Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr - Kloster Einsiedeln

Die Seite wird erstellt Thorben Baur
 
WEITER LESEN
Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr - Kloster Einsiedeln
6·2021

S A LV E

Zeitschrift der benediktinischen
Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr
Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr - Kloster Einsiedeln
SALVE
    Zeitschrift der benediktinischen
    Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr

13. Jahrgang · Ausgabe 6, Dezember 2021 / Januar 2022   Jahresthema 
Erscheint sechsmal jährlich
                                                        Benediktinische Nachhaltigkeit in Kunst und Kultur     4

                                                        Wallfahrt
                                                        Liturgischer Kalender			                              10
                                                        Der Wallfahrtspater informiert 		                     12
                                                        Gottesdienste in Einsiedeln		                         14
                                                        Liturgisches Grundwissen – «Heute»		                  16
                                                        Haben Sie gewusst…			                                 17

                                                        Kloster Einsiedeln
                                                        Weiheformel der Marianischen Sodalität	               18
                                                        Psalm 18 – Beten mit Gedichten		                      20
                                                        Oblaten – Psalmen in der Bibel und in der Liturgie    24
                                                        Konventglöckli			                                     26
Frontseite: Zum Jahresthema Nachhaltig-
                                                        Stiftsschule
keit. (Foto: © Pater Jean-Sébastien Charriè-
re, Kloster Einsiedeln).                                Schulnachrichten			                                   28
                                                        Ecke der Eltern			                                    29
                                                        Die Maus und die Gleichstellung	                      30
                                                        Internat – Der Anfang ist geglückt	                   32
                                                        Alumni – Gemeinsam unterwegs	                         34
                                                        Klassentag 1961 – Ein ergreifender Tanz	              36
                                                        Klassentag 1951 – «Führ, liebes Licht…»	              37
                                                        Regionale Alteinsiedlertage 2022	                     39
                                                        Ministrantenreise			                                  40
                                                        Personalnachrichten			                                43

                                                        St. Gerold
                                                        Reformzellen – anders als geplant	                    44
                                                        Kultur- und Seminarprogramm		                         46

                                                        Kloster Fahr
                                                        Grusswort49
                                                        Junioratswoche			                     50
                                                        Verein Pro Kloster Fahr 		            52
                                                        Synodaler Prozess – «Wir haben uns auf
                                                        den Weg gemacht»		                    55
                                                        Flohmarkt «Zu den Zwei Raben»	        57
www.zeitschrift-salve.ch                                Veranstaltungskalender		              58
                                                        Meditation	                           60
www.gebetsgemeinschaft.ch
www.kloster-einsiedeln.ch                               Kaleidoskop
www.kloster-fahr.ch
                                                        Paracelsus und C.G. Jung im Kloster Einsiedeln        62
www.propstei-stgerold.at
                                                        Der Film «Paracelsus» am Zürcher Filmfestival	        68
www.siljawalter.ch                                      Neue Bücher                                           69
www.zeitschrift-salve.ch                                Inhaltsverzeichnis 2021		                             75
www.gotteswort.ch                                       Impressum	                                            83
www.GOTTsuchen.ch

2
Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr - Kloster Einsiedeln
LEITGEDANKE

L   iebe Leserin, lieber Leser

Die Pflanze auf der Titelseite, gemalt von Pater Jean-Sébastien Charrière, ist
­Ihnen sicher bekannt – der Weihnachtsstern ist in den dunklen Monaten in vielen
Wohnungen anzutreffen. Dem Namen nach – Euphorbium pulcherrima – ist sie
 eine Schönheit, die schönste gar unter den Wolfsmilchpflanzen. Dabei sind ihre
Blüten so diskret, dass wir sie kaum bemerken. Dafür springen uns die sternför-
 mig gewachsenen roten Blätter um so mehr ins Auge.
                               Aber hier geht es nicht um Botanik, sondern um
                           Nachhaltigkeit. Jeanine Kosch beschliesst unser Jahres-
                           thema benediktinisch, sie bringt zur Sprache, wie bene-
                           diktinische Kultur und Kunst nachhaltige Wirkung in
                           unserer Welt erzeugt haben und immer noch erzeugen.
                          Aber was macht denn da unser Weihnachttsstern oder
                           die Weihnachtsblume, wie sie anfänglich genannt wurde,
                           als sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Kalifornien
                           als Zierpflanze entdeckt wurde?
                               Es ist ihre Symbolkraft. Wie der Weihnachtsstern am
                           Nachthimmel braucht auch unsere Wolfsmilch Dunkel-
 heit, um ihre ganze Schönheit zu entfalten. Dann aber lehrt uns die Allerwelts-
 pflanze, was denn eigentlich für uns Christen das Nachhaltigste überhaupt sei,
 über alles Tun und Lassen im Alltag hinaus. Stellvertretend im Blumentopf erzählt
 unser Weihnachtsstern vom Stern von Bethlehem, der auch in unserer Liturgielek-
 tion – «Heute» – zur Sprache kommt (S. 16). «Heute ist euch der Retter geboren!»,
 lautet die Botschaft aus der Ewigkeit. Und was könnte nachhaltiger sein als Ewig-
 keit?
     Der Weihnachtsstern ist nur eines von vielen Mitteln, um uns die zeitlose
 Kraft des «Heute» nachhaltig in lebendiger Erinnerung zu halten.
     «Salve» wünscht Ihnen in diesem Sinn herzlich eine nachhalttige Advents-
 und Weihnachtszeit.

Erich Liebi

                                                                                     3
Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr - Kloster Einsiedeln
JAHRESTHEMA

    Benediktinische Nachhaltigkeit in Kunst und Kultur

    Aus der Kraft des Ordensgründers

    Mit diesem Artikel beschliessen wir das Jahresthema «Nachhaltigkeit». Ob in der
    Regel, im Klosteralltag, in den Klostergärten, der Schule, überall ist uns im ver-
    gangenen Jahr das Thema «Nachhaltigkeit» begegnet. Auch wenn man Benedikt von
    Nursia nicht direkt Vater der Nachhaltigkeit nennen will, ist es doch eindrücklich,
    wie Benedikt durch sein Wirken und seine Regel einen Grund gelegt hat zum
    schonenden Umgang mit den ökologischen, ökonomischen und sozialen Ressourcen
    unserer Welt.

    Der Künstler Joseph Beuys sagte 1982 an-          wenn ich etwas kann, wenn ich etwas im
    lässlich einer Ausstellung: «Kunst ist die ein-   Griff habe. Die Kreativität gehört zum We-
    zige Form, in der Umweltprobleme gelöst           sen des Menschen, denn dies hat mit der
    werden können.» Sagte es und schritt zur          Ebenbildlichkeit Gottes zu tun. Gott ist der
    Tat, indem er im Verlauf mehrerer Jahre sie-      Schöpfer und Kunst ist immer auch ein Weg
    bentausend Bäume pflanzte. Er hatte das           zu Gott. So hat die Schönheit einer Kirche
    Ziel, den urbanen Raum nachhaltig zu än-          nie einen Selbstweck, sondern weist auf
    dern. Das ist nur ein kleines Beispiel dafür,
    wie Kunst und Nachhaltigkeit gemeinsam
    etwas bewirken können, um das gemeinsa-
    me Haus der Erde zu schützen. Das lebendi-
    ge Kunstwerk rüttelte auf – auch die Lebens-
    weise von Benedikt und seinen Mönchen
    rüttelte die Gesellschaft seiner Zeit auf. Bei-
    den ging es darum, Alternativen zu schaffen
    zu gängigen Strömungen in der Gesellschaft.

    Kunst als Ruf zum Nachdenken
    Benediktinerinnen und Benediktiner sind
    bekannt für ihren Sinn für Ästhetik. Nicht
    nur Liturgie und Gesang, auch Kirchenräu-
    me und Gegenstände sind geprägt von ei-
    nem hohen Grad an Schönheit. Pater Jean-
    Sébastien Charrière, der Künstler, Zeichner
    und Kalligraf vom Kloster Einsiedeln, gibt
    uns einen kleinen Einblick in den Begriff der     «Neige das Ohr deines Herzens, der Geist
    Kunst: «Das deutsche Wort Kunst, sowie das        wird dich alles lehren», Acryl auf Malplatte,
    lateinische «ars» und das griechische «tech-      © Pater Jean-Sébastien Charrière, Kloster
    né» stammen vom Begriff können. Kunst ist,        Einsiedeln.

4
Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr - Kloster Einsiedeln
JAHRESTHEMA

Der Obere Chor, einer der Gottesdiensträume im Kloster Einsiedeln (Foto: Jean-Marie Duvoisin).

Gott hin. Kunst ist dann sozusagen ein Ruf
 nachzudenken. Für die Nachhaltigkeit be-
 deutet das: Denke nach über das gute und
 schöne Leben, trage Sorge zum Auftrag
­deines Schöpfers.»

Kunst als Spiegel der Gesellschaft
Die Schönheit eines Gebäudes – vor allem
für den Gottesdienst – hatte immer auch et-
was zu tun mit dem Einklang mit der Natur.
Es wurde so gebaut, dass ein Gebäude auch
dauerhaft war. Wenn eine gotische Kirche
abgerissen wurde, weil man eine Barockkir-
che haben wollte, lag dies nicht daran, dass
die gotische Kirche baufällig geworden
wäre, sondern daran, dass man etwas Neues
haben wollte. Oft war der Eingriff des Men-        «Als gläubiger Mensch ist für mich Kunst
schen Grund für den Abriss, nicht die Quali-       eine Art Antwort auf den Schöpfer und
tät der Bausubstanz.                               sein wunderbares Werk. Meine Arbeit
    Benedikt von Nursia war die Schlichtheit       will ein Lob Gottes in Farben, Formen
und Zweckgebundenheit seiner Klöster               und Strukturen sein. Meine Werke ver-
wichtig. Es ging ihm um Achtsamkeit. Pater         suchen aber auch, eine Einladung zu
Jean-Sébastein erzählt, dass dies auch in Ein-     sein, jenseits des Sichtbaren zu schauen
siedeln so gelebt werde: Alle Räume, die der       und dabei zu staunen.»
Gemeinschaft dienen, seien schön verziert,                      Pater Jean-Sebastien Charrière
die Kirche, die Bibliothek, der Kapitelsaal

                                                                                                  5
Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr - Kloster Einsiedeln
JAHRESTHEMA

                                                      Ästhetik hinzufügen würde. Schönheit, die
                                                      es zu bewahren gilt, Schönheit, die auf Gott
                                                      hinweist, Schönheit, die ein Weg zu Gott
                                                      sein kann. Wenn ich mit allen Sinnen Gott
                                                      erfahre, bin ich auch eher bereit und fähig,
                                                      den Auftrag der Schöpfungsbewahrung
                                                      nachzukommen. Das bekannte Sprichwort:
                                                      «Gott will einen fröhlichen Geber» erinnert
                                                      uns daran, dass wir Freude haben dürfen bei
                                                      unserem Wirken für die Gemeinschaft. Un-
                                                      ser Können in den Dienst künftiger Genera-
                                                      tionen zu setzen, kann dann durchaus Sinn
                                                      machen, davon zeugen die Kunstwerke frü-
                                                      herer Generationen, an welchen wir uns
                                                      heute noch erfreuen.

                                                      Kunst als ökonomische Grundlage
                                                      Bücher, Musiknoten, Bilder und Ikonen sind
                                                      weitere Gegenstände, welche wir mit klös-
    Handschriftliche Benediktsregel (Foto: Stifts-    terlichem Leben verbinden. Die Skripto­    -
    bibliothek St. Gallen, Cod. Sang. 914).           rien waren früher eine wichtige Einnahme­-
                                                      quel­le für ein Kloster. Davon zeugen die
    und das Refektorium. Die Privaträume der          wert­vollen Bücher in den Klosterbibliothe-
    Mönche jedoch seien sehr schlicht. Sinnlich-      ken. Schmunzelnd sagt Pater Jean-Sébas­
    keit und Ästhetik gehören zum Leben, ge-          tien: «Wer denkt schon an vierhundert Läm-
    hören zum Menschen. Benedikt war diese            mer, wenn er ein altes, vierhundertseitiges
    Ganzheitlichkeit des Menschen sehr wichtig.       Buch aus Lederseiten in den Händen hält?».
    Davon zeugt auch seine Klosterregel. Die          Die Zeit, welche Mönche für die Beschrif-
    Lebenskunst wird zur Kunst des Lebens, es         tung dieser Lederhäute brauchten, gaben
    geht darum leben zu können und nicht vom          dem Werk ebenfalls einen hohen Wert. So
    Leben überfordert zu sein.                        kam es, dass die Bibliotheken innerhalb der
                                                      Klosteranlage möglichst weit weg von den
    Kunst als Nahrung für die Seele                   Alltagsräumen des Klosters lagen. Ein Feuer
    In unseren heutigen Diskussionen um Nach-         wäre fatal gewesen für diesen Klosterschatz.
    haltigkeit können wir einiges von Benedikt        Da innerhalb der Klausur, in Küche und
    lernen. Zum Beispiel, dass es gilt, ganzheitli-   Wohnräumen am ehesten ein Feuer ausbre-
    ches Menschsein, ganzheitliches Leben für         chen konnte, wurden die Bücher möglichst
    uns und die nächsten Generationen im Auge         weit weg von diesen Orten aufbewahrt.
    zu behalten. Es geht nicht nur um Gebote              Auch die Herstellung einer Ikone brauch-
    und Verbote, es geht um Achtsamkeit für           te Zeit und kostbares Material. Wen
    das, was uns anvertraut ist. Die Welt ist kein    wundert’s, dass man sagte, diese seien für
    Geschenk an die Menschen, mit dem sie ma-         einen Gebrauch von tausend Jahren ange-
    chen könnten, was sie wollen. Wir haben           legt. Aber Ikonen hatten auch einen symbo-
    von Gott einen Auftrag, seine Schöpfung zu        lischen Wert: So wurde die Farbe für die
    bewahren und zu bebauen. Vielleicht wür-          Haut eines Menschen auf einer Ikone aus
    de es ja Sinn machen, wenn man der Defini-        Erde hergestellt. Beim Betrachten soll man
    tion von Nachhaltigkeit, welche Ökologie,         sich erinnern, dass der Mensch von der Erde
    Ökonomie und Soziales im Blickfeld hat, die       kommt und zur Erde zurückkehrt. Die drei

6
Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr - Kloster Einsiedeln
JAHRESTHEMA

Schwester Matthäa am kleinen Webstuhl für Stolen.

Kreise um Gesicht, Kopf und Aureole weisen     Kunst im Dienst der Liturgie
auf die Dreieinigkeit von Gott Vater, Sohn     Benedikt ermahnt seine Mitbrüder, alle
und Heiligem Geist hin. Nichts wird dem Zu-   ­Geräte des Klosters wie Altargeräte zu be-
fall überlassen, alles hat seinen Sinn. So     handeln. Das heisst doch nichts anderes, als
steht die Kunst zwar im Dienst der Ökono-      dass unser ganzes Leben Liturgie, Gottes-
mie, weist aber darüber hinaus auf den Ur-     dienst ist. Dennoch wird in jedem feierli-
sprung des Lebens, auf Gott.                   chen Gottesdienst offensichtlich, dass die­-
                                               ser Moment noch einmal eine besondere

Schwester Bernadette webt Stoff für ein       Manuela Camichel, Leiterin der Fahrer
Messgewand.                                   Paramentenwerkstatt.

                                                                                              7
Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr - Kloster Einsiedeln
JAHRESTHEMA

    Bedeutung bekommt. Denn zu einer ge-               muss der Faden zuerst auf Spulen gewickelt
    pflegten Liturgie gehören auch die Para-           werden.
    mente: Gewänder, Stolen, Altartücher, An-              Silja Walter hat zwanzig Jahre in der
    tependien. Ihre Farben und Formen nehmen           Webstube gearbeitet und gespult, sie mein-
    uns hinein in eine Welt ohne Worte. Johann         te einst: «Schreiben und Spulen, das geht
    Wolfang von Goethe sagte: «Die Kunst ist           gut zusammen.»
    eine Vermittlerin des Unaussprechlichen».
    Kein Wunder also, dass die Kunst auch in der       Kostbarkeit hat ihren Wert
    Bibel einen wichtigen Platz einnimmt. Im           Ursprünglich hatten Priester kein spezielles
    Buch Exodus verlangt Gott für das Offenba-         Gewand, die Tunika wurde von allen getra-
    rungszelt viel Kunst. Er will nicht einfach ein    gen. Jedes Gewand war wertvoll, denn der
    Zelt wie das der Nomaden. Das Mobiliar so-         Weg von der Faser über den Faden und das
    wie die Kleider der Priester werden aus kost-      Gewebe bis zum Kleidungsstück war lang.
    baren Stoffen und Materialien angefertigt          Erst in den letzten gut fünfzig Jahren ging
    und sorgfältig verziert. Aus seinen Worten         diese «Wert»-Schätzung für Kleider verlo-
    ist spürbar, dass Pater Jean-Sébastien Kunst       ren. Nicht mehr die Qualität zählt, sondern
    im Kloster nicht nur selber herstellt, sondern     die Quantität der Gewänder in meinem
    auch aus der Kunst lebt. «Ich bin überzeugt,       Schrank. Anders Benedikt: Seine Mönche
    dass wahre Kunst im weitesten Sinne immer          hatten nur zwei Gewänder – eines für den
    spirituell und religiös ist. Für mich sehnt sich   Sommer und eines für den Winter.
    der Mensch in seinem innersten nach Har-               Die Schnittmuster für die Gewänder
    monie, Wahrheit und Schönheit. So sagt ein         (Messgewänder, Tuniken, Ministrantenge-
    chinesischer Spruch: ‹Wenn du zwei Brote           wänder) wurden von Schwester Fidelis vor
    hast, so tausche eines gegen Blumen, denn
    sie sind Brot für die Seele.›»

    Mit textiler Kunst Gott loben
    Im Fahr gibt es seit den 1950er Jahren eine
    Textilwerkstatt, 1956 wurde der erste Web-
    stuhl mit 180 cm Webbreite in Betrieb ge-
    nommen. Manuela Camichel, die heutige
    Leiterin der Paramentik, nimmt uns mit auf
    einen Rundgang und erklärt, wie nachhaltig
    die Fahrer Textilien sind.
         Unter dem Dach stehen neun Handweb-
    stühle: für Messgewänder in jeder liturgi-
    schen Farbe einen, einen für Altartücher
    und vier kleine für Stolen und Antependien.
    Beim Stoff für die Messgewänder müssen
    am Webstuhl gut 3500 Fäden miteinander
    verknüpft werden, um einen Stoff von
    180 cm Breite zu erhalten.
         Diese Handwebstühle sind mit Schnell-
    schuss und Pneumatik ausgerüstet, beides
    wird von Hand bedient. Der Schnellschuss
    bewirkt, dass das Schiffchen hin und her           Die Schnittmuster für die Fahrer Messgewän-
    flitzt, die Pneumatik übernimmt den gleich-        der hat Schwester Fidelis vor vierzig Jahren
    mässigen Anschlag. Aber bis es soweit ist,         entworfen (Fotos: Jeanine Kosch).

8
Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr - Kloster Einsiedeln
JAW
                                                                       HRAE
                                                                          LSLTFH
                                                                               AEHM
                                                                                  RAT

Seidenarmbänder aus der Fahrer Paramentenwerkstatt (Foto: Verena Huber-Halter).

rund vierzig Jahren entwickelt. Sie orientie-       Die Fahrer Paramente haben ihren Preis,
ren sich an Formen, wie sie zu Zeiten Be­       sie sind nicht gerade billig, die Fahrer Mess-
nedikts getragen wurden und sind immer          gewänder, Stolen und Altartücher halten
noch aktuell.                                   lange und sehen auch nach Jahren noch
    Die Motive der Stolen wurden zu einem       gut aus. Liturgische Gewänder werden zum
grossen Teil von Schwester Matthäa ent­         Gottesdienst, zum Lob Gottes getragen. Sie
worfen. Das «Fahrer-Design» zeichnet sich       sind auch ein Zeichen unserer Wertschät-
durch die typischen Farben und die Motive       zung dem Schöpfer gegenüber. So zahlt sich
aus, die direkt eingewoben werden. Dieser       auch hier, wie so oft in der Kunst, Nachhal-
unverkennbare Fahrer Stil ist die Stärke der    tigkeit aus. Die Lebensdauer von handge-
Fahrer Paramente. Zeitlos modern würde          wobenen Textilien übertrifft so manches
man wohl dazu sagen – auch eine Defini­-        Messgewand aus Polyester. Würde das nicht
tion von Nachhaltigkeit.                        auch für unseren täglichen Kleiderbedarf
    Der Wert kommt nicht vom Goldbrokat,        gelten? Eine Jacke aus guter Qualität, an-
sondern von der Qualität und Dauerhaftig-       statt drei Kleidungsstücke, welche nur eine
keit der Stoffe und der Verarbeitung. Um        kurze Lebensdauer haben. Von den Klös­-
eine Stola herzustellen, arbeitet jemand        tern können wir lernen, wie Nachhaltigkeit
etwa zwei Tage, für ein Messgewand rund         im täglichen Leben funktionieren könnte.
vier Tage. Mehrere Schritte braucht es dazu:        Bleiben wir wachsam für das, was um
Zetteln, Einziehen der Kettfäden, Weben         uns herum geschieht, damit auch die Gene-
und zum Schluss das Ausrüsten, das heisst       rationen nach uns sich noch am Leben in und
den Stoff weich und geschmeidig machen.         um Gärten, an Kunst, Liturgie und Gesang,
Das Material stammt aus der Schweiz oder        kurz, an der ganzen Schönheit von Gottes
Europa, nur die Seide kommt aus China,          Schöpfung freuen können, denn so Adal-
wird aber in der Schweiz gefärbt. So werden     bert Stifter: «Die Kunst ist die irdische
Arbeitsplätze in der Schweiz geschaffen und     Schwester der Religion»
erhalten.                                                                         Jeanine Kosch

                                                                                                  9
Zeitschrift der benediktinischen Gemeinschaften Einsiedeln und Fahr - Kloster Einsiedeln
Sie können auch lesen