Finanzinvestoren und Familien-unternehmen: Freundschaft oder Feindschaft? - Board Xperts

 
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Finanzinvestoren und Familien-unternehmen: Freundschaft oder Feindschaft? - Board Xperts
Finanzinvestoren und Familien-
unternehmen: Freundschaft
oder Feindschaft?
Potenzielle Beweggründe für oder gegen den (Teil-)Verkauf
eines Familienunternehmens an einen Finanzinvestor sowie
maßgebliche Auswahlkriterien und Auswirkungen eines
(Teil-)Verkaufes auf das Unternehmen
Ihre Ansprechpartner:innen

WHU – Otto Beisheim School of Management
Institut für Familienunternehmen und Mittelstand
Burgplatz 2, 56179 Vallendar, Deutschland

    Prof. Dr. Nadine Kammerlander                                    Christopher Khoury, MSc
       Co-Institutsleiterin | WHU                                         Doktorand | WHU
    nadine.kammerlander@whu.edu                                     christopher.khoury@whu.edu

             Elias Kurta, MSc                                         Dr. Tim Junginger, LL. M.
             Doktorand | WHU                                   Rechtsanwalt, Dipl.-Kfm. | POELLATH
           elias.kurta@whu.edu                                      tim.junginger@pplaw.com

Hinweise zur Studie:
Eine Vervielfältigung des vorliegenden Dokuments ohne ausdrückliche Genehmigung der Verfasser:innen ist
nicht gestattet. Die Aussagen dieser Studie sind rein wissenschaftlich einzuordnen.

Diese Studie kann wie folgt zitiert werden:
Khoury C., Kurta E., Kammerlander N. (2021): Finanzinvestoren und Familienunternehmen: Potenzielle Beweg-
gründe für oder gegen den (Teil-)Verkauf eines Familienunternehmens an einen Finanzinvestor sowie maßgebli-
che Auswahlkriterien und Auswirkungen eines (Teil-)Verkaufes auf das Unternehmen. Vallendar: WHU, Institut für
Familienunternehmen und Mittelstand.

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Executive Summary
1. Welche Gründe sprechen für den (Teil-)Verkauf eines Familienunternehmens?
      ▪ Familienunternehmer:innen verkaufen vorwiegend aus unternehmerischen Grün-
         den, wie bspw. der Realisierung einer Wachstumsstrategie mithilfe eines Investors,
         der Bewältigung einer Unternehmenskrise durch zusätzliche Liquidität oder der
         strategischen Neuausrichtung des Unternehmens.
      ▪ Alternativ dazu können persönliche Gründe, wie bspw. Konflikte zwischen Gesell-
         schafter:innen sowie fehlende oder ungeeignete Nachfolger:innen, zu einem
         (Teil-)Verkauf des Unternehmens führen.
2. Welche Investorentypen präferieren Familienunternehmer:innen?
      ▪ Bei den Investorentypen wird zwischen strategischen Investoren und Finanzin-
          vestoren unterschieden. Während es sich bei ersteren meist um Wettbewerber
          oder um Unternehmen in einer ähnlichen Branche handelt, sind Finanzinvestoren
          Finanzintermediäre, welche Beteiligungskapital einsammeln und anschließend in
          Unternehmen investieren.
      ▪ Familienunternehmer:innen bevorzugen ihnen strategisch ähnliche Käuferty-
          pen. So können insbesondere strategische Investoren, Multi- und Single-Family
          Offices (im Gegensatz zu Industrieholdings, internationalen Private Equity Fonds
          und Venture Capital Fonds) punkten.
      ▪ Der Umstand, dass Familienunternehmer:innen vor allem strategische Investoren
          und Family Offices bevorzugen, lässt sich dadurch erklären, dass diese Typen von
          Investoren den Familienunternehmen hinsichtlich Zeithorizont, strategischer Aus-
          richtung und Gedankengut am ähnlichsten sind.
      ▪ Während die Bevorzugung des strategischen Investors bei einem potenziel-
          len Mehrheitsverkauf des Unternehmens zu erwarten war, überrascht diese bei
          einem Minderheitsverkauf, da dabei einem direkten Wettbewerber Zugang zu Un-
          ternehmensgeheimnissen gestattet wird. Hingegen tritt ein Finanzinvestor bei Min-
          derheitsbeteiligungen meist nur als Kapitalgeber und Sparringspartner auf.
      ▪ Finanzielle Turbulenzen des Familienunternehmens erhöhen die Wahrschein-
          lichkeit eines (Teil-)Verkaufes deutlich. Auch die Bereitschaft, an einen Finanzin-
          vestor zu verkaufen, nimmt überproportional stark zu.
      ▪ Sollte sich die Unternehmerfamilie schließlich für einen (Teil-)Verkauf an einen Fi-
          nanzinvestor entschieden haben, so ist die Teilung in zwei Lager zu beobachten.
          Während sich der eine Teil für denjenigen Finanzinvestor entscheidet, der zwar
          einen Kaufpreis 15 Prozent über dem Marktwert bezahlt, aber ein holistisches
          Restrukturierungsprogramm plant, entscheidet sich der andere Teil der Befragten
          für jenen Finanzinvestor, der zwar 15 Prozent unter dem Marktwert bezahlt, je-
          doch das Unternehmen nach den Vorstellungen der Unternehmerfamilie weiter-
          führt.
      ▪ Der Kaufpreis eines Finanzinvestors ist nicht das allein entscheidende Kriterium.
          Vielmehr sind eine gemeinsame Wertvorstellung, gemeinsame Ziele und eine
          gemeinsame Arbeitsphilosophie zwischen Unternehmerfamilie und Finanzin-
          vestor für eine erfolgreiche Zusammenarbeit wichtig.
   3. Welche Kriterien sind bei der Wahl des Finanzinvestors entscheidend?
      ▪ Hauptgründe für die Veräußerung von Unternehmensanteilen: Fairer Kauf-
          preis, transparenter Verkaufsprozess, Verständnis für die Spezifika eines Famili-
          enunternehmens sowie ein langer Investmenthorizont.

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▪ Hauptgründe gegen die Veräußerung von Unternehmensanteilen: Fehlendes
       Verständnis für die Spezifika eines Familienunternehmens, Kaufpreis liegt unter
       dem fairen Marktpreis, undurchsichtiger Verkaufsprozess sowie ein (zu) kurzer In-
       vestmenthorizont.
4. Welche Eckpfeiler für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Familienun-
   ternehmen und Finanzinvestoren gibt es?
   ▪ Bewusste Auswahl des Finanzinvestor-Typs (bspw. Family Offices, Industriehol-
       dings, Private Equity Fonds, Venture Capital Fonds etc.)
   ▪ Erarbeitung einer Anforderungsliste für die Zusammenarbeit mit dem Finanzin-
       vestor
   ▪ Gemeinsame Ausarbeitung einer Vision und eines Zielbildes
   ▪ Klare Regeln im Gesellschaftervertrag
   ▪ Vereinbarung von weiteren wichtigen Verträgen (bspw. Standortgarantien, Mitar-
       beitergarantien etc.) mit dem Finanzinvestor
5. Worüber jede(r) Familienunternehmer:in vor einem Verkauf nachdenken sollte:
                         ▪   Wie viele Unternehmensanteile (in %) sollen verkauft werden?
 1   Transaktionsziele
                         ▪   An welchen Käufertyp soll verkauft werden?
                         ▪   Handelt es sich um einen Wachstumsfall oder einen Restrukturierungsfall?
 2   Verkauf
                         ▪   Wo liegen die Chancen und Risiken in der Zusammenarbeit mit den potenziellen Investoren?
                         ▪   Sind die Preisvorstellungen objektiv und realistisch?
 3   Preisvorstellung
                         ▪   Können Zugeständnisse im operativen Vorhaben einen abweichenden Preis kompensieren?
                         ▪   Beeinflusst die emotionale Bindung zum Unternehmen die Verhandlungen?
 4   Emotionen
                         ▪   Soll die Bindung zum Unternehmen nach dem Verkauf aufrecht erhalten werden?
                         ▪   Handelt es sich um einen fairen und transparenten Verkaufsprozess?
 5   Auswahlkriterien
                         ▪   Hat der Investor das nötige Know-how und die Expertise im Umgang mit Familienunternehmen?
                         ▪   Sind alle Investorentypen bekannt und stimmen die gemeinsamen Ansichten über den Verkauf überein?
 6   Kaufinteressenten
                         ▪   Sind die Interessenten und ihre Absichten transparent und bekannt?
                         ▪   Gibt es Prognosen für die Zusammenarbeit und die Auswirkung der Projekte auf das operative Geschäft?
 7   Prognosen
                         ▪   Können die finanziellen Bedürfnisse gedeckt und Pläne über das Vorhaben des Investors vereinbart werden?
                         ▪   Ist das Timing für einen Verkauf durch interne oder externe Faktoren bestimmt?
 8   Timing
                         ▪   Wie steht das Unternehmen finanziell vor dem Verkauf da?
                         ▪   Hat der Investor entsprechendes Markt- und Branchenwissen?
 9   Zusammenarbeit
                         ▪   Sind die Zeithorizonte in der operativen Planung, besonders bei Teilverkäufen, vereinbar?
                         ▪   Soll es eine Übergangszeit mit dem potenziellen Investor geben oder wird ein direkter Ausstieg präferiert?
 10 Übergang
                         ▪   Gibt es eine transparente Governance, die während des Übergangs Vertrauen auf beiden Seiten schafft?

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Vorwort der Verfasser:innen
    Familienunternehmen stellen das Rückgrat der deutschen Wirtschaft dar und zeichnen sich
    vor allem durch ihren Fokus auf Langfristigkeit, hohe Qualität, großes Verantwortungsbewusst-
    sein und weitreichende Nachhaltigkeit aus. Das Erwirtschaften von Gewinnen und deren Ma-
    ximierung gelten dabei nicht als alleinige Ziele. Vielmehr zeichnet sich eine familiäre Unter-
    nehmenskultur durch ihre hohe Mitarbeiterorientierung und Kundenorientierung sowie durch
    ihre Identifikation mit dem Standort aus. Doch auch Familienunternehmen stehen durch den
    Wandel der Zeit vor immensen Herausforderungen. Konflikte innerhalb der Familie, Nachfol-
    geprobleme und Finanzierungsengpässe sind nur einige, wenn auch sehr wichtige, Beispiele
    hierfür.

    Bei vielen dieser Herausforderungen können Finanzinvestoren und etablierte Familienunter-
    nehmen kooperieren, um diese gemeinsam zu bewältigen. Nachdem über Jahrzehnte hinweg
    Finanzinvestoren von Familienunternehmen typischerweise gemieden wurden, haben sich das
    Ansehen und der Ruf von Finanzinvestoren im Markt spürbar verbessert. Nicht nur das Be-
    wusstsein über Finanzinvestoren als zuverlässige Kapitalgeber hat sich verändert, sondern
    auch die Meinung über den operativen Mehrwert, den diese liefern können. Es scheint, als
    hätten es Finanzinvestoren geschafft, das Image der „Heuschrecken“ größtenteils abzulegen.

    Angetrieben durch diesen Imagewandel und die Häufung von Kooperationen in der Praxis be-
    schäftigen auch wir uns wissenschaftlich intensiv mit der Schnittstelle zwischen Finanzinvestor
    und Familienunternehmen. Dazu gehen wir folgenden Fragen nach: Welche möglichen Be-
    weggründe sprechen für oder gegen den (Teil-)Verkauf eines Familienunternehmens an einen
    Investor, welches sind die maßgeblichen Auswahlkriterien bei der Investorensuche und welche
    Auswirkungen hat ein (Teil-)Verkauf des Familienunternehmens auf das Unternehmen?

    Wir freuen uns, Ihnen die Ergebnisse unserer Studie im Rahmen dieser Praxispublikation vor-
    stellen zu dürfen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit gerne an die Verfasser:innen wenden.
    Ein herzliches Dankeschön gilt den Studienteilnehmer:innen für die intensive Mitwirkung sowie
    unserem Praxispartner POELLATH, einer führenden Kanzlei für Transaktionen und Asset Ma-
    nagement, für die Unterstützung und Begleitung dieser Studie. Für den geleisteten Zeiteinsatz
    und das entgegengebrachte Vertrauen möchten wir uns an dieser Stelle nochmals herzlich
    bedanken.

    Vallendar, im Oktober 2021

Prof. Dr. Nadine Kammerlander         Christopher Khoury, MSc                  Elias Kurta, MSc

                                                                                                  4
Inhaltsverzeichnis

Ihre Ansprechpartner:innen                                     1
Executive Summary                                              2
Vorwort der Verfasser:innen                                    4
Inhaltsverzeichnis                                             5
Einführung                                                     6
  Familienunternehmen im Überblick                             6
  Investoren und Familienunternehmen                           7
  Minderheitsverkauf vs. Mehrheitsverkauf                      8
Studienüberblick                                               9
  Forschungsfragen                                             9
  Methodik                                                     9
Charakteristika der befragten Familienunternehmen              10
Übersicht Ergebniskapitel                                      11
  Potenzielle Gründe für oder gegen den (Teil-)Verkauf eines
  Familienunternehmens an einen Investor                       11
  Präferenzen bei der Wahl eines Finanzinvestors               14
Implikationen für die Praxis                                   20
  Die Verkaufsentscheidung                                     20
  Die Auswahlkriterien                                         21
  Die Zusammenarbeit                                           23
Quellenverzeichnis                                             25
Über das Institut für Familienunternehmen und Mittelstand      27
Über POELLATH                                                  28

                                                                5
Einführung                                         stammt von Chua, Chrisman und Sharma aus
                                                   dem Jahr 1999 [aus dem Englischen über-
Familienunternehmen im Überblick                   setzt und in Abschnitte unterteilt]:
Familienunternehmen stellen das Rückgrat
der deutschen Wirtschaft dar und gelten als        „Das Familienunternehmen ist ein Unterneh-
wichtiger Motor für Beschäftigung und Wohl-        men, das
stand. Mehr als 60 Prozent aller Arbeitsplätze        ▪ von einer dominanten Koalition aus
werden in Deutschland von Familienunter-                 Familienmitgliedern (oder einer klei-
nehmen gestellt. Diese erweisen sich insbe-              nen Anzahl von Familien) geleitet
sondere in konjunkturell schwierigen Zeiten              und/oder kontrolliert wird, und
als stabilisierender Faktor auf dem Arbeits-          ▪ mit der Absicht geleitet wird, eine
markt (Stiftung Familienunternehmen, 2019).              langfristige Vision zu etablieren, wel-
Für Deutschland charakteristisch ist die hohe            che über Generationen hinweg nach-
Anzahl an besonders großen und internatio-               haltig ist.“
nal tätigen Familienunternehmen. Viele von
ihnen gehören zur weltweiten Spitzengruppe         Obgleich es sich bei dieser Definition um eine
in ihrer technologischen Nische (insbeson-         eher generalistische handelt, werden die bei-
dere in den Bereichen Maschinenbau und Au-         den Eckpfeiler eines Familienunternehmens
tomobilindustrie). Eine Studie der Stiftung Fa-    deutlich: (1) der dominante Einfluss einer Fa-
milienunternehmen analysierte im Jahr 2019         milie (oder mehrerer Familien); (2) langfristige
die volkswirtschaftliche Bedeutung von Fami-       Planung über Generationen hinweg anstelle
lienunternehmen in Deutschland:                    einer Quartalsdenkweise. Diese beiden
                                                   Punkte führen zu den Besonderheiten von
   ▪   90 Prozent aller deutschen Unter-           Familienunternehmen im Vergleich zu Nicht-
       nehmen sind familienkontrolliert.           Familienunternehmen. Habbershon und Willi-
   ▪   52 Prozent der Umsätze in Deutsch-          ams (1999) fassen diese Unterschiede in
       land werden durch Familienunterneh-         dem Begriff ‚Familiness‘ zusammen [aus dem
       men generiert.                              Englischen übersetzt]: „[…] einzigartiges
   ▪   32 Millionen Beschäftigte arbeiten in       Ressourcenbündel eines Unternehmens,
       deutschen Familienunternehmen.              welches aufgrund der Interaktion zwischen
                                                   der Familie, ihren einzelnen Mitgliedern und
Wichtig ist hierbei anzumerken, dass es in der     des Unternehmens zustande kommt.“
Literatur keine einheitliche Definition von Fa-    Dieses Ressourcenbündel besteht unter an-
milienunternehmen gibt und somit die Zahlen        derem aus langfristigem Finanzkapital, aus
je nach Definition leicht abweichen können. In     Humankapital der Familie, aus sozialer Ver-
der obigen Studie wird dann von einem Fami-        netzung der Familienmitglieder sowie aus
lienunternehmen ausgegangen, wenn sich             dem kulturellen Kapital der Familienmitglie-
die Mehrheit der Entscheidungsrechte im Be-        der, welches sich meist in einer hohen Mitar-
sitz von (einer) natürlichen Person(en) befin-     beiterverbundenheit seitens der Eigentümer-
det und die Mehrheit dieser Entscheidungs-         familie niederschlägt. In der Forschung zu Fa-
rechte direkt oder indirekt besteht und/oder       milienunternehmen hat sich neben den be-
mindestens ein Vertreter der Familie oder der      reits genannten Punkten die Theorie Socio-
Angehörigen offiziell an der Leitung bzw.          emotional Wealth (SEW) nach Gómez-Mejía
Kontrolle des Unternehmens beteiligt ist. Ne-      et al. (2007) als eine der bedeutendsten The-
ben dieser Definition gibt es in der Wissen-       orien gebildet. Diese Theorie besagt, dass
schaft noch einige andere Bestimmungen.            das Vermögen der Familie nicht ausschließ-
Eine breite und in der Literatur häufig zitierte   lich finanziell messbar ist, sondern auch aus
                                                   einer sozioemotionalen Komponente besteht.

                                                                                                 6
Das heißt, dass unternehmerische Entschei-      gen. Für das verkaufende Familienunterneh-
dungen nicht ausschließlich auf betriebswirt-   men bedeutet die Ansprache und das eventu-
schaftlichen Überlegungen basieren, sondern     elle Verkaufen an strategische Investoren je-
im Einklang mit emotionsgeleiteten Überle-      doch, dass meist vertrauliche Informationen
gungen getroffen werden. Diese emotionalen      an Wettbewerber weitergegeben werden. In
Gesichtspunkte können entweder einen posi-      der Regel forcieren strategische Investoren
tiven oder aber auch einen negativen Einfluss   die Eingliederung des Akquisitionsobjektes in
auf das Familienunternehmen haben. Gemäß        die eigene Unternehmensstruktur. Dadurch
einer Studie von Gómez-Mejía et al. (2007)      verschwinden die gekauften Unternehmen
wird dieser Socioemotional Wealth einer Fa-     oftmals als eigenständige Objekte vom Markt
milie gesteigert, wenn sich der Einfluss der    und werden vollständig in bestehende Struk-
Familie auf das Unternehmen erhöht. Außer-      turen integriert. Der Unternehmenskultur des
dem haben Familienunternehmen zeitlich          strategischen Investors kommt daher beson-
eine besonders langfristige Ausrichtung         dere Bedeutung zu.
(Lumpkin & Brigham, 2011). Zu guter Letzt       Finanzinvestoren sind Intermediäre, die Be-
hegen die meisten Familienunternehmer:in-       teiligungskapital von vermögenden Privatper-
nen den Wunsch, das Unternehmen an po-          sonen, institutionellen Investoren oder Stif-
tenzielle Nachfolger:innen innerhalb der Fa-    tungen einsammeln und in Unternehmen in-
milie zu übergeben (Berrone et al., 2012).      vestieren. Typische Finanzinvestoren sind
                                                Banken, Versicherungen, Pensionsfonds, Fa-
Investoren und Familienunterneh-                mily Offices, Hedge-Fonds, Venture Capital
men                                             Fonds und Private Equity Fonds. Der Haupt-
                                                unterschied zwischen Venture Capital und
Bei der Suche nach einem passenden Part-        Private Equity ist, dass ersteres vor allem in
ner bzw. Käufer für das Familienunternehmen     junge Unternehmen investiert wird (in soge-
kann zwischen strategischen Investoren und      nannte Start-ups) und letzteres vor allem in
Finanzinvestoren unterschieden werden.          reife, etablierte Unternehmen. Die vorlie-
Strategische Investoren sind in der Regel in    gende Studie fokussiert sich vor allem auf Pri-
der gleichen oder einer ähnlichen Branche       vate Equity, da Familienunternehmen, als
wie das verkaufende Familienunternehmen         reife und etablierte Unternehmen, vermehrt
tätig, sodass sie strategisch vom Kauf des      von Private Equity Investoren als Investitions-
Unternehmens profitieren können. Dadurch        ziele in Betracht gezogen werden.
bewerten sie das Familienunternehmen nicht      Private Equity hat sich in Europa seit den
ausschließlich nach dessen Ertragskraft, son-   1960er-Jahren zu einer eigenen Branche ent-
dern auch nach den potenziellen Synergien       wickelt. Weltweit wird die Branche vor allem
(Umsatzsynergien oder Kostensynergien),         von amerikanischen und britischen Fonds an-
welche durch den Kauf entstehen können.         geführt, daneben bestehen zahlreiche natio-
Neben der Realisierung von Synergien kön-       nale Beteiligungsfirmen. Die großen amerika-
nen die horizontale oder vertikale Erweite-     nischen Private-Equity-Häuser sind in Europa
rung der Wertschöpfungskette, die Erhöhung      fast vollständig mit einheimischen Tochterfir-
des eigenen Marktanteils, der Zugriff zu Pa-    men und lokalem Management vertreten. Der
tenten oder Schlüsseltechnologien oder die      deutsche Private-Equity-Markt gewinnt stark
Erweiterung des eigenen Produktspektrums        an Bedeutung und verzeichnete in den letzten
Gründe für den Kauf sein. Diese Gründe kön-     Jahren ein starkes Wachstum. Im Jahr 2019
nen für strategische Investoren oftmals Kauf-   konnte das Gesamtvolumen der in Fundrai-
preise rechtfertigen, die zum Teil deutlich     sings eingeworbenen Mittel von Private
über dem ermittelten Unternehmenswert lie-      Equity Fonds in Deutschland gegenüber 2018
                                                um 24 % auf 5,22 Milliarden Euro gesteigert

                                                                                             7
werden. Ein zweistelliges Wachstum gab es                     mens und die Nachfolgeregelung. Das Haupt-
2019 auch bei Investitionen in deutsche Port-                 ziel von Private Equity Fonds ist es stets,
foliounternehmen, die um 19 % auf 14,3 Milli-                 Maßnahmen zu ergreifen, um den Unterneh-
arden Euro stiegen. (Bundesverband Deut-                      menswert zu steigern, das erworbene Unter-
scher      Kapitalbeteiligungsgesellschaften).                nehmen weiterzuentwickeln und es schließ-
Trotz des signifikanten Wachstums der letz-                   lich mit Gewinn weiterzuveräußern.
ten Jahre hinkt der deutsche Private-Equity-                  Obwohl Private Equity Fonds und Familien-
Markt im internationalen Vergleich noch im-                   unternehmen teils unterschiedliche Ziele ver-
mer den USA und Großbritannien hinterher.                     folgen, kann eine Zusammenarbeit für beide
Einer der Gründe hierfür ist, dass das Ren-                   Parteien vorteilhaft sein. Für Familienunter-
tensystem sowohl in den USA als auch in                       nehmer:innen ist die Wahl des potenziellen
Großbritannien ein anderes ist. Diese basie-                  Finanzinvestors an dieser Schnittstelle aus-
ren, anders als im deutschsprachigen Raum,                    schlaggebend. Hierbei ist es wichtig, dass die
nicht auf einem Umlagesystem, sondern aus-                    Familie die eigene Unternehmenssituation
schließlich auf einem Pensionsfondssystem.                    genauestens analysiert und darauf basierend
Dies führt dazu, dass im angelsächsischen                     handelt:
Raum mehr Kapital für Beteiligungsgesell-
schaften zur Verfügung steht.                                    ▪   Was ist der Hauptgrund für einen
Wie eingangs erwähnt, sammeln Private                                (potenziellen) Unternehmensverkauf
Equity Fonds Beteiligungskapital ein und in-                         (bspw. Nachfolgeregelung, Wachs-
vestieren dieses in Unternehmen; dabei steht                         tumsfinanzierung etc.)?
meist das finanzielle Interesse im Vorder-                       ▪   Wie gut steht das Familienunterneh-
grund. Die Eigenkapitalrendite des Fonds                             men da (Erfolgsgeschichte vs. Rest-
wird größtenteils durch eine Wertsteigerung                          rukturierungsfall)?
des erworbenen Unternehmens erwirtschaf-                         ▪   Wie viel Mitspracherecht möchte man
tet, welche sich bei Weiterverkauf am Ende                           dem Investor bzw. dem Private
der Investitionsphase (meist zwischen drei                           Equity Fonds einräumen?
und sieben Jahren) ergibt. Laufende freie                        ▪   Möchte(n) die Eigentümerfamilie(n)
Cashflows während der Investitionsphase                              nach Verkauf weiterhin in dem Unter-
werden oftmals entweder reinvestiert oder zur                        nehmen tätig sein oder sich gänzlich
Bedienung der laufenden Kredite verwendet.                           daraus zurückziehen?
Eine Auszahlung an die Fonds ist untypisch.                      ▪   Welcher Kaufpreis wird erwartet?

                                                              Minderheitsverkauf vs. Mehrheits-
           Fundraising                  Investitionen

    Kapitalgeber                              Beteiligungen
                                                              verkauf
     Investor 1                               Unternehmen 1
                                                              Im Rahmen eines Verkaufsprozesses stellt
                           Private                            sich für ein Familienunternehmen und deren
     Investor 2          Equity Fonds         Unternehmen 2
                                                              Eigentümer:innen neben der Frage des opti-
     Investor n                               Unternehmen n
                                                              malen Investors die Frage, wie viel Prozent
       Eigenkapitalrendite          Verkaufserlöse            des Unternehmens verkauft werden sollen.
Abbildung 1: Aufbau Finanzinvestor
                                                              Die Verteilung von Unternehmensanteilen
                                                              zwischen Investor und Unternehmerfamilie
Häufige Gründe für einen Anteilsverkauf an                    reflektiert die Entscheidungsbefugnisse bei-
Private Equity Fonds sind: Wachstumsfinan-                    der Parteien im Unternehmen. Während bei
zierung, Optimierung von Prozessen, Profes-                   Mehrheitsbeteiligungen der Investor mehr als
sionalisierung des erworbenen Unterneh-                       50 % der Unternehmensanteile erwirbt und

                                                                                                          8
damit grundsätzlich die alleinigen Entschei-             Welche Beweggründe sprechen für oder gegen
dungsbefugnisse über wichtige strategische           1   den (Teil-)Verkauf eines Familienunternehmens
                                                         an einen Investor?
Entscheidungen erhält, kaufen Investoren bei
                                                         Anhand welcher Auswahlkriterien wählen
Minderheitsbeteiligungen weniger als 50 %            2   Familienunternehmen den potenziellen
der Unternehmensanteile und erhalten damit               Finanzinvestor aus?
geringere Mitspracherechte bei zentralen Un-             Wie wirkt sich ein (Teil-)Verkauf eines
ternehmensentscheidungen (Tappeiner et al.,          3   (ehemaligen) Familienunternehmens auf das
                                                         Unternehmen aus?
2012).
Gesellschaftersatzungen der Unternehmen             Abbildung 2: Übersicht Forschungsfragen
beinhalten oftmals Regelungen zu Sperrmi-
noritäten, um die Interessen von Minderheits-       Methodik
gesellschafter:innen zu berücksichtigen.            Zur Beantwortung der Forschungsfragen
Dadurch wird vor allem bei besonders wichti-        wurde primär ein quantitatives Forschungs-
gen Beschlüssen eine Mehrheit von 75 % an-          design gewählt und mit zusätzlichen qualitati-
statt der üblichen 50 % benötigt. Dadurch er-       ven Elementen bereichert. Die Online-Um-
hält der/die Minderheitsgesellschafter:in die       frage lief über einen Zeitraum von drei Mona-
Möglichkeit, wichtige strategische Entschei-        ten und richtete sich an deutsche, österreichi-
dungen zu blockieren.                               sche und schweizerische Familienunterneh-
Ob ein Minderheitsverkauf oder ein Mehr-            men mit jährlichen Umsätzen über 50 Millio-
heitsverkauf für die Unternehmerfamilie vor-        nen Euro. Eine postalische Einladung zu der
teilhafter ist, ist von der Situation, in welcher   Online-Umfrage ist an rund 10.000 Familien-
sie sich befindet, abhängig. Würde die Unter-       unternehmen aus sämtlichen Branchen ver-
nehmerfamilie gerne das Unternehmen gänz-           sendet worden. Die Adressen und Kontaktda-
lich veräußern und die Unternehmensführung          ten stammen aus der Liste der Top-10.000
abgeben, wäre ein Mehrheitsverkauf die bes-         Familienunternehmen (herausgegeben vom
sere Wahl. Sucht die Unternehmerfamilie hin-        Medienportal Die Deutsche Wirtschaft). Ins-
gegen einen Finanzierungs- und Wachstums-           gesamt wurden 299 Antwortfragebögen initial
partner und möchte wesentliche strategische         ausgewertet. Diese Rückläufer wurden berei-
Entscheidungen weiterhin maßgeblich beein-          nigt um etwaige Abbrecher:innen, Nicht-Fa-
flussen, so wäre ein Minderheitsverkauf die         milienunternehmer:innen und Teilnehmer:in-
richtige Wahl.                                      nen, welche die Manipulations-Checks nicht
                                                    bestanden. Nach diesen Bereinigungsschrit-
Studienüberblick                                    ten haben es final 130 Antwortfragebögen in
                                                    die Studie geschafft. Parallel zu der im Fokus
Forschungsfragen                                    stehenden quantitativen Analyse haben wir
Aufbauend auf der zurzeit verfügbaren For-          Interviews mit Familienunternehmer:innen
schung zu dem Thema Finanzinvestoren und            durchgeführt. Alle Interviews wurden als so-
Familienunternehmen sowie basierend auf             genannte semistrukturierte Gespräche durch-
den bis dato nicht beleuchteten Themenfel-          geführt.
dern haben wir folgende Forschungsfragen            Eine quantitative Untersuchung erlaubt es,
definiert:                                          deskriptive Eindrücke über die unterschiedli-
                                                    chen Unternehmen zu erhalten. Mithilfe einer
                                                    Vignettenstudie sind den Befragten hypothe-
                                                    tische Situationsbeschreibungen zur Bewer-
                                                    tung vorgelegt worden, in denen verschie-
                                                    dene Ausprägungen und Merkmale der Un-
                                                    ternehmen und der potenziellen Käufer vari-
                                                    iert worden sind. Aufgabe der Befragten war

                                                                                                         9
es, auf Basis dieser Angaben die Attraktivität                     jahr des Unternehmens. Rund 60 % der Un-
verschiedener Investorentypen zu beurteilen.                       ternehmen sind bereits vor 1950 gegründet
Der große Vorteil dieser Methodik ist, dass                        worden, lediglich 7 % nach 2000. Dies zeigt,
auch Familienunternehmer:innen daran teil-                         dass vor allem traditionsreiche Unternehmen
nehmen konnten, welche noch keine konkre-                          an der Befragung teilgenommen haben.
ten Verkaufsabsichten haben. Außerdem
wurden inhaltliche Fragen zu den folgenden                               ​Keine
                                                                                      ​1 (1%)
Themen gestellt: (1) Gründe für oder gegen                             Antwort
den potenziellen Verkauf an einen Finanzin-
                                                                         ​< 1900                            ​27 (21%)
vestor, (2) Gründe für oder gegen die Zusam-
menarbeit mit einem Finanzinvestor, (3) Er-                         ​1900 - 1950                                              ​48 (37%)
fahrungen mit Finanzinvestoren, (4) Ele-
mente, welche von Familienunternehmer:in-                           ​1951 - 2000                                            ​45 (34%)
nen als wichtig erachtet werden, wenn es um
den Verkauf an einen Finanzinvestor geht.                                ​> 2000            ​9 (7%)

Durch die zusätzlichen qualitativen Interviews                     Abbildung 4: Gründungsjahr des Unternehmens
ist es uns möglich, die quantitativen Erkennt-
nisse zu verproben und ein qualitatives Stim-                      Neben dem Gründungsjahr des Unterneh-
mungsbild einzufangen.                                             mens haben wir uns in der Studie angesehen,
                                                                   in der wievielten Generation das Familienun-
Charakteristika der befrag-                                        ternehmen gehalten wird. Auch diese Ana-
                                                                   lyse zeigt, dass vor allem alteingesessene
ten Familienunternehmen                                            Unternehmen an der Studie teilgenommen
Bei den befragten Familienunternehmen han-                         haben. Rund 35 % der befragten Unterneh-
delt es sich vor allem um mittelgroße Unter-                       men befinden sich zurzeit in der vierten oder
nehmen mit einer Belegschaft zwischen 50                           einer noch älteren Generation (Abbildung 5).
und 500 Beschäftigten (59 % der befragten
Unternehmen). Während 32 % der Befragten                                    ​Keine
                                                                                          ​4 (3%)
                                                                          Antwort
angaben, mehr als 500 Mitarbeitende zu be-
schäftigen, ist die kleinste Gruppe die der Un-                     ​1. Generation                  ​14 (11%)
ternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden
(9 %).                                                              ​2. Generation                              ​31 (24%)

                                                                    ​3. Generation                                  ​36 (28%)
    ​ eine
     K
              ​0 (0%)
  Antwort                                                           ​4. Generation
                                                                                                                             ​45 (34%)
                                                                         oder älter
      ​< 50             ​12 (9%)
                                                                   Abbildung 5: Generation des Unternehmens
  ​50 - 250                                            ​52 (40%)
                                                                   Nach Branchen betrachtet stammen rund
 ​251 - 500                        ​25 (19%)                       50 % der befragten Familienunternehmen
                                                                   aus dem produzierenden Gewerbe, 35 % aus
     ​> 500                                    ​41 (32%)           dem Dienstleistungsbereich und 15 % aus
                                                                   anderen Branchen (Abbildung 6).
Abbildung 3: Anzahl Mitarbeiter:innen

Zusätzlich unterscheiden sich die befragten
Familienunternehmen nach dem Gründungs-

                                                                                                                                        10
​Keine
         Antwort
                        ​0 (0%)                                               Übersicht Ergebniskapitel
  ​Produzierendes                                                             Die Ergebnisse werden in zwei Teilabschnit-
                                                                  ​65 (50%)
         Gewerbe
                                                                              ten präsentiert (siehe Abbildung 9). Dabei
​Dienstleistungen
                                                    ​45 (35%)
                                                                              werden im ersten Teil zunächst potenzielle
     und Services
                                                                              Beweggründe für oder gegen den (Teil-)Ver-
             ​Andere              ​20 (15%)                                   kauf eines Familienunternehmens an einen
                                                                              Finanzinvestor beleuchtet. In einem zweiten
Abbildung 6: Branchentyp des Unternehmens
                                                                              Teil werden die Präferenzen bei der Wahl des
                                                                              Finanzinvestors untersucht. Aus den Erkennt-
Die nächsten beiden Statistiken geben Aus-
                                                                              nissen des Ergebniskapitels ergeben sich Im-
kunft über die Charakteristika der Teilneh-
                                                                              plikationen für die Praxis, welche in dem da-
mer:innen. Abbildung 7 zeigt, dass die große
                                                                              rauffolgenden Kapitel zusammengefasst
Mehrheit der Befragten (90 %) Teil der Ge-
                                                                              sind.
schäftsführung des Familienunternehmens
ist.
                                                                                  Ergebnisteil 1            Ergebnisteil 2

   ​Keine
              ​0 (0%)
 Antwort
                                                                                Gründe für oder              Präferenzen
 ​1. Ebene                                                      ​117 (90%)
                                                                                  gegen den                  bei der Wahl
                                                                                 (Teil-)Verkauf              des Investors
 ​2. Ebene      ​5 (4%)

                                                                              Abbildung 9: Übersicht Ergebniskapitel
  ​Andere         ​8 (6%)

                                                                              Potenzielle Gründe für oder gegen
Abbildung 7: Führungsebene Teilnehmer:innen
                                                                              den (Teil-)Verkauf eines Familien-
Abbildung 8 gibt Auskunft über die Betriebs-                                  unternehmens an einen Investor
zugehörigkeit der Teilnehmer:innen. Hierbei                                   Die Gründe für den (Teil-)Verkauf eines Fa-
ist zu erkennen, dass vor allem langdienende                                  milienunternehmens sind vielfältig. Neben un-
Manager:innen an der Umfrage teilgenom-                                       ternehmerischen Gründen, wie beispiels-
men haben. Des Weiteren sind die Teilneh-                                     weise der Bewältigung einer Unterneh-
mer:innen größtenteils (90 %) an dem Fami-                                    menskrise oder der Realisierung einer
lienunternehmen beteiligt. Lediglich 10 % der                                 Wachstumsstrategie, können auch persönli-
befragten Manager:innen sind an dem Fami-                                     che Gründe der Gesellschafter:innen aus-
lienunternehmen nicht beteiligt.                                              schlaggebend sein, zum Beispiel ein Konflikt
                                                                              zwischen Gesellschafter:innen oder das Feh-
        ​Keine                                                                len von geeigneten Nachfolger:innen.
                        ​2 (2%)
      Antwort

     ​< 5 Jahre                          ​24 (18%)                                                  Potenzielle
                                                                                                     Gründe
  ​5 - 15 Jahre                                  ​31 (24%)
                                                                                  Unternehmerische                Persönliche
                                                                                       Gründe                       Gründe
 ​16 - 30 Jahre                                                 ​47 (36%)

   ​> 30 Jahre                                ​26 (20%)
                                                                               Wachstum     Turnaround     Nachfolge      Konflikt

                                                                              Abbildung 10: Potenzielle Gründe für einen Verkauf
Abbildung 8: Betriebszugehörigkeit Teilnehmer:innen
                                                                              des Familienunternehmens

                                                                                                                                   11
Ist die Entscheidung getroffen worden, Unter-      der Befragten als ‚sehr wahrscheinlich‘. Et-
nehmensanteile zu verkaufen, stellt sich zu-       was anders sieht das Bild bei einem potenzi-
nächst die Frage, ob es zu einem Teilverkauf       ellen Mehrheitsverkauf an einen strategi-
(Minderheitsverkauf) oder zu einem Mehr-           schen Investor (einen Strategen) aus. Hier
heitsverkauf kommen soll. Zu beachten ist,         geben rund 47 % der Befragten an, dass sie
dass bei einem Mehrheitsverkauf die Ent-           sich einen solchen Verkauf vorstellen kön-
scheidungsgewalt und ein großer Anteil des         nen. Dies verdeutlicht, dass vor allem wirt-
unternehmerischen Risikos von der ursprüng-        schaftlich erfolgreiche Familienunterneh-
lichen Eigentümerfamilie auf den neuen In-         mer:innen den Mehrheitsverkauf an einen
vestor übergeht. Viele Investoren bevorzugen       strategischen Verkäufer bevorzugen. Dieser
eine Mehrheitsbeteiligung gegenüber einer          Umstand lässt sich durch die Socioemotional-
Minderheitsbeteiligung, da sie dadurch wich-       Wealth-Theorie erklären, welche besagt,
tige strategische Entscheidungen in dem Un-        dass das Vermögen einer Familie nicht rein
ternehmen maßgeblich beeinflussen können.          finanziell messbar ist, sondern auch aus einer
Ist auch diese Entscheidung getroffen wor-         sozialen Komponente besteht. Familienunter-
den, so stellt sich in einem letzten Schritt die   nehmer:innen trauen strategischen Investo-
Frage, an welchen Investorentyp das Unter-         ren eher zu, diese soziale Verantwortung des
nehmen verkauft werden soll. Neben ver-            Unternehmens weiterzutragen. Finanzinves-
schiedenen Typen von Finanzinvestoren              toren haben die Möglichkeit, sich als „Partner
(bspw. Venture Capital Fonds, Family               auf Augenhöhe“, welcher ähnliche Interessen
Offices, Private Equity Fonds, Industriebetei-     und Ziele wie die Unternehmerfamilie ver-
ligungen etc.) kommen auf der anderen Seite        folgt, zu positionieren. Dadurch könnten sich
auch strategische Investoren in Frage.             einzelne Finanzinvestoren von der großen
In dem ersten Teil unserer Studie haben wir        Mehrheit abheben und würden verstärkt mit
mittels hypothetischer Vignetten analysiert,       Unternehmerfamilien in Kontakt kommen.
unter welchen Umständen an welchen Inves-
torentyp verkauft werden würde. Hierzu sind                   ​Sehr   Finanzinvestor                                ​61 (48%)
                                                   unwahrscheinlich   Stratege                  ​35 (27%)
den Befragten zwei individuelle Szenarien
                                                             Eher                           ​28 (22%)
präsentiert worden, welche sich hinsichtlich       unwahrscheinlich                   ​21 (16%)
der finanziellen Performance des Familienun-               ​Neutral
                                                                                   ​19 (15%)
                                                                              ​13 (10%)
ternehmens unterscheiden. Während in Sze-
                                                             ​Eher                 ​16 (13%)
nario 1 die hypothetische EBIT-Marge des             wahrscheinlich                                     ​45 (35%)

Unternehmens über dem Marktdurchschnitt                       ​ ehr
                                                               S        ​4 (2%)
                                                     wahrscheinlich               ​14 (12%)
liegt, liegt sie in Szenario 2 unter dem Markt-
durchschnitt. In beiden Szenarien mussten          Abbildung 11: Szenario 1 (Mehrheitsverkauf)

die Befragten bewerten, wie wahrscheinlich
ein Minderheitsverkauf oder ein Mehrheits-         Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei einem hy-
verkauf (A) an einen mittelständischen Pri-        pothetischen Minderheitsverkauf ab. Dieser
vate Equity Fonds oder (B) an einen strategi-      bietet für das Familienunternehmen neben ei-
schen Investor wäre.                               ner alternativen Finanzierungsform den Vor-
Das Szenario 1 (EBIT-Marge über dem                teil, externes Know-how in das Unternehmen
Marktdurchschnitt) zeigt eine deutliche            zu holen (unabhängig davon, ob dieses
Aversion der Befragten gegenüber einem             Know-how von einem strategischen Investor
Mehrheitsverkauf an einen Finanzinvestor.          oder aber von einem Finanzinvestor kommt).
Rund 70 % der Befragten geben die Wahr-            Ähnlich dem Mehrheitsverkauf präferieren die
scheinlichkeit als ‚sehr unwahrscheinlich‘         Befragten auch bei dem Minderheitsverkauf
oder ‚eher unwahrscheinlich‘ an und nur 2 %        den strategischen Investor im Vergleich zu
                                                   dem Finanzinvestor. Während nur rund 17 %

                                                                                                                          12
(13 % ‚eher wahrscheinlich‘ und 4 % ‚sehr                                     ​Sehr   Finanzinvestor                            ​49 (38%)
wahrscheinlich‘) an einen Finanzinvestor ver-                      unwahrscheinlich   Stratege                ​27 (21%)

kaufen würden, würden rund 44 % (34 %                                        Eher                                   ​36 (28%)
                                                                   unwahrscheinlich                         ​24 (19%)
‚eher wahrscheinlich‘ und 10 % ‚sehr wahr-
                                                                                                        ​22 (17%)
scheinlich‘) an einen Strategen verkaufen.                                 ​Neutral
                                                                                                         ​22 (17%)
Dies überrascht, da der strategische Investor                                ​Eher                    ​19 (15%)
                                                                     wahrscheinlich                                         ​43 (34%)
durch den Einstieg in das Familienunterneh-
                                                                              ​ ehr
                                                                               S       ​2 (2%)
men Zugang zu allen wichtigen Daten und In-                          wahrscheinlich              ​12 (9%)
formationen erhält. Dies könnte dazu führen,
                                                                  Abbildung 13: Szenario 2 (Mehrheitsverkauf)
dass der strategische Investor Wissen und
Erfahrungen für sein eigentliches Hauptunter-
                                                                  Vergleichbar mit dem potenziellen Mehrheits-
nehmen abzieht. Alternativ könnte der strate-
                                                                  verkauf steigt auch beim potenziellen Minder-
gische Investor versuchen, Schritt für Schritt
                                                                  heitsverkauf die Bereitschaft, das Familienun-
mehr Anteile an dem Familienunternehmen
                                                                  ternehmen zu verkaufen, leicht an. Dies zeigt,
zu erwerben, ehe er es gänzlich erwirbt.
                                                                  dass gerade in wirtschaftlich turbulenten Zei-
Dadurch würde die Unternehmerfamilie etap-
                                                                  ten ein (Teil-)Verkauf des Familienunterneh-
penweise Einfluss und Mitspracherechte an
                                                                  mens für die Befragten infrage kommt. Ge-
dem Unternehmen verlieren. Der Finanzin-
                                                                  rade in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten
vestor hingegen tritt meist nur als Kapitalge-
                                                                  suchen Familienunternehmer:innen bei exter-
ber und Wachstumspartner in Erscheinung,
                                                                  nen Investoren Unterstützung. Auf der einen
welcher zusätzlich sein Kapital und Know-
                                                                  Seite möchten sie Unterstützung zur Verbes-
how zur weiteren Verbesserung des Unter-
                                                                  serung der Liquidität, da der Zugang zu Bank-
nehmens einbringt.
                                                                  krediten, Schuldscheindarlehen etc. er-
                                                                  schwert bzw. nur zu überteuerten Zinssätzen
            ​Sehr   Finanzinvestor                   ​41 (32%)
 unwahrscheinlich   Stratege             ​27 (21%)
                                                                  möglich ist. Auf der anderen Seite benötigen
           Eher                                      ​42 (33%)
                                                                  sie inhaltliche Unterstützung, um die Krise zu
 unwahrscheinlich                        ​28 (22%)                überwinden.
                                    ​23 (18%)
         ​Neutral
                               ​17 (13%)
                                                                              ​Sehr   Finanzinvestor       ​35 (27%)
           ​ her
            E                 ​16 (13%)                                               Stratege
                                                                   unwahrscheinlich                ​24 (19%)
   wahrscheinlich                                     ​43 (34%)
                                                                             Eher                                             ​47 (37%)
            ​ ehr
             S         ​6 (4%)
                                                                   unwahrscheinlich                           ​28 (22%)
   wahrscheinlich            ​13 (10%)
                                                                                                          ​24 (19%)
                                                                           ​Neutral
Abbildung 12: Szenario 1 (Minderheitsverkauf)                                                         ​20 (16%)

                                                                             ​Eher                   ​18 (14%)
                                                                     wahrscheinlich                                       ​40 (31%)
Das Szenario 2 (EBIT-Marge unter dem
                                                                              ​Sehr     ​4 (3%)
Marktdurchschnitt) zeigt, dass durch die in                          wahrscheinlich                ​16 (13%)
diesem hypothetischen Szenario angege-
                                                                  Abbildung 14: Szenario 2 (Minderheitsverkauf)
bene schlechtere finanzielle Performance des
Unternehmens die allgemeine Bereitschaft,
                                                                  Nachdem sich in der Vignettenstudie eine
das Familienunternehmen zu verkaufen,
                                                                  klare Präferenz für den strategischen Investor
leicht steigt. Während in Szenario 1 noch
                                                                  als potenziellen Investor herauskristallisierte,
48 % der Befragten einen Mehrheitsverkauf
                                                                  wird dies in einer nachfolgenden Analyse be-
an einen Finanzinvestor kategorisch aus-
                                                                  dingt bestätigt. Die Studienteilnehmer:innen
schlossen, sind es in Szenario 2 nur noch
                                                                  mussten in Summe sieben vorgegebene In-
38 % der Befragten. Ein ähnliches Bild zeigt
                                                                  vestorentypen nach deren Attraktivität ran-
sich bei einem potenziellen Verkauf an einen
                                                                  ken. Zur Auswahl standen: Industrieholding,
strategischen Investor (27 % vs. 21 %).

                                                                                                                                          13
internationaler Private Equity Fonds, mittel-            Schlüsselrolle zu, denn eine(n) geeignete(n)
ständischer Private Equity Fonds, Multi Fa-              Nachfolger:in zu finden wird von Jahr zu Jahr
mily Office, Single Family Office, strategi-             schwieriger. Laut Scheele (o. D.) von dem
scher Investor und Venture Capital Fonds.                Portal Deutsche Unternehmerbörse kämpfen
Hier entscheidet sich die Mehrheit der Befrag-           Mittelständler seit Jahren mit rückläufigen
ten für Single Family Offices, Multi Family              Zahlen bei den Personen, welche ein beste-
Offices oder den strategischen Investor als              hendes Unternehmen fortführen wollen (so-
potenzielle Käuferkandidaten. Die Analyse                genannte Übernahmegründer:innen). Wäh-
zeigt deutlich, dass Familienunternehmer:in-             rend es vor rund 20 Jahren, im Jahr 2002,
nen insbesondere an Investorentypen ver-                 noch rund 200.000 solcher Übernahmegrün-
kaufen, die dem eigenen Unternehmen ähn-                 der:innen gab, waren es vor rund 5 Jahren, im
lich sind. Sei es der strategische Investor oder         Jahr 2015, nur noch rund 62.000. Jedoch
aber ein Family Office – es wird oft darauf ge-          steigt die Anzahl der Unternehmen, welche
schaut, ob sehr ähnliche Werte und Ansich-               einen Nachfolger suchen. Im Jahr 2018 such-
ten wie die Eigentümerfamilie(n) vertreten               ten rund 620.000 Unternehmen in Deutsch-
werden.                                                  land einen Nachfolger, Tendenz steigend.
                                                         Grund hierfür ist die voranschreitende Alte-
                                                         rung in den Chefetagen.
 1. Single Family Office

 2. Multi Family Office                                              Zusammenfassung

 3. Strategischer Investor                               Obwohl es in den letzten Jahren zu einer
                                                         deutlichen Annäherung von Finanzinvestoren
 4. Mittelständischer PE Fonds                           und Familienunternehmen gekommen ist, be-
                                                         vorzugen Familienunternehmer:innen bei
 5. Industrieholding
                                                         dem Verkauf ihres Unternehmens nach wie
 6. Internationaler PE Fonds                             vor ihnen ähnliche Käufertypen. Vor allem Fa-
                                                         mily Offices und mittelständische Private
 7. Venture Capital Fonds                                Equity Fonds können hierbei punkten, da sie
Abbildung 15: Ranking zu individuellen Investorentypen   oftmals die Probleme und Herausforderungen
                                                         deutscher Familienunternehmen am besten
„Die Bandbreite innerhalb der Private Equity-            verstehen und den optimalen Zugang zu den
Landschaft ist sehr groß. So gibt es bspw.               Familienunternehmer:innen besitzen.
große Unterschiede zwischen heimischen
Fonds und ausländischen Fonds mit Büros in
                                                         Präferenzen bei der Wahl eines Fi-
Deutschland. Es kommt z.B. für den Erfolg
auch entscheidend darauf an, dass der Fonds              nanzinvestors
zur Kultur des Unternehmens passt und er-                Die Studie beleuchtet ebenfalls die Präferen-
kennt, dass auch diese Faktoren wichtig für              zen von Familienunternehmer:innen, wenn es
den gemeinsamen Erfolg sind.“                            dazu kommt, in einem Verkaufsprozess mit
(Deutsches Familienunternehmen)                          drei finalen Übernahmeangeboten von Finan-
                                                         zinvestoren konfrontiert zu sein. Die Szena-
Eine Analyse der potenziellen Beweggründe,               rien 3 und 4 stellen die Familienunterneh-
das Familienunternehmen an einen Finanzin-               mer:innen dabei vor die Wahl, an einen von
vestor zu verkaufen, zeigt, dass vor allem die           drei Finanzinvestoren (A, B oder C) zu ver-
Nachfolgeregelung und das Lösen von fami-                kaufen. Dabei handelt es sich jeweils um ei-
lieninternen Konflikten die Hauptauslöser                nen vollständigen Verkauf (100 % der Unter-
sind. Vor allem im Bereich der Nachfolgere-              nehmensanteile).
gelung kommt den Finanzinvestoren eine

                                                                                                   14
Finanzinvestor A zahlt in dem Fall 15 % über                 ​Sehr                ​14 (12%)
                                                  unwahrscheinlich          ​9 (8%)
dem erwarteten Firmenwert, wohingegen Fi-
                                                            Eher     Finanzinvestor A              ​30 (26%)
nanzinvestor B 15 % weniger bezahlt als der       unwahrscheinlich   Finanzinvestor B                   ​34 (29%)

erwartete Firmenwert. Die beiden unterschei-              ​Neutral
                                                                                    ​17 (15%)
                                                                                      ​18 (16%)
den sich zusätzlich grundsätzlich in ihrem Ruf              ​Eher                                        ​36 (31%)
und in ihrem weiteren Vorhaben mit dem Fa-          wahrscheinlich                                               ​43 (37%)

                                                             ​Sehr                     ​19 (16%)
milienunternehmen. Finanzinvestor A strebt          wahrscheinlich             ​12 (10%)
weitestgehend eine umfassende Restruktu-
                                                  Abbildung 16: Szenario 3 – Finanzinvestor A vs. Finan-
rierung des Unternehmens an. Finanzinves-
                                                  zinvestor B; Familien mit weiteren unternehmerischen
tor B hingegen würde das Unternehmen per-         Beteiligungen (siehe Abb. 18 für Finanzinvestor C)
spektivisch so weiterführen, wie es auch in
der Vergangenheit durch die Familie getan         Auf der einen Seite wird ein höherer Kaufpreis
wurde. Finanzinvestor C bezahlt den erwarte-      befürwortet und somit legen von 47 % der Be-
ten Preis, jedoch ist keine Information über      fragten eine Präferenz auf Finanzinvestor A.
das Vorhaben bekannt.                             Diese bewerten die Wahrscheinlichkeit, Fi-
Szenario 3 und 4 unterscheiden sich darin,        nanzinvestor A zu wählen, mit ‚eher wahr-
dass Szenario 3 davon ausgeht, dass die Fa-       scheinlich‘ (31 %) oder ‚sehr wahrscheinlich‘
milie neben dem zu verkaufenden Unterneh-         (16 %). Auf der anderen Seite scheint ein hö-
men weitere unternehmerische Beteiligungen        herer Kaufpreis nicht ausschlaggebend zu
besitzt, während beim Szenario 4 davon aus-       sein, da das zweite Lager zu 38 % einen Ver-
gegangen wird, dass die Familie nur diese         kauf an Finanzinvestor A ablehnt. Diese be-
eine, nun zum Verkauf stehende, unterneh-         werten den Verkauf als ‚sehr unwahrschein-
merische Beteiligung besitzt. Die teilnehmen-     lich‘ (12 %) und ‚eher unwahrscheinlich‘
den Personen konnten jeweils einen Verkauf        (26%). 15 % haben keine eindeutige Auswahl
an die Finanzinvestoren A, B oder C bewer-        getroffen und stehen der Option, mehr als den
ten, indem sie auf die Frage „Wie hoch ist die    erwarteten Kaufpreis zu erhalten aber an ei-
Wahrscheinlichkeit, dass Sie Finanzinvestor       nen Finanzinvestor zu verkaufen, welcher
A bzw. Finanzinvestor B oder C als Käufer in      deutliche Restrukturierungsmaßnahmen vor-
Betracht ziehen?“ mit 1 (‚sehr unwahrschein-      nimmt, neutral gegenüber. Ebenfalls lässt
lich‘) bis 5 (‚sehr wahrscheinlich‘) antworten.   sich die geteilte Meinung der Familienunter-
An diesem Abschnitt der Vignettenstudie ha-       nehmen feststellen, wenn man die Aussagen
ben insgesamt 116 Teilnehmende an zwei            zu Finanzinvestor B mit einbezieht. 37 % leh-
Szenarien teilgenommen.                           nen einen Verkauf an diesen Investor ab (da-
Das Szenario 3 (Verkauf des Familienun-           von bezeichnen 8 % der Befragten den Ver-
ternehmens an Finanzinvestor; mit weite-          kauf als ‚sehr unwahrscheinlich‘ und die rest-
ren unternehmerischen Beteiligungen in            lichen 29 % als ‚eher unwahrscheinlich‘).
der Familie) zeigt deutlich, dass die befrag-     Demgegenüber stehen 47 % der teilnehmen-
ten Familienunternehmen in zwei „Lager“ ge-       den Familienunternehmer:innen, welche ei-
spalten sind.                                     nen Verkauf an Finanzinvestor B bevorzugen
                                                  (davon 37 %, die einen Verkauf an Finanzin-
                                                  vestor B als ‚eher wahrscheinlich‘ einschät-
                                                  zen, und 10 % als ‚sehr wahrscheinlich‘).
                                                  Auch hier sind 16 % der Personen einem Ver-
                                                  kauf an Finanzinvestor B unter den gestellten
                                                  Bedingungen neutral eingestellt. Die Daten
                                                  unserer Erhebung zeigen ebenfalls deutlich
                                                  auf, dass die Personen, welche eine Präfe-

                                                                                                                       15
renz für den Verkauf an Finanzinvestor A ha-    tor weiterhin als Gefahr für das eigene Unter-
ben, auch größtenteils die Personen sind,       nehmen einschätzen, stützen sich daher lie-
welche einen Verkauf an Finanzinvestor B        ber auf die Offerte von Finanzinvestor B. Das
ablehnen und vice versa.                        unterdurchschnittliche Angebot des Finanzin-
Die hier gezeigten Erkenntnisse öffnen den      vestors B kann für diese Familienunterneh-
Raum für Interpretationen. Der Preis wird       mer:innen dahingehend gerechtfertigt wer-
häufig als Wertschätzung für die eigene Ar-     den, dass der Investor zusichert, das Unter-
beit und das Lebenswerk gesehen. Grund-         nehmen nach der Vorstellung der Familie
sätzlich möchte jede Person den besten Preis    weiterzuführen. So erwähnen Familienunter-
für das Familienunternehmen erzielen, ver-      nehmer:innen vermehrt die folgenden negati-
ständlicherweise jedoch nicht um jeden Preis.   ven Punkte im Zusammenhang mit Finanzin-
Eine umfassende Restrukturierung ist nicht      vestoren:
zwingend negativ konnotiert. Vielen Familien-
unternehmer:innen fehlt für diese Maßnahme       ▪ „Überzogenes Profitdenken.“
jedoch häufig das Know-how oder die Durch-       ▪ „Kapitalentzug und Kurzfristigkeit (keine
setzungskraft. Diese Gruppe sieht in dem hö-        strategische Weiterentwicklung, lediglich
heren Kaufpreis und der anstehenden Re-             Finanzinteressen).“
strukturierung eine Win-win-Situation. So        ▪ „Generelle Abneigung gegen Finanzin-
kann die Wertschätzung für das eigene Un-
                                                    vestoren.“
ternehmen gesteigert werden und beispiels-
                                                 ▪ „Veräußerung an Finanzinvestor nur bei
weise die Zukunftsfähigkeit des Unterneh-
                                                    vollständigem Rückzug der Familie, da
mens nach dem Ausstieg der Familie durch
                                                    Anlagehorizont von PE und Familienun-
umfassende strukturelle Anpassungen gesi-
                                                    ternehmen schwer zusammenpassen.“
chert werden.
                                                 ▪ „Eventuell stehen rein finanzielle Interes-
So erwähnen diese Familienunternehmer:in-
nen vermehrt die folgenden positiven Punkte         sen über der Sicherung des längerfristi-
im Zusammenhang mit Finanzinvestoren:               gen Bestandes der Unternehmung.“
                                                 ▪ „Schlechter Ruf oder fehlender Fokus
 ▪ „Zugang zu weiteren Ressourcen, insbe-           auf Unternehmenskultur.“
    sondere Liquidität und Finanzierung.“        ▪ „Vermutung, dass das Unternehmen
 ▪ „KPIs und professionelles Management.“           nicht im Sinne der Familie weitergeführt
                                                    wird.“
 ▪ „Hilfreiches Optimierungswissen und
                                                (Deutsche Familienunternehmen)
    Optimierungserfahrung.“
 ▪ „Professionalisierung der Unterneh-
                                                Diese Erkenntnis lässt folgende Rück-
    mensführung.“                               schlüsse zu: Nicht jede Unternehmerfamilie
 ▪ „Strategische und Finanzierungskompe-        passt zu jedem Typen von Finanzinvestor.
    tenz zur weiteren Unternehmensentwick-      Ein erfolgreicher Verkauf kann vorzugsweise
    lung.“                                      dann erzielt werden, wenn die unternehmeri-
 ▪ „Neue Perspektiven auf das Geschäft.“        schen Werte von Familienunternehmen und
(Deutsche Familienunternehmen)                  Finanzinvestor weitestgehend übereinstim-
                                                men.
Einige Familienunternehmer:innen scheinen
in einem Finanzinvestor weiterhin eine Heu-     „Das Wichtigste für uns war nicht, EUR
schrecke zu sehen und vermeiden daher das       100.000 zusätzlich zu verdienen. Es war uns
höhere Kaufpreisangebot. Diejenigen Fami-       wichtig, dass das Unternehmen in guten Hän-
lienunternehmen, welche einen Finanzinves-

                                                                                           16
den ist und weiterhin gut geführt wird. Wir ha-              ​Sehr            ​10 (9%)
                                                  unwahrscheinlich               ​12 (10%)
ben unglaublich viel Herzblut hineingesteckt.
                                                            Eher     Finanzinvestor A               ​27 (23%)
Meine Mutter wohnt heute noch in der Fabrik.“     unwahrscheinlich   Finanzinvestor B                               ​41 (35%)

(Deutsches Familienunternehmen)                           ​Neutral
                                                                                       ​18 (16%)
                                                                                        ​18 (16%)

                                                            ​Eher                                               ​37 (32%)
Des Weiteren gibt es vermehrt die Situation,        wahrscheinlich                                                  ​40 (34%)

                                                             ​Sehr                            ​24 (21%)
dass die emotionale Bewertung des Familien-         wahrscheinlich       ​5 (4%)
unternehmens zu einer überhöhten Kauf-
                                                  Abbildung 17: Szenario 4 – Finanzinvestor A vs. Finan-
preiserwartung führt. Dies ist besonders dann
                                                  zinvestor B; Familien ohne weitere unternehmerische
problematisch, wenn der verlangte Kaufpreis       Beteiligungen (siehe Abb. 18 für Finanzinvestor C)
einen Verkauf unmöglich macht. Auch hier gilt
es, realistische und marktgetriebene Bewer-       Wenn es also keine weiteren unternehmeri-
tungen heranzuziehen, denn nur, wenn eine         schen Beteiligungen der Familie gibt –
objektive Bewertung vorliegt, kann der ange-      wodurch das zum Verkauf stehende Fami-
botene Preis eines Finanzinvestors als fair       lienunternehmen den Mittelpunkt der unter-
und marktüblich oder als zu niedrig gedeutet      nehmerischen Beteiligungen der Familienun-
werden. Dabei können neben firmeneigenen
                                                  ternehmer:innen darstellt –, wird ein Verkauf
Bewertungen auch diejenigen von Intermedi-
                                                  an Finanzinvestor B tendenziell noch weniger
ären hinzugezogen werden.
                                                  befürwortet als noch in Szenario 3. Anders
                                                  ausgedrückt: Bei einem maßgeblichen Ver-
„Es gibt Eigentümer:innen, die seit Jahren die
                                                  kauf der gesamten unternehmerischen Tätig-
Absicht haben, zu verkaufen. Wir sehen sie
                                                  keit wird der gezahlte Preis zumindest gering-
immer wieder auf dem Markt. Sie haben ein-
                                                  fügig als wichtiger angesehen, als wenn le-
fach eine bestimmte Preisvorstellung. Sie sa-
                                                  diglich eine von mehreren Beteiligungen ver-
gen, mein Unternehmen ist 20 Millionen wert,
                                                  äußert wird.
aber niemand bietet ihnen jemals eine Bewer-
                                                  Innerhalb der Antwortoptionen kommt es al-
tung in dieser Höhe an.“
                                                  lerdings weiterhin zu den bereits vorher er-
(Deutscher Finanzinvestor)
                                                  kennbaren unterschiedlichen Lagern bei den
                                                  Familienunternehmen. So gaben 32 % an,
Das Szenario 4 (Verkauf des Familienun-
                                                  dass es unwahrscheinlich sei, Finanzinvestor
ternehmens an Finanzinvestor; ohne wei-
                                                  A als Käufer in Betracht zu ziehen (davon 9 %
tere unternehmerische Beteiligungen in
                                                  „sehr unwahrscheinlich“ und 23 % „eher un-
der Familie) zeigt, dass die befragten Perso-
                                                  wahrscheinlich“). 53 % befürworten jedoch ei-
nen im Durchschnitt einen Verkauf an Finan-
                                                  nen Verkauf an diesen Investor (davon 32 %
zinvestor B weniger befürworten als noch im
                                                  „eher wahrscheinlich“ und 21 % „sehr wahr-
vorherigen Szenario 3 (durchschnittliche Ant-
                                                  scheinlich“). 16 % sind auch in diesem Fall
wort von 2,9 in Szenario 3 im Vergleich zum
                                                  unentschlossen. Im Vergleich dazu lehnen
Szenario 4 mit 3,1, d. h. die Präferenz, an Fi-
                                                  46 % einen Verkauf an Finanzinvestor B ab
nanzinvestor B zu verkaufen, ist generell
                                                  (davon bewerten 10 % den Verkauf als „sehr
leicht gesunken). Im selben Zusammenhang
                                                  unwahrscheinlich“ und 36 % als „eher un-
steigt die Präferenz, an Finanzinvestor A zu
                                                  wahrscheinlich“). 38 % befürworten in diesem
verkaufen an (3,3 in Szenario 4 im Vergleich
                                                  Szenario den Verkauf an Finanzinvestor B
zum vorherigen Szenario 3 mit 3,1).
                                                  (34 % „eher wahrscheinlich“ und 4 % „sehr
                                                  wahrscheinlich“). Auch hier sind 16 % der be-
                                                  fragten Personen unentschlossen.

                                                                                                                           17
Die Gründe für die Ergebnisse sind denen        „Das schönste Gefühl ist, wenn wir eine
aus Szenario 3 ähnlich. Familienunterneh-       Transaktion durchführen und der Eigentü-
mer:innen sehen die anschließende Restruk-      mermanager oder die Eigentümermanagerin
turierung weiterhin entweder als große          sagt: Ich habe [den PE-Investor] nicht wegen
Chance oder aber als Gefahr für das Unter-      des Preises gewählt, sondern trotz des Prei-
nehmen. Dadurch, dass in Szenario 4 weitere     ses.“
Beteiligungen ausgeschlossen wurden, ver-       (Deutscher Finanzinvestor)
stärkt sich die Präferenz für einen höheren
Verkaufspreis    leicht.   Familienunterneh-    Die Auswahl von Finanzinvestor C (zahlt
mer:innen agieren nun, zumindest in gewis-      den gewünschten Preis, jedoch ohne wei-
sen Teilen, verstärkt preismaximierend. So      tere Informationen zur Intention während
geben einige Personen die folgende Ein-         der Halteperiode) zeigt, dass der Preis allein
schätzung zu Finanzinvestoren ab:               bei dem Verkauf an einen Finanzinvestor
                                                nicht das entscheidende Kriterium ist. Viel-
 ▪ „Kein Vertrauen in Finanzinvestoren“         mehr interessieren sich die Familienunter-
 ▪ „Fehlende Strategie“                         nehmer:innen für den Finanzinvestor und die
                                                Pläne, welcher dieser für das Familienunter-
 ▪ „Steigender kurzfristiger Druck auf viele
                                                nehmen während der Halteperiode vorgese-
    Themen parallel“
                                                hen hat. So lässt sich in unserer Studie eine
 ▪ „Renditeorientierung überwiegt, meist
                                                generelle Aversion gegen Finanzinvestor C
    wenig (soziale und ökologische) Innova-     feststellen. Dieser zahlt genau den erwarte-
    tionen“                                     ten Preis, jedoch sind keine Informationen
 ▪ „Diametral gegensätzliches Ziel- und         zum Investor und zur Intention während der
    Wertsystem; keine gemeinsame Spra-          Halteperiode bekannt. Die Ablehnung gegen-
    che“                                        über Finanzinvestor C unterscheidet sich
 ▪ „[Für einen Finanzinvestor spricht] nichts   auch nicht maßgeblich zwischen den Szena-
    außer einem potenziell hohen Verkaufs-      rien 4 und 5. Die Mehrheit der befragten Fa-
    preis.“                                     milienunternehmer:innen bewerten den Ver-
(Deutsche Familienunternehmen)                  kauf an Finanzinvestor C als sehr unwahr-
                                                scheinlich. So geben über 70 % an, nicht an
Auch hier können die Gräben zwischen Fami-      C verkaufen zu wollen. Abbildung 18 zeigt
lienunternehmen und Finanzinvestoren zum        hierbei die Antworten der Familienunterneh-
Teil noch gravierend sein. Wenn es um einen     mer:innen für die Auswahl von Finanzinvestor
vollständigen Rückzug der Familie aus dem       C sowohl in Szenario 3 als auch in Szenario
Unternehmen geht und die Familie keine wei-     4.
teren Beteiligungen hat, dann ist häufig der
Preis die ultima ratio, auch wenn die Ansich-              ​Sehr   Szenario 3               ​31 (27%)
                                                unwahrscheinlich   Szenario 4                  ​34 (29%)
ten mit dem Finanzinvestor nicht gänzlich
                                                          Eher                                                   ​54 (47%)
übereinstimmen. Dennoch gibt es in solchen      unwahrscheinlich                                           ​48 (41%)
Fällen diejenigen Familienunternehmer:in-               ​Neutral
                                                                                     ​22 (19%)
                                                                                        ​25 (22%)
nen, welche weiterhin eine Chance in dem
                                                          ​Eher            ​8 (7%)
Verkauf erkennen. Dies haben auch Finan-          wahrscheinlich        ​6 (5%)

zinvestoren zum Teil erkannt, indem sie ver-               ​Sehr   ​1 (1%)
                                                  wahrscheinlich      ​3 (3%)
stärkt auf die Bedürfnisse von Familienunter-
                                                Abbildung 18: Szenario 3 (S3) vs. Szenario 4 (S4) zur
nehmer:innen eingehen:
                                                Wahrscheinlichkeit, Finanzinvestor C als Käufer in Be-
                                                tracht zu ziehen

                                                                                                                       18
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