Immersion 2019 - Berliner Festspiele
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Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Inhaltsverzeichnis Immersion 2019 — Grußwort — Palast der Republik — Uncanny Valley — The New Infinity 2019 — TaylorMac — A 24-Decade History of Popular Music — Diamante — IMMERSION 2016 | 2017 | 2018 — Förderer und Partner Berliner Festspiele Berliner Festspiele Pressebüro, Schaperstraße 24, 10719 Berlin, T +49 (0)30 254 89–269, F +49 (0)30 254 89–155 presse@berlinerfestspiele.de, www.berlinerfestspiele.de 1/ 31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Grußwort Grußwort: IMMERSION 2019 Grenzauflösende Prozesse im Politischen wie im Gesell- schaftlichen markieren das dritte Jahr unserer Programmreihe, in dem wir versuchen, den Begriff Immersion und dessen Wirkungsräume noch einmal neu zu denken und auszuweiten. Nach fünf Ausstellungen und großen Theaterproduktionen, zwei Symposien zu den Grenzen des Wiss- baren und dem Phänomen des Worldbuilding, dem Auftakt der Pro- jektreihe „The New Infinity“ und unseren 360-Grad-Film-Produktionen mit Arte wollen wir unseren Blick in 2019 über den künstlerischen und wirkungsästhetischen Rahmen hinaus auf das Feld politischer und akti- vistischer Prozesse lenken. Immersion gilt es als Strategie politischen Handelns, als Suchbewegung nach utopischen Gemeinschaften, als Praxis der Auflösung verfestigte Denkmuster und Identitätsentwürfe neu zu befragen. Ausgehend vom „Palast der Republik“, der zwischen Kunst, Diskurs & Parlament einen Möglichkeitsraum eröffnet, der sich über das Festival hinaus in konkreten Ideen und fließenden Bewegungen fortträgt, gestalten wir dieses Jahr vorwiegend mit Künstler*innen und Formaten, die sich einmischen, Situationen anders kreieren, neue soziale Umfelder schaffen oder gar neue Formen von Gesellschaft modellieren. Palast der Republik Liebe, sagt der Künstler Ed Atkins, ist totale Immersion; ist Verschmelzen mit dem Begehrten, die Verdoppelung des Ich, das Auf- blühen im Anderen, oder auch ein Virus. Vieles an der deutschen Wie- dervereinigung lässt sich als ein immersives Geschehen begreifen, als Mitgerissenwerden von Ereignissen, die ihre eigene Dynamik entfaltet haben. Die Wende im Osten duldete mehrheitlich keine Distanz, kein Warten, kein Zögern. Das Ineinanderfließen der beiden deutschen Staa- ten seit 1989 war ein Vorgang, der die Grenze hinfort spülte und für einige Monate ein gesamtdeutsches Lächeln erzeugte, ein Gefühl größ- ter Offenheit und eines gegenseitigen sich neu Entdeckens. Die Konzepte eines neuen, radikal anderen Gesellschaftsentwurfs der Dissident*innen im Osten wirken noch bis ins Frühjahr 1990 nach. Immersiv war aber auch jener subkutane Prozess, der seit der Öffnung der Mauer als der süße Sog des Komforts spürbar wurde, der parat stehenden Lösungen und der Tatkraft des alten Westens, für den die Wiedervereinigung aus- schließlich als ein Beitritt vorstellbar war. Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 2/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Grußwort Mit dem symbolisch neu errichteten „Palast der Republik“ mitten im ehemaligen West-Berlin haben wir die progressiven Impulse der Revolution im Osten von damals aufgegriffen und mit den aktivis- tischen, demokratieverteidigenden Kräften von heute zusammenge- bracht. Dem Geschichtsbild vom „Fall der Mauer“ – also jener scheinbar überreifen, sich beinahe zwangsläufig und wie von selbst ereignenden Implosion des Ostens – wurde ein anderes Erinnern an die Seite gestellt, das die Ereignisse der Wende- und Nachwendejahre genauer betrach- tet, ihr aktives und prospektives Potential freilegt und als eine Ressource von Ideen und alternativer Konzepte eines gesellschaftlichen Wandels würdigt und noch heute als anschlussfähig zeigt. Neue Gemeinschaftsentwürfe: Taylor Mac und Mariano Pensotti Diese Revision einer repressiv erfahrenen Geschichtsschrei- bung prägt auch die Projekte des Immersions-Programms in der zweiten Jahreshälfte 2019. Die Arbeit des amerikanischen Schauspielers, Dra- matikers, Performers und Produzenten Taylor Mac ist ein Kampf gegen Konformismus und gegen heteronormative, patriarchale Verhältnisse. Wir zeigen im Oktober die Europapremiere der ungekürzten und inzwi- schen berüchtigten Produktion „A 24-Decade History of Popular Music“ – eine Show wie ein Trip, die 240 Jahre amerikanischer Geschichte anhand von neu interpretierten Folk- und Popsongs in 24 Stunden erzählt. Tay- lor Mac schildert in dieser schrillen Revue die Geschichte der USA aus der Sicht der People of Colour, der Native Americans, der Homosexu- ellen, Arbeiter*innen, Namenlosen, all derer, deren Stimmen nicht in den Geschichtsbüchern widerhallen. Die groß orchestrierte Produktion aus New York komplettiert sich in Berlin durch eine Gruppe von „Dandy Minions“: Performer*innen aller Art aus den unterschiedlichsten Milieus der Stadt. Mit dem Stück „Diamante“ von Mariano Pensotti, das die Berliner Festspiele mit der Ruhrtriennale und den Wiener Festwochen koproduziert haben, wird im Festspielhaus ein kleines Dorf errichtet. Es erinnert an jene utopischen Werkssiedlungen aus dem Argentinien des letzten Jahrhunderts, in denen moderne Unternehmer eine bessere Welt für ihre Angestellten schaffen wollten und verweist zugleich auf Firmen- städte, wie sie heute von großen Konzernen wie Google und Facebook gebaut werden. In Pensottis Inszenierung, die formal zwischen Reality- show, Konzert und Ausstellungsparcours oszilliert, montiert sich jeder Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 3/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Grußwort Gast selbst den Fortgang der Geschichte, indem sie*er durch die Stadt schlendert und so immer tiefer in die subtile und zunächst kaum wahr- nehmbare Selbstzerstörungsdynamik dieser künstlichen Gesellschaft und ihrer verschiedenen Familien hineingerät. Über sechs Stunden hin- weg entwickelt sich ein raumgreifendes Erzähltheater, das den Zerfall dieser sozial-kapitalistischen Utopie erfahrbar macht. Immersion, das meint für uns vor allem Vorgänge, die unser Erleben und Denken aus den dialektischen Schemata von hier und dort, von Subjekt und Objekt, Gegenüberstellung und strikter Rationalität auflösen, weil wir uns eher in Prozesse verwickelt sehen, in ein Glei- ten von Verhältnissen, die wir konsumieren und zugleich selbst pro- duzieren. Die gesellschaftspolitische Komponente dieser Entwicklung, der wir in den drei großen Produktionen im Festspielhaus nachspüren, wird begleitet von unserer Erforschung neuer Medien und dem Versuch, die immersiven Situationen, wie sie durch neue Technologien immer wirkungsvoller und komplexer entwickelt werden, mit alternativen Angeboten zu versehen, die kein Entertainment sein wollen, sondern zeitgenössischen Künsten neue Instrumente an die Hand geben. The New Infinity. Neue Kunst für Planetarien Die Projektreihe „The New Infinity“ bringt neue Kunst in Planetarien und setzt 2019 ihre Zusammenarbeit mit dem Planeta- rium Hamburg fort. Ausgerüstet mit digitaler Audio- und Videotechnik stellen wir bildendenden Künstler*innen, Musiker*innen und Game- Entwickler*innen die Hardware und das Know-how modernster Pla- netarien zur Verfügung. Im Rahmen von „Wunderbar Together“, dem Deutschlandjahr in den USA, realisiert vom Goethe-Institut, touren die Arbeiten von „The New Infinity“ durch drei Städte der USA. Neben den Werken aus 2018 wird eine neue Arbeit von Agnieszka Polska präsen- tiert. Anschließend findet im September die neue Ausgabe von „The New Infinity“ erneut auf dem Mariannenplatz in Berlin-Kreuzberg im Mobile Dome statt, u.a. mit dem internationalen Künstler*innen-Duo Metahaven. Planetarien sind, so sagte Boris Goesel, Orte, an denen vor gut 100 Jahren zum ersten Mal Technik, Natur und Mensch in eine neue – ökologische – Konstellation getreten sind. Statt die Welt durch ein Loch zu erblicken wie in der camera obscura, beruhen Planetarien auf einem, so James Gibson, „ökologischen Sehen“, dem Erscheinen eines Environments, dessen lichtreflektierende Oberflächen und Objekte die Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 4/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Grußwort Betrachter*innen umgeben und von überallher leuchten. Das lebendig- ästhetische Eingetauchtsein, das in unserer mobilen Kuppel eine neue Erfahrungsweise von Film, Musik, von Ruhe inmitten des Großstadttru- bels ermöglicht, eine andere Erfahrung von Raum und Bewegung, ist sicher nur das Vorspiel ästhetischer und medialer Entwicklungen, die neue Werk- und Erlebnisformen von Kunst mit sich bringen werden. Thomas Oberender Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 5/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Palast der Republik Palast der Republik 8. bis 10. März, Haus der Berliner Festspiele Tickets 3-Tagesticket: € 27 / ermäßigt € 18 Eröffnung: € 9 / ermäßigt € 6 Samstag: € 14 / ermäßigt € 8 Sonntag: 15:00 bis 18:00 Eintritt frei Konzert „Musikpalast“ (19:00) € 14 / ermäßigt € 8 Im Haus der Berliner Festspiele wird vom 8. bis 10. März 2019 der Palast der Republik symbolisch neu errichtet. Künstler*innen, Philosoph*innen, Aktivist*innen, Musiker*innen und Theaterleute bespielen an den drei Tagen das Festspielhaus als große, offene Bühne. Verbunden mit der kritischen Reflexion der ambivalenten Bedeutung des ursprünglichen Palast der Republik nimmt ein „Palast der Gegener- zählungen“ Gestalt an, der die Ereignisse der Wende- und Nachwende- jahre neu betrachtet. Mitten in der von vielen aktuell empfundenen, univer- sellen Krise, die auch Chance für einen großen Übergang sein kann, und ausgehend von der Zwischenzeit Oktober 1989 bis Oktober 1990 eröffnen die Berliner Festspiele / Immersion ein „window of opportu- nity“: Einen Raum für Zukunftsvorstellungen jenseits vergangener und gegenwärtiger Polarisierungen. Das Publikum kann sich frei zwischen Thesen-Revue und Zukunftsparlament, Ideenzirkus und „Musikpalast“, Performance und Film bewegen. Im symbolisch neu errichteten Palast der Republik wird die ambivalente Bedeutung dieses Gebäudes kritisch reflektiert und die Ereignisse der Wende- und Nachwendejahre werden neu betrachtet. Im Verlauf des dreitägigen Festivals erfährt die Idee des Palastes eine mehrfache Transformation und verwandelt sich vom Erinnerungsort über ein Arbeitsforum bis hin zu einem Raum für Kunst. Gleich einer Klammer wird am Anfang und am Ende ein Verfassungsentwurf ste- hen: Am Freitag, 8. März eröffnet die amerikanische Philosophin Susan Buck-Morss mit einer Keynote. Im Anschluss werden die progressiven Entwürfe der Bürgerbewegung der DDR von 1989 in Erinnerung geru- fen, einschließlich ihres damals entstandenen Verfassungsentwurfes, an dem auch Bernhard Schlink als juristischer Berater mitgearbeitet hat. Am Samstag, 9. März sollen in verschiedenen Ausschüssen einzelne Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 6/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Palast der Republik Aspekte der Reformkonzepte von 1989 in Berührung mit den Theo- rien von Aktivist*innen von heute kommen und am Sonntag, 10. März schließlich in Beiträgen zu einer transnationalen europäischen Verfas- sung münden, die helfen sollen, in Zeiten des zunehmenden Populismus und Nationalismus visionäre soziale Ideen in die Zukunft zu tragen. Die künstlerischen Arbeiten, die im „Palast der Republik“ zu sehen sein werden, verhalten sich unterschiedlich zum diskursiven Programm: Mal verlängern sie das Echo eines unerlösten Aufbegehrens – bewahren die Latenz eines alternativen Geschichtsverlaufs, bewahren auch die Hoffnung auf eine solche andere Welt, die in der tagespoli- tischen Realität ungehört bleiben mag und gießen es in atmosphärische, ephemere Räume und Bilder (Trajal Harrell, Alexander Giesche, Augusto Corrieri). Ein anderes Mal wiederholen sie die Schrecken des totalitären Regimes der DDR und bannen sie in Bild und Ritual (Thomas Demand, Technosekte & Henrike Naumann) oder sie beleuchten para-politische Aspekte einer Geschichte und entwerfen eigene Öffentlichkeiten, sub- kutan und subversiv (Anna Zett, Bojana Kunst, Jeremy Wade, Susanne Sachsse). Immer bieten sie sich als Resonanzräume und Störungen des Gesagten an, mal leiser und mal lauter. Im egalitären Nebeneinander von Kunst und Diskurs klingen auch die Ideen einer Zwischennutzung des Palastes der Republik nach, die sich ihrerseits an die architektonischen Konzepte einer „Universität der Straße“ von Cedric Price anlehnte. Freitag, 8. März: Den Palast der Republik auferstehen zu lassen ohne ihn zu verklä- ren ist das Anliegen des Eröffnungsabends, der mit einer Ideenre- vue an die progressiven Impulse der neuen Verfassung erinnert, wie sie 1989/90 am Zentralen Runden Tisch der DDR entwickelt wurde. Mit: Almuth Berger, Tatjana Böhm, Susan Buck-Morss, Boris Buden, Augusto Corrieri, Bernd Gehrke, Trajal Harrell, Max Hertzberg, Sanja Horvatinčić, Gal Kirn, Kerstin Meyer, Ana Ofak, Pan Daijing, Elske Rosenfeld, Bénédicte Savoy, Bernhard Schlink & Technosekte + Henrike Naumann, Ana Ofak, Pan Daijing, Elske Rosenfeld, Bénédicte Savoy, Bernhard Schlink Samstag, 9. März: In „parlamentarischen Ausschüssen“ wird am Samstag heutigen politischen Konflikten nachgegangen, die in Verbindung zu den Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 7/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Palast der Republik Ereignissen der Wendejahre stehen. Dem gegenüber wird ein Para- parlament gestellt, das jenseits der großen Bühne repräsentationaler Politik einen Raum für andere Formen der politischen Praxis öffnet. Mit: Matthias Baerens, Boris Buden, Aris Chatzistefanou, Gabriele Dolff- Bonekämper, Naika Foroutan, Anastasia Frantzeskaki, Bernd Gehrke, Alexander Giesche, Andrej Holm, Srećko Horvat, Anetta Kahane, Gal Kirn, Inge Kloepfer, Thomas Krüger, Bojana Kunst, Antonia Majaca, Irene Misselwitz, The Performance Bar, Vijay Prashad, Jörg Roesler, Andreas Siekmann, Jan Sowa, Gabriele Stötzer, Margarita Tsomou (HAU – Hebbel am Ufer), Jeremy Wade, Samia Zennadi & Anna Zett abends: CHEAP mit Susanne Sachsse, Marc Siegel, Vaginal Davis, John Blue, Maurice de Martin, Şenol Şentürk, Martin Siemann, Richard Gabriel, Akira Knightly, Ruth Schönegge, Pola Sieverding, Ligia Lewis, Pamela Schlewinski und Überraschungsgästen Sonntag, 10. März: Nach der Erinnerung an die progressiven Ideen des Wendejahres 1989 endet der „Palast der Republik“ am Sonntag mit Über- legungen zu einer Erneuerung des Gesellschaftsvertrags und schließt abends mit dem „Musikpalast“, einem Live-Mixtape, das gleichzeitig Laboratorium und Live-Seminar neuester Musik ist. Mit: Boris Buden, Naika Foroutan, Srećko Horvat, Lorenzo Marsili, Helge Peters, Vijay Prashad, Bénédicte Savoy, Anna Stiede, Margarita Tsomou & Yanis Varoufakis abends: Musikpalast: stargaze live mixtape for the PEOPLE (Kurator: André de Ridder) mit Astronautalis, Tyondai Braxton, Buke and Gase, Cantus Domus, Arone Dyer, Andi Haberl (The Notwist) & Kaj Duncan David, Anja Plaschg (Soap&Skin), stargaze Installationen & Filme von Bini Adamczak, Cynthia Beatt, Georgi Bog- danov & Boris Missirkov, Can Candan, Gesine Danckwart & Sven Düfer, Thomas Demand, Gabriele Dolff-Bonekämper, Igor Grubić, Felix Grütsch, Burkhard von Harder, Sylvain L'Espérance, Neša Paripović, Klaus Pobit- zer, Elske Rosenfeld, Christoph Rüter, Dirk Schneider & Hubertus Siegert Kurator*innen Maximilian Haas, Sebastian Kaiser, Thomas Oberender, Elske Rosenfeld, Joshua Wicke Musik-Kurator André de Ridder Film-Kurator: Jochen Werner Hausgestaltung Dominic Huber Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 8/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Palast der Republik Verfassen, nicht verfasst werden Geschichte des Verfassungsentwurfs des Zentralen Runden Tisches, Dezember 1989 – November 1994 Von Elske Rosenfeld Co-Kuratorin „Palast der Republik“ Die Erarbeitung einer neuen Verfassung für die DDR war, neben der Vorbereitung freier Wahlen, eines der erklärten Hauptan- liegen der neuen Gruppierungen und des Zentralen Runden Tisches. Bereits bei dessen erstem Treffen am 7. Dezember 1989 wurde die Ein- setzung einer Arbeitsgruppe beschlossen, die einen Verfassungsentwurf entwickeln sollte. Wolfgang Ullmann von der Bürgerbewegung Demo- kratie Jetzt (DJ) beschrieb die Aufgabe einer solchen neuen Verfassung laut Deutschlandfunk Kultur nach dem ersten Treffen wie folgt: „Man könnte es auch so ausdrücken: Wir müssen das in Worte kleiden, was wir am 4.11. [bei der Massendemonstration auf dem Berliner Alexan- derplatz] erlebt haben, nicht? Dass in einer überzeugenden und nicht demagogischen und nicht tumultartigen Weise klargestellt wurde, wer das Volk ist.“ Die Aufgabe, erst das Volk selbst und dann die Formen und Modi seiner Willensbildung und -äußerung in Worten – als Verfassung – festzuschreiben, sollten folglich nicht Expert*innen leisten, sondern die Kräfte der Revolution selbst. Wolfgang Templin, Mitglied der AG Neue Verfassung, sagt 2015 dazu in derselben Sendung des Deutschlandfunks: „Unser Idealismus, wenn man so will, sogar utopischer Ide- alismus, bestand darin, dass wir meinten, das müssten diejenigen, die diese DDR-Gesellschaft erlebt, mitgestaltet und bitte sehr auch erlit- ten hatten, wenn sie im Widerstand dazu waren, möglichst aus eigenen Kräften machen.“ Die Arbeitsgruppe nahm am 19. Dezember 1989 ihre Arbeit auf. Sie setzte sich zunächst aus Vertreter*innen der am Runden Tisch versammelten Gruppierungen zusammen. Später holten sich die Grup- pen paritätisch je ein bis zwei Berater*innen aus Ost und West dazu. Es bildeten sich vier Untergruppen zu den Themen Menschenrechte, gesell- schaftliche und politische Willensbildung, Eigentums- und Wirtschafts- ordnung sowie Staatsgrundsätze, Staatsaufbau, Kommunalautonomie. Die neue Verfassung sollte die 1968 und 1974 revidierte DDR-Verfas- sung von 1949 ersetzen. Sie sollte sich am westdeutschen Grundgesetz Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 9/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Palast der Republik orientieren, gleichzeitig aber aus der Erfahrung der DDR-Geschichte heraus in größerem Umfang Grundrechte und Formen direkter Mitbe- stimmung aufnehmen. Die Abschnitte zu den Menschenrechten und der politischen Partizipation durch Bürgerbewegungen, -begehren, -entscheide und andere Formen direkter Demokratie lasen sich wie ein Katalog jener gesellschaftlichen Fragen, an denen die Autor*innen den DDR-Sozialismus besonders gravierend gescheitert sahen. Wolfgang Ullmann in einer Rede im Juni 1990 dazu: „Demokratie […] muß in einem erweiterten Sinne verstanden werden, in einer Erweiterung, die unserer Erfahrung von 40 Jahren Diktatur nach 12 Jahren einer ganz anders gearteten Diktatur Rechnung trägt. Eine Demokratie, die sich nicht reduzieren läßt auf die Regeln der parlamentarischen und reprä- sentativen Demokratie. […] [E]in Staatswesen ganz neuen Typs […]“ (1992, S. 79). Die inhaltliche Ausrichtung des Entwurfs verschob sich während der dreimonatigen Arbeitsphase im Zuge des politischen Rich- tungswechsels. Je deutlicher sich die Option eines bedingungslosen Beitritts der DDR zum Geltungsbereich des bundesdeutschen Grund- gesetzes nach dessen Artikel 23 abzeichnete, umso wichtiger wurde der neue Verfassungsentwurf. Er diente als Symbol und Mittel des am Runden Tisch formulierten Gegenmodells einer – nunmehr demo- kratisch, sozial und ökologisch gestalteten – eigenständigen DDR und deren gleichberechtigter Mitgestaltung eines Vereinigungsprozesses. Die Festschreibung von demokratischen Strukturen sowie von Men- schen- und Bürgerrechten wurde um wirtschaftliche Grundsätze und soziale Ziele erweitert. Bestimmte, von den Autor*innen als bedroht wahrgenommene soziale Rechte – wie das Recht auf Arbeit, Wohnraum, Bildung, Gleichberechtigung, aber auch Formen der betrieblichen Mit- bestimmung, Streikrechte und ein Aussperrungsverbot – wurden verfas- sungsrechtlich festgehalten. Erst durch die Gewährung dieser Rechte, so die Verfasser*innen, könne das Grundrecht des Menschen auf Würde, Freiheit und Gleichheit wirksam werden. Würde sei hier, wie der als Berater an der Arbeit der Verfassungsgruppe beteiligte Ulrich K. Preuß 2014 bei einer Podiumsdiskussion erklärte, nicht wie im Grundgesetz an das Individuum gebunden, sondern als Beziehung zwischen Menschen gedacht. Die AG Neue Verfassung war ursprünglich nur beauftragt worden, dem Runden Tisch Verfassungsgrundsätze zur weiteren Dis- kussion zu unterbreiten. Unter dem Druck der Ereignisse beschloss die Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 10/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Palast der Republik Gruppe jedoch, in ihrer – durch die Vorverlegung der Wahlen vom 6. Mai auf den 18. März verkürzten – Arbeitsperiode ein noch ambitionierte- res Dokument vorzulegen: einen kompletten Verfassungsentwurf. Bei der letzten Sitzung des Runden Tisches am 12. März 1990 – sechs Tage vor der Volkskammerwahl – wurden die Gesichtspunkte für eine neue Verfassung zu vier thematischen Feldern von den Autor*innen vorge- tragen. Der komplette Verfassungstext wurde danach von einer Redak- tionsgruppe unter hohem persönlichen Einsatz gerade noch rechtzeitig fertiggestellt, um ihn am 4. April an die sich am nächsten Tag konstitu- ierende, neu gewählte Volkskammer zu übergeben. Doch der Text fand nicht wie geplant Eingang in die Sitzung. Die Fraktion der Allianz für Deutschland (AfD) unterließ es sogar offiziell, das Dokument an ihre Abgeordneten weiterzuleiten. Die AfD war das Wahlbündnis aus der Ex-Blockpartei CDU sowie den neu entstandenen Mitte-Rechts-Grup- pierungen Deutsche Soziale Union (DSU) und Demokratischer Aufbruch (DA), das die Volkskammerwahlen mit 48 % gewonnen hatte. Besprochen wurde der Entwurf in der Volkskammer nur zweimal, am 19. und 26. April 1990. Beide Male wurde er nur am Rande diskutiert und kam erst auf Druck der zahlenmäßig kaum vertretenen Abgeordneten der Bürgerbewegungen überhaupt auf die Tagesordnung. Die kurzen Diskussionen zum Entwurf sind aufschlussreich. Vor allem Vertreter*innen der Allianz sahen in jeglicher Diskussion einer neuen DDR-Verfassung eine fahrlässige „Zeitverschwendung“, wenn nicht gar ein „Hindernis für die deutsche Einheit“. „Wir von der DSU wollen keine Neukonsolidierung der DDR.“ Ein Vertreter der CDU fürchtete gar, in dem nötigen Diskussionsprozess zur neuen Verfassung könnte die „Kon- troverse den Willen zur gemeinsamen Staatlichkeit einschläfern“. Die Wahl sei ein Mandat für einen schnellen Beitritt zur BRD, nicht aber für eine umfangreiche Verfassungsdiskussion. Diese Auslegung der parlamentarischen Mehrheiten als Zustimmung in einer Sachfrage war jedoch nicht ganz zutreffend: Nach einer von Gerd Poppe in der Sitzung am 19. April zitierten Umfrage „eines bekannten Meinungsforschungs- instituts“ vom 10. April wünschten sich 42 % der DDR-Bürger*innen eine neue Verfassung der DDR, und weitere 38 % eine neue gesamtdeut- sche Verfassung – nur 9 % waren für die Übernahme des bestehenden Grundgesetzes der BRD. Die Vertreter*innen von Bündnis 90, Grüne/UFV und PDS sahen hingegen gerade in der Bildung eines Verfassungsausschus- ses – der öffentlichen Diskussion und Abstimmung über eine neue Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 11/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Palast der Republik Verfassung – eine Fortführung und Stärkung ebenjener politischen Ermächtigung – der „demokratischen Selbstkonstitution“ (Poppe) der DDR-Bürger*innen –, die mit der Revolution im Herbst begonnen hatte. „Wir sind für die Autorisierung dieser Verfassung durch die Bevölkerung, die nicht verfaßt werden sollte, sondern sich in einem solchen Prozeß der Diskussion ihre Verfassung als Subjekt selbst geben sollte, um so mehr als mit dem, was auf uns zukommt […].“ (Riege, PDS) Genau jener aufwendige Prozess der gemeinsamen Diskussion und ,Reifung’, welche die Allianzfraktion als Hinderungsgrund sah, galt diesen Abge- ordneten als Wert an sich. Auch die Tatsache, dass über eine Diskussion der Verfassung die Erfahrung des Lebens in der DDR zum Verhandlungs- gegenstand würde, sprach nach Ansicht der einen für, nach Auffassung der anderen gegen das Ermöglichen einer öffentlichen Diskussion. Die beiden Vorstöße der Mitverfasser*innen des Entwurfs für eine solche öffentliche Debatte scheiterten am 19. und 26. April an den Mehrheiten im Parlament. Unter Federführung der Allianz wurde statt des Entwurfs des Runden Tisches die Verfassung der DDR von 1949 („bewährte Ele- mente“, Becker, CDU) zur Grundlage des schließlich am 17. Juni ver- abschiedeten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Verfassung der DDR. Das Parlament setzte damit den schon von der vorherigen, SED/PDS-geführten Volkskammerkommission begonnenen Prozess fort, der die Anpassung der DDR-Verfassung an die Erfordernisse eines maßgeblich von bundesdeutscher Seite gestalteten Einigungsprozesses gewährleisten sollte. Dies geschah vor allem, um ab Januar die Grund- lagen für die Privatisierung von Grund und Boden und die Gründung von Unternehmen mit ausländischer Beteiligung zu schaffen. Am Vorabend der Verabschiedung dieser Verfassung grün- dete sich in Berlin ein Kuratorium für einen demokratisch verfassten Bund deutscher Länder, in dem sich ehemalige Teilnehmer*innen des Runden Tisches und Mitautor*innen des Verfassungsentwurfs aus den Bürgerbewegungen mit anderen Persönlichkeiten aus Ost und West zusammentaten. Sie versuchten, auf Grundlage des Entwurfs des Runden Tisches eine öffentliche Debatte zur Schaffung einer neuen gesamtdeutschen Verfassung – und deren Bestätigung per Volksent- scheid – auf den Weg zu bringen. Für diesen Volkentscheid sammelte das Neue Forum landesweit 230.000 Unterschriften. Der Verfassungs- entwurf des Runden Tisches war inzwischen in einer Zusammenarbeit zwischen dem Staatsverlag der DDR und dem neu gegründeten Basis- Druck Verlag in einer Auflage von 10.000 Stück als Buch erschienen und wurde während der Unterschriftensammlung verteilt. 1991 wurde dann Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 12/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Palast der Republik auch der erweiterte Verfassungsentwurf des Kuratoriums fertiggestellt; er mündete aber nie in der Erarbeitung einer neuen gesamtdeutschen Verfassung. Die im Bundestag geäußerten Kommentare zu diesem Ver- fassungsentwurf ähnelten denen in der Volkskammer. „Kosmetik, Lyrik und Utopie“, seien die Vorschläge, so CDU-Mitglied Rupert Scholz. (zit. in Spiegel, 1992) Eine Verfassungsdiskussion sei überflüssig, riskant und von der Bevölkerung nicht gewollt. Dabei entsprach das Meinungsbild zur Grundgesetzänderung in der Bevölkerung auch dieses Mal nicht den parlamentarischen Mehrheiten: Laut einer Anfang 1992 im Spiegel zitierten Umfrage waren in den neuen Ländern 58 %, in den alten 41 % der Befragten gegen den Beibehalt des unveränderten Grundgesetzes. In der gleichen Umfrage sprachen sich 77 % der Ostdeutschen für einen Ausbau des Sozialstaats und eine deutliche Mehrheit für mehr direkte Demokratie durch Volksentscheide aus. Wolfgang Ullmann schrieb 2001, dass die Möglichkeit unmittelbarer Demokratie, „die das Volk der DDR durch sein Engagement im Herbst 1989 allen Deutschen vorgelegt hatte“, auch einer der Hauptgründe für die Ablehnung einer derartigen Verfassungsdiskussion durch die westdeutsche politische Elite im Abge- ordnetenhaus gewesen sei. Um dem Einigungsvertrag Genüge zu tun, wurde Ende November 1991 eine Gemeinsame Verfassungskommission (GVK) eingesetzt, in die sich Ullmann als Vertreter von Bündnis 90/ Grüne fast einklagen musste. Von den im November 1994 verabschiedeten Änderungen und Ergänzungen des Grundgesetzes waren letztlich nur zwei auf den Einfluss der Bürgerbewegungen zurückzuführen: die Förderung der geschlechtlichen Gleichberechtigung (Art. 3) und der Schutz der Umwelt (Art. 20a) als Staatsauftrag. Ansonsten blieb die Vorstellung, dass sich aus der DDR etwas „Bewahrenswertes“ in die neue Verfas- sung übernehmen ließe, ein Tabu. Auch in den fünf neuen Bundesländern mobilisierten west- deutsche konservative Stiftungen, Organisationen, Jurist*innen und Wissenschaftler*innen (laut der Spiegel-Recherche von 1992) gegen jegliche Bestrebungen, soziale Rechte in den neuen Landesverfas- sungen einklagbar zu verankern. Sie warnten davor, durch ambitionierte Staatsziele bei den Bürger*innen „Erwartungen zu wecken“. Unterneh- merische Tätigkeiten dürften keinesfalls an ökologische Zielsetzungen gebunden werden, Volksbefragungen seien eine „Flucht aus der Verant- wortung“ und eine Bedrohung der parlamentarischen Demokratie. Die Entwürfe der neuen Parlamente wurden folglich umgeschrieben, bis Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 13/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Palast der Republik von den – zumindest von B90/Grüne, PDS und SPD aus dem Entwurf des Runden Tisches übernommenen – Vorschlägen zu sozialen Rechten und Verfahren direkter Demokratie kaum etwas übrig geblieben war. Ullmann – der die Arbeit an einer neuen Verfassung vom Runden Tisch über das Kuratorium bis zu seinem Austritt aus der Verfas- sungskommission des Bundestages 1993 vorangetrieben hatte – schrieb zu den Gründen deren Scheiterns: „Daß dies [dem Verfassungskonzept des Runden Tisches Geltung zu verschaffen] nicht gelang, lag nicht etwa am utopischen Charakter dieses Konzeptes, sondern an dem Widerstand, den es her- vorrief, weil von anderer Seite seine Realisierbarkeit nur zu sehr gefürch- tet wurde“ (2001, S. 114). Einig waren sich Befürworter*innen und Gegner*innen der Verfassung wohl darin, dass mit der Verfassungsdebatte nichts Geringeres als eine fundamentale Weichenstellung für die politische Ausrichtung des wiedervereinten Deutschlands und Europas auf dem Spiel stand. Mit der Option einer breit geführten Verfassungsdiskus- sion verschwand auch die Perspektive eines anderen politischen Weges. Statt die Ausweitung von sozialen Rechte und Teilhabebefugnissen voranzutreiben, legte der Bundestag 1993 die verfassungsrechtlichen Grundlagen für die Privatisierung von Bahn und Post – und schränkte das Asylrecht ein. Auszug aus: Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #5: „Zur Verfassung. Recherchen, Dokumente 1989–2017“ Elske Rosenfeld, Kerstin Meyer, Joerg Franzbecker, 2017 Quellen: • Arbeitsgruppe „Neue Verfassung der DDR“ des Runden Tisches, Verfassung Der Deutschen Demokratischen Republik. Entwurf, Berlin 1990. • Christopher Banditt, Das „Kuratorium für einen demokratisch verfassten Bund deutscher Länder“ in der Verfassungsdiskussion der Wiedervereinigung, in: bpb – Deutschland Archiv, 16.10.2014 • Bazillus gegen das Grundgesetz?, in: Der Spiegel 2/1992 • Das Bundesarchiv, Protokoll der 3. Tagung der Volkskammer der DDR am 19. April 1990 • Das Bundesarchiv, Protokoll der 5. Tagung der Volkskammer der DDR am 26. April 1990 • Eckart Conze, Katharina Gajdukowa, Sigrid Koch-Baumgarten (Hg.), Die demokratische Revolution 1989 in der DDR, Köln/Weimar/Wien 2009. • Bernd Gehrke, Radikaldemokratische Alternative für die DDR und die BRD? Zur Historischen Bedeutung des Verfassungsentwurfes des Zentralen Runden Tisches in Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 14/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Palast der Republik der DDR, Vortrag bei der Tagung Der Verfassungsentwurf des Runden Tisches in der DDR. Chance – Scheitern – Aktualität der Stiftung Haus der Demokratie und Menschenrechte am 17.10.2014. • Jürgen Hartmann (Hg.), Pluralismus und Parlamentarismus in Theorie und Praxis. Winfried Steffani zum 65. Geburtstag, Opladen 1992. • Irena Kukutz, Chronik der Bürgerbewegung NEUES FORUM 1989–1990, Berlin 2009. • Klaus Emmerich, Ulrich K. Preuß, Rosemarie Will, Klaus Wolfram, Konstituierung, Arbeitsprozess und Scheitern des Verfassungsentwurfes des Runden Tisches. Gesprächsrunde mit damaligen Akteuren der Arbeitsgruppe des Runden Tisches, Podiumsgespräch bei der Tagung Der Verfassungsentwurf des Runden Tisches in der DDR. Chance – Scheitern – Aktualität der Stiftung Haus der Demokratie und Menschenrechte am 18.10.2014. • Martin Rath, Zwanzigster Jahrestag Verfassungsentwurf für Deutschland. Ein vergessenes Stück staatsrechtlicher Phantasie, in: Legal Tribune Online, 03.04.2011 • Klaus Michael Rogner, Der Verfassungsentwurf des Zentralen Runden Tisches der DDR. Beiträge Zur Politischen Wissenschaft, Bd. 66, Berlin 1993. • Elske Rosenfeld, Interview mit Klaus Wolfram, Mitverfasser des Verfassungsentwurfs des Zentralen Runden Tisches, 26.08.2010. • Thilo Schmidt, Deutsche Rufe (10). Der Verfassungsentwurf des Runden Tisches 1990, in: Deutschlandfunk Kultur, 14.07.2015 • Uwe Thaysen (Hg.), Der Zentrale Runde Tisch der DDR. Wortprotokoll und Dokumente, Opladen 1999. • Wolfgang Ullmann, Für einen demokratisch verfaßten Bund Deutscher Länder. Rede auf der Gründungsveranstaltung der ersten gesamtdeutschen Bürgerinitiative im Berliner Reichstag am 16. Juni 1990, in: Wolfgang Ullmann, Bernhard Maleck (Hg.), Verfassung und Parlament. Ein Beitrag zur Verfassungsdiskussion. Berlin 1992. • Wolfgang Ullmann, Der Verfassungsentwurf des Runden Tisches – reelle Chance oder Utopie?, in: Catharina Schultheiss, Peter Bohley und Andrea Pabst (Hg.), Wir sind das Volk? Ostdeutsche Bürgerrechtsbewegungen und die Wende, Tübingen 2001. Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 15/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Uncanny Valley Uncanny Valley Rimini Protokoll (Stefan Kaegi) & Thomas Melle 8. bis 17. März, Haus der Berliner Festspiele Termine 08.03.2019: 16:30, 19:00 und 22:00 09.03.2019: 19:30 10.03.2019: 15:00 und 17:00 11./12.03.2019: jeweils 18:00 und 21:00 13.–16.03.2019: jeweils 18:30 17.03.2019: 16:30 Tickets € 12 / ermäßigt € 8 Wir kennen Roboter vor allem als Arbeitsmaschinen. In der deutschen Industrie sehen sie Menschen kaum ähnlich, um emotionale Verstrickungen zu vermeiden. In Asien hingegen werden schon länger humanoide Roboter entwickelt, etwa für die Alterspflege oder als Sex- partner. Die äußerliche Ähnlichkeit zu Menschen soll hier die Akzep- tanz der Maschine erleichtern. Sie weckt aber auch Misstrauen: Was ist Mensch, was Maschine? Der japanische Roboterwissenschaftler Masa- hiro Mori hat festgestellt, dass humanoide Roboter keineswegs immer mehr akzeptiert werden, je menschenähnlicher sie werden, sondern deren Akzeptanz in einem bestimmten Bereich rapide abnimmt und erst weit später, wenn die künstliche Maschine vom Menschen kaum mehr zu unterscheiden ist, wieder zunimmt. Diese Akzeptanzlücke, die in jenem unheimlichen Bereich zwischen „echt“ und „künstlich“ ent- steht, nennen japanische Roboterforscher „Uncanny Valley“. Für die Aufführung des Stücks „Uncanny Valley“ wurde vom Schriftsteller Thomas Melle ein animatronisches Double erstellt – ein täu- schend echter Roboter, der anstelle des Autors auf der Bühne steht. Die Maschine als Schauspieler – wie weit geht die Illusion? Kann ein Roboter uns ähnlich berühren wie ein Mensch? Ist er überhaupt noch von ihm zu unterscheiden? Der wirkliche Thomas Melle beobachtete und Stefan Kaegi dokumentierte, wie Ingenieur*innen aus Servomotoren und Sili- kon seinen Körper neu zusammensetzten und so programmierten, dass die Motoren sein Bewegungsrepertoire bis in kleinste Details überneh- men. Durch Feinmechanik, Maske und Kostüm wurde der humanoide Roboter zu einem Darsteller, dessen Mimik, Gestik und Sprache womög- lich Empathie auslösen – doch Empathie mit wem? Mit Melle selbst, der Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 16/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Uncanny Valley ja nicht mehr da ist, oder doch schon mit dem Roboter? Wer spricht im unheimlichen Tal? In diesem Stück von Rimini Protokoll wird die Maschine zur Projektionsfläche für eine Zukunft, in der das menschliche Original so real ist wie sein technisches Double. Thomas Melle gibt die Kontrolle an einen Doppelgänger ab, der ihn ersetzt, über das wechselseitige Verhältnis reflektiert und dieses Nachdenken als vielfach gespaltenen Vorgang Abend für Abend identisch wiederholbar macht. So gleiten Ori- ginal und Kopie in faszinierender Weise ineinander, ein überraschendes Beispiel für die wechselseitige Durchdringung von Technik und Natur – wie viel vom Menschen Melle steckt in dieser Technik und wie viel Tech- nik bald schon im Menschen? Konzept, Text, Regie Stefan Kaegi Text, Körper, Stimme Thomas Melle Ausstattung Evi Bauer Animatronik Chriscreatures Filmeffects GmbH Herstellung & Art Finish des Silikonkopfes / Koloration & Haare Tommy Opatz Dramaturgie Martin Valdés-Stauber Video Design Mikko Gaestel Musik Nicolas Neecke Uraufführung am 4. Oktober 2018, Münchner Kammerspiele. Produktion Münchner Kammerspiele In Koproduktion mit Berliner Festspiele / Immersion, donau festival (Krems), Feodor Elutine (Moscow), FOG Triennale Milano Performing Arts (Milano), Temporada Alta – Festival de Tador de Catalunya (Girona), SPRING Utrecht Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 17/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 The New Infinity The New Infinity Neue Kunst für Planetarien The New Infinity on Tour 28. – 30.06., Wisdome Immersive Art Park, Los Angeles, Kalifornien 12. – 14.07., Sudekum Planetarium, Nashville, Tennessee 25. – 27.07., Arvin Gottlieb Planetarium, Kansas City, Missouri August und September 2019 „The New Infinity“ mit neuen Arbeiten in Hamburg und Berlin Die Entwicklungen der digitalen Welt stellen die Infra- strukturen aus der analogen Zeit vor neue Herausforderungen. Das gilt auch für das Planetarium, das bereits seit hundert Jahren als Tor in die Unendlichkeit des Sternenhimmels ein Raum für entgrenzte, immersive Gemeinschaftserfahrungen ist. Verbunden mit digitaler Technologie und mobiler Architektur kann es neue Erfahrungen ermöglichen, neue Gemeinschaften schaffen und Ereignisse vermitteln – auch für ein Publi- kum, das die Künste sonst nur schwer erreicht. Als weltweit verbreitete Hardware ist das Planetarium ein ideales Mittel, um Technologie- und zeitgenössische Kunsterfahrungen zu demokratisieren und zu verbrei- ten. Es ermöglicht eine sehr zeitgemäße Form globaler Gleichzeitigkeit. In der Programmreihe „The New Infinity“ präsentieren die Berliner Festspiele/Immersion in Kooperation mit dem Planetarium Hamburg ab Herbst 2018 neue künstlerische Fulldome-Produktionen. Fulldome beschreibt den technisch maximalen Bildeindruck unserer Zeit, der als Gruppe erleb- und teilbar ist. Das Planetarium Hamburg zählt zu den führenden und besucherstärksten Häusern seiner Art im deutschsprachigen Raum und ist wichtiger Akteur der International Planetarium Society. Es möchte seinen Weg fortsetzen, die eigene Ein- richtung für künstlerische Inhalte zu öffnen und sie durch sein Netzwerk zu verbreiten. Mit allerneuster technischer Ausstattung verfügt es über ungeahnte Potentiale für immersive Begegnungen. Für „The New Infi- nity“ möchten wir den Kuppelraum Künstler*innen als Ermöglichungs- apparat zur Verfügung stellen, um mit den Mitteln digitaler Audio- und Videotechnik das zu erschaffen, was seit Menschengedenken in immer wieder neuen Entwicklungsstadien versucht wird: Momente der Entgrenzung zu erzeugen und Ahnungen von etwas erfahrbar zu machen, das die Grenzen unserer Wahrnehmung überschreitet – die Unendlichkeit. Von 2018 bis 2020 laden wir Bildende Künstler*innen, Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 18/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 The New Infinity Klangkünstler*innen, Filmemacher*innen und Game-Entwickler*innen ein, neue Kunstproduktionen für den Kuppelraum zu erarbeiten. Die Reihe eröffnete am 26. September 2018 im Rahmen der Berlin Art Week in einer mobilen Kuppel auf dem Mariannenplatz, mit neuen Arbeiten von David OReilly, Holly Herndon & Mathew Dryhurst und Fatima Al Qadiri & Transforma sowie einem Abschlusskonzert mit William Basinski, Evelina Domnitch & Dmitry Gelfand. Anschließend wurden die Arbeiten im Planetarium Hamburg und auf zahlreichen internationalen Festivals präsentiert. Im Rahmen von „Wunderbar Together“, dem Deutschland- jahr in den USA, realisiert vom Goethe-Institut, touren die Arbeiten von „The New Infinity“ durch drei Städte der USA. Neben den Werken aus 2018 wird eine neue Arbeit von Agnieszka Polska präsentiert. Anschlie- ßend findet im September die neue Ausgabe von „The New Infinity“ erneut auf dem Mariannenplatz in Berlin-Kreuzberg im Mobile Dome statt, u.a. mit dem internationalen Künstler*innen-Duo Metahaven. Das Projekt „The New Infinity on Tour“ ist Teil der Initiative „Deutschlandjahr USA 2018– 19“. „Deutschlandjahr USA 2018–19“ ist gefördert vom Auswärtigen Amt (AA), realisiert durch das Goethe-Institut und unterstützt vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 19/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Taylor Mac Taylor Mac — A 24-Decade History of Popular Music Oktober 2019, Haus der Berliner Festspiele Termine 10./12./18./20. Oktober, jeweils 18:00 – 24:00 h Tickets Der Vorverkauf startet im Mai 2019 Mit 240 Popsongs durch 240 Jahre amerikanischer Geschichtsschreibung: Taylor Macs monumentale Show „A 24-Decade History of Popular Music“ erzählt eine alternative Geschichte der USA. Die vielfach ausgezeichnete Arbeit des amerikanischen Dramati- kers, Performers und Produzenten, die im Haus der Berliner Festspiele in der ungekürzten Fassung ihre Europapremiere feiert, nimmt sich des Kampfes gegen Unterdrückung, Konformismus, Rassismus und patriarchale Verhältnisse an. Das 24-stündige Werk ist im Festspiel- haus über vier Abende hinweg zu erleben und entwickelt mit rund 100 Performer*innen eine schillernde, opulente Revue, in der all jene zu Wort kommen, deren Stimmen nicht in den Geschichtsbüchern widerhallen. „‚A 24-Decade History of Popular Music‘ ist ein Reenact- ment, das zeigt, warum Individuen auf lange Sicht Verlierer sind, während Gemeinschaften und Bewegungen, wenn sie kontinuierlich zusammengeführt werden, das Potenzial haben, zu gedeihen und immer gerechter zu werden“, so Taylor Mac. „Ich bin kein Lehrer. Mein Job ist es, Menschen an etwas zu erinnern. Ich erinnere das Publikum an Dinge, die es vergessen, verworfen oder verdrängt hat – oder die andere für es verdrängt haben.“ judy – so das bevorzugte Gender-Pronomen von Taylor Mac – tritt mit dieser ermächtigenden Geste auf und begibt sich in ein unbändiges Spiel, in dem sich die Grenzen zwischen Zuschauer- raum und Bühnenshow, zwischen Innen und Außen, zwischen vermeint- licher Realität und gewünschter Fiktion zunehmend auflösen. Die groß orchestrierte Produktion aus New York komplettiert sich durch Berliner Musiker*innen, Special Guests und eine Gruppe von „Dandy Minions“: Performer*innen aller Art aus den unterschiedlichsten Milieus der Stadt. Regie, Autor & Performer: Taylor Mac Dramaturgie: Jocelyn Clarke Kostüm: Machine Dazzle Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 20/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Taylor Mac Musikalische Leitung & Arrangement: Matt Ray Co-Regie: Niegel Smith Bühnenbild: Mimi Lien Licht: John Torres Sounddesign: Jimin Brelsford Choreografische Beratung: Jawole Zollar Produktion: Pomegranate Arts Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 21/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Diamante Diamante Mariano Pensotti / Grupo Marea November 2019, Haus der Berliner Festspiele Termine 16.11.19, 17:00–23:00 17.11.19, 15:00–21:00 20.11.19, 17:00–23:00 22.11.19, 17:00–23:00 23.11.19, 17:00–23:00 24.11.19, 15:00–21:00 Tickets Der Vorverkauf startet im Mai 2019 Mariano Pensotti baut für sein Stück „Diamante“ ein Dorf ins Haus der Berliner Festspiele. Auf der Bühne und im Saal stehen Holz- häuschen, zwischen denen sich die Gäste in vielen kleinen Gruppen von einem Ort des Geschehens zum anderen bewegen und das Leben im Dorf beobachten können. Diese Siedlung am Rande des Dschungels ist ein besonderer Ort, denn sie befindet sich im Privatbesitz eines Unter- nehmens wie es sie nicht nur in Lateinamerika gibt. Vor gut 100 Jahren, so die Fiktion des Schriftstellers, Filmregisseurs und Theatermachers Mariano Pensotti, errichtete sie der deutsche Industrielle Emil Hügel im Norden Argentiniens als Werkssiedlung für sein Kohle- und Stahl-Unter- nehmen „Goodwind“. Heute ist Diamante eine Art Dschungel-Silicon Valley und spezialisiert auf die Programmierung von Software. In Pensottis Inszenierung erleben die Besucher*innen zusammen mit den Einwohner*innen – gespielt von argentinischen und deutschen Darsteller*innen –, wie sich die Stadt im Laufe eines Jahres von einer florierenden sozial-kapitalistischen Utopie in ein Horrorsze- nario verwandelt: Allmorgendliche, gemeinsame Sportübungen und allabendliches, gemeinsames Musizieren werden abgelöst von Raub- überfällen und der Angst vor den Anderen, die in den umliegenden argentinischen Dörfern wohnen. Die stolzen Arbeiter*innen der Fabrik verwandeln sich allmählich in Dienstleistende, die unter prekären Bedingungen leben. Mariano Pensotti bringt große Geschichten in einer Mischung aus Realität und Fiktion auf die Bühne, die eine besondere Form von Gesamtkunstwerk aus Spiel, Licht und Film annehmen. In Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 22/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 Diamante diesem sechsstündigen Theaterereignis sind die Besucher*innen dazu eingeladen, nicht nur in die Fenster der Häuser von Diamante zu schauen, sondern sich auch ihren eigenen Weg durch die vielen Leben der Bewohner*innen zu suchen. Mariano Pensotti erzählt nicht nur die Geschichte der Privatstadt Diamante in Argentinien, sondern macht das Szenario einer Werkssiedlung oder sogenannten Free Private City, in der die Nutzung öffentlicher Güter und Dienste von der Strategie eines Konzerns abhängen, erlebbar – ein Phänomen, das im 21. Jahrhundert längst nicht mehr so futuristisch und utopisch ist wie es klingt. Text, Regie: Mariano Pensotti Bühne, Kostüm: Mariana Tirantte Musik: Diego Vainer Licht: Alejandro Le Roux Künstlerische Produktionsleitung: Florencia Wasser Eine Uraufführung der Ruhrtriennale 2018. Die Aufführungen in Berlin sind eine Produktion der Berliner Festspiele / Immersion in Koproduktion mit den Wiener Festwochen und dem Grand Theatre Groningen. Berliner Festspiele Pressemappe Immersion 2019 23/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 IMMERSION 2016 | 2017 | 2018 Rückblick IMMERSION 2016 Mona el Gammal RHIZOMAT NARRATIVE SPACE IM EHEMALIGEN FERNMELDEAMT, PALISADENSTRASSE Die Bühnenbildnerin Mona el Gammal verwandelte das ehemalige DDR-Fernmeldeamt auf drei Etagen in ein Bauwerk des Jahres 2060 und führte darin über drei Monate täglich zwölf Stunden ein Stück ohne Schauspieler für jeweils eine*n Zuschauer*in auf. Gefördert durch Hauptstadtkulturfonds, Bundeszentrale für politische Bildung / bpb und Rudolf Augstein Stiftung Lundahl & Seitl Symphony of a Missing Room IMMERSIVE MUSEUMSFÜHRUNG IM GROPIUS BAU Durch undurchsichtige Brillen und Kopfhörer der Außenwelt enthoben, bewegten sich die Besucher*innen mithilfe einer Kombination von Audio-Anweisungen und Berührungen ausgebildeter Guides durch reale und imaginierte Räume des Gropius Bau. Das Gästebuch war voller euphorischer Kommentare, die meisten Besucher*innen fühlten sich mittendrin und vollkommen draußen. Omer Fast »Reden ist nicht immer die Lösung« AUSSTELLUNG IM GROPIUS BAU Der Videokünstler durchbrach das klassische Ausstellungs- format, indem er neben den Projektionsräumen für seine Filme drei Warteräume inszenierte und sie mit unangekündigten Performances bespielte. Schule der Distanz VORTRÄGE, PERFORMANCES, INSTALLATIONEN IM GROPIUS BAU Ein zentrales Thema immersiver Erfahrungen ist die Distanz, die zwischen Kunstwerk und Publikum neu vermessen und oft zum Verschwinden gebracht wird. Das diskursiv-performative Wochenende „Schule der Distanz“ brachte Expert*innen des Ein- und Auftauchens in künstliche Welten zusammen. Berliner Festspiele Pressemappe IMMERSION 2019 24/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 IMMERSION 2016 | 2017 | 2018 Rückblick IMMERSION 2017 Vegard Vinge / Ida Müller Nationaltheater Reinickendorf Über ein halbes Jahr hinweg bauten Vegard Vinge und Ida Müller ihr Totaltheater in die Halle einer ehemaligen Munitionsfabrik und inszenierten darin an zehn Abenden ihre zwölfstündigen Live-Sets zwischen Performance, Konzert,Ausstellung und begehbarer Installation, u.a. mit der Fortsetzung ihrer „Ibsen-Saga“, einem Hamletmusical, der Panini-Kathedrale und einem U-Boot. Die Produktion wurde 2018 zum Theatertreffen eingeladen. Mit Unterstützung durch Norsk Kulturråd Ed Atkins Old Food AUSSTELLUNG IM GROPIUS BAU Für den Gropius Bau stellte Ed Atkins seinen neuen Videoarbeiten auf großen Monitorwänden und Flat-Screens eine Präsentation von rund 6000 Kostümen aus dem Fundus der Deutschen Oper Berlin gegenüber. Für ihn war die Ausstellung ein modernes Kammerspiel, choreografiert durch eine Komposition von Jürg Frey. Jonathan Meese / Bernhard Lang / Simone Young MONDPARSIFAL BETA 9–23 (VON EINEM, DER AUSZOG DEN „WAGNERIANERN DES GRAUENS“ DAS „GEILSTGRUSELN“ ZU ERZLEHREN…) OPER VON BERNHARD LANG NACH RICHARD WAGNERS „PARSIFAL“ IM HAUS DER BERLINER FESTSPIELE Für Bernhard Langs Wagnerüberschreibung entwarf Jonathan Meese Bühnen- und Kostümbild und debütierte als Regisseur einer Oper, die er auf einer künstlerischen Übertitelspur kommentierte. Mit einer Installation inszenierte er Foyers und Unterbühne des Festspielhauses. Ein kleiner Schritt auf dem Weg in die Diktatur der Kunst, ein großer Schritt für den Künstler. Auftragswerk und Produktion Wiener Festwochen. Berliner Festspiele Pressemappe IMMERSION 2019 25/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 IMMERSION 2016 | 2017 | 2018 Koproduktion Berliner Festspiele / Immersion LIMITS OF KNOWING Interdisziplinäres Programm Arrival of Time AUSSTELLUNG IM GROPIUS BAU Die Ausstellung erkundete in Zusammenarbeit mit Künstler*innen und den für die Messung von Gravitationswellen mit dem Nobelpreis für Physik 2017 ausgezeichneten Wissenschaftler*innen des LIGO CalTech ein neues Verständnis von Zeit. Mona el Gammal RHIZOMAT VR 360°-FILM VR EXPERIENCE Der mit ARTE und INVR.SPACE produzierte 360°-Film verlängert die Welt von Mona el Gammals Narrative Space in den digitalen Raum. Er ist kostenlos in der ARTE 360VR-App zu sehen. Eine Produktion von INVR.SPACE GmbH in Koproduktion mit Berliner Festspiele/Immersion und ZDF in Zusammenarbeit mit ARTE. Mit freundlicher Unterstützung von Fraunhofer Institut Lundahl & Seitl Unknown Cloud on Its Way to Berlin DIGITALES KUNSTWERK AUF DEM TEMPELHOFER FELD Von einer Smartphone-App geführt kamen Menschen auf dem Tempelhofer Feld zusammen, um das kosmische Phänomen der „Cloud“ zu erleben, das eine neue Form von Gemeinschaft ermöglicht. Berliner Festspiele Pressemappe IMMERSION 2019 26/31
Berliner Festspiele IMMERSION 2019 IMMERSION 2016 | 2017 | 2018 Rimini Protokoll Nachlass – Pièces sans personnes SZENISCHE INSTALLATION IM GROPIUS BAU Stefan Kaegi und Dominic Huber schufen eine Installation aus acht Räumen, die in Abwesenheit ihrer Protagonist*innen davon erzählen, was von einem Menschen bleibt, wenn er nicht mehr da ist – Mausoleen des 21. Jahrhunderts, die von ihren späteren Besitzern selbst gestaltet wurden. Produktion Théâtre de Vidy, Lausanne Chris Salter + TeZ Haptic Field (v2.0) MULTISENSORISCHE INSTALLATION IM GROPIUS BAU In diesem multisensorischen Erlebnisparcours verschmolzen Tastsinn, Sehen, Hören und Riechen zu einer gesamtheitlichen Erfahrung. Die Besucher*innen wurden lediglich von Vibrationen, Licht und Dunkelheit durch die halluzinatorischen Räume geleitet. Berliner Festspiele Pressemappe IMMERSION 2019 27/31
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