Wind am Horizont Fachaustausch zu Landschaftsbildfragen an Mittelgebirgsstandorten - Fachagentur Windenergie an Land
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Genderhinweis Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird überwiegend die männliche Schreibweise verwendet. Wir weisen an dieser Stelle ausdrücklich darauf hin, dass die ausschließliche Verwendung einer Form explizit geschlechterunabhängig verstanden werden soll.
Inhalt Vorwort..................................................................................................................................2 Landschaftsbildbewertung in Deutschland – Prof. Dr. Michael Roth................................3 Rechtsrahmen zu Landschaftsbildbelangen in Rheinland-Pfalz – Gundolf Schrenk...............................................................................14 Rechtsgrundlagen und Probleme der Landschaftsbildbewertung in Hessen – Klaus-Ulrich Battefeld .......................................19 Berücksichtigung des Landschaftsbildes im Teilregionalplan Energie Mittelhessen – Dr. Ivo Gerhards .........................................23 Realkompensation – Ja oder Nein ? – Günther Wessel .....................................................26 Mit Stakeholdern in den Dialog gehen – Tedde Langhout .............................................29 Visualisierung von Windenergieanlagen in Mittelgebirgslandschaften – Jochen Mülder ................................................................30 Frühzeitige Visualisierung in Planungsprozessen für die Windenergie – Stefan W. Kauling .........................................................................32 Das Spannungsverhältnis zwischen Denkmalschutz und Windenergienutzung – Katharina Luther ......................................37 Umgang mit Denkmalschutzkonflikten aus Sicht von Kommunen – Dr. Felix Pauli ........................................................................52 Umgang mit Denkmalschutzanforderungen im Genehmigungsverfahren – Dr. Roswitha Kaiser .........................................................56 Wohin geht’s mit Landschaftsbildbelangen und Denkmalschutz? – Günther Wessel ...........................................................................60 Fazit und Ausblick...............................................................................................................63 Bildergalerie........................................................................................................................64 Programm............................................................................................................................68 Impressum............................................................................................................................69
2 | Wind am Horizont – Fachaustausch zu Landschaftsbildfragen an Mittelgebirgsstandorten Vorwort Ein breiter gesellschaftlicher Diskurs zu Land im Nachgang verschriftlicht und sind in die schaftsbild und Denkmalschutz ist wichtig. ser Broschüre präsentiert. Ein besonderes Bei der Planung von Windenergieanlagen Augenmerk liegt sowohl auf dem rechtlichen (WEA) ist das Landschaftsbild sowohl in der Regelungsrahmen zum Denkmalschutz, den Flächenausweisung als auch bei der Geneh Rechtsanwältin K atharina Luther, Noerr LLP, migung als öffentlicher Belang zu beachten. in seinen Grundzügen aufzeigt, als auch auf Gleichzeitig ist die mögliche landschaftsbild den Diskussionsrunden der Veranstaltung, beeinträchtigende Wirkung von WEA eines die der Journalist Günther Wessel kompakt der am häufigsten vorgetragenen Argumente zusammenfasst. von Windenergiegegnern. Es gilt, neue Pers pektiven und Klarheit in grundlegenden Fra Mein besonderer Dank gilt vor allem gen wie der Landschaftsbildbewertung, der hristiane Donnerstag und Iris Otto aus den C angemessenen Kompensation von Eingriffen Landesministerien, Dr. Thomas Treiling (ABO und zu aktuellen Anforderungen des Denk Wind ) und Markus Pauly ( juwi ), die mit ih malschutzes zu gewinnen. rer fachlichen Expertise wichtige Unterstüt zung in der Konzeptionsphase gegeben Dr. Antje Wagenknecht Mit den Umweltministerien Rheinland-Pfalz haben. Ich danke ebenfalls den Referen ist Geschäftsführerin und Hessen haben sich für den Fachaus ten für ihr Engagement, allen Diskutanten der Fachagentur Wind energie an Land. tausch zu Landschaftsbildfragen an Mittelge sowie den Praxis partnern, Jochen Mülder birgsstandorten »Wind am Horizont«, der von L enné3D, Stefan W. Kauling von Land am 13. November 2018 in Mainz stattfand, PlanOS, Henk Brekhof und Tedde Langhout zwei Kooperationspartner gefunden, die ein von Windplanner, welche in den Pausen für ausgewiesenes Interesse am Thema haben. Kurzweil und anregende Gespräche zum Rheinland-Pfalz und Hessen zählen zu den Thema Visualisierung gesorgt h aben. Sie waldreichsten Bundesländern; dieser hohe haben maßgeblich zum Gelingen dieses Forstanteil schärft den Blick auf Fragen des Fachaustausches beigetragen. Landschaftsbildes besonders. Eine interessante Lektüre wünscht Die FA Wind möchte die Themen Windener gie und Landschaftsbild bzw. Denkmalschutz Ihre für ihre Mitglieder und andere Interessierte fachlich aufbereiten. Deshalb haben sich Akteure aus Wissenschaft, Verwaltung, Politik und Windenergiewirtschaft dazu aus getauscht, verschiedene Aspekte beleuchtet Dr. Antje Wagenknecht und aktuelle Herausforderungen disku Geschäftsführerin tiert. Die Beiträge der Referenten wurden Fachagentur Windenergie an Land
Landschaftsbildbewertung in Deutschland | 3 Landschaftsbildbewertung in Deutschland Eine Einführung PROF. DR. MICHAEL ROTH 1 EINLEITUNG sche Landschaft) und der Subjektebene (Be trachter) bildet. Die Objektebene schließt Im folgenden Beitrag soll ein komprimier dabei sämtliche bildauslösenden Landschafts ter Überblick über die Landschaftsbild bildkomponenten und Landschaftselemente bewertung in Deutschland gegeben werden. (z. B. Relief, V egetation, Wasser, Landnut Dieser beginnt mit einer kurzen theoreti zung) ein. Die Subjektebene des Betrachters schen Einführung zum Thema Landschafts berücksichtigt auch dessen individuelle (Vor-) bildbewertung. Anschließend wird der Stand Erfahrungen, Erwartungen, Werte, etc. der Landschaftsbildbewertung in der Land schaftsplanung schlaglichtartig und auf Nun könnte sich der Eindruck erwecken, dass grund des begrenzten Rahmens für den aufgrund der Beteiligung der Subjektebene Gesamtbeitrag unter Verweis auf umfangrei an der Formierung des Landschaftsbildes die chere weitere Literatur dargestellt. Dass eine resultierenden Landschaftsbildbewertungen valide, empirisch basierte und nachvollzieh und Landschaftspräferenzen vollkommen bare Landschaftsbildbewertung auf allen P la- subjektiv sind, und sich nicht planerisch be Michael Roth ist nungsebenen von bundesweiten über lan werten lassen. Dem muss jedoch entgegnet Professor für Land schaftsplanung an desweite und regionale bis hin zu örtlichen werden, dass eine Vielzahl theoretischer und der Hochschule für Planungen möglich ist, wird beispielhaft an empirischer Studien nachgewiesen haben, Wirtschaft und Umwelt eigenen angewandten Forschungsprojek dass es eine breite intersubjektive Basis für (HfWU) Nürtingen- Geislingen. ten demonstriert. Zuletzt wird auf der Ba Landschaftspräferenzen gibt, die auf (evolu sis der getroffenen Ausführungen ein Fazit tions-) biologischen Grundlagen fußen (vgl. gezogen. dazu z. B. die Prospect-Refuge- Theorie von Appleton 1975, die Savanna-Theorie von Ori ans 1980, die Information-Processing-Theo 2 THEORIE ZUM LANDSCHAFTSBILD rie von Kaplan & Kaplan 1989 oder die Was- ser-Präferenz-Theorie von B ourassa 1991). Als operationalisierbarer theoretischer Hinter Weiterhin ist auch ein Großteil der die Sub grund für praktische Landschaftsbildbewer jektebene kennzeichnenden W erte gesell tungen hat sich der sogenannte »psycho- schaftlich bzw. kulturell geprägt und damit logisch-phänomenologische Ansatz« nach innerhalb homogener Kulturkreise auch zum Nohl (2001: 44) erwiesen. Dieser geht davon Großteil überindividuell determiniert (vgl. aus, dass sich das Landschaftsbild, definiert dazu z. B. Nohl 1981 und 1990, Shafer & als »ästhetisch-symbolisch interpretiertes Er Tooby 1973, Buhyoff et al. 1983 und Yang & scheinungsbild der Landschaft« (Nohl, 2001: Kaplan 1990). 44), basierend auf der Objektebene (physi
4 | Wind am Horizont – Fachaustausch zu Landschaftsbildfragen an Mittelgebirgsstandorten Die zum Großteil intersubjektiv übereinstimmende Bestim schutz auch eine landschaftsästhetisch positive Wirkung mung der Landschaftspräferenzen und Landschaftsbildbe haben werden. Dass z. B. eine Hecke ganz unterschiedlich wertung ist auch Grundlage der Rechtsprechung, die bei lokalisiert, ausgerichtet und hinsichtlich der Artenzusam der Frage, ob es sich um einen Eingriff in das Landschafts mensetzung aufgebaut werden kann, je nachdem ob sie bild handelt, den Maßstab des »gebildeten, gegenüber primär dem Biotopverbund, dem Erosionsschutz oder der der Schönheit von Natur- und Landschaft aufgeschlos Landschaftsästhetik dient, wird dabei nicht thematisiert. senen Durchschnittsbetrachters« anlegt (Fischer-Hüftle Wende et al. (2009) wiesen jedoch in einer empirischen 1997: 240). Somit ist es bei der Beurteilung von Eingrif Studie nach, dass die Chancen der Maßnahmen-Umset fen das Ziel, keine zu stark subjektiv geprägte Bewertung zung für dezidiert landschaftsästhetisch ausgerichtete und im Sinne extrem unsensibler oder extrem empfindlicher begründete Maßnahmen in kommunalen Landschaftsplä Personen anzulegen. Dieser »aufgeschlossene Durch nen überdurchschnittlich hoch sind, was sicherlich auch in schnittsbetrachter« kann im Rahmen empirisch basierter der positiven Öffentlichkeitswirksamkeit solcher Maßnah Landschaftsbildbewertungen statistisch auf der Basis von men begründet liegen dürfte. Befragungsergebnissen modelliert werden. »Es ist wichtig, das Landschaftsbild zu bewerten, weil man so eine größere Akzeptanz bei der P lanung 3 S TAND DER LANDSCHAFTSBILDBEWER und dem Ausbau erneuerbarer Energien schaffen TUNG IN DER LANDSCHAFTSPLANUNG kann.« Ausführlich mit dem Stand der Landschaftsbildbewertung In Bezug auf die Eingriffsregelung, die hier als Teil der in Forschung und Praxis der Landschaftsplanung befas vorhabensbezogenen Landschaftsplanung mit betrach sen sich Roth (2012) und Roth & Bruns (2016). So hat tet werden soll, stellen Roth & Bruns (2016: 59 ff.) fest, Roth (2012: 78 ff.) z. B. gezeigt, dass nur für einen Bruch dass bei der Ermittlung von Kompensationsumfängen ver teil der publizierten Landschaftsbildbewertungsverfahren mehrt auf einfache monetarisierende Verfahren zurückge der Nachweis der Einhaltung der wissenschaftlichen Gü griffen wird, und mit diesem Trend zur Monetarisierung tekriterien (Signifikanz, Objektivität, Reliabilität und Va eine »sachinhaltliche Auseinandersetzung mit dem Land lidität) erbracht wurde. Eine repräsentative Stichprobe schaftsbild […] in den Hintergrund« tritt. Dass die Ersatz von 116 Landschaftsplänen e rgab zudem, dass das Land gelder dann auch noch nicht zwingend für Maßnahmen schaftsbild in der kommunalen Landschaftsplanung nach zur Aufwertung des Landschaftsbildes im betroffenen rangig gegenüber den anderen Schutzgütern behandelt Planungsraum eingesetzt werden, wobei oft Zielkonzep wird ( Roth 2006a ). Dies gilt nicht nur für die Bestandser te aus der vorsorgenden Landschaftsplanung fehlen (s. o.) fassung und Bewertung des Landschaftsbildes, sondern bedingt eine weitere inhaltliche Loslösung von »vorsor auch für die Ziel- und Maßnahmenplanung, wobei oft auf gender, raumbezogener Landschaftsbildbewertung und den sogenannten »Trittbrettfahrer-Effekt« gesetzt wird, einer derartigen vorhabensbezogenen Bewertung des d. h. es wird d avon ausgegangen, dass Maßnahmen zum Eingriffs« (Roth & Bruns 2016: 59). Artenschutz, Biotopverbund oder Boden- und Gewässer
Landschaftsbildbewertung in Deutschland | 5 4 LANDSCHAFTSBILDBEWERTUNG Auf der Basis der Umfrageergebnisse (Subjektseite des AUF UNTERSCHIEDLICHEN PLA Landschaftsbildes) und umfangreicher Analysen bundes NUNGSEBENEN – ERLÄUTERT AN weiter Landschaftsdaten in geographischen Informati BEISPIELPROJEKTEN onssystemen (Objektseite des Landschaftsbildes) wurde anschließend ein statistisches Modell über den Zusammen 4.1 Bundesweite hang von Objektseite (Landschaftselemente, Landnut Landschaftsbildbewertung zungen, Landschaftsstrukturmaße) und Landschaftsbild- Für den länderübergreifenden Netzausbau bewertungen des über die Umfrage modellierten »Durch und die dazu zu erstellenden strategischen schnittsbetrachters« erstellt. Dieses Modell konnte an Umweltprüfungen zum Bundesbedarfsplan schließend bundesweit angewandt werden und so eine und zur Bundesfachplanung wird eine me empirisch basierte Landschaftsbildbewertung erzeugen. thodisch, empirisch und inhaltlich belastbare Die folgende Abbildung zeigt exemplarisch einen Arbeits Inwertsetzung des Landschaftsbildes aus stand der Karte der Schönheit des Landschaftsbildes. Bundessicht benötigt. Diese muss unabhän gig von Ländergrenzen, Planungsinstrumen ten (Landschaftsprogramm, Landschaftsrah- menplan, Landschaftsplan) und Aktualitäten homogen und konsistent sein. Um mit Hilfe einer derartigen bundeweiten Landschafts bildbewertung das Schutzgut Landschafts bild zu stärken und qualifiziert in die Bewer- tung der Konfliktrisiken und Alternativenver gleiche einstellen zu können, hat das Bun desamt für Naturschutz das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben »Entwicklung eines Bewertungsmodells zum Landschaftsbild beim Stromnetzausbau)« vergeben. Der me thodische Ansatz und die Ergebnisse des Vor habens sollen im Folgenden kurz dargestellt werden, für detailliertere Darstellungen sei auf Roth et al. (2018) verwiesen. Basierend auf einer Stichprobe von 30 Landschaftsräu men (je ca. 150 km² groß), die repräsentativ über die deutschen Großregionen (Meynen & Schmithüsen 1953-1962) und Landschaftsty pen (Gharadjedaghi 2004) verteilt wurden, wurde eine Fotodokumentation deutscher Landschaftsbilder erstellt. Über 800 dieser Fotos wurden in einer Internetumfrage (vgl. dazu Roth 2006b) durch über 3.500 Perso nen bewertet, wobei zur Teilnehmerakquisiti on mit einem sozialwissenschaftlichen Panel kooperiert wurde, um eine möglichst reprä sentative Teilnehmerstichprobe zu erreichen. Abbildung 1: Modellergebnis für die Schönheit des Landschaftsbildes
6 | Wind am Horizont – Fachaustausch zu Landschaftsbildfragen an Mittelgebirgsstandorten Mit einer Auflösung von 1x1 km und in der Summe Auf der Basis einer umfangreichen Literaturauswertung über 380.000 bewerteten Raumeinheiten ist diese Land wurden folgende theoretisch und empirisch fundierten schaftsbildbewertung für die o. g. Zwecke im Zuge der Indikatoren in die Landschaftsbildbewertung einbezogen: Stromnetzplanung gut geeignet. In das Schönheitsmo dell flossen die Faktoren Relief, Wasser, Wald, Streuobst, • Reliefenergie in 10 km Umkreis Grünland und Heideflächen als positiv wirkende Faktoren ein, die Hemerobie, Ackerflächen, Verkehrsflächen, Indus • Gewässerrandlänge in der jeweiligen Rasterzelle trie- und Gewerbeflächen sowie die Vorbelastungen durch Strommasten und Windkraftanalgen als negativ wirkende • W alderlebnis (Waldfläche, Waldrandlänge) Faktoren. Mit einem Bestimmtheitsmaß von r² = 0,64 und in der jeweiligen Rasterzelle damit einer Varianzerklärung von 64 % kann das erstellte lineare Regressionsmodell als valide eingeschätzt werden. • Nutzungsvielfalt in 2 km Umkreis Ein großer Vorteil derartiger Modellierungen liegt da rin, dass das Modell Auskunft zu seiner Modellgüte gibt, • K leinräumigkeit der landwirtschaftlichen Nutzung was für Einzelexperten-basierte Einschätzungen der Land in der jeweiligen Rasterzelle schaftsbildqualität so nicht möglich ist. Zusätzlich zu den Indikatoren der Grundbewertung Für alle der in § 1 BNatSchG genannten Bewertungs wurden folgende Zusatzkriterien für eine Ab- bzw. kriterien (»Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Aufwertung verwendet: Erholungswert der Landschaft«) wurden separate • V orbelastung durch technische Bewertungsmodelle entwickelt. Vertikalobjekte in 10 km Umkreis 4.2 Landesweite Landschaftsbildbewertung • V orbelastung durch Industrie- und Für den Freistaat Thüringen sollte als Basis für die Er Gewerbeflächen in 2 km Umkreis satzgeldbemessung für Höhenbauwerke in der natur schutzrechtlichen Eingriffsregelung eine landesweite • V orbelastung durch Straßen in 2 km Umkreis Landschaftsbildbewertung erstellt werden. Im Unter schied zu dem vorgenannten bundesweiten Projekt war ufwertung durch Störungsarmut (unzerschnittene • A hier keine spezifische Erstellung einer empirischen Basis verkehrsarme Räume in 5 km Umkreis) durch eine Bevölkerungsbefragung möglich. Dafür konn te auf einen räumlich und inhaltlich höher aufgelösten • A ufwertung durch Sichtbarkeit landesweit bedeut landesweiten Geodatenbestand zurückgegriffen werden. samer Kulturerbestandorte bis 10 km Entfernung Ziel des Projektes war es, sechs annähernd normalverteilte Wertstufen für eine flächendeckende raumdifferenzieren • A ufwertung durch wahrnehmbare Naturnähe in de Landschaftsbildbewertung zu etablieren. Dies bedeu der jeweiligen Rasterzelle (Hemerobiedatensatz) tet, dass die höchste und niedrigste Wertstufe für je ca. 10 % der Landesfläche, die zweithöchste und zweitnied • A ufwertung durch vorhandene Strukturelemente rigste für je ca. 15 % der Landesfläche und die beiden in der jeweiligen Rasterzelle mittleren Stufen für je ca. 25 % der Landesfläche verge ben werden sollten. Auch für dieses Projekt wurde raster Für jeden der Indikatoren wurde eine separate Bewer basiert mit einer Auflösung von 1x1 km gearbeitet. tungskarte auf der Basis einer Quantifizierung erstellt. Da bei wurden ebenfalls sechs Wertstufen, ebenfalls nach Möglichkeit annähernd normalverteilt, gewählt.
Landschaftsbildbewertung in Deutschland | 7 Durch Aggregation über einen iterativ mit dem Auftrag Anschließend wurden die erzeugten Rasterdaten zur Land geber (Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie) schaftsbildqualität über einen Median-Tiefpassfilter ge abgestimmten Bewertungsbaum wurden die Indikato glättet und manuell in vektorisierte Landschaftsbildräume ren zu einem Gesamtwert Landschaftsbild verknüpft. Eine überführt, wobei bei der Abgrenzung Reliefstufen, Nut separate Bewertung der Kriterien Vielfalt, Eigenart und zungsgrenzen, Naturraumgrenzen etc. berücksichtigt Schönheit war hierbei nicht erforderlich. wurden. Im Ergebnis dieses Prozesses ergibt sich das in der folgenden Abbildungdargestellte Bild. Abbildung 2: Landesweite Landschaftsbildbewertung für Thüringen Ausführliche Informationen zu diesem Projekt sind im Projektbericht ( Roth & Fischer 2018 ) sowie bei Roth et al. ( 2018 b ) zu finden.
8 | Wind am Horizont – Fachaustausch zu Landschaftsbildfragen an Mittelgebirgsstandorten 4.3 R egionale Landschaftsbildbewertung Auf regionaler Ebene wurde eine empirisch b asierte Land schaftsbildbewertung im Rahmen eines interkommunalen Flächennutzungsplans für den Teilbereich Windenergie für das Gebiet des Regionalverbandes Saarbrücken er arbeitet. Im Unterschied zu den beiden vorgenannten Projekten ging es dabei nicht um eine flächendeckende Bewertung des Status Quo, sondern gezielt um eine Ver änderungsbewertung durch geplante Windkraftstand orte. Im Ergebnis zeigte sich auf der Basis GIS-basierter visueller Simulationen unterschiedlicher Ausbauszenarien, dass mit zunehmender Nabenhöhe und Anzahl an Wind kraftanlagen die Landschaftsbildkriterien Vielfalt, Eigen art und Schönheit sowie die wahrgenommene Naturnähe einen zunehmenden Wertverlust erfahren. Interessanter weise konnte jedoch auch festgestellt werden, dass die vier genannten Kriterien unterschiedlich sensitiv reagie ren. So ist z. B. bei der wahrgenommenen Eigenart der Landschaft bei wenigen Windkraftanlagen im Sichtbe reich kaum ein Unterschied zwischen der Wirkung unter schiedlich hoher Anlagen festzustellen, dafür bei vielen Anlagen ein umso größerer. Bei der wahrgenommenen Naturnähe verhält es sich genau umgekehrt: Bei wenigen Anlagen im Sichtbereich treten signifikante Unterschiede zwischen der Wirkung niedrigerer und höherer Anlagen auf. Bei vielen Anlagen im Sichtbereich spielt es für die Be einträchtigung der wahrgenommenen Naturnähe jedoch kaum mehr eine Rolle, ob die Anlagen niederiger oder hö her sind. Für Details vgl. Roth (2014). »Die Schönheit einer Landschaft lässt sich wirklich methodisch sauber bewerten – das ist kein nur sub jektives Empfinden.« 4.4 Ö rtliche Landschaftsbildbewertung Gerade bei Windkraftanlagen an Mittelgebirgsstandorten werden oft Waldstandorte genutzt (vgl. dazu Roth 2015). Dabei wird oft nicht spezifisch an der gesetzlich verpflich tenden Minderung (§ 15 BNatSchG) der Beeinträchtigun gen gearbeitet, obwohl dies sehr wohl möglich ist, wie Wagner (2017) am Beispiel einer waldspezifischen Mast fußeinfärbung empirisch nachgewiesen hat. Die nach folgend dargestellte Visualisierung zeigt jeweils eine Standard-Mastfußeinfärbung und eine waldspezifische Mastfußeinfärbung vor.
Landschaftsbildbewertung in Deutschland | 9 Abbildung 3: Minderung von Landschaftsbildbeeinträchtigung durch Windkraft im Wald mittels angepasster Mastfußeinfärbung (Quelle: Wagner 2017)
10 | Wind am Horizont – Fachaustausch zu Landschaftsbildfragen an Mittelgebirgsstandorten 5 FAZIT Insgesamt kann mit den präsentierten Ansätzen, die alle samt direkt oder indirekt auf empirischen Grundlagen Mit den oben getroffenen Ausführungen und Beispielen fußen, neben der Umsetzung des »aufgeschlossenen sollte gezeigt werden, dass eine intersubjektiv gülti Durchschnittsbetrachters« auch ein mit der Europäischen ge Landschaftsbildbewertung, die wissenschaftliche Landschaftskonvention konformes Vorgehen geleistet und planungspraktische Ansprüche erfüllt, auf allen werden. Die Europäische Landschaftskonvention definiert Planungsebenen möglich ist. Nach Auffassung des Autors Landschaft als »ein Gebiet, wie es vom Menschen wahr stellt eine Partizipation der von der Planung (potentiell) genommen wird«. Damit ist die Berücksichtigung auch Betroffenen eine notwendige Voraussetzung für die Ak der Subjektebene (Landschaftswahrnehmung durch den zeptanz des Planungsergebnisses dar. Im Hinblick auf die Betrachter) essentiell. Landschaftsbildbewertung ist dabei – wie auch an den obigen Beispielen gezeigt wurde – eine Partizipation in Ein wichtiger und unbedingt zu verfolgender Weg bei allen Verfahrensschritten möglich: Angefangen von der der Behebung der oben konstatierten Defizite in Bezug Forschung zu Themen der Landschaftsbildbewertung, auf die Landschaftsbildbewertung in der Praxis ist neben wobei eine empirische Basis für die Indikatorenwirkung Fachveranstaltungen wie die dieser Broschüre zugrunde in den Bewertungsmodellen und eine empirische Validie liegenden sicherlich auch die Hochschulausbildung, die rung angestrebt werden sollte, über die konkrete (nutzer das Schutzgut Landschaft und die Landschaftsbildbewer abhängige) Landschaftsbildbewertung, bei der stets eine tung deutlich intensiver behandeln muss, als dies derzeit fall- und regionsspezifische, aktuelle empirische Bewer der Fall ist. Somit kann langfristig der Wissenstransfer in tungsbasis verwendet werden sollte, bis hin zur konkre Planungspraxis und Behörden sichergestellt werden. ten Planung mit klassischer Öffentlichkeitsbeteiligung und TÖB-Beteiligung. »Intersubjektive Landschaftsbildbewertung ist auf allen Planungsebenen möglich. Man sollte daher Dabei kann nach Erfahrungen des Autors die Anzahl möglichst früh mit Visualisierungen beginnen.« aktiver TeilnehmerInnen signifikant erhöht werden, wenn zusätzlich zu den herkömmlichen Partizipationskanälen (schriftlich, Präsenztermine) auch digitale Möglichkeiten der Partizipation (Web-Befragungen, Public Participation GIS etc.) angeboten werden. Gerade bei den heutzutage sehr dynamischen Planungs prozessen kann ein GIS-basierter Ansatz sicherstellen, dass kurzfristig auf Änderungen des Vorhabens reagiert werden kann und den Betroffenen stets aktuelle Bewer tungsszenarien präsentiert werden können.
Landschaftsbildbewertung in Deutschland | 11 LITERATURQUELLEN Appleton, J. (1975). Nohl, W. (1981): The experience of landscape. Der Mensch und sein Bild der Landschaft London: Wiley. 293 S. In: Akademie für Naturschutz und Land schaftspflege (Hrsg.): Beurteilung des Bourassa, S. C. (1991): Landschaftsbildes. Laufener Seminarbeiträge The Aesthetics of Landscape. 7 / 1981. Laufen/Salzach: ANL. S. 5 –11. London: Belhaven Press. 168 S. Nohl, W. (1990): Buhyoff, G. J., Wellmann, Zur Rolle des Nicht-Sinnlichen in der J. D., Koch, N. E., Gauthier, L. & landschaftsästhetischen Erfahrung. Hultman, S. (1983): In: Natur und Landschaft 65 (7 / 8): Landscape preference metrics: an internatio S. 366 – 370. nal comparison. In: Journal of Environmental Management 16 (2): S. 191 –190. Nohl, W. (2001): Landschaftsplanung. Ästhetischeund Fischer-Hüftle, P. (1997b): rekreative Aspekte. Konzepte, Begrün Vielfalt, Eigenart und Schönheit der dungen und Verfahrensweisen auf der Landschaft aus der Sicht eines Juristen. Ebene des Landschaftsplans. In: Natur und Landschaft 72 (5): S. Berlin, Hannover: Patzer-Verlag. 248 S. 239 – 244. Orians, G. ( 1980). Gharadjedaghi, B.; Heimann, R.; Habitat selection: General theory and Lenz, K.; Martin, C.; Pieper, V.; Schulz, A.; applications to human behavior. Vahabzadeh, A.; Finck, P. und Riecken, U. In Lockard, J. S. (Hrsg.): The evolution (2004): of human social behaviour. Verbreitung und Gefährdung schutzwür Amsterdam: Elsevier. S. 49 – 63. diger Landschaften in Deutschland. In: Natur und Landschaft 79, 2. S. 71– 81. Roth, M. & Bruns, E. (2016): Landschaftsbildbewertung in der vorsor Kaplan, R. & Kaplan S. (1989): genden Landschaftsplanung – Stand und The Experience of Nature: Perspektiven. In: Natur und Landschaft A Psychological Perspective. 91 (12): S. 537 – 543. New York. 360 S. Roth, M. & Fischer, C. (2018): Meynen, E. & Schmithüsen, J. (Hrsg.) Abgrenzung von Landschaftsbildeinheiten (1953-1962): als Basis für die Bemessung der Höhe von Handbuch der naturräumlichen Ersatzgeldzahlungen in Thüringen. Erläute Gliederung Deutschlands. 9 Bände. rungsbericht zu dem Projekt im Auftrag der Remagen: Selbstverlag der Bundesanstalt Thüringer Landesanstalt für Umwelt und für Landeskunde. 1340 S. Geologie (TLUG). Nürtingen: Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU), Insti tut für Landschaft und Umwelt (ILU). 64 S.
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Landschaftsbildbewertung in Deutschland | 13
14 | Wind am Horizont – Fachaustausch zu Landschaftsbildfragen an Mittelgebirgsstandorten Rechtsrahmen zu Landschafts bildbelangen in Rheinland-Pfalz GUNDOLF SCHRENK 1K LIMA, LUFT, NATUR UND senen Durchschnittsbetrachter abgestellt LANDSCHAFT (z. B. BVerwG, Urt. vom 21.1.2016, 4 A 5 / 14, NVwZ 2016, 844). Das Naturschutzrecht § 1 Abs. 1 EnWG verpflichtet zu einer mög sieht seinerseits aber auch im Schutz von Luft lichst sicheren, preisgünstigen, verbraucher und Klima einen wichtigen Beitrag zur dau freundlichen, effizienten und umweltver- erhaften Sicherung des Naturhaushaltes und träglichen leitungsgebundenen Versorgung schreibt erneuerbaren Energien hierbei eine der Allgemeinheit mit Elektrizität, die zuneh besondere Bedeutung zu (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 mend auf erneuerbaren Energien beruht. BNatSchG). Hierbei kommt der Windkraft eine besonde re Bedeutung zu. In Rheinland-Pfalz gibt es Nach Artikel 20 a GG und Artikel 69 Landes zurzeit mehr als 1.700 Windkraftanlagen (LT- verfassung RLP (LV) hat der Staat die Pflicht, Drs. 17 / 8106). Der Einsatz der erneuerbaren die natürlichen Lebensgrundlagen zu schüt Energien leistet einen wesentlichen Beitrag zen. Die natürlichen Lebensgrundlagen um Gundolf Schrenk zum Schutz des Klimas und der Luft. fassen u. a. Klima und Luft, aber auch Natur arbeitet seit zehn und Landschaft gehören dazu (BVerwG, Be Jahren in der Abteilung Naturschutz und nach Windkraftanlagen wirken sich wegen ih schl. vom 31.1.1997, 4 NB 27 / 96, NVwZ 1997, haltige Entwicklung am rer Größe oft erheblich und weiträumig auf 1213). In Rheinland-Pfalz ist zudem auf Ar Ministerium für Umwelt, das Landschaftsbild aus. Nach § 1 BNatSchG tikel 40 Abs. 3 LV hinzuweisen, wonach der Energie, Ernährung und Forsten des Landes ist die Landschaft so zu schützen, dass ihre Staat u. a. die Denkmäler der Natur und die Rheinland-Pfalz. Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Landschaft in seine Obhut und Pflege nimmt. Erholungswert der Landschaft auf Dauer gesichert sind. Der Landschaftsschutz be inhaltet, Naturlandschaften und historisch 2 LANDESENTWICKLUNGS gewachsene Kulturlandschaften vor Verun PROGRAMM IV staltung, Zersiedlung und sonstigen Beein trächtigungen zu bewahren und Flächen für Die Steuerung raumrelevanter Nutzungskon die Erholung zu schützen und zugänglich zu flikte ist nach § 2 Abs. 1 Landesplanungsge machen (§ 1 Abs. 4 BNatSchG). Unter dem setz Aufgabe der Landesplanung. Bereits die Begriff der Landschaft werden hierbei die op Erste Teilfortschreibung des Landesentwick tisch wahrnehmbaren Faktoren wie z. B. Re lungsprogramms IV im Jahre 2013 hatte als lief, Gewässer und Vegetation verstanden. Grundsatz festgelegt, dass ein geordneter Aber auch Geräusche und Gerüche können Ausbau der Windenergie durch die Regio Bestandteil von Landschaft sein. Bei der Be nal- und Bauleitplanung sichergestellt wer urteilung der Landschaft wird auf den Stand den soll. Die Dritte Teilfortschreibung der punkt des gebildeten, für den Gedanken des Landesverordnung zur Änderung der Landes Natur- und Landschaftsschutzes aufgeschlos verordnung über das Landesentwicklungs
Rechtsrahmen zu Landschaftsbildbelangen in Rheinland-Pfalz | 15 programm (LEP IV) vom 12.7.2017 (GVBl. S. 162) bekennt gebiete können aus dem Landschaftsinformationssystem sich zum weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien LANIS (www.naturschutz.rlp.de) entnommen werden. als Teil einer sicheren, kostengünstigen, umweltverträgli chen und ressourcenschonenden Energieversorgung und Des Weiteren werden die Kernzonen und Rahmenbe hält an der Aufgabenverteilung zwischen Landes-, Regio reiche der UNESCO-Welterbegebiete Mittelrheintal und nal- und Bauleitplanung fest. Es erhebt zugleich den An Obergermanisch-Raetischer Limes und landesweit be spruch, die raumordnerischen Konflikte in Bezug auf die deutsame Kulturlandschaften generell ausgenommen. energiepolitischen Vorgaben zu lösen. Hierzu enthält das Hierzu enthält das LEP IV Karten als Anlagen, um die ge LEP IV Zielsetzungen zum Schutz des Landschaftsbildes. naue Lage und Abgrenzungen auch dieser Ausschlussge Raumbedeutsame Vorhaben dürfen diesen Zielvorgaben biete klar zu bestimmen. nicht widersprechen. Ziele sind somit für die nachfolgen den Planungsebenen und in Genehmigungsverfahren bin 2.2 Abstandsregelung zur Wohnbebauung dend, eine nachvollziehende Abwägung findet nicht statt (Z 163 h, Z 161 i) (BVerwG, Urteil vom 16.4.2015, 4 CN 6 / 14, NVwZ 2015, Der LEP IV geht davon aus, dass moderne Windkraftan 1540). lagen aufgrund ihrer Größe und Emissionen starke Aus wirkungen auf die Umgebung haben. Es schreibt daher Das LEP IV enthält zwei unterschiedliche Ansätze zum Abstände von Windkraftanlagen zu Wohngebieten (§§ 3, Schutz der Landschaft. Zum einen setzt die Zielvorgabe 4, 4 a BauNVO), Dorfgebieten (§ 5 BauNVO), Mischgebie an einem besonderen Schutz einer konkreten Landschaft ten (§ 6 BauNVO) und Kerngebieten (§ 7 BauNVO) vor. Es an, der in einer Unterschutzstellung nach dem Natur ist ein Abstand von mindestens 1.000 Metern einzuhal schutzrecht oder einer eigens erfolgten Konkretisierung ten, bei einer Gesamtanlagenhöhe von über 200 Metern manifestiert und räumlich präzise umrissen ist. Hier ist die beträgt der Mindestabstand 1.100 Meter. Begründet wer Windkraft generell ausgeschlossen. Zum anderen sollen den die im Vergleich zu den Mindestabständen der TA- Windkraftanlagen im Raum gebündelt werden, damit ihre Lärm höheren Werte mit dem Grundsatz der Vorsorge Auswirkungen aufgrund ihrer Größe und der Emissionen und einer Erhöhung der Akzeptanz der Windkraft. Eine gemindert werden. Unterschreitung dieser Mindestabstände um 10 Prozent ist im Falle eines Repowerings möglich. 2.1 Ausschlussgebiete für Windkraft (Z 163 d) Ein möglicher Konflikt wird in bestimmten Gebieten durch 2.3 Konzentration der Windkraft (Z 163 b, Z 163 g) einen generellen Ausschluss der Windkraft zugunsten des Der LEP IV schreibt die vorrangige Sicherung der Gebiete Landschaftsbildes entschieden. Hier sind zunächst die Na mit hoher Windhöffigkeit vor mit der Begründung, dass turschutzgebiete und als Naturschutzgebiete einstweilig dies zu einer Konzentration der Anlagen an geeigneten sichergestellte Gebiete, sowie der rheinland-pfälzische Teil Standorten und damit zum Schutz des Landschaftsbildes des Nationalparks Hunsrück-Hochwald zu nennen. Inner beiträgt. Das Kriterium der Windhöffigkeit knüpft nicht halb der Umgrenzung dieser Schutzgebiete sind Errich an eine bestimmte, als schutzwürdig anzusehende Land tung und Betrieb von Windkraftanlagen ausgeschlossen. schaft an, sondern betrachtet die Standorte eher unter Ausnahmen oder Befreiungen von diesem Verbot enthält einem ökonomischen Blickwinkel. Das Ziel kommt daher das LEP IV nicht. Von der Windkraft ausgenommen sind allgemein dem Schutzgut Landschaft zugute, wovon ins des Weiteren das Biosphärenreservat Pfälzerwald insge besondere die Landschaft außerhalb der Gebiete mit ho samt und die Kernzonen der übrigen Naturparke des Lan her Windhöffigkeit regelmäßig profitieren wird. des. Vormals bestehende Unsicherheiten in der Frage der Nutzung des Biosphärenreservates und der Kernzonen »Windkraftanlagen sollen nach Möglichkeit auf der Naturparke im Wege von Ausnahmen bzw. Befreiun bestimmte Standorte konzentriert werden.« gen wurden damit beseitigt (VG Trier, Urt. vom 6.6.2018, 9 K 12585 / 17). Die genauen Umgrenzungen der Schutz
16 | Wind am Horizont – Fachaustausch zu Landschaftsbildfragen an Mittelgebirgsstandorten Des Weiteren sieht der LEP IV in Z 163 g vor, dass mindes anlagen außerhalb von Naturschutzgebieten oder des Na tens drei Anlagen im räumlichen Verbund errichtet wer tionalparks zu nachteiligen Störungen in den Gebieten den müssen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass führen. die Landschaft nicht durch eine Vielzahl von Einzelanla gen beeinträchtigt wird. Im Falle von Repowering genü Weitere Schutzgebietskategorien in Bezug auf das gen zwei Anlagen schaftsbild sind Landschaftsschutzgebiete (§ 26 Land BNatSchG) und Naturparke (§ 27 BNatSchG). Nach § 26 » Mit unseren neuen Regelungen im Landes ent Abs. 2 BNatSchG sind in einem Landschaftsschutzgebiet wicklungsplan schaffen wir es, viele Streitfälle von nach Maßgabe näherer Bestimmungen alle Handlungen vornherein zu vermeiden, weil sie mehr Rechts- und verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder Planungssicherheit bringen.« dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen. Es handelt sich somit um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbe halt. Dementsprechend enthalten die Landschaftsschutz 3 NATURSCHUTZRECHT gebietsverordnungen Genehmigungsvorbehalte für die Errichtung baulicher Anlagen. Genehmigungen können 3.1 Geschützte Teile von Natur und Landschaft nur versagt werden, wenn ein Vorhaben dem Schutz Das Naturschutzrecht des Bundes und der Länder sieht zweck zuwiderläuft und Beeinträchtigungen durch Aufla den Schutz bestimmter Teile von Natur und Landschaft gen oder Bedingungen nicht verhütet oder ausgeglichen durch die Ausweisung von Schutzgebieten vor. Dabei ver werden können. Bei großräumigen Schutzgebieten wie folgen die Schutzgebietskategorien Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebieten muss die Schutzwürdigkeit Nationalpark und Biosphärenreservat u. a. den Schutz der von Teilflächen unterschiedlich beurteilt werden, da Viel Landschaft. Der Errichtung und dem Betrieb von Wind falt und Schönheit der Landschaft sowie ihre Bedeu kraftanlagen innerhalb dieser Schutzgebiete steht neben tung für die Erholung nicht gleichermaßen im gesamten dem LEP IV auch das Naturschutzrecht regelmäßig ent Schutzgebiet anzutreffen sind. Deshalb kann eine Ver gegen. Für Naturschutzgebiete ergibt sich dies aus § 23 letzung des Schutzzweckes nur angenommen werden, Abs. 2 BNatSchG i. V. m. der jeweiligen Schutzgebietsver wenn es besondere Anhaltspunkte dafür gibt, dass ge ordnung, wonach alle Handlungen verboten sind, die zu rade die betroffene Teilfläche besonders geschützt wer einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des den soll (für das Landschaftsschutzgebiet Rheinhessisches Naturschutzgebietes oder seiner Bestandteile oder zu ei Rheingebiet mit ca. 311 qkm OVG Koblenz, Urteil vom ner nachteiligen Störung führen können. Für den Natio 4.7.2007, 8 A 10260 / 07, NJOZ 2007, 5313). Ansonsten nalpark Hunsrück-Hochwald enthält § 14 Abs. 2 Nr. 8 des wird eine Genehmigung bzw. das Einvernehmen zu einer Staatsvertrages über den Nationalpark Hunsrück-Hoch Genehmigung von Windkraftanlagen von der zuständi wald ein ausdrückliches Verbot für Windkraft. Anders gen Naturschutzbehörde erteilt. als das Ziel 163 d des LEP IV sind diese Regelungen auch auf Anlagen, die außerhalb dieser Schutzgebiete errichtet Widerspricht der Bau und Betrieb von Windkraftanla und betrieben werden sollen, die jedoch zu erheblichen gen dem Schutzzweck, kommt eine Befreiung nach § 67 Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes innerhalb der Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG aus Gründen des überwiegenden Schutzgebiete führen können, anwendbar. Die Vorschrif öffentlichen Interesses in Betracht. Dem Interesse an der ten stellen nämlich nach allgemeinem Verständnis auf den Nutzung erneuerbarer Energien wird neben der energie Ort des Handlungserfolges ab (Lütkes / Ewer, BNatSchG wirtschaftlichen und sonstigen umweltpolitischen Bedeu Kommentar, 2. Auflage 2018 § 23 Rn 11). Das gilt selbst tung auch eine besondere Bedeutung für den Naturschutz dann, wenn die Naturschutzgebietsverordnung nur Ver beigemessen (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 BNatSchG). Die Nutzung er botstatbestände innerhalb des Schutzgebietes regelt (VG neuerbarer Energien in Form von Windkraft ist mit dem Köln, Urteil vom 24.7.2012 – 14 K 4263 / 11, BeckRS 2012, Interesse des Landschaftsschutzes abzuwägen. Hierbei 55780). Es ist daher im Einzelfall zu prüfen, ob Windkraft ist das Verhältnis der Flächeninanspruchnahme durch die
Rechtsrahmen zu Landschaftsbildbelangen in Rheinland-Pfalz | 17 Windkraft zur Gesamtgröße des Landschaftsschutzgebie Ähnliche Genehmigungsvorbehalte enthalten die Natur tes zu gewichten. Vor allem in großen Schutzgebieten ist parkverordnungen. Ein Unterschied besteht jedoch in dem das Landschaftsbild differenziert zu betrachten und nicht Schutzzweck, der bei Naturparken neben der Landschaft überall gleich schützenswert (OVG Koblenz Beschl. vom auch die Förderung einer nachhaltigen Regionalentwick 27.4.2017, 8 B 10738 / 17, NVwZ-RR 2017, 817; OVG lung beinhaltet. Damit ist der Schutzzweck tendenziell Münster, Beschl. vom 9.6.2017, 8 B 1264 / 16, NVwZ- offen für die Windkraft. Es kommt hinzu, dass die Kern RR 2017, 1007). Schließlich muss auch in die Abwägung zonen der Naturparke inzwischen von der Windkraft aus eingestellt werden, dass der Schutz der Kulturlandschaft geschlossen sind, sodass insofern bereits eine Abstufung über das LEP IV (Z 163 d) insgesamt gestärkt worden ist. innerhalb der Naturparke im Hinblick auf das Schutzgut Landschaft getroffen worden ist. Einschränkungen der Windkraft außerhalb der Kernzonen kommen nur bei ekla tanten Verunstaltungen des Landschaftsbildes in Betracht.
18 | Wind am Horizont – Fachaustausch zu Landschaftsbildfragen an Mittelgebirgsstandorten 3.2 Ersatzzahlungen für erhebliche Beeinträchti- Werden mehr als 3 Windkraftanlagen in räumlichen Zu gungen des Landschaftsbildes sammenhang errichtet und betrieben, verringert sich die Der allgemeine Schutz von Natur und Landschaft unter Ersatzzahlung um 7 Prozent für die vierte und jede wei liegt der Eingriffsregelung nach §§ 13 ff BNatSchG. Der tere Anlage. Die Regelung unterstützt somit die im LEP IV Tatbestand eines Eingriffs nach § 14 Abs. 1 BNatSchG, vorgesehene Konzentration der Windkraft. nämlich eine Veränderung der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen, die das Landschaftsbild erheblich beein Für Repoweringmaßnahmen hat der Verordnungsgeber trächtigen kann, ist bei der Errichtung und dem Betrieb verschiedene Sonderregelungen vorgesehen. § 6 Abs. 1 von Windkraftanlagen regelmäßig erfüllt. Erhebliche Be Satz 3 LKompVO bestimmt, dass Repoweringmaßnah einträchtigungen sind vorrangig zu vermeiden, nicht men innerhalb desselben Naturraums als Realkompensa vermeidbare erhebliche Beeinträchtigungen sind auszu tion betrachtet werden. Ersatzzahlungen fallen nach § 6 gleichen oder zu ersetzen. Ist eine Kompensation nicht Abs. 1 Satz 4 LKompVO nur für die Differenz zwischen möglich und wird ein Eingriff nach Abwägung aller Be der Gesamthöhe der neu zu errichtenden Anlagen und lange zugelassen, hat der Verursacher Ersatz in Geld zu der Gesamthöhe der abzubauenden Anlagen an. Die Ver leisten. Als Bemessungsgrundlage für die Höhe einer ringerung der Ersatzzahlung um 7 Prozent gilt im Falle ei Ersatzzahlung gibt § 15 Abs. 6 Satz 2 BNatSchG die nes Repowerings bereits ab der ersten Anlage (§ 7 Abs. 5 durchschnittlichen Kosten der nicht durchführbaren Aus Satz 4 LKompVO). gleichs- und Ersatzmaßnahmen vor. Sind diese Kosten nicht feststellbar, bemessen sich die Ersatzzahlungen nach Eine Anwendungshilfe zur Berechnung der Ersatzzah § 15 Abs. 6 Satz 3 BNatSchG nach Dauer und Schwere des lungen für nicht ausgleich- und ersetzbare Landschafts Eingriffs unter Berücksichtigung der dem Verursacher da bildbeeinträchtigungen durch Windenergieanlagen ist raus erwachsenden Vorteile. zum Download auf https://mueef.rlp.de/de/themen/ naturschutz/eingriff-und-kompensation/ zu finden. Die Landeskompensationsverordnung (LKompVO) vom 12.6. 2018 (GVBl. S. 160) bestimmt, dass Beeinträchti Ersatzzahlungen werden an die Stiftung Natur und Um gungen des Landschaftsbildes durch Turmbauten, die hö welt Rheinland-Pfalz geleistet. Sie müssen zweckgebun her als 20 Meter sind, nicht ausgeglichen oder ersetzt den für Maßnahmen des Natur- und Landschaftsschutzes werden können (§ 6 Abs. 1 Satz 3 LKompVO). Ferner eingesetzt werden. übernimmt § 7 Abs. 2 LKompVO Dauer und Schwere ei nes Eingriffs als Bemessungsgrundlage für die Festsetzung von Ersatzzahlungen und differenziert den Maßstab in § 7 4 FAZIT Abs. 3 und 4 LKompVO weiter aus. Die in der Praxis verein zelt aufgeworfene Frage einer generellen Ausgleichs- und Mit den Vorgaben des Landesplanungsrechtes und des Ersatzfähigkeit von Landschaftsbildbeeinträchtigungen Naturschutzrechtes bestehen in Rheinland-Pfalz klare durch Windkraftanlagen ist damit obsolet. Gleichzei Regelungen, die einen Ausbau der Windkraft und den tig sind auch vormals angewandte B erechnungsmodelle Schutz der Landschaft gewährleisten. Insbesondere mit wie insbesondere das »Alzeyer Modell« nicht mehr der Dritten Teilfortschreibung des Landesentwicklungs anwendbar. Stattdessen ermöglicht die Landeskompen programms IV in 2017 und dem Erlass einer Landes sationsverordnung eine einfachere und nachvollziehbare kompensationsverordnung in 2018 hat das Land klarere Berechnung der Höhe von Ersatzzahlungen. Hierzu wird Regelungen zur Zulässigkeit von Windkraftanlagen und das Landschaftsbild entsprechend seiner Bedeutung in für die Höhe und Berechnung von Ersatzzahlungen ge vier Wertstufen nach § 7 Abs. 3 LKompVO i. V. m. Anlage schaffen. Damit wurde die notwendige Planungs- und 2 eingeteilt. Je nach der für eine Windkraftanlage ermit Rechtssicherheit sowohl für die Kommunen, die Wind telten Wertstufe wird dann ein Betrag je M eter Gesamt kraftbetreiber und nicht zuletzt für die Genehmigungsbe anlagenhöhe beginnend ab dem ersten Meter berechnet. hörden weiter verbessert.
Rechtsgrundlagen und Probleme der Landschaftsbildbewertung in Hessen | 19 Rechtsgrundlagen und Probleme der Landschaftsbildbewertung in Hessen KLAUS-ULRICH BATTEFELD DAS DEMOKRATISCH DER RECHTSRAHMEN ZUR BEWER LEGITIMIERTE ZIEL TUNG DES LANDSCHAFTSBILDES Die aktuelle Windenergienutzung in Hessen Der verfassungsrechtlich postulierte Schutz Klaus-Ulrich wird geprägt durch die Ergebnisse des hes der Lebensgrundlagen des Menschen (Art. Battefeld ist im Hessischen Ministerium sischen Energiegipfels vom 10.11.2011. 20 a GG und 26 a HV) bestimmt einerseits für Umwelt, Klimaschutz, Danach stand fest, dass für die Umsetzung die Legitimation der Nutzung erneuerbarer Landwirtschaft und Ver der energiepolitischen Ziele ein großer Anteil Energien, aber auch deren Grenzen. Auf braucherschutz tätig. der Windenergie erforderlich sein würde. der Basis der früheren Staatszielbestimmung Eine Studie von Fraunhofer (IES) kam zu dem in Art. 150 der Weimarer Verfassung ist in Ergebnis, dass Windvorrangflächen auf 2 % Hessen zusätzlich schon seit 1945 in Art. 62 der Landesfläche ein Potenzial von 28 TWh / a HV ein Staatsziel zum Schutz der Denkmäler darstellten. Dieses Ziel wurde d emokratisch und der Landschaft definiert. Wie bereits legitimiert durch Aufnahme in das Energie vom Sachverständigenrat für Umweltfragen zukunftsgesetz vom 21.11.2012 (GVBl. S. (SRU) 2011 festgestellt, sind alle Formen 444). Entsprechend sah die 2. VO zur Ände der Energiegewinnung mit Beeinträchtigun rung des Landesentwicklungsplans (LEP) Hes gen der Umwelt verbunden. Das Ziel ist des sen 2000 v. 27. Juni 2013 (GVBl. S. 479) in halb nur eine relative Übelminimierung (SRU § 1 Abs. 3 einen Windvorrang auf 2 % der 2011). Grobe Maßstäbe für die Bewertung Landesfläche in substanziell geeigneten Ge finden sich insbesondere im Naturschutz- bieten (entspr. 4.000 Windenergieanlagen und UVP-Recht: (WEA)) vor. Auf dieser Basis wurden Teilregio nalpläne Energie für Nord- und Mittelhessen • § 1 Abs. 1 BNatSchG: (Neue Fassung): bereits beschlossen. Soweit nicht planerisch Vielfalt, Eigenart, Schönheit, Erholungs bestimmt, sind WEA nach § 35 BauGB im Au wert von Natur und Landschaft (mit ßenbereich zulässig, sofern u. a. Belange von weiteren Details) Natur und Landschaft nicht entgegenste hen; eine Beeinträchtigung ist hinzunehmen. • § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UVPG (Schutzgüter): Zum Vergleich: Mitte 2018 waren in Hes Menschen (menschliche Gesundheit), sen vor / in Betrieb 1.100 WEA, im Verfahren Landschaft, kulturelles Erbe und sonstige ca. 250 und beklagt 99 WEA). Sachgüter sowie deren Wechselwirkung.
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