DAS MAGAZIN DER BAYERISCHEN GRÜNEN - VERSORGUNG, AUF DIE VERLASS IST - Grüne Bayern

Die Seite wird erstellt Hortensia-Diana Moser
 
WEITER LESEN
DAS MAGAZIN DER BAYERISCHEN GRÜNEN - VERSORGUNG, AUF DIE VERLASS IST - Grüne Bayern
DAS MAGAZIN
DER BAYERISCHEN GRÜNEN

VERSORGUNG, AUF
 DIE VERLASS IST
         DEZEMBER 2020

           EIKE HALLITZKY:
       GESUND UND SOLIDARISCH
         DURCH DEN WINTER

          LUDWIG HARTMANN:
         GEMEINSAM GEGEN
       CORONA UND KLIMAKRISE
DAS MAGAZIN DER BAYERISCHEN GRÜNEN - VERSORGUNG, AUF DIE VERLASS IST - Grüne Bayern
DIGITA L E R PA RTE ITAG                                                     LEX IKON
                                                                                          BÜRGER­­-
        EIN UPDATE FÜR                                                                 VERSICHERUNG
        DIE WIRTSCHAFT

B                                                                                      E
         erge aus Kabeln, Wände aus         Zukunftsplan wie schnelles Internet an              ine gleichwertige Kranken- und
         Monitoren, Kameras in jedem        jeder Milchkanne.                                   Rentenversicherung für aus­
         Winkel – die grüne Landesge­           Die ökologische Weiterentwicklung               nahmslos alle Menschen – das
         schäftsstelle in München wurde     der Wirtschaft kann nur zusammen mit                ist die Grundidee der Bürger­
abermals zum Filmstudio verwandelt.         einer starken, sozial gerechten Gesell­    versicherung. Wir setzen uns für ihre
348 Delegierte schalteten sich am           schaft gelingen. Um alle Menschen mit­     Einführung auf Bundesebene ein, weil
14. November zum digitalen Parteitag        zunehmen, beschlossen die Delegierten      wir darin einen wichtigen Baustein für
zusammen, um ein Zukunftskonzept für        deshalb auch ein Recht auf lebenslan­      die soziale und gerechte Gesellschaft
die bayerische Wirtschaft zu beschlie­      ges Fortbilden für alle. Außerdem soll     der Zukunft sehen. So funktioniert’s: Alle
ßen.                                        die soziale Infrastruktur in ganz Bayern   Bürger*innen zahlen anteilig je nach
    Besonders in Krisenzeiten sind          flächendeckend ausgebaut werden.           Gehalt und Vermögen in die gleiche
politischer Austausch und eine funk­            Nach dem zweiten digitalen Par­        Kasse ein. So werden eine medizinische
tionsfähige Parteiarbeit essenziell. Wir    teitag können wir bayerische Grüne         Grundversorgung und die Versorgung
brauchen in der Corona-Krise weitsich­      mit Fug und Recht behaupten: Wir           im Alter für alle gesichert. Das bringt
tige politische Entscheidungen – genau      haben unserem politischen Arbeiten         auch die Abschaffung des Systems aus
wie in der Klimakrise. Gerade jetzt, wenn   ein digitales Update gegeben. Klar, ein    gesetzlichen und privaten Krankenkas­
zahlreiche Unternehmen finanziell vom       Online-Treffen kann das persönliche        sen mit sich, zumindest für die Grund­
Staat unterstützt werden, braucht es        Ratschen und Diskutieren während           versorgung. Das heißt, alle Patient*innen
zielgerichtete Investitionen und eine       eines Präsenz-Parteitags nicht ersetzen.   erhalten die gleichen Leistungen. Für
klare Vision für Bayerns Wirtschaft. Auf    Aber es ist uns gelungen, zusammen­        jede*n ist ein schneller Termin in der
unserem Parteitag haben wir diese           zukommen und unsere politischen            Facharztpraxis möglich. Grundlage hier­
Vision für eine Wirtschaft mit Zukunft      Vorhaben zu beschließen. Jetzt gilt es,    für ist die Solidarität: Stärkere stehen
ausbuchstabiert – im Einklang mit           unsere Konzepte umzusetzen, damit die      für Schwächere ein, Besserverdienende
dem Klima und einer sozial gerechten        bayerische Wirtschaft ein nachhaltiges     für Geringverdienende, Gesunde für we­
Gesellschaft.                               Update bekommt.                            niger Gesunde. Denn nur eine solidari­
    „Nur wenn sich Bayerns Wirtschaft                                                  sche Gesellschaft kann soziale Gerech­
sozial und ökologisch weiterentwickelt,     gruene-bayern.de/wirtschaft                tigkeit für alle herstellen.
werden Arbeitsplätze sicher und die Un­
ternehmen krisenfest und konkurrenz­
fähig,“ betonte unsere Parteivorsitzende
Eva Lettenbauer. „Was die Unternehmen
brauchen, ist Planungssicherheit und
eine Politik, die entschlossen voran­
geht.“ Konkret soll der Mittelstand mit
300 Millionen Euro bei ökologischen
Innovationen unterstützt werden, damit
er wettbewerbsfähig bleibt. Es braucht
außerdem eine bayerische grüne
Wasserstoffstrategie, die innovative
Technologien für schwere Nutzfahrzeu­
ge, Luftfahrt und industrielle Prozesse
fördert. Und natürlich muss die Ener­
gie- und Wärmewende konsequent
angepackt werden, damit der Strom
2030 zu 100 Prozent erneuerbar ist. Eine
funktionierende öffentliche Mobilität in
ganz Bayern gehört ebenso zum grünen

                                            DAS MAGAZIN DER BAYERISCHEN GRÜNEN
                                                               2
DAS MAGAZIN DER BAYERISCHEN GRÜNEN - VERSORGUNG, AUF DIE VERLASS IST - Grüne Bayern
E IK E H A L L ITZKY, LANDESVOR SITZENDER

                                GESUND UND SOLIDARISCH
                                  DURCH DEN WINTER

                    D
                             ie Corona-Krise prägt unser         Gesundheitsämtern und Schulen sowie
                             Leben nun schon fast ein Jahr       Schnelltests, damit Kontakte wieder
                                                                                                            Ein Wort in
                             lang. Die allermeisten Bürger*in­   möglich werden und Heimbewohner*in­        eigener Sache
                             nen Bayerns – Junge wie Alte        nen weiter besucht werden können. Und
                    – nehmen ihre Verantwortung weiterhin        wir brauchen detaillierte Erkenntnisse         An dieser Stelle möchte ich noch
                    sehr ernst und beweisen Solidarität,         darüber, wie und wo sich Menschen          ein paar Sätze in eigener Sache an
                    indem sie ihre physischen Kontakte           tatsächlich anstecken, damit politische    euch richten: Über sechs Jahre durfte
                    einschränken. Und dennoch: Das rasante       Maßnahmen gezielter getroffen werden       ich nun gemeinsam mit euch die Politik
                    Wachstum der Infektionszahlen hat            können.                                    der bayerischen GRÜNEN gestalten. Bei
                    unser Gesundheitssystem im Herbst an             Wir bayerischen GRÜNEN wollen          unserem nächsten Parteitag werde ich
                    die Grenze der Überforderung gebracht.       den Menschen in dieser Zeit Sicher­        nicht mehr als Vorsitzender kandidieren,
                    Deshalb war der zweite Lockdown trotz        heit geben und dafür sorgen, dass das      deshalb möchte ich euch allen heute
                    der drastischen Grundrechtseingriffe         öffentliche Leben mit passgenauen          aus vollem Herzen DANKE sagen. Wir
                    notwendig.                                   Hygienekonzepten wieder stattfinden        haben es gemeinsam geschafft, dass
                         Wir bayerischen GRÜNEN haben die        kann. Dazu gehört für uns auch, dass wir   an unseren zentralen Themen – dem
                    Maßnahmen zur Eindämmung der Pan­            diese Debatte aus den Hinterzimmern        Schutz der Lebensgrundlagen und dem
                    demie von Anfang an konstruktiv und          der Staatsregierung dorthin bringen, wo    sozialen Zusammenhalt – niemand mehr
                    kritisch begleitet. Viele Verbesserungen     sie hingehört: in das bayerische Parla­    vorbeikommt, und dass wir heute mit
                    wurden erst auf unseren massiven Druck       ment – damit die Infektionskrise nicht     großem Ernst den Anspruch erheben
                    hin umgesetzt, etwa die Unterstützung        zur Vertrauenskrise wird.                  dürfen, zu regieren und unser Land in
                    von Soloselbständigen und Künstler*in­                                                  eine gute Zukunft zu führen. Unsere
                    nen oder das Offenhalten von Kitas und                                                  Geschlossenheit, unser Gestaltungsop­
                    Schulen so lange wie möglich. Was wir                                                   timismus, unsere klare Haltung – das ist
                    nicht verhindern konnten, war die Un­                                                   es, was unsere politische Kraft aus­
                    tätigkeit der Staatsregierung über den                                                  macht. Bewahrt euch diese Leidenschaft,
                    Sommer. Bayern braucht jetzt dringend                                                   denn die Bürger*innen Bayerns und
Foto: Simona Kehl

                    eine klare, differenzierte und verlässli­                                               Deutschlands brauchen starke GRÜNE.
                    che Strategie für den Pandemiewinter.                                                   Und jetzt auf in einen erfolgreichen
                    Wir brauchen mehr Personal in den                                                       Bundestagswahlkampf!

                                                           DEZEMBER 2020 — VERSORGUNG, AUF DIE VERLASS IST
                                                                                    3
DAS MAGAZIN DER BAYERISCHEN GRÜNEN - VERSORGUNG, AUF DIE VERLASS IST - Grüne Bayern
H IN T ERG R U ND

              „VOM ZUSCHAUEN ALLEIN
               LERNT MAN SCHLECHT“
                 Dr. Ulrike Bechtel ist Chefärztin für Innere Medizin an der
                 Kreisklinik St. Elisabeth in Dillingen. Dort entwickelte sie ein
                 Ausbildungskonzept für Landärzt*innen, das deutschlandweit
                 Vorbild ist. Unsere Landesvorsitzende Eva Lettenbauer sprach
                 mit ihr über die Corona-Krise und darüber, was es für eine
                 gute Gesundheitsversorgung auf dem Land braucht.

                                                                                      Was ist Ihre Botschaft an diejenigen, die
                                                                                      die bedrohliche Situation aktuell nicht
                                                                                      so deutlich sehen?
                                                                                      Dieses Virus nutzt jeden Menschen, den
                                                                                      es kriegen kann, als öffentliches Ver­
                                                                                      kehrsmittel. Vor allem in privaten Räu­
                                                                                      men, wenn wir die Masken abnehmen
                                                                                      und uns sicher fühlen, übertragen wir
                                                                                      das Virus leicht. Es kommen jetzt täglich
                                                                                      Menschen zu uns in die Kreiskliniken, die
                                                                                      an Covid-19 erkrankt sind. Ich appelliere
                                                                                      an alle: Bitte denken Sie an die Men­
                                                                                      schen, die daran sterben können oder
                                                                                      wochenlang um Luft ringen – und den­
                                                                                      ken Sie an das medizinische Personal.
                                                                                      Wer soll sich um die Patienten kümmern,
                                                                                      wenn wir uns infizieren? Wir müssen alle
                                                                                      weiterhin Maske tragen, vernünftig sein
                                                                                      und Kontakte minimieren.

E
        va Lettenbauer: Vielen Dank,       Krankenhaus neu organisieren, mehr         Danke für Ihre eindringlichen Worte!
        dass Sie sich mitten in der Co-    Platz für Infizierte schaffen und Betten   Ich sehe es wie Sie: Unser aller Solida-
        rona-Krise Zeit für ein Gespräch   für Verdachtsfälle freihalten. Auf diese   rität ist weiter dringend gefragt. Was
        nehmen! Wie haben Sie die          Pläne können wir jetzt im zweiten          brauchen Sie derzeit sonst noch an
Pandemie bisher erlebt?                    Lockdown zurückgreifen. Auch die Lager     Unterstützung?
Dr. Ulrike Bechtel: Die erste Welle im     für Schutzausrüstung sind besser gefüllt   Gut wäre es natürlich, wenn wir schon
Frühjahr hat viel Kraft und Zeit gekos­    als im Frühjahr. Insofern sind wir gut     eine Impfung hätten. Realistischer sind
tet. Um die Sicherheit aller Patienten     vorbereitet – wir sind uns des Ernstes     die Antigenschnelltests, die inzwischen
zu gewährleisten, mussten wir das          der Lage aber auch sehr bewusst.           zugelassen sind – von denen haben wir

                                           DAS MAGAZIN DER BAYERISCHEN GRÜNEN
                                                              4
DAS MAGAZIN DER BAYERISCHEN GRÜNEN - VERSORGUNG, AUF DIE VERLASS IST - Grüne Bayern
aber noch viel zu wenige, dabei wären
sie eine wichtige Hilfe bei Verdachts­
fällen.
Wie ist es jenseits von Corona aus Ihrer
Sicht um die Gesundheitsversorgung in
Bayern bestellt? Vor allem die Ent-
wicklung auf dem Land beobachten wir
Grüne mit Sorge, Hausärzt*innen finden
dort oft keine Nachfolge mehr.
Im ganzen medizinischen System sind
zu wenige Menschen für die Arbeit, die
zu tun ist, und besonders auf dem Land
fehlt es an ärztlichem Nachwuchs. Wenn
junge Mediziner nach einem langen Stu­
dium in der Großstadt ihren Abschluss
haben, bleiben sie meist dort, weil auch
in der Stadt viele Stellen offen sind.
Als ich 2008 in Dillingen als Chefärztin
angefangen habe, haben wir schlicht
keine Assistenzärzte mehr gefunden –
so konnten wir auch keine gut ausgebil­
deten Mediziner mehr an die ländlichen
Hausarztpraxen übergeben. Wir mussten
uns also etwas innovatives Neues über­
legen, um attraktiver zu werden.
Sie haben dann die „Medizinische AKA-      mit Dokumentieren, ohne dass die Qua­       und Krankenhäusern aufheben. Wie eng
Demie“ entwickelt, ein innovatives Aus-    lität der Patientenbehandlung davon         arbeiten Sie denn als Kreiskrankenhaus
bildungsprogramm für Landärzt*innen.       profitiert. Schließlich brauchen wir im     mit den Praxen zusammen?
Verraten Sie uns: Wie gelingt es, junge    ländlichen Bereich auch weiterhin klei­     Unser Ausbildungskonzept ist genau
Ärztinnen und Ärzte für den Landarzt­      ne Kliniken – um kurze Anfahrtswege         deshalb so gelungen, weil wir es ge­
beruf zu begeistern?                       für Notfälle zu haben, aber eben auch       meinsam auf die Beine gestellt haben:
Wir machen den jungen Menschen             für die Ausbildung der Landärzte, denn      Klinik und Niedergelassene, Haus- und
den Einstieg so leicht wie möglich und     die funktioniert nur hier vor Ort. Die      Fachärzte. Das ist der Schlüssel für die
geben ihnen Sicherheit. Wir bieten eine    neue Landarztquote finde ich übrigens       Versorgung auf dem Land: Wir müssen
exzellente praxisnahe Ausbildung und       gut; sie ermöglicht jungen Leuten auch      viel enger sektorübergreifend zusam­
trauen es den jungen Leuten von Anfang     ohne Top-Abitur ein Medizinstudium,         menarbeiten. Eine integrierte Versor­
an zu, direkt an den Patienten zu arbei­   wenn sie sich langfristig für die ärztli­   gungsstation an einem kleinen Kran­
ten – natürlich nicht alleine, sondern     che Tätigkeit auf dem Land verpflichten.    kenhaus, in der ich auch eine ambulante
mit einer Eins-zu-eins-Betreuung durch     Ich würde die Quote sogar ausweiten         Grundversorgung anbieten kann: Das ist
erfahrende Fachärztinnen und -ärzte.       auf alle medizinischen Basisversor­         eine gute Lösung.
Die helfen zum Beispiel ganz konkret,      gungsfächer: auf die Kinderheilkunde,       Danke für dieses klare Plädoyer! Gibt es
die Hand beim Ultraschall zu führen.       Innere Medizin, Chirurgie, Anästhesie       sonst noch etwas, das Sie uns mit auf
Denn nur vom Zuschauen allein lernt        und die Gynäkologie.                        den Weg geben möchten?
man schlecht. In meiner Assistenzzeit      Dass sich junge Menschen im Rahmen          Ja! Ein Krankenhaus wird zu über 80%
hätte ich mir Manches davon auch ge­       der Quote so früh auf einen Wohnort         von Frauen betrieben – Pflege-, Reini­
wünscht – als Assistenzärztin stehen Sie   festlegen müssen, finde ich allerdings      gungs- und Verwaltungskräfte, Ärztinnen.
in großen Kliniken bei der Visite oft in   schwierig. Ich würde gerne das Leben        Die Führungskräfte dagegen sind fast
der dritten Reihe und können froh sein,    auf dem Land als solches attraktiver        ausschließlich männlich, ich bin seit
wenn Sie überhaupt etwas sehen.            machen, zum Beispiel mit flächende-         Jahren die einzige Chefärztin auf weiter
Und was kann die Politik beitragen,        ckend schnellem Internet und einem          Flur – wir brauchen eine Quote in den
damit es mehr Landärzt*innen gibt?         öffentlichen Nahverkehr, auf den Verlass    chefärztlichen Positionen und im ärzt­
Wir brauchen mehr Medizinstudien­          ist – und mit dem man auch Kranken-         lichen Direktorat.
plätze – es gibt heute weniger als vor     häuser und Praxen besser erreicht. Sehr     Vielen Dank für das gute Gespräch und
der Wiedervereinigung, dabei müssen        wichtig ist mir auch, die interdiszipli-    Ihre wichtige Arbeit!
wir mehr und immer ältere Menschen         näre Zusammenarbeit zu stärken: Ich
versorgen. Und wir brauchen weniger        finde, wir müssen die strikte Trennung      Das Gespräch fand am 6. November per
Bürokratie: Wir verbringen zu viel Zeit    zwischen niedergelassenen Ärzt*innen        Videokonferenz statt.

                                      DEZEMBER 2020 — VERSORGUNG, AUF DIE VERLASS IST
                                                               5
DAS MAGAZIN DER BAYERISCHEN GRÜNEN - VERSORGUNG, AUF DIE VERLASS IST - Grüne Bayern
K L E INE ANFRAG E

               Beate Walter-Rosenheimer, MdB                                                Stefan Schmidt, MdB

        Was brauchen junge                                                   Wie können Steuern zum
       Menschen in der Krise?                                                Klimaschutz beitragen?

D                                                                       U
        ie Krise trifft Jugendliche hart: keine Clubs, keine                      mwelt- und klimaschädliches Verhalten wird in
        Partys, wenig Kontakt zu Gleichaltrigen, lernen und                       Deutsch­land hoch subventioniert, vor allem im
        arbeiten unter ungewohnten Bedingungen ... Von ih­                        Verkehr und in der Energiewirtschaft. Das Umwelt­
        nen wird viel gefordert in diesen Tagen, ihr Alltag hat                   bundesamt geht von mindestens 57 Mrd. Euro pro
sich radikal verändert, ihr normales Leben steht still. Corona          Jahr aus. Einige Beispiele: Für Flüge oder die Stromerzeugung
zeigt ganz klar, wie bitter junge Menschen abgehängt wurden,            aus fossilen Brennstoffen fällt kein Cent Energiesteuer an. Je
die nicht auf der Sonnenseite stehen. Was brauchen sie jetzt?           größer und schwerer ein Dienstwagen ist, desto mehr Steuern
Mehr Gehör, mehr Beteiligung, mehr Mitbestimmung, demokra­              lassen sich mit ihm sparen. Und nach wie vor subventioniert
tischere Schulen, digitale Ausstattung, digitales Wissen. Es sind       der Bund Diesel-Pkw mit rund 1,4 Mrd. Euro pro Jahr, wie mei­
die Themen, die nicht in den Nachrichten landen. Aber es sind           ne Anfrage erst kürzlich ergeben hat.
Zukunftsthemen!                                                              Angesichts der Klimakrise müssen wir diese Subventionen
    Wir Grüne setzen mit unseren Forderungen Meilensteine               endlich konsequent abbauen! Wir Grüne finden: Preise müssen
für eine gute Jugendpolitik: Chancengleichheit, Ausbildungs­            die ökologische Wahrheit sagen und eine Lenkungswirkung
garantie, Kampf gegen Jugendarmut, unbürokratische Unter­               hin zu klimafreundlichem Verhalten entfalten. Die Steuerpoli­
stützung für Young Carers, frühe Beteiligung, Senkung des               tik ist dabei ein entscheidender Hebel, um finanzielle Anreize
Wahlalters auf 16 Jahre, mehr Studien zu Care Leavers und               für klimafreundliches Verhalten zu schaffen – nicht nur beim
Stärkung queerer Jugendlicher, gerade im ländlichen Raum.               Abbau ökologisch schädlicher Subventionen. Der Grundsatz
Auf Bundesebene kämpfe ich dafür, dass Jugendliche gehört,              „Je höher der CO2-Ausstoß, desto höher die Steuer“ muss auch
ernst genommen und beteiligt werden, gerade jetzt! Aus den              bei der Kfz-Steuer oder der Luftverkehrsteuer gelten. Die
Fehlern der vergangenen Monate müssen wir lernen und                    Steuer­politik kann zum Klimaschutz beitragen – sofern
Prävention für weitere Krisen schaffen.                                 wir mit Steuern auch steuern.

K
          limakrise, Corona, die                                                                       Wir tauschen uns gemeinsam
          Situation der Menschen in                                                                in Webinaren mit Expert*innen aus
                                                                                                                                         Grafik: gruene.de | Elias Keilhauer

          Moria – manchmal fühlt                                                                  – inhaltlich zu Themen wie Klima­
          sich die Lage der Welt                                                                schutz, Feminismus und Geflüchte­
hoffnungslos an. Doch auch die Bünd­          einsetzen, wollen wir uns auf den Weg           tenpolitik. Praktisch erarbeiten wir uns
nisse werden immer stärker: Fridays for       machen: Vernetzung, Austausch, vonei­           Skills für Aktionen auf der Straße, aber
Future, #BlackLivesMatter und #Leave­         nander lernen, miteinander aktiv sein –         auch für Online-Kampagnen.
NoOneBehind – Die Themen sind vielfäl­        egal wo du wohnst, wie alt du bist, ob du           Wir wollen uns stark machen für das,
tig, das Ziel ist eines: Veränderung.         Mitglied bei den Grünen bist oder nicht.        was uns am Herzen liegt. Bist du dabei?
     Gemeinsam mit all denen, die sich        Veränderung fängt immer irgendwo an.            Unter gruene.de/mitdir findest du weite­
für eine gerechte, offene und grüne Welt      Unsere Kampagne beginnt #mitdir.                re Infos zur Kampagne.

                                             DAS MAGAZIN DER BAYERISCHEN GRÜNEN
                                                                    6
DAS MAGAZIN DER BAYERISCHEN GRÜNEN - VERSORGUNG, AUF DIE VERLASS IST - Grüne Bayern
EIN W IR FÜ R ALLE

                                                                              ANTIRASSISTISCH
                                                                                  FÜR DIE
                                                                               GESELLSCHAFT
                                                                                DER VIELEN
Foto: Konrad Schmidt

                       Unsere Vielfalt macht uns stark – doch noch viel zu oft erleben Menschen
                       in unserer Gesellschaft im Alltag Ausgrenzung und Diskriminierung. Die grüne
                       Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth zeigt auf, was es braucht, damit wir
                       den strukturellen Rassismus endlich überwinden.

                       I
                            can’t breathe. Ich kann nicht atmen.   jede*n Einzelne*n an, allen voran auf       eine Antidiskriminierungsstelle eta­
                            Dieser kurze Satz hat schon heute      diejenigen unter uns, die eben nicht        bliert. Auch bei der Polizei, in Behörden
                            historisches Gewicht. Es sind die      rassistisch diskriminiert werden. Statt     und in unseren Schulen braucht es eine
                            letzten Worte von George Floyd,        Betroffenen ihre Erfahrungen abzuspre­      feste, unabhängige Beschwerdestelle für
                       der am 25. Mai 2020 durch einen wei­        chen, müssen wir ihnen aufmerksam           Menschen, die Rassismuserfahrungen
                       ßen Polizisten ermordet wurde. I can’t      zuhören – mit selbstkritischem Blick        machen.
                       breathe. Der Satz steht symbolisch für      auf das eigene Verhalten, die eigenen           Um Rassismus nachhaltig zu be­
                       das Gefühl vieler schwarzer Menschen        Privilegien.                                kämpfen, ist politische Bildung unerläss­
                       und People of Color, tagtäglich in einem        Damit fangen wir bei uns selbst an:     lich. Das muss sich in den bayerischen
                       System leben zu müssen, in dem Rassis­      Wir Grünen streiten für eine lebenswer­     Lehrplänen, bei der Ausbildung von
                       mus allgegenwärtig ist und das sie im       te Gesellschaft für alle Menschen, für      Lehrer*innen und in der Finanzierung
                       wahrsten Sinne des Wortes erdrückt.         Zusammenhalt in Vielfalt. Wir erkennen      von Bildungsprojekten widerspiegeln.
                           Das gilt nicht nur für die USA. Auch    diskriminierende Machtstrukturen in         Eine pluralistische Demokratie kann
                       für viele Menschen in Bayern ist Rassis­    unserer Gesellschaft an und setzen dem      außerdem nur gelebt werden, wenn
                       mus schmerzhafte alltägliche Erfahrung,     innerhalb unserer Partei aktiv etwas        allen Menschen gleichberechtigte
                       wie ein permanentes Grundrauschen –         entgegen. Unser Ziel ist, dass sich die     Teilhabe und Partizipation ermöglicht
                       ob in der Schule, bei Polizeikontrollen,    reale Vielfalt der Gesellschaft auf allen   wird. Dieses Recht wollen wir gesetzlich
                       auf dem Arbeitsmarkt oder bei der Woh­      Ebenen unserer Partei, in Gremien und       verankern.
                       nungssuche.                                 auf allen Listen abbildet. Analog zum           Die Realität in unserer Gesell­
                           Die völkisch-rechte Hetze heizt das     Vielfaltsstatut der Bundespartei werden     schaft ist schon lange plural und bunt.
                       rassistische Grundrauschen zusätzlich       wir unsere Satzungen auf Landes- und        Vielfalt ist, was uns reich macht, aus ihr
                       an. Aber Rassismus ist kein Phänomen        Kreisebene überarbeiten.                    ziehen wir unsere Stärke. Gestalten wir
                       der Extreme, kein Gift, das von außen           Es ist an uns, den Kampf gegen          gemeinsam eine Gesellschaft, in der die
                       auf uns einwirkt. Rassismus ist auch bei    Rassismus strukturell zu verankern:         Würde aller Menschen im Zentrum steht.
                       uns strukturell, zieht sich quer durch      Wir wollen, dass Bayern einen Lan­          Verteidigen wir sie umso vehementer, je
                       unser Land, unsere Geschichte und           desaktionsplan gegen Rassismus,             lauter sie infrage gestellt wird. Kämpfen
                       unseren Alltag.                             Antisemitismus und Gruppenbezogene          wir gemeinsam für das bunte, vielfältige
                           Es ist höchste Zeit für einen funda­    Menschenfeindlichkeit erarbeitet, eine      WIR ALLE, das unser Land und unser
                       mentalen Wandel. Dabei kommt es auf         Expert*innen-Kommission einsetzt und        Bayern ausmacht.

                                                              DEZEMBER 2020 — VERSORGUNG, AUF DIE VERLASS IST
                                                                                       7
DAS MAGAZIN DER BAYERISCHEN GRÜNEN - VERSORGUNG, AUF DIE VERLASS IST - Grüne Bayern
WA S TU T IHR DA?

                                            Dr. Birgit Marenbach                             Arno Görgen, Tina Schwenk, Stefan Nussbaumer und Alpay Artun

                                WIR BRINGEN MEHR                                                            WIR MACHEN
                                GRÜN IN DIE STADT                                                          EINEN PODCAST
Foto: Andreas Gregor

                       D                                                                     G
                               r. Birgit Marenbach ist Stadträtin der Grünen Liste Er-                rüne Politik vor Ort nicht nur umsetzen, sondern auch
                               langen und hat gemeinsam mit ihrer Fraktion erreicht,                  darüber reden: Die GRÜNEN in Neu-Ulm gehen dafür
                               dass Freiflächen von Neubauten in Erlangen künftig                     neue Wege. Arno Görgen, Tina Schwenk, Stefan Nuss-
                               begrünt und qualitätsvoll gestaltet sein müssen. Statt                 baumer und Alpay Artun bilden das motivierte Team,
                       weiterer Schottergärten heißt es nun: „Lieber artenreich statt        das im Juli den Podcast „NU aber!“ gestartet hat. Über zehn
                       steinreich“.                                                          Folgen sind schon online.

                       Was genau habt ihr durch eure Initiative bewirkt?                     Wie kam es zu der Idee?
                       Auf unseren Antrag hin hat Erlangen nun eine „Freiflächenge­          Der erste Anstoß kam nach der Kommunalwahl von Tina. Es ist
                       staltungssatzung“. Darin steht zum Beispiel, dass Freiflächen         uns wichtig, die Menschen auch jenseits von Wahlkämpfen für
                       von Neubauten begrünt werden müssen und nicht versiegelt              grüne Ideen zu begeistern und über unsere politische Arbeit zu
                       werden dürfen. Wer in Erlangen bauen will, muss nun ver­              informieren. Einen Podcast fanden wir ein tolles Format dafür.
                       bindlich auch einen Plan für die Gestaltung der Freiflächen           Worum geht’s in eurem Podcast?
                       einreichen. Planer*innen werden dadurch die Grünflächen von           Wir bringen die Politik vor Ort mit den großen Themen
                       Anfang an mitdenken – vor allem bei großen Bauvorhaben                in Verbindung, die wir spannend finden, von der Gemein­
                       können wir so für deutlich mehr Grün in der Stadt sorgen und          wohl-Ökonomie bis zur Rassismus-Debatte. Und wir wollen die
                       eine höhere Qualität der Freiflächen erzielen.                        engagierten Menschen in unserem Landkreis bekannt machen:
                       Warum sind grüne Gärten so wichtig?                                   Wir haben zum Beispiel einen Polizisten und einen Biobauern
                       Sie bieten Raum für die Artenvielfalt, von den Mikroorganis­          in unseren Reihen, die richtig gute Geschichten zu erzählen
                       men im Boden bis zu Insekten, Vögeln und Säugetieren. Oft             haben – so wird grüne Politik greifbar.
                       sind sie sogar pflegeleichter als Schottergärten, denn um die         Ist es schwierig, einen Podcast zu machen?
                       Steine frei von Algen und Moos zu halten, werden Chemikalien          Etwas zeitaufwändig ist es schon, aber es macht Spaß! Sobald
                       eingesetzt – das kostet Geld und schadet der Natur zusätz­            wir ein Thema festgelegt haben, recherchieren wir dazu,
                       lich. Grüne Gärten sorgen auch für ein kühleres Mikroklima.           überlegen uns im Team passende Gäste und gute Fragen. Es
                       Steingärten heizen sich auf, so dass es im Sommer dort nachts         ist wichtig, vorbereitet in ein Gespräch zu gehen und nicht
                       3 bis 5 Grad wärmer sein kann. Hier braucht es noch mehr              einfach drauflos zu reden. Auch die technische Qualität muss
                       Aufklärungsarbeit.                                                    stimmen, damit die Leute gerne zuhören. Dafür haben wir zum
                       Wie kam die Entscheidung an?                                          Glück viel Know-how im Team. Insgesamt sollte man einfach
                       Wir bekommen viele positive Rückmeldungen und Anrufe aus              hören, dass Arbeit und Liebe reingesteckt wurde.
                       anderen Gemeinden, die sich Tipps holen wollen – zu Beginn            Was bekommt ihr für Rückmeldungen?
                       gab es aber auch Gegenwind, zum Beispiel vom Haus- und                Bisher nur gute! Wir wissen sogar von Leuten, die unseren Pod­
                       Grundbesitzerverein. Die Debatte, die dadurch ausgelöst               cast regelmäßig hören, obwohl sie noch nie in Neu-Ulm waren.
                       wurde, ist aber unglaublich wichtig. So konnten wir noch mehr         Wo kann man euren Podcast anhören?
                       Bewusstsein dafür schaffen, wie wichtig grüne Gärten sind: für        Auf gruene-neu-ulm.de/podcast und allen gängigen Plattfor­
                       Artenvielfalt, Klimaschutz und ein schönes Stadtbild.                 men erscheint alle zwei Wochen eine neue Folge. Viel Spaß!

                                                                   DAS MAGAZIN DER BAYERISCHEN GRÜNEN
                                                                                         8
DAS MAGAZIN DER BAYERISCHEN GRÜNEN - VERSORGUNG, AUF DIE VERLASS IST - Grüne Bayern
E IN B A N D ZW ISC HEN ALT U ND JU NG

       GEMEINSAM GEGEN CORONA
           UND KLIMAKRISE
                                                         Ludwig Hartmann
                                                       Fraktionsvorsitzender

D
         ie Corona-Pandemie hält die          unserer Gesellschaft geschlossen wer­      können darauf vertrauen, dass sie –
         Welt in Atem. Die Entwicklung        den müssen. Generationenverträge, die      persönlich – von den Auswirkungen der
         der Infektionszahlen, die Alltags­   beiden Seiten in dieser herausfordern­     Erdüberhitzung weitgehend verschont
         maßnahmen zur Pandemie-Be­           den Zeit wortwörtlich ein Überleben        bleiben. Auch hier gilt: Die Älteren sind
kämpfung und der Protest gegen diese          und eine gute Zukunft sichern.             gefordert, Solidarität mit den Jüngeren
und die massiven Einschränkungen im               Denn in der Pandemie sind es vor       zu üben und dem Klimaschutz mehr po­
November: Diese Themen dominieren             allem unsere Seniorinnen und Senioren,     litisches und gesellschaftliches Gewicht
die Medien, nur kurzzeitig überdeckt          die von dem Virus in besonderer Weise      zu verleihen, damit die Pariser Klima­
vom erfreulichen Ergebnis der US-             bedroht sind und oft auch hart getroffen   ziele erreicht und die Lebensgrundla­
Wahl mit der Abwahl des Egozentrikers         werden. Die Todesfälle mit und durch       gen für unsere Kinder und Enkelkinder
Donald Trump, der Wahl des erfahrenen         Corona häufen sich bei den über Sieb­      geschützt werden.
Staatsmanns Joe Biden und seiner künf­        zigjährigen, extreme und lebensgefähr­          Gegenseitig Rücksicht nehmen,
tigen Vizepräsidentin Kamala Harris, die      liche Krankheitsverläufe sind bei jungen   gemeinsam die großen Herausforderun­
als erste Frau in diesem Amt ein neues        und gesundheitlich robusten Men­           gen unserer Zeit angehen, solidarisch
Zeitalter im Weißen Haus einläutet.           schen äußerst selten. Das heißt auch:      zusammenstehen und niemand zurück­
    Ein neues Zeitalter – das brauchen        Die Jungen sind gefordert, Solidarität     lassen: Diese Grundprinzipien sozialer,
wir nicht nur gleichstellungspolitisch,       mit den Älteren zu üben und sich im        mitmenschlicher Politik, können uns
wo wir Grüne seit Jahrzehnten an der          Pandemiealltag zurückzunehmen, damit       helfen, den Kampf gegen die Klimakrise
Spitze für die Rechte, die paritätische       durch einen allgemeinen exponentiel­       kraftvoll aufzunehmen und die Coro­
Beteiligung und die gerechte Bezahlung        len Anstieg der Infektionszahlen nicht     na-Pandemie erfolgreich zu überwinden.
von Frauen kämpfen. Wir brauchen ein          die Älteren und teilweise Vorerkrankten    Das treibt uns an.
neues Zeitalter auch gesellschaftspoli­       gefährdet werden.
tisch, wenn es darum geht, die beiden             Umgekehrt verhält es sich beim
größten Herausforderungen unserer             Klimaschutz, beim Kampf gegen die
Zeit – die Corona-Pandemie und die Er­        Erdüberhitzung. Die Folgen der inzwi­
düberhitzung – erfolgreich zu meistern.       schen rasanten und überall auf der Welt    Alle Anträge, Anfragen, Gesetzentwürfe
    Im Prinzip geht es hier um zwei kor­      zu beobachtenden Erdüberhitzung be­        und Konzeptpapiere sind auf unserer
respondierende Generationenverträge,          treffen vor allem die Jüngeren, die noch   Homepage zu finden, ebenso das An­
die – freilich informell – zwischen den       viele Jahrzehnte auf diesem Planeten       meldeformular für unseren Newsletter:
älteren und den jüngeren Mitgliedern          leben werden. Die Älteren hingegen         www.gruene-fraktion-bayern.de

                                                        LANDTAGSFRAKTION
                                                                 9
Z U S A MME N H A LT FÜ R DIE SC HWÄCHST EN
                                   U N S E RE R G ESELLSCHAFT

                   MIT DEM VIRUS LEBEN
                                           Kerstin Celina, Christina Haubrich, Andreas Krahl

D
        ie Pandemie ist längst eine ge­
        sellschaftliche Zerreißprobe. ​
        Umso wichtiger ist eine voraus­
        schauende und transparente
Corona-Strategie, die Perspektiven
aufzeigt und uns gut durch den Winter
führt. Wir wollen Corona-Leugnern und
Maskenverweigerern keinen Nährboden
geben, sondern konstruktiv im Kampf
gegen Corona mitwirken.
    Dafür haben wir bereits im Septem­
ber eine Corona-Teststrategie vorgelegt.
Wir setzen darin beispielsweise auf
Antigenschnelltests und wollen diese
flächendeckend und regelmäßig in
unseren Schulen und Kitas sowie in der
Pflege und für Menschen mit Behin­
derung – für Kinder, Patient*innen, Be­
wohner*innen, ihre Angehörigen sowie
das Personal vor Ort. Der Einsatz von
Antigenschnelltests kann uns helfen,
dass das Virus nicht in diese Einrich­        Sinnesbeeinträchtigungen die Abstands­       ihr Haus konsequent umzusetzen, dürfen
tungen gelangt und das soziale und            regelungen schlicht nicht umsetzbar.         im Falle einer Infektion nicht mit dem
wirtschaftliche Leben besser aufrechter­      Der Grundsatz der UN-Behinderten­            entstandenen Schaden allein gelassen
halten bleibt.                                rechtskonvention „Nichts über uns            werden. Pflegebedürftige, Pflegende und
    Besonders unsere Senior*innen             ohne uns!“ ist auch in der Pandemie zu       Angehörige müssen endlich zum festen
und Menschen mit Behinderung sind             wahren, ansonsten drohen uns erheb­          Bestandteil der nationalen Teststrategie
in der Corona-Pandemie belastet. In           liche Rückschritte bei der Teilhabe von      werden. Virusschutz und Lebensqualität
vielen Wohneinrichtungen in Bayern            Menschen mit Behinderung. Gesetzliche        dürfen sich nicht länger ausschließen.
sind beispielsweise die Lockerungen der       Mitbestimmungsorgane wie Bewoh­                  Wir nehmen auch die Fachstelle für
Besuchsverbote kaum bei den Bewoh­            ner*innenräte sowie die Selbsthilfe          Pflege- und Behinderteneinrichtungen –
ner*innen angekommen. Für uns ist             und der Beauftragte für Menschen mit         Qualitätsentwicklung und Aufsicht (FQA)
klar: Neben dem bestmöglichen Schutz          Behinderung sind in die Konzeptent­          in die Pflicht. Wir möchten, dass Be­
vor einer Corona-Infektion muss die           wicklung einzubeziehen.                      schwerdemöglichkeiten für Angehörige
Staatsregierung auch die psychosoziale            All unsere Forderungen liegen bei        und Bewohnerinnen und Bewohner bei
Gesundheit besser im Blick haben. In          der Söder-Regierung seit Juli auf dem        der FQA bekannt gemacht und niedrig­
Wohneinrichtungen für Menschen mit            Tisch – die Chance, über den Sommer          schwellig zugänglich sind.
Behinderung bedeutet das vor allem            gemeinsam für eine zweite Welle vorzu­           Auch die Gesundheitsämter sind ein
eines: Es braucht für diese Einrichtun­       sorgen, wurde verpasst. Nun ist schnel­      wichtiger Bestandteil im Kampf gegen
gen eigene Schutzkonzepte, sie dürfen         les Handeln gefragt. Wir Grüne fordern       Corona. Diese wurden in den letzten
nicht länger mit Pflegeeinrichtungen          das Gesundheitsministerium außerdem          Jahren jedoch leider kaputtgespart. Das
gleichgesetzt werden. Denn zum einen          auf, endlich die Haftungsfrage bei einem     holt uns nun in der Coronakrise ein.
gehören nicht alle Menschen mit Behin­        Infektionsausbruch in einer Einrichtung      Wir Grüne möchten dem Öffentlichen
derung automatisch zur Risikogruppe           zu klären. Einrichtungsleitungen, die        Gesundheitsdienst einen personellen
und zum anderen sind beispielsweise           sich an Hygienevorschriften halten und       und finanziellen Schub geben – jetzt in
bei Menschen mit kognitiven oder              ihr Bestes tun, um Schutzkonzepte für        der Krise und darüber hinaus.

                                  DAS MAGAZIN DER BAYERISCHEN GRÜNEN — DEZEMBER 2020
                                                                 10
Florian Siekmann                                                         Toni Schuberl

      CORONA ÜBER GRENZEN                                                       RESOZIALISIERUNG
      HINWEG EINDÄMMEN                                                          BRINGT SICHERHEIT

C                                                                      M
          orona ist eine Aufgabe für Europa und die Welt, die                        it dem ersten grünen Justizkongress konnten wir
          es gilt, gemeinsam zu bewältigen. Wie essenziell                           Wissenschaft, Praxis und Betroffene vernetzen. Der
          Solidarität ist, hat uns die erste Welle vor Augen                         Autor und frühere Gefängnisdirektor Dr. Thomas
          geführt. Unkoordinierte Grenzschließungen führten                          Galli machte deutlich, warum trotz engagier­
zu Chaos und Unsicherheit. Trotzdem hat die Söder-Regierung            ter Menschen der Justizvollzug in zu vielen Fällen sein Ziel
die vergangenen Sommermonate zu wenig genutzt, um mit                  verfehlt. Das gemeinsame Einsperren mehrerer Täter*innen
unseren Nachbarstaaten gemeinsam an grenzüberschreiten­                und das faktische Entmündigen in diesen Anstalten schaffen
den Lösungen zu arbeiten.                                              oft neue Probleme. Stattdessen wäre es wichtig, die Betroffe­
    Angesichts der zweiten Welle gilt es jetzt, aus den Fehlern        nen aus kriminellen Strukturen zu lösen und ihnen zu helfen,
im Frühjahr zu lernen. Wir Grünen sind Europäer*innen von              selbstständig ohne Straftaten leben zu können.
Herzen. Der Freistaat trägt mit seiner zentralen Lage in Europa            In den Einrichtungen von Seehaus e.V. in Baden-Württem­
die Verantwortung, eine Vorbildfunktion für europäische Ko­            berg und Sachsen wird ein alternativer Strafvollzug in freien
operation einzunehmen. In einem 10-Punkte-Plan haben wir               Formen durchgeführt. Die jungen Männer leben in familiären
zusammengefasst, wie die Eindämmung der Pandemie auch                  Strukturen mit festen Bezugspersonen und gehen sinnstiften­
über Grenzen hinweg gelingen kann.                                     den Tätigkeiten nach. Sie werden so deutlich öfter in die Lage
    Dringender denn je braucht es eine Task-Force für jede             versetzt, ihr Leben selbstbestimmt und straffrei zu gestalten.
Grenzregion, an der alle relevanten Entscheidungsebenen von            Mauern gibt es keine.
der Bundesregierung bis zum Landkreis beteiligt sind. Nur so               Für uns selbstverständlich, kamen (ehemalige) Inhaftierte
können Maßnahmen mit den Nachbarländern koordiniert und                ebenfalls zu Wort, Manuel Matzke von der Gefangenengewerk­
die Kommunikation verbessert werden. Risikogebiete müssen              schaft, Pedro Holzhey und Kalle aus Berlin, im Gespräch mit
innerhalb der EU nach einheitlichen Kriterien eingestuft wer­          der Journalistin und Soziologin Tine Kugler. Mit dem stell­
den, das stärkt gegenseitiges Verständnis und sorgt für eine           vertretenden Landesvorsitzenden der Opferhilfsorganisation
bessere Nachvollziehbarkeit der Quarantäneregelungen.                  Weißer Ring, Manfred Hofmann, waren sie sich in erstaunlich
    Einige unserer Forderungen wurden inzwischen umgesetzt.            vielen Punkten einig. Täter*innen wie Opfer wollen meist die
So wird der Lebensrealität in den Grenzregionen mit der Mög­           Tat bewältigen. Dabei hilft ein Täter-Opfer-Ausgleich. Das
lichkeit einer quarantänefreien Einreise für Kurzaufenthalte           System Gefängnis verhindert dies aber immer wieder. Eine
von höchstens 24 Stunden Rechnung getragen, die Möglich­               stärkere Orientierung an den Bedürfnissen der Opfer würde
keit einer quarantänefreien Ausreise und Wiedereinreise eben­          zu deutlichen Veränderungen des Strafvollzugs führen. Dies
falls für 24 Stunden bleibt bestehen. Darüber hinaus wurden            bestätigte Marianne Kunisch, Vorsitzende der „Nothilfe Birgitta
die Besuchsmöglichkeiten für Familienmitglieder ausgeweitet.           Wolf“, aus ihrer langjährigen Erfahrung als Strafverteidigerin.
    Neben transparenten und nachvollziehbaren Regelungen                   Eine grundlegende Diskussion über die Vermeidung von
bedarf es auch einer starken Solidarität. Die Söder-Regierung          Haftstrafen und Alternativen zu Gefängnissen ist notwendig,
kann noch immer nicht mitteilen, wie viele Intensivbetten              aber komplex. Kurzfristig wollen wir die „Restorative Justice“,
besonders von der zweiten Welle betroffene Staaten und                 wie beispielsweise den Täter-Opfer-Ausgleich stärken, das
Regionen im Ernstfall zur Verfügung gestellt werden könnten.           Übergangs- und Entlassmanagement ausbauen, mehr Stel­
Dabei müssen genau solche lebenswichtigen Ressourcen                   len für Bewährungshelfer*innen und Sozialarbeiter*innen
innerhalb der EU bedarfsorientiert da sein. Wenn die EU insge­         schaffen. Wir wollen den offenen Vollzug zur Regel machen
samt gestärkt aus der Krise hervorgehen soll, braucht es eine          und den Vollzug in freien Formen auch in Bayern gesetzlich
intensivere Zusammenarbeit auf allen Ebenen.                           verankern.

                                                      LANDTAGSFRAKTION
                                                                  11
VO N DER K ITA Ü B E R D IE S C HU LE B IS ZU DEN HOC HSCHU LEN

                               KEIN LOCKDOWN
                               FÜR DIE BILDUNG
                                             Johannes Becher, Verena Osgyan, Gabriele Triebel

                                                                                            nisse: Kinder unter zehn Jahren gehören
                                                                                            nicht zu den Infektionstreiber*innen. Wir
                                                                                            fordern deshalb auch bei hohem Infek­
                                                                                            tionsgeschehen: keine flächendeckende
                                                                                            Schließung der Kindertagesbetreuung,
                                                                                            maßgeschneiderte, kindgerechte, ver­
                                                                                            hältnismäßige und familienfreundliche
                                                                                            Lösungen bei gleichzeitigen Schutz­
                                                                                            maßnahmen für die frühpädagogischen
                                                                                            Fachkräfte.
                                                                                                Auch der Hochschulbetrieb musste
                                                                                            in Corona-Zeiten große Herausforde­
                                                                                            rungen bewältigen: Die Umstellung auf
                                                                                            digitale Lehre hat nur durch große An­
                                                                                            strengung der Lehrenden geklappt, viele
                                                                                            Studierende haben nicht vollumfänglich
                                                                                            ihre Leistungen erbringen können. Eine

K
         indern und Jugendlichen gutes          Notenerhebung, Unterrichtsorganisation      individuelle Regelstudienzeiterhöhung
         Lernen, auch in Corona-Zeiten,         und Lehrplankürzungen und eine Redu­        für das vergangene Sommersemester
         zu ermöglichen, hat für uns            zierung der Leistungsnachweise.             hat die Söder-Regierung erst nach
         politische Priorität. Wir setzen           Bildung beginnt für die meisten         mehrfachem Nachhaken auf den Weg
uns dafür ein, dass es nicht wieder zu ei­      Kinder lange vor der Einschulung: in        gebracht. Wir fordern, den Nachteilsaus­
nem Lockdown der Bildung kommt. Der             Kindertageseinrichtungen und Kinder­        gleich nun für das laufende Semester
Präsenzunterricht muss so lange wie             tagespflegestellen. Die Angebote sind       frühzeitig zu regeln und die Digitalisie­
möglich aufrechterhalten werden. Wenn           essenzieller Baustein für Bildungsge­       rung der Hochschulen planvoll anzuge­
dies das Infektionsschutzgeschehen              rechtigkeit, die Erweiterung des kind­      hen. Zudem braucht es eine Stärkung
an einzelnen Orten nicht mehr zulässt,          lichen Horizonts und die Vereinbarkeit      der Wissenschaftskommunikation und
etwa Klassen in Quarantäne oder den             von Familie und Beruf. Die coronabe­        eine Transparenzverpflichtung für
sogenannten Wechselunterricht gehen,            dingte Schließung der Einrichtungen im      wissenschaftliche Beratungsgremien der
muss das Lernen nahtlos im Distan­              Frühjahr war übereilt, die Notbetreuung     Staatsregierung.
zunterricht planvoll und mithilfe der           bot oftmals keine passenden Lösungen,           Leider beschäftigt sich die Söder-­
digitalen Medien weiterlaufen. Zudem            Kinder mit Behinderungen und armuts­        Regierung stattdessen mit einer
braucht es eine Notbetreuung.                   bedrohte Familien wurden systematisch       Hochschulreform, die keinen Stein auf
    Das Schuljahr 2020/21 ist kein nor­         benachteiligt. Von Anfang an forderten      dem anderen lässt. Wir werden der
males Schuljahr, sondern ein Schuljahr          wir deshalb die flächendeckende Wie­        „unternehmerischen Hochschule“ und
unter Pandemiebedingungen. Wir er­              deraufnahme der Kindertagesbetreuung.       der „Entfesselung“ der Hochschulen ein
warten vom FW-Bildungsminister keine            Gleichzeitig setzen wir uns dafür ein,      eigenes, grünes Hochschulinnovations­
„Alles-wird-gut-Botschaften“, sondern           dass Schutzausrüstung für frühpäda­         gesetz gegenüberstellen. Es wird die
schnelles, vorausschauendes Handeln.            gogische Fachkräfte und ausreichende        gesellschaftliche und ökologische Ver­
Die Schule kann nicht einfach weiter­           Testkapazitäten kostenfrei zur Verfügung    antwortung der Hochschulen betonen,
laufen wie bisher: gleicher Stoff, gleich       gestellt werden.                            gute Arbeitsbedingungen, Gleichstellung
viele Prüfungen, gleiche Pädagogik.                 Es ist unabdingbar, dass es jetzt       und Demokratie an den Hochschulen
Der Unterricht muss deshalb angepasst           besser läuft. In der Zwischenzeit gibt es   sicherstellen und deren Innovationskraft
werden, etwa mit Rahmenrichtlinien für          belastbare wissenschaftliche Erkennt­       stärken.

                                    DAS MAGAZIN DER BAYERISCHEN GRÜNEN — DEZEMBER 2020
                                                                   12
Martin Stümpfig                                                            Gisela Sengl

                               KONKRETE KLIMAZIELE                                                  LEBENDIGE VIELFALT STATT
                               STATT EMPFEHLUNGEN                                                    WETTBEWERBSKORSETT
Foto: Wolf Kehrstephan

                         Z                                                                        S
                                wanzig Monate hat die Söder-Regierung gebraucht, bis                       teuergelder sollen steuern und im Fall der gemein­
                                im November 2020 endlich das Bayerische Klimagesetz                        samen Agrarpolitik (GAP) muss es mehr in Richtung
                                verabschiedet wurde. Und wir müssen feststellen: Es                        Umwelt-, Arten- und Klimaschutz und guten Lebens­
                                ist das schwächste aller deutschen Landesgesetze zum                       standard für Bäuer*innen gehen. So wünscht es sich die
                         Klimaschutz. Es strotzt von Soll- und Kann-Bestimmungen und              Mehrheit der Europäer*innen, so sehen es Expert*innen aus
                         Empfehlungen. Die Söder-Regierung hat einfach nicht verstan­             der Wissenschaft und so erfordern es die Klimakrise und der
                         den, dass die Klimakrise eine Krise ist. Es muss jetzt klar und          schlechte Zustand der Natur.
                         verbindlich gehandelt werden.                                                 Eigentlich müsste mit der neuen GAP-Förderperiode ab
                             Unser Orientierungspunkt ist das 1,5°-Ziel von Paris. Um             2021 eine grünere und fairere EU-Agrarpolitik beginnen. Doch
                         dieses Ziel zu erreichen, darf die Weltgemeinschaft nur noch             die EU-Agrarminister*innen haben beschlossen, den längst
                         eine bestimmte Menge an Treibhausgasen ausstoßen. Dieses                 fälligen Umbau der Agrarpolitik zu blockieren. Die Mehrheit im
                         Budget an noch erlaubten Emissionen muss gerecht verteilt                EU-Parlament hat dem wenig entgegengesetzt und in den Ver­
                         werden. Die Zielsetzung des CSU/FW-Klimagesetzes ist viel zu             handlungen zwischen Parlament, Kommission und Rat zeich­
                         schwach – Bayern ist zu schnell an die Budgetgrenze.                     net sich ein agrarpolitischer Stillstand ab: Dringend nötige
                             Wir wollen konkrete Klimaziele auch für die einzelnen                Veränderungen werden hinausgezögert und der Großteil der
                         Bereiche: Strom, Wärme, Verkehr, Industrie etc. Wir brauchen             387 Milliarden Euro, die bis 2027 in die Landwirtschaft flie­
                         eine gute Beobachtung, ein Monitoring, ob wir bei den Treib­             ßen, wird auch die nächsten sieben Jahre als Flächenprämie
                         hausgasemissionen tatsächlich runterkommen, damit wir mit                gezahlt – wer viel hat, bekommt viel – und ist damit verloren
                         den Maßnahmen nachsteuern können. Wir brauchen einen                     für landwirtschaftliche Leistungen für Umwelt-, Klima- oder
                         kompetenten Klimarat, auf den die Staatsregierung hört. Und              Tierschutz.
                         wir müssen die Kommunen unterstützen, sie machen Klima­                       In Bayern applaudieren CSU und Bauernverband dieser
                         schutz vor Ort.                                                          Förderpolitik, die dem Green Deal widerspricht und Ziele aus­
                             Besonders frustrierend ist die ignorante Haltung von CSU             hebelt, wie deutlich weniger Pestizide, Antibiotika oder Dünger
                         und FW gegenüber jeglichen Verbesserungsvorschlägen. Es ist              zu verwenden und mehr Flächen der Natur zu überlassen. Sie
                         weniger überraschend, dass sie unseren elf grünen Ände­                  klatschen für ein System, das Agrarkonzerne, Bodenbesitztum
                         rungsanträgen nicht zugestimmt haben. Aber dass die beiden               und Lebensmittelindustrie bedient, aber die sozialen und öko­
                         Parteien auch die Ratschläge der von Ihnen selbst benannten              nomischen Ziele für die Landwirtschaft verfehlt. Obwohl die
                         Sachverständigen zur Klimaanhörung in den Wind schlagen, ist             Flächenprämien damit begründet werden, dass sie die Existenz
                         schon bitter. Selbst Frau Prof. Pittel vom Ifo-Institut – von der        der kleineren Höfe sichern, zeichnet die Realität ein anderes
                         Söder-Regierung in den Bayerischen Klimarat berufen – fand               Bild: In den letzten 15 Jahren haben 30.000 Bauernhöfe in
                         kein Gehör; genauso wenig wie das Umweltbundesamt oder                   Bayern aufgehört zu existieren. Gerade kleinere und mittlere
                         die zwei Juristen, die sich seit Jahren intensiv mit Landesklima­        Betriebe brechen weg, nur die mit über 100 Hektar nehmen zu.
                         schutzgesetzen befassen.                                                      Bayern ist keine Insel, EU-Agrarpolitik wirkt bis in den letz­
                             Bessere Gesetzentwürfe gibt es zuhauf. In anderen Bundes­            ten EU-Winkel. Wir Grüne wollen die Fördergelder erhalten,
                         ländern, aber auch im Landtag, und nicht nur von uns. Es ist             aber anders einsetzen. Es gibt genug gute Vorschläge, wie die
                         diese Ignoranz, oder besser gesagt dieser Unwille von CSU und            notwendigen sozial-ökologischen Leistungen der Landwirt­
                         FW, echten Klimaschutz zu betreiben und auch eine persönliche            schaft honoriert werden können. Uns geht es darum, Land­
                         Enttäuschung über den FW-Umweltminister Glauber. Dieses                  wirt*innen dabei zu unterstützen, in Richtung zukunftsfähiger,
                         Gesetz darf in dieser Form nicht lange Bestand haben.                    sozialer und ökologischer Landwirtschaft umzustellen.

                                                                                 LANDTAGSFRAKTION
                                                                                             13
AUFBRUCH IN EIN NEUES MORGEN
                                   Was die Bundestagswahl 2021 für die
                                    GRÜNE JUGEND Bayern bedeutet
                                     Lena Krebs und Maximilian Retzer, GRÜNE JUGEND Bayern

D
         as Jahr 2020 hält uns alle fest     ist. Neben der Bildungsarbeit für unsere       tinnen. Zwei weitere Voten wurden an
         im Griff: Nicht nur die weltweite   fast 3000 Mitglieder wollen wir unsere         Sebastian Hansen und Ami Lanzinger
         Corona-Pandemie macht uns           politischen Ziele aber nicht nur auf die       vergeben. Diese vier kompetenten
         zu schaffen, auch die direkten      Straßen und in die grüne Partei tragen,        jungen Menschen werden aussichtsreich
Folgen der Klimakrise, Antisemitismus        sondern auch selbst Verantwortung              auf der Landesliste der bayerischen
und rechtsextremistische Gewalttaten         übernehmen. Eine ökologische, feminis­         Grünen kandidieren und haben dabei
nehmen stetig zu. Doch es gibt auch Po­      tische, antifaschistische und solidari­        den vollsten Rückhalt unserer 3000 Mit­
sitives: Durch Bewegungen wie Fridays        sche Gesellschaft schafft sich nicht von       glieder. Bei der Landtagswahl 2018 hat
for Future, Ende Gelände oder Black          selbst. Es liegt an uns allen, für eine bes­   dieser Rückhalt schon einmal zu einem
Lives Matter gehen immer mehr junge          sere Welt für alle Menschen zu streiten.       grandiosen Ergebnis geführt: Damals
Menschen für ihre Ansichten und Rechte            Um diesem Anspruch von mehr Ver­          konnten mit Eva Lettenbauer, Florian
auf die Straßen, politisieren sich und       antwortung gerecht zu werden, haben            Siekmann und Tim Pargent gleich drei
merken, dass ihre Stimme gehört wird –       wir vier Voten für die Bundestagswahl          unserer Mitglieder in den bayerischen
wenn auch leider noch nicht von allen.       2021 vergeben. Unsere Mitglieder               Landtag einziehen und zeigen, dass
Die GRÜNE JUGEND Bayern konnte sich          wählten unsere Landessprecherin Saskia         Jugend und Erfahrung keine Gegensätze,
in den letzten Monaten eines rasanten        Weishaupt und Marlene Schönberger,             sondern komplementäre Eigenschaften
Mitgliederzuwachses erfreuen, der auch       Kreis- und Gemeinderätin im Landkreis          sind, die junge Menschen zu großartigen
auf diese Bewegungen zurückzuführen          Landshut, zu unseren Spitzenkandida­           Politiker*innen machen.

                          AKTIV GEGEN RASSISMUS
                          Bayerisch-grüne Erfolge in Europa
                          Pierrette Herzberger-Fofana
                          Mitglied des Europäischen Parlaments

W
             as war 2020 nur für ein         hat mich sogar so sehr inspiriert, dass        Rassismus-Koordinator*in wird sogar
             turbulentes Jahr – und          ich mich dazu entschlossen habe, sie für       voraussichtlich noch dieses Jahr benannt.
             das nicht nur durch die         den Sacharow-Preis zu nominieren, den              Darüber hinaus habe ich im vergan­
             allgegenwärtige Pandemie.       Menschenrechtspreis des Europäischen           genen Jahr zahlreiche Webinare abhalten
Meine Arbeit als Abgeordnete im Europä­      Parlaments.                                    können, in denen ich über (Alltags-)
ischen Parlament, vor allem als Co-Vor­          Außerdem bewegte mich der Tod              Rassismus, Diversität und vor allem
sitzende der Anti-Rassismus-und-Diver­       George Floyds dazu, einen Brief an die         Intersektionalität sprechen durfte. An
sitäts-Intergruppe (ARDI), wurde sehr        Europäische Kommission zu verfas­              einem Online-Termin nahm ich als Gast
stark durch die Geschehnisse infolge der     sen und einen aktiven Einsatz gegen            der grünen Bundestagsabgeordneten Be­
Black-Lives-Matter-Bewegung geprägt.         Rassismus einzufordern. Konkret schlug         ate Walter-Rosenheimer teil. Das Thema
    Der Tod George Floyds brachte            ich zwei wesentliche Maßnahmen vor:            Intersektionalität ist besonders für mich
schließlich das Fass zum Überlau­            erstens die Einführung eines*einer             als schwarze Frau von großer Bedeutung
fen und damit eine Bewegung an die           Anti-Rassismus-Koordinator*in, und             und stellt einen Fokus meiner Arbeit
Oberfläche der medialen und gesell­          zweitens die Einberufung eines Anti-­          im Europäischen Parlament dar. Mein
schaftlichen Aufmerksamkeit, die bereits     Rassismus-Gipfels mit der Kommis­              Ziel ist es, noch viel mehr Menschen auf
2013 von drei schwarzen Aktivistinnen        sionspräsidentin und Vertreter*innen           dieses Thema aufmerksam zu machen
ins Leben gerufen wurde. Die muti­           der Zivilgesellschaft. Tatsächlich hat         und dementsprechend feministische
ge und unermüdliche Arbeit der drei          Präsidentin Ursula von der Leyen beiden        Perspektiven nicht zuletzt durch einen
Gründerinnen von #BlackLivesMatter           Forderungen stattgegeben. Der*die Anti-­       rassismuskritischen Blick zu erweitern.

                                             DAS MAGAZIN DER BAYERISCHEN GRÜNEN
                                                                 14
UN S E R GRÜ N E S B AYER N

                                            DO
                                                                                                  Rhön-Grabfeld

                                                                                           Bad Kissingen

                                                                                                                              Impressum
                                                                    Aschaffen-                                     Haßberge
                                                                       burg
                                                                                  Main-Spessart
                                                                    AB                               Schweinfurt

                                                                     Miltenberg
                                                                                              WÜ
                                                                                                       Kitzingen

                                                              
                                                                                            Würzburg

                                                                                                                              Herausgeber*innen
                                                                                                                              BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
                                                                                                                              Landesverband Bayern
            Online-Petition                              Unterfranken                                                         Sendlinger Str. 47
                                                                                                                              80331 München
       Menschlichkeit jetzt!                      Donnerstage sind grün
                                                                                                                              Tel. 089/211 597-0
Schutz für Geflüchtete aus den grie­        Wie gelingt es, das politische Leben                                              landesverband@bayern.gruene.de
chischen Lagern: Das fordern wir            auch in Zeiten des Lockdowns wei­                                                 www.gruene-bayern.de
bayerische Grüne gemeinsam mit dem          terzuführen? Die GRÜNEN im Bezirk
breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis     Unterfranken haben sich dafür die                                                 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
#BayernNimmtAuf und haben deshalb           Webtalk-Reihe „Grüner Donnerstag“                                                 im Bayerischen Landtag
eine Online-Petition gestartet. Unser       ausgedacht. Im Herbst fanden insgesamt                                            Maximilianeum
Ziel: Die bayerische Staatsregierung soll   sechs gut besuchte Zoom-Abende statt;                                             81627 München
endlich ein Landesaufnahmeprogramm          auch die örtlichen grünen Abgeordne­                                              Tel. 089/4126-2493
einrichten, denn die Lebensbedingungen      ten aus Bund und Land waren dabei.                                                info@gruene-fraktion-bayern.de
im neuen Lager Moria auf Lesbos und         Natürlich ging es um den bestmögli­                                               www.gruene-fraktion-bayern.de
in den anderen Hotspot-Lagern sind          chen Umgang mit der Corona-Krise, aber
                                                                                                                              Redaktion (Landesverband)
weiterhin menschenunwürdig. Mehrere         auch um andere wichtige Themen: Wie
                                                                                                                              Angela Kirschbaum (verantwortl.),
Zehntausend Geflüchtete leben seit          gelingt es, die Bahnverbindungen in
                                                                                                                              Eva Lettenbauer, Eike Hallitzky
Jahren zusammengepfercht in einfa­          Unterfranken auszubauen? Wie können
chen Zelten, fast ohne medizinische         lokale Metzgereien erhalten werden?                                               Redaktion (Landtagsfraktion)
Versorgung. Unter ihnen sind auch viele     Was brauchen Kommunen, um bei                                                     Lena Motzer (verantwortl.),
besonders schutzbedürftige Personen         Obdachlosigkeit besser Hilfe leisten zu                                           Katharina Schulze, Ludwig Hartmann
wie unbegleitete Kinder, alleinreisende     können? Auch das grüne Frauenstatut
                                                                                                                              Gestaltung
Frauen und Menschen mit Behinde­            und ein wirksames Klimaschutzgesetz
                                                                                                                              Andreas Gregor,
rung. „Bayern kann und muss helfen“,        für Bayern standen auf der Agenda. Ziel­
                                                                                                                              info@andreasgregor.com
       sagt unsere Parteivorsitzende        gruppe waren je nach Thema Mitglieder,
       Eva Lettenbauer. Das siehst du       interessierte Bürger*innen, Mandatsträ­                                           Titelbild
       auch so? Dann unterzeichne die       ger*innen oder die Kreis- und Ortsvor­                                            Juanmonino / iStock / Getty Images Plus
       Petition jetzt und erzähl deinen     stände. Der Ideenaustausch und konst­
                                                                                                                              Druck
       Freund*innen davon. Danke für        ruktive Debatten tun eben allen gut, ob
                                                                                                                              Dierichs Druck+Media, Kassel
       deine Unterstützung!                 im echten Leben oder „nur“ online.
                                                                                                                              Auflage: 16.450
openpetition.de/!menschlichkeitjetzt        www.gruene-unterfranken.de
                                                                                                                              Gedruckt auf LEIPA ultraMAG PLUS silk,
                                                                                                                              FSC-zertifiziert
                                                                                                                              Datenschutz
                                                                                                                              Du hast das Recht, jederzeit gegen die
TERMINE                                                                                                                       Verarbeitung der dich betreffenden
                                                                                                                              personenbezogenen Daten, die aufgrund
Landesdelegiertenkonferenz 2021 und weitere Termine:                                                                          von Art. 6 Abs. 1 DSGVO erfolgt, Wider­
Immer aktuell unter gruene-bayern.de/termine                                                                                  spruch einzulegen. Bitte kontaktiere uns
                                                                                                                              dazu per E-Mail unter landesverband@
Im Bundestagswahljahr 2021 stehen           vorsitzende*n wählen. Aber du weißt ja:                                           bayern.gruene.de. Unsere ausführliche
auch für uns in Bayern viele große          Corona macht immer wieder Umplanun­                                               Datenschutzerklärung findest du unter
Termine an: Allen voran die geplante        gen nötig. Die aktuellsten Infos findest                                          gruene-bayern.de/datenschutz.
Landesdelegiertenkonferenz, bei der wir     du immer unter gruene-bayern.de/
die bayerische Liste zur Bundestagswahl     termine. Schau am besten regelmäßig
aufstellen und eine*n neue*n Landes­        dort vorbei!

                                               VERSORGUNG, AUF DIE VERLASS IST
                                                               15
Sie können auch lesen