Finanzinvestoren und Familien-unternehmen: Freundschaft oder Feindschaft? - Board Xperts
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Finanzinvestoren und Familien- unternehmen: Freundschaft oder Feindschaft? Potenzielle Beweggründe für oder gegen den (Teil-)Verkauf eines Familienunternehmens an einen Finanzinvestor sowie maßgebliche Auswahlkriterien und Auswirkungen eines (Teil-)Verkaufes auf das Unternehmen
Ihre Ansprechpartner:innen WHU – Otto Beisheim School of Management Institut für Familienunternehmen und Mittelstand Burgplatz 2, 56179 Vallendar, Deutschland Prof. Dr. Nadine Kammerlander Christopher Khoury, MSc Co-Institutsleiterin | WHU Doktorand | WHU nadine.kammerlander@whu.edu christopher.khoury@whu.edu Elias Kurta, MSc Dr. Tim Junginger, LL. M. Doktorand | WHU Rechtsanwalt, Dipl.-Kfm. | POELLATH elias.kurta@whu.edu tim.junginger@pplaw.com Hinweise zur Studie: Eine Vervielfältigung des vorliegenden Dokuments ohne ausdrückliche Genehmigung der Verfasser:innen ist nicht gestattet. Die Aussagen dieser Studie sind rein wissenschaftlich einzuordnen. Diese Studie kann wie folgt zitiert werden: Khoury C., Kurta E., Kammerlander N. (2021): Finanzinvestoren und Familienunternehmen: Potenzielle Beweg- gründe für oder gegen den (Teil-)Verkauf eines Familienunternehmens an einen Finanzinvestor sowie maßgebli- che Auswahlkriterien und Auswirkungen eines (Teil-)Verkaufes auf das Unternehmen. Vallendar: WHU, Institut für Familienunternehmen und Mittelstand. 1
Executive Summary 1. Welche Gründe sprechen für den (Teil-)Verkauf eines Familienunternehmens? ▪ Familienunternehmer:innen verkaufen vorwiegend aus unternehmerischen Grün- den, wie bspw. der Realisierung einer Wachstumsstrategie mithilfe eines Investors, der Bewältigung einer Unternehmenskrise durch zusätzliche Liquidität oder der strategischen Neuausrichtung des Unternehmens. ▪ Alternativ dazu können persönliche Gründe, wie bspw. Konflikte zwischen Gesell- schafter:innen sowie fehlende oder ungeeignete Nachfolger:innen, zu einem (Teil-)Verkauf des Unternehmens führen. 2. Welche Investorentypen präferieren Familienunternehmer:innen? ▪ Bei den Investorentypen wird zwischen strategischen Investoren und Finanzin- vestoren unterschieden. Während es sich bei ersteren meist um Wettbewerber oder um Unternehmen in einer ähnlichen Branche handelt, sind Finanzinvestoren Finanzintermediäre, welche Beteiligungskapital einsammeln und anschließend in Unternehmen investieren. ▪ Familienunternehmer:innen bevorzugen ihnen strategisch ähnliche Käuferty- pen. So können insbesondere strategische Investoren, Multi- und Single-Family Offices (im Gegensatz zu Industrieholdings, internationalen Private Equity Fonds und Venture Capital Fonds) punkten. ▪ Der Umstand, dass Familienunternehmer:innen vor allem strategische Investoren und Family Offices bevorzugen, lässt sich dadurch erklären, dass diese Typen von Investoren den Familienunternehmen hinsichtlich Zeithorizont, strategischer Aus- richtung und Gedankengut am ähnlichsten sind. ▪ Während die Bevorzugung des strategischen Investors bei einem potenziel- len Mehrheitsverkauf des Unternehmens zu erwarten war, überrascht diese bei einem Minderheitsverkauf, da dabei einem direkten Wettbewerber Zugang zu Un- ternehmensgeheimnissen gestattet wird. Hingegen tritt ein Finanzinvestor bei Min- derheitsbeteiligungen meist nur als Kapitalgeber und Sparringspartner auf. ▪ Finanzielle Turbulenzen des Familienunternehmens erhöhen die Wahrschein- lichkeit eines (Teil-)Verkaufes deutlich. Auch die Bereitschaft, an einen Finanzin- vestor zu verkaufen, nimmt überproportional stark zu. ▪ Sollte sich die Unternehmerfamilie schließlich für einen (Teil-)Verkauf an einen Fi- nanzinvestor entschieden haben, so ist die Teilung in zwei Lager zu beobachten. Während sich der eine Teil für denjenigen Finanzinvestor entscheidet, der zwar einen Kaufpreis 15 Prozent über dem Marktwert bezahlt, aber ein holistisches Restrukturierungsprogramm plant, entscheidet sich der andere Teil der Befragten für jenen Finanzinvestor, der zwar 15 Prozent unter dem Marktwert bezahlt, je- doch das Unternehmen nach den Vorstellungen der Unternehmerfamilie weiter- führt. ▪ Der Kaufpreis eines Finanzinvestors ist nicht das allein entscheidende Kriterium. Vielmehr sind eine gemeinsame Wertvorstellung, gemeinsame Ziele und eine gemeinsame Arbeitsphilosophie zwischen Unternehmerfamilie und Finanzin- vestor für eine erfolgreiche Zusammenarbeit wichtig. 3. Welche Kriterien sind bei der Wahl des Finanzinvestors entscheidend? ▪ Hauptgründe für die Veräußerung von Unternehmensanteilen: Fairer Kauf- preis, transparenter Verkaufsprozess, Verständnis für die Spezifika eines Famili- enunternehmens sowie ein langer Investmenthorizont. 2
▪ Hauptgründe gegen die Veräußerung von Unternehmensanteilen: Fehlendes Verständnis für die Spezifika eines Familienunternehmens, Kaufpreis liegt unter dem fairen Marktpreis, undurchsichtiger Verkaufsprozess sowie ein (zu) kurzer In- vestmenthorizont. 4. Welche Eckpfeiler für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Familienun- ternehmen und Finanzinvestoren gibt es? ▪ Bewusste Auswahl des Finanzinvestor-Typs (bspw. Family Offices, Industriehol- dings, Private Equity Fonds, Venture Capital Fonds etc.) ▪ Erarbeitung einer Anforderungsliste für die Zusammenarbeit mit dem Finanzin- vestor ▪ Gemeinsame Ausarbeitung einer Vision und eines Zielbildes ▪ Klare Regeln im Gesellschaftervertrag ▪ Vereinbarung von weiteren wichtigen Verträgen (bspw. Standortgarantien, Mitar- beitergarantien etc.) mit dem Finanzinvestor 5. Worüber jede(r) Familienunternehmer:in vor einem Verkauf nachdenken sollte: ▪ Wie viele Unternehmensanteile (in %) sollen verkauft werden? 1 Transaktionsziele ▪ An welchen Käufertyp soll verkauft werden? ▪ Handelt es sich um einen Wachstumsfall oder einen Restrukturierungsfall? 2 Verkauf ▪ Wo liegen die Chancen und Risiken in der Zusammenarbeit mit den potenziellen Investoren? ▪ Sind die Preisvorstellungen objektiv und realistisch? 3 Preisvorstellung ▪ Können Zugeständnisse im operativen Vorhaben einen abweichenden Preis kompensieren? ▪ Beeinflusst die emotionale Bindung zum Unternehmen die Verhandlungen? 4 Emotionen ▪ Soll die Bindung zum Unternehmen nach dem Verkauf aufrecht erhalten werden? ▪ Handelt es sich um einen fairen und transparenten Verkaufsprozess? 5 Auswahlkriterien ▪ Hat der Investor das nötige Know-how und die Expertise im Umgang mit Familienunternehmen? ▪ Sind alle Investorentypen bekannt und stimmen die gemeinsamen Ansichten über den Verkauf überein? 6 Kaufinteressenten ▪ Sind die Interessenten und ihre Absichten transparent und bekannt? ▪ Gibt es Prognosen für die Zusammenarbeit und die Auswirkung der Projekte auf das operative Geschäft? 7 Prognosen ▪ Können die finanziellen Bedürfnisse gedeckt und Pläne über das Vorhaben des Investors vereinbart werden? ▪ Ist das Timing für einen Verkauf durch interne oder externe Faktoren bestimmt? 8 Timing ▪ Wie steht das Unternehmen finanziell vor dem Verkauf da? ▪ Hat der Investor entsprechendes Markt- und Branchenwissen? 9 Zusammenarbeit ▪ Sind die Zeithorizonte in der operativen Planung, besonders bei Teilverkäufen, vereinbar? ▪ Soll es eine Übergangszeit mit dem potenziellen Investor geben oder wird ein direkter Ausstieg präferiert? 10 Übergang ▪ Gibt es eine transparente Governance, die während des Übergangs Vertrauen auf beiden Seiten schafft? 3
Vorwort der Verfasser:innen Familienunternehmen stellen das Rückgrat der deutschen Wirtschaft dar und zeichnen sich vor allem durch ihren Fokus auf Langfristigkeit, hohe Qualität, großes Verantwortungsbewusst- sein und weitreichende Nachhaltigkeit aus. Das Erwirtschaften von Gewinnen und deren Ma- ximierung gelten dabei nicht als alleinige Ziele. Vielmehr zeichnet sich eine familiäre Unter- nehmenskultur durch ihre hohe Mitarbeiterorientierung und Kundenorientierung sowie durch ihre Identifikation mit dem Standort aus. Doch auch Familienunternehmen stehen durch den Wandel der Zeit vor immensen Herausforderungen. Konflikte innerhalb der Familie, Nachfol- geprobleme und Finanzierungsengpässe sind nur einige, wenn auch sehr wichtige, Beispiele hierfür. Bei vielen dieser Herausforderungen können Finanzinvestoren und etablierte Familienunter- nehmen kooperieren, um diese gemeinsam zu bewältigen. Nachdem über Jahrzehnte hinweg Finanzinvestoren von Familienunternehmen typischerweise gemieden wurden, haben sich das Ansehen und der Ruf von Finanzinvestoren im Markt spürbar verbessert. Nicht nur das Be- wusstsein über Finanzinvestoren als zuverlässige Kapitalgeber hat sich verändert, sondern auch die Meinung über den operativen Mehrwert, den diese liefern können. Es scheint, als hätten es Finanzinvestoren geschafft, das Image der „Heuschrecken“ größtenteils abzulegen. Angetrieben durch diesen Imagewandel und die Häufung von Kooperationen in der Praxis be- schäftigen auch wir uns wissenschaftlich intensiv mit der Schnittstelle zwischen Finanzinvestor und Familienunternehmen. Dazu gehen wir folgenden Fragen nach: Welche möglichen Be- weggründe sprechen für oder gegen den (Teil-)Verkauf eines Familienunternehmens an einen Investor, welches sind die maßgeblichen Auswahlkriterien bei der Investorensuche und welche Auswirkungen hat ein (Teil-)Verkauf des Familienunternehmens auf das Unternehmen? Wir freuen uns, Ihnen die Ergebnisse unserer Studie im Rahmen dieser Praxispublikation vor- stellen zu dürfen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit gerne an die Verfasser:innen wenden. Ein herzliches Dankeschön gilt den Studienteilnehmer:innen für die intensive Mitwirkung sowie unserem Praxispartner POELLATH, einer führenden Kanzlei für Transaktionen und Asset Ma- nagement, für die Unterstützung und Begleitung dieser Studie. Für den geleisteten Zeiteinsatz und das entgegengebrachte Vertrauen möchten wir uns an dieser Stelle nochmals herzlich bedanken. Vallendar, im Oktober 2021 Prof. Dr. Nadine Kammerlander Christopher Khoury, MSc Elias Kurta, MSc 4
Inhaltsverzeichnis Ihre Ansprechpartner:innen 1 Executive Summary 2 Vorwort der Verfasser:innen 4 Inhaltsverzeichnis 5 Einführung 6 Familienunternehmen im Überblick 6 Investoren und Familienunternehmen 7 Minderheitsverkauf vs. Mehrheitsverkauf 8 Studienüberblick 9 Forschungsfragen 9 Methodik 9 Charakteristika der befragten Familienunternehmen 10 Übersicht Ergebniskapitel 11 Potenzielle Gründe für oder gegen den (Teil-)Verkauf eines Familienunternehmens an einen Investor 11 Präferenzen bei der Wahl eines Finanzinvestors 14 Implikationen für die Praxis 20 Die Verkaufsentscheidung 20 Die Auswahlkriterien 21 Die Zusammenarbeit 23 Quellenverzeichnis 25 Über das Institut für Familienunternehmen und Mittelstand 27 Über POELLATH 28 5
Einführung stammt von Chua, Chrisman und Sharma aus dem Jahr 1999 [aus dem Englischen über- Familienunternehmen im Überblick setzt und in Abschnitte unterteilt]: Familienunternehmen stellen das Rückgrat der deutschen Wirtschaft dar und gelten als „Das Familienunternehmen ist ein Unterneh- wichtiger Motor für Beschäftigung und Wohl- men, das stand. Mehr als 60 Prozent aller Arbeitsplätze ▪ von einer dominanten Koalition aus werden in Deutschland von Familienunter- Familienmitgliedern (oder einer klei- nehmen gestellt. Diese erweisen sich insbe- nen Anzahl von Familien) geleitet sondere in konjunkturell schwierigen Zeiten und/oder kontrolliert wird, und als stabilisierender Faktor auf dem Arbeits- ▪ mit der Absicht geleitet wird, eine markt (Stiftung Familienunternehmen, 2019). langfristige Vision zu etablieren, wel- Für Deutschland charakteristisch ist die hohe che über Generationen hinweg nach- Anzahl an besonders großen und internatio- haltig ist.“ nal tätigen Familienunternehmen. Viele von ihnen gehören zur weltweiten Spitzengruppe Obgleich es sich bei dieser Definition um eine in ihrer technologischen Nische (insbeson- eher generalistische handelt, werden die bei- dere in den Bereichen Maschinenbau und Au- den Eckpfeiler eines Familienunternehmens tomobilindustrie). Eine Studie der Stiftung Fa- deutlich: (1) der dominante Einfluss einer Fa- milienunternehmen analysierte im Jahr 2019 milie (oder mehrerer Familien); (2) langfristige die volkswirtschaftliche Bedeutung von Fami- Planung über Generationen hinweg anstelle lienunternehmen in Deutschland: einer Quartalsdenkweise. Diese beiden Punkte führen zu den Besonderheiten von ▪ 90 Prozent aller deutschen Unter- Familienunternehmen im Vergleich zu Nicht- nehmen sind familienkontrolliert. Familienunternehmen. Habbershon und Willi- ▪ 52 Prozent der Umsätze in Deutsch- ams (1999) fassen diese Unterschiede in land werden durch Familienunterneh- dem Begriff ‚Familiness‘ zusammen [aus dem men generiert. Englischen übersetzt]: „[…] einzigartiges ▪ 32 Millionen Beschäftigte arbeiten in Ressourcenbündel eines Unternehmens, deutschen Familienunternehmen. welches aufgrund der Interaktion zwischen der Familie, ihren einzelnen Mitgliedern und Wichtig ist hierbei anzumerken, dass es in der des Unternehmens zustande kommt.“ Literatur keine einheitliche Definition von Fa- Dieses Ressourcenbündel besteht unter an- milienunternehmen gibt und somit die Zahlen derem aus langfristigem Finanzkapital, aus je nach Definition leicht abweichen können. In Humankapital der Familie, aus sozialer Ver- der obigen Studie wird dann von einem Fami- netzung der Familienmitglieder sowie aus lienunternehmen ausgegangen, wenn sich dem kulturellen Kapital der Familienmitglie- die Mehrheit der Entscheidungsrechte im Be- der, welches sich meist in einer hohen Mitar- sitz von (einer) natürlichen Person(en) befin- beiterverbundenheit seitens der Eigentümer- det und die Mehrheit dieser Entscheidungs- familie niederschlägt. In der Forschung zu Fa- rechte direkt oder indirekt besteht und/oder milienunternehmen hat sich neben den be- mindestens ein Vertreter der Familie oder der reits genannten Punkten die Theorie Socio- Angehörigen offiziell an der Leitung bzw. emotional Wealth (SEW) nach Gómez-Mejía Kontrolle des Unternehmens beteiligt ist. Ne- et al. (2007) als eine der bedeutendsten The- ben dieser Definition gibt es in der Wissen- orien gebildet. Diese Theorie besagt, dass schaft noch einige andere Bestimmungen. das Vermögen der Familie nicht ausschließ- Eine breite und in der Literatur häufig zitierte lich finanziell messbar ist, sondern auch aus einer sozioemotionalen Komponente besteht. 6
Das heißt, dass unternehmerische Entschei- gen. Für das verkaufende Familienunterneh- dungen nicht ausschließlich auf betriebswirt- men bedeutet die Ansprache und das eventu- schaftlichen Überlegungen basieren, sondern elle Verkaufen an strategische Investoren je- im Einklang mit emotionsgeleiteten Überle- doch, dass meist vertrauliche Informationen gungen getroffen werden. Diese emotionalen an Wettbewerber weitergegeben werden. In Gesichtspunkte können entweder einen posi- der Regel forcieren strategische Investoren tiven oder aber auch einen negativen Einfluss die Eingliederung des Akquisitionsobjektes in auf das Familienunternehmen haben. Gemäß die eigene Unternehmensstruktur. Dadurch einer Studie von Gómez-Mejía et al. (2007) verschwinden die gekauften Unternehmen wird dieser Socioemotional Wealth einer Fa- oftmals als eigenständige Objekte vom Markt milie gesteigert, wenn sich der Einfluss der und werden vollständig in bestehende Struk- Familie auf das Unternehmen erhöht. Außer- turen integriert. Der Unternehmenskultur des dem haben Familienunternehmen zeitlich strategischen Investors kommt daher beson- eine besonders langfristige Ausrichtung dere Bedeutung zu. (Lumpkin & Brigham, 2011). Zu guter Letzt Finanzinvestoren sind Intermediäre, die Be- hegen die meisten Familienunternehmer:in- teiligungskapital von vermögenden Privatper- nen den Wunsch, das Unternehmen an po- sonen, institutionellen Investoren oder Stif- tenzielle Nachfolger:innen innerhalb der Fa- tungen einsammeln und in Unternehmen in- milie zu übergeben (Berrone et al., 2012). vestieren. Typische Finanzinvestoren sind Banken, Versicherungen, Pensionsfonds, Fa- Investoren und Familienunterneh- mily Offices, Hedge-Fonds, Venture Capital men Fonds und Private Equity Fonds. Der Haupt- unterschied zwischen Venture Capital und Bei der Suche nach einem passenden Part- Private Equity ist, dass ersteres vor allem in ner bzw. Käufer für das Familienunternehmen junge Unternehmen investiert wird (in soge- kann zwischen strategischen Investoren und nannte Start-ups) und letzteres vor allem in Finanzinvestoren unterschieden werden. reife, etablierte Unternehmen. Die vorlie- Strategische Investoren sind in der Regel in gende Studie fokussiert sich vor allem auf Pri- der gleichen oder einer ähnlichen Branche vate Equity, da Familienunternehmen, als wie das verkaufende Familienunternehmen reife und etablierte Unternehmen, vermehrt tätig, sodass sie strategisch vom Kauf des von Private Equity Investoren als Investitions- Unternehmens profitieren können. Dadurch ziele in Betracht gezogen werden. bewerten sie das Familienunternehmen nicht Private Equity hat sich in Europa seit den ausschließlich nach dessen Ertragskraft, son- 1960er-Jahren zu einer eigenen Branche ent- dern auch nach den potenziellen Synergien wickelt. Weltweit wird die Branche vor allem (Umsatzsynergien oder Kostensynergien), von amerikanischen und britischen Fonds an- welche durch den Kauf entstehen können. geführt, daneben bestehen zahlreiche natio- Neben der Realisierung von Synergien kön- nale Beteiligungsfirmen. Die großen amerika- nen die horizontale oder vertikale Erweite- nischen Private-Equity-Häuser sind in Europa rung der Wertschöpfungskette, die Erhöhung fast vollständig mit einheimischen Tochterfir- des eigenen Marktanteils, der Zugriff zu Pa- men und lokalem Management vertreten. Der tenten oder Schlüsseltechnologien oder die deutsche Private-Equity-Markt gewinnt stark Erweiterung des eigenen Produktspektrums an Bedeutung und verzeichnete in den letzten Gründe für den Kauf sein. Diese Gründe kön- Jahren ein starkes Wachstum. Im Jahr 2019 nen für strategische Investoren oftmals Kauf- konnte das Gesamtvolumen der in Fundrai- preise rechtfertigen, die zum Teil deutlich sings eingeworbenen Mittel von Private über dem ermittelten Unternehmenswert lie- Equity Fonds in Deutschland gegenüber 2018 um 24 % auf 5,22 Milliarden Euro gesteigert 7
werden. Ein zweistelliges Wachstum gab es mens und die Nachfolgeregelung. Das Haupt- 2019 auch bei Investitionen in deutsche Port- ziel von Private Equity Fonds ist es stets, foliounternehmen, die um 19 % auf 14,3 Milli- Maßnahmen zu ergreifen, um den Unterneh- arden Euro stiegen. (Bundesverband Deut- menswert zu steigern, das erworbene Unter- scher Kapitalbeteiligungsgesellschaften). nehmen weiterzuentwickeln und es schließ- Trotz des signifikanten Wachstums der letz- lich mit Gewinn weiterzuveräußern. ten Jahre hinkt der deutsche Private-Equity- Obwohl Private Equity Fonds und Familien- Markt im internationalen Vergleich noch im- unternehmen teils unterschiedliche Ziele ver- mer den USA und Großbritannien hinterher. folgen, kann eine Zusammenarbeit für beide Einer der Gründe hierfür ist, dass das Ren- Parteien vorteilhaft sein. Für Familienunter- tensystem sowohl in den USA als auch in nehmer:innen ist die Wahl des potenziellen Großbritannien ein anderes ist. Diese basie- Finanzinvestors an dieser Schnittstelle aus- ren, anders als im deutschsprachigen Raum, schlaggebend. Hierbei ist es wichtig, dass die nicht auf einem Umlagesystem, sondern aus- Familie die eigene Unternehmenssituation schließlich auf einem Pensionsfondssystem. genauestens analysiert und darauf basierend Dies führt dazu, dass im angelsächsischen handelt: Raum mehr Kapital für Beteiligungsgesell- schaften zur Verfügung steht. ▪ Was ist der Hauptgrund für einen Wie eingangs erwähnt, sammeln Private (potenziellen) Unternehmensverkauf Equity Fonds Beteiligungskapital ein und in- (bspw. Nachfolgeregelung, Wachs- vestieren dieses in Unternehmen; dabei steht tumsfinanzierung etc.)? meist das finanzielle Interesse im Vorder- ▪ Wie gut steht das Familienunterneh- grund. Die Eigenkapitalrendite des Fonds men da (Erfolgsgeschichte vs. Rest- wird größtenteils durch eine Wertsteigerung rukturierungsfall)? des erworbenen Unternehmens erwirtschaf- ▪ Wie viel Mitspracherecht möchte man tet, welche sich bei Weiterverkauf am Ende dem Investor bzw. dem Private der Investitionsphase (meist zwischen drei Equity Fonds einräumen? und sieben Jahren) ergibt. Laufende freie ▪ Möchte(n) die Eigentümerfamilie(n) Cashflows während der Investitionsphase nach Verkauf weiterhin in dem Unter- werden oftmals entweder reinvestiert oder zur nehmen tätig sein oder sich gänzlich Bedienung der laufenden Kredite verwendet. daraus zurückziehen? Eine Auszahlung an die Fonds ist untypisch. ▪ Welcher Kaufpreis wird erwartet? Minderheitsverkauf vs. Mehrheits- Fundraising Investitionen Kapitalgeber Beteiligungen verkauf Investor 1 Unternehmen 1 Im Rahmen eines Verkaufsprozesses stellt Private sich für ein Familienunternehmen und deren Investor 2 Equity Fonds Unternehmen 2 Eigentümer:innen neben der Frage des opti- Investor n Unternehmen n malen Investors die Frage, wie viel Prozent Eigenkapitalrendite Verkaufserlöse des Unternehmens verkauft werden sollen. Abbildung 1: Aufbau Finanzinvestor Die Verteilung von Unternehmensanteilen zwischen Investor und Unternehmerfamilie Häufige Gründe für einen Anteilsverkauf an reflektiert die Entscheidungsbefugnisse bei- Private Equity Fonds sind: Wachstumsfinan- der Parteien im Unternehmen. Während bei zierung, Optimierung von Prozessen, Profes- Mehrheitsbeteiligungen der Investor mehr als sionalisierung des erworbenen Unterneh- 50 % der Unternehmensanteile erwirbt und 8
damit grundsätzlich die alleinigen Entschei- Welche Beweggründe sprechen für oder gegen dungsbefugnisse über wichtige strategische 1 den (Teil-)Verkauf eines Familienunternehmens an einen Investor? Entscheidungen erhält, kaufen Investoren bei Anhand welcher Auswahlkriterien wählen Minderheitsbeteiligungen weniger als 50 % 2 Familienunternehmen den potenziellen der Unternehmensanteile und erhalten damit Finanzinvestor aus? geringere Mitspracherechte bei zentralen Un- Wie wirkt sich ein (Teil-)Verkauf eines ternehmensentscheidungen (Tappeiner et al., 3 (ehemaligen) Familienunternehmens auf das Unternehmen aus? 2012). Gesellschaftersatzungen der Unternehmen Abbildung 2: Übersicht Forschungsfragen beinhalten oftmals Regelungen zu Sperrmi- noritäten, um die Interessen von Minderheits- Methodik gesellschafter:innen zu berücksichtigen. Zur Beantwortung der Forschungsfragen Dadurch wird vor allem bei besonders wichti- wurde primär ein quantitatives Forschungs- gen Beschlüssen eine Mehrheit von 75 % an- design gewählt und mit zusätzlichen qualitati- statt der üblichen 50 % benötigt. Dadurch er- ven Elementen bereichert. Die Online-Um- hält der/die Minderheitsgesellschafter:in die frage lief über einen Zeitraum von drei Mona- Möglichkeit, wichtige strategische Entschei- ten und richtete sich an deutsche, österreichi- dungen zu blockieren. sche und schweizerische Familienunterneh- Ob ein Minderheitsverkauf oder ein Mehr- men mit jährlichen Umsätzen über 50 Millio- heitsverkauf für die Unternehmerfamilie vor- nen Euro. Eine postalische Einladung zu der teilhafter ist, ist von der Situation, in welcher Online-Umfrage ist an rund 10.000 Familien- sie sich befindet, abhängig. Würde die Unter- unternehmen aus sämtlichen Branchen ver- nehmerfamilie gerne das Unternehmen gänz- sendet worden. Die Adressen und Kontaktda- lich veräußern und die Unternehmensführung ten stammen aus der Liste der Top-10.000 abgeben, wäre ein Mehrheitsverkauf die bes- Familienunternehmen (herausgegeben vom sere Wahl. Sucht die Unternehmerfamilie hin- Medienportal Die Deutsche Wirtschaft). Ins- gegen einen Finanzierungs- und Wachstums- gesamt wurden 299 Antwortfragebögen initial partner und möchte wesentliche strategische ausgewertet. Diese Rückläufer wurden berei- Entscheidungen weiterhin maßgeblich beein- nigt um etwaige Abbrecher:innen, Nicht-Fa- flussen, so wäre ein Minderheitsverkauf die milienunternehmer:innen und Teilnehmer:in- richtige Wahl. nen, welche die Manipulations-Checks nicht bestanden. Nach diesen Bereinigungsschrit- Studienüberblick ten haben es final 130 Antwortfragebögen in die Studie geschafft. Parallel zu der im Fokus Forschungsfragen stehenden quantitativen Analyse haben wir Aufbauend auf der zurzeit verfügbaren For- Interviews mit Familienunternehmer:innen schung zu dem Thema Finanzinvestoren und durchgeführt. Alle Interviews wurden als so- Familienunternehmen sowie basierend auf genannte semistrukturierte Gespräche durch- den bis dato nicht beleuchteten Themenfel- geführt. dern haben wir folgende Forschungsfragen Eine quantitative Untersuchung erlaubt es, definiert: deskriptive Eindrücke über die unterschiedli- chen Unternehmen zu erhalten. Mithilfe einer Vignettenstudie sind den Befragten hypothe- tische Situationsbeschreibungen zur Bewer- tung vorgelegt worden, in denen verschie- dene Ausprägungen und Merkmale der Un- ternehmen und der potenziellen Käufer vari- iert worden sind. Aufgabe der Befragten war 9
es, auf Basis dieser Angaben die Attraktivität jahr des Unternehmens. Rund 60 % der Un- verschiedener Investorentypen zu beurteilen. ternehmen sind bereits vor 1950 gegründet Der große Vorteil dieser Methodik ist, dass worden, lediglich 7 % nach 2000. Dies zeigt, auch Familienunternehmer:innen daran teil- dass vor allem traditionsreiche Unternehmen nehmen konnten, welche noch keine konkre- an der Befragung teilgenommen haben. ten Verkaufsabsichten haben. Außerdem wurden inhaltliche Fragen zu den folgenden Keine 1 (1%) Themen gestellt: (1) Gründe für oder gegen Antwort den potenziellen Verkauf an einen Finanzin- < 1900 27 (21%) vestor, (2) Gründe für oder gegen die Zusam- menarbeit mit einem Finanzinvestor, (3) Er- 1900 - 1950 48 (37%) fahrungen mit Finanzinvestoren, (4) Ele- mente, welche von Familienunternehmer:in- 1951 - 2000 45 (34%) nen als wichtig erachtet werden, wenn es um den Verkauf an einen Finanzinvestor geht. > 2000 9 (7%) Durch die zusätzlichen qualitativen Interviews Abbildung 4: Gründungsjahr des Unternehmens ist es uns möglich, die quantitativen Erkennt- nisse zu verproben und ein qualitatives Stim- Neben dem Gründungsjahr des Unterneh- mungsbild einzufangen. mens haben wir uns in der Studie angesehen, in der wievielten Generation das Familienun- Charakteristika der befrag- ternehmen gehalten wird. Auch diese Ana- lyse zeigt, dass vor allem alteingesessene ten Familienunternehmen Unternehmen an der Studie teilgenommen Bei den befragten Familienunternehmen han- haben. Rund 35 % der befragten Unterneh- delt es sich vor allem um mittelgroße Unter- men befinden sich zurzeit in der vierten oder nehmen mit einer Belegschaft zwischen 50 einer noch älteren Generation (Abbildung 5). und 500 Beschäftigten (59 % der befragten Unternehmen). Während 32 % der Befragten Keine 4 (3%) Antwort angaben, mehr als 500 Mitarbeitende zu be- schäftigen, ist die kleinste Gruppe die der Un- 1. Generation 14 (11%) ternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden (9 %). 2. Generation 31 (24%) 3. Generation 36 (28%) eine K 0 (0%) Antwort 4. Generation 45 (34%) oder älter < 50 12 (9%) Abbildung 5: Generation des Unternehmens 50 - 250 52 (40%) Nach Branchen betrachtet stammen rund 251 - 500 25 (19%) 50 % der befragten Familienunternehmen aus dem produzierenden Gewerbe, 35 % aus > 500 41 (32%) dem Dienstleistungsbereich und 15 % aus anderen Branchen (Abbildung 6). Abbildung 3: Anzahl Mitarbeiter:innen Zusätzlich unterscheiden sich die befragten Familienunternehmen nach dem Gründungs- 10
Keine Antwort 0 (0%) Übersicht Ergebniskapitel Produzierendes Die Ergebnisse werden in zwei Teilabschnit- 65 (50%) Gewerbe ten präsentiert (siehe Abbildung 9). Dabei Dienstleistungen 45 (35%) werden im ersten Teil zunächst potenzielle und Services Beweggründe für oder gegen den (Teil-)Ver- Andere 20 (15%) kauf eines Familienunternehmens an einen Finanzinvestor beleuchtet. In einem zweiten Abbildung 6: Branchentyp des Unternehmens Teil werden die Präferenzen bei der Wahl des Finanzinvestors untersucht. Aus den Erkennt- Die nächsten beiden Statistiken geben Aus- nissen des Ergebniskapitels ergeben sich Im- kunft über die Charakteristika der Teilneh- plikationen für die Praxis, welche in dem da- mer:innen. Abbildung 7 zeigt, dass die große rauffolgenden Kapitel zusammengefasst Mehrheit der Befragten (90 %) Teil der Ge- sind. schäftsführung des Familienunternehmens ist. Ergebnisteil 1 Ergebnisteil 2 Keine 0 (0%) Antwort Gründe für oder Präferenzen 1. Ebene 117 (90%) gegen den bei der Wahl (Teil-)Verkauf des Investors 2. Ebene 5 (4%) Abbildung 9: Übersicht Ergebniskapitel Andere 8 (6%) Potenzielle Gründe für oder gegen Abbildung 7: Führungsebene Teilnehmer:innen den (Teil-)Verkauf eines Familien- Abbildung 8 gibt Auskunft über die Betriebs- unternehmens an einen Investor zugehörigkeit der Teilnehmer:innen. Hierbei Die Gründe für den (Teil-)Verkauf eines Fa- ist zu erkennen, dass vor allem langdienende milienunternehmens sind vielfältig. Neben un- Manager:innen an der Umfrage teilgenom- ternehmerischen Gründen, wie beispiels- men haben. Des Weiteren sind die Teilneh- weise der Bewältigung einer Unterneh- mer:innen größtenteils (90 %) an dem Fami- menskrise oder der Realisierung einer lienunternehmen beteiligt. Lediglich 10 % der Wachstumsstrategie, können auch persönli- befragten Manager:innen sind an dem Fami- che Gründe der Gesellschafter:innen aus- lienunternehmen nicht beteiligt. schlaggebend sein, zum Beispiel ein Konflikt zwischen Gesellschafter:innen oder das Feh- Keine len von geeigneten Nachfolger:innen. 2 (2%) Antwort < 5 Jahre 24 (18%) Potenzielle Gründe 5 - 15 Jahre 31 (24%) Unternehmerische Persönliche Gründe Gründe 16 - 30 Jahre 47 (36%) > 30 Jahre 26 (20%) Wachstum Turnaround Nachfolge Konflikt Abbildung 10: Potenzielle Gründe für einen Verkauf Abbildung 8: Betriebszugehörigkeit Teilnehmer:innen des Familienunternehmens 11
Ist die Entscheidung getroffen worden, Unter- der Befragten als ‚sehr wahrscheinlich‘. Et- nehmensanteile zu verkaufen, stellt sich zu- was anders sieht das Bild bei einem potenzi- nächst die Frage, ob es zu einem Teilverkauf ellen Mehrheitsverkauf an einen strategi- (Minderheitsverkauf) oder zu einem Mehr- schen Investor (einen Strategen) aus. Hier heitsverkauf kommen soll. Zu beachten ist, geben rund 47 % der Befragten an, dass sie dass bei einem Mehrheitsverkauf die Ent- sich einen solchen Verkauf vorstellen kön- scheidungsgewalt und ein großer Anteil des nen. Dies verdeutlicht, dass vor allem wirt- unternehmerischen Risikos von der ursprüng- schaftlich erfolgreiche Familienunterneh- lichen Eigentümerfamilie auf den neuen In- mer:innen den Mehrheitsverkauf an einen vestor übergeht. Viele Investoren bevorzugen strategischen Verkäufer bevorzugen. Dieser eine Mehrheitsbeteiligung gegenüber einer Umstand lässt sich durch die Socioemotional- Minderheitsbeteiligung, da sie dadurch wich- Wealth-Theorie erklären, welche besagt, tige strategische Entscheidungen in dem Un- dass das Vermögen einer Familie nicht rein ternehmen maßgeblich beeinflussen können. finanziell messbar ist, sondern auch aus einer Ist auch diese Entscheidung getroffen wor- sozialen Komponente besteht. Familienunter- den, so stellt sich in einem letzten Schritt die nehmer:innen trauen strategischen Investo- Frage, an welchen Investorentyp das Unter- ren eher zu, diese soziale Verantwortung des nehmen verkauft werden soll. Neben ver- Unternehmens weiterzutragen. Finanzinves- schiedenen Typen von Finanzinvestoren toren haben die Möglichkeit, sich als „Partner (bspw. Venture Capital Fonds, Family auf Augenhöhe“, welcher ähnliche Interessen Offices, Private Equity Fonds, Industriebetei- und Ziele wie die Unternehmerfamilie ver- ligungen etc.) kommen auf der anderen Seite folgt, zu positionieren. Dadurch könnten sich auch strategische Investoren in Frage. einzelne Finanzinvestoren von der großen In dem ersten Teil unserer Studie haben wir Mehrheit abheben und würden verstärkt mit mittels hypothetischer Vignetten analysiert, Unternehmerfamilien in Kontakt kommen. unter welchen Umständen an welchen Inves- torentyp verkauft werden würde. Hierzu sind Sehr Finanzinvestor 61 (48%) unwahrscheinlich Stratege 35 (27%) den Befragten zwei individuelle Szenarien Eher 28 (22%) präsentiert worden, welche sich hinsichtlich unwahrscheinlich 21 (16%) der finanziellen Performance des Familienun- Neutral 19 (15%) 13 (10%) ternehmens unterscheiden. Während in Sze- Eher 16 (13%) nario 1 die hypothetische EBIT-Marge des wahrscheinlich 45 (35%) Unternehmens über dem Marktdurchschnitt ehr S 4 (2%) wahrscheinlich 14 (12%) liegt, liegt sie in Szenario 2 unter dem Markt- durchschnitt. In beiden Szenarien mussten Abbildung 11: Szenario 1 (Mehrheitsverkauf) die Befragten bewerten, wie wahrscheinlich ein Minderheitsverkauf oder ein Mehrheits- Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei einem hy- verkauf (A) an einen mittelständischen Pri- pothetischen Minderheitsverkauf ab. Dieser vate Equity Fonds oder (B) an einen strategi- bietet für das Familienunternehmen neben ei- schen Investor wäre. ner alternativen Finanzierungsform den Vor- Das Szenario 1 (EBIT-Marge über dem teil, externes Know-how in das Unternehmen Marktdurchschnitt) zeigt eine deutliche zu holen (unabhängig davon, ob dieses Aversion der Befragten gegenüber einem Know-how von einem strategischen Investor Mehrheitsverkauf an einen Finanzinvestor. oder aber von einem Finanzinvestor kommt). Rund 70 % der Befragten geben die Wahr- Ähnlich dem Mehrheitsverkauf präferieren die scheinlichkeit als ‚sehr unwahrscheinlich‘ Befragten auch bei dem Minderheitsverkauf oder ‚eher unwahrscheinlich‘ an und nur 2 % den strategischen Investor im Vergleich zu dem Finanzinvestor. Während nur rund 17 % 12
(13 % ‚eher wahrscheinlich‘ und 4 % ‚sehr Sehr Finanzinvestor 49 (38%) wahrscheinlich‘) an einen Finanzinvestor ver- unwahrscheinlich Stratege 27 (21%) kaufen würden, würden rund 44 % (34 % Eher 36 (28%) unwahrscheinlich 24 (19%) ‚eher wahrscheinlich‘ und 10 % ‚sehr wahr- 22 (17%) scheinlich‘) an einen Strategen verkaufen. Neutral 22 (17%) Dies überrascht, da der strategische Investor Eher 19 (15%) wahrscheinlich 43 (34%) durch den Einstieg in das Familienunterneh- ehr S 2 (2%) men Zugang zu allen wichtigen Daten und In- wahrscheinlich 12 (9%) formationen erhält. Dies könnte dazu führen, Abbildung 13: Szenario 2 (Mehrheitsverkauf) dass der strategische Investor Wissen und Erfahrungen für sein eigentliches Hauptunter- Vergleichbar mit dem potenziellen Mehrheits- nehmen abzieht. Alternativ könnte der strate- verkauf steigt auch beim potenziellen Minder- gische Investor versuchen, Schritt für Schritt heitsverkauf die Bereitschaft, das Familienun- mehr Anteile an dem Familienunternehmen ternehmen zu verkaufen, leicht an. Dies zeigt, zu erwerben, ehe er es gänzlich erwirbt. dass gerade in wirtschaftlich turbulenten Zei- Dadurch würde die Unternehmerfamilie etap- ten ein (Teil-)Verkauf des Familienunterneh- penweise Einfluss und Mitspracherechte an mens für die Befragten infrage kommt. Ge- dem Unternehmen verlieren. Der Finanzin- rade in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten vestor hingegen tritt meist nur als Kapitalge- suchen Familienunternehmer:innen bei exter- ber und Wachstumspartner in Erscheinung, nen Investoren Unterstützung. Auf der einen welcher zusätzlich sein Kapital und Know- Seite möchten sie Unterstützung zur Verbes- how zur weiteren Verbesserung des Unter- serung der Liquidität, da der Zugang zu Bank- nehmens einbringt. krediten, Schuldscheindarlehen etc. er- schwert bzw. nur zu überteuerten Zinssätzen Sehr Finanzinvestor 41 (32%) unwahrscheinlich Stratege 27 (21%) möglich ist. Auf der anderen Seite benötigen Eher 42 (33%) sie inhaltliche Unterstützung, um die Krise zu unwahrscheinlich 28 (22%) überwinden. 23 (18%) Neutral 17 (13%) Sehr Finanzinvestor 35 (27%) her E 16 (13%) Stratege unwahrscheinlich 24 (19%) wahrscheinlich 43 (34%) Eher 47 (37%) ehr S 6 (4%) unwahrscheinlich 28 (22%) wahrscheinlich 13 (10%) 24 (19%) Neutral Abbildung 12: Szenario 1 (Minderheitsverkauf) 20 (16%) Eher 18 (14%) wahrscheinlich 40 (31%) Das Szenario 2 (EBIT-Marge unter dem Sehr 4 (3%) Marktdurchschnitt) zeigt, dass durch die in wahrscheinlich 16 (13%) diesem hypothetischen Szenario angege- Abbildung 14: Szenario 2 (Minderheitsverkauf) bene schlechtere finanzielle Performance des Unternehmens die allgemeine Bereitschaft, Nachdem sich in der Vignettenstudie eine das Familienunternehmen zu verkaufen, klare Präferenz für den strategischen Investor leicht steigt. Während in Szenario 1 noch als potenziellen Investor herauskristallisierte, 48 % der Befragten einen Mehrheitsverkauf wird dies in einer nachfolgenden Analyse be- an einen Finanzinvestor kategorisch aus- dingt bestätigt. Die Studienteilnehmer:innen schlossen, sind es in Szenario 2 nur noch mussten in Summe sieben vorgegebene In- 38 % der Befragten. Ein ähnliches Bild zeigt vestorentypen nach deren Attraktivität ran- sich bei einem potenziellen Verkauf an einen ken. Zur Auswahl standen: Industrieholding, strategischen Investor (27 % vs. 21 %). 13
internationaler Private Equity Fonds, mittel- Schlüsselrolle zu, denn eine(n) geeignete(n) ständischer Private Equity Fonds, Multi Fa- Nachfolger:in zu finden wird von Jahr zu Jahr mily Office, Single Family Office, strategi- schwieriger. Laut Scheele (o. D.) von dem scher Investor und Venture Capital Fonds. Portal Deutsche Unternehmerbörse kämpfen Hier entscheidet sich die Mehrheit der Befrag- Mittelständler seit Jahren mit rückläufigen ten für Single Family Offices, Multi Family Zahlen bei den Personen, welche ein beste- Offices oder den strategischen Investor als hendes Unternehmen fortführen wollen (so- potenzielle Käuferkandidaten. Die Analyse genannte Übernahmegründer:innen). Wäh- zeigt deutlich, dass Familienunternehmer:in- rend es vor rund 20 Jahren, im Jahr 2002, nen insbesondere an Investorentypen ver- noch rund 200.000 solcher Übernahmegrün- kaufen, die dem eigenen Unternehmen ähn- der:innen gab, waren es vor rund 5 Jahren, im lich sind. Sei es der strategische Investor oder Jahr 2015, nur noch rund 62.000. Jedoch aber ein Family Office – es wird oft darauf ge- steigt die Anzahl der Unternehmen, welche schaut, ob sehr ähnliche Werte und Ansich- einen Nachfolger suchen. Im Jahr 2018 such- ten wie die Eigentümerfamilie(n) vertreten ten rund 620.000 Unternehmen in Deutsch- werden. land einen Nachfolger, Tendenz steigend. Grund hierfür ist die voranschreitende Alte- rung in den Chefetagen. 1. Single Family Office 2. Multi Family Office Zusammenfassung 3. Strategischer Investor Obwohl es in den letzten Jahren zu einer deutlichen Annäherung von Finanzinvestoren 4. Mittelständischer PE Fonds und Familienunternehmen gekommen ist, be- vorzugen Familienunternehmer:innen bei 5. Industrieholding dem Verkauf ihres Unternehmens nach wie 6. Internationaler PE Fonds vor ihnen ähnliche Käufertypen. Vor allem Fa- mily Offices und mittelständische Private 7. Venture Capital Fonds Equity Fonds können hierbei punkten, da sie Abbildung 15: Ranking zu individuellen Investorentypen oftmals die Probleme und Herausforderungen deutscher Familienunternehmen am besten „Die Bandbreite innerhalb der Private Equity- verstehen und den optimalen Zugang zu den Landschaft ist sehr groß. So gibt es bspw. Familienunternehmer:innen besitzen. große Unterschiede zwischen heimischen Fonds und ausländischen Fonds mit Büros in Präferenzen bei der Wahl eines Fi- Deutschland. Es kommt z.B. für den Erfolg auch entscheidend darauf an, dass der Fonds nanzinvestors zur Kultur des Unternehmens passt und er- Die Studie beleuchtet ebenfalls die Präferen- kennt, dass auch diese Faktoren wichtig für zen von Familienunternehmer:innen, wenn es den gemeinsamen Erfolg sind.“ dazu kommt, in einem Verkaufsprozess mit (Deutsches Familienunternehmen) drei finalen Übernahmeangeboten von Finan- zinvestoren konfrontiert zu sein. Die Szena- Eine Analyse der potenziellen Beweggründe, rien 3 und 4 stellen die Familienunterneh- das Familienunternehmen an einen Finanzin- mer:innen dabei vor die Wahl, an einen von vestor zu verkaufen, zeigt, dass vor allem die drei Finanzinvestoren (A, B oder C) zu ver- Nachfolgeregelung und das Lösen von fami- kaufen. Dabei handelt es sich jeweils um ei- lieninternen Konflikten die Hauptauslöser nen vollständigen Verkauf (100 % der Unter- sind. Vor allem im Bereich der Nachfolgere- nehmensanteile). gelung kommt den Finanzinvestoren eine 14
Finanzinvestor A zahlt in dem Fall 15 % über Sehr 14 (12%) unwahrscheinlich 9 (8%) dem erwarteten Firmenwert, wohingegen Fi- Eher Finanzinvestor A 30 (26%) nanzinvestor B 15 % weniger bezahlt als der unwahrscheinlich Finanzinvestor B 34 (29%) erwartete Firmenwert. Die beiden unterschei- Neutral 17 (15%) 18 (16%) den sich zusätzlich grundsätzlich in ihrem Ruf Eher 36 (31%) und in ihrem weiteren Vorhaben mit dem Fa- wahrscheinlich 43 (37%) Sehr 19 (16%) milienunternehmen. Finanzinvestor A strebt wahrscheinlich 12 (10%) weitestgehend eine umfassende Restruktu- Abbildung 16: Szenario 3 – Finanzinvestor A vs. Finan- rierung des Unternehmens an. Finanzinves- zinvestor B; Familien mit weiteren unternehmerischen tor B hingegen würde das Unternehmen per- Beteiligungen (siehe Abb. 18 für Finanzinvestor C) spektivisch so weiterführen, wie es auch in der Vergangenheit durch die Familie getan Auf der einen Seite wird ein höherer Kaufpreis wurde. Finanzinvestor C bezahlt den erwarte- befürwortet und somit legen von 47 % der Be- ten Preis, jedoch ist keine Information über fragten eine Präferenz auf Finanzinvestor A. das Vorhaben bekannt. Diese bewerten die Wahrscheinlichkeit, Fi- Szenario 3 und 4 unterscheiden sich darin, nanzinvestor A zu wählen, mit ‚eher wahr- dass Szenario 3 davon ausgeht, dass die Fa- scheinlich‘ (31 %) oder ‚sehr wahrscheinlich‘ milie neben dem zu verkaufenden Unterneh- (16 %). Auf der anderen Seite scheint ein hö- men weitere unternehmerische Beteiligungen herer Kaufpreis nicht ausschlaggebend zu besitzt, während beim Szenario 4 davon aus- sein, da das zweite Lager zu 38 % einen Ver- gegangen wird, dass die Familie nur diese kauf an Finanzinvestor A ablehnt. Diese be- eine, nun zum Verkauf stehende, unterneh- werten den Verkauf als ‚sehr unwahrschein- merische Beteiligung besitzt. Die teilnehmen- lich‘ (12 %) und ‚eher unwahrscheinlich‘ den Personen konnten jeweils einen Verkauf (26%). 15 % haben keine eindeutige Auswahl an die Finanzinvestoren A, B oder C bewer- getroffen und stehen der Option, mehr als den ten, indem sie auf die Frage „Wie hoch ist die erwarteten Kaufpreis zu erhalten aber an ei- Wahrscheinlichkeit, dass Sie Finanzinvestor nen Finanzinvestor zu verkaufen, welcher A bzw. Finanzinvestor B oder C als Käufer in deutliche Restrukturierungsmaßnahmen vor- Betracht ziehen?“ mit 1 (‚sehr unwahrschein- nimmt, neutral gegenüber. Ebenfalls lässt lich‘) bis 5 (‚sehr wahrscheinlich‘) antworten. sich die geteilte Meinung der Familienunter- An diesem Abschnitt der Vignettenstudie ha- nehmen feststellen, wenn man die Aussagen ben insgesamt 116 Teilnehmende an zwei zu Finanzinvestor B mit einbezieht. 37 % leh- Szenarien teilgenommen. nen einen Verkauf an diesen Investor ab (da- Das Szenario 3 (Verkauf des Familienun- von bezeichnen 8 % der Befragten den Ver- ternehmens an Finanzinvestor; mit weite- kauf als ‚sehr unwahrscheinlich‘ und die rest- ren unternehmerischen Beteiligungen in lichen 29 % als ‚eher unwahrscheinlich‘). der Familie) zeigt deutlich, dass die befrag- Demgegenüber stehen 47 % der teilnehmen- ten Familienunternehmen in zwei „Lager“ ge- den Familienunternehmer:innen, welche ei- spalten sind. nen Verkauf an Finanzinvestor B bevorzugen (davon 37 %, die einen Verkauf an Finanzin- vestor B als ‚eher wahrscheinlich‘ einschät- zen, und 10 % als ‚sehr wahrscheinlich‘). Auch hier sind 16 % der Personen einem Ver- kauf an Finanzinvestor B unter den gestellten Bedingungen neutral eingestellt. Die Daten unserer Erhebung zeigen ebenfalls deutlich auf, dass die Personen, welche eine Präfe- 15
renz für den Verkauf an Finanzinvestor A ha- tor weiterhin als Gefahr für das eigene Unter- ben, auch größtenteils die Personen sind, nehmen einschätzen, stützen sich daher lie- welche einen Verkauf an Finanzinvestor B ber auf die Offerte von Finanzinvestor B. Das ablehnen und vice versa. unterdurchschnittliche Angebot des Finanzin- Die hier gezeigten Erkenntnisse öffnen den vestors B kann für diese Familienunterneh- Raum für Interpretationen. Der Preis wird mer:innen dahingehend gerechtfertigt wer- häufig als Wertschätzung für die eigene Ar- den, dass der Investor zusichert, das Unter- beit und das Lebenswerk gesehen. Grund- nehmen nach der Vorstellung der Familie sätzlich möchte jede Person den besten Preis weiterzuführen. So erwähnen Familienunter- für das Familienunternehmen erzielen, ver- nehmer:innen vermehrt die folgenden negati- ständlicherweise jedoch nicht um jeden Preis. ven Punkte im Zusammenhang mit Finanzin- Eine umfassende Restrukturierung ist nicht vestoren: zwingend negativ konnotiert. Vielen Familien- unternehmer:innen fehlt für diese Maßnahme ▪ „Überzogenes Profitdenken.“ jedoch häufig das Know-how oder die Durch- ▪ „Kapitalentzug und Kurzfristigkeit (keine setzungskraft. Diese Gruppe sieht in dem hö- strategische Weiterentwicklung, lediglich heren Kaufpreis und der anstehenden Re- Finanzinteressen).“ strukturierung eine Win-win-Situation. So ▪ „Generelle Abneigung gegen Finanzin- kann die Wertschätzung für das eigene Un- vestoren.“ ternehmen gesteigert werden und beispiels- ▪ „Veräußerung an Finanzinvestor nur bei weise die Zukunftsfähigkeit des Unterneh- vollständigem Rückzug der Familie, da mens nach dem Ausstieg der Familie durch Anlagehorizont von PE und Familienun- umfassende strukturelle Anpassungen gesi- ternehmen schwer zusammenpassen.“ chert werden. ▪ „Eventuell stehen rein finanzielle Interes- So erwähnen diese Familienunternehmer:in- nen vermehrt die folgenden positiven Punkte sen über der Sicherung des längerfristi- im Zusammenhang mit Finanzinvestoren: gen Bestandes der Unternehmung.“ ▪ „Schlechter Ruf oder fehlender Fokus ▪ „Zugang zu weiteren Ressourcen, insbe- auf Unternehmenskultur.“ sondere Liquidität und Finanzierung.“ ▪ „Vermutung, dass das Unternehmen ▪ „KPIs und professionelles Management.“ nicht im Sinne der Familie weitergeführt wird.“ ▪ „Hilfreiches Optimierungswissen und (Deutsche Familienunternehmen) Optimierungserfahrung.“ ▪ „Professionalisierung der Unterneh- Diese Erkenntnis lässt folgende Rück- mensführung.“ schlüsse zu: Nicht jede Unternehmerfamilie ▪ „Strategische und Finanzierungskompe- passt zu jedem Typen von Finanzinvestor. tenz zur weiteren Unternehmensentwick- Ein erfolgreicher Verkauf kann vorzugsweise lung.“ dann erzielt werden, wenn die unternehmeri- ▪ „Neue Perspektiven auf das Geschäft.“ schen Werte von Familienunternehmen und (Deutsche Familienunternehmen) Finanzinvestor weitestgehend übereinstim- men. Einige Familienunternehmer:innen scheinen in einem Finanzinvestor weiterhin eine Heu- „Das Wichtigste für uns war nicht, EUR schrecke zu sehen und vermeiden daher das 100.000 zusätzlich zu verdienen. Es war uns höhere Kaufpreisangebot. Diejenigen Fami- wichtig, dass das Unternehmen in guten Hän- lienunternehmen, welche einen Finanzinves- 16
den ist und weiterhin gut geführt wird. Wir ha- Sehr 10 (9%) unwahrscheinlich 12 (10%) ben unglaublich viel Herzblut hineingesteckt. Eher Finanzinvestor A 27 (23%) Meine Mutter wohnt heute noch in der Fabrik.“ unwahrscheinlich Finanzinvestor B 41 (35%) (Deutsches Familienunternehmen) Neutral 18 (16%) 18 (16%) Eher 37 (32%) Des Weiteren gibt es vermehrt die Situation, wahrscheinlich 40 (34%) Sehr 24 (21%) dass die emotionale Bewertung des Familien- wahrscheinlich 5 (4%) unternehmens zu einer überhöhten Kauf- Abbildung 17: Szenario 4 – Finanzinvestor A vs. Finan- preiserwartung führt. Dies ist besonders dann zinvestor B; Familien ohne weitere unternehmerische problematisch, wenn der verlangte Kaufpreis Beteiligungen (siehe Abb. 18 für Finanzinvestor C) einen Verkauf unmöglich macht. Auch hier gilt es, realistische und marktgetriebene Bewer- Wenn es also keine weiteren unternehmeri- tungen heranzuziehen, denn nur, wenn eine schen Beteiligungen der Familie gibt – objektive Bewertung vorliegt, kann der ange- wodurch das zum Verkauf stehende Fami- botene Preis eines Finanzinvestors als fair lienunternehmen den Mittelpunkt der unter- und marktüblich oder als zu niedrig gedeutet nehmerischen Beteiligungen der Familienun- werden. Dabei können neben firmeneigenen ternehmer:innen darstellt –, wird ein Verkauf Bewertungen auch diejenigen von Intermedi- an Finanzinvestor B tendenziell noch weniger ären hinzugezogen werden. befürwortet als noch in Szenario 3. Anders ausgedrückt: Bei einem maßgeblichen Ver- „Es gibt Eigentümer:innen, die seit Jahren die kauf der gesamten unternehmerischen Tätig- Absicht haben, zu verkaufen. Wir sehen sie keit wird der gezahlte Preis zumindest gering- immer wieder auf dem Markt. Sie haben ein- fügig als wichtiger angesehen, als wenn le- fach eine bestimmte Preisvorstellung. Sie sa- diglich eine von mehreren Beteiligungen ver- gen, mein Unternehmen ist 20 Millionen wert, äußert wird. aber niemand bietet ihnen jemals eine Bewer- Innerhalb der Antwortoptionen kommt es al- tung in dieser Höhe an.“ lerdings weiterhin zu den bereits vorher er- (Deutscher Finanzinvestor) kennbaren unterschiedlichen Lagern bei den Familienunternehmen. So gaben 32 % an, Das Szenario 4 (Verkauf des Familienun- dass es unwahrscheinlich sei, Finanzinvestor ternehmens an Finanzinvestor; ohne wei- A als Käufer in Betracht zu ziehen (davon 9 % tere unternehmerische Beteiligungen in „sehr unwahrscheinlich“ und 23 % „eher un- der Familie) zeigt, dass die befragten Perso- wahrscheinlich“). 53 % befürworten jedoch ei- nen im Durchschnitt einen Verkauf an Finan- nen Verkauf an diesen Investor (davon 32 % zinvestor B weniger befürworten als noch im „eher wahrscheinlich“ und 21 % „sehr wahr- vorherigen Szenario 3 (durchschnittliche Ant- scheinlich“). 16 % sind auch in diesem Fall wort von 2,9 in Szenario 3 im Vergleich zum unentschlossen. Im Vergleich dazu lehnen Szenario 4 mit 3,1, d. h. die Präferenz, an Fi- 46 % einen Verkauf an Finanzinvestor B ab nanzinvestor B zu verkaufen, ist generell (davon bewerten 10 % den Verkauf als „sehr leicht gesunken). Im selben Zusammenhang unwahrscheinlich“ und 36 % als „eher un- steigt die Präferenz, an Finanzinvestor A zu wahrscheinlich“). 38 % befürworten in diesem verkaufen an (3,3 in Szenario 4 im Vergleich Szenario den Verkauf an Finanzinvestor B zum vorherigen Szenario 3 mit 3,1). (34 % „eher wahrscheinlich“ und 4 % „sehr wahrscheinlich“). Auch hier sind 16 % der be- fragten Personen unentschlossen. 17
Die Gründe für die Ergebnisse sind denen „Das schönste Gefühl ist, wenn wir eine aus Szenario 3 ähnlich. Familienunterneh- Transaktion durchführen und der Eigentü- mer:innen sehen die anschließende Restruk- mermanager oder die Eigentümermanagerin turierung weiterhin entweder als große sagt: Ich habe [den PE-Investor] nicht wegen Chance oder aber als Gefahr für das Unter- des Preises gewählt, sondern trotz des Prei- nehmen. Dadurch, dass in Szenario 4 weitere ses.“ Beteiligungen ausgeschlossen wurden, ver- (Deutscher Finanzinvestor) stärkt sich die Präferenz für einen höheren Verkaufspreis leicht. Familienunterneh- Die Auswahl von Finanzinvestor C (zahlt mer:innen agieren nun, zumindest in gewis- den gewünschten Preis, jedoch ohne wei- sen Teilen, verstärkt preismaximierend. So tere Informationen zur Intention während geben einige Personen die folgende Ein- der Halteperiode) zeigt, dass der Preis allein schätzung zu Finanzinvestoren ab: bei dem Verkauf an einen Finanzinvestor nicht das entscheidende Kriterium ist. Viel- ▪ „Kein Vertrauen in Finanzinvestoren“ mehr interessieren sich die Familienunter- ▪ „Fehlende Strategie“ nehmer:innen für den Finanzinvestor und die Pläne, welcher dieser für das Familienunter- ▪ „Steigender kurzfristiger Druck auf viele nehmen während der Halteperiode vorgese- Themen parallel“ hen hat. So lässt sich in unserer Studie eine ▪ „Renditeorientierung überwiegt, meist generelle Aversion gegen Finanzinvestor C wenig (soziale und ökologische) Innova- feststellen. Dieser zahlt genau den erwarte- tionen“ ten Preis, jedoch sind keine Informationen ▪ „Diametral gegensätzliches Ziel- und zum Investor und zur Intention während der Wertsystem; keine gemeinsame Spra- Halteperiode bekannt. Die Ablehnung gegen- che“ über Finanzinvestor C unterscheidet sich ▪ „[Für einen Finanzinvestor spricht] nichts auch nicht maßgeblich zwischen den Szena- außer einem potenziell hohen Verkaufs- rien 4 und 5. Die Mehrheit der befragten Fa- preis.“ milienunternehmer:innen bewerten den Ver- (Deutsche Familienunternehmen) kauf an Finanzinvestor C als sehr unwahr- scheinlich. So geben über 70 % an, nicht an Auch hier können die Gräben zwischen Fami- C verkaufen zu wollen. Abbildung 18 zeigt lienunternehmen und Finanzinvestoren zum hierbei die Antworten der Familienunterneh- Teil noch gravierend sein. Wenn es um einen mer:innen für die Auswahl von Finanzinvestor vollständigen Rückzug der Familie aus dem C sowohl in Szenario 3 als auch in Szenario Unternehmen geht und die Familie keine wei- 4. teren Beteiligungen hat, dann ist häufig der Preis die ultima ratio, auch wenn die Ansich- Sehr Szenario 3 31 (27%) unwahrscheinlich Szenario 4 34 (29%) ten mit dem Finanzinvestor nicht gänzlich Eher 54 (47%) übereinstimmen. Dennoch gibt es in solchen unwahrscheinlich 48 (41%) Fällen diejenigen Familienunternehmer:in- Neutral 22 (19%) 25 (22%) nen, welche weiterhin eine Chance in dem Eher 8 (7%) Verkauf erkennen. Dies haben auch Finan- wahrscheinlich 6 (5%) zinvestoren zum Teil erkannt, indem sie ver- Sehr 1 (1%) wahrscheinlich 3 (3%) stärkt auf die Bedürfnisse von Familienunter- Abbildung 18: Szenario 3 (S3) vs. Szenario 4 (S4) zur nehmer:innen eingehen: Wahrscheinlichkeit, Finanzinvestor C als Käufer in Be- tracht zu ziehen 18
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