIR ÜBER RASSISMUS UND WEISSE PRIVILEGIEN IN DER KIRCHE SPRECHEN? - DOKUMENTATION

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WIE KÖNNEN WIR ÜBER RASSISMUS UND WEISSE PRIVILEGIEN IN DER KIRCHE SPRECHEN? - DOKUMENTATION
#BLACKLIVESMATTER   #DEARWHITECHURCH   #FREMDGELESEN

WIE KÖNNEN WIR ÜBER
RASSISMUS UND WEISSE
PRIVILEGIEN IN DER KIRCHE
SPRECHEN?
DOKUMENTATION
zum Studientag am 15. Oktober 2020
in Haus Villigst, Schwerte
WIE KÖNNEN WIR ÜBER RASSISMUS UND WEISSE PRIVILEGIEN IN DER KIRCHE SPRECHEN? - DOKUMENTATION
INHALTSVERZEICHNIS

03   Vorwort

04   CHRISTINA BIERE
     Aus meiner weißen Biografie

07   SARAH VECERA
     Ihr habt es gut gemeint und habt mich fremd gemacht

09   QUINTON CEASAR
     Liberation Theologies and the white Church in Germany

10   ELEANOR B. MCCORMICK
     Sacred Conversations: The Stories we need to be telling in the Church

12   MIKE LEE
     Tagungsbeobachtungen

14   NATHALY KURTZ
     Tagungsbeobachtungen

15   Ergebnisse der Tagung und Empfehlungen für die Weiterarbeit

19   Beispiele für Initiativen und Lernorte

22   Autor*innen und Herausgeber*innen

23   Weitere Angebote verschiedener Bildungsträger

24   Impressum
WIE KÖNNEN WIR ÜBER RASSISMUS UND WEISSE PRIVILEGIEN IN DER KIRCHE SPRECHEN? - DOKUMENTATION
VORWORT

Als wir für Oktober 2020 einen Studientag in                        (VEM) 30 Menschen ­– unter Corona-Schutzbedingun-
Haus Villigst, Schwerte, verabredeten, sollte                       gen durften es leider nicht mehr sein – mit dem Anlie-
dieser Reaktionen auf das westfälische Syn-                         gen zusammen, Kirche rassismuskritisch zu verändern.
oden-Papier „Ich bin fremd gewesen. Kirche                          Von diesem Tag gehen Impulse und Initiativen aus. Als
und Migration“ aufgreifen.                                          Vorbereitende der Tagung haben wir es übernommen,
                                                                    diese zu veröffentlichen und mit einem weiteren Kreis
Einige Stellungnahmen, wie die des Internationalen                  zu teilen. Es hat etwas begonnen, eine Veränderungs-
Kirchenkonvents Nordrhein-Westfalen und der Ver-                    bewegung, die viele Menschen braucht, um sie leben-
einten Evangelischen Mission, fragten: Welche Bedeu-                dig und wirksam zu gestalten.
tung hat es, wenn die Kirche zwar einerseits die Bibel
als „Buch von Migrationserfahrungen“ und Migration                  Die Teilnehmer*innen der Tagung – weiße Menschen
als wichtig für Kirchengeschichte und Theologie be-                 und BIPoC (Black, Indigenous, People of Color) – wün-
nennt, gleichzeitig aber weiterhin von Migrant*innen                schen sich, dass Kirche lernt, weiße Privilegien wahr-
als “den Fremden” und “den Anderen” spricht?                        zunehmen und rassismuskritisch einzusetzen. Sie wün-
                                                                    schen sich, dass Kirche die Perspektiven von BIPoC in
Während der Vorbereitung der Tagung gewann eine                     der Kirche hören und sehen lernt und daraus Schlüsse
zweite Debatte an Dynamik. Wir wurden Zeug*innen                    auf notwendige Veränderungen zieht und diese um-
der Black-Lives-Matter-Bewegung und nehmen seitdem                  setzt. Das betrifft vor allem die Aus- und Fortbildungs-
wahr, wie sich Menschen, besonders aus der jünge-                   bildungsgänge für kirchliche Berufe und die Entschei-
ren Generation, zunehmend mit der Bedeutung ihrer                   dungsstrukturen.
weißen Privilegien für den strukturellen Rassismus in
Deutschland beschäftigen. Eine Reaktion der Evange-                 Die Teilnehmer*innen wünschen sich auch eine weite-
lischen Kirche von Westfalen war, die Bestrebungen                  re Vernetzungstagung im Jahr 2021. Dafür haben wir
der westfälischen Partnerkirche, der United Church of               vorsorglich Räume in Haus Villigst, Schwerte, für den
Christ in den USA (UCC), mit dem Curriculum „White                  2. November 2021 reservieren lassen und werden zu
Privilege: Let‘s Talk - A Resource for Transformational             den Planungen einladen. Please save the date!
Dialogue“, Gemeinden dazu anzuregen, kritisch über
weiß-sein und die eigene Verstrickung in Rassismus zu               Sie finden in dieser Broschüre die Beiträge der Tagung
reflektieren, noch einmal neu wahrzunehmen und das                  2020, Diskussionsergebnisse und Anregungen für
Curriculum ins Deutsche übersetzen zu lassen.                       die Weiterarbeit im Kontext einer rassismuskritischen
                                                                    Kirche, ein Update zu bereits entstandenen Initiativen
Diese Beobachtung mündete in den Studientag „Wie                    sowie unsere Kontaktadressen.
wir in der Kirche über Rassismus und weiße Privile-
gien sprechen können“. Am 15. Oktober 2020 kamen                    Wir freuen uns auf kritische Reaktionen und Denkan-
auf Einladung der Evangelischen Kirche von Westfa-                  stöße nach der Lektüre.
len (EKvW) und der Vereinten evangelischen Mission
                                                                    Christina Biere, Quinton Caesar, Beate Heßler, Sarah
                                                                    Vecera, Angelika Veddeler

1
  Das Diskussionspapier, in der Sprache der Landeskirche „Hauptvorlage“ genannt, sowie die Reaktionen und Materialien finden sich
unter https://kircheundmigration.ekvw.de/.
2
  Weiß ist hier keine Farbbezeichnung und auch keine politische Selbstbezeichnung, im Gegensatz zu Benennungen wie
Schwarz und People of Color, sondern die Sichtbarmachung einer privilegierten Positionierung. Weiß wird deshalb in dieser
Veröffentlichung klein und kursiv geschrieben. Für weitere Worterklärungen empfehlen wir z.B. das Glossar der Neuen Deutschen
Medienmacher*innen: https://glossar.neuemedienmacher.de/.
3
  Die Materialien der UCC finden sich unter http://privilege.uccpages.org/, die Übersetzung befindet sich noch vor der eigentlichen
Veröffentlichung in der Erprobungsphase, kann aber zum Zwecke der Erprobung im Amt für MÖWe angefragt werden.

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WIE KÖNNEN WIR ÜBER RASSISMUS UND WEISSE PRIVILEGIEN IN DER KIRCHE SPRECHEN? - DOKUMENTATION
CHRISTINA BIERE

AUS MEINER WEISSEN BIOGRAFIE 4

Ich begrüße Sie zu dieser Tagung, und darf mich Ihnen                         Wer bin ich?
kurz vorstellen.
                                                                              Ich bin weiß. Ich wusste lange nicht, dass ich weiß
Wer bin ich?                                                                  bin. Es ist ein kursives weiß, denn es meint nicht mei-
                                                                              ne Hautfarbe, sondern ist eine politische Bezeichnung.
Ich bin Pfarrerin. Das ist keine Selbstverständlichkeit.                      Dass ich weiß bin, ist mir erst im Laufe dieses Jahres
Vor 50 Jahren hätte ich hier in der Evangelischen Kir-                        bewusst geworden: Im Januar traf ich Teddy Sakupa-
che von Westfalen noch nicht Pfarrerin sein können.                           pa, einen Kollegen aus Sambia, der an der „University
Und in einigen Kirchen, mit denen wir ökumenische                             of the Western Cape“ in Südafrika arbeitet. „Dass ich
Partnerschaften pflegen, ist dies immer noch nicht mög-                       Schwarz bin“, sagte er, „habe ich erst hier in Kap-
lich. Frauen haben für ihre berufliche Gleichstellung in                      stadt gelernt. In Südafrika werde ich so behandelt,
der Kirche gekämpft. Und dann hat Kirche begonnen,                            als sei es die Norm, weiß zu sein.“ Wir setzten das
ihre Identität zu verändern.                                                  Gespräch über Rassismus fort. „Und wann“, fragte er
                                                                              mich, „wann hast du gelernt, dass du weiß bist?“ Ich
Wer bin ich?                                                                  verstand seine Frage sofort. Aber ich wusste keine Ant-
                                                                              wort. Das war für mich der Moment, in dem ich anfing
Ich bin seit drei Monaten mit meiner Frau verheira-                           zu verstehen, was es bedeutet, weiß zu sein.
tet. Standesamtlich und kirchlich. Vor nur einem Jahr
wäre das in der Evangelischen Kirche von Westfa-                              Es ist für mich eine aufregende und sehr lehrreiche
len noch nicht möglich gewesen. Aber die LGBTIQ                               Reise. Sie öffnet mir die Augen und das Herz. Kann
(Lesbian, Gay, Bisexual, Trans, Intersex, Queer) Com-                         ich sagen, es ist eine spannende „Entdeckungsreise“?
munity in der Kirche hat für ihre rechtliche Gleichstel-                      Oder ist das ein unpassender Begriff? Columbus mein-
lung gekämpft. Und dann hat Kirche begonnen, ihre                             te, die Anderen entdeckt zu haben – und die Macht
Identität zu verändern.                                                       seiner Gruppe erlaubte es ihm und der weißen west-
                                                                              lichen Welt fortan, die Anderen zu definieren und zu
Wer bin ich?                                                                  disqualifizieren. Nun entdecke ich mich selbst – als
                                                                              weiße Nachfahrin dieses weißen Kolumbus. Und es
Ich bin eine Frau. Ich benutze das Pronomen „sie/ihr“.                        scheint mir, als wäre ich – unfairer und paradoxer
Ich sage das dazu, damit Ihr wisst, wie ich von Euch                          Weise – davon abhängig, dass Schwarze Menschen
gelesen und angesprochen werden möchte. Trans                                 und BIPoC, die in Deutschland Rassismuserfahrungen
und nicht-binäre Menschen machen mich cis Mensch                              machen, mir dafür einen Spiegel vorhalten:
darauf aufmerksam, dass es fair ist, das zu tun. Da-
mit nicht nur sie es dazu sagen müssen, um entspre-                           Ich höre von BIPoC in Podcast-Beiträgen, Büchern, Zei-
chend ihrer Identität angesprochen zu werden. Trans                           tungsartikeln, auf Instagram-Kanälen: Schau hin und
und nicht-binäre Menschen kämpfen darum, dass ihre                            höre zu! Für uns ist das Leben in Deutschland jeden
Identität respektiert wird. Wann wird Kirche beginnen,                        Tag davon geprägt, als „fremd“ oder „anders“ wahr-
auch hier ihre Identität zu verändern?                                        genommen zu werden. Wir sehen jeden Tag, was es
                                                                              bedeutet weiß zu sein, auch wenn du es nicht sehen
                                                                              kannst oder nicht sehen musst oder nicht sehen willst.

4
    Dieser Artikel wurde für die Veröffentlichung leicht überarbeitet.

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WIE KÖNNEN WIR ÜBER RASSISMUS UND WEISSE PRIVILEGIEN IN DER KIRCHE SPRECHEN? - DOKUMENTATION
In der Schule und auf dem Spielplatz, beim Fußball-              Und heute?
spielen und Bahnfahren, bei der Berufswahl und beim
Umzug – überall macht es einen Unterschied, ob du                Vor nicht allzu langer Zeit stand ich auf einem Bahn-
weiß oder Schwarz bist.                                          steig, schaute mich um, und ertappte mich bei dem
                                                                 Gedanken „Gibt es denn hier gar keine Deutschen
Wir haben weniger Vorbilder in der Öffentlichkeit, wir           mehr?“ Der Satz von damals war immer noch da.
sind weniger repräsentiert, wir werden öfter verdäch-
tigt, uns wird weniger zugetraut – weil wir nicht weiß           Was bedeutet das – für mich, für mein Wahrnehmen
sind, aber weiß-sein die unsichtbare Norm ist. Weiße             und Handeln im Alltag, für meine Psyche und meine
Menschen haben das Privileg, diese Diskriminierung               Beziehungen, wenn dieser Satz plötzlich immer wie-
nicht zu erfahren.                                               der ins Bewusstsein drängen kann?

Ich habe gelernt, weiße Privilegien ist nicht etwas, das         Im Studium
einzelne weiße Menschen absichtlich erschaffen, aber
es ist ein Begriff für die Tatsache, dass in einem sozia-        in Heidelberg hatte ich weiße Kommiliton*innen und
len System Privilegien auf der Basis gewährt werden,             weiße Professoren (Frauen waren nicht darunter). Wir
dass weiß-sein die Norm ist.                                     lasen Literatur von weißen Theolog*innen und lernten
                                                                 Textkritik an biblischen Texten aus dem Mittleren Osten
Biografisch interessant ist nun, dass ich diese weiße            der Antike, wie sie weiße Theologen in Deutschland
Norm nicht gesehen habe. Und dass es mir deshalb                 im 19. Jahrhundert erfunden hatten. Kirchengeschich-
unglaublich schwerfällt, die Geschichte meines weiß-             te lernten wir als ein Kontinuum der Geschichte der
seins zu erzählen. Jedoch – wenn Schwarz-sein schon              Kirche bis hin zur Gründung der Evangelischen Kirche
als Kind die Lebenswirklichkeit prägt, dann prägt                in Deutschland. Die Entwicklung anderer Kirchen ge-
weiß-sein wohl ebenso.                                           hörte zur Ökumene – ein Spezialfach. Über koloniale
                                                                 Missionsgeschichte und ihre Auswirkungen auf das
Aber wie?                                                        Verhältnis der Kirchen heute lernte ich nichts im Stu-
                                                                 dium. In der Religionswissenschaft, nicht examensre-
Ich bin in einem weißen Umfeld aufgewachsen. In                  levant, ging es um die „anderen“ Religionen und dar-
meiner Familie, in meiner Nachbarschaft, in meiner               um, was eigentlich Religion sei – definiert von weißen,
Grundschule, in meinem Sportverein und auch auf                  deutschen Theologen wie Schleiermacher. Dann gab
dem Gymnasium waren alle Menschen weiß.                          es in der Bibliothek noch das Regal mit kontextuellen
                                                                 Theologien – Schwarze Theologie, Befreiungstheo-
In meiner Klasse in der Grundschule wuchsen viele                logie, Minjung Theologie und andere. Dort standen
Kinder zweisprachig auf. Ihre Eltern kamen aus Polen,            die nicht-deutschsprachigen Bücher, die ohne golde-
der Türkei, Brasilien, Chile, Russland und England.              ne Schrift auf dem Einband und ohne feste Einbände.
„Gibt es denn gar keine Kinder mehr in deiner Klas-              Sie waren auch da. Aber eindeutig in der Abteilung
se, die deutsch sind?“ Das ist so ein Satz, an den ich           „der anderen“. Ich lernte Theologie. Eigentlich lernte
mich erinnern kann. Meine Mutter und ich zählten die             ich deutsche, weiße, also kontextuelle Theologie. Aber
verschiedenen Nationen auf – das war irgendwie inte-             ich lernte darüber als „die Theologie“, als die Norm.
ressant – machte aber auch klar, diese Kinder waren
„anders“ und ich gehörte zur Norm.

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WIE KÖNNEN WIR ÜBER RASSISMUS UND WEISSE PRIVILEGIEN IN DER KIRCHE SPRECHEN? - DOKUMENTATION
Und heute?                                                     In anderen kirchlichen Berufen und im Ehrenamt sieht
                                                               es ähnlich aus. Ich bin Mitglied in vier Kreissynoden
Bis vor einem Jahr gab es oben rechts in meinem                und 99% aller Delegierten sind weiß. Meine Kirche ist
Bücherregal eine Rubrik „fremdsprachige Literatur“ –           mehrheitlich weiß. In Dokumenten wie der Hauptvor-
irgendwie hatte ich einfach alle englischen oder über-         lage „Ich bin fremd gewesen. Kirche und Migration“
setzten Romane da eingeordnet. So wie auch in vielen           fragt sich diese Kirche, warum sie nicht diverser ist
Buchhandlungen üblich. Hier deutsche Literatur – da            und wie sie einladender für Menschen „mit Migrations-
die anderen. Meine Deutschlehrerin sagte mir einmal            erfahrungen“ sein kann.
kurz vor dem Abitur „Eigentlich schade, dass wir gar
keine Literatur aus anderen Ländern lesen konnten –            Mache ich mir meine berufliche Biografie bewusst,
aber leider müssen wir uns an den Lehrplan halten,             dann wird klar, dass wir die naheliegendsten Fragen
da ist das nicht vorgesehen.“ Was macht das mit mir?           wohl noch gar nicht stellen: wie wir lernen können,
Dreizehn Jahre Schule und sieben Jahre Universität –           wahrzunehmen, dass wir weiß sind, welche Funktion
und die maßgeblichen Autor*innen waren immer wei-              dieses Nichtwissen in unserem System hat und wie wir
ße Deutsche, meistens Männer? Ist die Perspektive der          wieder verlernen können, von einer weißen Norm aus-
Überlegenheit der weißen deutschen Theologie über-             zugehen – in unserer Theologie, in unseren Strukturen,
haupt noch zu verlernen? Was kann ich tun?                     bei unseren Personalbesetzungen.

In der Ausbildung                                              Was können wir tun?

zur Pfarrerin, dem Vikariat, waren wir 12 wei-                 Was kann ich tun, um die Mächtigkeit der Ideen,
ße deutsche Vikar*innen in der Ausbildungsgrup-                der Strukturen, der Traditionen zu erkennen, die uns
pe. Diese Tatsache spielte aber weder für uns                  als weiße Menschen prägen? Und wenn ich dies er-
noch für unsere drei Ausbilder*innen ein Rolle.                kenne, was dann? Wie kann ich diese Erkenntnisse
Es war das Jahr 2010, 22 Jahre nachdem Peggy                   nutzen, um rassismuskritisch zu wirken und Verände-
MacIntosh den weltberühmten Aufsatz über ihren „un-            rungen anzuregen? Wie kann ich Verbündete werden
sichtbaren Rucksack“ gefüllt mit Privilegien geschrie-         für Menschen, die Rassismus in der Kirche erfahren
ben hatte und 12 Jahre nach dem Erscheinen des                 – ohne die Haltung eines typisch weißen Helfens, also
deutschsprachigen Standardwerkes von Noah Sow                  wiederum eine dominante Haltung einzunehmen? Und
„Deutschland Schwarz-Weiß“. Doch in meiner Aus-                wie halte ich immer wieder die Scham aus, wenn ich
bildung war kein einziges Mal die Rede von weißen              weiße Privilegien erkenne, die ich zuvor nie gesehen
Privilegien und darüber, wie wir als Pfarrer*innen,            oder verdrängt habe?
also als Personen des öffentlichen Lebens, zu ihrer
Reproduktion oder ihrer Beilegung beitragen würden.            Das sind Fragen, die ich mitbringe. Sicher bin ich mir
                                                               schon, dass sich die Reise der Entdeckung des weiß-
Stattdessen besuchten wir in der „Ökumene-Woche“               seins auf der Suche nach einer rassismuskritischen
wie eine Tourist*innengruppe eine Moschee und ein              Kirche lohnt: Es ist in spannendes, aktuelles Thema.
Pfarrer aus einer so genannten „Migrationskirche“ hielt        Es ist ein interessanter Aspekt meiner Arbeit. Und ich
uns im Predigerseminar einen Vortrag über den Heili-           ahne, dass ich als Person – und du als Person – dass
gen Geist. Was ich davon gelernt habe? Moscheen                wir persönlich am meisten davon haben werden – weil
und „Migrationskirchen“ sind Orte „der Anderen“.               wir glücklicher sein werden und weil wir wachsen wer-
                                                               den. Und weil wir ein Stück heil werden können.
Lassen Sie mich zusammenfassen: Theologiestudieren-
de sind weiß, Vikar*innen sind weiß, Pfarrer*innen in          Also dann: Hands on! Los geht’s! Amen!
unserer Kirche sind mehrheitlich weiß.

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WIE KÖNNEN WIR ÜBER RASSISMUS UND WEISSE PRIVILEGIEN IN DER KIRCHE SPRECHEN? - DOKUMENTATION
SARAH VECERA

IHR HABT ES GUT GEMEINT UND
HABT MICH FREMD GEMACHT

Wenn ich hier heute ein persönliches Statement zum
Thema Rassismus geben soll, kann ich gar nicht nur
von Rassismus reden. Intersektionalität ist allgegen-
wärtiger Teil meines Lebens. Intersektionalität be-
schreibt die Überschneidung und Gleichzeitigkeit von
verschiedenen Diskriminierungskategorien gegenüber
einer Person.

Als 37-jährige, studierte und verheiratete Frau, stell-         Wir müssen aber über die vielfältigen
vertretende Abteilungsleiterin, deutsche “person of             Formen von Rassismus ins Gespräch kom-
color“ und Mutter von zwei Kindern werde ich in der             men. Wir müssen unsere eigenen strukturel-
Kirche und in der Ökumene regelmäßig und selbstver-             len, institutionellen und individuellen Rassis-
ständlich als „jung“ bezeichnet, erfahre individuellen          men entlarven, reflektieren und überwinden.
Sexismus und Rassismus.
                                                                Christ*innen brauchen Orte und Menschen, an und mit
Menschen meinen das tatsächlich nicht böse und das              denen sie ihre eigenen Biografien daraufhin anschau-
glaube ich ihnen sogar und spüre das auch. Aber die             en können, so wie Christina es getan hat. Kirchenlei-
Unsichtbarkeit meiner Erfahrungen ist Teil des Prob-            tende müssen Rassismus als allgegenwärtiges Problem
lems, über das Kirche nicht reden mag. Projekte, Be-            ihrer Kirche anerkennen. Menschen, die Programme in
gegnungen, Gespräche, Entwicklungszusammenarbeit                Gemeinden oder Gottesdienste leiten, brauchen dies-
und Ökumene – es gibt vieles, das gut gemeint ist.              bezüglich Fortbildungen.
Ich sehe da tatsächlich großes Potenzial, aber auch
leider große Abwehrmechanismen bezüglich des The-               Ich bin fest davon überzeugt, dass wir nur
mas Rassismus. Das schafft Machtgefälle. So auch die            so in aller Konsequenz eine relevante,
Hauptvorlage der EKvW: Ich bin fremd gewesen und                offene und barrierefreie Kirche mit Zukunft
ihr habt mich aufgenommen.                                      sein können.

Annette Kurschus trifft es eigentlich auch schon im Vor-        Das ist ein langer und bestimmt auch schmerzhafter
wort dieser Hauptvorlage auf den Punkt, indem sie               Prozess – wie kann es auch anders sein, denn wenn wir
schreibt: „Der biblische Satz regt dazu an, im Frem-            über Rassismus reden, dann sprechen wir von einem
den mehr zu sehen als lediglich den Bedürftigen. Men-           500 Jahre alten historisch global herangewachsenen
schen wollen nicht auf Dauer Objekte von Mitleid und            System, das Kirche mit aufgebaut und geprägt hat.
Zuneigung, von Skepsis oder Angst bleiben.“                     Das geht nicht mal eben zu bekämpfen – das braucht
                                                                Zeit, Aufmerksamkeit und Geld.
Obwohl das Vorwort und auch die theologische Ausei-
nandersetzung dieser Hauptvorlage viel versprechen,
bleiben die mutigen praktischen Schritte und Konse-
quenzen aus. Die wirklichen Privilegien teilen will
kaum jemand.

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WIE KÖNNEN WIR ÜBER RASSISMUS UND WEISSE PRIVILEGIEN IN DER KIRCHE SPRECHEN? - DOKUMENTATION
Als Menschen für die Hauptvorlage den Bibelvers aus              Und dennoch fühle ich mich mit „fremd“ auch
dem Matthäusevangelium wählten: „Ich bin fremd ge-               angesprochen – obwohl ich immer wieder in
wesen und ihr habt mich aufgenommen“, hatten sie                 Kirche herzlich aufgenommen werde.
wahrscheinlich meine Lebenswirklichkeit nicht im Blick.
Ich bleibe bis heute „fremd“ – da helfen auch nicht gu-          Wir sind uns hier heute weißer Privilegien in Kirche
ten Manieren, eine gewisse Bildung, mein deutscher               bewusst. Wir sind nicht hier, um darüber zu debattie-
Pass mit Geburtsort Oberhausen, meine Ordination in              ren, wann und wo es sie gibt, sondern um Wege zu
der EKiR, Interesse an deutschem Kulturgut von Goethe            finden, wie wir mehr Menschen in Kirche mitnehmen
über Currywurst bis hin zu Wolfgang Petry, mein Bau-             auf diesem Weg, und darauf bin ich sehr gespannt
sparvertrag mit bester Zinsbindung, das Eigenheim                und freue mich.
im Spießerstadtteil, ein weißer Ehemann, zwei weiße
Kinder (wobei sich bei meinem Sohn die Menschen
noch uneinig sind), ein überproportionaler Hang und
Eifer zu Effektivität, fundiertes Wissen über die NS-Zeit
oder ein ordentlicher Ruhrpott-Dialekt.

Die Frage bleibt: Und woher kommst du wirklich?

Mein „sogenannter Migrationshintergrund“
wird mir zugeschrieben. Aber wo soll
der sein?

Ich bin mit Bratkartoffeln, Rahmspinat, dem schwarzen
Peter und Pippilotta Viktualia in einer Arbeiter*innen-
familie im Ruhrpott aufgewachsen. Evangelische Tau-
fe, katholischer Kindergarten, Kindergottesdienst, den
sogar mein eigener Opa hielt, Vorschule, Schule, Kon-
firmation, ehrenamtliches Engagement in Kirche, Frei-
willigendienst mit der Vereinten Evangelischen Mission
in Tansania, Uni, Nebenjobs, WGs, Arbeit – wenn es
„den“ deutschen Lebenslauf des Bildungsbürgertums
gäbe, ich könnte ihn vorweisen.

                                                            08
WIE KÖNNEN WIR ÜBER RASSISMUS UND WEISSE PRIVILEGIEN IN DER KIRCHE SPRECHEN? - DOKUMENTATION
QUINTON CEASAR

LIBERATION THEOLOGIES AND THE
WHITE CHURCH IN GERMANY 5

My name is Quinton Ceasar. I am a South African                      Wir brauchen,
                                                                          brauchen einen
                                                                                     einen „caritativen christlichen
Theologian. I grew up in in Apart-heid
                            Apartheid South Africa and               Hass“ (Cornel West): Wir hassen die Sünde,
later, in the context of a country suffering under the               den Rassismus –- und versuchen gleichzeitig,
legacy of Colonialism, Imperialism and Apartheid.                    die Sünder*innen zu lieben. Das ist unsere
Theologically, I grew up in the context of the black                 nicht allzu leichte, manchmal sehr schwer
struggle for justice. Very early on, Liberation Theolo-              auszuhaltende Berufung als Christ*innen.
gies opened my eyes to the notion that to try and com-
prehend „Christian Identity from the white, dominant                 Black and other Liberation Theologies speak the BIPoC-
perspective“ is as if one „is to try and understand Jesus            truths: they speak of a great catastrophe visited upon
from the perspective of the Romans,“ as James Cone,                  Black, Indigenous and Persons of Color over and over
the father of (Black) Liberation Theology, puts it. Libe-            again. However, as Cornel West stated at the Funeral
ra-tion Theologies
ration  Theologies have
                    have atat the
                              the core of Christian faith            of James Cone in 2018, „the catastrophe does not
Jesus as the crucified victim.                                       have the last word, because liberation is at the core of
                                                                     the Gospel.“ As Church, and followers of the crucified
Jesus wird, als gekreuzigtes Opfer, in den gekreuzig-                Christ, we are called to wres-tle with, and if possible,
ten Menschen unserer Zeit sichtbar und real. Men-                    echo and live by these truths of our BIPoC sisters and
schen, die immer wieder gekreuzigt werden, durch                     brothers. We must realize that racism - structural, insti-
Rassismus, Sexismus, Homophobie, Transphobie. Gott                   tutional and interpersonal - thrives on silence. That is
ist deshalb ganz real präsent in den Menschen, die um                why as a church we must be loud in the face of racial
ihr Leben kämpfen - und unsere Aufgabe ist es, die Op-               in-justice, wherever
                                                                     injustice,  wherever we
                                                                                          we find
                                                                                              find it.
                                                                                                    it.
fer vom Kreuz zu befreien. Diese Befreiung „der Not-
leidenden, der Armen und der Entrechteten“ (Belhar                   The white
                                                                          white churches
                                                                                  churches in in Germany
                                                                                                 Germany must,
                                                                                                             must, as as a
Bekenntnis der Uniting Reformed Church in Southern                   point of departure, have a critical self-reflec-
Africa, 1986) ist die zentrale Botschaft des Evange-                 tion on
                                                                          on their
                                                                               their own
                                                                                      own whiteness
                                                                                             whitenessandand
                                                                                                           thethe   white
                                                                                                                 white  pri-
liums in Schwarzer Befreiungstheologie und anderen                   vilege thatthat
                                                                     privilege    it comes
                                                                                       it comes
                                                                                             with.with.
                                                                                                    By do-ing
                                                                                                         By doing
                                                                                                                this, white
                                                                                                                       this,
Befreiungstheologien weltweit.                                       churches
                                                                     white   churches
                                                                                in Germanyin Germany
                                                                                                will hopefully
                                                                                                         will hopefully
                                                                                                                 come to
                                                                     realizetothe
                                                                     come      realize
                                                                                   dangerthe of
                                                                                             danger
                                                                                                a single
                                                                                                      of awhite
                                                                                                           single
                                                                                                                Christian
                                                                                                                    white
Befreiungstheologien legen den Finger in die Wunde                   theological
                                                                     Christian  theological
                                                                                   perspective.perspective.
von Rassismus und weißer Vorherrschaft - und fordern
weiße Theologie und die weiße Kirchen heraus. Sie                    Wir dürfen als Kirche uns gegenüber den Lügen von
fordern, in
fordern   in ihrem
              ihrem Wesen
                    Wesen, eine
                            eine klare
                                  klare Sprache
                                        Sprache für die              Unrechtssystemen wie Rassismus nicht geschlagen ge-
Befreiung von Unterdrückten und eine eindeutige Ver-                 ben. Lügen, die sagen, dass das, was wir tun, kei-
urteilung von Unterdrückungssystemen.                                ne Veränderung herbeiführen wird. Das wurde auch
                                                                     zu Harriet Tubman, Rosa Parks, Martin Luther King Jr
                                                                     und Nelson Mandela gesagt – aber sie sind weiter-
                                                                     gegangen und haben es trotzdem geschafft. Denn, es
                                                                     ist eben „immer die richtige Zeit, das Richtige zu tun“
                                                                     (MLK Jr.) und „es erscheint immer unmöglich, bis es
                                                                     jemand getan hat“ (Mandela).
5
    Der Vortrag wurde so, teilweise in Englisch und teilweise
in Deutsch gehalten.

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WIE KÖNNEN WIR ÜBER RASSISMUS UND WEISSE PRIVILEGIEN IN DER KIRCHE SPRECHEN? - DOKUMENTATION
ELEANOR B. MCCORMICK

SACRED CONVERSATIONS:
THE STORIES WE NEED
TO BE TELLING IN THE CHURCH

Wie können wir über Rassismus und weiße                        And so my congregation and I took hold of a curri-
Privilegien in der Kirche sprechen?                            culum, released by the National Office of the United
                                                               Church of Christ, called “White Privilege: Let’s Talk”. It
We can talk about racism and white privilege with              is a 4-part, 112 page curriculum structured around the
stories. Stories are a powerful way to explore social-         idea of telling our stories - writing our autobiographies
ly constructed racial positions and to understand the          through the lens of race.
thoughts and assumptions they generate and reinfor-
ce. Stories, I have come to learn, provide a wealth            It seemed at times like we had forgotten our founding
of material for analyzing how racism operates and              story. But the UCC curriculum, “White privilege: Let’s
for understanding how individual experiences link to           talk,” helped us to find our story again and helped us
broader social patterns.                                       to find our anti-racist voices again.

My United Church of Christ congregation in Lawrence,           In the course of this curriculum I myself had
Kansas was founded by Christian abolitionists. Mem-            to learn that white privilege can exist beyond
bers of the missionary society of New England trave-           my own conscious knowledge of its presen-
led to the Kansas Territory because - in their words           ce. I had to reflect on the fact that white pri-
- “slavery was an abomination in the eyes of God.”             vilege is not something that I, as a white per-
Moving westward, the white men who made the jour-              son, necessarily did, created, or enjoyed on
ney ensured with their vote that the Kansas Territory          purpose, but that white privilege, the color of
would become a free state, and not a slave state, as it        my skin, had (and still does) award me pre-
entered the union of the United States of America. In          ferences and privileges, access and capital,
1861, they had the courage to change the course of             based on the presumptions of white as norm.
history, to hope for a new story.
                                                               This curriculum gave me as a pastor, and as a whi-
But since that time, the descendants of these abolitio-        te woman, the unique opportunity to deconstruct the
nists, living, working and wor-shipping in a progres-          stories I had been told by my grandfather - when he
sive university town, remained largely unaware of the          talked about Cuban-Americans “invading” Florida or
countless ways white privilege manifested itself and           Seminole Indians building unnecessary and unchris-
the enduring characteristic of faith.                          tian casinos. It gave me the opportunity to shed tears
                                                               when reflecting on my participation in a YMCA group
My majority white congregation was firmly rooted in            called Indian Princesses - that perpetuated harmful ste-
the majority white denomina-tion of the United Church          reotypes about Native Americans and ignored ongo-
of Christ. I served as one of two pastors and we both          ing genocide.
iden-tified as white. And on a staff of 9, 8 identified
as white. Before we could become anti-racist allies, we
had to understand our own stories.

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As I wrote my „Spiritual Autobiography Through the              I saw a congregation ready and able to articulate – to
Lens of Race“ I realized the insidiousness of racism            their neighbors and to the national news media - how
and white supremacy. I saw it for the first time in my          the Trump Administration’s heightened immigration en-
everyday life when I asked myself again and again:              forcement policies and practices were a direct result
                                                                of racism and were in fact inherently racist. I saw a
Did this happen to me because I’m white?                        congregation who put their full support behind me, as
                                                                their pastor, when I put aside critical parish responsi-
I started the process of acknowledging the racism I             bilities to attend Syed’s court hearings and to join with
had learned, mourning the cost of this racism and loo-          my husband for weeks of long nights around a kitchen
king for ways to both atone and heal. I finally reali-          “strategy” table.
zed, like Rev. John Paddock – one of the authors of
the curriculum – that only white priv-ilege allows me to        My congregation, through its own introspective story-
escape what my black sisters and brothers face every            telling, knew that the horror story Syed (their Muslim
day of their lives.                                             friend and neighbor) was experiencing was their story
                                                                too. In their work on their own stories, they had grown
From this personal experience, I believe that                   more aware and more empathetic and they knew they
these stories can profoundly reshape how                        were complicit in the racism that saw Syed targeted
we approach anti-racism work and how we                         and incarcerated. While white-ness as norm seeks to
approach being the church. I also believe that                  deny this fact --- my congregation, understood, with the
stories save lives.                                             help of the UCC curriculum, that our stories are indeed
                                                                intertwined. Under the cover of night Syed was flown
When Syed Jamal, a dark skinned Bangladeshi man,                from one detention center in Missouri to another in Te-
was taken into custody by Immigration and Customs               xas. His deportation was stopped just one flight away
Enforcement (ICE) Officers - on his front lawn, in front        from completion. Syed is home with his family again
of his three school aged children, I saw my Kansas              in Kansas. Stories saved Syed’s life.
congregation jump into action - seeking his release
and his safe return home.                                       I dare to hope that storytelling will continue to save
                                                                lives. That we, as the church, will have the courage
                                                                to imagine new stories, ones that move beyond the
                                                                divisions that shape our lives and inflict (spiritual and
                                                                physical) pain.

                                                                My story is not a finished story. Our story as
                                                                church is not a finished story. We must com-
                                                                mit to keeping the pen in hand. If we seek to
                                                                be faithful to the Gospel, we will not, as we
                                                                say in the UCC, put a period where God put a
                                                                comma. There is work to be done. There are
                                                                stories to be told. May it be so and may it be
                                                                soon.

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MIKE LEE

TAGUNGSBEOBACHTUNGEN

Für mich war es das erste Mal, dass ich an einer Studi-         Mit der Bezeichnung „People of Color“ (PoC) kann ich
entagung zu diesem Thema teilgenommen habe. Des-                mich zwar anfreunden, aber welche Farbe hat eine
halb bitte ich darum, meine geteilten Eindrücke als vor-        Person mit drei oder mehr kulturellen Hintergründen?
läufig und noch unausgereift zur Kenntnis zu nehmen.
Mein Gesamteindruck von der Tagung war, dass sie                Die Komplexität des Themas stellt uns somit
von einer offenen und ausgewogenen Atmosphäre ge-               vor die Herausforderung, unsere verengten
prägt war, die zur Partizipation eingeladen hat. So-            Kategorien zu erweitern und die Erfahrungen
wohl ständige Rückfragen von den Moderatorinnen                 mit Rassismus durch unterschiedliche PoC zu
(Beate Heßler, Christina Biere und Angelika Veddeler)           beleuchten. Wird Rassismus denn von allen
als auch eingebrachte Vorschläge von den Teilnehmen-            PoC gleich wahrgenommen?
den fanden große Berücksichtigung. Es war sehr be-
merkenswert, dass die entstandenen Arbeitsgruppen               Mich würde auch interessieren, wie mit Rassismus in
ein Resultat der gemeinsamen Diskussion waren und               der eigenen Herkunftskultur umgegangen wird. Per-
den Wünschen der Teilnehmenden angepasst wurden.                sönlich kann ich sagen, dass ich vonseiten meiner ei-
In meiner Arbeitsgruppe fand eine lebhafte Diskussion           genen Herkunftskultur, aufgrund meiner überwiegend
statt, aus der sich richtungsweisende Impulse für               deutschen Sozialisierung, leider mehr Rassismus er-
Veränderungsprozesse in der Kirche ableiten ließen.             fahren habe als von der Mehrheitskultur. Es gibt vie-
                                                                le Koreaner*innen der zweiten Generation, die sich
Dass man zu Beginn auf die Möglichkeit verwies, wäh-            in ihren muttersprachlichen Kirchengemeinden nicht
rend der Tagung durch das Signalisieren von roten               heimisch gefühlt und diese deshalb verlassen haben.
und grünen Karten, die Gefühlslagen zu kommunizie-              Mich bewegt deshalb die Frage, wie wir nicht
ren, zeugte davon, dass dem Thema „Rassismus“ eine              nur die landeskirchlichen, sondern auch die
subjektive Dimension eingeräumt wurde. Begriffe wie             internationalen Gemeinden für dieses Thema
Traumaerfahrungen, Wut, Zorn, Hass, Rechtfertigungs-            sensibilisieren, um auch dort ein Bewusstsein
bedürfnis und Hilflosigkeit, die in der Plenumsdiskuss-         für latenten Rassismus zu schaffen, der u.a.
ion auftauchten, haben den persönlichen Bezug und               dem Prozess der Interkulturellen Öffnung im
Betroffenheit dieses Themas beleuchtet. Pfarrerin Chris-        Wege steht. Zudem stelle ich die Frage an die hier
tina Biere hat uns durch ihre transparente biografische         vertretenen PoC, ob es nicht auch einer Versöhnung
Darstellung darauf eingestimmt, dass Verletzlichkeit            mit der eigenen Kultur bedarf, um konstruktiv mit ande-
einen Stellenwert in der Diskussion über Rassismus hat.         ren Kulturen umzugehen.
Kritische thematische Rückfragen:

Die Themen „Rassismus“ und „white Privile-
ges“ wurden meines Erachtens nur aus zwei
Perspektiven beleuchtet, nämlich weiß und
Schwarz. In dieser binären Gegenüberstel-
lung von weiß und Schwarz habe ich mich
als Deutsch-Koreaner, der lange Zeit in Nord-
amerika gelebt hat, nicht wiederfinden kön-
nen.

                                                           12
Zu den Kurzbeiträgen aus dem Plenum                             Deshalb hinterfrage ich, ob es einer Bewegung befrei-
erlaube ich mir folgende kritische Rückfragen                   ungstheologischer Natur bedarf, um dem vermeintlich
an die Podiumsteilnehmer*innen:                                 strukturellen Rassismus in Deutschland entgegenzutre-
                                                                ten. Du hast auf Befreiung als Kern des Evangeliums
                                                                verwiesen. Aber, wenn Rassismus, wie du erwähnt
Liebe Sarah, du fragst, warum dein Migrationshinter-            hast, eine Ursünde des Menschen ist, dann halte ich
grund trotz deiner musterhaften Sozialisierung immer            es für notwendig, das Evangelium als Antwort auf die-
noch so vordergründig in der öffentlichen Wahrneh-              se Ursünde als geistliche Realität und nicht primär als
mung ist. Das ist eine berechtigte Frage. Ich kann für          gesellschaftliches Problem anzuwenden.
mich sprechen, dass mein Migrationshintergrund auf-
grund meiner unverkennbaren äußeren Merkmale im-
mer in den Vordergrund treten wird, zumindest beim              Liebe Eleanor, die Verwendung des UCC Curriculums
ersten Eindruck. Mein asiatisches Erscheinungsbild              “White Privilege. Let’s talk” zur Bewältigung von Ras-
ist ein Teil meiner Identität, ich kann es nicht ändern,        sismus halte ich für eine sinnvolle Maßnahme im kirch-
sondern nur akzeptieren. Deshalb spreche ich lieber             lichen Rahmen. Das Curriculum ist stark von westlicher
von meinem Migrationsvordergrund als von meinem                 Didaktik geprägt. Ich finde es interessant, dass wir un-
Migrationshintergrund und verweise dabei auf meine              hinterfragt auf westliche Initiativen und Instrumentarien
koreanischen Wurzeln. Und wenn Leute nicht genau                zurückgreifen, um weiße Privilegien kritisch zu hinter-
wissen, wie sie sich auf eine kulturell angemessene             fragen. Dabei bedienen wir uns ja schon der weißen
Weise gegenüber mir zu verhalten haben und hilflos              Privilegien, indem wir z.B. ein Curriculum für dieje-
dastehen, dann belasse ich sie nicht in ihrer Hilflosig-        nigen erstellen, die auch einen bildungsabhängigen
keit, sondern versuche ihnen mit Nachsicht und etwas            Zugang dazu haben. Ein Curriculum halte ich für
Selbstironie entgegenzukommen, um auf diese Weise               sinnvoll, aber m.E. sollte es nicht auf einer
kulturelle Klischees abzubauen.                                 rein westlichen Didaktik beruhen, sondern
                                                                auch andere Zugänge ermöglichen. Außer-
                                                                dem finde ich, dass ein auf Deutsch übersetz-
Lieber Quinton, du hast auf die Impulse der Black Libe-         tes UCC Curriculum den spezifischen Frage-
ration Theology, vertreten durch James Cone, als rich-          stellungen in Deutschland nicht entspricht,
tungsweisenden Umgang mit Rassismus in Deutschland              sondern es sollte aus dem eigenen Kontext
hingewiesen. Dabei hast du auch auf Jesus Christus              hervorwachsen.
als den Gekreuzigten verwiesen, der sich heute solida-
risch mit den Unterdrückten zeigt. Aber ich frage mich,
ob befreiungstheologische Ansätze der Black Libera-             Um ein vorläufiges Fazit von dieser Studientagung und
tion Theology wie sie in Amerika vor dem Hintergrund            Thematik zu ziehen: Ich habe gelernt, dass Rassismus
der Rassendiskriminierung zu ihrer Entfaltung gekom-            ein komplexes Phänomen ist, was interdisziplinär be-
men sind, auf den gesellschaftlichen Kontext hier in            trachtet werden sollte – gesellschaftskritisch, psycholo-
Deutschland übertragen werden können.                           gisch, geistlich und vor allem kontextuell. Denn Rassis-
                                                                mus scheint je nach Kontext andere Ausdrucksformen
Herrschen hier dieselben Verhältnisse wie in Nord-              anzunehmen, die wir als Kirche kritisch in den Blick
oder Lateinamerika?                                             nehmen sollten.

Ich verneine nicht, dass struktureller Rassismus in
Deutschland existiert, aber m.E. ist er nicht so öffent-
lich und offensichtlich wie in anderen Ländern.
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NATHALY KURTZ

TAGUNGSBEOBACHTUNGEN

Mein Name ist Nathaly Kurtz, ich bin 21 Jahre alt und          Ich hätte es wichtig gefunden, in einem Raum mit ver-
studiere Evangelische Theologie in Berlin.                     schiedenen Menschen mit unterschiedlichstem Wis-
                                                               sensstand beim Thema Rassismus Begriffserklärungen
Zuallererst möchte ich mich ganz herzlich bedanken,            zu liefern und kritisch zu hinterfragen, was die Rolle
dass ich an dieser wichtigen Tagung teilnehmen durfte          christlicher Missionar*innen in kolonialisierten Län-
sowie für die tollen Beiträge und die Organisation. In         dern war und wie sich durch ihre Überlegenheitsan-
meiner Rolle als Tagungsbeobachterin werde ich nun             sprüche auch (vielleicht sogar am prägendsten) das
ein wenig zusammenfassen, was wir gemacht haben                System Rassismus in dieser Form bilden konnte, wel-
und meine Sicht dazugeben.                                     ches bis zum heutigen Tag zu Leid, Unterdrückung
                                                               und Diskriminierung weltweit führt. Viel zu oft wird im
Die Organisator*innen entschieden sich für einen per-          kirchlichen Kontext ein wirklicher Austausch über Ras-
sönlichen, biografischen und eher impulsgebenden               sismus mit dem Verweis darauf, dass alle Menschen
Ansatz, um sich dem komplexen Thema Rassismus und              vor Gott gleich sind und wir als Christ*innen Nächs-
weiße Privilegien zu nähern. Das führte dazu, dass             tenliebe leben würden, abgewiesen.
uns verschiedene Perspektiven auf das Thema näher-
gebracht wurden - die Reise, mit seinen eigenen Privi-         Dass wir heute hier sind und offen über das Thema
legien kritisch umzugehen, was es heißt, als Schwarze          sprechen, finde ich toll, und beim Sprechen über wei-
Person in der weißen Kirche zu arbeiten sowie theo-            ße Privilegien in seiner eigenen Biografie anzufangen
logische Impulse aus der Befreiungstheologie. In den           ist ebenso wichtig. Dennoch sollten wir nicht aus dem
Gruppenarbeiten widmeten wir uns verschiedenen Be-             Auge verlieren, dass eine Zentrierung um die heutige
reichen und Ansätzen, wie wir für mehr Diversität und          weiße Kirche selbst der Komplexität und (historischen)
Repräsentation in Strukturen unserer Kirchen sorgen            Zusammenhänge des Themas nicht gerecht werden
könnten. Ich war in der Gruppe PoC-Netzwerk und                kann. Das zeigen Debatten wie zum Beispiel über den
es hat mich gefreut, mich mit anderen BPoCs auszu-             sogenannten „White-Savior-Komplex“, welcher be-
tauschen und über die Wichtigkeit von Vernetzung und           schreibt, dass weiße Menschen oft den Antrieb, aber
Empowerment zu sprechen.                                       zugleich auch den Überlegenheitsanspruch verspüren,
                                                               BPoCs zu „retten“ und damit Abhängigkeiten und Un-
Als ich mich für diese Tagung angemeldet habe, habe            gerechtigkeiten schaffen oder zementieren. Dieses Ver-
ich tatsächlich einen etwas anderen Ansatz erwartet            halten wird doch allzu oft von Kirchen unterstützt und
als das, was heute hier stattgefunden hat. Mir persön-         anerkannt.
lich hat eine systematisch-historische Reflektion und
Einordnung der Institution Kirche in das System Rassis-        Bei aller von mir vorgetragenen Kritik möchte ich mich
mus gefehlt.                                                   wirklich nochmal bei allen Beteiligten bedanken und
                                                               hoffnungsvoll in die Zukunft blicken, in der dies ein
                                                               wichtiger Anstoß für zahlreiche Debatten, Tagungen
                                                               und Zusammenkünfte zu dem Thema Rassismus und
                                                               Kirche war.

                                                          04
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ERGEBNISSE DER TAGUNG

UND EMPFEHLUNGEN FÜR DIE WEITERARBEIT

Wie können wir eine rassismusbewusste und -kritische Kirche werden?

Die Teilnehmer*innen der Tagung waren sich in der abschließenden Diskussion einig: Es
braucht eine richtige Systemtransformation! Und es braucht Menschen, die eine solche voran-
bringen – über Fachgebiete und Organisationsebenen hinweg. Rassismuskritik ist eine klassi-
sche Querschnittsaufgabe.

Unserer Kirche muss sich ändern, weil sich ihr Kontext schon lange geändert hat und bestän-
dig weiter verändert. Manche Nichtregierungsorganisationen, mit denen wir zusammenarbei-
ten und viele Universitäten, an denen jüngere Kolleg*innen studiert haben, haben bereits ihre
Standards bezüglich einer proaktiven Diversitäts- und einer sensibilisierenden Antidiskriminie-
rungspolitik weiterentwickelt. Davon kann Kirche profitieren und lernen.

Damit Kirchen und kirchliche Institutionen zu einer wirkungsvollen Agentin gegen Rassismus
und für Diversität werden, müssen ihre verschiedenen Dimensionen in den Blick genommen
und geprüft werden. Wir alle können damit anfangen - dabei ist kein Prozess von oben nach
unten durch alle Leitungsgremien erforderlich - jede Person, jede Gruppe in der Kirche kann
anfangen und kann sich auf den Weg machen. Dazu kann es hilfreich sein, die eigene haupt-
oder nebenamtliche Arbeit einmal genauer zu analysieren. Wo sind Orte weißer Privilegien
und wie kann eine Diversifizierung der Arbeit aussehen?

Die folgenden Leitfragen können dabei eine Hilfe sein:

Wer spricht?
Wer wird proaktiv angesprochen oder wer nicht?

Wer ist im Blick? Wer wird nicht gesehen?

Wer bringt Meinungen und Erfahrungen ein und wessen
Erfahrung wird als relevant wahrgenommen?
Wer wird gehört?
Und wer wird nicht gehört?

                                           15
Wer braucht und wünscht sich welche Form von Unterstützung
und Kommunikation, um mitgestalten und sich einbringen zu können?

Welche kulturellen, welche theologischen, welche anderen Traditionen
werden gepflegt?
Werden sie transparent gemacht?

Wer profitiert von Veränderung?
Wer profitiert davon, wenn etwas beim Alten bleibt?

Wer übt Leitung und Verantwortung aus?
Wer trifft Entscheidungen?

Wer finanziert die Arbeit, das Projekt?
Wer hat Zugang zu Ressourcen?
Wer hat Machtpositionen inne und wie wirkt sich diese in
der Gruppendynamik aus?

Welche Sprache wird benutzt?
Versucht die Sprache inklusiv zu sein und Diskriminierungen zu vermeiden?

Welche Bilder werden benutzt?
Werden diverse Gruppen in der Bildsprache repräsentiert?
Gehen Darstellungen von weißen und/oder schwarzen Menschen mit
weiteren Zuschreibungen einher, die diskriminierend wirken?

Gibt es Räume und Zeiten, um Menschen mit unterschiedlichen
Vorder- und Hintergründen zur Mitwirkung einzuladen, kennenzulernen
und gemeinsam im Gespräch zu sein?

Gibt es Experimentierräume für inklusive Wege des Zusammenlebens
und Kirche-Gestaltens?

                                  16
Gibt es sichere Räume, um über Diskriminierungs- und
Rassismuserfahrungen zu sprechen?

Kommen Hürden für ein Zusammenarbeiten zur Sprache?
Gibt es eine gnädige Fehlerkultur, bzw. “call-out culture”?

Wer wird bezüglich all dieser Fragen privilegiert?
Sind sich die Personen dessen bewusst?
Wie kann das in den Blick genommen werden?
Gibt es dafür sichere Orte und Zeiten, Begleitung und Fortbildung?

Wie kann das Thema rassismuskritische Kirche und Diversität in
kirchenleitenden Gremien und der Verwaltung der Kirche gut
zur Sprache gebracht werden?

Wie kommt das Thema in kirchlichen Ausbildungsgängen vor?

Welche Rolle spielt das Thema in Ämtern und Werken der
Kirche und der verfassten Diakonie?
Wie können bei der Bearbeitung des Themas Synergien
hergestellt werden?

Wer kann welche Handlungsfelder in den Blick nehmen?

Wie können Fortbildungen und Trainings von den verschiedenen Bildungs-
träger*innen aufeinander abgestimmt und evtl. gemeinsam beworben werden?
Wie kann sicher gestellt werden, dass es Fortbildungsmöglichkeiten
gleichermaßen für alle Mitarbeiter*innen der Kirche gibt?

Wie können Standards in der Bildungsarbeit – Pastoralkollegs,
Konfirmand*innenarbeit, Schulunterricht, Kindergottesdienst, Kinder-
und Jugendarbeit, Frauen- und Senior*innenarbeit, Seelsorge, in der
Arbeit mit Geflüchteten und Ehrenamtlichen und in den unterschiedlichen
diakonischen Arbeitsfeldern, etc. – entwickelt, umgesetzt und
bekannt gemacht werden?

                                  17
Wie kann ein Netzwerk von BIPoC Menschen in der Kirche aussehen?
Welche Räume, welche Ressourcen braucht ein solches
Netzwerk von Kirche?
Welche Rolle kann der Internationale Kirchenkonvent bei diesem
Thema wahrnehmen?
Soll es auch ein Netzwerk von „White Allys“ geben?

Wie soll ein diverses Team, eine Steuerungsgruppe aussehen, die
an dem Thema weiterarbeiten kann?

Wann kann es Stellen in der Landeskirche geben, die den Prozess
begleiten und koordinieren? Wo sollten diese angesiedelt sein? Wie
kann sichergestellt werden, dass die Stellen mit BIPoC und weißen
Menschen besetzt werden?

Wie kann gewährleistet werden, dass das Thema als Querschnitts-
aufgabe für die gesamte Kirche wahrgenommen wird?

Wie kann sich im Speziellen ökumenische, interkulturelle und
transkulturelle Arbeit rassismuskritisch reflektieren?

Wie und durch wen kann Arbeit an Grundlagen und Begriffen
gewährleistet werden, um an die aktuellen Diskurse in der Gesellschaft
zu diesem Thema anschlussfähig zu werden?

Mit welchen anderen Organisationen/Institutionen und universitären
Einrichtungen können wir zusammenarbeiten?

Wo können wir uns als Kirche Unterstützung holen?
Wen können wir unterstützen?

                                  18
BEISPIELE FÜR INITIATIVEN UND LERNORTE

STUDIENGRUPPEN                                                   NETZWERK WEISSER ALLYS
“WEISSE PRIVILEGIEN.
LASS UNS REDEN”                                                  Wie können wir als weiß gelesene Menschen verläss-
                                                                 liche, rassismuskritische Verbündete sein? Wie können
                                                                 wir uns vertrauensvoll unterstützen im Prozess weißer
Die EKvW hat das Kursmaterial der UCC „White Pri-
                                                                 Bewusstwerdung und darin, unsere Komfortzonen zu
vilege. Let‘s Talk“ übersetzen lassen und initiiert dazu
                                                                 verlassen? Auch dafür braucht es Räume für kollegiale
kleine Studiengruppen (6-8 Personen), die das Mate-
                                                                 Beratung und ggf. mit professioneller Begleitung. Wer
rial selbst durchlaufen. Das Hauptinteresse ist der eige-
                                                                 möchte dabei sein?
ne Prozess der Beteiligten. Der zweite Schritt ist eine
gemeinsame Auswertung der Erfahrungen, um das
                                                                 Kontakt:        Antonia Kreul
Material für den weiteren Einsatz im Kontext Deutsch-
                                                                 		              Antonia.Kreul@kircheundgesell-
land zu bearbeiten.
                                                                 		              schaft.de

Kontakt:        Christina Biere                                                  Annika Huneke
		              christina.biere@moewe-westfalen.de               		              Annika.Huneke@afj-ekvw.de

                                                                 		              Christina Biere
                                                                 		              christina.biere@moewe-westfalen.de

NETZWERK BIPOC IN DER KIRCHE                                     DIGITALER WORKSHOP
                                                                 “RASSISMUSKRITISCH
Es ist wichtig und empowernd, Räume zu haben, in de-             DENKEN LERNEN“
nen sich BIPoC’s begegnen und austauschen können.
Bei der Tagung kam der Wunsch und die Idee auf, ein
                                                                 Die VEM bietet regelmäßig digitale Einsteiger*innen-
solches Netzwerk innerhalb der Kirche zu gründen,
                                                                 Seminare an zwei aufeinanderfolgenden Abenden an.
um über gemeinsame Erfahrungen ins Gespräch zu
                                                                 Es kann sich jede*r anmelden, der/die gern ins The-
kommen, sich seelsorgerlich zu tragen und Ideen zu
                                                                 ma Rassismus einsteigen will. Inhalte sind Definitionen,
entwickeln, Kirche rassismuskritisch auf den Weg zu
                                                                 die Geschichte des Rassen-Konstrukts und ein Blick auf
bringen.
                                                                 die Kirche und Theologie. Das Seminar bietet Raum,
                                                                 Fragen zu stellen und miteinander ins Gespräch zu
Kontakt:        Sarah Vecera
                                                                 kommen und regt zur Selbstreflexion und weiteren Aus-
		              vecera-s@vemission.org
                                                                 einandersetzung an.
		              Quinton Ceasar
		              quinton.ceasar@ekir.de                           Kontakt:        Sarah Vecera
                                                                 		              vecera-s@vemission.org

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INITIATIVE                     FILM „LIEBE WEISSE KIRCHE“
BEISPIELE FÜR INITIATIVEN UND LERNORTE
“RASSISMUSKRITISCHE            FÜR DEUTSCHLAND
KINDERBIBEL”
                                                               Es gibt bereits auf YouTube einen Film unter dem Ti-
In der Initiative “Rassismuskritische Kinderbibel” be-         tel “Dear white church” aus England. Wir leben in
schäftigt sich eine Studiengruppe unter wissenschaft-          Deutschland auch in einer weiß dominierten Kirche.
licher Begleitung von Prof. Dr. Marion Keuchen damit,          Daher wollen wir einen Film auf Deutsch und mit Erfah-
einen Prototyp für eine Kinderbibel zu erarbeiten, die         rungen aus Deutschland produzieren. BIPoC’s machen
bzgl. Rassismus, Antisemitismus, Klassismus, Ableis-           Erfahrungen, die weiße Menschen oft nicht sehen und/
mus und Genderdiversität sensibel gestaltet sein soll.         oder sich dessen nicht bewusst sind oder sein wollen.
                                                               Dieser Film gibt Einblicke in die Lebenswelt und -wirk-
Kontakt:        Claudia Währisch-Oblau                         lichkeit von BIPoC’s innerhalb der Kirche. Es besteht
		              Waehrisch-Oblau-C@vemission.org                eine hohe Hemmschwelle, über diese Erfahrungen zu
                                                               berichten. Die Ängste der angefragten BIPoC’s be-
		              Sarah Vecera                                   stehen darin, mit zu viel Abwehr und Konsequenzen
		              vecera-s@vemission.org                         rechnen zu müssen, wenn sie offen über den Rassismus
		              Christina Biere                                sprechen, der ihnen in Kirche widerfährt
		              christina.biere@moewe-westfalen.de
                                                               Kontakt auch für
                                                               Videobeiträge:          Sarah Vecera
                                                               			                     vecera-s@vemission.org

INITIATIVE                                                     INTERNATIONALER
“RASSISMUSKRITISCHER                                           KIRCHENKONVENT
GLAUBENSKURS”                                                  RHEINLAND-WESTFALEN

Die VEM gründete im September eine Arbeitsgruppe,              Der Internationale Kirchenkonvent Rheinland-Westfa-
die ein Material entwickelt, um die Perspektive auf Bi-        len ist ein Netzwerk von Internationalen Gemeinden,
bel, Theologie, die Kirche und den eigenen Glauben             dem auch die beiden Landeskirchen EKiR und EKvW
rassismuskritisch zu beleuchten. Wie in einem Glau-            angehören. Die beteiligten Kirchen und Gemeinden
benskurs sollen Menschen an verschiedenen Gruppen-             kommen aus der reformatorischen Tradition mit unter-
treffen aus dem Material jeweils einen Input bekom-            schiedlichen kulturellen Wurzeln. Das Netzwerk ver-
men und dann miteinander ins Gespräch kommen.                  steht sich auch als Interessenvertretung der beteiligten
                                                               Gemeinden und Ort des Empowerment.
Kontakt:        Sarah Vecera
		              vecera-s@vemission.org                         Kontakt:        Mike Lee
                                                               		              mike.lee@ekir.de
		              Claudia Währisch-Oblau
		              Waehrisch-Oblau-C@vemission.org                		              Beate Heßler
                                                               		              beate.hessler@moewe-westfalen.de

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WEITERE ANGEBOTE

VERSCHIEDENER BILDUNGSTRÄGER

Unterschiedliche Bildungsträger*innen im Raum der Evangelischen Kirche von Westfalen
haben bereits Angebote für die erste Jahreshälfte 2021 zum Themenbereich entwickelt.
Bitte nutzen Sie die Suchfunktionen in den entsprechenden Datenbanken:

Ev. Erwachsenenbildungswerk Westfalen und Lippe e.V.
https://www.ebwwest.de/bildungsangebote.html

Gewalt Akademie Villigst
https://www.gewaltakademie.de/aktuell/

Amt für Jugendarbeit der EKvW
https://www.ev-jugend-westfalen.de/seminare-und-veranstaltungen/

Institut für Kirche und Gesellschaft der EKvW
http://www.kircheundgesellschaft.de/veranstaltungen/

Institut für Aus-, Fort- und Weiterbildung der EKvW
https://www.institut-afw.de/

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AUTOR*INNEN UND HERAUSGEBER*INNEN

CHRISTINA                                                        QUINTON
BIERE                                                            CEASAR

Pfarrerin im Amt für Mission, Ökumene und kirchliche             Südafrikanischer Theologe und Pfarrer der Evange-
Weltverantwortung (MÖWe) der EKvW für die Region                 lische Kirche im Rheinland, studierte in Stellenbosch
Dortmund, Hagen, Hattingen-Witten und Schwelm,                   und Berlin.
derzeitige Arbeitsschwerpunkte: Transkulturalität, Di-
versität, Rassismuskritik, kritisches weiß-sein, digitale        Kontakt:        quinton.ceasar@ekir.de
Kirche und digitale Ökumene.

Kontakt:        christina.biere@moewe-westfalen.de

BEATE                                                            NATHALY
HESSLER                                                          KURTZ

Pfarrerin im Amt für Mission, Ökumene und kirchliche             Studentin der Theologie, studierte in Bonn und Berlin,
Weltverantwortung (MÖWe) der EKvW, Fachbereich                   gebürtig aus dem Rheinland, jetziger Lebensmittel-
“Gemeinsam Kirche sein mit Zugewanderten” und                    punkt Berlin, engagiert sich für die Themen intersektio-
“Ökumenische Frauenarbeit”.                                      naler Feminismus und Gerechtigkeit in der Theologie.

Kontakt:        beate.hessler@moewe-westfalen.de                 Kontakt:        Nathaly-kurtz@live.de

                                                            22
AUTOR*INNEN UND HERAUSGEBER*INNEN

MIKE                                                           ELEANOR
LEE                                                            MCCORMICK

Dezernent für Internationale Gemeinden und Interkul-           Pfarrerin in der United Church of Christ (UCC), zur Zeit
turelle Öffnung in der Evangelischen Kirche im Rhein-          als Ökumenische Mitarbeiterin im Oberkirchenrat der
land. Geschäftsführer des Internationalen Kirchenkon-          Ev. Landeskirche in Baden und in der Gemeinde Karls-
vents (IKK) Rheinland-Westfalen.                               ruhe-Grötzingen tätig, derzeitige Arbeitsschwerpunk-
                                                               te: Anti-Rassismus-Arbeit und Kirchengemeinschaft.
Kontakt:        mike.lee@ekir.de
                                                               Kontakt:        eleanor.mccormick@ekiba.de

SARAH                                                          ANGELIKA
VECERA                                                         VEDDELER

Stellvertretende Abteilungsleiterin der Region Deutsch-        Abteilungsleiterin der Region Deutschland in der Ver-
land in der Vereinten Evangelischen Mission und                einten Evangelischen Mission, Koordinatorin des Pro-
Bildungskoordinatorin, derzeitige Arbeitsschwerpunk-           gramms “Global Learning in Ecumenical Perspective“
te: Rassismus und Kirche, Social Media und digitale            in der VEM-Region Deutschland, mehrjährige Arbeits-
Bildung.                                                       phasen in Ghana und Äthiopien.

Kontakt:        vecera-s@vemission.org                         Kontakt:        Veddeler-A@vemission.org

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