"Woher weißt du das - Freund_innen des HUMANISMUS Magazin der - humanistisch.de

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Januar
                                                 Februar
                                                   März
                                                   2021

                          Magazin der
        Freund_innen des HUMANISMUS
                        #jetztHumanismus

    »Woher
    weißt du
     das?!«

Humanistischer Verband Berlin-Brandenburg   Ausgabe Nº 03
"Woher weißt du das - Freund_innen des HUMANISMUS Magazin der - humanistisch.de
GEDANKENRAUM                                  EDITORIAL                                                                                           INHALT
 Die Freund_innen des HUMANISMUS
 unterstützen die Ziele des Humanistischen
 Verbandes Berlin-Brandenburg: als
 Mitglied, Fördermitglied, Spender_in,
 ehrenamtlich Engagierte_r oder Netzwerk-
                                              Liebe Freund_innen des HUMANISMUS,
                                                                                                           04   PANORAMA
                                                                                                                Kein Gedöns
                                                                                                                David Driese & Katrin Raczynski

 partner_in. Sie alle übernehmen
                                                                                                            6
                                              in dieser Ausgabe nähern wir uns einer zen-
                                                                                                                GEDANKENRAUM
                                              tralen humanistischen Lebensaufgabe an:
 gesellschaftliche Verantwortung, um eine     das eigene Menschsein realistisch zu beur-
                                                                                                                Woher weißt du das?!
                                                                                                                Dr. Romanée Zander

 freiheitliche und an Menschenrechten         teilen – angetrieben durch Neugier, eine

                                                                                                           10
                                              gesunde Skepsis und den wissenschaftlich
                                                                                                                MENSCH SEIN
 orientierte Kultur zu stärken.               orientierten Drang, die Welt mit den Mitteln                      Frieder Otto Wolf. Ein Portrait
                                              der Vernunft zu verstehen.                                        Interview von Christian Lisker

 Der Freund_innenkreis setzt sich für eine
                                                                                                           12
                                              Was hilft uns dabei, Realität von Täuschung                       MENSCH SEIN
 tolerante Lebensweise ein – für eine freie   zu unterscheiden, Fakten von Fake News, ge-
                                              fühlte Wahrheit von bewiesener? Wie leisten
                                                                                                                Ich fühle, also weiß ich!
                                                                                                                Christian Lisker
 Entfaltung in sozialer Verantwortung.        wir Widerstand gegen Verschwörungsbilder

 Die Freund_innen teilen die Überzeugung,
 dass allein Menschen ihr Zusammenleben
                                              und menschenverachtenden Populismus?
                                              Wie können wir Dogmatismus entlarven
                                              und eine Weltsicht dagegenhalten, die auf
                                                                                                           13   NEUES
                                                                                                                Aktuelles & Termine

 gestalten. Sie pflegen Mitmenschlichkeit     Vernunft und Skepsis basiert, auch der ei-

 und engagieren sich für eine humane Welt.
                                              genen Erkenntnisfähigkeit gegenüber? Wie
                                              motivieren wir in unserer täglichen Arbeit
                                              zu einem unvoreingenommenen und selbst-
                                                                                                           14   NEUES
                                                                                                                Soziale Arbeit in der Praxis
                                                                                                                Gespräch mit Andrea Käthner-Isemeyer

                                                                                                           16
                                              bestimmten Umgang mit dem eigenen Ver-
                                                                                                                ENGAGIEREN
                                              stand?
                                                                                                                Fit für Kinderrechte
                                                                                                                Astrid Vollmar
                                              Wir erzählen Geschichten von Engagierten

                                                                                                           17
                                              in unserem Verband. Wir zeigen, wie sie Er-
                                                                                                                ENGAGIEREN
                                              kenntnisse aus Wissenschaft und Forschung                         Freie Jugendarbeit
                                              in praktisches humanistisches Handeln über-                       Clara Wilmes
                                              führen. Und auf welche Herausforderungen
                                              sie dabei stoßen.

                                              Bleiben Sie gesund!
                                                                                                           18   ENGAGIEREN
                                                                                                                Humanismus in Brandenburg
                                                                                                                Kirsten Rother-Döhring

                                              Ihr Freund_innenkreis
                                              im Humanistischen Verband
                                              Berlin-Brandenburg
                                                                                                           19   ENGAGIEREN
                                                                                                                Kühle Köpfe bei den JuHus BB
                                                                                                                Anna Ranneberg

                                              PS: In diesem Magazin möchten wir Spenden
                                              für eine aktive Seniorenarbeit sammeln.
                                              Vor allem ältere Menschen haben als Risiko-
                                                                                                           20   ENGAGIEREN
                                                                                                                Wofür engagiere ich mich?
                                                                                                                Ehrenamtliche stellen sich vor

                                                                                                           21
                                              gruppe im letzten Jahr viele Einschränkun-
                                                                                                                MOBILISIEREN
                                              gen erfahren. Helfen Sie uns, neue Angebote
                                                                                                                Wir müssen kämpfen
                                              zu entwickeln und abzusichern!                                    Gespräch mit Dr. Maja Lasić

                                              Was gefällt Ihnen in diesem Magazin besonders? Welche
                                              Themen sind für Sie interessant? Senden Sie uns gerne Ihre
                                              Anregungen, Feedback und Kritik an freunde@hvd-bb.de.
                                                                                                           22   UNTERSTÜTZEN
                                                                                                                Digitale Teilhabe leicht gemacht
                                                                                                                Simone Koschewa

                                                                                                                                                       3
"Woher weißt du das - Freund_innen des HUMANISMUS Magazin der - humanistisch.de
PANORAMA                                                                                                                                                                                               PANORAMA

               Kein                                                                                               Humanist ist doch (k)ein Beruf!
                                                                                                                  Die sogenannten Fürsorge-Berufe, auch „Care-Berufe“ genannt,
                                                                                                                  werden von manchen Politikern gerne mal als „Gedöns“ abge-
                                                                                                                                                                                               Auszeichnung als
                                                                                                                                                                                             familienfreundlicher
                                                                                                                                                                                              Arbeitgeber 2020

             »Gedöns«
                                                                                                                  tan, das nebenbei und kostenfrei erledigt wird. Menschliches
                                                                                                                  Handeln nur daran zu messen, wie viel Profit dabei entsteht, ist
                                                                                                                  weder humanistisch noch sonderlich zukunftsweisend. Erzie-
                                                                                                                  her_innen, Sozialarbeiter_innen, Pflegekräfte und Lehrpersonal
                                                                                                                  bilden das Fundament unserer Gesellschaft. Kümmern ist zutiefst
                  David Driese & Katrin Raczynski
                                                                                                                  menschlich. „Care-Berufe“ stiften Sinn – für alle.

                                                                                                                  Soziale Dienstleister zweiter Klasse
                                                                                                                  Freie Träger der sozialen Daseinsvorsorge leisten eine Mammut-
                                                                                                                  aufgabe: Sie übernehmen dort Verantwortung, wo der Staat sei-
                                                                   KATRIN RACZYNSKI ist Vorstandsvorsitzende      nen Aufgaben nicht nachkommt. In Berlin werden zwei von drei
    In der Rubrik „Panorama” berichten wir als Vorstands-          und lenkt den HVD Berlin-Brandenburg seit
                                                                                                                  Kitaplätzen durch freie Träger bereitgestellt. Dafür, dass die freien
    team aus dem aktuellen Verbandsgeschehen und über              2013. Des Weiteren ist sie Vorstandsmitglied
                                                                                                                  Träger für den Staat einspringen, bekommen sie Geld – aller-
                                                                   des HVD Bundesverbandes.
      verschiedene Herzensprojekte und Großvorhaben.               DAVID DRIESE ist seit 2018 Vorstand im HVD     dings weniger als staatliche Einrichtungen, die die gleiche Arbeit
                                                                   Berlin-Brandenburg und hat zuvor die Abtei-
                                                                   lung Bildung im Verband geleitet.
                                                                                                                  machen. Hinzu kommt, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz
                                                                                                                                                                                          Unser Verband in Zahlen:
                                                                                                                  – also gleiches Geld für gleiche oder gleichwertige Arbeit – freien
                                                                                                                  Trägern unmöglich gemacht wird. Das Geld für die 25 Kitas des
                                                                                                                                                                                                     300.000
                                                                                                                  HVD kommt beispielsweise aus einem anderen Topf als das für Ju-

A
                                                                                                                                                                                                   Klient_innen
        ls Vorstand des Humanistischen Verbandes Berlin-Bran-      Wozu ein Tarifvertrag?                         gendarbeit und darf nicht für andere Zwecke verwendet werden.
        denburg hat uns 2020 vieles bewegt – als Arbeitgeber       Wir haben – übrigens als einzi-                Tut man es doch, begeht man Zuwendungsbetrug. So verdienen
        für rund 1400 Menschen stehen wir vor der Frage: Wie       ge KdöR Deutschlands – einen                   Beschäftigte bei freien Trägern nicht nur insgesamt weniger als
lassen sich praktischer Humanismus und strikte Fi-                 eigenen Tarifvertrag und einen                 ihre Kolleg_innen im öffentlichen Dienst, sondern es bestehen
                                                                                                                                                                                                     70.000
nanzierungsvorschriften miteinander vereinbaren?                   Betriebsrat. Mitbestimmung                     auch Lohnunterschiede untereinander. Diese doppelte Schieflage            Schüler_innen Lebenskunde
Wir haben erleben müssen, dass auch wir Humanist_innen             und soziale Sicherheit sind                    zieht sich wie ein roter Faden durch die Strukturen freier Träger
zum Teil an unsere Grenzen stoßen. Nach zweieinhalb Jahren         uns wichtig. Als HVD gehört                    und sorgt dafür, dass diese chronisch unterfinanziert als soziale
steckten die Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften in          es zu unserem humanistischen                   Dienstleister zweiter Klasse behandelt werden.
einer Sackgasse. Ihre Forderungen konnten wir nicht erfüllen,      Selbstverständnis, gute und                                                                                                       25.000
ohne dass dies den HVD finanziell ruiniert hätte. Wir brachen      sichere Arbeitsbedingungen                                                                                             Freund_innen des HUMANISMUS
die Verhandlungen daher im September ab, um für 2020 noch          zu bieten. Das kommt nicht                              „Politische Fragen sind viel zu ernst,
Lohnerhöhungen zu ermöglichen. Andernfalls hätte das Geld          nur unseren Mitarbeiter_innen                           um sie den Politikern zu überlassen.”
an die Zuwendungsgeber – also Land, Stadt, Bezirke – zurückge-     zugute, sondern auch Ihnen.                                                                 HANNAH ARENDT

zahlt werden müssen. Viele unserer Mitarbeiter_innen hatten        Zufriedene und motivierte                                                                                                          8.400
daraufhin Sorge, dass der Tarifvertrag künftig der Vergangenheit   Mitarbeiter_innen machen die                   In Berlin haben sich die Regierungsparteien darauf verständigt,         Teilnehmer_innen JugendFEIER
angehören würde. Die Gewerkschaften riefen zu Warnstreiks          hohe Qualität unserer Dienst-                  freie Träger finanziell den öffentlichen Einrichtungen gleichzu-
auf, witterten Tarifflucht und unterstellten uns als Arbeitgeber   leistungen für Sie und für rund                stellen. Die Umsetzung zieht sich hin – und genau hier braucht
Methoden „wie bei Amazon oder Lidl“. Wir waren getroffen.          300.000 Menschen in Berlin                     es gemeinsamen Druck. Wir haben uns deshalb mit anderen
Hatten wir nicht immer wieder erklärt, dass Tarif und Lohner-      und Brandenburg aus, Tag für                   Mitgliederorganisationen des Paritätischen Landesverbandes                          1.400
höhung unsere Ziele seien? Offenbar war es uns nicht gelungen,     Tag.                                           Berlin an einen Tisch gesetzt, um einen Flächentarifvertrag auf         hauptamtliche Mitarbeiter_innen
zu allen unseren Mitarbeiter_innen durchzudringen. Für uns                                                        den Weg zu bringen, der dann mit den Gewerkschaften ver-
war dies eine Lektion frei nach dem britischen Freidenker und      Als gesellschaftlicher Akteur                  handelt wird. Denn Tarif bedeutet Mitbestimmung. Je mehr
Schriftsteller GEORGE BERNARD SHAW:                                engagieren wir uns für eine                    Organisationen sich einem Flächentarif anschließen, desto ent-
                                                                   Gesellschaft auf der Basis von                 schiedener können sie gegenüber der Politik auftreten. Die Ge-                        65
                                                                   Toleranz, Selbstbestimmung                     rechtigkeitslücke zwischen freien Trägern und dem öffentlichen                  Einrichtungen
                                                                   und Solidarität. Das heißt für                 Dienst kann so Stück für Stück geschlossen werden. Und bevor
    „Das größte Problem in der Kommunikation ist                   uns auch, da zu intervenieren,                 Sie jetzt sagen: „Das wird doch nie was!“ – in Sachsen-Anhalt
         die Illusion, sie hätte stattgefunden.”                   wo Unrecht herrscht.                           und in Brandenburg gibt es solche Flächentarifverträge längst.

4                                                                                                                                                                                                                       5
"Woher weißt du das - Freund_innen des HUMANISMUS Magazin der - humanistisch.de
GEDANKENRAUM                                                                                                                                                                   GEDANKENRAUM

                  »Woher
                                                                                                     Das ändert sich jedoch schlagartig, wenn wir nach dem Wissen selbst fragen: woher weißt du das?
                                                                                                     Denn jetzt befinden wir uns in bester, philosophischer Gesellschaft und einem Problem gegen-
                                                                                                     über, das so alt ist wie die Philosophie selbst. Dann ist die Frage, auf welche Beweise sich unsere
                                                                                                     Aussagen stützen, was die Kriterien und Begründungen sind, die wir für eine Behauptung geltend
                                                                                                     machen können. Würden wir uns diesbezüglich schlicht auf die Meinung von Autoritäten berufen

                  weißt du
                                                                                                     können, wären unsere Meinungen am Ende genau das: nur Meinungen, (altgriechisch) „doxai“
                                                                                                     und damit „dogmatisch“, wenn sie sich nicht weiter begründen lassen.

                                                                                                     Doch wo stehen bleiben, mit welcher Antwort sich zufriedengeben? Der Versuch, letzte Gewiss-

                   das?!«
                                                                                                     heiten zu etablieren, führte trotz zahlreicher Ansätze in der Philosophiegeschichte bekanntlich zu
                                                                                                     keinem großen Erfolg. Denn wir können eben nicht mit absoluter Sicherheit wissen, dass etwas der
                                                                                                     Fall ist. Bereits Sokrates brachte das zu der paradoxen Einsicht, dass er „weiß, dass er nichts weiß“.

                                                                                                     Ist alles gleich wahr?!
                                                                                                     Aber ist das nicht auch eine überzogene Anforderung an unsere Rationalität? So sehen es die meis-
                                      Dr. Romanée Zander                                             ten von uns heute, die durch kulturelle Differenzen sensibilisiert und durch einen dogmatischen
                                                                                                     Wahrheitsanspruch religiöser oder politischer Abstammung alarmiert einen ganz anderen An-
                                                                                                     spruch an unser Wissen stellen. Einen Anspruch, der durch den Siegeszug der modernen, induktiv

J
     e nach Betonung kann die Frage Bewunderung, Erstaunen oder Verärgerung zum Ausdruck             vorgehenden Naturwissenschaft entscheidend begründet wurde. Denn diese schließt stückweise
     bringen. Liegt die Betonung auf dem Woher, dann fragen wir nach der Quelle der Information      vom Einzelfall auf das Allgemeine, immer wieder nachkorrigierend, immer wieder Hypothesen
     oder ihrem Ursprung. Woher stammt sie, wo ist sie nachzulesen oder zu hören? Und im Falle       verwerfend und revidierend.
einer vertraulichen Information kann die Betonung auch Unmut darüber zum Ausdruck bringen,
dass diese Information überhaupt im Umlauf ist. Dass etwas ans Licht der Öffentlichkeit gelangt      Zudem ist dieser Anspruch durch unsere technischen Möglichkeiten inzwischen ein fast aus-
ist, was eigentlich hätte geheim bleiben sollen. In diesem Fall geht das Woher mit dem du einher.    schließlich praktischer bzw. „pragmatischer“. Wir wollen wissen, wie unsere Erkenntnisse zur
Woher weißt ausgerechnet du das oder jenes? So gestellt, ist die Frage zumindest prinzipiell recht   Lösung gewisser Probleme beitragen, in welchen Wechselwirkungen die Dinge miteinander stehen
einfach zu beantworten.                                                                              und wie sie sich gegenseitig beeinflussen. „Leben ist Problemlösen“, wie KARL POPPER meinte und

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GEDANKENRAUM                                                                                                                                                                                     GEDANKENRAUM

unser Wissen soll dazu beitragen, uns konkret zu sagen, wie. Doch werden dadurch all unsere        Denn es wäre ein Fehlschluss anzunehmen, dass der Ursprung einer Sache automatisch ihre
Erkenntnisse relativ, weil sie auf bestimmte Zwecke bezogen werden? Fallen wir so nicht auf die    Geltung relativiert. Historisch bedingt bedeutet nicht zwangsläufig kulturell konstruiert, sondern
Ebene der „doxa“ zurück, auf die Pluralität von Meinungen, wobei keiner der Vorzug zu geben ist,   kann auch nur den Punkt bezeichnen, an dem eine Sache „aufgefunden“ oder „entdeckt“ wurde.
solange ein ähnliches Ergebnis erzielt wird?                                                       So mag unserem Nachdenken die Objektivität von universellen Menschenrechten erst verhältnis-
                                                                                                   mäßig spät zu Bewusstsein gekommen sein und es waren erst humanitäre Katastrophen geschicht-
Als Humanist_innen wollen wir hier kurzerhand entgegnen: Nein. Zwar haben wir als Gesell-          lichen Ausmaßes von Nöten, um deren Dringlichkeit und Relevanz zu erkennen. Doch lässt sie ihr
schaft die Idee von absolutem Wissen aufgegeben und gelernt, dass wir in einer wechselhaften,      historisches Entstehen nicht gleichzeitig historisch-relativ sein. Gerade die Einsicht, dass unsere
endlichen, historisch bedingten und kulturell geprägten Welt leben, die unterschiedliche Pers-     Perspektiven begrenzt sind, unsere Absichten und Interessen nicht immer gleich gelagert, unsere
pektiven und Deutungsmuster zulässt. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, den Ergebnissen         Lebensentwürfe vielfältig und unsere Startbedingungen höchst unterschiedlich, lässt uns immer
einer kritisch eingestellten Vernunft generell zu misstrauen und dem besseren Argument seine       wieder den Versuch unternehmen, uns argumentativ auf den Standpunkt des anderen zu begeben,
Überzeugungskraft abzusprechen. Ohne den Maßstab der Rationalität berauben wir uns der Mög-        einen Perspektivwechsel anzustreben, der die Sichtweise der anderen Partei genügend berücksich-
lichkeit, überhaupt noch zwischen wahr und falsch unterscheiden zu können, zwischen Realität       tigt.
und Täuschung, Fakten und Fake News. Skepsis gegenüber den Quellen unseres Wissens ist in der
heutigen Informationsflut sicherlich wichtiger denn je.                                            Wahrheit gerade im Relativen
                                                                                                   So bleiben wir gerade als Humanist_innen bestrebt, einen Ausgleich zu erzielen, offen zu blei-
Keine Skepsis um der Skepsis willen                                                                ben für neue Argumente und Fakten, die wir vielleicht anfangs nicht genügend berücksichtigt
Doch eine allgemeine Skepsis gegenüber der Möglichkeit von Wissen und Wahrheit überhaupt           haben. Und wenn wir gefragt werden, woher wir wissen, dass es gut ist, Menschen zu einem
ist nicht einfach kritisch, sondern am Ende gefährlich. Denn dann verzichten wir auf genau         selbstbestimmten Leben zu verhelfen, für das Recht von Minderheiten einzustehen oder sich für
diejenigen Kriterien, die Objektivität in Streitfragen ermöglichen sollen. Natürlich können auch   Gleichberechtigung stark zu machen, so sollten wir auch in einem vermeintlich „postfaktischen“
„Fakten“ nicht einfach für sich stehen und für sich selbst sprechen, sondern müssen immer auch     Zeitalter den Mut haben, zu sagen: weil wir es vernünftig, human und damit moralisch richtig
interpretiert und in einen größeren Kontext eingeordnet werden. Doch bedeutet auch das nicht,      finden. Weil wir uns selbst aufgrund von guten Gründen hiervon überzeugen konnten. Und das
dass wir uns gegenüber ihrem Inhalt generell als blind oder taub erweisen sollten, nur weil uns    ist am Ende nicht dogmatisch, sondern demokratisch, nicht absolut, sondern „relativ“ in einem
nicht gefällt, was wir zu sehen oder zu hören bekommen, oder uns das Wahlergebnis nicht passt.     wörtlichen Sinne: bezogen auf unser Menschsein und eine Welt, die uns immer wieder mit neu-
                                                                                                   en Herausforderungen konfrontiert, die wir nur gemeinsam und im ständigen Dialog bewältigen
Das gilt umso mehr, wenn wir auf die Ebene der Moral und des ethischen Handelns wechseln,          können.
obwohl gerade viele hier den Relativismus zu Hause sehen. Scheint doch dasjenige, was als gut
oder richtig gilt, von Kultur zu Kultur unterschiedlich. Doch wenn wir uns darüber verständigen,
wie wir unser Zusammenleben organisieren wollen, wie wir die Gesellschaft politisch gestalten
wollen und welche Rechte wir für wen einfordern sollten, kommen wir nicht umhin, auch hier
den Dialog mit anderen zu suchen und in einen politischen Diskurs einzutreten, der glaubt, etwas   DR. ROMANÉE ZANDER leitet das Humanistische Vorsorgenetz und berät Menschen zur Gestaltung und Absicherung ihrer Lebensweisen.
Richtiges und Allgemeinverbindliches über die in Debatte stehenden Dinge zu sagen.                 Er hat in den Fächern Philosophie und Psychologie zum Thema Kommunikation promoviert.

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MENSCH SEIN                                                                                                                 ENGAGIEREN

        Frieder                                                         Interessiert dich bei Menschen die
                                                                        Seite, die sie dir zuwenden, oder
                                                                        die, die sie vor dir verbergen?

       Otto Wolf.
                                                                        Ich freue mich über die zuge-
                                                                        wandte Seite, weiß aber natür-
                                                                        lich auch, dass es immer ande-

       Ein Porträt
                                                                        re Seiten gibt. Und ich würde
                                                                        nicht grundlos „nachbohren“.

                                                                        Hören Menschen auf, etwas zu
                                                                        werden, sobald sie glauben, etwas
                                                                        zu sein?
Du hast in diesem Jahr deinen 77. Geburtstag gefeiert. Angenommen,      Auf dieser Ebene fällt mir nur
es erscheint eine wahrheitsgetreue Biografie über dich: Empfiehlst du   ein FAUST-Zitat ein, in dem
das Buch?                                                               GOETHE die Einsicht formu-
Aber sicher: Auch andere können daraus lernen, wie Irrtümer und         liert hat, dass wir als Men-
Fehlentwicklungen schließlich doch korrigiert werden können –           schen niemals damit aufhören
wenn Mensch am Ball bleibt.                                             können, zu werden: „Werd ich
                                                                        zum Augenblicke sagen:/ Ver-
Welchen Beruf haben sich deine Eltern für dich vorgestellt?             weile doch! du bist so schön! /
Studienrat oder Hochschullehrer – aber nicht in Philosophie.            Dann magst du mich in Fesseln
                                                                        schlagen, / Dann will ich gern
Welche Entscheidung war die beste in deiner beruflichen Laufbahn?       zugrunde gehn!“ – sagt FAUST
Nach der portugiesischen Nelkenrevolution im schönen Coimbra            zum Teufel.
als Hochschullehrer zu arbeiten. Und auf der Durchreise – mit
dem Zug über Paris – immer wieder Louis Althusser zu treffen.           Auf welche Frage hattest du in
                                                                        letzter Zeit keine Antwort? Was
Wie lange liegt deine letzte Selbsterfahrung zurück?                    brauchst du, um sie zu finden?
Nur ein paar Monate – als ich nach der Reha erfuhr, dass mein           Auf die Frage, was unsere Zu-
Prostata-Krebs noch nicht besiegt war. Und dann meine ent-              kunft bringt. Es gibt ja gerade
spannte Disziplin in der eigentlich doch anstrengenden und              viel Grund zur Sorge. Aber es
stressigen Bestrahlungstherapie.                                        gibt auch immer noch gute
                                                                        Gründe für Hoffnung.
Für welche zwei Dinge in deinem Leben bist du am dankbarsten?
Für meine Töchter und für meine Frau.                                   Was die Zukunft des Humanis-
                                                                        mus angeht: Hast du aktuell
Für was würdest du mitten in der Nacht aufstehen?                       mehr Hoffnungen als Ängste oder
Um einen guten Einfall für eine philosophische Untersuchung             mehr Ängste als Hoffnungen?
festzuhalten.                                                           Von beidem mehr als genug
                                                                        – und ich halte es für eine
Ferdinand von Schirach lässt in seinem Theaterstück „Gott“ einen        zentrale Zukunftsfrage, ob sich
katholischen Bischof zerknirscht konstatieren: „Leben heißt Leiden“.    der praktische Humanismus            PROF. DR. FRIEDER OTTO WOLF, 1943
                                                                                                             in Kiel geboren, studierte Philosophie
Was würdest du dem Bischof daraufhin gerne mitteilen?                   in den kommenden Krisen als
                                                                                                             und Politikwissenschaft in Kiel, Paris und
Er habe das „auch“ vergessen: Sicherlich gehört auch Leiden zum         Orientierung bewähren kann.          Edinburgh. Seit seiner Habilitation 1973
Leben, aber auch wichtige Freuden – von denen seine Kirche eini-        Und ich bin überzeugt, dass          lehrt er Philosophie als Honorarprofessor
                                                                                                             an der FU Berlin sowie zwischenzeitlich im
ge völlig grundlos bekämpft.                                            wir uns nicht mit HÖLDERLIN          portugiesischen Coimbra. In den 80er und
                                                                        trösten können: „Mit der Gefahr      90er Jahren war er Mitglied des Vorstands
                                                                                                             der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im
„Gott hilft nicht“ sagst du in der Werbekampagne des HVD aus dem        kann das rettende wachsen", aber
                                                                                                             Europäischen Parlament.
letzten Jahr. Was hilft dir selbst am meisten?                          wenn wir uns nicht wirksam da-       Er ist Präsident der Humanistischen Akade-
Die Aussprache mit vertrauten und lieben Mitmenschen und                rum kümmern, dann geschieht          mie Berlin-Brandenburg und der Humanis-
                                                                                                             tischen Akademie Deutschlands.
deren Zuwendung.                                                        das eben nicht!

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      Ich fühle,                                                     Humanist_innen verwandeln
                                                                     oder Verschwörungstheoreti-
                                                                     ker_innen sich durch ein Refe-
                                                                                                                          Rückblick

                                                                                                                   Einsprüche
     also weiß ich!
                                                                     rat der Faktenlage überzeugen
                                                                     lassen.                                       gegen Post-
                                                                     Die Anfälligkeit für Truthiness                faktizität
                          Christian Lisker                           ist allen Menschen gemein.
                                                                     Dennoch macht es einen gro-
                                                                     ßen Unterschied, wenn man                  Wie kann ein zeitgenössischer
           Von der Kunst, die Wahrheit zu (er)finden                 einen bewussten, selbstkriti-              Humanismus mit seiner spezi-
                                                                     schen Umgang mit der eigenen               fischen Verbindung von Wis-

E
      in Mensch will ein Bild aufhängen. Was ihm fehlt, ist ein      Wahrnehmung der Wirklich-                  senschaft und Weltanschau-
      Hammer. Zum Glück fällt ihm ein: der Nachbar hat einen.        keit übt. Wenn eine gewisse                ung politisch wirksam werden       PETRA KOLMER sprach über „Verlässliche Erkenntnis”.

      Also beschließt er, hinüberzugehen und ihn auszuborgen.        freundliche Skepsis den eigenen            gegen die Zumutungen der
Da überkommen ihn Zweifel, ob der Nachbar ihm den Hammer                                                        „Postfaktizität“? Wie verteidigt   Mit dabei waren unter ande-                   Kontakt:
überhaupt leihen will? Gestern grüßte der ihn seltsam flüchtig.                                                 man das Ringen um die Rich-        rem die Bonner Philosophin                    Humanistische Akademie
Ob er was gegen ihn hat? Aber wieso nur? Soll sich ja nicht ein-                                                tigkeit von Fakten und Nor-        und Religionswissenschaftle-                  Berlin-Brandenburg
bilden, er sei auf ihn angewiesen! Im nächsten Moment klingelt                                                  men? Fragen wie diese standen      rin Petra Kolmer, der Philo-                  info@humanistische-akademie-bb.de,
er beim Nachbarn, der öffnet – doch bevor er „Guten Tag" sagen                                                  im Vordergrund auf der Ta-         soph und Wirtschaftsethiker                   www.humanistische-akademie-bb.de
kann, schreit ihn unser Mensch an: „Behalten Sie Ihren Hammer,                                                  gung der Humanistischen            Gerhard Engel sowie die                       Den kompletten Bericht über Beiträge
Sie Rüpel!”                                                                                                     Akademie Deutschlands am           Medizinethikerin Viola Schu-                  und Diskussion finden Sie auf der Website
                                                                                                                17. Juni 2017 in Nürnberg.         bert-Lehnhardt.                               der Humanistischen Akademie.
Völlig übertrieben diese Geschichte. Oder vielleicht doch näher
an meiner Realität, als ich es mir eingestehen möchte? Ich fühle
mich ertappt. Dass ich gelegentlich etwas Schlechtes von ei-         Erkenntnismöglichkeiten ge-
nem anderen Menschen erwarte und ihn dann intuitiv auch so           genüber an den Tag gelegt wer-
behandle – grundlos, nüchtern betrachtet. Und diese nüchterne        den kann. Wenn Neugier zum                                                                                                  hat seinen kurzen Text „Bull-
Betrachtung ist eine echte Herausforderung. Denn die Abhän-          andauernden Bemühen wird,                                                                                                   shit“ zum ersten Mal 1996 ver-
gigkeit von den eigenen Gefühlen, Vorerfahrungen, von der            ein möglichst realistisches Bild                                                                                            öffentlicht. Aus heutiger Sicht
Sorge, unbeliebt zu sein, ist hartnäckig.                            vom Menschsein zu bekommen                                                                                                  erscheint sein Inhalt ungeheu-
                                                                     – und dafür, die eigene Sicht auf                                                                                           er hellsichtig. Ralf Schöppner,
Vernunftbegabt und von Gefühlen getrieben                            die Welt immer wieder neu zu                                                                                                Direktor der Humanistischen
So vernunftbegabt wir sind, sind wir doch auch Getriebene unse-      hinterfragen.                                                                                                               Akademie, hat es neu gelesen
rer Gefühle. Der amerikanische Talkmaster Stephen Colbert präg-                                                                                                                                  und beschreibt anhand einiger
te dafür den Begriff Truthiness – Wahrheitlichkeit. So ein           Hätte nun der Mann ohne                                                                                                     Beispiele die Strategie, Bullshit
Mittelding aus Wahrscheinlichkeit und Wahrheit. Das überaus          Hammer sich auf der Schwelle                                                                                                von Lüge abzugrenzen.
subjektive Gefühl, dass sich etwas richtig anfühlt – und deshalb     zur Tür des Nachbarn gefragt:
wahr sein muss. Affektheuristik nennt es die Psychologie, wenn       „Woher weißt du das?!“ Er
sich aus Gefühlen Urteile herausbilden. Und diese Urteile sind be-   hätte vielleicht bemerkt, dass                                                                                              Kontakt:
harrlich – schließlich verleihen sie Orientierung und Sicherheit.    er falsch liegt. Vielleicht würde                                                                                           Humanistische Akademie
Weshalb man Neuigkeiten, die diese Urteile stützen, tendenziell      das Bild dank der Hilfe des                                                                                                 Berlin-Brandenburg, Wallstraße 65
freudig begrüßt – und um entgegenstehende Fakten einen Bogen         Nachbarn jetzt dort hängen,                           Aufsatz                                                               (Besuchsadresse: Brückenstraße 5A),
macht. Faktencheck hilft? Unbedingt. Aber Vorsicht: Mensch           wo es soll. Wer weiß – viel-                                                                                                10179 Berlin, Tel. 030 3198864-37,
tendiert dazu, sich bevorzugt auf die Suche nach solchen Fakten
zu begeben, die zu den eigenen Gefühlen passen und die dazuge-
                                                                     leicht wäre sogar noch Freund-
                                                                     schaft daraus geworden.
                                                                                                                  Das Zeitalter                    neues. Und vielleicht sind
                                                                                                                                                   auch die heute unter dem Titel
                                                                                                                                                                                                 info@humanistische-akademie-bb.de,
                                                                                                                                                                                                 www.humanistische-akademie-bb.de
hörige Meinung stabilisieren.
                                                                     CHRISTIAN LISKER ist Diplom-Theologe
                                                                                                                  des Bullshits                    „Postfaktizität“ diskutierten                 Den Aufsatz können Sie als kostenloses
                                                                     und Systemischer Therapeut. Er leitet                                         Phänomene viel weniger neu,                   PDF auf www.humanismus-aktuell.de
Selbstkritischer Umgang mit dem eigenen Menschsein                   den Bereich Humanistische Feierkultur im                                      als wir geneigt sind anzuneh-                 lesen oder auf Anfrage von der Huma-
                                                                     Verband und begleitet in diesem Rahmen
Deshalb ist es unwahrscheinlich, dass fundamentalistische            Einzelne und Familien an Wendepunkten
                                                                                                                Das Problem von Wahrheit           men. Der nordamerikanische                    nistischen Akademie erhalten
Christ_innen sich allein aufgrund guter Argumente in säkulare        ihres Lebens.                              und Lüge in der Politik ist kein   Philosoph Harry G. Frankfurt                  info@humanistische-akademie-bb.de.

12                                                                                                                                                                                                                                      13
"Woher weißt du das - Freund_innen des HUMANISMUS Magazin der - humanistisch.de
NEUES                                                                                                                                                                                                           NEUES

     Gänsehaut.                                                      Humanistisches Denken
                                                                     zeichnet sich auch durch eine
                                                                     Orientierung an Wissenschaft,

     Soziale Arbeit
                                                                     Forschung und Technik aus.
                                                                     Stehen diese nicht manchmal
                                                                     im Widerspruch zum Mensch-

      in der Praxis
                                                                     sein und unseren Gefühlen und
                                                                     Bedürfnissen?
                                                                     Es gibt ja nicht „das huma-
                                                                     nistische Denken“. Vielmehr
                                                                     gibt es einen Prozess und eine
      Stefanie Krentz im Gespräch mit Andrea Käthner-Isemeyer
                                                                     Entwicklung. Zeitweise über-
                                                                     wog das rationale Denken das                                             Zu welchen Themen finden Men-
                                                                     schwerer zu Erklärende, Sub-                                             schen bei Ihnen Rat und Unter-
Liebe Andrea, seit drei Jahrzehnten machst du dich als
                                                                     jektive. Aber beides bedingt           Was macht das Dong Ban Ja?        stützung?
  Humanistin für eine menschliche und solidarische
                                                                     sich, beides ist wichtig. Die
 Gesellschaft stark. In dieser Zeit hast du vieles miter-            Erkenntnisprüfung am Wis-
 lebt und das rasante Wachstum des Humanistischen                    senschaftlichen bleibt. Auch
  Verbandes mitgestaltet. Die Abteilung Gesundheit                   wenn wir niemals alles wis-
  und Soziales, die du mit aufgebaut und entwickelt                  sen und erklären können: das
      hast, vereinte mehr als 30 Projekte und fast                   Wissen um die Nichtexistenz
                                                                     einer absoluten Wahrheit ist
                 300 Mitarbeiter_innen.
                                                                     eine unserer Grundlagen.

                                                                     Welche Erlebnisse waren die
Was war die größte Motivation für dein Engagement? Was überzeugt     Sternstunden in deiner berufli-
dich am Humanismus?                                                  chen Laufbahn?
Mein Fokus lag stets auf den Menschen. Mir ist es wichtig, nach-     Da gibt es viele. Natürlich
haltig Strukturen zu schaffen, die sinn- und wirkungsvoll Men-       die erfolgreiche Kassierung       Mitarbeiter_innen, ehrenamtlich Engagierten        Möchtest du uns etwas mit auf den Weg geben?
schen unterstützen, deren Lebensqualität in irgendeiner Weise        des Gesetzes zum Verbot der       und Leitungskolleg_innen. Ich erinnere mich        Behaltet flache Hierarchien bei und ermöglicht
beeinträchtigt ist. Mein zentraler Ansatz ist es, Menschen bei der   geschäftsmäßigen Förderung        an erstklassige Bewerbungsgespräche, kollegiale    die Zusammenarbeit verschiedener Ebenen – be-
Verwirklichung ihrer eigenen Lebens- und Wertvorstellungen           der Selbsttötung, zu der die      Beratung, wertschätzende Gespräche, tiefe Ver-     zieht die Expert_innen immer von der Basis ein.
zu begleiten. Also die Selbstbestimmung als Prinzip zu verin-        Aktivitäten des HVD ent-          trautheit und Verbundenheit mit wunderbaren        Wir müssen uns in wertehaltige gesellschaftliche
nerlichen und dabei zu unterstützen, das eigene Leben selbst zu      scheidend beigetragen haben.      haupt- und ehrenamtlich engagierten Menschen       Themen und Entwicklungen einmischen und
gestalten.                                                           Weiter der Aufbau der ersten      im Verband, aber auch aus Institutionen oder       noch stärker mit Gleichgesinnten, seien es Per-
                                                                     Wohngemeinschaft für de-          anderen freien Trägern.                            sonen oder Träger, zusammenarbeiten.
Wie bist du Humanistin geworden? Welche Werte liegen dir besonders   menziell erkrankte Menschen
am Herzen?                                                           und unser erstes stationäres      Welche Ereignisse hast du als einschneidend und    Wir sagen herzlich Danke für dein Engagement als Hu-
Ich wurde weltlich erzogen und hatte schon früh ein Interesse an     Hospiz LudwigPark. Gesamt-        schmerzhaft erlebt?                                manistin, aktives Mitglied und Kollegin. Wir wünschen
sozialer Arbeit. In der DDR gab es kein Studium der Sozialpäda-      verbandlich die Übertragung       Das letzte Jahr war leider das schmerzlichste      dir für die Zukunft alles erdenklich Gute und vor allem:
gogik, soziale Projekte waren oft bei den Kirchen angedockt. Ich     der Körperschaftsrechte nach      von allen. Die coronabedingten Einschränkun-       keinen Ruhestand im wortwörtlichen Sinne!
habe Soziologie studiert und konnte durch Gründung des Frei-         jahrelangem Ringen, die           gen, die Abwicklung der ambulanten Pflege, die
denkerverbandes der DDR in soziale Projekte im nicht religiösen      Entwicklungen in der hu-          nicht enden wollende Fertigstellung der Remi-
Bereich einsteigen. Mit der Schaffung des Zivildienstes folgte der   manistischen Lebenskunde          se in der Roelckestraße und der Abbruch der        ANDREA KÄTHNER-ISEMEYER war über 30 Jahre im Humanistischen
                                                                                                                                                          Verband Berlin-Brandenburg tätig und ist Ende November 2020
Aufbau eines Projektes zur individuellen Schwerstbehinderten-        zu einem führenden und            Tarifverhandlungen wegen der Nichteinlassung       in den Ruhestand getreten. Im Jahr 1990 kam sie aus dem Ostber-
betreuung. Von Anfang an ging es mir um die Selbstbestimmung         weiterwachsenden Anbieter         der Gewerkschaften auf die differenzierten Fi-     liner Verband der Freidenker zum damaligen Deutschen Freidenker
                                                                                                                                                          Verband Landesverband (West-)Berlin, der Vorgängerorganisation
und Befähigung zur Verwirklichung eigener Wertvorstellungen          von Werteunterricht sowie         nanzierungsbedingungen in unserem Verband.
                                                                                                                                                          des Humanistischen Verbandes. Zuletzt leitete sie über mehr als zwei
der begleiteten behinderten Menschen. Vielleicht war das auch in     der Aufbau unseres huma-          Diese Infragestellung unserer, meiner Haltung      Jahrzehnte die Abteilung Gesundheit und Soziales.
meiner Lebenserfahrung begründet. Ich bin in einer Gesellschaft      nistischen Schulcampus            zu unseren Mitarbeiter_innen hat mich stets tief   STEFANIE KRENTZ leitet den Bereich Engagement & Kultur im
                                                                                                                                                          Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg und ist Vorständin der
groß geworden, in der eine individuelle Gestaltung des Lebenswe-     in Pankow. Am prägends-           verletzt. Aber auch der schmerzhafte Verlust von   Humanismus Stiftung Berlin. Sie hat Kulturmanagement und Fundrai-
ges nicht im Vordergrund stand.                                      ten sind die Erlebnisse mit       Kolleg_innen.                                      sing studiert.

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"Woher weißt du das - Freund_innen des HUMANISMUS Magazin der - humanistisch.de
ENGAGIEREN                                                                                                                                                                                       ENGAGIEREN

        Fit für                                                    ne Meinung und auf Schutz
                                                                   vor Missbrauch bastelten sie
                                                                   Stopp-Nein-Hände. Zum
                                                                                                                        Freie                                                     teilgenommen und auch selbst
                                                                                                                                                                                  einen Workshop angeleitet
                                                                                                                                                                                  habe, werden wichtige Inhalte

     Kinderrechte                                                                                                    Jugendarbeit
                                                                   Recht auf Information und                                                                                      wie Kindeswohlgefähr-
                                                                   Teilhabe erstellten sie die                                                                                    dung, Beziehungsarbeit
                                                                   kleinste Kinderrechte-                                                                                         oder Konfliktmanagement
                                                                   schachtel der Welt. Die                                                                                        an uns Teamer_innen vermit-
                                                                   Rechte auf eine saubere Um-                                                                                    telt. Dadurch qualifizieren
                          Astrid Vollmar                                                                                                  Clara Wilmes
                                                                   welt, auf Schutz vor ausbeu-                                                                                   wir uns für die ehrenamtliche
                                                                   terischer Kinderarbeit und                                                                                     Tätigkeit und entwickeln uns
                                                                   auf Spiel und Freizeit wurden                Wir Junge Humanist_innen Berlin bieten Kindern und Jugendli-      weiter.
                                                                   anhand von Upcycling alter                   chen die Möglichkeit, sich in einem anderen Kontext als Familie
                                                                   Milchtüten zu Portemon-                      und Schule weiterzubilden und zu erleben. Die Kids verbringen     Kontakt:
                                                                   naies, durch Teppichweben am                 eine erlebnisreiche Zeit mit uns und können durch Interaktion     Junge Humanist_innen Berlin
                                                                   Webstuhl und das Knüpfen                     untereinander, erlebnispädagogische Übungen und inhaltliche       Neumagener Str. 25 | 13088 Berlin
                                                                   eines Freundschaftsarmbands                  Workshops zu verschiedenen Themen außerhalb des üblichen          Tel. 030 4427216
                                                                   verdeutlicht.                                formalen Rahmens und unter Gleichaltrigen lernen.                 www.humanistisch.de/juhu-berlin
                                                                                                                                                                                  E-Mail info@juhu-berlin.de
                                                                   In der Folgewoche veran-                     Als Teamerin nehme ich durch die intensiven Erfahrungen, den
                                                                   staltete jede teilnehmende                   Umgang mit Herausforderungen auf den Camps und die inhalt-        CLARA WILMES kam 2017 im Rahmen ihres
                                                                   Gruppe eine große Kinder-                    liche Auseinandersetzung mit neuen pädagogischen und politi-      Freiwilligen Sozialen Jahres zu den Jungen
                                                                                                                                                                                  Humanist_innen Berlin und blieb. Aktuell
                                                                   rechtewahl, bei der die drei                 schen Themen immer nützliches Wissen und neue Kompetenzen         absolviert sie zudem ein duales Studium im
                                                                   wichtigsten Kinderrechte per                 mit. Auf der jährlichen Juleica-Schulung, an der ich mehrfach     Bereich Sozialpädagogik & Management.

                                                                   Briefwahl bestimmt wurden.
                                                                   Diese Wahl erreichte weitere
                                                                   circa 350 Kinder.
Unser zweiter Anlauf für das Kinderrechteprojekt im Bereich Hu-
manistische Lebenskunde ist geglückt – der erste blieb im Lock-    Je mehr Kinder von ihren
down der Corona-Pandemie-Welle im März stecken. Was für eine       Rechten wissen, umso besser
Enttäuschung für die circa 300 Schüler_innen der vierten und       können sie sich und andere
fünften Klasse.                                                    schützen oder sich Hilfe holen.
                                                                   Das ist unser wichtigstes Ziel.
Alle jetzt beteiligten Gruppen (vier aus drei Schulen, insgesamt   Es verliert nicht an Aktuali-
60 Kinder) erhielten von ihrer Schulleitung die Genehmigung,       tät – in der Corona-Pandemie
einen eigenen Mini-Projekttag durchzuführen. Ein Treffen mit       steigen die Zahlen häuslicher
Schüler_innen aus anderen Bezirken und Schulen war coronabe-       Gewalt und wir müssen alles
dingt leider nicht möglich.                                        daran setzen, die Kinder zu
                                                                   schützen!
Aber immerhin eine Möglichkeit für alle Kinder, an zwei Work-
shops teilzunehmen: Selina Senti erarbeitete mit den Kindern       Kontakt:
zusammen eine Pantomime zum Thema Recht auf Teilhabe,              Humanistische Lebenskunde
Schutz vor Ausgrenzung. Susana Fernandez erklärte den              Wallstraße 61-65 | 10179 Berlin
Schüler_innen das Leben von Kindern in Peru. Dazu hatte sie        Tel. 030 613904-60
Filme, Spiele und Informationen aus ihrer Heimat dabei. Nach je    www.lebenskunde.de
eineinhalb Stunden Workshop gingen die Kinder auf den Markt        E-Mail info@lebenskunde.de
der Möglichkeiten. Hier waren Stände aufgebaut, größtenteils
mit dem Material der drei anderen beteiligten Gruppen.
                                                                   ASTRID VOLLMAR ist Grundschulpäda-
Die Schüler_innen begegneten verschiedenen Kinderrechten           gogin und Lehrerin für Humanistische
                                                                   Lebenskunde. Seit 2015 leitet sie das Kin-
und erfuhren durch aktive Mitarbeit, was ein bestimmtes Recht      derrechteprojekt „Fit für Kinderrechte auf
beinhaltet und bedeutet. Am Stand zum Recht auf eine eige-         der ganzen Welt“.

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"Woher weißt du das - Freund_innen des HUMANISMUS Magazin der - humanistisch.de
ENGAGIEREN                                                                                                                                                                                              ENGAGIEREN

Humanismus                                                           Theatergruppe und Schülerzei-
                                                                     tungs-AG an und organisiert
                                                                     seit einigen Jahren Informati-
                                                                                                                      Kühle Köpfe                                                        in ihrer eigenen Heimatstadt
                                                                                                                                                                                         suchten. Erstaunt stellten sie
                                                                                                                                                                                         fest, wie viel aus der grausa-

in Brandenburg                                                                                                        bei den JuHus
                                                                     onsveranstaltungen für Eltern                                                                                       men Zeit noch vorhanden ist.
                                                                     zum Thema Pubertät. Das                                                                                             Das war ein hervorragender
                                                                     Thema Soziale Medien ist                                                                                            Ausgangspunkt, um mit ihnen

                                                                                                                      Brandenburg
                                                                     in Planung. Sylke lässt sich                                                                                        über den Nationalsozialismus
                                                                     aktuell zur Humanistischen                                                                                          damals und rechte Ideologien
                      Kirsten Rother-Döhring
                                                                     Feierrednerin ausbilden. Die                                                                                        von heute zu sprechen.
                                                                     Vereinsmitglieder Adelheid
Mit meiner neugeborenen Tochter auf dem Arm erreichte ich            und Klaus Teichmann und Elke                                                                                        Auch im kommenden Jahr sind
die Mitgliederversammlung des Humanistischen Regionalver-            unterstützen seit 2015 eine sy-                                         Anna Ranneberg                              regional und überregional wie-
bandes Märkisch-Oderland in einem Garten in Petershagen. Es          rische Familie in Petershagen.                                                                                      der zahlreiche Aktionen und
war Mai 2008. Meine Lebenskundekollegin Sylke Thonig hatte           Weitere Schulprojekte sind:                                                                                         Projekte von und für junge
mich eingeladen und gesagt, dass sie Verstärkung brauche. Ge-        Begegnungen zwischen ge-                                                                                            Menschen geplant. Vor allem
sagt, getan. Als ich das Treffen verließ, war ich stellvertretende   flüchteten und einheimischen                                                                                        möchten wir die Jugendlei-
Vorsitzende. Und dann? Sylke als frisch gewählte erste Vorsit-       Kindern, Rap-Projekte, Pro-                                                                                         ter_innen-Card-Schulung
zende und ich machten uns an die ehrenamtliche Arbeit: Sie           jekttage zu globalem Lernen,                                                                                        in Zusammenarbeit mit den
kümmerte sich um die Humanistischen JugendFeiern in                  Schulpartnerschaften, Filmpro-                                                                                      Regionalverbänden in Bran-
der Schlosskirche Schöneiche und ich begann an der Fred-Vo-          jekte zu Kinderrechten sowie                                                                                        denburg ausbauen, die dieses
gel-Grundschule in Fredersdorf, an der ich bereits Humanis-          Kanutouren. Dabei arbeiten                                                                                          Jahr wegen der Pandemie
tische Lebenskunde unterrichtete, Schulmediationsausbil-             wir mit viel humanistischem                                                                                         leider nicht stattfinden konn-
dungen und Soziales Lernen zu organisieren. Kurze Zeit später        Engagement und Ehrenamt                                                                                             te. In Märkisch-Oderland war
kam Elke Blumberg als zweite stellvertretende Vorsitzende dazu       eng mit anderen Partner_in-                                                                                         eine Workshopreihe zu Stol-
und begann, Streitschlichter_innen an der Grundschule Am             nen aus der Region zusammen.                                                                                        persteinen geplant, die auf
Dorfanger in Petershagen auszubilden. Die Schülermediator_in-                                                                                                                            das nächste Jahr verschoben
nen unterstützen ihre Mitschüler_innen darin, selbstbestimmt         Seit Frühjahr 2020 sind wir                                                                                         werden musste.
Lösungen für ihre Konflikte zu finden.                               dabei, mit unserem Verein
                                                                     Körperschaft des öffentlichen                                                                                       Die Jungen Humanist_innen in
Trotz Corona sind wir 2020 nun schon bei der zehnten Schulme-        Rechts als Teil des HVD Ber-                                                                                        Brandenburg unterstützen ein-
diationsausbildung angelangt, Lehrer_innen und Erzieher_innen        lin-Brandenburg zu werden. Seit                Die Welt macht einen völlig chaotischen Eindruck. Wie soll man       zelne Brandenburger Regional-
werden fortgebildet und weitere Bereiche sind hinzugekommen:         Oktober 2020 haben wir end-                    als junger Mensch einen kühlen Kopf bewahren?                        verbände beim Aufbau regiona-
Elke bietet an ihrer Schule eine lebenskundlich-humanistische        lich eigene Räumlichkeiten in                                                                                       ler Jugendverbände. Für 2021
                                                                     Strausberg. Wir freuen uns über                Hier setzt die Arbeit der Jungen Humanist_innen in Branden-          liegt die Priorität in Bernau
                                                                     die zahlreichen Kolleg_innen,                  burg an. Aktuell unterstützen ein 5-köpfiger Vorstand und eine       im HVD Nordbrandenburg.
                                                                     die uns vor Ort unterstützen.                  hauptamtliche Jugendbildungsreferentin die verbandlichen
                                                                                                                    Jugendeinrichtungen, Organisationen und Institutionen. Wir           Kontakt:
                                                                                                                    bieten Plattformen und Austauschmöglichkeiten für junge Men-         Junge Humanist_innen in Brandenburg
                                                                                                                    schen, damit sie mit Politiker_innen, Expert_innen und Enga-         Schönfelder Weg 31
                                                                     Kontakt:                                       gierten fair auf Augenhöhe diskutieren, Themen hinterfragen,         16321 Bernau bei Berlin
                                                                     HVD Märkisch-Oderland KdöR                     reflektieren und sich so eine eigene Meinung bilden können.          Mobil 0175 8029649
                                                                     August-Bebel-Str. 2 | 15344 Strausberg                                                                              www.juhu-brandenburg.de
                                                                     Tel. 03341-3080060                             So haben wir im September auf dem Landestreffen der Jungen           E-Mail info@juhu-brandenburg.de
                                                                     www.humanistisch.de/hvd-mol                    Humanist_innen mit rund 40 jungen Menschen über Verschwö-            Instagram @juhubrandenburg
                                                                     E-Mail hrv.mol@hvd-bb.de                       rungsideologien gesprochen. Ein Thema, das aufgrund der Pande-       Facebook JuHu Brandenburg
                                                                                                                    mie die Gesellschaft polarisiert und täglich neue zu hinterfragen-
                                                                                                                    de Schlagzeilen aufbringt.
                                                                     KIRSTEN ROTHER-DÖHRING ist Diplom-                                                                                  ANNA RANNEBERG feierte 2017 ihre eigene
                                                                     Pädagogin, Lebenskundelehrerin und                                                                                  JugendFEIER beim heutigen HVD Ostbran-
                                                                     Schulmediatorin in Berlin und Brandenburg.     Bemerkenswert war auch das Projekt „überLAGERt“ in                   denburg KdöR und engagiert sich seitdem
                                                                     Ehrenamtlich engagiert sie sich seit 12 Jah-                                                                        bei den Jungen Humanist_innen. Seit 2020
                                                                     ren als stellvertretende Vorsitzende des HVD
                                                                                                                    Kooperation mit dem Landesjugendring Brandenburg, in dem             ist sie ehrenamtliche Vorsitzende der Jungen
                                                                     Märkisch-Oderland KdöR.                        Jugendliche aus Bernau nach Spuren des Nationalsozialismus           Humanist_innen in Brandenburg.

18                                                                                                                                                                                                                               19
ENGAGIEREN                                                                                                                                                                                                                   MOBILISIEREN
       Wofür
     engagiere
                                            Zu diesem Zweck haben Mit-
                                            glieder des HVD den Arbeits-
                                            kreis § 218 gegründet. Dort
                                                                                                                                         Wir müssen
      ich mich?
                                                                                                                                          kämpfen
                                            laden wir regelmäßig Referent_
                                            innen aus verschiedenen Pro-
                                            fessionen ein und diskutieren
                                            zu unterschiedlichen Fragestel-
                                            lungen. Themen der nächsten
                                                                                                                                                 Dr. Bruno Osuch im Gespräch mit Dr. Maja Lasić
                                            Termine werden Regelungen                     KAROLA KRAUSE ist seit 2018 im Senioren-
                                                                                          büro Am Puls 60+ mit dem Projekt Digital
                                            zum Schwangerschaftsabbruch                   mobil ehrenamtlich aktiv.
                                            im internationalen Vergleich
                                            und Fragen zur Medizinethik                                                              Liebe Maja, du bist von Hause aus promovierte Biochemikerin. Wie
                                            sein.                                         Mit Eröffnung des Senioren-                erklärst du dir den relativ großen Zulauf bei den kruden Demos von Co-
                                                                                          büros Am Puls 60+ bekam ich                rona-Leugner_innen, Verschwörungstheoretiker_innen und Neonazis?
                                            Wir wollen eine gemeinsame                    die Gelegenheit, das Projekt               Ist es denn so überraschend? Wir haben aufgrund der derzeitigen
                                            Position des HVD zur Legali-                  Digital mobil zu starten. Die              Ausnahmesituation mit massiven Einschränkungen unserer Frei-               und setze große Hoffnung auf
                                            sierung des Schwangerschafts-                 Aufgabe macht mir Freude. Ich              heiten zu tun. Es erfordert ein hohes Maß an Resilienz, um diese           den Humanistischen Verband.
                                            abbruchs erarbeiten. Diese                    will Senioren_innen an die „di-            mitzutragen. Dass es nicht jedem gelingt, ist wenig überraschend
                                            Erkenntnisse fließen in ein Posi-             gitale Welt“ heranführen, In-              und entspricht der Normalverteilung der Bevölkerung. Die Auf-              Was wünschst du dir vom Huma-
                                            tionspapier ein, um eine Geset-               formationen geben und Ängste               merksamkeit, die dem Phänomen geschenkt wird, sollte sich in               nistischen Verband in Berlin und
                                            zesänderung voranzutreiben.                   abbauen. Diese Verbindung                  Grenzen halten.                                                            Brandenburg für die Zukunft?
                                                                                          von theoretischer Wissensver-                                                                                         Dass er trotz seiner (zu begrü-
                                            Wir engagieren uns damit für                  mittlung und praktischer Er-               Als Bildungspolitikerin engagierst du dich für benachteiligte Kinder und   ßenden) Expansion im opera-
                                            Selbstbestimmung, Freiheit                    probung führt zum Erfolg. Alle             Jugendliche. Welche Rolle spielt deine Biografie dabei?                    tiven Geschäft die übergeord-
                                            und Mündigkeit.                               können eigene Erfahrungen für              Mein Tun ist stark mit meinem Lebensweg verknüpft. Ich bin als             nete Ebene im Blick behält.
                                                                                          den gegenseitigen Austausch                14-Jährige geflüchtet, habe das Ankommen in einer Willkom-                 Berlin hat die Wahl: Entweder
                                                                                          einbringen.                                mensklasse erlebt, musste Ausgrenzung erfahren und die Aus-                sind wir eine Stadt, in der ein
CHRIS LAU und LARISSA BAUER sind die        Kontakt:                                                                                 weglosigkeit, die man spürt, wenn zehn Tage vor dem mündli-                bloßes Nebeneinander von Re-
vom Arbeitskreis § 218 gewählten Spreche-
rinnen bis Februar 2021.                    Arbeitskreis § 218 im Humanistischen          Besonders beliebt sind digitale            chen Abitur die Abschiebung angedroht wird. Im Rückblick sehen             ligionen, Kulturen und Werte-
                                            Verband Berlin-Brandenburg                    Exkursionen: „Einwahl in of-               erfolgreiche Leben immer so geradlinig aus, meines ist es defi-            vorstellungen existiert und je-
                                            Wallstr. 61-65 | 10179 Berlin                 fene Hotspots” oder „Nutzung               nitiv nicht. Ich kann mich nach wie vor in die Lebenswelt einer            der in seiner eigenen Wahrheit
Ungewollt schwanger – was                   Mobil 0160 97270122                           von Apps im Museum”. Spaß                  14-jährigen Weddinger Schülerin hineinversetzen und sehe all               gefangen bleibt. Oder Berlin
nun? Der Schwangerschafts-                  E-Mail l.schirmer@hvd-bb.de                   hat uns auch die „Digitale                 die Hemmnisse, die auf ihrem Weg zu einem selbstbestimmten                 schafft es, eine geeinte Stadt zu
abbruch als ein möglicher                   Der Arbeitskreis ist von und für Mitglieder   Schnitzeljagd durch die alte               Leben stehen. Diese Fähigkeit verpflichtet, motiviert und gibt den         sein, mit gemeinsamen morali-
Weg ist im Strafgesetzbuch                  und freut sich über Mitstreiter_innen.        Mitte Berlins” gemacht, in Zu-             politischen Pfad vor. Ich empfinde es als Reichtum.                        schen Werten, unabhängig von
festgehalten und somit illegal.             Derzeit treffen wir uns monatlich per         sammenarbeit mit dem Projekt                                                                                          der Religionszugehörigkeit.
Um einen zwar straffreien,                  Videokonferenz.                               Digital im Alter.                          Du bist vor einem knappen Jahr Mitglied des Humanistischen Verbandes       Wer, wenn nicht wir, sollte
aber dennoch rechtswidrigen                                                                                                          geworden? Was war deine Motivation?                                        dafür an vorderster Front und
Schwangerschaftsabbruch                                                                                                              Ich werde wohl alt und brauche eine geistige Heimat. Nein, im              sichtbar kämpfen?
durchführen zu lassen, muss                                                               Kontakt:                                   Ernst: Mich prägte das Aufwachsen in einem System, das ein
eine Frau in eine anerkannte                                                              Seniorenbüro Am Puls 60+                   religionsfreies Leben in den Mittelpunkt stellt. Während meiner
Schwangeren-Beratungsstelle                                                               Digital mobil                              darauffolgenden Jahre in westdeutschen Großstädten hat es mich
gehen, um einen Beratungs-                                                                Wallstr. 61-65 | 10179 Berlin              jedes Mal befremdet, wenn Religion sich wie selbstverständlich             DR. MAJA LASIĆ ist promovierte Bioche-
schein zu erhalten. Nur mit                                                               Tel. 030 613904-15                         in den Mittelpunkt unser aller Leben stellte. Der Umzug nach               mikerin und seit 2016 bildungspolitische
                                                                                                                                                                                                                Sprecherin der SPD-Fraktion im Berliner
diesem ist ein Schwanger-                                                                 www.humanistisch.de/senioren-bb            Berlin fühlte sich dann wie eine Befreiung an, wie ein Rückzug             Abgeordnetenhaus.
schaftsabbruch möglich.                                                                   E-Mail digitalmobil60@gmail.com            in eine Enklave des Säkularismus. Mittlerweile kenne ich unsere            DR. BRUNO OSUCH war 12 Jahre Präsident
                                                                                                                                                                                                                des HVD Berlin-Brandenburg und gab Ende
                                                                                          Die Interessengruppe wird von Karola       Stadt besser und erkenne auch die Gefahren für dieses Berliner
                                                                                                                                                                                                                2015 sein Amt zurück, um an der Deutschen
Wir setzen uns für einen                                                                  Krause und Dittmar Andresen geleitet.      Alleinstellungsmerkmal. Dass sich hier eine deutliche Mehrheit             Schule in Santiago de Chile als Lehrer und
legalen, sicheren Schwanger-                                                              Die Gruppe trifft sich jeden ersten und    zu einem religionsfreien Leben bekennt, heißt nicht, dass damit            Koordinator für das Fach Ethik zu arbeiten.
                                                                                                                                                                                                                Seit einem Jahr ist er Vorstandsbeauftragter
schaftsabbruch ohne Bevor-                                                                dritten Montag im Monat um 14 Uhr.         auch eine gemeinsame Klammer einhergeht, die diese Mehrheit                für die politischen Kontakte des HVD auf
mundung ein.                                                                              Kosten je Veranstaltung 2,50 €.            bzw. unsere Stadt zusammenhält. Ich suche nach dieser Klammer              Landes- und Bundesebene.

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UNTERSTÜTZEN

DIGITALE
TEILHABE
LEICHT
GEMACHT
Simone Koschewa

Besonders ältere Menschen        zwei Berliner Standorten bieten   Sie können mit Ihrer
stehen aufgrund von Corona       wir Computerkurse für Einstei-    Spende helfen, unseren
vor der Herausforderung, noch    ger_innen, Smartphone-Schu-       Service noch besser auf die
einmal ganz neue Techniken       lungen und weitere praxisnahe     Bedürfnisse der Senior_in-
erlernen und sich mit digita-    Angebote für Senior_innen         nen auszurichten und die                  IMPRESSUM
ler Kommunikation vertraut       rund um den Umgang mit PC,        Hausbesuche schnellst-
machen zu müssen.                Tablet und digitalen Geräten.     möglich ins Leben zu                      HERAUSGEBER
                                                                   rufen.                                    Humanistischer Verband Berlin-Brandenburg KdöR
Als Risikogruppe sind sie auf    Uns erreichen viele Anfragen                                                Bereich Engagement & Kultur | Wallstraße 61-65 | 10179 Berlin
Laptop, Smartphone und Com-      älterer Menschen, die sich        Wenn Sie als Weltenbumm-
puter angewiesen. Ob Sport-      beim Einrichten der Technik       ler on tour ehrenamtlich                  Vertreten durch Katrin Raczynski (Vorstandsvorsitzende) und David Driese (Vorstand)
und Freizeitangebote, Gesund-    Unterstützung wünschen. Da-       tätig werden möchten, rufen
heitslösungen oder der Kontakt   her möchten wir künftig auch      Sie uns gerne an.                         Umsatzsteuer-Identifikationsnummer: DE316038128
zu Freund_innen und Ver-         Hausbesuche anbieten, um den
wandten: Digitale Alternativen   Senior_innen behilflich zu sein   Kontakt:
                                                                                                             KONTAKT
sind notwendig und ersetzen      und sie fit zu machen für die     Simone Koschewa
                                                                                                             Service der Freund_innen des HUMANISMUS
viele Alltagsbegegnungen.        digitale Kommunikation.           Seniorenbüro Am Puls 60+
                                                                                                             Tel. 030 613904-288 | E-Mail freunde@hvd-bb.de | www.humanistisch.de/hvd-bb
                                                                   Wallstraße 61-65 | 10179 Berlin
Die Neugier bei Menschen über    Für diesen Service soll unser     Tel. 030 613904-15
                                                                                                             SPENDENKONTO
65 Jahren ist groß und lässt     bestehendes Angebot um die        E-Mail s.koschewa@hvd-bb.de
                                                                                                             Bank für Sozialwirtschaft | DE48 1002 0500 0003 136467
vorhandene Skepsis immer         Weltenbummler on tour             Sprechzeiten vor Ort:
mehr weichen. Wussten Sie,       erweitert und weitere ehren-      Montag – Donnerstag: 9 – 14 Uhr
                                                                                                             REDAKTION
dass aktuell schon zwei von      amtliche Helfer_innen geschult    Gerne sind auch andere Termine nach
                                                                                                             Schlussredaktion & Lektorat: Florian Busch, Stefanie Krentz, Katharina Lübben
fünf Senior_innen ein Smart-     und ausgerüstet werden. Die       Absprache möglich.
                                                                                                             Gestaltung: Martina Lubanski
phone nutzen?                    Ausstattung mit notwendiger
                                 Technik, Schulungen und Fahr-     Spendenkonto
Der Humanistische Verband        ten sowie Handys zur Erreich-     Bank für Sozialwirtschaft                 Bildnachweise: S.4: © Hoffotografen, S.6-9: © shutterstock | Ekaterina Kulaeva, S.10: © Konstantin Börner,

richtet sich mit dem Projekt     barkeit unterwegs sind mit        DE48 1002 0500 0003 136467                S.12: © istockphoto | Ukususha, S.13 oben: © Ralph Schwägerl, S.13 unten: © istockphoto | richterfoto,

Weltenbummler an Ratsu-          Kosten verbunden, für die wir     Stichwort: Weltenbummler                  S.15 © Konstantin Börner, S.16: © Clara Wilmes, S.17-19: © Laurina Pettke, S.20: Bild 1 © Hoffotografen,

chende 60+, die sich für den     auf finanzielle Unterstützung                                               S.20: Illustration © shutterstock | Mikhail Gnatuyk, S.21: © SPD Fraktion Berlin, S.22: © Konstantin Börner
Einstieg in die digitale Welt    angewiesen sind.
                                                                   SIMONE KOSCHEWA ist Diplom-Sozialar-
und im Umgang mit PC & Co.                                         beiterin und leitet das Seniorenbüro Am
                                                                                                             Wir verwenden das Gender_Gap, um alle sozialen Geschlechter und Geschlechtsidentitäten
Unterstützung wünschen. An                                         Puls 60+.                                 sprachlich abzubilden.

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