Zum E-Auto gibt es keine Alternative - Von Dr. Gregor Matthies, Dr. Klaus Stricker und Dr. Jan Traenckner - Bain & Company
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Zum E-Auto gibt es keine Alternative Von Dr. Gregor Matthies, Dr. Klaus Stricker und Dr. Jan Traenckner
Die Autoren Dr. Gregor Matthies ist Partner bei Bain & Company in München und Leiter der europäischen Automobil-Praxisgruppe. Seine Kunden sind in erster Linie Unternehmen aus der Automobil- industrie, der Luft- und Raumfahrtbranche sowie Portfoliounternehmen von Private Equity- Fonds. Diese berät er insbesondere in Strategieentwicklungs-, Organisations- und Restrukturie- rungsfragen. Nach seinem Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in München promovierte Gregor Matthies an der Universität Duisburg in Elektrotechnik. Dr. Klaus Stricker ist Partner bei Bain & Company in Frankfurt. Zu seinen Kunden zählen Unter- nehmen aus der Industrie und der Automobilwirtschaft. Diese berät er sowohl in Fragen der strate- gischen Neuausrichtung, Restrukturierung und Reorganisation. Darüber hinaus unterstützt er die Unternehmen bei der Entwicklung und Umsetzung von operativen Verbesserungsprogrammen. Klaus Stricker studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Technischen Universität in Wien und promovierte im Fach Fertigungstechnik. Dr. Jan Traenckner ist Experte für Elektromobilität. Nach seinem Studium der Elektrotechnik mit anschließender Promotion in Maschinenbau arbeitete er als Unternehmensberater. Seit 1997 ist der Technologie- und Innovationsexperte selbständiger Investor und Strategieberater. Seit zwei Jahren beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Elektromobilität und verfügt über umfangrei- che Erfahrung im Bereich strategische Nutzung von technologisch getriebenen Megatrends. Jan Traenckner unterstützt Industrieunternehmen dabei, den neuen Megatrend Elektromobilität besser zu verstehen und sich entsprechend zu positionieren. Kontakt Pierre Deraëd Leila Kunstmann-Seik Marketing Director PR/Media Specialist Telefon +49 (0) 89 51 23 13 30 Telefon +49 (0) 89 51 23 12 46 Impressum Herausgeber: Bain & Company, Inc., Karlsplatz 1, 80335 München Foto: iStockphoto Druck: medienhaus Kastner AG, Schlosshof 2-6, 85283 Wolnzach Copyright © 2010 Bain & Company, Inc. Alle Rechte vorbehalten.
Zum E-Auto gibt es keine Alternative Sieben Thesen von Bain & Company zur Entwicklung des Elektroantriebs Im Jahr 2020 hat jedes zweite neue Fahrzeug einen Elektroantrieb. Noch halten viele Marktbeobachter den momentanen Run auf rein batterie- betriebene Elektroautos für eine Stressreaktion der Automobilbranche. Doch die Elektromobilität ist keine Modeerscheinung. Bain & Company stellt in sieben Thesen dar, warum Elektroautos in ihren verschiedenen Ausprägungen einen fundamentalen Wandel darstellen. 1. Spätestens in zehn Jahren ist das E-Auto ein Massenprodukt 2. Das E-Auto startet jetzt und heute als neues Lifestyle-Produkt 3. Das Elektroauto ist keine Produktvariante – es ist ein Systemwechsel 4. Das Elektroauto benötigt keine kostspielige Infrastruktur zum Erfolg 5. Die vorhandene E-Auto-Technologie ist bereits „gut genug“ 6. Die Batteriekosten sind 2015 auf einem massentauglichen Niveau 7. Die Elektrifizierung der Autos ist zwingend und alternativlos 3
Zum E-Auto gibt es keine Alternative Zum E-Auto gibt es keine Alternative Im Juli 2006 präsentierte der neu gegründete Konzeptauto zwei so genannte e-Tron Prototy- Autohersteller Tesla einen ausschließlich elekt- pen beiAudi, der E-Mini und der ActiveE bei risch angetriebenen Sportwagen zu einem Preis BMW sowie der Elektro-Smart und der BlueZE- von mehr als 100.000 US-Dollar. Zahlreiche RO bei Mercedes-Benz. Prominente bestellten ihn und E-Autos waren plötzlich „in“. Innerhalb weniger Jahre avan- Doch wann und wie wird das E-Auto wirklich cierte das ehemalige Randthema zum zentralen zu einem Massenprodukt? Welche Berechti- Hoffnungs- und Imageträger der Branche. Ob- gung haben batteriebetriebene Elektrofahr- wohl kaum ein Hersteller ein alltagstaugliches zeuge – ökonomisch wie ökologisch – im Indivi- E-Auto anzubieten hatte, beherrschten plötzlich dualverkehr und wie schnell werden sie sich batteriebetriebene Fahrzeuge die Medienland- durchsetzen können? Bain & Company be- schaft, die Politik und die Automobilmessen. leuchtetdie Marktchancen, die ökologische Berechtigung sowie die ökonomische Mach- Es gibt keinen Autohersteller, der sich diesem barkeit der Elektrifizierung und analysiert die Trend seitdem entziehen konnte. Betrachtet Herausforderungen, vor denen die Automobil- man nur die deutschen Premiumhersteller, industrie heute steht. so entstanden im letzten Jahr als Pilot- oder These 1: Spätestens in zehn Jahren ist das E-Auto ein Massenprodukt Die Ergebnisse einer aktuellen, weltweiten Stu- Automobilhersteller den CO2-Ausstoß ihrer die von Bain & Company zeigen: Die Kunden Flotten dramatisch senken und ihr Fahrzeug- wollen das E-Auto. Sie sind vom Image, von design früher oder später auf Elektroantrie- der Technologie, den Umweltvorteilen und – be umstellen. Im Ergebnis führen diese vier sofern sie bereits eines fahren konnten – vom Faktoren zu einem enormen Wachstums- Fahrgefühl des E-Autos begeistert. Zusätzlich potenzial für die Elektrifizierungstechnologie zu diesem Pull-Effekt durch die Kunden wird noch in diesem Jahrzehnt – eine einmalige der Trend zur E-Mobilität von zahlreichen Chance für die Automobilindustrie. nachhaltigen Push-Faktoren begünstigt. Ers- tens machen fallende Batteriekosten bei mit- Nach dem Basis-Szenario von Bain & Compa- telfristig weiter steigenden Kraftstoffpreisen ny wird bis zum Jahr 2020 weltweit die Hälfte das E-Auto kostengünstiger als herkömmliche aller neu zugelassenen Pkw einen Elektroan- Fahrzeuge. Zweitens wollen Ballungszentren trieb haben, auch wenn die Mehrheit zusätzlich rund um den Globus ihre lokalen Emissionen einen Verbrennungsmotor – entweder als Zu- verringern. Drittens versuchen die nationalen satzaggregat in Form eines so genannten Range Regierungen, ihre Klimaschutzziele zu errei- Extender oder als Voll- sowie Plug-in-Hybrid – chen und dabei gleichzeitig die heimische In- an Bord haben dürfte. Immerhin zehn Prozent dustrie zu fördern. Und viertens müssen die aller Neuwagen werden 2020 ausschließlich 4
Zum E-Auto gibt es keine Alternative durch die Batterie gespeist, also reine E-Autos sich keinen Zweitwagen leisten kann, muss sein. Diese Autos dienen vor allem dazu, die gerade in der Vorstadt dennoch nicht auf Wege des täglichen Lebens zu erledigen. Ihre Elektromobilität verzichten. Er nutzt ein Fahr- Fahrer haben sich an die Besonderheiten des zeug mit kleinerer Batterie inkl. eines zusätz- E-Autos gewöhnt und nutzen für alle weiteren lichen Verbrennungsmotors als „Not-Kraft- Reisen entweder einen anderen Wagen mit grö- werk“. So kann dennoch die Mehrzahl der ßerer Reichweite, Car-Sharing oder öffentliche Fahrten im E-Modus absolviert werden – das Verkehrsmittel. E-Autos bieten ein gutes Um- ist notwendig für die Einfahrt in die Umwelt- weltimage und sind bis zum Jahr 2020 nicht zone der nahen City. Denn viele Innenstädte mehr teurer als Fahrzeuge mit Verbrennungs- werden Erleichterungen für E-Autos anbieten motor – in der Gesamtkostenrechnung sogar – wie zum Beispiel freie Parkplätze, Nutzung deutlich günstiger. von Taxispuren oder Befreiung von der Innen- stadt-Maut – wenn sie nicht sogar nur noch Wer mit den momentanen Reichweiten des lokal emissionsfreien Fahrzeugen die Einfahrt reinen Batterieautos von 100 bis 150 Kilo- in die City erlauben. metern pro Vollladung nicht auskommt und Abb. 1: 2020 wird sich der elektrische Antriebsstrang weltweit durchgesetzt haben Fahren mit Strom aus der Steckdose Anmerkung: Range Extender inkl. Plug-in-Hybrid; Hybrid als Voll- oder Mild-Hybrid 5
Zum E-Auto gibt es keine Alternative These 2: Das E-Auto startet jetzt und heute als neues Lifestyle-Produkt Eine umfangreiche Marktstudie von Bain & es mit dem Kauf eines solchen „coolen“ Fahr- Company aus den Jahren 2008/2009 zeugs ein deutliches grünes Zeichen setzen identifizierte weltweit jährlich 350.000 poten- kann. zielle E-Auto-Kunden, davon allein 100.000 in Europa. Diese Kunden würden auch bei einem Das Beispiel des Tesla Roadster zeigt, dass doppelt so hohen Preis – gegenüber einem in die weiteren Kaufmotive dieser Erst- dieser Studie zugrunde gelegten vergleichbaren kunden Technikbegeisterung und der Wunsch konventionellen Stadtwagen – ein Elektroauto nach Differenzierung sind – genau wie bei kaufen. Es sind überwiegend gut verdienen- anderen innovativen Hochtechnologiepro- de, umweltaffine Bewohner von Ballungszent- dukten auch. Dazu kommt beim E-Auto noch ren, die bereits ein Premiumfahrzeug besitzen das Bewusstsein, etwas Gutes für die Umwelt und das E-Auto vor allem als Zweit- oder Dritt- zu tun. Gleichzeitig wächst in dieser Ziel- wagen für Kurzstrecken nutzen würden. Dieses gruppe das Bedürfnis, Pionier bei etwas von Bain & Company „Premium 2.0“ genannte gänzlich Neuem zu sein und dies auch nach Kundensegment ist nicht preissensitiv, solange außen zu zeigen. Abb. 2: Der Markt für Elektroautos startet heute im Kundensegment „Premium 2.0“ Anmerkung: Basis D, UK, IT, FR, USA, Japan, Korea, China 6
Zum E-Auto gibt es keine Alternative Bislang haben weltweit nur wenige Menschen aus. Für all diese Strömungen und Bedürfnis- verschiedene E-Auto-Prototypen und Klein- se bildet das E-Auto den perfekten „Schmelz- serien gefahren. So betreibt BMW in Berlin tiegel“ für einen neuen Lifestyle der individuel- und Los Angeles einen Feldversuch mit 600 len Mobilität in urbanen Ballungsräumen. E-Mini-Prototypen, Daimler hat in London 100 smart Electric Drive auf der Straße und startet Das Beispiel des für dieses Jahr angekündigten in diesen Wochen einen weiteren Feldversuch Chevrolet Volt zeigt, wie sehr das Thema E-Auto mit 1.000 Fahrzeugen der neueren Generation zu begeistern vermag. Der Volt wird ausschließ- in verschiedenen Metropolen. Tesla hat ebenso lich über einen elektrischen Antriebsstrang rund 1.000 Fahrzeuge in Kundenhand, davon angetrieben, der in der Regel von einer an allerdings erst 150 in Europa. Das Feedback der der Steckdose aufgeladenen Batterie gespeist Fahrer ist – nach einer kurzen Eingewöhnung wird. Zusätzlich verfügt das Auto jedoch noch – durchweg positiv. Ihr Fazit lautet: „Wir wollen über einen kleinen Verbrennungsmotor, der diese Autos kaufen. Sie sind technisch bereits bei längeren Fahrten zur Stromgenerierung gut genug, bringen viel Fahrspaß und sind um- dienen kann. Dieses E-Auto-Konzept wird Range weltfreundlich.“ Extender genannt. In den USA fiebern schon jetzt tausende potenzielle Kunden dem Neu ist, dass dies nur wenig mit herkömm- Marktstart entgegen. Sie diskutieren in lichen Premium-Attributen wie Luxus, Größe Internetforen, wie sie ihre täglichen Fahr- oder Leistung zu tun hat. Vielmehr möchte das strecken so optimieren können, dass das Auto Premium 2.0-Segment mit dem E-Auto eine ausschließlich im E-Modus gefahren werden neue Haltung ausdrücken, deren Motive durch- kann. E-Auto-Communities entstehen und aus unterschiedlich sind. Die einen streben ein die Medien verstärken patriotische „Buy Ame- progressives Image als Technologievorreiter an, rican Hightech“-Gefühle. Der Volt besitzt also andere wollen weg von den herkömmlichen, alle Voraussetzungen für einen Markterfolg sich immer ähnlicher werdenden Modellen und – nicht zuletzt, weil der amerikanische Staat wieder andere betrachten das E-Auto als politi- jeden Käufer mit einem Steuervorteil von 7.500 sches Statement. Gerade aus den USA kom- US-Dollar unterstützt. So ist das Auto auch preis- men Aussagen wie: „Wir wollen unser Land un- lich attraktiv – selbst bei den momentan in den abhängiger vom Öl machen.“ Ein wachsendes USA im internationalen Vergleich niedrigen Kundensegment richtet ihr Leben ökologischer Benzinpreisen. These 3: Das Elektroauto ist keine Produktvariante – es ist ein Systemwechsel Das Elektroauto wird das iPhone für die Auto- muss wegen seines hohen Energieverbrauchs mobilindustrie werden. Als Apple 2007 sein fast täglich geladen werden. Ein bis dahin „nor- neues Produkt der Welt vorstellte, wurde es von males“ Telefon konnte und kann man dagegen den etablierten Mobiltelefonherstellern belä- eine Woche nutzen, ohne es an das Stromnetz chelt. Das iPhone hat keinen Wechselakku und hängen zu müssen. Trotzdem haben bisher 7
Zum E-Auto gibt es keine Alternative weltweit mehr als 35 Millionen Menschen das temwechsel wie beim iPhone – plötzlich zählen iPhone gekauft. Das iPhone ist eben kein „neu- die neuen „Apps“ und nicht die Standby-Zeit es“ Mobiltelefon, sondern ein gänzlich neues der Batterie. Produkt, das seinen Kunden bis dato kaum vor- stellbare Möglichkeiten mobiler Anwendungen Dass es sich bei der Entwicklung des Elektro- eröffnet. Es hat damit einige bislang geltende autos um einen Systemwechsel handelt, haben Paradigmen der Telekommunikationsindustrie einige Regierungen schon verstanden. Sowohl auf den Kopf gestellt. Ein solches Potenzial hat der chinesische als auch der amerikanische auch das Elektroauto. Staat haben sich in ihre Strategiehandbücher geschrieben, die heimische Automobilindustrie Der Kunde kauft mit einem Elektroauto nicht bei der Entwicklung elektrischer Antriebe zu „nur“ ein neues Auto. Er wechselt das System! unterstützen und den Kauf von E-Autos massiv Plötzlich verbraucht es kein Benzin mehr, mit Steuermitteln zu fördern. In beiden Län- sondern Strom. Es fährt flüsterleise, aber dern geschieht dies auch aus der bitteren Er- auf ungewohnte Weise sehr dynamisch. Es kenntnis heraus, dass im bestehenden globalen gibt keine Leistungslöcher oder Schaltrucke Wettbewerb ihre lokalen Automobilbauer kaum mehr und es bewegt sich in der Stadt extrem Chancen auf den Weltmärkten haben. Also er- spritzig. Das Fahrzeug stößt lokal auch keine greifen sie die Chance zum Systemwechsel, die Schadstoffe aus und beeinflusst die persönli- sich durch das E-Auto eröffnet, und investieren che CO2-Bilanz damit positiv. Dieses Problem massiv in neue Technologien. Erklärtes Ziel ist verlagert sich nun auf die Stromerzeuger. Aber es, schnellstmöglich massentaugliche E-Autos beim heutigen Energiemix in Europa haben zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. E-Autos wie zum Beispiel der smart Electric In Europa hat lediglich Frankreich bisher klar Drive einen CO2-Ausstoß von nur 75 g/km. Der Stellung bezogen – auch vor dem Hintergrund Fahrer profitiert zudem von jeglicher Verbesse- der Situation der eigenen Automobilindustrie. rung bei der CO2-Bilanz im Kraftwerksnetz und Jeder Kunde erhält 5.000 Euro staatliche Sub- von der Verschiebung hin zu mehr erneuerbarer vention pro Fahrzeug und die Hersteller PSA Energie bei der Erzeugung – unmittelbar und ein und Renault werden großzügig mit Fördermit- ganzes Autoleben lang. Auch das ist ein echter teln versorgt. Paradigmenwechsel. Sind solche Subventionen industriepolitisch Aus diesem Grund werden auch alle rational ge- gerechtfertigt? Ja, denn auch in der Vergangen- stützten Argumente und Datenvergleiche zwi- heit war bei jeder bedeutenden Systemeinfüh- schen Verbrennungsmotor und Elektroantrieb rung der Staat dabei. So wurde zum Beispiel scheitern. Bei einem Systemwechsel nehmen die heutige individuelle Mobilität nur möglich, Kunden über lange Zeit scheinbar liebgewon- weil der Staat massiv für Straßen und sonstige nene Produktattribute – wie etwa 800 Kilome- Infrastruktur gesorgt hat. Auch gäbe es wohl ter Reichweite pro Tankfüllung – als plötzlich kein weltumspannendes Telefon- und Daten- nicht mehr so wichtig wahr. Die Kunden wollen netz, wenn nicht die öffentliche Hand massiv das neue Produkt, weil es ihnen andere Mög- in Vorleistung gegangen wären. Die enormen lichkeiten bietet. Die Kunden wollen den Sys- Investitionen in die erste Transatlantikleitung 8
Zum E-Auto gibt es keine Alternative hätten mit den damals noch sehr wenigen in- Allerdings stellt sich mittlerweile nicht mehr ternationalen Telefonkunden sicherlich nicht die Frage, ob das E-Auto subventioniert amortisiert werden können. Es wäre deshalb wird, sondern lediglich wo und wie hoch. In kaum zu rechtfertigen, wenn die ersten E-Auto- Regionen mit hohen E-Auto-Subventionen Käufer die zunächst noch sehr teuren Batterien geht der anstehende Systemwechsel schnel- allein finanzieren müssten. Erst wenn genü- ler vonstatten und die lokale Industrie erhält gend Batterien produziert und abgenommen einen Vorsprung. Es kommt somit auch zu wurden, sinken die Produktionskosten und einem Wettlauf der Regionen beim anstehenden kann der Entwicklungsaufwand entsprechend Systemwechsel. über hohe Stückzahlen amortisiert werden. Abb. 3: Der E-Auto-Kunde „wechselt das System“ und erhält erheblichen Zusatznutzen 9
Zum E-Auto gibt es keine Alternative These 4: Das Elektroauto benötigt keine kostspielige Infrastruktur zum Erfolg Häufig gerät die Debatte über Elektromobili- Kunden selbst getragen. Für die „Unabhängi- tät zu einer über öffentliche Stromtankstellen, gen“ werden einige Elektroautohersteller vor- Steckernormierungen oder Akku-Tauschsyste- aussichtlich auch spezielle Ladedienstleistun- me. Die Bain-Analysen zeigen jedoch, dass der gen und -produkte anbieten (so genannte Wall Erfolg der Elektromobilität vom Aufbau einer Boxes inkl. Stromvertrag). Dies geschieht vor kostspieligen Infrastruktur weitgehend unab- allem aus Marketinggesichtspunkten. Denn hängig ist. Die meisten potenziellen Kunden der Autobauer verkauft die Wall Box unter brauchen keine öffentliche Infrastruktur, son- seiner Marke – ganz nebenbei eine gute Gele- dern nutzen die eigene Steckdose oder die ihres genheit für den Partner-Stromversorger neue Arbeitgebers. Die Standardladung kann und Kunden auch im Haushalts- und Business- wird nachts über den Hausstrom mit 220-Volt- stromsegement zu gewinnen. Stecker erfolgen, auch wenn dafür Ladezeiten zwischen sechs und acht Stunden benötigt wer- Nutzertyp 2: „Die Bürolader“ den. Gemeinsam mit einem großen deutschen Premiumhersteller hat Bain & Company spezi- 40 bis 70 Prozent aller Autofahrer haben die ell diese Frage im Rahmen einer Marktstudie Möglichkeit, einen Firmenparkplatz zu nut- untersucht. Dabei wurden die Kunden nach zen. Denn viele Arbeitgeber können ihren ihren persönlichen Ladeoptionen für ein künf- Mitarbeitern Lademöglichkeiten im Büro zur tiges Elektroauto befragt und es ergaben sich Verfügung stellen. Google beispielsweise hat drei typische Nutzerprofile. an vielen Standorten bereits Firmenparkplätze mit solargespeisten Lademöglichkeiten einge- Nutzertyp 1: „Die Unabhängigen“ richtet. Auch hier genügen die acht Stunden Arbeitszeit, um ein Elektroauto bei normaler 50 bis 80 Prozent der E-Auto-Nutzer verfügen Netzspannung mit mehr als der täglich benö- über eine eigene Garage oder einen Stellplatz tigten Energie zu versorgen. Die Investitionen in unmittelbarer Nähe der Wohnung (in den seitens der Unternehmen sind überschaubar USA liegt dieser Anteil bei 80 bis 100 Pro- und können zum Teil in eine bereits bestehen- zent). Diese Nutzer schließen ihr E-Fahrzeug de Infrastruktur (zum Beispiel für die Beleuch- nach den täglichen Fahrten an eine normale tung) integriert und über einfache Flatrates Haushaltssteckdose an. Die nächtliche Lade- ohne aufwendige Zähler abgerechnet werden. leistung von acht bis zehn Stunden für eine In Frankreich gibt es eine neue Gesetzgebung, Vollladung ist mehr als ausreichend für den die für Büroneubauten eine solche Infrastruk- täglichen Energiebedarf. Der Stellplatz oder tur sogar verbindlich vorschreibt. die Garage muss dazu lediglich mit einer ge- wöhnlichen Steckdose ausgestattet werden, Nutzertyp 3: „Die Laternenparker“ was bei rund 50 Prozent der Befragten bereits der Fall ist. Die hierfür notwendigen Investi- Lediglich zehn bis 15 Prozent der Autofahrer tionen sind gering und werden zumeist vom haben weder zu Hause noch am Arbeitsplatz 10
Zum E-Auto gibt es keine Alternative Abb. 4: Das Elektroauto braucht keine teure Infrastruktur Anmerkung: Prozentsätze abhängig von Land, Fahrzeugtyp, etc. die Möglichkeit, ein E-Auto zu laden. Nur Mittelfristig wird die normale Steckdose für diese vergleichsweise kleine Gruppe ist den Großteil der Ladevorgänge die Norm blei- tatsächlich von der Nutzung eines Elektro- ben. Schnellladestationen mit Starkstromtech- autos ausgeschlossen, solange es keine Lade- nologie wird es voraussichtlich für den „Not- möglichkeiten im öffentlichen Raum gibt. fall“ geben. Hier können sich die Tankstellen Der Aufbau öffentlicher Ladestationen (etwa hervorragend positionieren. Mit einer relativ auf gewöhnlichen Straßenparkplätzen) oder kostengünstigen Adaption ihrer ohnehin vor- öffentlich nutzbarer Ladestationen (etwa in handenen Starkstrominfrastruktur könnten sie Parkhäusern oder in Einkaufzentren) wird sich dem Kunden eine 80-Prozent-Ladung in nur 15 eher an politischen als an echten Bedarfs- bis 20 Minuten ermöglichen. Zwischenzeitlich maßstäben ausrichten. Einerseits sind die könnte der Kunde im eigenen Shop Besorgun- meisten E-Auto-Nutzer nicht auf diese Inf- gen erledigen oder einen Kaffee trinken – also rastruktur angewiesen, andererseits ist der eine echte Win-Win-Situation. Aufbau solcher mit Abrechnungstechnologie versehener Stromtanksäulen sehr teuer und Dass durch die Einführung von E-Autos neue rechnet sich wenn überhaupt nur als Kraftwerke gebaut werden müssten, ist nicht zu Marketingmaßnahme. erwarten. Selbst bei einem Anteil der E-Autos 11
Zum E-Auto gibt es keine Alternative von 20 Prozent stiege der Stromverbrauch le- in stärkere Trafostationen oder eine intelligen- diglich um rund vier Prozent. Das Laden der te Nachfragesteuerung zu Spitzenlastzeiten E-Autos erfolgt zudem überwiegend nachts, tätigen müssen. Da jedoch gerade hier in Zu- wenn ungenutzte Erzeugerkapazitäten zur Ver- kunft mehr Strom dezentral – zum Beispiel fügung stehen. Wahrscheinlich ist allerdings, auf Hausdächern – erzeugt werden dürfte, sind dass einige vorstädtische Gebiete mit einer diese Aufwendungen begrenzt. hohen Penetration an E-Autos Investitionen These 5: Die vorhandene E-Auto-Technologie ist bereits jetzt „gut genug“ Eine entscheidende Frage für die heutige aus der Steckdose als auch für solche mit Un- Akzeptanz des E-Autos besteht darin, ob es in terstützung durch einen Verbrennungsmotor. seiner derzeitigen Form „gut genug“ für den Verbraucher ist. Zwei Aspekte der E-Auto- Marktchance 1: „Batterie pur“ Technologie könnten vordergründig gegen den Elektroantrieb sprechen: Die Batterien machen Wettbewerbsfähig sind einerseits rein batte- E-Autos um bis zu 50 Prozent teurer als her- riegespeiste E-Autos für die täglichen Pend- kömmliche Pkw und ihre Reichweite ist auf lerfahrten, die vom Nutzer in der Hauptsache rund 150 Kilometer je Vollladung begrenzt. Der als Zweitwagen angeschafft werden. Allein in Mehrpreis ist eine Frage der Kostendegression Deutschland gibt es heute rund zehn Millionen in der Batterieherstellung und der staatlichen Zweitfahrzeuge. Untersuchungen des Bundes- Anschubförderung, auf die unten näher einge- verkehrsministeriums haben ergeben, dass der gangen wird. Welche Fahrstrecken die Batterie Deutsche pro Tag durchschnittlich 37 Kilome- ermöglichen muss, ist jedoch letztlich eine Fra- ter zurücklegt und das zu 61 Prozent mit dem ge der Kundenakzeptanz. Auto. In den USA liegt dieser Wert bei etwa 60 Kilometern, wobei der Pkw-Anteil 86 Prozent Die Feldversuche des smart Electric Drive und beträgt. Für das E-Auto heißt das: 80 Prozent des E-Mini sind mit umfangreicher Marktfor- der Autofahrer können ihr E-Auto abends mit schung begleitet worden. In beiden Fällen zei- deutlich mehr als der halben Batterieladung in gen die Kundenbefragungen, dass die Fahrer der heimischen Garage zum Wiederaufladen überwiegend mit ihren Fahrzeugen zufrieden abstellen. Die Fahrer rein batteriegespeister E- waren und dass für die deutliche Mehrzahl der Autos nutzen für Urlaubs- und Sonderfahrten, Nutzer diese E-Autos – trotz ihrer Handicaps – die die Reichweite der Batterie übersteigen, ent- bereits gut genug für ihre täglichen Mobilitäts- weder ihren Erstwagen oder ein Leihfahrzeug. bedürfnisse sind. Bain & Company hat sich in zahlreichen Projekten und Studien intensiv mit Marktchance 2: „Batterie plus“ den Marktchancen des E-Autos auseinander gesetzt und kommt zu dem Ergebnis, dass es Für Autofahrer, die nicht auf die Reichweiten- einen attraktiven Markt gibt und zwar sowohl flexibilität eines Benzinautos verzichten wol- für E-Fahrzeuge mit ausschließlicher Speisung len, eignen sich Plug-in-Hybride, wenn sie 12
Zum E-Auto gibt es keine Alternative Abb. 5: Reine Elektroautos sind für die Stadt und den täglichen Bedarf Hoch effizienter Groß Hybrid Verbrennungs motor/Brenn stoffzelle Größe des Autos Mittel Plug in Hybrid Klein Reines Elektroauto Range Extender Niedrig Mittel Hoch 120 km Tägliche Nutzung Anmerkung: 70 Prozent der Europäer fahren weniger als 40 Kilometer pro Tag, 80 Prozent der Amerikaner weniger als 50 Meilen überwiegend im Stadtverkehr unterwegs sind Die Innovationsfähigkeit der Automobil- (etwa der für 2014 angekündigte Toyota Plug- branche – traditionell eine ihrer Stärken – ist in Prius), oder Range Extender-Hybride (zum gefragt. Tatsächlich ist die Vielzahl an Inno- Beispiel der Chevrolet Volt). Diese Fahrzeuge vationen rund um das Range Extender-Kon- ermöglichen einen rein elektrischen Betrieb zept des Chevrolet Volt bemerkenswert. Das für den täglichen Bedarf in der Stadt (20 bis 60 serielle Hybridkonzept in Verbindung mit Kilometer) und sind ansonsten nahezu wie her- einer intelligenten Steuerung ermöglicht ein kömmliche Autos mit Verbrennungsmotor ver- völlig neues Fahrgefühl auf dem Niveau eines wendbar (über 600 Kilometer Reichweite). Die Achtzylinder-Motors mit dem Benzinverbrauch Kosten des doppelten Antriebs werden durch eines Dreizylinders. die deutlich kleineren Batterien gegenüber den reinen E-Autos kompensiert. 13
Zum E-Auto gibt es keine Alternative These 6: Die Batteriekosten sind 2015 auf einem massen- tauglichem Niveau Wollte man heute einen smart zum Elektro- Motor, Getriebe, Tank und Auspuffanlage ent- auto umbauen, würde die dazu notwendige sprechen. Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von 16 kWh – das entspricht einer Reichweite von Somit ist die Batterie der zentrale ökonomische etwa 130 Kilometern – in der Produktion 7.000 Hemmschuh für die Verbreitung des E-Autos. bis 8.500 Euro kosten. Der hohe Preis ergibt Was aber würde eine solche Batterie kosten, sich zu 75 Prozent aus der Herstellung in Klein- wenn davon 100.000 Stück pro Jahr hergestellt serie mit weitestgehend manuellen Prozessen. werden? Wann werden die Batterien für Elektro- Nur 25 Prozent werden für die Rohstoffe be- autos erschwinglich sein? Bain & Company hat nötigt. Ansonsten ist ein E-Auto ähnlich teuer, in einem aufwendigen „Reverse Engineering“- wie eines mit Verbrennungsmotor, da die elek- Prozess und mit Benchmark-Analysen die trischen Antriebselemente in etwa den Kosten heutige Faktenlage transparent gemacht und wegfallender traditioneller Komponenten wie Simulationsrechnungen mit vergleichbaren Abb. 6: Die Batteriekosten werden sich durch Massenfertigung noch in dieser Dekade mehr als halbieren 14
Zum E-Auto gibt es keine Alternative Industriekostenkurven durchgeführt. Dabei Toyota Plug-in Prius 2.100 Euro kosten. Geht zeigt sich, dass ab 2015 Batterien verfügbar sein man von einem Restwert der Batterie am Ende werden, die das Elektroauto massenmarktfähig des Lebenszyklus von 700 Euro bis 1.000 Euro machen können. Bain & Company rechnet mit aus, so muss ein solches Fahrzeug im Zeit- Herstellungskosten von 210 Euro bis 290 Euro raum von zehn Jahren 1.400 Euro bis 2.800 pro kWh ab 2015 und mit 140 Euro bis 210 Euro Batteriekosten vor Zinsen amortisieren. Euro pro kWh bis zum Jahr 2020. Neben der Ein smart Electric Drive mit einer Fahrleistung notwendigen Prozess- und Montageautomati- von 10.000 Kilometern pro Jahr hätte eine sierung wurden dabei auch andere, günstigere Kostenersparnis von rund 400 Euro pro Jahr Basischemikalien und vereinfachte Test- und gegenüber einem Benziner. Sollte darüber hi- Prüfverfahren unterstellt. Legt man die An- naus der Staat 2015 ein solches Auto mit 2.000 zahl an Ingenieursstunden und die Menge an Euro fördern, so hätte sich der Kauf eines E- Forschungsgeldern zugrunde, die momentan Autos bereits nach 2,5 Jahren amortisiert. Dies weltweit in diese Technologie fließen, erscheint entspricht der Größenordnung bei den ersten dieses Szenario absolut erreichbar. Dieselmotoren, die sich zunächst auch gegen- über den Benzinmotoren schwer durchsetzen Im Jahr 2015 dürfte die Batterie für einen konnten und nur durch Subven-tionen – wie smart Electric Drive oder einen Chevrolet Volt Steuern oder Dieselpreis – ihre große Verbrei- also nur noch rund 3.500 Euro und für einen tung fanden. These 7: Die Elektrifizierung der Autos ist zwingend, alternativlos und unumkehrbar Bereits heute haben die Automobilhersteller mit motoren ist diese Reduktion insbesondere bei der global verschärften CO2- und Umweltge- größeren Fahrzeugen kaum zu schaffen. setzgebung zu kämpfen. Die jüngsten Ankün- digungen des amerikanischen Staatpräsidenten Den Autobauern steht bei der Erreichung dieser Barack Obama, die Autohersteller zu zwingen, Klimaschutzziele ein ganzes Bündel technolo- den Verbrauch ihrer Motoren drastisch zu sen- gischer Maßnahmen zur Verfügung. Sie kön- ken, weisen deutlich in diese Richtung. Einige nen zum Beispiel durch die mechanische Ent- Hersteller müssen ihren Flotten-CO2-Ausstoß kopplung von Nebenaggregaten – Klimaanlage, bis 2015 um 20 bis 30 Prozent senken, sonst Bremskraftverstärker und Servolenkung – rund drohen empfindliche Strafen. Und das ist erst drei bis fünf Prozent Kraftstoffverbrauch und der Anfang: Bis spätestens 2020 müssen bei- damit CO2 sparen. Bain & Company hat durch spielsweise in Europa alle Autohersteller die umfangreiche Simulationen die möglichen CO2-Grenze von 95 g/km einhalten. Je nach Einspareffekte aller zur Verfügung stehenden Hersteller bedeutet dies gegenüber dem Ist-Zu- Maßnahmen analysiert. Dabei zeigt sich, dass stand eine Reduzierung um bis zu 50 Prozent. die Ziele für das Jahr 2020 nur mit einem ho- Mit konventionellen Maßnahmen wie Down- hen Prozentsatz an elektrifizierten Fahrzeugen sizing oder Turboaufladung der Verbrennungs- in der Flotte zu erreichen sind. De facto bedeu- 15
Zum E-Auto gibt es keine Alternative Abb. 7: Die weitgehende Elektrifizierung der Antriebe wird die einzige Möglichkeit sein, die europäischen CO2-Ziele bis 2020 zu erfüllen Anmerkung: Verbesserter Verbrennungsmotor legt 25-prozentige Steigerung der Brennstoffausnutzung zugrunde tet dies, dass viele Hersteller eine weitgehende der hohen Fahrzeuggewichte und Zuladun- Hybridisierung ihrer großen Fahrzeuge und gen kann der reine Batterieantrieb bei Nutz- eine Elektrifizierung der kleineren Fahrzeu- fahrzeugen voraussichtlich keine universelle ge benötigen, um das Flottenziel von 95 g/km Alternative bieten. Letztlich ist jedoch auch CO2 erreichen zu können. ein Brennstoffzellenauto ein Elektroauto, nur eben mit eigenem „Kraftwerk“. Dieses Kraft- Alternativtechnologien, wie beispielsweise der werk könnte durchaus auch ein hocheffizi- Antrieb durch eine Brennstoffzelle mit Was- enter Verbrennungsmotor sein, der Biosprit serstoff, sind noch immer rund zehn Jahre verwendet. Bei richtiger Auslegung eines von ihrer Serienreife entfernt. Zudem werfen solchen Fahrzeugs dient das Kraftwerk nur in sel- die effiziente Herstellung von Wasserstoff, der tenen Ausnahmen als Energiebeschaffer, zum Transport, die Lagerung und der Aufbau von Beispiel bei Fahrten von mehr als 60 Kilome- H2-Tankstellen derzeit noch ungelöste Fragen tern am Stück. auf. Dennoch bleiben die Investitionen in diese Technologie wichtig, da sie vor allem im Nutz- Dass die globale Entwicklung hin zu anspruchs- fahrzeugbereich alternativlos scheinen. Infolge vollen Klimazielen auch für die Autoindust- 16
Zum E-Auto gibt es keine Alternative rie nachhaltig und damit unumkehrbar sein einen Elektroantrieb haben wird, egal ob die- wird, ist aus heutiger Sicht sehr wahrschein- ser durch Batterien, Verbrennungsmotoren, lich. Wie gezeigt, bedeutet dies jedoch, dass Brennstoffzellen oder Mischformen daraus ein deutlicher Anteil der Autos der Zukunft gespeist wird. Fazit: Der Wettlauf um das E-Auto hat bereits begonnen. Wer zu lange wartet, verliert! Wie oben gezeigt, gibt es bereits heute genü- zessen entwickelten und produzierten E-Autos gend Kunden, die ein E-Auto kaufen möchten. auf den Markt. Der Chevrolet Volt ist ein ech- Der Markt ist da und große Player der Auto- tes Elektroauto, das neben einer Batterie auch mobilbranche sind bereits dabei, diesen Markt einen kleinen Verbrennungsmotor zur Reich- aggressiv zu erobern. Noch in diesem Jahr weitenverlängerung besitzt. Es folgt dem Kon- kommen mit dem Chevrolet Volt von General zept eines E-Autos mit eigenem eingebauten Motors, dem Nissan Leaf und dem Mitsubishi Kraftwerk („Range Extender“). Ab 2011 wird i-MiEv die ersten, nach echten Großserienpro- der Volt als Opel Ampera auch in Europa ver- Abb. 8: Das E-Auto eröffnet einen völlig neuen Markt und bietet Eintrittschancen für Neueinsteiger 17
Zum E-Auto gibt es keine Alternative marktet. Mitsubishi hat den Verkauf seines rein wird im Lauf dieses Jahres ein E-Auto für den batteriegespeisten E-Autos i-MiEV – angegeben US-Markt erwartet. Für den Inlandsmarkt gibt mit rund 160 Kilometer rein elektrischer Reich- es eine rekordverdächtige Förderung, die je weite – in Japan und England bereits gestartet. nach Region zwischen 6.500 Euro und 9.000 Auch PSA kommt mit reinen Elektrofahrzeu- Euro je E-Auto liegen soll. Nicht zuletzt deshalb gen von Peugeot und Citroen auf Basis des hat Daimler auf dem gerade zu Ende gegange- i-MiEV auf den Markt und Renault plant noch nen Automobilsalon in Genf ein umfangreiches in diesem Jahr den Start von insgesamt vier Joint Venture für die gemeinsame Entwicklung verschiedenen Modellen. Diese Fahrzeuge sind und Produktion von Elektroautos mit BYD an- weltweit die ersten Elektroautos, die den Vor- gekündigt. In Deutschland wurden im Rahmen gaben der automobilen Großserienfertigung des Konjunkturpakets 500 Millionen Euro für entsprechen. die Förderung der E-Mobilität bereitgestellt. Doch sie teilen sich auf eine Vielzahl unterkri- Die deutschen Automobilkonzerne stellen dem tischer Projekte auf, so dass ihre Wirkung zu bislang nur wenig Serienreifes entgegen: Aus verpuffen droht. Eine darüberhinausgehende dem Daimler-Konzern soll ab 2012 der smart nationale Förderung des E-Autos ist zwar in der Electric Drive kommen – kein originäres E-Au- Diskussion, scheitert aber bisher am knappen to, sondern ein umgerüsteter fortwo. Der VW- Budget der öffentlichen Hand. Konzern wird voraussichtlich erst im Jahr 2014 mit seinem Kleinstwagen Up in die E-Auto- Das E-Auto stellt die Automobilindustrie Zukunft starten. Und BMW plant mit seinem vor den bedeutendsten Technologiewechsel Project i ab 2015 ein zweisitziges Stadtauto auf ihrer Geschichte. Dies wird ein Wettlauf der den Markt zu bringen. Das bedeutet, dass die Autohersteller, Zulieferer und Autonationen. deutsche Automobilindustrie ihren internatio- Deutschland droht diesem Megatrend hinter- nalen Wettbewerbern drei bis fünf Jahre Vor- herzuhinken. In der Vergangenheit hat sich die sprung lässt – und auch dann nur im Kleinwa- deutsche Automobilindustrie bei neuen Tech- gensegment kontert. In diesen wenigen, aber nologien fast immer an die Spitze setzen und entscheidenden Jahren werden amerikanische, ein weltweit einmaliges Premiumimage ihrer chinesische, französische und japanische Her- Marken und Produkte aufbauen können. Das steller wertvolle Erfahrungen bei Design, Pro- war beispielsweise beim Pkw-Diesel der Fall, duktion, Nutzung und Service der neuen Tech- aber auch bei vielen Sicherheits- und Komfort- nologie sowie in vielen anderen praktischen technologien, von der Sicherheitszelle bis zum Aspekten des E-Autos sammeln können. adaptiven Fahrwerk. Doch beim E-Auto droht Deutschland nun zurückzufallen – ähnlich Dazu kommen die bereits angekündigten Sub- wie bei der anfänglich belächelten Hybridtech- ventionsprogramme einiger Länder. Insbeson- nologie von Toyota und Honda – falls massive dere China engagiert sich intensiv – hier sitzen Anstrengungen seitens der Hersteller und des auch einige der weltweit führenden Batterieher- Staates tatsächlich ausbleiben sollten. steller. Vom Batterie- und Autohersteller BYD 18
Zum E-Auto gibt es keine Alternative Glossar Elektroauto (E-Auto): Ein Elektroauto hat ei- rekt mit einem Verbrennungsmotor als auch nen Antrieb, dessen wichtigste Elemente mit einem Elektromotor angetrieben werden, eine Batterie und ein oder mehrere Elektro- sind Hybridautos. Ist die Batterie des eben- motoren sind. Die Batterie wird grundsätz- falls eingebauten, unabhängigen Elektroan- lich mit Strom aus der Steckdose geladen. triebs groß genug, kann das Auto auch an ei- Ist die Batterie groß genug (abhängig vom ner Steckdose geladen werden. Man spricht Gewicht und der Größe des Autos), hat ein dann von sogenannten Plug-in-Hybriden, die Elektroauto eine Reichweite von 150 bis 200 explizit auch zu den Elektrofahrzeugen ge- Kilometer, bevor es wieder an die Steckdose zählt werden, da sie eine gewisse Distanz muss. Ein Elektroauto kann an jeder norma- rein elektrisch und emissionsfrei fahren kön- len Haushaltssteckdose geladen werden. Der nen. Heutige Plug-in-Hybride besitzen eine Ladevorgang dauert je nach Restladestand rein elektrische Reichweite von bis zu 30 Ki- und Größe der Batterie zwischen 15 Minu- lometern. ten (bei Starkstromladung) und acht Stunden (bei Normalladung). Voll-/Mild-Hybride: Klassische „Voll-“oder „Mild-Hybrid“-Autos können nicht an einer Range Extender: Einige Elektroautos haben Steckdose aufgeladen werden. Deshalb ge- zur so genannten Reichweitenverlängerung hören diese Fahrzeuge auch nicht zu den ein eigenes „Kraftwerk“ an Bord. Diese Fahr- Elektroautos oder zur E-Mobilität. Trotzdem zeuge werden auch „Range-Extender“ oder hat diese Technologie, die den Verbrennungs- „serielle Hybride“ genannt. Das Kraftwerk motor mit einem oder mehreren Elektromoto- erzeugt den für die Fahrt benötigten Strom, ren in bestimmten Fahrzuständen unterstützt, wenn die Batterie leer gefahren ist. Damit ihre Berechtigung. Ihre Energie beziehen die ist das Fahrzeug unabhängig von langen Elektromotoren ausschließlich aus überschüs- Ladezeiten und flexibler in seiner Reichwei- siger Energie, die zum Beispiel beim Bremsen te. Technisch ist das Kraftwerk ein kleiner anfällt und in einer vergleichsweise kleinen Benzin- oder Dieselmotor, der einen Elektro- Batterie gespeichert wird. Insbesondere bei generator antreibt. Auch Brennstoffzellen großen, schweren und leistungsfähigen Fahr- können als Kraftwerk Verwendung finden, zeugen können erhebliche Einsparungen bei die aus Wasserstoff direkt elektrischen Strom Verbrauch und CO2-Ausstoß erzielt werden. erzeugen. Darüber hinaus kann diese Technologie als Übergangslösung hin zur Elektromobilität ge- Plug-in-Hybride: Fahrzeuge, die sowohl di- sehen werden. 19
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