"Yes, we (s)can" Molekulare Barcodes in der Tumorforschung für neue in vivo-Screening Verfahren Von Philip Dujardin & Barbara M. Grüner - Uni-DUE

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"Yes, we (s)can" Molekulare Barcodes in der Tumorforschung für neue in vivo-Screening Verfahren Von Philip Dujardin & Barbara M. Grüner - Uni-DUE
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Dieser Beitrag erläutert die technologischen Fortschritte
im Bereich des molekularen Zell-Barcodings. Dies, in
Kombination mit quantitativen Hochdurchsatz-DNA-
Sequenzierungen und ausgefeilten Tiermodellen, lässt die
Identifikation von klinisch relevanten Hemmstoffen der
Metastasierung bei Krebserkrankungen näher rücken.

                                 „Yes, we (s)can“
                        Molekulare Barcodes in der Tumorforschung
                               für neue in vivo-Screening Verfahren
                           Von Philip Dujardin & Barbara M. Grüner

Herausforderungen                        haben diverse genetische Muta-         kann. In Industrienationen erkrankt
in der Krebstherapie                     tionen in der DNA dieser Zellen        etwa ein Drittel der Bevölkerung im
                                         identifiziert, die dazu führen, dass   Laufe des Lebens an Krebs. Damit
Unter dem Sammelbegriff Krebs            Krebszellen sich unkontrolliert ver-   ist Krebs weltweit die zweithäufigste
sind über 250 verschiedene Krank-        mehren und ausbreiten können ohne      Todesursache und auch in Deutsch-
heiten erfasst. Sie alle zeichnen sich   durch die Kontrollmechanismen des      land ist etwa jeder vierte Todesfall
dadurch aus, dass sich im Verlauf        Körpers daran gehindert zu werden.     auf eine Krebserkrankung zurückzu-
der Krankheit aus gesunden Kör-          Dadurch wird gesundes Gewebe           führen. Aufgrund der hohen Anzahl
perzellen abnormale Krebszellen          verdrängt und soweit geschädigt,       an Erkrankten und Todesfällen hat
entwickeln. Wissenschaftler*innen        dass es schließlich zum Tod führen     die Weiter- und Neuentwicklung
"Yes, we (s)can" Molekulare Barcodes in der Tumorforschung für neue in vivo-Screening Verfahren Von Philip Dujardin & Barbara M. Grüner - Uni-DUE
Barbara M. Grüner. Foto: Vladimir Unkovic   UNIKATE 56/2021
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von Früherkennungsmethoden und           einen darin begründet, dass die dif-    Allerdings begeben sie sich dabei in
Behandlungsstrategien eine sehr          fuse anatomische Lokalisation der       eine für sie feindliche Umgebung,
hohe Priorität in der medizinischen      Sekundärtumore eine Behandlung          was der Grund dafür ist, dass viele
Forschung. Die derzeitigen Haupt-        mit konventioneller Chirurgie oder      Krebszellen den Transport in den
stützen der Krebstherapie, zu denen      Strahlentherapie erschwert oder gar     Gefäßen nicht überstehen. Zum
die Strahlentherapie, die Chirurgie      unmöglich macht. Zum anderen            einen können die hydrodynami-
und die systemische Chemotherapie        weisen Metastasen im Vergleich zum      schen Scherkräfte im Blutstrom
gehören, haben mehrere Nach-             Primärtumor häufig eine erhöhte         die Tumorzellen zerstören, zum
teile, die ihre Wirksamkeit in der       Resistenz gegen zytotoxische Wirk-      anderen kann das Immunsystem
Klinik einschränken. So verursacht       stoffe auf1.                            prinzipiell Krebszellen erkennen
Strahlentherapie häufig Schäden am            Bei der Metastasierung handelt     und vernichten. Außerdem sind
umliegenden Gewebe; bei Operatio-        es sich um einen komplexen und          die Tumorzellen einem komplett
nen können in vielen Fällen Tumore       deswegen sehr ineffektiven Vorgang,     veränderten Nährstoff- und Sau-
nicht komplett entfernt werden,          weswegen nur wenige Tumorzel-           erstoffangebot ausgesetzt, und die
oder aber Metastasen werden über-        len in der Lage sind, tatsächlich zu    hohen Konzentrationen von Eisen
sehen oder sind nicht resektabel;        metastasieren. Die Zellen innerhalb     und anderen Oxidantien, wie zum
und im Rahmen von Chemothera-            eines Tumors unterscheiden sich         Beispiel freien Radikalen, kann
pien treten häufig schwerwiegende        mitunter deutlich voneinander und       zu oxidativem Stress und dadurch
Nebenwirkungen auf und es kann           können zum Beispiel verschiedene        bedingten frühen Zelltod führen. Es
zur Entwicklung von Arzneimittel-        genetische oder epigenetische Pro-      gibt unterschiedliche Möglichkeiten,
resistenzen kommen. Daher gibt es        file aufweisen. Dies wird auch als      mit denen Tumorzellen auf diese
große Bemühungen neue klinische          Tumorheterogenität bezeichnet und       Stressfaktoren reagieren können. So
Ansätze mit weniger Nachteilen           bildet die Grundlage dafür, dass        können zirkulierende Tumorzellen
und reduzierten Nebenwirkungen           einige Zellen des Tumors ein höhe-      sich beispielsweise schützen, indem
zu entwickeln. Viele dieser neuen        res metastatisches Potential haben      sie sich mit Blutplättchen „bede-
Ansätze, wie etwa die zielgerechten      als alle anderen Tumorzellen. Dafür     cken“. Normalerweise spielen Blut-
Therapien, streben danach in Pro-        muss eine Krebszelle allerdings         plättchen eine Rolle beim Wundver-
zesse einzugreifen, die für Krebs-       einen komplexen und mehrstufigen        schluss, indem sich Krebszellen aber
zellen von elementarer Bedeutung         Prozess, die sogenannte Metastasie-     mit einer Hülle aus Blutplättchen
für das Wachstum oder aber das           rungskaskade durchlaufen (s. Abb. 1).   umgeben, schützen sie sich sowohl
Voranschreiten der Erkrankung sind,      Zu Beginn invadieren Zellen aus         vor der „Entdeckung“ durch das
gesunde Körperzellen allerdings          dem Primärtumor in die direkte          Immunsystem als auch vor hydro-
weniger stark beeinflussen.              Tumorumgebung, also das gesunde         dynamischen Kräften. Auch durch
                                         Gewebe. Damit sich eine Tumorzelle      Anpassung ihres Stoffwechsels an
Der komplexe Ursprung                    aus dem Zellverband des Tumors          die veränderten Bedingungen in Blut
von Metastasen                           lösen kann sind verschiede Verän-       und Lymphe können die Tumorzel-
                                         derungen und Anpassungen nötig.         len einem Zelltod durch oxidativen
Ein Prozess, der bei der Progres-        So können zum Beispiel Adhäsions-       Stress entgehen.
sion von Krebserkrankungen eine          moleküle abgebaut und die Zellform           Um eine Metastase zu bilden,
besondere Rolle spielt, ist die Metas-   und Eigenschaften, beispielsweise       müssen die zirkulierenden Tumor-
tasierung. Unter Metastasierung ver-     bezüglich ihrer Verwertung von ver-     zellen schließlich das Gefäßsystem
steht man, dass Tumorzellen in die       schiedenen Nährstoffen, können ver-     wieder verlassen. Dieser Schritt wird
Lymph- oder Blutbahn eindringen,         ändert werden. Im Anschluss daran       als Extravasation bezeichnet. Im
hier in das umliegende Gewebe oder       dringen metastasierende Tumorzel-       Anschluss daran befindet sich die
zu fernen Organen transportiert          len in die Blut- oder Lymphgefäße       Krebszelle in einer für sie fremden
werden und dort Sekundärtumore,          ein, was als Intravasation bezeich-     Umgebung (im Englischen auch
sogenannte Metastasen bilden. Tat-       net wird. Metastasierung über die       als microenvironment bezeichnet).
sächlich ist die Metastasierung die      Lymphgefäße wird regelmäßig bei         Die Tumorzellen treffen auf andere
Hauptursache für krebsbedingte           Patient*innen beobachtet, jedoch        Zelltypen, Botenstoffe und Wachs-
Todesfälle (etwa 75–90 % der Todes-      scheint die Metastasierung über         tumsfaktoren als sie von ihrem
fälle gehen auf Metastasen zurück).      die Blutgefäße der hauptsächliche       Ursprungsort/-organ gewohnt sind.
Selbst bei Patient*innen, deren          Mechanismus zu sein.                    Auch die generelle Gewebearchitek-
Primärtumore gut auf die Strah-               Einmal in die Gefäße eingedrun-    tur kann sich deutlich zwischen Ent-
len- oder Chemotherapie reagieren,       gen, können die Tumorzellen über        stehungsorgan und Metastasierungs-
kann die Behandlung aufgrund von         die Blut- oder Lymphzirkulation         ort unterscheiden. Als Reaktion
Metastasen versagen. Dies ist zum        weit im Körper verbreitet werden.       darauf setzen Tumorzellen komplexe
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(1) Die Metastasierungskaskade ist ein komplexer mehrstufiger Prozess.
Schematische Darstellung der wesentlichen Schritte der Metastasierung. Zunächst wandern die Tumorzellen in angrenzendes Gewebe ein,
was als lokale Invasion bezeichnet wird. Die Intravasation ermöglicht es den Zellen dann in das Gefäßsystem einzudringen. Im Blutkreis-
lauf zirkulierende Tumorzellen müssen Scherkräften widerstehen, dem Immunsystem ausweichen und mit dem veränderten Nährstoff-
angebot zurechtkommen, bis sie das Gefäßsystem wieder verlassen. Nachdem sie sich im metastasierten Zielorgan angesiedelt haben,
müssen die Tumorzellen in dieser fremden Umgebung überleben und Mikrometastasen (neue Zellverbünde) bilden. Sie können viele Jahre
lang ruhend bleiben, bevor sie sich in einem als Kolonisation bezeichneten Prozess zu großen Makrometastasen vermehren.
Quelle: eigene Darstellung

Mechanismen ein, um fremde Mik-               und behandelt, sind die Erkran-               eine höchst verheerende Krank-
roumgebungen zu modifizieren.                 kungen meist unheilbar, können                heit mit schlechter Prognose und
Zunächst, um an diesen ektopischen            oft therapeutisch nur verlangsamt             zunehmend steigender Inzidenz.
Stellen zu überleben und schließ-             werden und verlaufen in der Regel             Da die Krankheit in der Regel erst
lich, um kleine Mikrometastasen zu            tödlich. Da die Metastasierung ein            spät diagnostiziert wird und PDAC
bilden. Selbst wenn sich Mikrome-             überaus komplexer Prozess ist, und            durch eine besonders aggressive
tastasen etablieren, ist noch nicht           die zugrundeliegenden Mechanis-               Tumorbiologie gekennzeichnet ist,
garantiert, dass sie auch zu Mak-             men nur unvollständig verstanden,             versagen Behandlungen in den meis-
rometastasen heranwachsen. Viele              wurden bisher nur begrenzte Erfolge           ten Fällen. Aufgrund dessen leben
Mikrometastasen verbleiben für                beim Versuch erzielt, die Metas-              trotz Fortschritten in der Behand-
eine lange Zeit in einem ruhenden             tasierung zu hemmen oder gar zu               lung nur noch etwa zehn Prozent der
Zustand, in dem sich die Netto-Zell-          unterbinden. Aufgrund dessen ist              Patient*innen fünf Jahre nach der
zahl nicht erhöht. Einem kleinen Teil         die weitere Erforschung des Metas-            Diagnose. Ein Merkmal von PDAC
der Krebszellen gelingt es schließ-           tasierungsprozesses entscheidend,             ist, dass schon früh Metastasen ent-
lich, die metastatische Kolonisierung         um klinisch wirksame therapeutische           stehen und unter anderem die Leber,
abzuschließen und makroskopische              Ergebnisse zu erzielen.                       Lunge und andere gastrointestinale
Metastasen zu bilden, was den End-                                                          Organe befallen. Daher ist besonders
punkt der Invasions-Metastasie-               Karzinome der Bauchspeicheldrüse              für PDAC die Hemmung der Metas-
rungskaskade darstellt.1,2                    sind wegen ihrer hohen Metastasie-            tasierung beziehungsweise die spe-
    Fortschritte vor allem in der             rungsrate besonders tödlich                   zifische Behandlung eines metastati-
Früherkennung und Behandlung                                                                schen Stadiums ein wichtiger Ansatz
von Krebserkrankungen haben dazu              Eine Krebsentität, deren Behandlung           zur Verringerung der Mortalität3.
geführt, dass die meisten soliden             besonders durch eine Hemmung der
Tumore heutzutage gut zu behandeln            Metastasierung profitieren könnte,            Molekulare Barcodes vereinfachen
oder sogar heilbar sind, solange sie          ist das duktale Adenokarzinom des             die Suche nach Inhibitoren der
vor oder in einem sehr frühen Sta-            Pankreas (engl. Pancreatic ductal             Metastasierung
dium der Metastasierung diagnosti-            adenocarcinoma, PDAC). PDAC,
ziert werden. Wird der Krebs aber zu          die häufigste neoplastische Erkran-           Da es sich bei der Metastasierung um
einem späteren Zeitpunkt entdeckt             kung der Bauchspeicheldrüse, ist              einen vielstufigen Prozess handelt,
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gibt es verschiedene biochemische       mente (Experimente im komplexen         ziert werden. Nach dem sogenann-
Ansatzpunkte, an denen eine mög-        Organismus) für ein umfassen-           ten „metastatic seeding“ (was die
liche Therapie wirken könnte. Um        des Screening zu aufwendig sind,        initialen Schritte der Metastasierung
potentiell geeignete Wirkstoffkan-      werden in der Regel in vitro Ansätze    – Zirkulation, Adhäsion, Extravasa-
didaten präklinisch zu identifizieren   (Experimente in der Zellkultur)         tion und Bildung von Mikrometasta-
werden sogenannte drug screenings       wie Proliferations-, Invasions- oder    sen – zusammenfassend bezeichnet)
– Wirkstofftests im Hochdurchsatz-      Migrationsassays eingesetzt, die nur    werden die mit einem Barcode verse-
verfahren – durchgeführt. Dabei         einzelne Schritte der Metastasierung    henen Tumorzellen, die diesen Pro-
wird eine große Zahl an Präparaten      isoliert betrachten können. Da die      zess erfolgreich durchlaufen konnten
und chemischen Verbindungen             Metastasierung jedoch ein komplexer     aus der Lungen der transplantierten
auf eine mögliche Anwendbarkeit         und mehrstufiger Prozess ist, spie-     Mäuse wieder isoliert. Schließlich
hinsichtlich ihrer Wirkung auf die      geln diese Experimente die biologi-     wird die Repräsentation der ein-
Tumorerkrankung getestet. Zum           sche Realität oft nicht adäquat wider   zelnen Barcodes (und damit der
einen können neu entdeckte bezie-       und Wirkstoffe, die in der Zellkultur   verschieden behandelten Tumorzell-
hungsweise synthetisierte Verbin-       Wirkung zeigen, versagen oft später     populationen) durch Sequenzierung
dungen speziell für diesen Zweck        in präklinischen und klinischen         und Vergleich der Proben vor und
getestet werden. Angesichts der         Tests. Um diese Einschränkungen         nach der initialen Metastasierung im
Tatsache, dass die Erforschung und      zu überwinden, haben wir eine in        Organismus bestimmt. Dies ermög-
Entwicklung neuer Präparate in der      vivo-Multiplex-Screening-Plattform      licht die parallele Quantifizierung
Regel 15 bis 20 Jahre dauert und        für kleine Moleküle entwickelt,         der Wirkung jeder Vorbehandlung
äußerst kostspielig sein kann, ist es   die molekulare DNA-Barcodes in          auf das metastatische Potential.
aber auch eine attraktive Option,       Kombination mit Next Generation         Wenn sich die relative Repräsenta-
bereits zugelassene Medikamente         Sequenzierung (NGS) verwendet           tion eines Barcodes vor und nach
oder Medikamente, die sich schon in     (Abb. 2). Beim molekularen Barco-       metastatic seeding nicht verändert,
den klinischen Test-Phasen befinden,    ding wird eine DNA-Barcode-Se-          hat die Substanz, mit der diese Zell-
für neue Anwendungen außerhalb          quenz (oder kurz Barcode) verwen-       variante behandelt wurde, keinen
ihrer ursprünglichen Einsatzgebiete     det, die stabil in das Genom von        Effekt auf die Metastasierungsfä-
wiederzuverwenden. Bei dieser           Zellen eingebaut wird um einzelne       higkeit. Tumorzellen, die mit einem
unvoreingenommenen Art des drug         Zellen mit einer eindeutigen und ver-   potentiellen Inhibitor der Metas-
screenings spricht man auch von         erbbaren Signatur zu kennzeichnen.      tasierung behandelt wurden, können
drug repositioning. Dieser Ansatz       Als Next Generation-Sequenzierung       sich dadurch nicht in den Lungen
bietet eine Reihe von Vorteilen. Da     werden neuartige Technologien zur       der transplantierten Mäuse ansiedeln.
Wirkstoffe verwendet werden, die        Sequenzierung von DNA und RNA           Dies wird durch eine reduzierte
entweder bereits zugelassen wurden      bezeichnet, die wesentlich schneller,   Repräsentation des DNA-Barcodes,
oder aber sich bereits auf dem Weg      kostengünstiger und quantitativer als   mit dem diese Zellen markiert waren,
zur Zulassung befinden, kann die        konventionelle Methoden sind. In        in den in vivo-Proben (also nach
Zahl der klinischen Vorversuche         unserer Screening-Plattform verwen-     dem metastatic seeding) angezeigt.
verringert werden, was sowohl Ent-      den wir NGS um die unterschied-         Durch die Barcoding-Methode
wicklungszeit als auch Kosten spart.    lichen Zell-Barcodes quantitativ        können so knapp 100 chemische
Zusätzlich sind mögliche Nebenwir-      auszulesen. Damit ist es möglich das    Moleküle und zugehörige Kontrol-
kungen und potentielle Kreuzreak-       Schicksal individuell gebarcodeter      len in einer einzelnen Maus gleich-
tionen mit anderen Medikamenten         Krebszellen innerhalb eines Zell-       zeitig getestet werden.
bereits besser erforscht. Außerdem      pools im Organismus nachzuverfol-           Im Rahmen des Versuchsaufbaus
können so auch Wirkstoffe identifi-     gen. Für unsere Barcoding-Plattform     durchlaufen die Tumorzellen einen
ziert werden, die über bisher unbe-     haben wir ungefähr 100 verschiedene     bedeutenden Teil der Metastasie-
kannte Mechanismen wirken. Somit        Tumorzellvarianten von metastasie-      rungskaskade. So müssen sie den
können drug repositioning Ansätze       renden PDAC-Zellen erzeugt, die         Stress durch den Transport durch das
sogar dazu beitragen, neue Pathome-     mit jeweils individuellen einzigarti-   Gefäßsystem wiederstehen und sich
chanismen aufzudecken4.                 gen Barcodes markiert wurden. Jede      erfolgreich in einem neuen Gewebe
    Für diese Art des drug screenings   dieser Varianten kann dann mit einer    etablieren. Die Interaktionen mit
werden in der Regel eine große          individuellen zu testenden chemi-       Gewebe, Blutgefäßen und dem
Anzahl an zu testenden Präparaten       schen Verbindung in vitro vorbe-        Immunsystem können so realitäts-
und Molekülen in Hochdurch-             handelt, mit allen anderen (ebenfalls   nah simuliert werden. Die Barco-
satz-Verfahren untersucht, um neue      individuell behandelten) Zellvarian-    ding-Plattform hat also im Vergleich
Anwendungsmöglichkeiten zu              ten zusammen gepoolt und dann int-      zu klassischen in vitro-Methoden
identifizieren. Da in vivo-Experi-      ravenös in eine Empfängermaus inji-     den Vorteil, dass der Metastasie-
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(2) Die in vivo-Multiplex-Screening-Plattform
Schematische Darstellung der in vivo-Multiplex-Screening-Plattform. Individuell einzigartig gebarcodete Zellvarianten einer metastasie-
renden Tumorzelllinie werden in vitro mit individuellen zu testenden chemischen Substanzen im 96-well Zellkulturformat vorbehandelt.
Die 96 individuellen Zellvarianten einer Zellkulturplatte werden anschließend gepoolt und intravenös in eine Empfängermaus injiziert.
Nach dem „metastatic seeding“ werden die gebarcodeten Tumorzellen aus der Lunge isoliert. Die prozentuale Repräsentation jedes
einzelnen Barcodes wird mittels NGS im Zellpool vor der Injektion und in den isolierten Zellen nach dem „metastatic seeding“ bestimmt.
Gebarcodete Zellen, die mit einem Inhibitor der Metastasierung behandelt wurden, können sich nicht im gleichen Maße in der Lunge
ansiedeln wie Zellen, deren Metastasierungsfähigkeit nicht beeinträchtigt ist. Dies äußert sich durch eine reduzierte Repräsentation des
DNA-Barcodes, mit dem diese Zellen markiert waren, in den postseeding Proben. Der relative Repräsentationsverlust eines Barcodes
lässt quantitative Rückschlüsse auf die Metastasierungsfähigkeit der mit diesem Barcode markierten Tumorzellen zu und damit auf die
Wirkung der zu testenden Substanz mit der diese behandelt wurden.
Quelle: eigene Darstellung

rungsprozess vollständiger und unter          mindestens drei Versuchstiere pro              technische Variabilität verringert und
lebensechteren biologischen Bedin-            Präparat eingesetzt werden müssen,             die Chance zur tatsächlichen Trans-
gungen rekapituliert wird. Aufgrund           was das Screening von einer großen             lation in eine klinische Anwendung
der Multiplex-Natur dieses Ansatzes           Anzahl an Wirkstoffen zu kostspie-             vergrößert.
ist man in der Lage, Hunderte oder            lig, logistisch zu aufwendig, und                  In ersten Anwendungen dieser
sogar Tausende von Molekülen                  ethisch problematisch macht. Durch             neu entwickelten Screening-Platt-
schnell zu analysieren und dabei den          das Barcoding wird nicht nur die               form konnten wir bereits die Lipase
hohen Durchsatz des zellbasierten             Versuchstierzahl drastisch verringert          ABHD6 (ein Enzym das eigentlich
Screenings mit einem hochentwi-               (Dutzende von Wirkstoffen inklu-               am Fettstoffwechsel beteiligt ist) als
ckelten Tiermodell für den Metas-             sive interner Kontrollen können                neues therapeutisches Ziel für eine
tasierungsprozess zu kombinieren.             in einer einzigen Maus getestet                antimetastatische Therapie identifi-
Bei klassischen in vivo Versuchs-             werden), sondern gleichzeitig wird             zieren und den zugrunde liegenden
durchführungen (jedes Molekül/Prä-            durch die Barcoding-Plattform auch             Mechanismus aufklären. So konnten
parat wird einzeln getestet) würden           die Reproduzierbarkeit erhöht, die             wir zeigen, dass durch die Blockade
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der enzymatischen Aktivität von          of metastasis is generally pursued                 Die Autorin/Der Autor
ABHD6 mittels eines spezifischen         by means of high-throughput drug
                                                                                            Barbara M. Grüner, geboren 1983, ist Emmy
Inhibitors die Lipid-Zusammen-           screenings, which can only be tested               Noether-Nachwuchsgruppenleiterin in der
setzung der Tumorzellen während          in vitro. However, the underlying                  Medizinischen Fakultät. Sie forscht zum
der Metastasierung verändert wird.       assays of these screenings do not                  Thema Molekulare Tumorpathologie. Ange-
                                                                                            siedelt ist sie mit ihrer Arbeitsgruppe in der
Dadurch werden die initiale Adhäs-       adequately reflect the biological pro-             Inneren Klinik (Tumorforschung) und am
ion („An-Dockung“) an den Blut-          cesses, which further complicates the              Westdeutschen Tumorzentrum des Universi-
gefäßwänden sowie die notwendige         search for clinically effective com-               tätsklinikums Essen.
Flexibilität zur Extravasation stark     pounds and often causes the failure of             Ihr Diplom absolvierte sie 2008 an der Fried-
                                                                                            rich-Alexander-Universität Erlangen-Nürn-
beeinträchtigt, was schließlich in       potential drug candidates when trans-              berg. Danach war Barbara Grüner bis 2012
einer verminderten Metastasenbil-        ferred into a clinical setting. On the             Mitglied der International Max-Planck
dung resultiert5. In weiteren Anwen-     other hand, studies in complex model               Research School for Molecular and Cellular
                                                                                            Life Sciences (IMPRS-LS Graduate School)
dungen dieser Plattform haben wir        systems in vivo are more adequate to               in München. Nach ihrer Promotion an der
einige weitere vielversprechende         reflect the complex interactions in the            Medizinischen Klinik des Klinikums rechts
Wirkstoff-Kandidaten identifiziert,      human body. Yet, those in vivo stud-               der Isar an der Technischen Universität Mün-
                                                                                            chen erfolgte ebendort ein kurzes Intermezzo
die sich momentan in der präklini-       ies are time, cost, and labour intensive           als Wissenschaftliche Mitarbeiterin, bevor sie
schen Validierungsphase befinden.        and allow the study of very limited                als Wissenschaftliche Mitarbeiterin (Postdoc)
    Letztlich stellt die Komplexität     numbers of compounds only. To                      bis 2016 an die Stanford University School of
des Metastasierungsprozesses eine        overcome these limitations, we devel-              Medicine an das Department of Genetics ging.
                                                                                            2017 war Barbara Grüner zunächst Junior-
der größten Herausforderungen bei        oped a multiplexed in vivo screen-                 gruppenleiterin in der Abteilung Translatio-
der erfolgreichen Behandlung von         ing platform that utilizes molecular               nale Onkologie Solider Tumore, Deutsches
Krebserkrankungen dar. Die Viel-         DNA barcoding. In DNA barcoding                    Konsortium für Translationale Krebsfor-
                                                                                            schung (DKTK)/Deutsches Krebsforschungs-
schichtigkeit der Metastasierungs-       technology, small random DNA                       zentrum (DKFZ) am Partnerstandort Essen,
kaskade bietet aber im Umkehr-           sequences are incorporated into the                bevor sie dann im Herbst des gleichen Jahres
schluss auch verschiedenste Angriffs-    DNA of cells to track them individu-               eine eigene von der DFG geförderte Emmy
                                                                                            Noether-Nachwuchsgruppe aufbauen konnte.
punkte für mögliche neue Therapien.      ally in a pool of different cells. This
                                                                                            Nach einem Studienstipendium der Bayeri-
Durch technologische Fortschritte        technology allows quantification of                sche Hochbegabtenförderung von 2003 bis
im Bereich des Next Generation-          multiple individual cell populations               2008 konnte Barbara Grüner ein Stanford
Sequenzierens in Kombination mit         in parallel. With our platform we can              Dean’s Postdoctoral Fellowship (2013/14),
                                                                                            ein Postdoctoral Fellowship der „Pancreatic
hochentwickelten molekularen             simultaneously investigate hundreds                Cancer Action“ des „Network American
Methoden und ausgefeilten Tiermo-        of compounds regarding their effect                Association of Cancer Research“ (AACR)
dellen rückt die Identifikation von      on metastatic seeding in vivo with                 (2014/15) und ein Postdoctoral Fellowship
                                                                                            des „The Hope Funds for Cancer Research“
klinisch relevanten Inhibitoren der      very low variability and high repro-               für sich gewinnen.
Metastasierung zunehmend näher.          ducibility. Using the multiplexed                  Barbara Grüner erhielt 2011 den „Scho-
                                         screening platform, we can not only                lar-in-Training Award“ der „American Asso-
                                                                                            ciation of Cancer Research“ (AACR). 2012
                                         identify novel potential candidates for
                                                                                            konnte sie den Posterpreis des Jahrestreffens
                                         a metastasis-specific therapy but also             des „National Genome Science Network“
             Summary                     study and characterize the underlying              (NGFN) Jahrestreffens in Heidelberg in
                                         cellular and molecular mechanisms.                 Empfang nehmen. Im gleichen Jahr konnte sie
                                                                                            den Travel Grant Award der United European
Although advances in the treat-                                                             Gastroenterology (UEG) Week in Amster-
ment and early detection of cancer                                                          dam in Empfang nehmen. 2018 wurde ihr der
have led to improvements in patient                                                         Curious Mind-Forscherpreis „Life Sciences“
                                                                                            durch das Merck und Manager Magazin
survival, cancer remains the second      Anmerkungen/Literatur:                             verliehen.
leading cause of deaths worldwide.
                                         1) Lambert, A. W., et al. (2017). Emerging
The majority of cancer deaths are not    Biological Principles of Metastasis. Cell
                                                                                            Philip Dujardin studierte von 2013 bis
                                                                                            2018 Biologie und Medizinische Biologie
caused by the primary tumor but by       168(4): 670–691.
                                                                                            in Essen. Seit 2019 promoviert er in der
secondary metastases. The metastatic     2) Valastyan, S. and R. A. Weinberg (2011).
                                                                                            Emmy Noether-Arbeitsgruppe „Molekulare
                                         Tumor metastasis: molecular insights and
process is complex and still poorly      evolving paradigms. Cell 147(2): 275–292.
                                                                                            Tumorpathologie“ an der Inneren Klinik
understood on the molecular and                                                             (Tumorforschung) des Universitätsklinikums
                                         3) Ying, H., et al. (2016). Genetics and biology
                                                                                            Essen zum Thema „Molecular mechanisms of
cellular levels. The cancer cells need   of pancreatic ductal adenocarcinoma. Genes &
                                                                                            metastasis and therapy response in cancer“.
to leave the primary tumor, circulate    development 30(4): 355–385.
                                                                                            Ein Schwerpunkt der Forschung liegt dabei
                                         4) Simsek, M., et al. (2018). Finding hidden
through blood or lymph, extravasate                                                         auf der Anwendung und Weiterentwicklung
                                         treasures in old drugs: the challenges and
                                                                                            von molekularem Barcoding Strategien. Philip
at a secondary site and form micro-      importance of licensing generics. Drug Disco-
                                                                                            Dujardin ist Stipendiat des Cusanuswerks.
metastases that can eventually grow      very Today 23(1): 17–21.
                                         5) Grüner, B. M., et al. (2016). An in vivo mul-
into macrometastases. The identifica-    tiplexed small-molecule screening platform.
tion of clinically relevant inhibitors   Nature methods 13(10): 883–889.
Philip Dujardin. Foto: Vladimir Unkovic
                                          UNIKATE 56/2021
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