Zur Entwicklung der Lesekompetenz im Erwachsenenalter - "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr?" Forum III: Entwicklung und Förderung ...

 
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Zur Entwicklung der Lesekompetenz im Erwachsenenalter - "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr?" Forum III: Entwicklung und Förderung ...
„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr?“

Zur Entwicklung der Lesekompetenz
       im Erwachsenenalter
       Forum III: Entwicklung und Förderung
    sprachlicher Kompetenzen im Lebensverlauf
         Dr. Clemens Lechner | 29.10.2020
Zur Entwicklung der Lesekompetenz im Erwachsenenalter - "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr?" Forum III: Entwicklung und Förderung ...
Im Zuge des demographischen Wandels rückt die
Lesekompetenz Erwachsener zunehmend in den Fokus

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Zur Entwicklung der Lesekompetenz im Erwachsenenalter - "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr?" Forum III: Entwicklung und Förderung ...
Dieser Vortrag beantwortet zwei Leitfragen zur Veränderung
der Lesekompetenz im Erwachsenenalter

  1   Muster der Veränderung:
                                             Warum ist das wichtig?
      In welchem Ausmaß kann sich die
      Lesekompetenz im                    Veränderbarkeit von
      Erwachsenenalter noch verändern?     Lesekompetenz verstehen
                                          Faktoren identifizieren, die
                                           Lesekompetenz fördern helfen
  2   Treiber der Veränderung:
                                          Gruppen identifizieren, die
      Welche Faktoren treiben die          besonderen Förderbedarf haben
      Entwicklung der Lesekompetenz im
      Erwachsenenalter an?

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Zur Entwicklung der Lesekompetenz im Erwachsenenalter - "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr?" Forum III: Entwicklung und Förderung ...
Lesekompetenz in NEPS und PIAAC lässt sich in Intelligenz-
modellen verorten, zum Beispiel dem CHC-Modell

▪ Cattell–Horn–Carrol (CHC) Modell der Intelligenz:
   ▪ Stratum II (“breite Fähigkeiten”)
   ▪ Lesekompetenz ~ Reading Ability (Gr)

                                                      Gr

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Zur Entwicklung der Lesekompetenz im Erwachsenenalter - "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr?" Forum III: Entwicklung und Förderung ...
Es gibt international kaum Untersuchungen wie PIAAC-L und NEPS –
umso wertvoller sind diese beiden Datenquellen einzuschätzen

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                                                 Klein & selektiv       Groß & repräsentativ

                                                                      Internationale
        Design

                 Querschnitt                National Child            Vergleichstudien der
                 (einmalige Messung von     Development Study –       OECD
                 Lesekompetenz)             NCDS                       • IALS (1994 &1998)
                                            (Bynner & Parson, 1998)    • ALL (2003 & 2008)
                                                                       • PIAAC (2012)

                 Längsschnitt               Longitudinal Study of
                 (wiederholte Messung von   Adult Learning – LSAL
                 Lesekompetenz)             (Reder, 2009)

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Zur Entwicklung der Lesekompetenz im Erwachsenenalter - "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr?" Forum III: Entwicklung und Förderung ...
Zur Beantwortung dieser Leitfrage nutzen wir Daten aus
PIAAC-L und NEPS Startkohorte 6

                  2012                         2015
                 (PIAAC)                     (PIAAC-L)

                          3 Jahre Messintervall
                      3.087 Personen, 18–65 Jahre

                 2010/11                     2016/17
                 (Welle 3)                   (Welle 9)

                          6 Jahre Messintervall
                      1.775 Personen, 25–67 Jahre

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Zur Entwicklung der Lesekompetenz im Erwachsenenalter - "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr?" Forum III: Entwicklung und Förderung ...
Muster der
      Veränderung
   Verändert sich die Lesekompetenz im
         Erwachsenenalter noch?
Wie unterscheiden sich Veränderungen nach
      Alter, Bildung und Geschlecht?
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Zur Entwicklung der Lesekompetenz im Erwachsenenalter - "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr?" Forum III: Entwicklung und Förderung ...
Wir betrachten zwei wesentliche Maße für die
Veränderbarkeit der Lesekompetenz zwischen T1 und T2

        Mittelwertsunterschiede                                       Rangordnungsstabilität

               dT2, T1                                                       rT1, T2
   → Durchschnittliche absolute Veränderung                     → Relative Veränderung (Rangreihe)
                                                                  gegenüber dem Durchschnitt
   Maßzahl Cohen‘s d:
   ▪ 0,2 ≤ d ≤ 0,5 „kleine“ Veränderung                         Maßzahl Pearson‘s r:
   ▪ 0,5 ≤ d ≤ 0,8 „mittlere“ Veränderung                       ▪ r = 0 völlig instabil
   ▪ > 0,8 „starke“ Veränderung                                 ▪ r = 1 perfekt stabil (keine Rangreihenver
                                                                  änderung)

                                            Beide Maße liefern komplementäre
                                            Informationen
                                                                                                              8
Zur Entwicklung der Lesekompetenz im Erwachsenenalter - "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr?" Forum III: Entwicklung und Förderung ...
Im Durchschnitt verändert sich die Lesekompetenz kaum
(Mittelwertsveränderungen in Cohen‘s d)

        Zeitraum: 3 Jahre             Zeitraum: 6 Jahre
          (2012–2015)                (2010/11–2016/17)

          0,07                         –0,04
       0,12            0,02          -0,003           0,08

                                                             9
Zur Entwicklung der Lesekompetenz im Erwachsenenalter - "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr?" Forum III: Entwicklung und Förderung ...
Die durchschnittlichen Veränderung „maskieren“ Personen-
Unterschiede in der Veränderung der Lesekompetenz

                    Gewinne und Verluste der Lesekompetenz
                    sind annähernd gleich häufig
                                                             10
Veränderungen der Lesekompetenz sind in Subgruppen
(Alter, Bildung, Geschlecht) teils ungleich verteilt

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Die Lesekompetenz ist jedoch nicht perfekt stabil
(Rangordnungsstabilitäten rT1, T2)

         Zeitraum: 3 Jahre                             Zeitraum: 6 Jahre
           (2012–2015)                                (2010/11–2016/17)

           0,83                                          0,65
        0,83            0,82                          0,66             0,65

                     Dieses Muster deutet darauf hin, dass sehr wohl
                     Veränderungen der Lesekompetenzen stattfinden –
                     jedoch in unterschiedlicher Richtung
                                                                              12
Treiber der
      Veränderung
Welche Faktoren treiben Veränderungen der
  Lesekompetenz im Erwachsenenalter?

                                            13
Es lassen sich vier wesentliche Gruppen von Treibern der
Kompetenzveränderungen identifizieren

          Matthäus-Effekte                            Kognitives Altern

Eine höhere Ausstattung mit ökonomsichem     Alterskorrelierte Verluste kognitiver
und sozialem Kapital wirkt protektiv gegen   Grundfähigkeiten sind mit Verlusten der
Verluste der Lesekompetenz                   Lesekompetenz assoziiert

          Übung macht den Meister                    Regression zur Mitte

Häufigere Lesepraxis wirkt protektiv gegen   Erwachsene mit extrem hoher oder niedriger
Verluste der Lesekompetenz                   Lesekompetenz schneiden bei wiederholter
                                             Testung meist weniger extrem ab

                                                                                          14
Die Mittelwertsveränderungen von T1 zu T2 unterscheiden
sich je nach Lebensalter

        Zeitraum: 3 Jahre                            Zeitraum: 6 Jahre
          (2012–2015)                               (2010/11–2016/17)

                       Mit zunehmendem Alter werden Verluste
                       der Lesekompetenz wahrscheinlicher
                                                                         15
„Kognitives Altern“ bezeichnet alterskorrelierte Verluste in
kognitiven Grundfähigkeiten

      Lebensalter (Verluste ab 50)    ▪ Im Alter nimmt die Lesekompetenz ab
                                      ▪ Alterskorrelierte Verluste kognitiver
                                        Grundfähigkeiten erklären teilweise diese
      Verarbeitungs-                    Alterseffekte
      geschwindigkeit

      Schlussfolgerndes
      Denken („fluide Intelligenz“)

                                                                                    16
„Matthäus-Effekte“ bezeichnen die Schutzwirkung von
ökonomischem und kulturellem Kapital

      Erworbene Bildungsabschlüsse   ▪ Eine höhere
                                       Kapitalausstattung wirkt
                                       protektiv gegen Verluste der
      Sozio-ökonomischer Status        Lesekompetenz
      des Elternhauses               ▪ Dies gilt für verschiedene
                                       Kapitalsorten
      Deutsch als Muttersprache          ▪   Ökonomisches Kapital

                                         ▪   Kulturelles Kapital

                                     ▪ Dies gilt auch viele Jahre nach
                                       Erwerb dieses Kapitals (z. B.
      Bücher im Haushalt               Abschlüsse)

                                                                         17
„Übung macht den Meister“ meint die zentrale Rolle der
Lesepraxis für die LK-Entwicklung

       Häufigkeit des Lesens im Alltag         ▪ Die Häufigkeit / Intensität
                                                 literaler Praktiken hat einen
                                                 zentralen Einfluss auf
                                                 Veränderungen der
      Häufigkeit des Schreibens                  Lesekompetenz
                                               ▪ Dies steht im Einklang mit
                                                 bekannten Studien und
      Bücher im Haushalt                         Theorien
                                                   ▪   „Use it or lose it“ (Bynner/Parson)“

     Die Lesepraxis ist jedoch ungleich            ▪   Practice engagement theory
                                                       (Reder)
     verteilt, z. B. nach Bildung, Beruf und
     Geschlecht
                                                                                              18
Keine Geschlechtsunterschiede in der LK-Entwicklung nach
Kontrolle anderer Faktoren

                                        ▪ Nur sehr geringe Unterschiede
                                          in der Veränderung der

               =
                                          Lesekompetenz über die Zeit
                                          zwischen den Geschlechtern
                                        ▪ Selbst diese Unterschiede
                                          verschwinden vollständig,
                                          wenn für andere Faktoren
                                          kontrolliert wird

      Keine Hinweise auf Geschlechts-
      unterschiede in Kompetenz-
      veränderung bei Erwachsenen
                                                                          19
Im Fokus:
 Erwachsene mit
geringer Literalität
Welche Faktoren treiben Veränderungen der
  Lesekompetenz im Erwachsenenalter?

                                            20
Gut ein Drittel der gering Literalisierten verlässt nach 6
Jahren den Definitionsbereich geringer Literalität

                                                     99,4 %
      Lesekompetenz

                            91,7 %          0,6 %                   93.8 %
                           4.866 P.                                4.978 P.

                                            32,0 %

                         8,3 % 438 P.                            6,2 % 326 P.
                              %             68,0 %
                      Geringe Literalität                     Geringe Literalität

                      1. Messung 2010/11                      2. Messung 2016/17

     Geringe Literalität ist keine
     unabänderliche „Diagnose“

                                                                                    21
Zusammenfassung
In welchem Maße kann sich die Lesekompetenz im
       Erwachsenenalter noch verändern?
   Welche Faktoren treiben Veränderungen der
    Lesekompetenz im Erwachsenenalter an?
                                                 23
Die Lesekompetenz verändert sich auch im
Erwachsenenalter und ist nicht „in Stein gemeißelt“

 Mittelwertsveränderung über 3–6 Jahre            Rangordnungsstabilität über 3–6 Jahre

  -0,04 ≤ d ≤ 0,07                                   0,65 ≤ r ≤ 0,83

                          Obwohl es im Durchschnitt kaum Veränderung gibt, ist
                          Lesekompetenz keineswegs bei allen Erwachsenen stabil –
                          sowohl Zugewinne als auch Verluste sind möglich

                                                                                          24
Es lassen sich vier wesentliche Treiber von Veränderungen
der Lesekompetenz identifizieren

          Matthäus-Effekte                            Kognitives Altern

Eine bessere Ausstattung mit ökonomischem    Alterskorrelierte Verluste kognitiver
und sozialem Kapital wirkt protektiv gegen   Grundfähigkeiten sind mit Verlusten der
Verluste der Lesekompetenz                   Lesekompetenz assoziiert

          Übung macht den Meister                    Regression zur Mitte

Häufigere Lesepraxis wirkt protektiv gegen   Erwachsene mit extrem hoher oder niedriger
Verluste der Lesekompetenz                   Lesekompetenz schneiden bei wiederholter
                                             Testung meist weniger extrem ab

                                                                                          25
Die hier präsentierte Forschung basiert auf Publikationen
aus zwei Drittmittelprojekten (SCACOM und GeLiNu)

       Gauly, B., & Lechner, C. M.     Wicht, A., Rammstedt, B., &                        Martin, S., Lechner, C. M.,
       (2019). Self-perfection or      Lechner, C. M. (2020).                             Kleinert, C., & Rammstedt,
       self-selection? Unraveling      Predictors of literacy                             B. (2020). Literacy skills
       the relationship between        development in adulthood:                          predict probability of
       job-related training and        Insights from a large-scale,                       refusal in follow-up wave:
       adults’ literacy skills. PLoS   two-wave study. Scientific                         Evidence from two
       One, 14(5).                     Studies of Reading.                                longitudinal assessment
                                                                                          surveys. International
                                                                                          Journal of Social Research
                                                                                          Methodology.

       Reder., S., Gauly., B., &         Wicht., A., Durda, T.,          ▪ DFG-Projekt „Stability and Change in
       Lechner, C. M. (2020).            Krejcik, L., Artelt, C.,
                                                                           Adult Competencies: Patterns and
       Practice makes perfect:           Grotlüschen, A., &
       Practice engagement               Rammstedt, B., & Lechner,         Predictors of Literacy and Numeracy
       theory and the                    C. M. (2020). Low literacy is     Development“ (SCACOM)
       development of adult              not set in stone:
                                                                         ▪ BMBF-Projekt „Geringe Literalität
       literacy and numeracy             Longitudinal evidence on
       proficiency. International        the development of low            und Numeralität im
       Review of Education, 66,          literacy during adulthood.        Erwachsenenalter: Eine
       267–288.                          Manuscript accepted for           längsschnittliche Ursachenstudie“
                                         publication. Zeitschrift für      (GeLiNu)
                                         Pädagogik.

                                                                                                                        26
An der hier präsentierten Forschung haben
viele WissenschafterInnen mitgewirkt

 GESIS (und Alumni)                   Kooperationspartner*Innen

  Clemens      Beatrice   Alexandra   Cordula      Corinna       Anke
  Lechner     Rammstedt     Wicht      Artelt      Kleinert   Grotlüschen

      Ai        Britta    Thomas      Stephen       Tabea          Luise
  Miyamoto      Gauly      Knopf       Reder        Durda         Krejcik

                                                                            27
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Bei Fragen und Anregungen wenden Sie sich gerne an mich: clemens.lechner@gesis.org

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